Einführung: Die zurückliegende SARS-CoV-2-Pandemie hat sowohl das Rettungsdienstpersonal als auch die Leitstellendispatcher vor enorme zusätzliche Belastungen und Stresssituationen gestellt. Schon während der ersten Welle 2020 zeigte sich, dass die Frontline Worker des Rettungsdienstes mehr beansprucht und weniger erholt waren als die Kolleg:innen in den Leitstellen (Thielmann et al. 2024). Ziel ist es, Unterschiede in der Beanspruchung und Erholung zwischen Rettungsdienstpersonal und Leitstellendisponenten zu identifizieren, die während der zweiten Welle der Covid-19-Pandemie aufgetreten sind.
Methoden: Insgesamt nahmen 1.181 Personen an der Online-Befragung teil, davon 1.131 aus dem Rettungsdienst und 50 aus den Leitstellen. 84,5 % der Befragten der Gesamtstichprobe waren männlich. Das Personal der Leitstellen (40,8 ± 9,21 Jahre) war signifikant älter als das des Rettungsdienstes (34,2 ± 10,45 Jahre, p < 0,001). Die Kurzform des Erholungs-Beanspruchungs-Fragebogens (EBF-24/A, Testform S2) wurde als Online-Fragebogen erhoben (Kallus 1995). Die Berufsgruppenunterschiede wurden zunächst mittels des Mann-Whitney-Tests geprüft und im korrigierten Allgemeinen Linearen Modell (ALM) des Tests auf Zwischensubjektive unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht analysiert, um die Effekte zu identifizieren.
Ergebnisse: Die Geschlechterverteilung der beiden untersuchten Berufsgruppen unterschied sich tendenziell (p = 0,058). Rettungsdienstpersonal zeigte eine Beanspruchung im Durchschnitt von 2,88 ± 1,04 Punkte, während Leitstellendisponenten einen höheren Wert von 3,12 ± 0,93 erreichten (p = 0,098). Lediglich beim EBF-Merkmal „Übermüdung, Zeitdruck“ ergaben sich signifikante Unterschiede (Rettungsdienstpersonal 3,20 ± 1,35, Leitstellendisponenten 3,55 ± 1,18, p = 0,047). Die Erholung betrug für das Rettungsdienstpersonal 2,64 ± 0,89 und für die Leitstellendisponenten 2,50 ± 0,81 (p = 0,245). Zwei EBF-Merkmale zeigten signifikante Unterschiede. Bei der Erfolgs- und Leistungsbereitschaft erreichten die Rettungsdienstmitarbeiter 2,74 ± 1,09 Punkte, während die Leitstellendisponenten signifikant höhere Werte von 3,15 ± 1,04 aufwiesen (p = 0,005). Bei der körperlichen Erholung wurden höhere Werte beim Rettungsdienstpersonal (2,62 ± 1,11) im Vergleich zu 2,29 ± 1,00 bei den Leitstellendisponenten festgestellt (p = 0,037). Die ALM ergab, dass die Effekte von Geschlecht und Alter als gering einzustufen sind.
Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt, dass sowohl Rettungsdienstpersonal als auch Leitstellendisponenten während der zweiten Welle der SARS-CoV-2-Pandemie erheblich beansprucht waren. Es zeigte sich eine Zunahme der Beanspruchung und eine Abnahme der Erholung im Vergleich zur ersten Welle (Thielmann et al. 2024). Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit gezielter Maßnahmen gerade in Pandemiesituationen zur Unterstützung beider Berufsgruppen, um deren Erholungsphasen zu optimieren und langfristige Gesundheitsschäden zu vermeiden.
Schlüsselwörter: Erholung-Belastungs-Zustand (EBZ), Rettungsdienstpersonal, Leitstellendisponenten, SARS-CoV-2-Pandemie, EBF, Stressbewältigung
Literaturverzeichnis
Kallus, K. W. (1995): Erholungs-Belastungs-Fragebogen (EBF). Frankfurt a. M: Swets Test Service.
Thielmann, B.; Schumann, H.; Böckelmann, I. (2024): Beanspruchungs- und Erholungszustand von Rettungsdienstpersonal und Leitstellendispatchern zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie. Poster. DGAUM. München, 13.03.2024.
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg