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02 Apr 2025
03 Apr 2025
04 Apr 2025
05 Apr 2025
Mi
02 Apr
09:00 - 11:00
DGAUM Forum
Forum der AG Arbeitsphysiologie
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Benjamin Steinhilber
Beitrag:
1
In der Arbeitsphysiologie spielt die Kenntnis der Muskelmasse des Menschen eine Rolle für die Beurteilung der Beanspruchungsfolgen und damit indirekt der Belastung durch körperliche Arbeit: Die Beurteilung der Belastung auf Grund von Herzschlagfrequenz und Energieumsatz ist nur bei der dynamischen Arbeit großer Muskelgruppen sinnvoll. Was unter „großen Muskelmassen“ zu verstehen ist, wird verschieden interpretiert: Frauendorf und Kobryn (1983) hatten bei ihren systematischen Untersuchungen zur arbeitsphysiologischen Dauerleistungsgrenze für dynamische Ganzkörperarbeit eine Schwelle von mindestens 60% der Muskelmasse unter Einbeziehung der Rücken-, Hüft- und unteren Extremitäten-Muskulatur vorausgesetzt. Sie beziehen sich auf eine Publikation von Theile aus dem Jahr 1884. Theile hatte damals die Masse einzelner Muskeln unmittelbar durch Wiegen gemessen. Zum Verständnis der weiteren Gültigkeit der historischen Messungen von Theile sollen deren Hintergründe dargestellt werden.

Die Basis liefert Friedrich Wilhelm Theile mit seiner Schrift „Gewichtsbestimmungen zur Entwicklung des Muskelsystems und des Skelettes beim Menschen“. Theile stammte aus Thüringen (Buttstädt), erhielt 1826 die Lehrbefugnis für Physiologie und Anatomie in Jena und wurde hier 1830 zum außerordentlichen Professor ernannt.
Theiles Gesamtdarstellung seiner Untersuchungen zur Muskel- und Skelettstruktur der Menschen wurde nach seinem Tode im Jahr 1884 veröffentlicht. Er hat über 40 Jahre vollständige Wägungen aller Muskeln der Leichen von 8 erwachsenen Männern und 5 erwachsenen Frauen durchgeführt und dargestellt. Die wichtigsten Ergebnisse für Erwachsene werden vorgestellt. Heute interessieren Muskelmassen-Untersuchungen u.a. auch im Zusammenhang mit der Beurteilung der Sarkopenie.
Herr Prof. Dr. med. Bernd Hartmann
ArbMedErgo Beratung, Hamburg
#Vortrag #Arbeitsphysiologie, Muskelmasse, Geschichte der Medizin
Mi
02 Apr
09:00 - 11:00
DGAUM Forum
Forum der AG Atemwege/Lunge
  • Aktualisierung der Leitlinie „Diagnostik und Therapie der exogen allergischen Alveolitis (EAA)“  (N.N.)
  • Aktuelle Empfehlung zur Lungenfunktionsdiagnostik – ein Update (Prof. Alexandra Preisser)
  • Vorgehen bei Verdacht auf eine exogen allergische Alveolitis verursacht durch mikrobiell kontaminierte Kühlschmierstoffe (Dr. Sabine Kespohl)
  • Therapie der COPD (Dr. Nicola Kotschy-Lang)
Raum: Hörsaal 28 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 100)
Vorsitz: Christian Eisenhawer und Nicola Kotschy-Lang
Beitrag:
1

Einleitung

Beruflich bedingte Atemwegserkrankungen können bei Beschäftigten in der Metallverarbeitung durch Exposition gegen wassergemischten Kühlschmierstoffen (KSS) entstehen. Häufig ist die Ursache eine mikrobielle Kontamination der KSS, die als proteinogene Antigene eine IgG-vermittelte exogen allergische Alveolitis (EAA, Berufskrankheit Nr. 4201) – sogenannte Maschinenarbeiterlunge – auslösen können. Weitere Atemwegsbeschwerden können allergischen Ursprungs (BK-Nr. 4301) oder durch chemisch-irritative Effekte (BK-Nr. 4302) verursacht sein.

Methoden

Für die Diagnose einer beruflich verursachten EAA oder eines Berufsasthmas muss der Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber Antigenen oder Allergenen am Arbeitsplatz und der Erkrankung nachgewiesen werden. Hierbei spielt die serologische IgG-Bestimmung bei EAA bzw. die IgE-Bestimmung bei allergischem Asthma auf potenziell ursächliche Antigene eine wichtige Rolle. Eine zeitnahe Blutentnahme nach Auftreten von Atemwegsbeschwerden ist wichtig, um Antikörper gegen spezifische Antigene und Allergene nachweisen zu können.

Ergebnisse

Da kommerzielle Testantigene oft fehlen, wurden am Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV (IPA) standardisierte IgG-Testtools für die Maschinenarbeiterlunge entwickelt und validiert. Die prominentesten IgG-Antigene sind M. immunogenum und Pseudomonaden. Dieses IgG-Antigentestpanel bildet einen wesentlichen diagnostischen Baustein in gutachterlichen Fragestellungen. Ein Antragsformular für die Untersuchung von Antigen-spezifischen IgE/IgG-Antikörpern steht auf der IPA-Webseite zur Verfügung. Diese speziell für KSS hergestellten Testtools können bei der Klärung bisher ungeklärter Ursachen in Berufskrankheitsverdachtsfällen helfen. Die standardisierte IgG-Diagnostik sollte in spezialisierten Laboratorien mit entsprechenden Referenzwerten durchgeführt werden. Mikrobielle Proteine könnten auch für allergisches Berufsasthma durch KSS verantwortlich sein, wobei relevante Allergene noch identifiziert und standardisierte Testtools entwickelt werden müssen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Zur effektiven Diagnose von Atemwegsbeschwerden durch mikrobiell kontaminierte KSS ist es sinnvoll, ein Verlaufsdiagramm für Verdachtsfälle zu erstellen. Dies sollte den Zeitpunkt und die Art der KSS-Probennahme am Arbeitsplatz sowie die zeitnahe Blutentnahme des Beschäftigten festhalten. Zeigen Testantigene keine IgG-Reaktion, könnte eine individuelle Aufarbeitung von KSS-Proben für die Diagnose IgG- oder IgE-vermittelter Erkrankungen sinnvoll sein.

Frau Dr. Sabine Kespohl PhD
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #exogen allergische Alveolitis #serologische IgG-Diagnostik #Maschinenarbeiterlunge
Mi
02 Apr
09:00 - 11:00
DGAUM Forum
Forum der AG Epidemiologie
  1. Mit der Tätigkeit korrelierende ungleiche statistische Lebenserwartung: Ist das gleiche Rentenalter diskriminierend? (Prof. Dr. Johann Behrens, Halle)
  2. Die Länge des Erwerbslebens in Deutschland (Dr. Christian Dudel, Rostock)
  3. From Efficiency to Illness: Do Highly Automatable Jobs Take a Toll on Health in Germany? (Dr. Mariia Vasiakina, Rostock)
Raum: Seminarraum K8 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 60)
Vorsitz: Janice Hegewald
Mi
02 Apr
09:00 - 10:30
DGAUM Forum
Forum der AG Next Generation
Raum: Senatssaal (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 50)
Vorsitz: Anna Wolfschmidt und Amanda Voss
Mi
02 Apr
09:00 - 11:00
Bundeswehr
Symposium der Bundeswehr
Zu diesem Symposium sind alle Kongressgäste herzlich eingeladen
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Mi
02 Apr
09:00 - 10:00
Rahmenprogramm
Kulturprogramm: Führung im Engels-Haus
Ohne Shuttleservice
Ort: Engelsstraße 10, 42283 Wuppertal
Mi
02 Apr
10:00 - 11:00
DGAUM Presse
Pressekonferenz der DGAUM
Raum: Seminarraum K7 (Tagungsbüro) (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 50)
Mi
02 Apr
11:30 - 13:00
DGAUM Eröffnung
Eröffnungsveranstaltung der 65. Jahrestagung der DGAUM
1. Begrüßung durch den Präsidenten der DGAUM (Prof. Thomas Kraus)
2. Grußworte
  • Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Schirmherr der DGAUM2025 (angefragt)
  • N.N., Vorstand BARMER
  • Prof. Hans Martin Hasselhorn, Tagungspräsident der DGAUM2025
3. Preisverleihungen
  • Franz-Koelsch-Medaille
  • Rutenfranz-Medaille
  • DGAUM-Innovationspreis
  • ASU-Best-Paper-Award
4. Fachvortrag "Sektorenverbindende medizinische Prävention und Versorgung" (Prof. Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses)
5. Schlusswort & Bewegungsprogramm (Prof. Simone Schmitz-Spanke, Tagungsleitung und Prof. Pavel Dietz, Mainz)
 
Raum: Hörsaal 33 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 790)
Mi
02 Apr
13:00 - 14:00
Mittagspause
Mittagspause
Mi
02 Apr
14:00 - 14:30
Keynote
Keynote Lecture: Künstliche Intelligenz für eine sichere und gesunde Arbeitswelt
Prof. Dr. Lars Adolph, Wissenschaftlicher Leiter Fachbereich 2 Produkte und Arbeitssysteme, Koordinator KI-Forschung, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Susanne Völter-Mahlknecht
Mi
02 Apr
14:00 - 17:30
Rahmenprogramm
Betriebsbegehung bei Einlagenmanufaktur Mergel & Sohn GmbH
Anmelde- und kostenpflichtige Betriebsbegehung (inkl. Shuttleservice)
Ort: Hardt 81, 40764 Langenfeld
www.einlagenmanufaktur-mergel.de
Die Mergel & Sohn GmbH ist seit 65 Jahren auf die Versorgung im Hilfsmittelbereich sowie auf den Vertrieb von PSA-Artikeln spezialisiert. Sie bietet Einlagen, Bandagen, Orthesen sowie Kompressionsstrümpfe sowohl für den Berufs-, Sport- und Freizeitbedarf als auch speziell für den Bereich der Arbeitssicherheit an. Durchlaufen Sie den gesamten Prozess der individuelle Einlagenfertigung – von A wie Aufklärung bis Z wie Zentralfertigung:
  • Station 1 Schulungsraum: Wie wichtig ist Aufklärungsarbeit und was ist bei Einlagen für Arbeitssicherheitsschuhe wichtig zu beachten?
  • Station 2 Maßraum: Messung der Füße sowie Diagnostik
  • Station 3 Auftragsfertigung: Wie gelangt der Scan in die Werkstatt?
  • Station 4 Werkstatt: Bestimmung der Materialien und Einlagenfertigung
Mi
02 Apr
14:30 - 17:15
DGUV-Kolloquium
Arbeitsmedizinisches Kolloquium der DGUV: Stäube am Arbeitsplatz
Eine Veranstaltung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich.
► Hier klicken um online teilzunehmen (Link noch nicht aktiviert)

Stäube am Arbeitsplatz
14:30 Uhr  Begrüßung/Moderation (Thomas Behrens)
14:35 Uhr  Stäube am Arbeitsplatz (Markus Mattenklott)
15:00 Uhr  Staubige Angelegenheit – Wirkmechanismen und gesundheitliche Folgen von Stäuben (Julia Krabbe)
15:25 Uhr  Pause
15:45 Uhr  Advanced Materials - droht ein neues Asbest? (Rolf Packroff)
16:10 Uhr  Neues aus dem BK-Recht (Thomas Kraus)
16:35 Uhr  Effektive Maßnahmen zum Schutz vor Stäuben für die Praxis (Norbert Kluger)
17:00 Uhr  Schlussworte (Thomas Behrens)
Raum: Hörsaal 33 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 790)
Vorsitz: Thomas Behrens und Anette Wahl-Wachendorf
Beiträge:
1
Belastungen durch Stäube am Arbeitsplatz stellen auch heute noch in vielen Arbeitsbereichen eine Herausforderung dar. Das betrifft sowohl die Expositionen gegenüber alveolengängigem und einatembarem Staub generell, als auch die Exposition gegenüber spezifischen Inhaltsstoffen. Neben einigen elementaren Grundlagen und der Erfassung von Stäuben mit personengetragenen und stationären Probenahmesystemen wird auch die Bestimmung von Staubkonzentrationen und die bestimmter Stoffe kurz umrissen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf die Nachweisgrenzen der Verfahren und damit verbunden den Möglichkeiten der Kontrolle der Einhaltung von Grenzwerten. Die Einführung der Berufskrankheit COPD durch Quarz zeigt beispielhaft die Notwendigkeit einer breit angelegten Erfassung und Dokumentation von Expositionen in unterschiedlichsten Branchen und Arbeitsbereichen.
Aktuelle Aspekte sind unter anderem die Diskussion um die Abscheidefunktion der einatembaren Staubfraktion auf ISO-Ebene, die Absenkung des Grenzwertes für synthetische amorphe Kieselsäuren und der Vorschlag der MAK-Kommission für neue Grenzwerte für lösliche und schwerlösliche Aluminiumverbindungen.
Einen besonderen Bereich der Stäube stellen lungengängige Fasern, sog. WHO-Fasern dar. Neben Asbest treten seit Jahren spezifische anorganische Fasern in den Vordergrund, z.B. Carbonfasern, Mikroglasfasern, Textilglasfasern und Whisker. Da nur wenige konkrete Grenzwerte und Einstufungen für die in der Praxis eingesetzten anorganischen Fasern bestehen, wird von den Unfallversicherungsträgern ein mit der BAuA abgestimmtes Bewertungskonzept angewendet.
Aufgrund der Änderung der EU-Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer vor Gefahren durch Asbest in 2023 steht die Asbestanalytik auf dem Prüfstand. Neben der Absenkung der Grenzwerte ist auch die Diskussion um die „dünnen“ Asbestfasern, also solche mit Durchmessern unter 200 nm, zu führen. Hier überschneiden sich die Bereiche der lungengängigen Fasern mit den bisher separat betrachteten Nanofasern, z.B. Carbon Nanotubes. Die Kontrolle der Einhaltung von niedrigen Grenzwerten wird zukünftig nur noch mit der Unterstützung durch teilautomatisierte Auswertung unter Einsatz von KI möglich sein. Ein Forschungsprojekt der BAuA zeigt hier vielversprechende Perspektiven auf.

Herr Markus Mattenklott
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Sankt Augustin
#Vortrag #Arbeitsplatz, Stäube, Grenzwerte, Fasern
2
2007 rückte mit dem Bericht "Arbeiten in der Zukunft – Strukturen und Trends der Industriearbeit" des Büros für Technikfolgenabschätzung im Deutschen Bundestag das Thema "Nanomaterialien" in das Blickfeld des Arbeitsschutzes. Dies war auch der Startpunkt einer Reihe von Forschungsvorhaben, die sich mit den Gesundheitsrisiken der neuen Materialklasse auseinandersetzten und zu der Erkenntnis gelangten, dass mit "nano" keine bislang unbekannten Gefährdungen verbunden sind. Vielmehr zeigte sich, dass die bekannten Gesundheitsrisiken von partikelförmigen Gefahrstoffen, die seit 2005 auch explizit in der Gefahrstoffverordnung geregelt sind, in neuem Gewand an den Arbeitsplätzen auftreten können. Für die Gefährdung ist primär nicht die chemische Zusammensetzung, sondern die Morphologie freigesetzter Partikel und deren biologische Beständigkeit im Körper maßgeblich. Neben granulären Partikeln in Form alveolengängiger Fein- und Ultrafeinstäuben sind für den Arbeitsschutz vor allem kritische Faserstäube von besonderer Besorgnis. Der faserförmige Naturstoff Asbest, seit 1993 in Deutschland und seit 2005 in der gesamten EU verboten, verursacht bis heute den größten Anteil der durch Gefahrstoffe bedingten Berufserkrankungen. Dies macht mehr als 30 Jahre nach dem Verbot sogar eine Nachjustierung in der Gefahrstoffverordnung erforderlich.
Die Entwicklung neuer "advanced materials" wird derzeit in der EU intensiv gefördert. Dabei sind im Zuge des Klimaschutzes vor allem Fasermaterialien im Aufwind, z. B. für Energiespeicher und energiesparende Leichtbaukonstruktionen. Hinzu kommen Anforderungen an Reparierbarkeit und stofflichem Recycling im Rahmen einer zukünftigen Kreislaufwirtschaft. Die EU-Liste der legal eingestuften Stoffe und die deutsche TRGS 905 kennen inzwischen eine ganze Reihe krebserzeugender Fasermaterialien und -stäube. Jüngstes Beispiel sind mehrwandige, über 30 nm dicke Kohlenstoffnanoröhrchen. Auch einige Typen von Carbonfasern können bei der Bearbeitung kritische Faserstäube freisetzen. Deshalb ist es für den Schutz der arbeitenden Menschen entscheidend, die Freisetzung kritischer Faserstäube schon bei der Entwicklung von Innovationen zu erkennen und durch anwendungssicheres Design zu vermeiden. Damit sich das Asbestdesaster nicht in neuem Gewand wiederholt strebt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine umfassende Regulierung kritischer Fasermaterialien in der EU-Chemikalienverordnung REACH an.
Herr Rolf Packroff
BAuA - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Fachbereich 4 "Gefahrstoffe und Biostoffe", Dortmund
#Vortrag #Partikel, Gefahrstoff, Fasern,
3
Eine der Schattenseite vieler beruflicher Tätigkeiten - insbesondere in der Bauwirtschaft - ist die oft übliche hohe Staubbelastung. Aber Staub ist nicht nur lästig, sondern auch gesund­heitsschädlich. Daher wurden die Regelungen zum Allgemeinen Staubgrenzwert (A- und E-Staub) wie auch für Quarzstaub in der Vergangenheit mehrfach deutlich ver­schärft. Die Einhaltung dieser Grenzwerte ohne wirksame technische und organi­satorische Schutzmaßnahmen ist nach aktuellem Wissen­stand nicht möglich.
Das Gute ist aber auch, dass es bereits heute für viele Tätigkeiten technische Lösungen oder Verfahren gibt, mit deren Hilfe sich die Staubbelastungen wirksam vermindern lassen. Leider sind diese guten Praxislösungen viel zu wenig bekannt und werden bislang nur von wenigen Betrieben eingesetzt.
Bei den üblichen auf Baustellen durchzuführenden Tätigkeiten wie Bohren, Schleifen, Stemmen kann durch eine Basisausrüstung die Staubfreisetzung ganz erheblich reduziert werden. Diese Basisausrüstung an Techniken zur Staubminderung besteht aus den folgenden vier Komponenten:
  • Bearbeitungsgeräte mit wirksamer Stauberfassung
  • Bau-Entstauber, mind. Staubklasse M
  • Luftreiniger
  • Abschottungen bzw. Staubschutztüren
Ohne eine derartige Basisausrüstung lässt sich keine wirksame Minderung der Belastung durch Staub beim Bauen erreichen. Seit einigen Jahren fördert die BG BAU daher die Beschaffung staubarmer Techniken auch finanziell im Rahmen von Arbeits­schutz­prämien. Der Katalog der geförderten staubmindernden Technologien wird ständig er­weitert.
Um die Unternehmen auf die Möglichkeiten zur Staubvermeidung aufmerksam zu machen, wurden in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Bauwirtschaft, Arbeitnehmerververtretungen und der BG BAU zahlreiche Handlungshilfen und Branchenlösung erarbeitet. Unter der Website www.staub-war-gestern.de werden diese gewerke-spezifischen Handlungshilfen bereitgestellt.
Herr Norbert Kluger
BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Wuppertal
#Vortrag #Staub, Bauwirtschaft, Grenzwerte
Mi
02 Apr
14:45 - 17:30
Nachwuchs
Nachwuchssymposium der DGAUM I
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Nachwuchswissenschaftler/innen
Vorsitz: Simone Schmitz-Spanke
Mi
02 Apr
14:45 - 17:30
Nachwuchs
Nachwuchssymposium der DGAUM II
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Nachwuchswissenschaftler/innen
Vorsitz: Jessica Lang
Mi
02 Apr
15:00 - 17:00
DGAUM Forum
Forum der AG Gefahrstoffe
Raum: Hörsaal 28 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 100)
Vorsitz: Bernd Roßbach und Elisabeth Eckert
Beiträge:
1
Epoxidharze und die bei der Härtung der Systeme verwendeten Reaktivverdünner, Amine oder Säureanhydride sind häufige Auslöser von beruflich bedingten allergischen Hauterkrankungen. Dabei zeigen die betroffenen Personen dermale Reaktionen sowohl auf einem direkten Kontakt als auch auf geringe Produktkonzentrationen in der Luft. Weitere Tätigkeiten mit Epoxidharzen sind dann meist nicht mehr möglich. Da die ausgehärteten Produkte ausgezeichnete technische Eigenschaften besitzen, ergibt die im Gefahrstoffrecht geforderte Substitutionsprüfung nahezu immer, dass ein Ersatz nicht möglich ist.

Aufgrund der branchenübergreifend hohen Zahl an Berufskrankheiten ist im Jahr 2007 der Arbeitskreis Epoxidharze gegründet worden, um durch geeignete Maßnahmen die Erkrankungszahlen zu senken. Dem Arbeitskreis gehören u.a. Hersteller, Anwender, Arbeitsschutzbehörden und Unfallversicherungsträger an.

Mit dem Ziel, die Anzahl der Neuerkrankungen zu verringern, wurden durch den Arbeitskreis unter anderen die folgenden Maßnahmen initiiert:
  • Es wurden Informations- und Unterrichtsmaterialien zur Gefährdung und zum sicheren Umgang mit Epoxidharzen entwickelt. Inzwischen haben die Hersteller eine APP zum sicheren Umgang erstellt.
  • In den Produktinformationen wird auf die Gefahren der Produkte und die notwendigen Schutzmaßnahmen hingewiesen.
  • In den Produkten werden Inhaltsstoffe mit einem geringeren sensibilisierenden Potential eingesetzt. Dabei handelt es sich um vorpolymerisierte Rohstoffe.
  • Es wurden Handschuhfabrikate ermittelt, die eine Beständigkeit gegenüber Epoxidharzen besitzen. In den Sicherheitsdatenblättern wird auf die Fabrikate verwiesen.
  • Im Rahmen eines aktuellen Projektes soll mit Hilfe von Biomonitoring eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen an unterschiedlichen Arbeitsplätzen ermöglicht werden
Das Bündel der Maßnahmen hat dazu geführt, dass die Anzahl neuer Erkrankungen im gewerblichen Bereich seit Jahren kontinuierlich sinkt.
Herr Klaus Kersting
BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Frankfurt/M
#Vortrag #Epoxidharze #Allergische Hauterkrankungen #Präventionsmaßnahmen
2

Einleitung

Bei Tätigkeiten mit Blei wird die individuelle Exposition der Beschäftigten aktuell anhand des Bleigehaltes im Vollblut bestimmt. Der Blutbleigehalt spiegelt Veränderungen der Exposition jedoch nur mit zeitlicher Verzögerung wider und ist nicht geeignet, Expositionsereignisse oder kurzfristige Änderungen der Arbeitsschutzmaßnahmen zu beurteilen. Daher sollten in einer Studie Expositionswege und alternative Biomonitoring-Parameter untersucht werden.

Methoden

In zwei Untersuchungskampagnen im Abstand von ca. 1 Jahr wurden in jeweils fünf Betrieben Arbeitsplätze mit Bleiexposition untersucht. Insgesamt nahmen 125 Beschäftigte an der Studie teil, 85 Beschäftigte konnten für das Biomonitoring eingeschlossen werden. Durchgeführt wurden Messungen der Luftbleikonzentration (ortsfest und personengetragen), Wischproben an den Händen zur Erfassung der dermalen Kontamination und ein Biomonitoring verschiedener Parameter in Vollblut, Plasma und Urin zu vier definierten Zeitpunkten in der Arbeitswoche (Tag 1 (nach arbeitsfreier Zeit) und Tag 4, je vor Schicht und nach Schicht).

Ergebnisse

Es wurde ein breites Spektrum von Arbeitsplätzen unter unterschiedlichen Präventionsmaßnahmen erfasst. Luft- und dermale Messwerte sowie die Ergebnisse des Biomonitorings zeigten eine große Spannweite: personengetragene Luftmessungen: 0,08 µg/m3 bis 2519 µg/m3; dermale Wischproben: 0,026 bis 2400 µg/min Expositionsdauer; Blei im Vollblut: 7,7 µg/L bis 511 µg/L. Für die Blutblei-Gehalte an Tag 1 und 4 der Arbeitswoche ergaben sich nahezu identische Werte. Die Bleikonzentrationen im Plasma zeigten im Verlauf der Arbeitswoche nur moderate Veränderungen. Die Bleikonzentrationen im Urin wiesen keinen zeitlichen Trend über den Arbeitstag bzw. die Arbeitswoche auf und zeigten eine enge Korrelation mit den Blutblei-Gehalten. Bei Beschäftigten ohne Atemschutz lag eine signifikante Korrelation zwischen den Ergebnissen der Arbeitsplatzmessungen und des Biomonitorings in Blut und Urin zu Schichtbeginn an Tag 1 vor. Im Gesamtkollektiv korrelierte die dermale Bleiexposition der Hände signifikant mit den Parametern der inneren Belastung.

Schlussfolgerung / Diskussion

Der Arbeitsschutz an Arbeitsplätzen mit Bleiexposition stellt weiterhin eine große Herausforderung dar. Da die Konzentration von Blei im Urin sehr eng mit der Konzentration von Blei im Vollblut korreliert, könnte die Bestimmung von Blei im Urin eine praktikable Alternative zur Bestimmung von Blei im Vollblut darstellen.
Frau Dr. Anna Wolfschmidt
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, FAU Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag #Blei #Biomonitoring #Luftmonitoring #Arbeitsplatzmessung
Mi
02 Apr
15:00 - 17:00
DGAUM Forum
Forum der AG Lehre
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Sibylle Hildenbrand, Sabine Darius und Thomas Muth
Beiträge:
1

Einleitung

Zentrale Stressoren für Medizinstudierende sind Prüfungssituationen, hoher Leistungs- und Zeitdruck, eine als schlecht wahrgenommene Qualität der Lehre und Versagensängste. Das Praktische Jahr (PJ) zum Abschluss des Studiums dient dazu, die im Studium erlernten Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen zu vertiefen und klinische Erfahrungen zu sammeln.
Es gibt Belege, dass Ärzt*innen in der Aus- und Weiterbildung in hohem Maße von psychischen Fehlbeanspruchungen betroffen sind. Welche Belastungen, Ressourcen und mögliche Verbesserungsvorschläge berichten Medizinstudierende aus ihrem aktuellen PJ?

Methoden

Es wurden semi-strukturierte Interviews mit aktuell PJ-Studierenden der HHU im zweiten Tertial des PJ geführt. Die Rekrutierung lief über soziale Medien. Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert und mit der Software MAXQDA qualitativ ausgewertet.
Ergebnisse

Ergebnisse

18 weibliche und 7 männliche PJler*innen (Alter MW 26,6 Jahre; ) nahmen an den Interviews teil, die im Durchschnitt 36 Minuten dauerten. Alle kodierten Segmente wurden in drei Hauptkategorien eingeteilt: A) wahrgenommene Stressoren & auslösende Faktoren, B) externe & persönliche Ressourcen und C) Verbesserungsvorschläge. Wesentliche Stressoren waren mangelnde Fähigkeiten und Wissen, schlechte Betreuung (u.a. kein Interesse am Lernerfolg, wenig Initiative, Zeitmangel), Routineaufgaben (u.a. monotone Arbeitsinhalte, fehlender Lernzuwachs durch repetitive Arbeitsabläufe), mangelnde Wertschätzung (v.a. seitens Vorgesetzter) und eine hohe Arbeitsbelastung. Zu den Ressourcen zählten die Arbeit mit Patient*innen und deren Wertschätzung, ein positives Lern- und Arbeitsklima, der Lern- und Wissenserwerb, die Einzelbetreuung durch eine ärztliche Kolleg*in auf der Station, die praktische klinische Ausbildung sowie eine positive Work-Life-Balance. Verbesserungsvorschläge beinhalten eine bessere Bezahlung, eine Änderung der Fehltageregelung, geregelte Arbeitszeiten sowie die Betreuung von eigenen Patienten und einem strukturierten PJ-Unterricht.

Schlussfolgerung / Diskussion

PJ-Studierende beschreiben vielfältige Stressoren wie auch Ressourcen. Verbesserungsvorschläge betreffen u.a. Organisation und Struktur des PJs, die Lehre und die Betreuung sowie die finanzielle Vergütung. Im Hinblick auf den Nachwuchsmangel sind Kliniken und Universitäten aufgerufen, diese Ergebnisse zu berücksichtigen und zur Verbesserung der Ausbildungssituation wo immer möglich umzusetzen.
Frau Syna Franck
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
#Poster #Humanmedizinstudium #Psychische Belastung
2
Einleitung:
Bisher konnten unter anderem an den universitären Standorten Dresden, Erlangen, Mainz und München arbeitsmedizinische PJ-Tertiale absolviert werden.Im Rahmen des 2024 geschlossenen Kooperationsvertrages zwischen der UMG Göttingen und VW Wolfsburg nahm erstmalig im SS 2024 eine PJ-Studentin das Angebot des Wahlfachtertials in der Arbeitsmedizin wahr.

Methoden:
In dem von den beteiligten Institutionen für das PJ-Tertial konzipierten Logbuch werden besonders die präventivmedizinischen Aspekte des Fachs erfasst. Im Rahmen des PJ-Tertials wird Studierenden die Möglichkeit geboten, Einblicke in die Diagnostik und Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen zu erwerben und im bisherigen Studium erlernte Fähigkeiten wie körperliche Untersuchung, Auskultation, Blutuntersuchungen, Durchführung von Seh- und Hörtests, EKG-Befundung und Spirometrie zu vertiefen. Auch eine Einführung in die notärztliche Tätigkeit im Werksbereich wird geboten.

Ergebnisse:
Die enge Anbindung an die praktischen Tätigkeiten der betriebsärztlich tätigen Kollegen am VW-Standort in Wolfsburg ermöglichte gute Einblicke in die Strukturen eines werksärztlichen Dienstes. Selbständig konnten Eignungsuntersuchungen und Vorsorgen von der PJ-Studentin durchgeführt werden. Bei Betriebsbegehungen setzte sich die PJ-Studentin mit der Sicherheit und ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen und mit Möglichkeiten des Einsatzes von Beschäftigten mit gesundheitlichen Einschränkungen auseinander. Ergänzt wurden diese Erfahrungen durch Einblicke in die universitäre Lehre des Instituts für Arbeitsmedizin der UMG und durch Mitarbeit bei der Vorbereitung von Lehrveranstaltungen. Zudem nahm die Studentin in der universitären Ambulanz an Vorsorgeuntersuchungen, umweltmedizinischen Beratungen und an Konsilen im Klinikum teil.

Schlussfolgerung:
Von der PJ-Studentin wurde das Angebot sehr positiv bewertet. Die ärztlichen Kolleg:innen und Beschäftigten im VW-Werk und an der UMG schätzten die engagierte Inanspruchnahme des angebotenen Programms durch die Studierende. Der präventive Ansatz und das vielfältige, breite Spektrum an medizinischen Entfaltungsmöglichkeiten, welche die Studentin kennenlernen durfte, veranlassten sie jetzt eine Facharztausbildung im Bereich Arbeitsmedizin anzustreben. Das Angebot eines PJ-Tertials kann also das Interesse von Studierenden an dem gesellschaftlich wichtigen Gebiet der Arbeitsmedizin wecken. Unter anderem angesichts des Betriebsärztemangels ist es daher zielführend, PJ-Tertiale an weiteren universitären Standorten zu etablieren.
Frau Dr.med. Sabine Zeddies
Institut für Arbeitsmedizin Göttingen, Göttingen
#Vortrag #PJ Arbeitsmedizin
3
Der Nutzen einer klimagesunden Ernährung (Planetary Health Diet) für eine längere und gesündere Lebensdauer ist unstrittig. Verschiedenste Fachbereiche des Universitätsklinikums Jena (UKJ) haben interaktive OSCE-Stationen (objective structured clinical examination) entwickelt. Die Vorbereitungs- und Lerninhalte wurden als digitale Lerninhalte (vertonte Lerneinheit, Literatur) online zur Verfügung gestellt. Die Teilnahme an dem OSCE wurde Studierenden aller medizinischer Fakultäten in Deutschland angeboten und im Rahmen der UCAN: Präkonferenz 2024 am 04.09.2024 durchgeführt.

Die Station „Betriebliches Eingliederungsmanagement bei Koronarer Herzerkrankung“ („BEM bei KHK“) stellte eine von sechs Stationen im OSCE Planetary Health Diet und hatte zum Inhalt, einen Mitarbeiter mit Zustand nach Herzinfarkt im Kontext einer Wiedereingliederung auf der Basis seiner Befunde seine konkreten Fragen zu seiner Leistungsfähigkeit und Ernährung zu beantworten. Die Aufgaben zu der Station „BEM bei KHK“ beinhalteten „berufs- und tätigkeitsbezogene Faktoren“, „medizinische Faktoren“, herzgesunde Ernährung: Grundsätze und Planetary Health Diet“, Umsetzung herzgesunde Ernährung im Arbeitsalltag“, „weiteres Vorgehen“ und „allgemeine Gesprächsführung“.

Es nahmen 11 Studierende teil. Die Schwierigkeit der Aufgaben der Station „BEM bei KHK“ lag bei 0,41 bis 0,95, wobei die „allgemeine Gesprächsführung“ mit 0,95 die einfachste Aufgabe darstellte und die Aufgabe „weiteres Vorgehen“, bei der erwartet wurde, den Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen auf die gesundheitlichen Auswirkungen zu untersuchen und eine Ernährungsberatung einzubinden, mit 0,41 die schwerste. Die Trennschärfe lag zwischen – 0,02 bis 0,61, wobei gerade die Aufgabe „Umsetzung der herzgesunden Ernährung im Arbeitsalltag“ (-0,2) die schlechteste Trennschärfe aufwies, „berufs- und tätigkeitsbezogene Faktoren“ mit 0,20 die zweitschlechteste; alle übrigen Aufgaben zeigten eine gute Trennschärfe (0,42 bis 0,61).

Der OSCE stellt ein mündlich-praktisches Prüfungsverfahren auch für arbeits- und betriebsärztliche Inhalte dar, um theoretisch erlernte Fähigkeiten in praktischer Anwendung zeigen zu können. Es ist in der Vorbereitung und Durchführung mit einem hohen personellen Aufwand verbunden, kann aber für das Fach Arbeitsmedizin dessen praktische Relevanz für den ärztlichen Alltag aufzeigen.

Wir danken dem Studiendekanat des UKJ, dem "Schauspielpatienten" und allen Unterstützenden in der Logistik des OSCE.
Frau Prof. Dr. med. Astrid Rita Regina Heutelbeck
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsklinikum, Jena
#Vortrag #BEM, KHK, OSCE, Planetary Health
4

Einleitung

Gute didaktische Lehre im Humanmedizinstudium soll dazu beitragen, dass die Studierenden bestmöglich ausgebildet werden.

Methoden

Für die medizinischen Fakultäten an den Standorten Düsseldorf, Hamburg, Magdeburg, München und Tübingen wurde zusammengefasst, welche medizindidaktischen Qualifizierungsangebote für die Dozierenden angeboten werden.

Ergebnisse

In Düsseldorf sollen alle neuen Mitarbeitenden in der Lehre an didaktischen Workshops teilnehmen. Didaktik-Workshops zu verschiedenen Settings (Plenardidaktik, Kleingruppendidaktik, Clinical Teaching) und weiteren Aspekten (Effektiver Medieneinsatz, Prüfungen, Wissenschaftlichkeit) bilden das Angebot.

In Hamburg sollen Lehrenden und interessierte Externe an einem modularen Programm mit einem Basismodul, Wahlmodulen (z.B. „Urheberrecht in der Lehre“, „interprofessionelles Lehren“, „Erstellung von MC-Klausuren“) und einem Vertiefungsmodul teilnehmen.

In Magdeburg gibt es Qualifizierungsangebote zu „Lehrveranstaltungsplanung und ‑durchführung“ (Lehren in der Medizin; effektive Vorträge und Vorlesungen gestalten) und zu „Prüfung und Evaluation“ (Prüfen in der Medizin; Prüfen im M3-Staatsexamen). Methodische Inhalte sind Impulsvorträge, Diskussionen, praktische Übungen in Einzel- und Gruppenarbeit sowie individualisiertes Feedback.

In München gibt es verschiedene Serviceangebote und Projekte für die Professionalisierung der medizinischen Lehre. Es besteht die Möglichkeit, am bundesweit anerkannten Zertifikatsprogramm "Medizindidaktik der Bayerischen Universitäten" teilzunehmen.

In Tübingen werden in der fachdidaktischen Grundausbildung Themen wie Großgruppendidaktik, Lerntheorien, effektive Vorlesungen sowie Kleingruppendidaktik, Evaluation, Prüfen und Bewerten besprochen. Weiter können individuelle Schwerpunkte in Vertiefungs- und Ergänzungskursen sowie in Prüfungskursen gesetzt werden. Ein ministerielles bundesweit anerkannten Baden-Württemberg-Zertifikat Medizindidaktik kann beantragt werden.

An vier der Standorte gibt es auch didaktische Angebote für studentische Lehrende ("Peer Tutoren").

Schlussfolgerung / Diskussion

An allen fünf Standorten wird die Lehre durch angebotene Kurse professionalisiert. Eine Teilnahme an didaktischen Fortbildungen ist dort für Habilitanden verpflichtend, für alle anderen Dozierenden freiwillig.
Eine weitere Professionalisierung der Lehre erfolgt zusätzlich in den Instituten selbst durch Hospitationen, Besprechungen, Lehrmaterialien sowie durch Evaluationen der Studierenden.
Frau Dr. Sibylle Hildenbrand
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
Frau Dr. med. Sabine Darius
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
Herr Dr. Thomas Muth
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, CHS, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
Frau Dr. Caroline Quartucci
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
Herr Marcial Velasco Garrido M.P.H.
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
#Vortrag #Lehre, Humanmedizinstudium, Medizindidaktik, Dozierendentraining
5

Einleitung

Der NKLM soll als Grundlage für die Gestaltung von Lehre und Prüfungen an den medizinischen Fakultäten und Hochschulen in Deutschland dienen. Der NKLM definiert, welche Inhalte im Rahmen eines Kerncurriculums von allen Studierenden im Medizinstudium erlernt werden sollten. Dabei ist im Katalog auch festgelegt, in welcher Kompetenztiefe und bis zu welchem Zeitpunkt im Studium ein Inhalt spätestens erlernt werden sollte. Im Entwurf der Neuerung der Ärztlichen Approbationsordnung ist die Verbindlichkeit des NKLM vorgesehen. Die Inhalte sollen außerdem als Vorlage für die Überarbeitungen des Gegenstandskatalogs (GK) dienen, der vom Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) herausgegeben wird und den Studierenden im Wesentlichen als Orientierung für die Prüfungsinhalte dient.

Methoden

In den NKLM-Weiterentwicklungsprozess werden Expert:innen unterschiedlicher medizinischer Fachrichtungen und Disziplinen sowie Medizinstudierende eingebunden, welche inhaltliche Vorschläge erarbeiten. Die strukturierten Arbeitsprozesse und aktuellen Fortschritte in der Weiterentwicklung in Verantwortung des Medizinischen Fakultätentag (MFT) werden in dem Vortrag zusammengefasst und die wesentlichen Punkte dargestellt.

Ergebnisse

Von der Autorin wird über die Prozessbearbeitung in 2 Schwerpunktgruppen des MFT in Übersicht sowie mittels einzelner Fallbeispiele der konkreten Lernzielentwicklung berichtet. Hierbei werden die von den Fakultäten über den NKLM-Bewertungsprozess an den MFT herangetragenen Rückmeldungen berücksichtigt. Es werden die weiteren Prozessschritte und der Zeitplan vorgestellt.

Schlussfolgerung / Diskussion

Aktuell liegt der NKLM in der Version 2.0 vor, welche im April 2021 durch die MFT-Mitgliederversammlung verabschiedet wurde (www.nklm.de). Über eine Zwischenversion (NKLM 2.1, voraussichtlich 2025) wird der NKLM zu einer Version 3.0 (voraussichtlich 2027) weiterentwickelt.
Frau Prof. Dr. med. Alexandra Marita Preisser
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Vortrag #Lehre, NKLM, Entwicklung, Lernziel
Mi
02 Apr
15:00 - 16:30
BAuA Symposium
Symposium: Künstliche Intelligenz für eine sichere und gesunde Arbeitswelt
Eine Veranstaltung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Technologien und Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) werden zukünftig ein zentraler Innovationstreiber der weltweiten technischen Entwicklung sein. Sie sind von großer wirtschaftlicher Bedeutung und es bieten sich zahlreiche Chancen für eine sichere und menschengerechte und inklusive Gestaltung von Arbeit und zur Unterstützung des betriebsärztlichen Handelns. Erforderlich sind hierfür Kriterien der System- und Prozessgestaltung, die einerseits den neuen rechtlichen Vorgaben und Schutzzielen entsprechen und andererseits die Nutzung der großen Chancen unterstützen. Im Symposium werden die Beiträge im Schwerpunkt die Entwicklung und Erprobung von Anwendungen für den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz adressiert. Zudem werden ethische Rahmenbedingungen des Einsatzes von KI im Gesundheitswesen sowie Möglichkeiten zur Unterstützung des betriebsärztlichen Handelns dargestellt.
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Beiträge:
1

Einleitung

Der Einsatz KI-assistierter Technologien in der Pflege, wie z.B. auf lernenden Algorithmen basierende Entscheidungshilfen für Pflegeprozesse oder Monitoringsysteme zur Gesundheitsüberwachung, verspricht eine Optimierung der Arbeitsanforderungen von Pflegenden und eine Verbesserung der Versorgungsqualität. Obwohl inzwischen zahlreiche Einzelstudien und Übersichtsarbeiten zu diesen Technologien veröffentlicht wurden, ist es aufgrund der Heterogenität der Studien, u.a. in Bezug auf die Forschungsziele und Zielgruppen, schwierig, die Auswirkungen auf pflegerische Tätigkeiten zu beurteilen. Der Vortrag stellt Motivation, Methodik und Ergebnisse einer systematischen Übersichtsarbeit (PROSPERO ID: CRD42023389751) vor, die das Ziel verfolgte, (i) veröffentlichte Reviews zu digitalen Pflegetechnologien zu identifizieren und hinsichtlich ihrer Ziele, sowie der Befunde zum Zusammenhang mit (ii) Veränderungen der Arbeitsanforderungen, Gesundheit und Arbeitssicherheit von Pflegenden und (iii) aus Pflegebedürftigen-Perspektive ethisch relevanten Faktoren zusammenzufassen. Der Schwerpunkt des Vortrags liegt auf einer Sonderauswertung zu KI-assistierten Technologien.

Methoden

Die Literatursuche erfolgte in acht Datenbanken, fünf zentralen Fachzeitschriften sowie den Referenzlisten der eingeschlossenen Reviews. Die methodische Qualität wurde anhand der AMSTAR 2-Checkliste bewertet.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 59 Reviews in die Sonderauswertung zu KI-assistierten Pflegetechnologien einbezogen. Zu den häufig untersuchten Zielen zählen Auswirkungen auf ökonomische Aspekte, Nutzungserfahrungen sowie Auswirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit von Pflegebedürftigen. Hinsichtlich des Zusammenhangs mit veränderten Arbeitsanforderungen zeigten sich überwiegend positive Effekte bezüglich der Ausführung von Pflegetätigkeiten, dem Informationsmanagement sowie auch Zeitersparnisse. Inkonsistente oder kritische Effekte wurden in Bezug auf Arbeitsintensität und Arbeitsabläufe festgestellt. Die Reviews berichteten überwiegend positive Auswirkungen auf die berufliche Kompetenz. Zur Sicherheit am Arbeitsplatz sowie psychischen/physischen Gesundheit der Pflegenden liegen nur wenige Übersichtsarbeiten vor, die allerdings auf eine ungünstige Wirkung verweisen. Bezüglich des Zusammenhangs mit ethisch relevanten Faktoren, wie Wohltun/Nichtschädigung und Respekt vor der Autonomie der Pflegebedürftigen, waren die Befunde überwiegend gemischt.

Schlussfolgerung / Diskussion

Auf Basis dieser Erkenntnisse werden im Vortrag mögliche Implikationen für die sozio-technische Gestaltung von Arbeitssystemen in der Pflege sowie zukünftige Forschungsbedarfe diskutiert.
Frau Ulrike Rösler
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dresden
#Vortrag #Digitale Technologien #Ethik #Arbeitsschutz #Gesundheit #Pflegefachkräfte #systematische Literaturübersicht
2
Die schnellen Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz stellen nicht nur eine Herausforderung für die sicherheitsseitige Bewertung dar, sondern eröffnen gleichzeitig auch neue Möglichkeiten im Einsatz für den Arbeitsschutz selbst. Mit einem Fokus auf die Unterstützung der Gefährdungsbeurteilung wurde untersucht, welche Voraussetzungen sich aus der Anwendungsdomäne sowie aus den Eigenschaften der KI-Technologie ergeben. Aufgrund der Prävalenz von Textdaten in der Arbeitsschutzdomäne, wurden große Sprachmodelle zur Verarbeitung natürlicher Sprache in den Fokus genommen, welche im Rahmen einer Retrieval Augmented Generation mit textuellen Hintergrunddaten aus dem Arbeitsschutz angereichert werden. In einer abschließenden Expertenevaluation und damit verbundenen Feldtests werden Plausibilität und Praxistauglichkeit des Ansatzes getestet. In diesem Beitrag werden die ersten Ergebnisse aus Implementierung und Evaluation vorgestellt.

Herr Martin Westhoven
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund
#Vortrag
3
Motivation, Zielstellung und theoretischer Hintergrund

Die Bewertung der dermalen Exposition gegenüber Gefahrstoffen sowie die Entwicklung und Validierung von Modellen stellen ein wesentliches Forschungsfeld innerhalb des Arbeitsschutzes und der Chemikalienregulierung dar. Eine Herausforderung bildet jedoch die Datenquantität und -qualität, um solche Modelle zu entwickeln. Bisherige Expositionsstudien der dermalen Exposition gegenüber Chemikalien befassten sich mit Vergleichen von Messmethoden herkömmlicher Probenahmeverfahren (z.B. Gorman Ng et al. (2014)). Diese Methoden erfordern zeitaufwändige chemische Analysen. Eine vielversprechende Alternative stellt die KI-gestützte Bildanalyse dar, deren Ziel es ist, die Auswertung von Fluoreszenzaufnahmen zur Expositionsmessung zu vereinfachen. In dieser Machbarkeitsstudie wurde untersucht, wie die Vorverarbeitung von Fluoreszenzbildern die Auswertung durch Convolutional Neural Networks (CNN) im Vergleich zu den unbearbeiteten Originalen verbessert.

Experimentelle Methoden

Für die Studie wurde ein Teil des Datensatzes aus dem Projekt der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin "Systematische Untersuchung der dermalen Exposition gegenüber Gefahrstoffen am Arbeitsplatz (SysDEA)" verwendet. Der Teildatensatz enthält Bilder aus vier Standardtätigkeiten mit Chemikalien, die viermal von vier Probanden durchgeführt und Vorder- und Rückansicht der kontaminierten Person fotografiert wurden. Der Originaldatensatz besteht aus 256 Bildern und deren klassisch ermittelten Expositionswerten. Mithilfe von Bildverarbeitungsmethoden in Matlab konnten die Personen von ihrem Hintergrund segmentiert und die Fluoreszenzmuster extrahiert werden. Der original und bearbeitete Datensatz wurden benutzt, um zwei mehrschichtige CNN-Modelle in Python zu trainieren und ihre Modellgüte (Bestimmtheitsmaß R2) zu vergleichen.

Ergebnisse und Diskussion

Der Originaldatensatz erzielte ein Bestimmtheitsmaß von R2 = 0.28, wohingegen der vorverarbeitete Datensatz ein R2 = 0.76 hatte. Durch die Bildbearbeitung werden nur die notwendigen Muster für die Berechnung verwendet und dadurch zuverlässige Werte ermittelt. Es stellt sich die Frage, ob dies auch bei größeren Rechenkapazitäten oder aber auch bei größeren Datensätzen weiterhin gilt. Weitere Forschungsfragen betreffen die Generierung synthetischer Daten zur Modellverbesserung sowie die Analyse und Entwicklung für weitere Expositionssituationen.
Frau PD Dr. rer. nat. Thea Radüntz
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund
#Vortrag
4
Lungengängige, biobeständige Fasern können tief in die Lunge eindringen, werden hier jedoch nicht vom körpereigenen Reinigungsmechanismus erfasst und verbleiben daher für lange Zeit im Körper. Dies kann zu Entzündungen und Krebserkrankungen führen. Damit faserstaubassoziierte Berufserkrankungen vermieden werden, muss die Exposition gegenüber luftgetragenen Fasern am Arbeitsplatz minimiert werden.
Die Bestimmung der Anzahlkonzentration luftgetragener anorganischer Fasern am Arbeitsplatz erfordert die Erkennung von auf einem Filter gesammelten Fasern im Rasterelektronenmikroskop (REM) und ihre Identifizierung mittels Energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX). Die Nachweisgrenze des Verfahrens liegt unter Standardauswertebedingungen bei 15.000 Fasern pro m³ (DGUV-Information 213-546). Niedrigere Konzentrationsgrenzen erfordern eine angepasste Probenahme und/oder größere ausgewertete Filterflächen. Der damit verbundene Analyseaufwand kann durch teilautomatisierte Filterauswertung vermindert werden.
An der BAuA wurde eine Software für eine hochgradig automatisierte Erkennung und Identifizierung von lungengängigen Fasern auf Filterproben aus Expositionsmessungen entwickelt. Sie kombiniert eine Mikroskopsteuerung mit einer automatisierten Fasererkennung und -vermessung, die zur Bildanalyse künstliche neuronale Netze nutzt. Die stoffliche Identität von Fasern kritischer Geometrie wird automatisiert auf Basis von EDX-Daten bestimmt. Abmessungen und Klassierungen sämtlicher erkannter Fasern werden detailliert dokumentiert. Auf diese Weise wird die Zeit, die Experten für die direkte Interaktion mit dem Mikroskop aufwenden müssen, deutlich reduziert. Die Einhaltung zukünftig weiter abgesenkter Grenzwerte für Fasern am Arbeitsplatz wird durch unsere Software mit geringerem Aufwand überprüfbar.
Aktuelle Arbeiten fokussieren darauf, die Vertrauenswürdigkeit der Softwarelösung zu überprüfen und weiter zu optimieren. Indem sie zukünftig allgemein verfügbar gemacht wird, soll die Vergleichbarkeit, Ergebnisdokumentation und Qualitätssicherung von Faseranalysen gesteigert und so ein Beitrag für eine sichere und gesunde Arbeitswelt geleistet werden.

Frau Kerstin Kämpf
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
#Vortrag #Biobeständige Fasern #Arbeitsplatzmessung #Künstliche Intelligenz
5
Hintergrund
Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in die arbeitsmedizinische Forschung ergänzt bisher verwendete Methoden und ermöglicht es, größere Datenmengen effizient zu analysieren, neue Korrelationen zu erkennen und Expert:innen in der Praxis unterstützen.

Zielsetzung
Mit dem Ziel, KI praxisbezogen in die Arbeitsmedizin zu integrieren, werden im Kontext verschiedener Forschungsprojekte lernende Systeme und Algorithmen entwickelt.

Methodik
Im Kontext des Projekts BGMvital wurde ein lernendes System entwickelt, welches unter anderem einen Fokus auf Gesundheitskompetenz in der Arbeitswelt legt. Dieses Konzept wird nun im Zuge des Projekts BAKI (Betriebsärztliches Handeln: Zukunftsorientiert, interdisziplinär und evidenzbasiert mit KI)-Projektes erweitert und von den Projektpartnern der Universität Würzburg ein neues System entwickelt, welches Ressourcen- und Gefährdungsprofile von Beschäftigten in „virtuellen Arbeitssettings“ erkennt. Das System wird dabei auch basierend auf den Ergebnissen von BGMVital und anderen Forschungsprojekten des Institutes entwickelt. Gleichzeitig wird anhand einer Vorstudie ein Prototyp entwickelt, welcher sicherstellen soll, dass ein geeigneter Algorithmus gefunden wird, welcher mit Daten aus einer nicht-relationalen (noSQL) Datenbank arbeiten kann. Das volle Modell wird später mit einer größeren Stichprobe spezifiziert, um möglichst akkurate Ergebnisse zu erzeugen. Anschließend soll der Einsatz dieses Systems noch mit VR/AR-Anwendungen ergänzt werden, um eine bessere Versorgung für Personen zu gewährleisten, welche mit traditionellen betriebsärztlichen Maßnahmen oft nicht erreicht werden können.

Ergebnisse
Im Zuge des Projektes BGMvital wurde ein lernendes System entwickelt, das nicht nur vollständig automatisiert ein Echtzeit-Feedback für Benutzer:innen liefert, sondern die internen Datenbanken entsprechend anpasst. Basierend auf der Entwicklung dieses Modells wird im Zuge des BAKI-Projektes ein weiteres System entwickelt, welches sich gerade in der Prototypen-Phase befindet.

Schlussfolgerung/Ausblick
Durch die Integration von KI-Methoden in die arbeitsmedizinische Forschung ergeben sich neue Möglichkeiten, wodurch individuelle Risikofaktoren genauer identifiziert und passgenauere arbeitsmedizinische Maßnahmen entwickelt werden können. Automatisierte Prozess- und Auswertungsschritte verkürzen zudem die Analyseintervalle, sodass gesundheitsförderliche oder -schädigende Trends früher erkannt werden können.
Frau Susanne Völter-Mahlknecht
Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Arbeits-, Sozial- und Präventivmedizin, Göttingen
Frau Carolin Wienrich
Julius-Maximilians Universität Würzburg, Würzburg
#Vortrag
Mi
02 Apr
17:00 - 17:45
ICOH
Deutsche ICOH-Sitzung
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Peter Angerer
Mi
02 Apr
18:00 - 20:00
DGAUM Mitglieder
Mitgliederversammlung der DGAUM
Geschlossene Präsenzveranstaltung für Mitglieder der DGAUM
Raum: Hörsaal 33 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 790)
Mi
02 Apr
20:00 - 22:00
DGAUM Get-Together
Get-Together der DGAUM
Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldung erforderlich.
Raum: Foyer K (Standort: Gebäude K)
Do
03 Apr
08:15 - 11:30
Rahmenprogramm
Betriebsbegehung bei Axalta Coating Systems Germany GmbH & Co.KG
Anmelde- und kostenpflichtige Betriebsbegehung (inkl. Shuttleservice)
Ort: Märkische Str. 243, 42281 Wuppertal
www.axalta.com
Axalta Coating Systems ist ein weltweit führendes Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Produktion von Flüssig- und Pulverlacken spezialisiert. Am Standort Wuppertal stellen 2.000 Beschäftigte jährlich 90.000 Tonnen Flüssiglack und Beschichtung her, vor allem für die Automobilindustrie. Erhalten Sie Einsicht über folgende Themen im Arbeitsalltag bei Axalta:
  • Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen: G33 Kontakt mit aromatischen Nitroverbindungen, G46 Belastung des Muskel- und Skelettsystems
  • Kontamination mit toxischen Chemikalien am Beispiel Kresol 
  • Ergonomie
Do
03 Apr
08:30 - 10:00
Vorträge
Arbeit mit Krankheit I
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Hans Martin Hasselhorn und Melanie Ebener
Beiträge:
1

Einleitung

Ungünstige Arbeitsbedingungen können bei Beschäftigten mit Multipler Sklerose (MS) negativ auf Symptome und Krankheitsverlauf wirken und dazu führen, dass Betroffene ihre Arbeitsstunden reduzieren, ihren Beruf wechseln oder vor dem regulären Rentenalter aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Ziel der vorliegenden Studie war es, die von Beschäftigten wahrgenommenen Arbeitsstressoren und -ressourcen sowie deren Effekte auf Symptome und Arbeitsfähigkeit zu explorieren.

Methoden

Es wurden qualitative Einzelinterviews per BigBlueButton und Telefon geführt. Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert und mit Hilfe der Software MAXQDA 2024 inhaltsanalytisch nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse

Die 26 befragten Personen (73% Frauen) waren zum Zeitpunkt des Interviews zwischen 26 und 59 Jahre alt (M=38, SD=10,2) und in verschiedenen Branchen (u. a. Öffentlicher Dienst, IT, Handwerk, Handel und Industrie) tätig. Als höchsten Bildungsabschluss gaben 69% der Befragten an, über einen (Fach-)Hochschulabschluss (oder höher) zu verfügen. Stressoren und Ressourcen ließen sich in drei Gruppen kategorisieren: 1) Arbeitsbezogene Faktoren (Arbeitsanforderungen, Arbeitsorganisation und Arbeitsumgebung), 2) Soziale Faktoren (Interaktion mit Vorgesetzten, Kolleg:innen, Kunden/Klienten und Angestellten) und 3) Personenbezogene Faktoren (eigene Einstellungen und Erwartungen, Stress durch Erkrankung). Stressoren bewirkten laut der Befragten u. a. Fatigue, Empfindungsstörungen, Kognitionsstörungen und Seh- und Gehbeeinträchtigungen, die sich hinderlich auf die Ausübung der Tätigkeit auswirkten. Ressourcen verbesserten laut der Befragten Kognition und Feinmotorik und gaben Motivation und Kraft zur Ausübung der Tätigkeit.

Schlussfolgerung / Diskussion

In unserer Studie konnten verschiedene Stressoren identifiziert werden, die individuell oder in Summe aus Sicht der Teilnehmenden zum Auftreten oder einer temporären Verschlechterung von MS-Symptomen führten. Explorierte Ressourcen geben Hinweis darauf, welche Arbeitsbedingungen eine gelingende Ausübung von Tätigkeiten begünstigen. Eine große Rolle spielten hierbei vor allem soziale Unterstützung und Flexibilität in der Einteilung von Arbeitszeit (besonders auch Homeoffice) und -aufgaben. Das gewonnene Wissen kann dabei helfen, erste Ansatzpunkte für mögliche Verbesserungen oder Strategien im Umgang mit MS am Arbeitsplatz zu finden.
Frau Jessica Bau
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
Institut für Medizinische Soziologie, Sektion Public Health, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
Frau Lisa Guthardt
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
#Vortrag #Arbeitsstressoren #Arbeitsressourcen #Multiple Sklerose #Symptome #Arbeitsfähigkeit
2
Hintergrund
Präsentismus – definiert als Arbeiten trotz Krankheitsgefühl – ist in der Arbeitswelt weit verbreitet. Das integrative Modell des Krankheitsverhaltens am Arbeitsplatz von Hägerbäumer (2017) legt nahe, dass der allgemeine Gesundheitszustand eine wesentliche Rolle im Entscheidungsprozess spielt, ob eine Person arbeitet oder sich krankmeldet. Chronische Erkrankungen, die etwa ein Drittel der Erwerbstätigen in Deutschland betreffen, können den allgemeinen Gesundheitszustand beeinträchtigen. Dennoch ist das Verständnis von Präsentismus in dieser Beschäftigtengruppe begrenzt. Ziel dieses Scoping Reviews ist es, die bestehende Forschung zu Präsentismus bei Beschäftigten mit chronischen Erkrankungen zu synthetisieren und zu bündeln.
Methode
Entsprechend der Methodik von Arksey und O’Malley (2005) wurde ein Scoping Review durchgeführt. Zur Identifizierung relevanter Studien wurden im Mai 2024 in den Datenbanken PsycINFO, MEDLINE, SocINDEX, Business Source Premier und Web of Science Suchen durchgeführt und die Treffer von zwei Reviewerinnen analysiert. Zusätzlich wurde eine Schneeballsuche nach Claes (2014) durchgeführt.
Ergebnisse
Insgesamt wurden in der Datenbank- und Schneeballsuche 5220 Treffer ermittelt, von denen 27 Studien in das Review eingeschlossen wurden. Die Synthese der Studien zeigt, dass Beschäftigte mit chronischen Erkrankungen überdurchschnittlich häufig Präsentismus zeigen. Statistisch gesehen erhöht das Vorliegen einer chronischen Erkrankung die Wahrscheinlichkeit, trotz Krankheitsgefühl zu arbeiten. Personen mit schweren Gesundheitsproblemen zeigen häufiger Präsentismus als weniger stark beeinträchtigte Personen. Aus der Forschung bekannte Motive für Präsentismus treffen auch für Beschäftigte mit chronischen Erkrankungen zu, zusätzlich zeigen sich jedoch Motive, die spezifisch auf die chronische Erkrankung zurückzuführen sind (z.B. „Aufsparen“ von Krankheitstagen).
Diskussion
Das Wissen über Präsentismus bei chronischen Erkrankungen ist begrenzt. Forschungsergebnisse zeigen, dass Präsentismus in dieser Beschäftigtengruppe weit verbreitet ist. Dies könnte neben der erhöhten Anzahl an Tagen mit Krankheitsgefühl an dem zusätzlichen Set an Motiven für Präsentismus liegen. Weitere Forschung ist notwendig, um zu analysieren, inwiefern Präsentismus im Kontext von chronischen Erkrankungen funktional oder dysfunktional sein kann und welche Faktoren damit zusammenhängen. Dieses Wissen ist erforderlich, um Praxisempfehlungen zu entwickeln.
Frau Henrike Schmitz
Universität zu Köln, Lehrstuhl für Arbeit und berufliche Rehabilitation, Köln
#Vortrag #Präsentismus #chronisch krank #Arbeitsfähigkeit
3
Psychosocial working conditions, such as demands or decision authority, are associated with sickness absence days. Evidence on the impact of psychosocial working conditions on sickness absence is important to inform healthy work design so that employees can stay at work, and for development of targeted interventions to reduce sickness absence days. Therefore, this study aims to investigate whether psychosocial working conditions are associated with sickness absence days in employees with symptoms of common mental disorders.

Study participants of a randomized controlled trial (friaa, frühe Intervention bei der Arbeit) investigating effectiveness of psychotherapeutic consultation at work are investigated. At baseline (T0) the Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) assesses several items covering demands, influence and possibilities for development, and social relations and leadership scales. At T0, nine (T1) and 15 (T2) months later, the number of self-reported sickness absence days are assessed. Negative binomial regression analyses estimate relationships between centered COPSOQ variables and reported sickness absence days at T1 (n=402) and T2 (n=356) while adjusted for sickness absence days at T0, sex, age and occupational position (blue collar/white collar). Regression coefficients show the change in the log-transformed expected values of the outcome.

For T1, a full model including 12 COPSOQ scales shows a significant negative association between influence at work at T0 and sickness absence days at T1 (B= -0.01, p=0.03), indicating that higher influence at work at T0 is associated with lower sickness absence days. For T2, the model shows a significant negative association between sense of community at T0 and sickness absence days (B=-0.02, p=0.01), indicating that higher sense of community is associated with lower sickness absence days.

The study showed that specific psychosocial working conditions, i.e., influence at work and sense of community, are associated with sickness absence days in a sample of employees reporting symptoms of common mental disorders. Out of several scales of the COPSOQ, it seems that influence at work and sense of community are relevant working conditions that may be beneficial for achieving reduction of sickness absence days among employees with symptoms of common mental disorders.
Frau Meike Heming
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, CHS, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
#Vortrag #sickness absence #common mental disorder #psychosocial working conditions #mental health
4

Einleitung

Immer mehr AU-Tage sind statistisch auf psychische Erkrankungen zurückzuführen, was das Thema im Hinblick auf die berufliche Teilhabe von Beschäftigten immer relevanter macht. Die häufigste psychische Erkrankung ist dabei die Depression (DAK, 2023). Eine besondere Herausforderung stellen Depressionen bei Männern dar: Zum einen wissen sie vergleichsweise weniger über Depressionen (Cotton et al., 2006), zum anderen sind sie im Falle einer Erkrankung seltener bereit, sich Unterstützung zu suchen (DPtV, 2021). Daher galt es zu überprüfen, über welches Wissen Männer bereits verfügen und wo und wie Aufklärung am Arbeitsplatz ansetzen sollte.​​

Methoden

Es wurden 17 teilstandardisierte Interviews sowohl mit depressiven („D“; n = 10) als auch nicht depressiven Männern („N“; n = 7) geführt. Diese dauerten ca. eine Stunde und wurden in Anlehnung an Mayring (2015) ausgewertet.

Ergebnisse

Als Ursachen von Depressionen vermuteten die Befragten am häufigsten soziale Aspekte, insbesondere Stress (N: 86%, D: 20%), Traumatische Ereignisse (N: 57%; D: 60%) sowie die Arbeit (N: 43%). Kaum bekannt waren biologische und psychologische Ursachen. Die Hälfte der nicht Depressiven (50%) und ca. ein Drittel der Depressiven (30%) wurde nie über psychische Erkrankungen informiert. Wenn sie aufgeklärt wurden, dann am Arbeitsplatz (N: 50%; D: 20%) oder durch das private Umfeld (N: 17%; D: 20%). Als geeignete Orte für Aufklärung wurden insbesondere der Arbeitsplatz (N: 33%; D: 30%) und (Hoch-)Schulen (N: 17%; D: 70%) definiert. Hier würden sie sich v.a. handlungsbezogene Informationen (N: 33%; B: 40%) und Hilfestellungen zur (Früh-)Erkennung von Depressionen (N: 33%; D: 30%) wünschen. Zudem betonten viele Depressive (40%), dass stärker sensibilisiert und zum Aufsuchen von Hilfe motiviert werden sollte.​​​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, depressive Erkrankungen - insbesondere auch bei Männern - stärker in den Fokus des BGM zu rücken. Obwohl ein Großteil der Befragten berufstätig war, gaben nur ca. 29% an, von ihrem Arbeitgeber aufgeklärt worden zu sein. Gleichzeitig wurde aber der Arbeitsplatz als geeigneter Ort für solche Maßnahmen definiert. Im Rahmen des BGM sollte zum einen präventiv über Ursachen und Risikofaktoren von Depressionen aufgeklärt werden und zum anderen durch die Vermittlung handlungsbezogener Informationen, einen Fokus auf Früherkennung und eine übergreifende Sensibilisierung dazu beigetragen werden, dass erkrankte Beschäftigte frühzeitig geeignete Behandlung erhalten.
Frau Ann-Kathrin Grotenburg
RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Aachen
#Vortrag #Depressionen #Aufklärung #Männer
5

Einleitung

In Anbetracht der Bedeutung der Bildung künftiger Generationen ist die Entwicklung und Aufrechterhaltung eines gesunden und widerstandsfähigen Lehrkörpers in der Sekundarstufe von entscheidender Bedeutung. Die COVID-19-Pandemie war für die Lehrer einzigartig, da sowohl der Unterricht in Präsenz als auch Online mit besonderen Belastungen und Risiken verbunden war. In diesem Zusammenhang können aus der COVID-19-Pandemie Lehren für die psychische Gesundheit und Belastbarkeit von Lehrern gezogen werden.

Methoden

Es wurde ein Scoping Review durchgeführt, um die Primärliteratur seit 2020 über Burnout, Depressionen und Angstzustände bei Sekundarschullehrern in Europa während der COVID-19-Pandemie zu überprüfen und zusammenzufassen.

Ergebnisse

Es wurden sechzehn Studien aus verschiedenen europäischen Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Datenerhebung während der Pandemiejahre identifiziert. Nur zwei waren Längsschnittstudien, die anderen waren Querschnittsstudien. Der Schweregrad der psychischen Gesundheitsprobleme war hoch und schien sich im Verlauf der Pandemie zu verschlimmern. Weibliche Lehrer waren möglicherweise stärker betroffen als männliche Lehrer. Der „Healthy-Worker Effect“ kann dazu führen, dass der Schweregrad in Querschnittsstudien unterschätzt wird. Emotionale Intelligenz, emotionale Autonomie und Resilienz zeigten sich als potenziell modifizierbare Faktoren.

Schlussfolgerung / Diskussion

Für diese Berufsgruppe, die besonders anfällig für Burnout, Angstzustände und Depressionen zu sein scheint, haben wir Lücken in der Literatur identifiziert, die geschlossen werden müssen und auch Möglichkeiten der präventiven Arbeitsmedizin identifiziert.
Frau Sarah Herman
Uniklinik Köln, Köln
#Vortrag
6
Hintergrund: Im beruflichen Umfeld kann die psychische Gesundheit von Arbeitnehmern durch komplexe Wechselwirkungen zwischen dem Einzelnen und seinem Arbeitsumfeld beeinflusst werden. Ziel dieser Querschnittsanalyse war es, den Zusammenhang zwischen der Passung zwischen Person und Arbeitsumfeld und der psychischen Gesundheit zu untersuchen.

Methode: Es wurden die Daten von n = 568 Teilnehmern der LIFE-Kohorte analysiert, darunter soziodemografische Merkmale, drei Dimensionen des Person-Umwelt-Fit (P-E-Fit), sowie Symptome von Depression und Angst. Die statistische Analyse umfasste sowohl deskriptive Analysen als auch lineare Regressionsmodelle, unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, sozioökonomischen Status, Familienstand und beruflichen Status.

Ergebnisse: Es zeigten sich signifikante Zusammenhänge zwischen Alter, Familienstand, SES, Beschäftigungsstatus, Depressions- und Angstsymptomen und P-E-Fit. Die Regressionsmodelle ergaben, dass eine höhere wahrgenommene Passung mit einer geringeren Symptomschwere hinsichtlich Depressionen und Ängsten assoziiert war.

Diskussion: Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Passung zwischen Person und Umfeld für die psychische Gesundheit. Ein optimales Gleichgewicht zwischen Bedürfnissen und Anforderungen kann als ein wichtiger Faktor für Gesundheit und Wohlbefinden angesehen werden. Somit können Arbeitsnehmenden, als auch Unternehmen gleichermaßen von einer hohen Passung profitieren.

Frau Dr. Franziska Jung
Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin & Public Health, Med. Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig
#Vortrag #Person-Umwelt-Fit, Depression, Angst
Do
03 Apr
08:30 - 09:45
Vorträge
Tätigkeitsspezifische psychische Belastungen
Raum: Hörsaal 28 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 100)
Vorsitz: Nina Garthe und Esther Rind
Beiträge:
1
Problemstellung. Immer wieder sind Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit mit verschiedenen Erscheinungsformen von Aggression und Gewalt konfrontiert. Zwar sind die negativen Auswirkungen dieser Belastung auf die psychische Gesundheit der Beschäftigten gut dokumentiert. Inwiefern die Belastungsintensität und die daraus resultierende Beanspruchung über verschiedene Berufsgruppen verallgemeinerbar sind, bleibt bislang jedoch unklar. Ziel dieser Untersuchung ist es daher, die Häufigkeit von Gewalt und Aggression am Arbeitsplatz und deren Einfluss auf das Wohlbefinden über verschiedene Berufsgruppen zu vergleichen.

Methode. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung füllten 4567 Beschäftigte aus 33 Berufsgruppen in Deutschland ein online-Zusatzmodul zur Häufigkeit verschiedener Formen von Aggression und Gewalt bei der Arbeit sowie den WHO-5 Fragebogen zum Wohlbefinden vollständig aus. Die Teilnahme an der Befragung war freiwillig. Anhand der Tätigkeitsbeschreibungen und in Abstimmung mit den Betrieben wurden die befragten Tätigkeitsgruppen vorab gemäß der International Standard Classification of Occupations (ISCO) gruppiert. Mittels deskriptiver Statistiken und linear gemischter Modelle wurden berufsgruppenspezifische Unterschiede sowohl in der Exposition mit Aggression und Gewalt als auch in den Zusammenhängen mit dem Wohlbefinden der Beschäftigten analysiert.

Ergebnis. Knapp 40% (ICC1 = 39,8) der Unterschiede im Gesamtindex "Aggression und Gewalt" werden durch die Berufsgruppenzugehörigkeit erklärt. Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte sowie Polizeibedienstete berichten die höchste berufsbedingte Exposition mit Aggression und Gewalt; akademische Fachkräfte in Vertrieb und Marketing sowie Technikerinnen und Techniker berichten die niedrigsten Werte. Erwartungskonform sinkt mit zunehmender Belastungsexposition das Wohlbefinden. Diese Zusammenhänge variieren jedoch erheblich zwischen den Berufsgruppen und sind bei den akademischen Fachkräften am stärksten (r = -.66) und bei den Polizeibediensteten, trotz erhöhter Exposition, vergleichsweise niedrig (r = -.08) ausgeprägt.

Schlussfolgerung. Berufsgruppen mit besonderer Exposition mit Aggression und Gewalt sind nicht notwendigerweise auch jene Gruppen, deren psychische Gesundheit am stärksten unter der Exposition leidet. Der Beitrag diskutiert mögliche Ursachen und Implikationen dieser Unterschiede im Hinblick auf den betrieblichen Arbeitsschutz.
Herr Roman Pauli
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
#Vortrag #Aggression und Gewalt #psychische Belastung #Berufsgruppen #Wohlbefinden
2

Einleitung

Angesichts der steigenden Zahl psychischer Erkrankungen gewinnt die Beurteilung psychischer Belastung an Bedeutung. Zur Reduktion gesundheitlicher Beeinträchtigungen ist es notwendig, psychische Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz frühzeitig zu identifizieren und im Sinne einer vorrausschauenden Arbeitsgestaltung bereits in ihrer Entstehung zu verhindern. Gleichermaßen zeigt sich, dass bestehende Instrumente zur Gefährdungsbeurteilung (GBU) die speziellen Anforderungen von Interaktionsarbeit nur unzureichend abbilden (Richter, 2010). Aus der bislang geringen Berücksichtigung von interaktionsspezifischen Belastungsfaktoren resultiert die Zielstellung des vorliegenden Beitrags, ein Belastungsscreening zu entwickeln, das mögliche Gefährdungen interaktiver Tätigkeiten ganzheitlich erfasst.

Methoden

Im Rahmen der Entwicklung des Belastungsscreenings wurde ein Mixed-Methods-Instrument-Development-Design (MMID-Design) angewandt und konzeptionell weiterentwickelt (Pentzek et al., 2012). MMID-Designs ermöglichen die Entwicklung von praxistauglichen Instrumenten, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen der späteren Nutzergruppe zugeschnitten sind (Creswell & Clark, 2018). So ist es im Bereich der Gefährdungsbeurteilung von Bedeutung, dass Instrumente tätigkeitsspezifische Gefährdungen der späteren Zielgruppe präzise erfassen. Durch die vorgeschaltete qualitative Studie kann die Evidenz relevanter Gefährdungsfaktoren sichergestellt werden (Creswell, 1999). Im Rahmen des methodischen Vorgehens wurden 106 halbstandardisierte Interviews in 6 Berufsgruppen durchgeführt, um auf Basis der gewonnenen Daten geeignete Skalen und Items für das Belastungsscreening zu entwickeln.

Ergebnisse

Die Ergebnisse der qualitativen Studie verdeutlichen, dass interaktionsspezifische Gefährdungen vor allem in der Konfrontation mit Tod, unfreundlichem Kundenverhalten sowie verbalen, sexuellen und körperlichen Übergriffen liegen. Weitere Belastungsfaktoren umfassten den Umgang mit überzogenen Kundenerwartungen, illegitimen Beschwerden und mangelnder Kundenbeteiligung. Insgesamt entstand ein Itempool bestehend aus 159 Items.

Schlussfolgerung / Diskussion

Zusammenfassend zeigt sich, dass MMID-Designs durch die aktive Einbindung der späteren Nutzergruppe in den Entwicklungsprozess den Nutzen und die Praxistauglichkeit von GBU-Instrumenten erhöhen können. In diesem Beitrag wird der Entwicklungsprozess des Itempools vorgestellt.
Herr Jonas Wehrmann
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund
#Vortrag #Aggression und Gewalt #Psychische Gesundheit
3

Einleitung

Psychische Belastungen in wissenschaftlichen Institutionen werden häufig mit Blick auf die Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses diskutiert. Befragungen mit dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) bieten einen breiteren Zugang zum „Arbeiten in der Wissenschaft“ und können Aufschluss geben, inwiefern sich dabei außeruniversitäre Forschungseinrichtungen von Hochschulen bzw. Universitäten unterscheiden (Teil 2).

Methoden

Die Datenbasis der Analysen bilden anonymisierte Angaben aus Befragungen der Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften (FFAW) bei 20 außeruniversitären Einrichtungen (Fraunhofer-, Helmholtz-, Leibniz-, Max-Planck-Institute) sowie bei acht Hochschulen / Universitäten zwischen 2019 und 2024. Neben deskriptiven Analysen werden Mittelwerte unterschiedlicher Subgruppen miteinander verglichen. Alle Skalen sind 0-100 Punkte skaliert.

Ergebnisse

Die o.g. Institutionen umfassen die Angaben von insgesamt 5.153 Personen, von denen 2.621 anhand der Klassifikation der Berufe (KldB 2010, V. 2020) im Bereich „Wissenschaft“ verortet werden. Die Arbeitsbedingungen in dieser Gruppe werden zum einen denen von 1.804 Verwaltungsbeschäftigten aus denselben Institutionen und zum anderen denen des repräsentativ gewichteten Querschnitts aller Berufe in Deutschland (n = rd. 250.000) gegenübergestellt. Klare Unterschiede zwischen den Subgruppen zeigen sich z.B. hinsichtlich der Entgrenzung der Arbeit (Wissenschaft: 55 Punkte, Verwaltung: 33 Punkte), aber auch beim Einfluss auf die Arbeit (62 vs. 49 Punkte). Gegenüber dem Querschnitt der Berufe zeigen sich wiederum die Befragten aus beiden Subgruppen überdurchschnittlich zufrieden mit ihrer Arbeit (70 bzw. 68 vs. 64 Punkte).

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass sich die Arbeit in wissenschaftlichen Berufen in einigen Aspekten von dem in anderen Berufsfeldern abhebt. Das legen auch andere Untersuchungen nahe. In anderen Aspekten weicht sie – von der Warte des Berufsgruppenvergleichs – nicht nennenswert von anderen Feldern ab. Die Form der Arbeitsorganisation wäre eine naheliegende Perspektive, um weitere Abweichungen zu suchen. Sie wird deshalb im Folgereferat behandelt.
Herr Dr. Hans-Joachim Lincke
FFAW: Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH, Freiburg
#Vortrag #Psychische Belastung #COPSOQ #Wissenschaft #Hochschule #Gefährdungsbeurteilung
4

Einleitung

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung wurden 28 wissenschaftliche Organisationen mit dem COPSOQ befragt. Die daraus hervorgegangene Datenbasis wurde im vorausgehenden Referat (Teil 1) vorgestellt. Die hier gezeigten Ergebnisse gehen der Frage nach, ob sich typische Belastungs- und Beanspruchungsprofile von Wissenschaftler:innen in Abhängigkeit davon ergeben, ob sie an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung oder einer Hochschule bzw. Universität arbeiten. Dahinter steht die Erkenntnis, dass neben Tätigkeitsinhalten die Form der Arbeitsorganisation das psychosoziale Wohlbefinden beeinflusst.

Methoden

Die anonymisierten Angaben von 2.621 Wissenschaftler:innen aus 28 Institutionen wurden ausgewertet. Bei der Befragungwaren 1.545 Personen bei einer außeruniversitären Forschungseinrichtungen und 1.076 an einer Hochschule bzw. Universität beschäftigt. Die Auswertung bezieht sich auf alle 31 mit dem COPSOQ erhobenen Standard-Skalen (fünfstufig, 0-100 Punkte). Zur Aufdeckung von Gruppenunterschieden wurden Skalenmittelwerte in einer Varianzanalyse (ANOVA) verglichen. Die Effektstärke von Unterschieden wurde mit Cohen’s d ab >= 3 Punkte als schwacher und ab 7 Punkten als mittlerer Effekt definiert.

Ergebnisse

Bei 14 von insgesamt 31 Skalenwerten unterscheiden sich die Mittelwerte zwischen den Gruppen höchst signifikant (p < .001). Dabei weichen 8 von 24 Belastungsfaktoren und 1 von 7 auf Seite der Beanspruchungsfaktoren um wenigstens 7 Punkte ab. Damit weisen sie auf deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen hin. Die fünf deutlichsten Effekte nach Organisationsform zeigen sich bei den Skalen „Spielraum bei Pausen und Urlaub“ (|d| ≈ 0,64), „Unsicherheit des Arbeitsplatzes“ (|d| ≈ 0,58), „Emotionale Anforderungen“ (|d| ≈ 0,53), „Arbeitsumgebung / phys. Anforderungen“ (|d| ≈ 0,51) und „Menge sozialer Kontakte“ (|d| ≈ 0,51). Die übrigen neun signifikanten Unterschiede liegen zwischen |d| ≈ 0,22 und |d| ≈ 0,37.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Abweichungen zeigen kein eindeutiges, sondern ambivalentes Bild. Die höheren physischen Anforderungen bei außeruniversitären Instituten könnten naturwissenschaftlichen Schwerpunkten (Gefahrstoffe usw.) geschuldet sein. Die geringeren emotionalen Anforderungen gegenüber der Arbeit an einer Hochschule / Universität lässt sich durch den geringeren Umfang an Lehrverpflichtungen plausibel erklären. Unter Absehung von Limitationen der Datenbasis kann diskutiert werden, inwiefern außeruniversitäre Einrichtungen stärker von „Normalarbeitsverhältnissen“ durchdrungen sind.
Herr Dr. Matthias Nübling
FFAW: Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH, Freiburg
#Vortrag #Psychische Belastung #COPSOQ #Wissenschaft #Gefährdungsbeurteilung #Hochschule
5
Hintergrund: Landwirt:innen sind bedeutsamen Gesundheits- und Stressrisiken, physisch sowie psychisch, ausgesetzt. Ungeachtet der internationalen Literatur, die hohe Prävalenzen für psychische Erkrankungen bei Landwirt:innen und Zunahmen über die Jahre aufweist, gibt es bisher wenig wissenschaftliche Evidenz aus Deutschland. Daher untersucht diese Studie, inwieweit wissenschaftliche Erkenntnisse zur psychischen Gesundheit bei Landwirt:innen in Deutschland vorhanden sind und stellt sich ergebende Forschungsimplikationen heraus.

Methode: Für gezielte Informationen zur psychischen Gesundheit von Landwirt:innen in Deutschland, wurde eine systematische Literaturübersicht mittels Population-Concept-Context (PCC) Frameworks erstellt. Das a-priori erstellte Review-Protokoll wurde bei OSF registriert. Als Auswahlkriterien wurden verwendet: a) Sprache: Englisch oder Deutsch, b) Veröffentlichung zwischen 2014-2024, c) Originalstudie, d) Population: Landwirt:innen, e) Konzept: psychische Gesundheit und f) Kontext: Deutschland. Es wurden die Datenbanken Web of Science und Google-Scholar genutzt sowie zusätzliche Referenzen durch den Kontakt zu Expert:innen.

Ergebnisse: Initial wurden 440 Quellen identifiziert. In das Volltext-Screening wurden 21 Publikationen eingeschlossen. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass bisher keine Prävalenzen oder umfassenden Daten zu psychischen Erkrankungen in der Landwirtschaft in Deutschland vorliegen. Als Stressoren zeichnen sich mentale Belastungen durch zeitlichen und finanziellen Druck, soziale Konflikte (z. B. durch Hofübergabe), Entgrenzung, steigende Bürokratie und gesetzliche Rahmenbedingungen ab. Quantitative Daten belegen ein höheres empfundenes Stresslevel als die deutsche Allgemeinbevölkerung, ein hohes Burnout-Risiko und vermehrte Schlafstörungen. Qualitative Daten ergeben für das Thema psychische Erkrankungen zusätzlich ein geringes Wissen und Bewusstsein und verspätete Inanspruchnahme von Hilfen. Vollständige Ergebnisse werden auf der Konferenz präsentiert.

Schlussfolgerung: Bisherige Ergebnisse zeigen im internationalen Vergleich einen geringen Wissensstand über die psychische Gesundheit von Landwirt:innen in Deutschland, mit fehlenden wichtigen Daten, z. B. zu Prävalenzen, aber deutlichen Hinweisen auf hohe psychische Belastungen. Weitere Basisforschung ist erforderlich, um die psychische Gesundheit der Landwirt:innen in Deutschland beurteilen zu können um zukünftig passgenaue Interventionen entwickeln zu können.

Frau Louisa Scheepers
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
#Vortrag #Psychische Gesundheit #Psychische Belastung #Landwirtschaft #Deutschland
Do
03 Apr
08:30 - 10:00
Vorträge
Arbeitsumgebung
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Irina Böckelmann und Marcel Schweiker
Beiträge:
1
Entwicklung der Freizeitlärmexposition und deren Auswirkungen auf die Hörfähigkeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen: erste Ergebnisse aus 15 Jahren OHRKAN-Kohortenstudie
Valeriya Petrova1, Susanne Senninger1, Jonas Huß1, Moritz Baumgärtner1, Doris Gerstner1, Veronika Weilnhammer1, Caroline Herr1,2, Stefanie Heinze1,2, Caroline Quartucci1,2
1 Sachbereich für Arbeits- und Umweltmedizin, Epidemiologie; Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München, Deutschland
2 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität, München, Deutschland

Zielsetzung: In den vergangenen Jahren ist Freizeitlärm als möglicher Risikofaktor für Gehörschäden bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit gelangt. Dazu zählen beispielsweise der Besuch von Sport-Veranstaltungen, Clubs, Konzerten oder das Hören lauter Musik über Smartphones (Portable Listening Devices). Ziel der OHRKAN-Kohortenstudie ist es, die Auswirkungen der Freizeitlärmexposition auf die Hörgesundheit ab dem Jugendalter langfristig zu untersuchen.
Methoden: Die epidemiologische Studie OHRKAN wird seit 2009 am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Kooperation mit der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) durchgeführt. Nach der Basiserhebung, an der über 2.000 Schülerinnen und Schüler in der 9. Jahrgangsstufe teilgenommen haben, werden im Abstand von jeweils ca. 2,5 Jahren dieselben Personen zu ihrer Lärmexposition in der Freizeit befragt. Die klinischen Untersuchungen erfolgen im Abstand von etwa 5 Jahren. Die längsschnittliche Betrachtung der Teilnehmenden über mittlerweile sechs Erhebungswellen beinhaltet die Beobachtungen der Zielgruppe zwischen dem 15. und dem 30. Lebensjahr über einen Zeitraum von etwa 15 Jahren. Die Entwicklung des Freizeitlärmverhaltens und der daraus resultierenden Freizeitlärmexposition, sowie die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der riskanten Freizeitlärmexposition und persönlichen, gesundheitsbezogenen, soziodemografischen Merkmalen der Studienteilnehmenden wird deskriptiv und mittels Regressionsanalysen untersucht. Das Überschreiten von 85 dB(A) gemittelt über eine 40-Stundenwoche wurde als riskante Freizeitlärmexposition definiert. Die OHRKAN-Kohortenstudie wird vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention gefördert.
Ergebnisse: Insgesamt überschritten knapp 75 % der Studienteilnehmenden mit ihren Freizeitaktivitäten einen Lärmpegel von 85 dB(A) zu mindestens einem Erhebungszeitpunkt. Mit zunehmendem Alter der Studienteilnehmenden veränderte sich die Relevanz der verschiedenen Freizeitaktivitäten sowie die davon ausgehende Lärmexposition. Persönliche Merkmale wie beispielsweise Schulbildung oder Rauchverhalten stehen in Zusammenhang mit einer riskanten Freizeitlärmexposition. Weitere Ergebnisse werden im Rahmen der Tagung vorgestellt.
Schlussfolgerung: Die erfolgreiche Weiterführung der OHKRAN-Kohortenstudie über mehr als 15 Jahre bietet aufgrund der - seit dem Jugendalter - starken Bindung der Teilnehmenden an die Studie und der hohen Wiederteilnahmebereitschaft ideale Voraussetzungen für eine langfristige Beobachtung des Zusammenhangs der Freizeitlärmexposition und der Hörfähigkeit. Die erhobenen Daten und daraus gewonnenen Erkenntnisse bilden eine Basis, um gezielt Präventionsmaßnahmen zu definieren und leisten somit einen bedeutenden Beitrag für die öffentliche Gesundheit.

Frau Valeriya Petrova
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
#Vortrag #leisurenoiseexposure #hearingloss #cohortstudy #tinnitus #longitudinalstudy #germany
2
Der Beruf der Erzieher*innen zählt zu den sprech- und stimmintensiven Berufen. Der intensive Stimmeinsatz kann Stimmprobleme verursachen, was sich auf die stimmliche Belastbarkeit auswirken kann. Ziel der Studie war zu untersuchen, ob sich subjektiv empfundene Stimmprobleme auf die Leistung und Belastbarkeit der Stimme auswirken.

An der Studie nahmen 103 stimmgesunde Erzieherinnen aus Kindertagesstätten Magdeburgs und Umgebung freiwillig teil. Mittels Fragebogen wurden soziodemografische und gesundheitsbezogene Daten erhoben. Subjektive Stimmbeschwerden wurden mit dem Fragebogen Voice-Handicap-Index (VHI) erfasst. Zur Objektivierung einer bislang unerkannten Stimmstörung wurde der Dysphonie-Schweregrad-Index (DSI) nach Wuyts et al. berechnet. Die Belastbarkeit der Stimme wurde mit dem Stimmbelastungstest (Wechseltest in Anlehnung an Seidner) geprüft. Die Stimmanalyse erfolgte mit der Software DiVAS V2.8 Modul Basis (XION GmbH, Berlin). Das subjektive Anstrengungsempfinden wurde mit der BORG-Skala erhoben.

​​​​​​Bei 53 Erzieherinnen im Alter von 39,6 ± 10,2 Jahren traten bisher keine Stimmprobleme auf. 50 Erzieherinnen (40,9 ± 11,6 Jahre alt) berichteten von Stimmproblemen, die bei 42 erst während der Berufstätigkeit auftraten. Hinsichtlich Alter, Dauer der Berufstätigkeit und anderen Faktoren unterschieden sich Erzieherinnen mit Stimmproblemen nicht von Kolleginnen ohne Stimmprobleme. Erzieherinnen mit Stimmproblemen erreichten im VHI-Fragebogen höhere Werte (6,8 ± 4,5 Punkte) als Erzieherinnen ohne Stimmprobleme (4,0 ± 3,4; p < 0,001). Sie gaben außerdem an, dass ihre Stimme eher ermüdete, wobei zum Teil die Berufstätigkeit als Ursache für die Stimmermüdung gesehen wurde. Hinsichtlich DSI insgesamt unterschieden sich die Erzieherinnen nicht signifikant voneinander, nur die maximale Tonhaltedauer war bei Erzieherinnen mit Stimmproblemen mit 15,4 ± 4,4 Sekunden signifikant kürzer als bei Erzieherinnen ohne Stimmprobleme (17,3 ± 4,6; p = 0,022). Im Stimmbelastungstest unterschied sich die Leistung der Erzieherinnen nicht, jedoch empfanden Erzieherinnen mit Stimmproblemen diesen Test tendenziell als anstrengender (p = 0,056).
Bei knapp der Hälfte der eigentlich stimmgesunden Erzieherinnen traten Stimmprobleme während der Berufstätigkeit auf. Sprecherziehung und Stimmbildung sollten bereits in die Berufsausbildung integriert werden, um die Stimme auf den sprechintensiven Beruf vorzubereiten und somit eine Stimmermüdung zu verhindern.
Frau Dr. med. Sabine Darius
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
#Vortrag #Erzieherinnen #Stimmprobleme #Stimmbelastung
3
Hintergrund
Aufgrund der Zunahme von Hitzeereignissen und anderer Extremwetterereignisse stellt der Klimawandel eine bedeutende Gesundheitsgefahr für uns dar. Besonders Kinder sind hierbei stark gefährdet, denn die Wärmeabgabe des Körpers funktioniert weniger effektiv als bei Erwachsenen und die Haut ist anfälliger für Schäden durch UV-Strahlung. Kinder können diese Gefahren noch nicht selbständig einschätzen und sind somit auf die Hilfe von Erwachsenen angewiesen. Deshalb untersucht die KAMEL-Studie (gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention) Klimaanpassungsmaßnahmen in Kindertagesstätten und heilpädagogischen Tagesstätten.

Methode
Es wurden qualitative halb-standardisierte Interviews mit pädagogischen Fachkräften aus bayerischen Kindertagesstätten und heilpädagogischen Tagesstätten durchgeführt. Ein Interviewleitfaden mit Fokus auf das Wissen bzgl. Klimawandel und Klimaanpassungsmaßnahmen, deren Umsetzung am Arbeitsplatz Kindertagesstätte sowie damit verbundene Schwierigkeiten wurde entwickelt. Die Auswertung der Interviews fand anhand der Software MAXQDA 2020 sowie der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring mit einem deduktiven und induktiven Codiersystems statt.

Ergebnisse
Die Teilnehmenden wiesen teilweise geringes Wissen bzgl. Klimaanpassungsmaßnahmen auf. Es konnten verschiedene Klimaanpassungsmaßnahmen (z.B. Aktivitäten im Schatten, Einführung von Trinkritualen, Angebot von Wasserspielen) sowie Schwierigkeiten bei deren Umsetzung (z.B. fehlende personelle oder finanzielle Ressourcen) identifiziert werden. Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen hatten „persönliche“, „durch Erziehungsberechtigte bedingte“, „organisatorische“, „durch Träger bedingte“ oder „gesellschaftliche“ Gründe.

Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit der Aufklärung von pädagogischem Personal über Klimaanpassungsmaßnahmen sowie deren Umsetzung in Kindertagesstätten und heilpädagogischen Tagesstätten, um das Personal und die zu betreuenden Kinder vor den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels in Kindertagesstätten zu schützen. Aus diesem Grund sollen eine Broschüre sowie eine Online Schulung konzipiert werden, die Fachkräfte bei der Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen unterstützen sollen. Detaillierte Ergebnisse sollen im Rahmen der Tagung vorgestellt werden.

Frau Dr. Caroline Quartucci
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin am Klinikum der Universität München, München
#Vortrag #Klimaanpassungsmaßnahmen #Hitze #UV-Strahlung #Kindertagesstätten #Heilpädagogische Tagesstätten
4
Zielsetzung
Ressourcenknappheit und Klimawandel fordern eine Reduktion des Energiebedarfs für die Klimatisierung von Arbeitsplätzen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass gefundene Lösungen zu akzeptablen Arbeitsbedingungen führen. In großen Industriehallen wird aktuell im Winter größtenteils das gesamte Raumvolumen beheizt, was relativ zum Nutzen für die in den Hallen arbeitenden Menschen ineffizient ist. Kommerzielle Lösungen in Form von aktiver Wärmekleidung, die die Wärme direkt zu den jeweiligen Menschen bringt, existieren. Bevor ein Paradigmenwechsel vom indirekten Heizen zum unmittelbaren Wärmen von Menschen stattfinden kann, sollten jedoch Erfahrungen aus Pilotstudien außerhalb von Klimakammern gesammelt werden.

Methoden
In einem Abschnitt einer Logistikhalle mit 84m Länge, 72m Breite wurde im Herbst 2022 ein Pilotversuch durchgeführt, bei dem die Hallensollwerttemperaturen über 5 Wochen ab der zweiten Woche jeweils um 1 Grad gesenkt wurden. Gleichzeitig wurde den 25 Personen, die in diesem Abschnitt tätig sind, Wärmekleidung zur Verfügung gestellt. Neben der Begleitung durch Betriebsrat, Arbeitssicherheit und Fachabteilung wurde jeweils zum Schichtende mit einem standardisierten Fragebogen die thermische Wahrnehmung einzelner Körpersegmente (z.B. Oberkörper, Hände, Füße) und Nutzung der Wärmekleidung der Teilnehmenden erfasst. Zusätzlich wurde der Energiebedarf für die Beheizung der Halle gemessen.

Ergebnisse
Die Wärmekleidung löste den Zusammenhang zwischen Hallentemperatur und Temperaturempfinden auf. In der 4. Woche, bei einer Hallentemperatur von durchschnittlich 16,5 °C lag das mittlere Temperaturempfinden zwischen neutral und etwas kühl (median -0,3) und damit nahezu unverändert zur Ausgangssituation mit Hallentemperaturen von über 19°C (median -0,5). Vereinzelt und vermehrt in der 5. Woche bei 15,5°C gab es insbesondere bei Gabelstaplerfahrenden Berichte über kühle Beine und Füße. Dies zeigt mögliche Grenzen auf, die zum einen durch den Fahrtwind entstehen, in Kombination mit der Ablehnung eines Windschutzes, weil dieser Arbeitsabläufe behindert. Der klimabereinigte Energiebedarf konnte von 1195 MWh auf 648 MWh gesengt werden.

Schlussfolgerungen
Die Nutzung von Wärmekleidung kann niedrigere Hallentemperaturen bei Aufrechterhaltung akzeptabler Arbeitsbedingungen ausgleichen. Besondere Arbeitssituationen müssen jedoch im Einzelfall berücksichtigt werden. Gleichzeitig kann der Energiebedarf für die Beheizung um 50% gesenkt werden.
Herr Prof. Dr. Marcel Schweiker
Universitätsklinikum Aachen, Institut für Arbeits-, Sozial-, und Umweltmedizin, Lehr- und Forschungsgebiet Healthy Living Spaces, Aachen
Lehrstuhl für Healthy Living Spaces, Fakultät für Architektur, RWTH Aachen University, Aachen
#Vortrag #Thermische Behaglichkeit #Ressourcenknappheit
5
Introduction. The effect of the work environment on sleep disturbances constitutes a public health concern and has been systematically investigated within the literature. Studies support that psychosocial variables such as social support at work, feeling of control, organizational justice, work demands, job strain, and effort-reward imbalance can influence the sleep quality of the office workers. However, it is still unknown how the new work-environment arrangements, which include work from home and hybrid work could influence sleep. Sleep deprivation is highly influenced by pre-sleep arousal as a form of relaxation is needed before sleep. Therefore, in the current study, the effect of the work environment on pre-sleep arousal was investigated.
Methods. Nineteen hybrid workers (F=17, M=2) were recruited and were asked to answer a series of questions about their work on four consecutive days. At the end of each day, they reported whether they worked in the office, at home or hybrid for that day. Pre-sleep arousal was investigated retrospectively using the Pre-Sleep arousal scale (German version) on the morning after.
Results. The outcomes indicated a significant difference between the work environment settings on pre-sleep arousal (F(2, 135) = 6.405, p = 0.002). Tukey’s HSD Test for multiple comparisons found that the mean value of pre-sleep arousal was significantly higher when the participants worked in a hybrid way than only from home (p = 0.002, 95% CI = 0.191, 0.973) or only from the office (p = 0.025, 95% CI = 0.044, 0.812). No significant differences in pre-sleep arousal were found between working from home and working from the office (p = 0.225).
Discussion. The results suggest that working both from the office and from home within a day could lead to higher pre-sleep arousal, which based on the literature could lead to difficulties with sleep. Consequently, it is suggested that it might be better for office workers to either work from the office or from home but not combine the two within a day. If a hybrid arrangement is unavoidable, then efforts to reduce pre-sleep arousal via physical exercise or relaxation techniques will be needed to ensure a better sleep quality.
Frau Dr. Rania Christoforou
Universitätsklinikum Aachen, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Lehr- und Forschungsgebiet Healthy Living Spaces, Aachen
#Vortrag
6
Zielsetzung. Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit dem Arbeitsplatz ist ein wichtiger Faktor für Unternehmen, da Zusammenhänge mit Motivation, Leistung und Firmentreue dargestellt wurden. Mit einem Umzug des Unternehmensstandortes ergeben sich Chancen, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu erhöhen. Gleichzeitig bestehen Risiken, wenn Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden. Ziel dieser Studie war es, Erkenntnisse zu wichtigen Einflussfaktoren auf Erfolg oder Misserfolg von Umzugsmaßnahmen zu gewinnen.

Methoden. Mittels pre-post-Design wurde der Umzug aus einem stadtnahen Altbau in ein nach Maßstäben gesundheitsförderlichen Bauens geplanten Neubau in Stadtrandlage wissenschaftlich begleitet. Zu den objektiven Parametern zählten Raumtemperaturen, -feuchte, Helligkeit, Lautstärke und Luftqualität. Luftproben wurden aktiv an einem Tag und mittels Passivsammlern über eine Woche gesammelt und mittels non-target-Analyse ausgewertet. Als subjektiver Parameter wurde die Nutzerzufriedenheit mit dem Instrument für Nutzerbefragungen zum Komfort am Arbeitsplatz (INKA) erfasst. Der Fragebogen wurde kurz vor dem Umzug und ca. 1 Jahr nach dem Umzug elektronisch an die ca. 15 Mitarbeitenden verteilt.

Ergebnisse. Die objektiven Messdaten lagen sowohl für Alt- als auch Neubau innerhalb der zulässigen Grenzen der Arbeitsstättenrichtlinien. Keiner der erhobenen Parameter unterschied sich signifikant. Die Rücklaufquote des INKA war mit 11 (Altbau) bzw. 13 (Neubau) erhaltenen Antworten sehr hoch. Im Gegensatz zu den objektiven Daten zeigten sich deutliche Vorteile des Altbaus. Der INKA-Gesamtindex (-2 sehr unzufrieden bis +2 sehr zufrieden) lag im Altbau bei 0,1, im Neubau bei -0,4. Während die Zufriedenheit im Altbau durch Nutzerfreundlichkeit und Möblierung negativ beeinflusst wurde, waren im Neubau Luftqualität, Temperatur- und Lichtverhältnisse die Haupteinflussfaktoren für die negative Bewertung. Die Analyse der Einzelitems zeigte, dass der Standort des Gebäudes (Innenstadt vs. Randlage) und die individuellen Kontrollmöglichkeiten (Fensterlüftung vs. Lüftungsanlage bei fixierten Fenstern) des Neubaus deutlich schlechter bewertet wurden.

Schlussfolgerungen. Trotz der kleinen Stichprobengröße zeigt diese Studie die Wichtigkeit, bei der Planung von Gebäuden, die Nutzerbedürfnisse holistisch zu betrachten. Während die Lage eines Grundstücks häufig nicht frei wählbar ist, wären Aspekte wie individuelle Kontrollmöglichkeiten über das Raumklima bei dem Neubau umsetzbar gewesen.
Herr Prof. Dr. Marcel Schweiker
Universitätsklinikum Aachen, Institut für Arbeits-, Sozial-, und Umweltmedizin, Lehr- und Forschungsgebiet Healthy Living Spaces, Aachen
RWTH Aachen University, Fakultät für Architektur, Lehrstuhl für Healthy Living Spaces, Aachen
#Vortrag #Nutzerzufriedenheit #kleine und mittlere Unternehmen #Psychische Gesundheit
Do
03 Apr
08:30 - 09:30
Vorträge
Schichtarbeit
Raum: Seminarraum K8 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 60)
Vorsitz: Sylvia Rabstein und Thomas C. Erren
Beiträge:
1
Einleitung:
Schicht- und Nachtarbeit ist in der Schweiz weit verbreitet, birgt jedoch erhebliche Gesundheitsrisiken. Bisherige Leitlinien zur medizinischen Untersuchung von Schicht- und Nachtarbeitenden waren veraltet und erforderten eine Aktualisierung, um aktuelle medizinische Erkenntnisse und Standards zu berücksichtigen.
Methode:
Die neuen Leitlinien wurden vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) unter Einbezug der bestehenden EviPrev-Empfehlungen für Vorsorgeuntersuchungen in der Grundversorgung und neuesten wissenschaftlichen Evidenz zu Auswirkungen von Schicht- und Nachtarbeit auf die Gesundheit gesammelt in einen «Umbrella review» (UR) entwickelt. Die EviPrev-Empfehlungen basieren auf einem breiten wissenschaftlichen Konsens der Prävention und die Erkenntnisse aus dem UR berücksichtigen die spezifischen Risiken der Schicht- und Nachtarbeit.
Ergebnisse:
Der UR zeigte erhöhte Risiken für viele häufige NCDs. Die grössten gepoolten Odds dafür waren bei den kardiovaskulären und metabolischen Risiken, der psychischen und Frauen-Gesundheit sowie der Mortalität zu finden. Darauf aufbauend empfehlen die neuen Leitlinien eine spezifische Anamnese, eine risikoorientierte klinische Untersuchung und medizinische Beratung von Schicht- und Nachtarbeitenden, um potenzielle Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren. Sie legen einen Schwerpunkt auf die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, Schlafstörungen und psychischen Erkrankungen in Abhängigkeit vom Alter und persönlichem Gesundheitsverhalten. Es wird ausdrücklich empfohlen, nach Faktoren für ein metabolisches Syndrom zu suchen, das kardiovaskuläre Risiko abzuschätzen, ein diabetisches Risiko zu evaluieren nach Depression zu fragen und eine kleine Laborkontrolle durchzuführen. Die Leitlinien betonen die Bedeutung einer individuellen Beratung zur Gesundheitsförderung und zum Umgang mit den Belastungen der Schichtarbeit.
Diskussion:
Die neuen Leitlinien stellen einen wichtigen Fortschritt im Gesundheitsschutz von Schicht- und Nachtarbeitenden dar. Die Integration der EviPrev-Empfehlungen und des UR gewährleistet eine risikoadaptierte Prävention. Allerdings gibt es Herausforderungen bei der Umsetzung, wie die Verfügbarkeit von Arbeitsmedizinern oder der Anwendung von Telemedizin. Die korrekte Anwendung der Leitlinien erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten. Zusammen mit der Arbeitsmedizin wird an einem standardisierten Fragebogen für die Untersuchung gearbeitet.
Herr Dr. Samuel Iff
SECO - ABWG, Bern
#Vortrag #Arbeitsmedizinische Vorsorge #Schicht- und Nachtarbeit #Leitlinie
2
Introduction
Daylight-saving time (DST) and transitions from DST [“Sommerzeit”] to Standard Time [“Winterzeit”] and vice versa are widely debated socially, in politics, and in academia. To date, a comprehensive systematic review of DST practice and its effects on health outcomes is lacking. Our aim was to fill this gap.

Methods
We systematically reviewed and synthesized the findings from some 140 studies of DST and health. Studies of transitions, of living with DST vs Standard Time between transitions, and of different longitudes within a time zone were included as relevant study designs. Outcomes include all-cause mortality, work-place and other accidents, cardiovascular-, gastrointestinal-, immunologic-, psychiatric-, neurologic-, cognitive-, and sleep- or circadian biology-outcomes.

Results
Various statistical methods are used and lead to higher (regression discontinuity, registry data, placebo tests) or lower quality (pre vs post-tests without repeated measures) ranking of studies. Generally, DST-Onset is associated with increased risk of acute myocardial infarction [1]. Living with DST compared to Standard Time during summer months is associated with decreased risk of all-cause mortality. There are no clear differences in psychiatric outcomes, work-place or other non-traffic accidents, or cognitive effects. DST-Onset is associated with mostly increased risk of traffic accidents in the USA. DST-Offset is associated with mostly increased risk of crimes that cause physical harm. Both may be related to changes in light timing for vision. Sleep timing may be shifted but no clear effects on sleep duration, sleep quality, or circadian biology are reported.

Conclusion
The current evidence could implicate keeping DST transitions and implementing strategies to mitigate potential adverse transition effects such as acute myocardial infarction – at least for now and at least in the mid-latitudes. This is in contrast to positions held by academic societies for sleep and circadian health and in political arenas. Future studies can learn from the best of what has been done already.

References
Hurst A, Morfeld P, Lewis P, Erren TC. Daylight Saving Time Transitions and Risk of Heart Attack. Dtsch Arztebl Int. 2024 Jul 26;121(15):490-496.
Herr Philip Lewis
Uniklinik Köln, Köln
#Vortrag
3
Einleitung
Die Schlafqualität an Bord von Schiffen kann durch Faktoren, wie Lärm, Vibration, Schiffsbewegungen, und durch hohe Arbeitsbelastung beeinträchtigt werden, was die Entwicklung von Fatigue begünstigt. Fatigue kann die Sicherheit eines Schiffes gefährden und ist einer der häufigsten Faktoren bei Schiffsunfällen. Dies gilt auch für Fähren auf dicht befahrenen Gewässern. Ziel der Studie ist daher die Analyse von Fatigue und Schläfrigkeit auf Fähren. Dafür wurden die Besatzungen auf drei Ärmelkanalfähren untersucht.

Methoden
Alle Teilnehmenden nahmen an Befragungen mit mehreren standardisierten Fragebögen teil (Epworth Sleepiness Scale (ESS), Stanford Sleepiness Scale (SSS), Daily Fatigue Impact Scale (D-FIS) und dem WHO-Five Well-Being Index (WHO-5)). Zusätzliche Messungen erfolgten in einer Teilgruppe (Investigation Group (IG)). Mittels Aktigraphie konnten Schlafzeiten und -effizienzen abgeschätzt werden. Vor und nach Dienstbeginn wurde die Schläfrigkeit mittels Pupillometrie (PUI) untersucht. Alle Seeleute waren jeweils zwei Wochen an Bord, i.d.R. mit täglichen 12-Stunden-Schichten. Bei einigen Seeleuten (cross-shift-Gruppe) wurde nach einer Woche das Schichtsystem getauscht (Früh- zu Spätschicht und umgekehrt).

Ergebnisse
Insgesamt 193 Seeleute nahmen teil, davon 110 als Teil der IG. Die durchschnittliche Schlaflänge der Hauptschlafperiode lag bei allen Teilnehmenden der IG bei 6,8 h (± 1,5 h SD) mit einer durchschnittlichen Schlafeffizienz von 91,6% (± 4,4% SD). Viele Seeleute machten Angaben, die auf Schläfrigkeit, Fatigue oder reduziertes Wohlbefinden hinweisen (erhöhte Werte bei ESS (36,8%), D-FIS (59,1%) und niedrige Werte bei WHO-5 (28,5%)).
Gemäß SSS nahm die durchschnittliche subjektive Schläfrigkeit im Laufe der zweiwöchigen Dienstzeit an Bord bei allen Teilnehmenden kontinuierlich zu. Die PUI-Ergebnisse zeigen, dass 3,9% während der ersten Woche und 5,8% während der zweiten Woche jeweils vor Dienstbeginn den Status „unfit for duty“ aufwiesen. Bei der cross-shift-Gruppe wurde nach Schichttausch ein deutlicherer Anstieg auffälliger PUI-Werte zwischen Prä- und Postmessungen einer Schicht gemessen.

Schlussfolgerung/Diskussion
Die Ergebnisse zeigen, dass Übermüdung und Tageschläfrigkeit unter Seeleuten auf Fähren weit verbreitet sind. Dies kann negative Auswirkungen sowohl auf die Gesundheit des Einzelnen als auch auf die Sicherheit der Fähre haben. Ein rotierendes Schichtsystem kann die negativen Auswirkungen noch verstärken und sollte vermieden werden.
Herr Lukas Belz
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Vortrag #Schifffahrtsmedizin #Fatigue #Übermüdung #Seefahrer #Tageschläfrigkeit
4

Introduction

Shift work and atypical working hours disrupt circadian rhythms and potentially increase chronic stress levels. Light plays a crucial role in regulating the circadian rhythm. Targeted lighting interventions may help mitigate the negative health effects of shift work, such as chronic stress. This intervention study examines whether dynamic lighting affects long-term stress levels in shift workers, using hair cortisol concentration (HCC) as a biomarker of chronic stress.

Methods

An intervention study with two different dynamic lighting settings was conducted among 89 workers of a German manufacturer. One intervention comprised the implementation of a dynamic lighting in an assembly hall where workers were employed in early and late shifts. Melanopic equivalent daylight illuminance (MEDI) was increased in the morning and reduced in the evening. In a second assembly hall with workers employed in early, late and night shifts a dynamic lighting was introduced for the night shift. Here, light was dynamically increased in the first half of the night shift and lowered from the middle of the shift. Both groups were compared to a reference group with no workplace lighting changes. In total, 222 hair samples with a minimum length of one centimetre were collected from 87 participants at baseline (Nov 2021) and three follow-ups (Jan – Feb 2022, Nov 2022, Jan – Feb 2023). HCC levels were determined using immunoassay by the Dresden LabService GmbH. Due to repeated measurements, linear mixed modelling (LMM) of log-transformed HCC values was performed using a difference-in-difference method to investigate the effects of dynamic workplace lighting and time on HCC. Covariates included sex, age, BMI, chronotype, major life events, leadership position, demands at work, and pandemic burden.​​​

Results

The LMM analysis showed a significant overall decrease in HCC over time (p < .001). We did not observe a significant effect of the interventions as assessed by the interaction between investigation groups and time (p = .950). Higher BMI was associated with higher HCC levels (p = .014). None of the other considered covariates were significantly associated with HCC levels.

Conclusion / Discussion

In this first analysis, lighting was not regarded as a sufficient factor in reducing chronic stress. The decrease in stress levels due to the easing of the pandemic could potentially mask possible effects of the intervention. The positive association between higher BMI and higher HCC levels is consistent with previous research.
Herr Dr. Robert Herold
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
Frau Sophie Schümann
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Vortrag #shift work #cortisol #hair #chronic stress #circadian rhythms #dynamic lighting
Do
03 Apr
08:30 - 09:30
Aktionsbündnis
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Vorstandssitzung
Geschlossene Veranstaltung
Raum: Senatssaal (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 50)
Do
03 Apr
09:45 - 11:00
Aktionsbündnis
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Mitgliederversammlung
Geschlossene Veranstaltung
Raum: Senatssaal (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 50)
Do
03 Apr
10:00 - 11:30
DGAUM Leitlinien
Leitliniensitzung der DGAUM
Raum: Hörsaal 28 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 100)
Vorsitz: Susanne Völter-Mahlknecht
Do
03 Apr
10:00 - 11:30
Vorträge
Verhaltens-/Verhältnisprävention
Raum: Seminarraum K8 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 60)
Vorsitz: Peter Kegel
Beiträge:
1
​​​​​​Das Arbeitsmedizinische Institut für Schulen in Bayern (AMIS-Bayern) unterstützt seit 2022 staatliche Schulen bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung (GBU) psychischer Belastung im Rahmen eines eigenen Konzeptes. Parallel dazu untersucht das AMIS-Bayern wissenschaftlich Wirkungen und Ergebnisse des Unterstützungskonzeptes. Im Fokus einer 2024 durchgeführten explorativen Studie stand die Analyse der umgesetzten Maßnahmen zur Reduktion der psychischen Belastung und deren Wirksamkeit, auch mit dem Ziel schulübergreifende Synergien zu fördern.

Basis der Maßnahmenentwicklung ist eine Online-Lehrkräftebefragung des Amis-Bayern zur Ermittlung psychischer Belastung mit 127 Items zu verschiedenen Belastungsbereichen (z. B. Arbeitsorganisation, -inhalte).
Aufbauend auf den Befragungsergebnissen konnten bisher ca. 250 Lehrkräfte von 8 teilnehmende Schulen verschiedener Schulformen im Rahmen von Workshops Maßnahmen zur Belastungsreduktion ableiten und in ihren Arbeitsalltag integrieren.
Zur Prüfung der Maßnahmenwirksamkeit erhielten die Schulen Zugang zu einer weiteren standardisierten Online-Lehrkräftebefragung. Dies erfolgte mehrere Monate nachdem die Maßnahmen von den Schulen implementiert worden sind. In der Befragung werden die jeweiligen Maßnahmen der Schule gelistet und jeweils mittels orientierender Wirksamkeitsitems evaluiert. Zudem wird gefragt, ob die umgesetzten Maßnahmen, die zuvor ermittelten Belastungen abdecken. Um zu prüfen, ob die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit zu einer Verbesserung der Arbeitssituation an der Schule geführt haben, werden im letzten Befragungsteil übergreifende Zufriedenheits-Items verwendet.

Zur Bestandsaufnahme wurden die Maßnahmen mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse kategorisiert sowie deren Häufigkeiten anschließend deskriptiv ausgewertet. Hier zeigt sich ein Schwerpunkt insbesondere bei Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsorganisation. Weiterhin wurden die Befragungsdaten hinsichtlich der Maßnahmenwirksamkeit je Kategorie statistisch-quantitativ ausgewertet. Im Durchschnitt werden die Maßnahmen als wirksam gesehen Um zu prüfen, ob die implementierten Maßnahmen die ermittelten Belastungsfaktoren vollumfänglich aufgreifen, sind die Maßnahmen den zuvor ermittelten Belastungsfaktoren gegenübergestellt worden. Es zeigten sich fehlende Maßnahmen verstärkt bei Belastungen, die die Arbeitszeit betreffen.

Im Rahmen des Vortrages werden die Maßnahmenkategorien samt Beispielen als auch die Ergebnisse zur deren Wirksamkeit und Wirkungsgrad vorgestellt und diskutiert.
Herr Dr. Daniel Ossenschmidt
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
#Vortrag #Gefährdungsbeurteilung #Psychische Belastung #Arbeitsschutzmaßnahmen #Wirksamkeitsprüfung #Schulen
2
Einleitung:
Clowndoktoren (CD) sind seit 30 Jahren in deutschen pädiatrischen Stationen aktiv. Dabei handelt es sich um freiberuflich tätige Künstler:innen, die eine Ausbildung als CD haben, um als solche insbesondere die Kliniksituation für Kinder und Jugendliche zu erleichtern. Sie unterstützen die medizinische Therapie durch die gezielte Aktivierung der Selbstheilungskräfte mittels Humor [1]. Durch ihre humorvolle Interaktion tragen CD nachweislich zur Verbesserung der Stimmung und des Wohlbefindens von Patient:innen bei [1-6]. Bisher gibt es jedoch nur wenige Studien, die den Einfluss auf Klinikmitarbeitende eingehend betrachten. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es daher, die direkten und indirekten Wirkungen der CD auf diese zu analysieren.
​​​​​

​​​​​​Methoden:
Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden im Jahr 2023 in vier pädiatrischen Einrichtungen aus dem Rhein-Main-Gebiet, in welchen CD tätig sind, zehn semistrukturierte Leitfadeninterviews mit Mitarbeitenden geführt. Diese Interviews fanden telefonisch oder online statt, wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung des Textmaterials erfolgte in Anlehnung an die Methoden der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring [7].

Ergebnisse:
Die Mitarbeitenden berichteten durchweg positive Assoziationen gegenüber den CD. Durch ihre humorvolle Interaktion beeinflussen die CD sowohl das emotionale Wohlbefinden als auch die Arbeitsmotivation der befragten Klinikmitarbeitenden direkt und indirekt positiv. Es konnten verschiedene Wirkmechanismen identifiziert werden. Die direkte Interaktion mit den CD wird als willkommene Abwechslung im oft belastenden Klinikalltag wahrgenommen. Gleichzeitig verbessern die CD indirekt das gesamte Arbeitsklima, insbesondere durch ihre positive Wirkung auf Patient:innen und deren Angehörige, was zur Reduktion von emotionalem Stress beiträgt.

Diskussion:
Die Studie verdeutlicht, dass CD nicht nur die Genesung der Patient:innen unterstützen, sondern auch zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in pädiatrischen Stationen beitragen können. Eine regelmäßige Einbindung der CD könnte somit langfristig das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigern. Zukünftige Studien sollten die langfristigen Effekte sowie mögliche berufsgruppenspezifische Unterschiede näher untersuchen.

Frau Naby May
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
#Vortrag #Gesundheitsförderung, Klinikpersonal, Kinderklinik, Pädiatrie, Clowndoktoren
3
Einleitung
In der Bundeswehr werden seit 2015 Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BMG) durchgeführt, um die Gesundheit der militärischen und zivilen Beschäftigten zu fördern. Das Ziel der vorliegenden Analyse war es, Unterschiede bei der ärztlich verordneten Medikamenteneinnahme zwischen BGM-Teilnehmenden (BGM-TN) und Nicht-BGM-Teilnehmenden (Nicht-BGM-TN) unter Berücksichtigung von Geschlechter- und Diversitätsaspekten zu evaluieren.

Methoden
Von 06-09/2022 wurde eine Beschäftigtenbefragung online und in Papierform durchgeführt. Alle 223.967 Mitarbeitenden der Bundeswehr wurden zur Teilnahme an der Befragung eingeladen. Die Beschäftigten wurden zur ärztlich verordneten Medikamenteneinnahme in den letzten 4 Wochen befragt (regelmäßig/nach Bedarf/keine Einnahme).

Ergebnisse
Insgesamt nahmen 23.539 Mitarbeitende teil (11%; BGM-TN: 6772/12406 (55%), Alter 42 ± 11.34, 29% Frauen). Bei BGM-TN berichtete ein geringerer Anteil die regelmäßige Einnahme von Herzkreislaufmedikamenten im Vergleich zu Nicht-BGM-TN (4,8% (288/6026) vs 5,5% (279/5088)), blutdrucksenkenden Medikamenten (16,8% (1031/6143 vs 17,5% (908/5179)) sowie Antidepressiva (2,5% (152/5995) vs 3,2% (160/5073)). Ein geringerer Anteil von Frauen im Vergleich zu Männern nahm regelmäßig Herzkreislaufmedikamente (3,6% (214/5893) vs 5,7% (834/14729)) und blutdrucksenkende Medikamente (13,1% (786/6014)vs 17,4% (2616/15013)) ein. Für Antidepressiva hingegen gab ein größerer Anteil von Frauen eine regelmäßige Einnahme an (4,3% (254/5886) vs 2,4% (359/14654)). Beschäftigte > =40 Jahre und Personen, die Angehörige pflegen sowie Personen der unteren und mittleren Bildungsgruppe gaben insgesamt eine höhere Einnahme dieser Medikamente an.

Schlussfolgerung / Diskussion
BGM-Teilnehmende berichteten eine geringere regelmäßige Einnahme von Herzkreislauf- und blutdrucksenkenden Medikamenten sowie Antidepressiva und scheinen somit insgesamt gesünder zu sein bzw. weniger Medikamente als Nicht-BGM-TN verordnet zu bekommen, wie auch in anderen Studien gezeigt wurde. Außer für Antidepressiva berichtete ein geringerer Anteil von Frauen eine regelmäßige Medikamenteneinnahme im Vergleich zu Männern. Ältere Beschäftige sowie Beschäftigte mit Pflegeaufgaben oder der mittleren und unteren Bildungsgruppe berichteten zu einem größeren Anteil eine regelmäßige Einnahme. BGM-Maßnahmen sollten diversitätssensibel konzipiert werden, um weitere Anreize für die Teilnahme zu schaffen.

*geteilte Autorinnenschaft
Frau Prof. Dr. Sabine Ludwig
Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin
Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
#Vortrag #Geschlecht #Diversität #Betriebliches Gesundheitsmanagement #Betriebliche Gesundheitsföderung
4
Hintergrund: Aufgrund spezifischer Belastungsfaktoren, die u.a. mit der besonderen Organisationsstruktur zusammenhängen, können Führungskräfte in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) als Risikogruppe für Stress und Stressfolgestörungen identifiziert werden (Erschens et al., 2024). Daher sind Kenntnisse über adaptive Stressbewältigungsmechanismen für diese Gruppe von essentieller Bedeutung. Eine wesentliche Ressource ist dabei die berufliche Selbstwirksamkeit als Vertrauen in die eigene Fähigkeit, Herausforderungen am Arbeitsplatz erfolgreich zu bewältigen. Des Weiteren können auch die Persönlichkeitsfunktionen von Führungskräften das Stresserleben sowie die Qualität der Arbeitsbeziehungen beeinflussen. Im Rahmen der vorliegenden Subanalyse, die im Kontext einer randomisiert-kontrollierten Studie (KMU-GO) durchgeführt wird, werden die Effekte eines Stressmanagement-Trainings auf die berufliche Selbstwirksamkeit sowie auf ausgewählte Dimensionen der Persönlichkeitsfunktionen in den Bereichen Selbstwahrnehmung und Selbstregulierung untersucht.

Methodik: Die Führungskräfte beantworteten einen Fragebogen zur beruflichen Selbstwirksamkeitserwartung (Schyns & von Collani, 2002) sowie die Skalen Selbstwahrnehmung und Selbstregulierung des OPD-Strukturfragebogens (OPD-SF; Ehrenthal et al., 2012) vor (Baseline/ T0) sowie ca. sechs (T1) und 12 Monate (T2) nach der Intervention. Das 1,5-tägige Training beinhaltete neben kognitiv-emotionsfokussierten auch psychodynamischen Konzepte sowie kollegiale Fallberatung, ergänzt durch zwei Auffrischungen nach drei und sechs Monaten.

Ergebnisse: Insgesamt wurden Daten von N=122 Führungskräften (T0-T2) analysiert. Führungskräfte der Interventionsgruppe gaben im Vergleich zur Wartekontrollgruppe zwölf Monate nach der Intervention (MT2=39.53 [SD=5.30]) signifikant höhere Werte für berufliche Selbstwirksamkeit an, als zu T0 (MT0=38.29 [SD=5.37]) mit F(2, 240)=4.11, p=.018. Es ergab sich keine Veränderung der Einschätzung in den Bereichen Selbstwahrnehmung und Selbstregulierung durch das Training. Weiterführende Analysen zur langfristigen Effekten stehen für den Kongress zur Verfügung.

Diskussion: Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass eine auf Führungskräfte in KMU ausgerichtete Stressmanagement-Intervention das Selbstwirksamkeitserleben der Führungskräfte positiv beeinflussen kann, insbesondere im Hinblick auf Langzeiteffekte. Die Ergebnisse werden im Kontext KMU-spezifischer Herausforderungen diskutiert.
Frau Carla Schröpel
Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Abt. für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen
#Vortrag
5

Einleitung

Die psychische Gesundheit von Mitarbeitenden ist ein fundamentaler Bestandteil des Arbeitslebens und daher ein integraler Aspekt des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Angesichts der erhöhten Anforderungen und Belastungen am Arbeitsplatz sowie der damit einhergehenden steigenden Anzahl an Arbeitsunfähigkeitstagen, ist es unerlässlich, präventive Maßnahmen zur Förderung der mentalen Gesundheit zu implementieren und zu evaluieren. Hierzu wurde ein verhaltenspräventives Angebot (Mental Health Checkup) entwickelt, welches den Mitarbeitenden eine frühzeitige Interventionsmaßnahme im Bereich der psychischen Gesundheit ermöglicht. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Wirksamkeit dieser Interventionsmaßnahme zu evaluieren.

Methoden

Das Angebot des Mental Health Checkups umfasst im Vorfeld eine ausführliche Anamnese sowie bis zu vier Gesprächstermine. Die Evaluation des Mental Health Checkups wurde anhand eines selbst entwickelten Fragebogens im Rahmen der Anamnese durchgeführt. Der Fragebogen wurde von den Teilnehmenden vor jedem Gesprächstermin digital ausgefüllt, um Veränderungen im Verlauf abbilden zu können. Hierbei wurden Fragestellungen nach dem psychischen Gesundheitszustand, der Selbstfürsorge (Erholung, Schlaf, Ausgleich) und der Arbeitszufriedenheit deskriptivstatistisch erhoben und ausgewertet.

Ergebnisse

In den ersten drei Quartalen des Jahres 2024 wurden bisher 749 Mental Health Checkup Termine durchgeführt. Erste Ergebnisse der Evaluation zeigen, dass sich der angegebene psychische Gesundheitszustand bei 41,2% der Teilnehmenden nach dem ersten MHCH-Termin verbessert hat. Bezüglich der Veränderung der Selbstfürsorge gaben 46,6% der Teilnehmenden eine Verbesserung an. Die Veränderung der angegebenen Arbeitszufriedenheit zwischen dem ersten und zweiten Termin zeigte eine Verbesserung von 17,6%. Erste Trends deuten darauf, dass die Verbesserungen mit der Anzahl der wahrgenommenen MHCH zunehmen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Implementierung des Mental Health Checkups zeigt, dass präventive Maßnahmen im Bereich der psychischen Gesundheit nicht nur das psychische Wohlbefinden der Mitarbeiter steigern, sondern auch die Selbstfürsorge und die Arbeitszufriedenheit positiv beeinflussen. Zukünftige Evaluationen und vertiefende Forschung sollten auch qualitative Aspekte mit einbeziehen, um die Wirkung der Präventions- und Interventionsmaßnahme besser zu quantifizieren.
Frau Dr. Elena Bierwirth
AUDI AG, Gesundheitsschutz, Ingolstadt
Herr Oliver Stubenvoll
Audi AG, Gesundheitsschutz, Ingolstadt
#Vortrag #Psychische Gesundheit #Prävention #Mental Health Checkup #Automobilindustrie #Betriebliches Gesundheitsmanagement
6
Die psychotherapeutische Sprechstunde am Arbeitsplatz (PT-A) zielt als individuumsbezogenes Angebot darauf ab psychisch belastete Beschäftigte frühzeitig und niedrigschwellig zu erreichen und enthält sowohl private- als auch arbeitsplatzbezogene Module. Erkenntnisse zum psychosozialem Sicherheitsklima (PSC) legen nahe, dass auch organisationale Strukturen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Mitarbeitenden beitragen können. In Deutschland ist bislang wenig bekannt zum Einfluss des PSC auf die Wirkung einer PT-A. Daher untersucht diese Studie inwieweit das PSC den Interventionseffekt einer PT-A auf depressive Symptome, Ängstlichkeit und den allgemeinen Gesundheitszustand moderieren kann.

Daten von Teilnehmenden einer randomisiert-kontrollierten Studie in Deutschland zur Wirksamkeit der PT-A wurden analysiert. Erhoben wurde die Kurzversion des PSC Fragebogens, der Gesundheitsfragebogen für Patienten zu depressiven Symptomen (PHQ-9) und zur Ängstlichkeit (GAD-2) und ein Item zur Erfassung des allgemeinen Gesundheitszustandes. Multiple lineare Regressionsanalysen haben durch die Einführung eines Interaktionsterms (PSC*Behandlungsgruppe) an zwei Zeitpunkten (9 und 15 Monate nach der PT-A; n=411; n=362) untersucht inwieweit das PSC das Ausmaß des Interventionseffektes auf depressive Symptome, Ängstlichkeit und den allgemeinen Gesundheitszustand moderieren kann.

Beschäftigte der Interventionsgruppe berichteten signifikant weniger depressive Symptome und Ängstlichkeit an beiden Zeitpunkten nach der PT-A, im Vergleich zu der Kontrollgruppe. Es zeigte sich weiterhin eine direkte Assoziation zwischen PSC und Ängstlichkeit 9 Monate nach der PT-A (B=0,16; p=0,04). Das PSC moderierte nicht den Interventionseffekt auf depressive Symptome, Ängstlichkeit oder den allgemeinen Gesundheitszustand.

Die Ergebnisse zeigen, dass die PT-A wirksam ist in Bezug auf eine Verringerung der Endpunkte depressive Symptome und Ängstlichkeit. Das PSC hatte keine Auswirkungen auf die Stärke des Interventionseffektes in der vorliegenden Studienpopulation. Die Wirksamkeit der PT-A kann somit auch unabhängig vom PSC bekräftigt werden. Zukünftig ist geplant zu untersuchen, ob sich durch die Einführung der Intervention die Einschätzung des PSC bei den Teilnehmenden verändert haben könnte.
Frau Meike Heming
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
#Vortrag #Arbeitsplatz #Psychosoziales Sicherheitsklima #Psychotherapie #Psychische Gesundheit #Psychische Belastung #Arbeitsstress
Do
03 Apr
10:15 - 11:30
Vorträge
Arbeit mit Krankheit II
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Daniela Borchart und Jean-Baptist du Prel
Beiträge:
1

Einleitung

Ein Hauptziel bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz (RTW) nach einer längeren krankheitsbedingten Abwesenheit aufgrund von häufigen psychischen Störungen (CMDs) ist die Wiederherstellung und langfristige Sicherung der Arbeitsfähigkeit der zurückkehrenden Beschäftigten. Bisher wurde das Konzept der Arbeitsfähigkeit im RTW-Prozess bei CMDs häufig nur bis zum Zeitpunkt der Rückkehr erforscht. Ziel dieser Studie ist es zu untersuchen, wie die Arbeitsfähigkeit von zurückkehrenden Beschäftigten während des gesamten RTW-Prozesses bei CMDs eingeschätzt und erlebt wird. Dazu werden quantitative und qualitative Methoden verknüpft.

Methoden

In einer prospektiven Kohortenstudie wurden N=286 Teilnehmende zur Einschätzung ihrer aktuellen Arbeitsfähigkeit mit dem Work Ability Score (WAS, 0-10) zu fünf Zeitpunkten ab dem Ende ihres Klinikaufenthalts (T0), sowie 6, 12, 18 und 30 Monate später befragt. In der qualitativen Teilstichprobe wurden N=32 Teilnehmende nach 6 und 12 Monaten zu ihrem Arbeitsfähigkeitserleben im RTW-Prozess interviewt. Die Daten wurden im Längsschnitt über alle Messzeitpunkte quantitativ, dann qualitativ basierend auf den jeweiligen quantitativen WAS-Werten zu den zwei Zeitpunkten, sowie abschließend integrierend gemeinsam ausgewertet.

Ergebnisse

Die quantitative Einschätzung der Arbeitsfähigkeit aller Teilnehmenden verbesserte sich über die ersten 18 Monate der Nachbeobachtung. Qualitativ konnten wir drei Gruppen mit unterschiedlichem Arbeitsfähigkeitserleben im RTW-Prozess identifizieren: (1) Beschäftigte mit einer schlechten Arbeitsfähigkeit (WAS 0-3), die noch nicht an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt waren und große Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags beschrieben; (2) Beschäftigte mit einer moderaten Arbeitsfähigkeit (WAS 4-6), die überwiegend zur Arbeit zurückgekehrt waren, aber noch eine gewisse Fragilität in ihrer Arbeitsfähigkeit erlebten; (3) Beschäftigte mit einer guten bis sehr guten Arbeitsfähigkeit (WAS 7-10), die zur Arbeit zurückgekehrt waren und neben einer stabilen Beschreibung ihrer Arbeitsfähigkeit sowohl vielfältige individuelle als auch arbeitsbezogene Arbeitsanpassungsmaßnahmen berichteten.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das Wissen kann zentralen RTW-Akteur*innen im Betrieb und an der Schnittstelle zum medizinisch-therapeutischen System dabei helfen, benötigte Unterstützungsmaßnahmen der Beschäftigten im gesamten RTW-Prozess stärker an der jeweils vorhandenen Arbeitsfähigkeit zu orientieren und anzupassen.
Frau Alexandra Sikora
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
#Vortrag #Arbeitsfähigkeit #psychische Erkrankung #Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
2

Einleitung

Das Post-COVID-Syndrom (PCS) ist eine Erkrankung, welche die Teilhabe Betroffener nachhaltig einschränken kann. Symptome wie Erschöpfung, Müdigkeit und Konzentrationsprobleme erschweren nach oft langen AU-Phasen die Rückkehr an den Arbeitsplatz (DRV, 2023). Da Arbeitgebende vor der Herausforderung stehen, zielführende BGM und BEM-Maßnahmen umzusetzen, fokussiert die vorliegende Studie Teilhabestörungen von PCS-Betroffenen. Ziel war es zu ermitteln, inwiefern sich die Bewertung der Teilhabeeinschränkung zwischen PCS und anderen Indikationen aus den Bereichen Neurologie, Kardiologie, Pneumologie und Psychosomatik unterscheidet und mögliche Korrelate mit Symptomen zu identifizieren, um spezifisch für PCS geltende Handlungsempfehlungen für BEM und BGM abzuleiten.

Methoden

235 Rehabilitanden bewerteten im Rahmen der Eingangsanamnese ihrer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme auf einer Skala von 1-10, inwiefern sie sich in ihrer Teilhabe eingeschränkt fühlten. 135 Rehabilitanden litten unter einem diagnostizierten Post-COVID-Syndrom (PCS-Gruppe), für die anderen 100 Rehabilitanden (Vergleichsgruppe; VG) wurden Erkrankungen aus den Indikationsbereichen Neurologie, Kardiologie, Pneumologie und Psychosomatik diagnostiziert. Zusätzlich erhoben wurden Fatigue, Post-Exertionelle Malaise (PEM), kognitive Symptome und der subjektive Gesundheitszustand.

Ergebnisse

Die PCS-Gruppe berichtete von einer signifikant stärkeren Beeinträchtigung ihrer Teilhabe als die VG (d= 1.33). Darüber hinaus gab die PCS-Gruppe einen signifikant schlechteren Gesundheitszustand an als die VG (d= 1.01). Ebenso erleben PCS-Betroffene eine stärkere Beeinträchtigung bzgl. Fatigue (d =1.35), PEM (d=1.44) und kognitiver Leistungsfähigkeit (d=0.34).

Schlussfolgerung/ Diskussion

Die Ergebnisse zeigen die deutliche Relevanz von Teilhabeeinschränkungen im Kontext von PCS im Vergleich zu anderen Indikationen. Hinsichtlich BEM und BGM gilt, dass sich vor allem Unterstützungsmöglichkeiten bzgl. kognitiver Symptome realisieren lassen. Hier kann das Leistungsbild erfasst, kontinuierlich verbessert und Arbeitstätigkeiten ggf. angepasst werden. Zur Ableitung individueller Maßnahmen würden Arbeitgebende jedoch von einer differenzierteren Abfrage zur Bestimmung subjektiver Belastungen bei PCS profitieren. Ein solches Verfahren wird von den AutorInnen aktuell konzipiert.
Frau Gretha Wagner
RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Aachen
#Vortrag #Post-COVID-Syndrom #Teilhabestörung #Subjektive Belastung
3

Einleitung

Die berufliche Teilhabe psychisch erkrankter Menschen bleibt eine Herausforderung, da Arbeitgeber oft über fehlendes Wissen und Vorbehalte verfügen. Gezielte Informationen können helfen, diese Wissenslücken zu schließen und die Inklusionsbereitschaft zu erhöhen. Ein Inklusionsleitfaden, entwickelt auf Basis von fünf Studien (Slavchova, 2021), bietet Informationen zu Haltung, Kommunikation und Unterstützungsangeboten, einschließlich Reflexionsübungen und Checklisten. Ziel des Beitrags ist es, die Wirkung des Inklusionsleitfadens auf die Bereitschaft zur beruflichen Teilhabe psychisch erkrankter Beschäftigter zu untersuchen.

Methoden

Die Studie wurde als experimentelle Online-Erhebung mit einer Interventions- (IG: 152 Personen) und einer Kontrollgruppe (KG: 155 Personen) durchgeführt. 71,4 % der Teilnehmenden waren weiblich (Durchschnittsalter: 31 Jahre, SD = 13 Jahre). Alle Befragten erhielten zu Beginn eine Vignette, in der sie die Rolle einer Führungskraft mit einem Team von 30 Mitarbeitenden einnahmen. Sie sollten eine Personalauswahlentscheidung zwischen einem gesunden und einem depressiven Bewerber treffen, wobei die Qualifikationen gleich waren. Die KG entschied sich direkt für oder gegen den depressiven Bewerber, während die IG vor ihrer Entscheidung den Inklusionsleitfaden erhielt.

Ergebnisse

In der KG entschieden sich 33 Personen (21,9 %) für den depressiven Bewerber, während in der IG 68 Personen (46,3 %) diese Wahl trafen. Die IG entschied sich signifikant häufiger für den psychisch erkrankten Bewerber als die KG (Chi-Quadrat(1) = 19,799, p < .001, Cramers V = .258). Freitextnennungen zeigen, dass die Teilnehmer der IG den Inklusionsleitfaden als hilfreich empfinden, insbesondere hinsichtlich mehr Handlungssicherheit und wertvoller Informationen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Unwissenheit und Vorbehalte gegenüber psychischen Erkrankungen sind Herausforderungen in der Arbeitswelt und können die Einstellung sowie langfristige Beschäftigung Betroffener behindern. Die vorliegende Studie zeigt, dass der Inklusionsleitfaden ein effektives Werkzeug zur Förderung der beruflichen Inklusion psychisch erkrankter Menschen ist. Angesichts des Fachkräftemangels und gesetzlicher Vorgaben (z.B. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) sollten Arbeitgeber und Führungskräfte gezielt mit dem Inklusionsleitfaden unterstützt werden, um mehr Sicherheit im Umgang mit psychisch erkrankten Bewerber zu gewinnen. Der Leitfaden kann bei den Autor:innen angefragt werden.
Frau Veneta Slavchova
RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Aachen
#Vortrag #Psychische Gesundheit #berufliche Teilhabe #psychische Erkrankung #Inklusionsleitfaden
4
Einleitung: Der Forschungsstand zu Gesundheit(sförderung) in Inklusionsbetrieben ist lückenhaft. Das GAIN-Projekt untersucht, neben der körperlichen Belastung, die Deutungs- und Einflussdimensionen von Gesundheit. Ziel ist, Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung besser an die Bedarfe der Belegschaft anzupassen, damit sie eine nachhaltige-bildende Wirkung haben.
Methoden: Einem sozialwissenschaftlich-qualitativen Ansatz folgend, wurden Beobachtungsstudien mit Arbeitsbegleitungen und 24 Leitfadeninterviews mit Leitungen und Angestellten (mit und ohne Behinderung) in drei Inklusionsbetrieben durchgeführt. Es gab folgende Themenblöcke: Arbeit, beruflicher Werdegang, Arbeit im Inklusionsbetrieb, betriebliche / individuelle Gesundheit. Die Auswertung orientierte sich an der Grounded Theory.
Ergebnisse: In den untersuchten Betrieben herrscht ein ausdifferenziertes System der gegenseitigen Hilfe, das auf stark variierende Leistungsfähigkeiten zurückzuführen ist. Damit geht einher, dass es wenige Angestellte gibt, auf denen überproportional viel Arbeit oder Verantwortung lastet. Hier besteht die Gefahr einer Überbelastung und negativer Stresserfahrung.
Zudem sind Schmerzerfahrungen allgegenwärtig, die auf den Lebenswandel und die Arbeit zurückzuführen sind. Diese Schmerzen werden als selbstverständlich hingenommen; selbstgewählte Maßnahmen bringen Linderungen, aber keine nachhaltigen Veränderungen. Programme gezielter Bewegungsaktivität zur Prävention sind den Meisten bekannt, werden aber als lebensfern eingestuft. Zudem erscheinen etablierte präventive betriebliche Gesundheitsmaßnahmen als unpassend, da sie den Arbeitsablauf eher behindern, statt Entlastung zu bieten.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass (wie auch in nichtinklusiven Betrieben) Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in Inklusionsbetrieben nur dann einen nachhaltigen Erfolg ermöglichen, wenn sie sich eng an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden orientieren und die Bedingungen der Arbeitsstrukturen miteinbeziehen. Ein wichtiger Faktor ist die nachhaltige Gesundheitsbildung, die erst ermöglicht, dass Mitarbeitende arbeitsbezogene Beschwerden als veränderbar wahrnehmen und als ein Ergebnis individueller und struktureller Bedingungen erleben. Eine Verbesserung von Gesundheit über präventive Ansätze ist nur nachhaltig erreichbar, wenn die implementierten Maßnahmen zur Selbstermächtigung führen.
Frau Bettina Bredereck
Abteilung Sportpädagogik, Insitut für Sportwissenschaften, Goehte-Universität Frankfurt, Frankfurt
#Vortrag
5
Einleitung: Die Forschung zeigt, dass arbeitslose Personen häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen sind und dass psychische Erkrankungen die Arbeitsfähigkeit einer Person beeinträchtigen können. Dies stellt ein erhebliches Hindernis für den (Wieder-)Einstieg in das Berufsleben dar. Ziel unserer Studie ist es, die Beziehungen zwischen subjektiven Symptomen und Arbeitsfähigkeit bei arbeitslosen Personen mit psychischen Erkrankungen zu untersuchen, um diejenigen Symptome zu ermitteln, die für Forschung und Praxis am wichtigsten sind.

Methoden: Die vorliegende Studie basiert auf einer Stichprobe aus dem Projekt LIPSY, welches die Erhaltung und/oder Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit von arbeitslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen zum Ziel hat. Es wurden multiple Regressionsanalysen mit der abhängigen Variablen Arbeitsfähigkeit (WAI) in einer Stichprobe von arbeitslosen Personen mit mindestens einer psychischen Erkrankung (ICD-10: F-Diagnose) durchgeführt. In der ersten Analyse wurden die Kontrollvariablen Alter, Geschlecht, Bildung und das Zusammenleben mit dem Partner als Prädiktoren verwendet. In der finalen Analyse wurden alle neun Symptomdimensionen des SCL-90 hinzugefügt: (1) Somatisierung, (2) Zwanghaftigkeit, (3) Unsicherheit im Sozialkontakt, (4) Depressivität, (5) Ängstlichkeit, (6) Aggressivität/Feindseligkeit, (7) Phobische Angst, (8) Paranoides Denken, (9) Psychotizismus.

Ergebnisse: Unsere Stichprobe umfaßte 402 Teilnehmer*innen mit einem Durchschnittsalter von 35,7 Jahren, 52,5 % waren weiblich. In der finalen Analyse ergaben sich signifikante positive Assoziationen zwischen Bildung, Paranoidem Denken und Arbeitsfähigkeit und eine signifikante negative Assoziation zwischen Depressivität und Arbeitsfähigkeit.

Schlussfolgerungen: Die erhöhten Werte in Bezug auf alle Dimensionen der SCL-90 sowie die Zusammenhänge zwischen zwei SCL-90-Dimensionen und der Arbeitsfähigkeit unterstreichen die Notwendigkeit von psychologischen Screeningverfahren, Diagnostik, Prävention und Therapie (Depressivität) sowie zusätzlicher Public Health Aufmerksamkeit und Forschung (Paranoides Denken) in der Hochrisikogruppe von Arbeitslosen mit psychischen Erkrankungen.
Herr Dr. Felix Hussenoeder
Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin & Public Health, Med. Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig
#Vortrag #Subjektive Beeinträchtigungen #Psychische Gesundheit #Arbeitsfähigkeit #Arbeitslosigkeit
Do
03 Apr
10:15 - 11:30
Vorträge
Haut
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Julia Hiller und Michal Gina
Beiträge:
1
Einleitung: Gewerbeärzte sind am Berufskrankheiten Verfahren beteiligt. Im Jahr 2013 wurde die wissenschaftliche Begründung für die neue Berufskrankheit 5103: Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung veröffentlicht. Seit vielen Jahren gehören diese Erkrankungen zu den am häufigsten angezeigten und anerkannten Berufskrankheiten. Aufgrund des Klimawandels mit Zunahme der UV-Strahlung ist mit einem Anstieg der Erkrankungszahlen zu rechnen, wenn keine adäquaten Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Methode: Im Rahmen einer landesweiten Programmarbeit wurden von Mai 2023 bis August 2024 Inspektionen auf anzeigepflichtigen Baustellen mit sonnenexponierten Arbeiten von den Gewerbeärzten und der Gewerbeaufsicht unter besonderer Berücksichtigung des UV-Schutzes durchgeführt. Überprüft wurden die Gefährdungsbeurteilung, Maßnahmen zum UV-Schutz und die Arbeitsmedizinische Vorsorge. Die Beteiligten wurden über die Gefahren der UV-Strahlung aufgeklärt.
Ergebnisse: 76 Firmen wurden überwiegend auf Großbaustellen überprüft. Die Zahl der Beschäftigten lag zwischen drei und 970. Bei 10 Betrieben gab es technische Schutzmaßnahmen. Angemessene Kleidung war bei Beschäftigten von 23 Firmen vorhanden. Spezielle UV-Schutzkleidung wurde von Beschäftigten von 12 Firmen getragen und von 18 Firmen bereitgestellt. Sonnenbrillen wurden von Beschäftigten von 21 Firmen getragen. Sonnencreme wurde von Beschäftigten bei 56 Firmen genutzt, von 51 Firmen gestellt. Arbeitsmedizinische Vorsorge wurde in 48 Betrieben durchgeführt. Beschäftigte von 32 Firmen gaben an, dass auch die Vorsorge zum UV-Schutz und Hautkrebs durchgeführt wurde.
Schlussfolgerungen: Die nach dem (S)TOP Prinzip wichtigsten und effektivsten technischen Maßnahmen werden sehr selten (13%) eingesetzt. Am häufigsten wird UV-Schutzcreme verwendet (75% der Befragten) und von den Arbeitgebenden (70%) zur Verfügung gestellt. Inwiefern UV-Schutzcreme als Maßnahme wirksam gegen Hautkrebs ist, ist unklar. Angemessene Persönliche Schutzkleidung, die wirksam ist, wird von 32% getragen und spezielle Schutzkleidung von 17%. Der Einsatz technischer Maßnahmen gestaltet sich oft schwierig. Die Entwicklung technischer Maßnahmen muss dringend gefördert werden, um den Beschäftigten wirksame Schutzmaßnahmen zu bieten. Die Aufklärung über UV-Schutzkleidung muss intensiviert werden und das Angebot tragbarer UV-Schutzkleidung und die Akzeptanz der Beschäftigten muss verbessert werden.
Frau DR Ann-Kathrin Jakobs
Struktur und Genehmigungsdirektion Süd, Neustadt/W
#Vortrag #UV-Schutz #Baugewerbe
2

Einleitung

Seit Oktober 2020 wurde die weltweit größte Kohorte an berufsdermatologischen Patienten (N=287), bei der Molekulardiagnostik zur Unterscheidung zwischen Ekzem und Psoriasis der Hände eingesetzt wurde, aufgebaut. Beide Erkrankungen haben besondere Relevanz in der Berufsdermatologie, sind aber wegen phänotypischer Überlappungen herausfordernd in der Abgrenzung.

Methoden

Über 3 Jahre hinweg werden zu 5 Zeitpunkten von Patienten und behandelnden Dermatologen Daten zu Verlauf, Lokalisation, Schwere und Diagnose und Therapie sowie Lebensqualität erfragt.

Ergebnisse

53.3% (154) der Teilnehmer sind Männer (Ø Alter 50,4±12,2 Jahren). 23% (58) arbeiten im Metallbereich, 22% (55) im Gesundheitswesen und 9% (22) im Baugewerbe. Zum Studieneinschluss (T0) wurden 65% zu Lasten einer Berufsgenossenschaft (BG) behandelt. Die häufigsten zuständigen BG‘en waren die BG für Gesundheitsdienst/Wohlfahrtspflege (24,7%), BG Holz und Metall (20,9%), sowie die BG Rohstoffe/Chemische Industrie (BG RCI) (11,5%).
Die klinischen Diagnosen (n=272) lauteten in 36.4% Ekzem, in 24.6% Psoriasis; 38.9% waren unklar. Die molekulare Diagnose lautete in 68% Ekzem, in 25% Psoriasis; 6.9% blieben unklar. Nur 36.3% erhielten eine übereinstimmende Diagnose.
Nach 24 Monaten (T4) sank der Anteil von Patienten berichteten, kontinuierlich verlaufenden Hauterkrankungen um 28% auf 43%. Korrespondierend berichteten Dermatologen in 10% der Fälle eine Abheilung und doppelt so viele, leichte Verläufe wie noch zu T0.
Der Anteil an Personen, die zu T4 eine Berufsaufgabe berichten liegt bei 27.1% (35), bei 129 bereits erfassten Datensätzen. 20% (7) davon sind berentet, 22.8% (8) arbeitslos, 54.3% (19) wechselten ihre Tätigkeit aufgrund der Hauterkrankung, eine Person war dauerhaft krankgeschrieben.
Die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage (AU) verringerte sich statistisch signifikant (p<.005). Zu T4 berichteten nur noch 11.6% der Probanden AU Tage in einer Spannweite von 7 bis 200 Tagen innerhalb der vorangegangenen 12 Monate (T0: 41.5%). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität, gemessen mittels Dermatology Life Quality Index (DLQI), verbesserte sich statistisch signifikant (p<.005) um 50% des mittleren, initial berichteten Wertes.

Schlussfolgerung / Diskussion

Auch im weiteren Studienverlauf zeigen kontinuierliche Verbesserungen des subjektiven und objektiven Gesundheitszustandes der Patienten. Die molekulare Diagnostik zeigt Erfolge in der
klinischen Einordnung und kann prognostisch eine Bereicherung für die berufsdermatologische Diagnostik darstellen.
Herr Dr. rer. cur. Philipp Bentz
Universitätsklinikum Heidelberg Hautklinik Sektion Berufsdermatologie, Heidelberg
#Vortrag #Molekulare Diagnostik #Ekzem #Psoriasis
3

Einleitung

In der Realbrandausbildung von Feuerwehrangehörigen ist eine wiederholte Exposition von Ausbildern gegenüber Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) aus Brandemissionen unvermeidbar. Auch bei Verwendung von Atemschutz auftretende innere Belastungen legen eine PAK-Aufnahme über die Haut nahe. Ziel der Studie war es daher, mit Hilfe von Wischprobenuntersuchungen PAK-Kontaminationen der Haut bei Feuerwehrausbildern zu detektieren bzw. zu quantifizieren.

Methoden

N= 3 männliche Feuerwehrausbilder (Nichtraucher, Alter 36-39 Jahre) führten jeweils unter Vollschutz drei Trainingseinheiten in einer holzbefeuerten Realbrandanlage durch. Vor und nach jedem Training wurden bei allen Probanden Hautwischproben an den Bereichen Nacken, Stirn, Handgelenk, unterer Rücken sowie Unterschenkel durchgeführt. Für die Probenahme auf einer Hautfläche von je ca. 30 cm² wurden auf Tupfergröße zugeschnittene Stücke aus Reinraum-Polypropylenwischtüchern eingesetzt, die mit Isopropanol getränkt waren. Zur Analyse der Probenträger erfolgte eine Ultraschallextraktion mit Dichlormethan und Aufreinigung der Extrakte an Kieselgel. Nach Zugabe deuterierter interner Standards wurden in den Extrakten mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie die Konzentrationen von 16 PAK-Einzelverbindungen („EPA-PAK“) bestimmt.

Ergebnisse

Bei Flächenkonzentrationen (Summe der EPA-PAK) von < 0,08 bis 1,00 ng/cm² vor bzw. 0,11 bis 2,65 ng/cm² nach den Trainingseinheiten zeigte sich an allen betrachteten Hautlokalisationen eine Zunahme der PAK-Belastung nach dem Training. Am deutlichsten fiel die Steigerung im Nacken der Probanden aus, mit einer Zunahme der Mediankonzentration um den Faktor 7,5. An den anderen Hautstellen stieg die Belastung um das 1,3-Fache (Stirn) bis 3,5-Fache (unterer Rücken). Detektierte Hauptkomponenten waren hierbei überwiegend mittelflüchtige PAK wie Phenanthren, Fluoranthen oder Pyren.

Schlussfolgerung / Diskussion

Mit Blick auf Probenahme und Analytik stellte u.a. die Vermeidung von Leerwerten eine erhebliche Herausforderung dar. Die inhaltlich wie auch in ihrer Größenordnung mit Literaturdaten vergleichbaren Ergebnisse deuten insgesamt auf trainingsbedingte PAK-Belastungen der Haut hin, wobei sich insbesondere der Nacken als eine kritische Stelle erweist. Die eingesetzte Schutzausrüstung scheint demnach nur einen eingeschränkten Schutz vor PAK-Belastungen der Haut zu bieten.
Herr Dr. rer. nat. Bernd Roßbach
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
#Vortrag #Feuerwehrleute #Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe #Hautbelastung
4
Introduction
Accidents with hydrofluoric acid (HF) can cause systemic poisoning by a transdermal penetration of fluoride ions. Abrasive techniques, like mechanical brushing, are sometimes suggested as a decontamination strategy, but their effectiveness in reducing systemic fluoride absorption remains unclear. This study aimed to evaluate the effectiveness of abrasive decontamination techniques in reducing fluoride absorption following HF exposure.

Methods
In a modified Franz diffusion cell model, human skin samples (0.9 mm thickness, n = 18) were exposed to 30% HF. After one minute of exposure, the supernatant fluid was removed with cotton swabs. Besides untreated controls, the skin was then decontaminated either with a water jet or a combination of water jet and brushing with an electric toothbrush (n = 6 cells, respectively). Samples were collected from the receptor solution at 0, 1, 4, 6, 12, 24, 48 and 72 hours post exposure to analyze the effectiveness of these methods by measuring cumulative fluoride penetration using a fluoride sensitive electrode.

Results
Both the water jet and the water jet plus brushing strategies were effective when compared to no decontamination. There was no significant difference in cumulative fluoride penetration between water jet plus brushing and water jet alone. However, from approximately 5 h to 48 h after exposure, fluoride penetration per hour was lower in the skin samples treated with water jet plus brushing. This difference was significant at 12 h and 24 h after exposure.

Conclusions
In our standard scenario (30% HF, exposure for 1 min), the brushing as a means of abrasive decontamination may be more significant particularly in the later stages of hydrofluoric acid exposure. However, in special scenarios that are associated with a larger skin depot of fluoride (higher concentration of HF, longer exposure time), abrasive techniques might show a significant impact on post-acute and cumulative fluoride absorption.

Frau Suvarna Mini Vijayan
Institute and Polyclinic for Occupational, Social and Environmental Medicine, University of Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag #Diffusion cell #Human skin #Hydrofluoric acid #Percutaneous absorption #Systemic toxicity #Brushing Decontamination #Abrasive measures #Stratum corneum
5
Einleitung
Das Ausmaß der dermalen Penetration von (Gefahr-)Stoffen wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Mögliche Penetrations-Unterschiede durch die exponierte anatomische Region haben praktische Relevanz sowohl im therapeutischen Setting als auch am Arbeitsplatz, z.B. bei dermaler Beanspruchung an den Händen, und bei der Bewertung von Studienergebnissen. Bisher existieren hierzu jedoch nur wenige humane in-vivo Daten. Ziel der Arbeit ist daher die Untersuchung eines Einflusses unterschiedlicher Expositionslokalisationen auf die dermale Penetration und dadurch verursachte systemische Belastung im Menschen mittels Phenoxyethanol (PhE).

Methoden
Zwei Probanden wurden zeitversetzt an 7 Körperstellen (Rücken, Bauch, Oberschenkel, Gesicht+Hals, Unterarm, Handinnenfläche, Handrücken) mit 0,2 mg/cm² PhE nicht-okklusiv dermal exponiert (10% PhE in DAC Basiscreme). Das Expositionsareal umfasste 400 cm² bzw. an den Händen 200 cm² Fläche. Je Lokalisation erfolgte über 48 Stunden eine vollständig fraktionierte Urinsammlung und Gewinnung von 12 Blutproben. Diese wurden auf ihren Gehalt der beiden PhE-Hauptmetaboliten (Phenoxyessigsäure (PhAA) und 4-OH-PhAA) untersucht. Zum Lokalisations-Vergleich der dermalen Penetration wurden u.a. toxikokinetische Parameter (Tmax, Cmax, T1/2) sowie die prozentuale Wiederfindung im Urin (FUE) herangezogen.

Ergebnisse
Zwischen den Probanden zeigen sich interindividuelle Unterschiede hinsichtlich der Rangfolge der Expositionsareale gemessen an ihrer jeweiligen PhE-Wiederfindungsrate im Urin. Die FUE liegt zwischen 19 und 57%. Tendenziell findet sich die höchste FUE nach Expositionen an den Händen und im Gesicht. Hinsichtlich der toxikokinetischen Parameter fällt bei beiden Probanden eine schnellere Resorptionsspitze von PhE über die Gesichts- und Halshaut auf (Tmax in Blut und Urin nach ca. 2h; versus 3-6h an den anderen Lokalisationen). Dies geht meist auch mit den höchsten Peak-Konzentrationen (Cmax in mg/h) einher. Eine stärker verzögerte Penetration zeigt sich insbesondere über die Handinnenflächen. Die Halbwertszeiten der ersten Eliminationsphase liegen in Blut und Urin zwischen 2,3 und 4,5 h.

Diskussion
Die Studie unterstreicht die Bedeutung der exponierten anatomischen Region auf das Ausmaß und den Verlauf der dermalen Penetration. Die Unterschiede sind jedoch bei PhE kleiner als in zwei älteren Studien mit Hydrocortison und Pestiziden (bis 13-fach gesteigerte Penetration an Wange), und legen eine Substanzabhängigkeit nahe.
Frau Dr. med. Julia Hiller
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag #Dermale Penetration #Phenoxyethanol
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Gefahrstoffe und Biomonitoring I
Beiträge:
1


Das Morvan-Syndrom ist eine seltene neurologische Erkrankung, welche meist autoimmun oder paraneoplastisch ausgelöst wird. Einzelne Fallberichte beschreiben das Auftreten des Syndroms in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer Quecksilberintoxikation. Die Symptome eines Morvan-Syndroms umfassen u.a. Myoklonien, Faszikulationen, Insomnie, Tachykardie, Hypertonie, Hyperthermie, starkes Schwitzen und Hyponatriämie.

In der umweltmedizinischen Sprechstunde stellte sich ein 47-jähriger Patient vor, der aufgrund einer ausgeprägten Hyponatriämie und schwer einstellbarem Bluthochdruck internistisch betreut wurde. Anamnestisch ergab sich bei dem zuvor Gesunden eine vierwöchige Ayurveda-Kur in Kerala, Indien, im Mai und Juni 2024. Der Patient nahm mitgebrachte ayurvedische Zubereitungen bis Anfang August ein. Etwa drei Wochen nach der Kur traten erstmals Dysästhesien im Mund auf, die sich auf den ganzen Körper ausbreiteten, gefolgt von Hyperpathien bei Kälte und Hitze. Eine neurologische Abklärung blieb ohne klare Diagnose.

Ein veranlasstes Humanbiomonitoring sowie die Untersuchung der mitgebrachten ayurvedischen Zubereitungen per ICP-MS ergab u.a. einen Blut-Bleigehalt von 184 µg/L sowie einen Urin-Quecksilbergehalt von 65,2 µg/L. In einer der Tabletten wurde ein Quecksilbergehalt von 16 mg Hg / Tablette ermittelt. Im Serum erfolgte der Nachweis von CASPR2-Antikörpern, so dass die Diagnose quecksilber-assoziiertes Morvan-Syndrom gesichert werden konnte. Es erfolgte eine Therapie mit Immunglobulinen, was zu einer leichten Symptombesserung führte. Auf eine Chelat-Therapie wurde aufgrund der Datenlage in der Literatur zunächst verzichtet.

Der Fall zeigt, dass eine hohe Quecksilberbelastung über die Triggerung von Autoimmunphänomenen komplexe Symptomkonstellationen verursachen können. Schwermetallbelastete Ayurveda-Zubereitungen stellen immer noch ein Gesundheitsrisiko dar und können auch Autoimmunphänomene auslösen. Präventiv sollte weiter an definierten Standards für ayurvedische Zubereitungen gearbeitet werden. Es besteht weiter Aufklärungsbedarf für die Verschreiber und Verbraucher ayurvedischer Zubereitungen.
Herr Jens Bertram
Universitätsklinikum Aachen, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Aachen
#Poster #Morvan-Syndrom #Biomonitoring #Quecksilber #Ayurveda
2
Zielsetzung: Das Mesotheliom ist mit einer zurückliegenden, beruflichen Asbestexposition assoziiert und ein aggressiver Tumor der serösen Häute mit schlechter Prognose. Eine Früherkennung mittels der Biomarker Calretinin und Mesothelin ist inzwischen möglich und befindet sich derzeit in der Umsetzung in die Praxis. Um zukünftig die Anwendung der Biomarker weiter zu vereinfachen, wäre die Probengewinnung auf Filterpapierkarten - ähnlich wie beim Neugeborenenscreening - eine praktikable Alternative. Daher wurde zunächst als Grundvoraussetzung getestet, ob Calretinin in sogenannten dried plasma spots (DPS) nachweisbar ist.

Methoden: Plasmaproben von vier Patienten mit Mesotheliomen sowie vier gematchten Kontrollen wurden auf Filterpapierkarten aufgetragen und über Nacht getrocknet. Die DPS wurden ausgestanzt, im Verdünnungspuffer des DLD Calretinin ELISA Kits aufgenommen, inkubiert und mittels Zentrifugation extrahiert. Abschließend wurde Calretinin gemäß der Vorschrift des ELISA Kits bestimmt.

Ergebnisse: Calretinin war in allen DPS-Proben der Mesotheliom-Fälle nachweisbar und quantifizierbar, während in den Kontrollproben die Calretinin-Werte unterhalb der Nachweisgrenze lagen. Im Vergleich mit dem etablierten Nachweis direkt im Plasma ist ein Unterschied bei der Konzentration zu erkennen. Diese waren bei den DPS-Proben generell niedriger als bei den Plasmaproben. Allerdings war mittels DPS eine einfache Diskriminierung zwischen Fällen und Kontrollen möglich.

Schlussfolgerung: Diese ersten Tests zeigen, dass der Nachweis von Calretinin mittels DPS möglich ist. Weitere Optimierungen des Extraktionsverfahrens und Messungen in einer größeren Studiengruppe sind allerdings notwendig, ebenso wie die Ermittlung der spezifischen Cut-offs für DPS, um die Performance der Biomarker zu erhalten. Auch Mesothelin soll dann mittels DPS parallel bestimmt werden. Ziel wird es schließlich sein, ein einfach zu verwendendes Probengewinnungssystem für die Biomarker Calretinin und Mesothelin zu entwickeln.
Herr Dr. rer. nat. Jan Gleichenhagen
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung - Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Poster #Calretinin #Dried Plasma Spots #Mesotheliom
3
Viele Biomonitoringparameter sind pauschal einem chemischen Element oder einer chemischen Struktur zugeordnet und werden in der Regel analytisch ohne Differenzierung bestimmt, obwohl sie in der Realität in Form unterschiedlicher Spezies oder Bindungsformen vorliegen. In der chemisch-analytischen Bestimmung stellt die zuverlässige Quantifizierung der Parameter durch das Auftreten in verschiedenen Spezies und Bindungsformen häufig einen nicht zu unterschätzende Herausforderungen dar. Demzufolge ist es für eine praxisnahe Qualitätssicherung derartiger Biomonitoringuntersuchungen von Bedeutung, diese in der Realität auftretenden Spezies und Bindungsformen zu berücksichtigen.

In dem Beitrag werden die verschiedenen Ansätze zur Inklusion von Spezies und Konjugaten in das Biomonitoringqualitätsprogramm German External Quality Assessment Scheme (GEQUAS) und die dabei resultierenden Erkenntnisse dargestellt. Hierzu wurde die Dotierungsprozesse für das aktuelle Parameterspektrum analysiert, sowie die Teilnehmerzahlen und Erfolgsquoten, für Parameter mit Spezies- bzw. Konjugat-Dotierung ausgewertet.

Im aktuellen GEQUAS-Angebot (RV 75) werden Spezies- bzw. Konjugat-Dotierung sowohl im Spektrum für anorganische als auch organische Parameter zur Dotierung verwendet. Im anorganischen Parameterspektrum sind dies zum einen die Dotierung von Urin mit fünf verschiedene Arsenspezies (As(III), As(V), MMA, DMA, Arsenobetain) sowie mit einem Gemisch aus 80% anorganischem und 20% organischen Jodid (Parameter Jod im Urin). Im Blut erfolgt die Dotierung mit Chromat, um eine effektive Dotierung der Erythrozytenfraktion zu erreichen, sowie mit einem Gemisch aus 50% anorganischem Quecksilber und 50% Methylquecksilber (MeHg). Bei den organischen Parametern werden 8 phenolische Parameter (Bisphenol A, Phenol, o-Kresol, 1-Hydroxypyren, 1- und 2-Napthol, p-Nitrophenol und Triclosan) als Glucuronide und 6 aromatische Amine (Anilin, MOCA, MDA, 2,4- und 2,6-TDA, 1,5-NDA) als Acetylate dotiert, auch wenn eine differenzierte Analyse nicht vorgeschrieben wird. Sämtlich dieser Parameter zeigen eine positive Entwicklung der Inanspruchnahme und hohe Erfolgsquoten.

Durch die Dotierung mit Spezies oder Konjugaten werden an die Teilnehmer des GEQUAS-Qualitätssicherungsprogrammes die gleichen Herausforderungen für eine korrekte Quantifizierung dieser Parameter wie in der Realität gestellt. Dadurch wird eine wirksame Qualitätssicherung von Biomonitoringuntersuchungen gewährleistet.
Herr Prof. Dr. rer. nat. Thomas Göen
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Erlangen
#Poster #Biomonitoring #Qualitätssicherung #Praxisnahe Diagnostik
4

Einleitung

Per- und polyfluorierte Substanzen (PFAS) sind eine chemische Stoffklasse mit etwa 10.000 einzelnen Substanzen, welche aufgrund ihrer vielseitigen Eigenschaften in verschiedenen Industriezweigen verwendet werden. PFAS sind heutzutage ubiquitär sowohl in der Umwelt als auch in Menschen verbreitet. Die Exposition gegenüber PFAS kann negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben, unter anderem wurden Effekte auf das Hormonsystem, das Immunsystem und die Fortpflanzung beobachtet. Die innere Exposition der allgemeinen Bevölkerung gegenüber PFAS ist aufgrund methodischer Limitierungen, wie z. B. fehlende Sensitivität oder zu kleine Analyten-Portfolios, bisher nur unvollständig beleuchtet. Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung von Methoden für das Humanbiomonitoring zur verbesserten Bestimmung von klassischen und insbesondere neuartigen PFAS und PFAS-Precursor, um ein umfassenderes Verständnis der Belastung des Menschen mit PFAS zu erhalten.

Methoden

Für das Humanbiomonitoring von PFAS wurden Serum-Proben mit isotopenmarkierten internen Standards (ISTDs) versetzt, die Proteine mittels methanolischer Fällung abgetrennt und die Probe anschließend über eine Weak Anion Exchange (WAX) Festphasenextraktion aufgereinigt. Das Eluat wurde eingedampft und in Methanol rekonstituiert. Die instrumentelle Bestimmung erfolgte mittels LC-MS/MS auf einer C18 Säule. Zur Abtrennung von instrumentellen Blindwerten wurde zusätzlich eine Delay-Säule verwendet.

Ergebnisse

Die entwickelte Methode ermöglicht die Bestimmung von derzeit 22 PFAS. Neben den klassischen PFAS können Fluortelomersulfonsäuren und v. a. per- und polyfluorierte Ether wie DONA, HFPO-DA und 9Cl-PF3ONS quantitativ erfasst werden. Das Verfahren ist von 0,1 - mind. 10 µg/L (r2 > 0.995) linear. Die Wiederfindungsraten von dotierten Serumproben bei einem Level von 0,1 µg/L liegen zwischen 84 – 119 %.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das entwickelte Verfahren ist geeignet, insbesondere neuere PFAS in Humanproben im umweltmedizinischen Konzentrationsbereich zu bestimmen. Eine vollständige Validierung ist noch Gegenstand aktueller Arbeiten. Die Erweiterung des Analyten-Spektrums um ultrakurzkettige PFAS wird zudem einen Schwerpunkt dieses Projektes bilden, da erste Studien auf eine deutliche Belastung humaner Proben mit diesen Substanzen hinweisen. Mit den entwickelten Methoden soll eine umweltmedizinische Studie mit 4000 humanen Proben der Erwachsenen-Bevölkerung aus der Nationalen Kohorte (NAKO) durchgeführt werden, um die PFAS-Belastung umfangreicher zu erfassen.
Herr Martin König
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #PFAS #Biomonitoring #Flüssigchromatographie-Massenspektrometrie #Serum
5
Einleitung: Schweißrauch wurde von der International Agency of Research on Cancer (IARC) als humankanzerogen eingestuft, jedoch werden die heute geltenden Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) an Schweißarbeitsplätzen nicht immer eingehalten. Praxisnahe Lösungen zur Reduktion der Exposition von Schweißern gegenüber Gefahrstoffen sind erforderlich.

Methoden: Eine laufende Interventionsstudie in Kooperation mit der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) soll die Effektivität technischer Maßnahmen zur Expositionsminderung an realen Arbeitsplätzen evaluieren. Es werden wiederholte Gefahrstoffmessungen in Verbindung mit einer erweiterten Dokumentation wesentlicher Einflussfaktoren der Exposition durchgeführt. Ergänzend erfolgt humanes Biomonitoring bei den Schweißern.

Ergebnisse: An 49 MAG/MIG-Schweißern in 12 Betrieben wurde die Exposition unter Ausgangsbedingungen gemessen. Die mediane Konzentration alveolengängiger Partikel betrug 1,23 mg/m³. Der allgemeine Staubgrenzwert von 1,25 mg/m³ wurde somit bei jeder zweiten Messung überschritten. Die höchste gemessene Konzentration betrug 12 mg/m³. Der AGW für Mangan in der A-Fraktion (0,02 mg/m³) wurde an 45 von 49 Arbeitsplätzen überschritten (92%); der Median betrug 0,095 mg/m³. Fremdbelüftete Schweißmasken wurden von 31 Schweißern getragen (63%).

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Basismessungen bestätigten die Herausforderung, die geltenden AGW beim MAG/MIG-Handschweißen einzuhalten. Zurzeit werden expositionsrelevante Randbedingungen der einzelnen Arbeitsplätze durch Interventionsteams überprüft, um anschließend individuelle Interventionsoptionen zu entwickeln. Im Fokus der möglichen Interventionen stehen Variationen der Zusatzwerkstoffe, Prozessgase, innovativer Prozessregelvarianten sowie Anpassungen von Absaugvorrichtungen und Arbeitsmitteln. Nach Umsetzung der Maßnahmen in der Arbeitsroutine erfolgt eine erste Wirkungsprüfung durch eine weitere Gefahrstoffmessung mit Biomonitoring.
Herr Dr. Martin Lehnert M.san.
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Poster #Schweißrauchminderung #Metall-Aktivgas-Schweißen #Metall-Intergas-Schweißen #Metall-Schutzgas-Schweißen
6
Einleitung
Melamin (CAS-Nr. 108-78-1) ist eine vielseitig eingesetzte Grundchemikalie, die bei chronischer Exposition die Harnwege schädigen kann und im Verdacht steht, krebserzeugend zu wirken. Hauptanwendungsgebiete für Melamin sind Melaminharze, die durch Polykondensation mit Formaldehyd entstehen und als Leime, Beschichtungen in der Möbel-, Holz- und Verpackungsindustrie, als Versteifungsmittel in der Textilindustrie sowie als Geschirr und Kochutensilien genutzt werden. Das Ziel war es, ein Human-Biomonitoring-Verfahren zu entwickeln, um die innere Exposition bei Tätigkeiten mit Melamin für die arbeitsmedizinische Vorsorge und im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln.
Material und Methoden
Für die Quantifizierung von Melamin im Urin wurde ein Verfahren etabliert, das auf der Gaschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (GC-MS/MS) basiert und 13C3-Melamin als internen Standard verwendet. Die Methode umfasst eine Flüssig-Flüssig-Extraktion mit Ethylacetat, gefolgt von einer Derivatisierung mit N,O-Bis(trimethylsilyl)trifluoracetamid. Insgesamt wurden 40 Spontanurinproben von Personen (80 % Männer, 20 % Frauen) untersucht, die keinen beruflichen Umgang mit Melamin hatten.
Ergebnisse
Die Nachweis- und Bestimmungsgrenzen (BG) der Methode wurden gemäß DIN 32645 ermittelt und betragen 0,3 µg/L bzw. 1,2 µg/L. Die Präzision wurde in dotierten Urinproben bei zwei unterschiedlichen Konzentrationsniveaus bestimmt und liegt sowohl innerhalb der Serie (n = 10) als auch von Tag zu Tag (n = 6) unter 15 %. Die relative Wiederfindung in zehn verschiedenen Urinproben liegt im Bereich von 88 – 120 % bei dotierten Konzentrationen von 10 µg und 50 µg pro Liter Urin. Die Nachweisrate für Melamin in den untersuchten Urinproben betrug 48 %. Die Konzentrationen lagen im Bereich zwischen unter der Bestimmungsgrenze und 202,3 µg/L (<BG – 102,7 µg/g Kreatinin). Die mittlere Konzentration betrug 13,6 ± 40,4 µg/L (10,2 ± 21,2 µg/g Kreatinin).
Schlussfolgerung
Das neu entwickelte Verfahren ermöglicht eine präzise Bestimmung der Melaminkonzentration im Urin. Die Daten zur Melaminkonzentration in Urinproben von Personen, die nicht beruflich mit Melamin exponiert sind, können zunächst als Vergleichswerte herangezogen werden, um potenzielle Expositionen an Arbeitsplätzen zu bewerten. Diese Vergleichswerte dienen als vorläufige Richtwerte, bis toxikologisch fundierte Beurteilungswerte abgeleitet werden können.

Herr Thomas Jäger
BASF SE, Corporate Health Management, Ludwigshafen
#Poster #Biomonitoring #Melamin #Exposition #Urin
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Gefahrstoffe und Biomonitoring II
Beiträge:
1
Einleitung: Die Hautsensibilisierung durch Chemikalienmischungen stellt eine komplexe Herausforderung für die Risikobewertung dar. In unserer früheren Studie wurden Sensitizer und Irritantien einzeln und kombiniert im KeratinoSens Assay (OECD 442D) untersucht. Um die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen aufzuklären, wurden in dieser Studie die metabolischen Veränderungen in einem 3D-Hautmodell nach Exposition gegenüber verschiedenen Kombinationen von Sensitizern und Irritantien untersucht.
Methode: Ein 3D-Hautmodell, bestehend aus KeratinoSens-Zellen, 3T3-Fibroblasten und U937-Monozyten-Zellen, wurde einzeln und kombiniert mit zwei verschiedenen Sensitizern (Zimtaldehyd), Ethylenglykoldimethacrylat) und drei verschiedenen Irritantien (α-Pinen, Salicylsäure, Natriumdodecylsulfat) in verschiedenen Konznetrationen an der Luft-Flüssigkeit-Grenzfläche exponiert. Die Konzentrationen wurden in der früheren Studie bestimmt und lagen im nicht-zytotoxischen Bereich. Nach 48 Stunden wurden die Metabolite mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie in einem untargeted Ansatz gemessen. Due statistische und funktionelle Auswertung erfolgte mit mit MetaboAnalyst.
Ergebnisse: Die Daten aus unserer Metabolomik-Studie bestätigen die früheren Ergebnisse aus dem KeratinoSens-Assay. Der Sensitizer ist hauptsächlich für die Reaktion der Mischung verantwortlich. Eine Partial Least-Squares Discriminant Analysis (PLSDA) der Metaboliten zeigt deutlich getrennte Cluster von regulierten Metaboliten nach einzelner/kombinierter EGDMA-Exposition und nach einzelner/kombinierter Zimtaldehyd-Exposition. Die Metaboliten nach alleiniger und kombinierter Exposition gegenüber den beiden Sensitizern bildeten in beiden Fällen getrennte Cluster, was die dominante Rolle der Sensitizer unterstreicht.
Alle Expositionen führten zu einer Regulierung von Inositolphosphaten, Energiehaushalt und antioxidativen Prozessen. Zimtaldehyd und Mischungen induzierten zusätzlich eine erhöhte Sphingolipid-Biosynthese und beeinflussten Serotonin-Signalwege.
Schlussfolgerung: Sensitizer spielen in Mischungen mit Irritantien eine dominante Rolle. Die Identifizierung regulierter Stoffwechselwege trägt zu einem besseren Verständnis der molekularen Mechanismen der Hautsensibilisierung durch Chemikalienmischungen bei und unterstreichen die Notwendigkeit, Sensitizer in Risikobewertungen von Mischungen besonders zu berücksichtigen.
Frau Prof. Dr. med. Simone Schmitz-Spanke
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #Sensibilisierung #Metabolismus
2
Einleitung: Die kombinierte Exposition gegenüber polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und ultravioletter Strahlung (UV-Strahlung) stellt eine erhebliche Herausforderung für die menschliche Gesundheit dar. Beide induzieren u.a. oxidativen Stress in der Haut, was Bedenken hinsichtlich ihrer kombinierten Auswirkungen auf die Hautgesundheit jenseits der potenziellen Synkarzinogenität aufwirft. Diese Studie untersucht mit einem kombinierten metabolomischen und toxikologischen Ansatz die Antwort humaner Monozyten (U937), einem Modell für das Haut-Immunsystem, auf individuelle und kombinierte Expositionen gegenüber Benzo[a]pyren (B[a]P) und UV-Strahlung
Methoden: U937-Zellen wurden 24 h gegen B[a]P und UV-Strahlung einzeln und in Kombination exponiert. Die kombinierte Exposition wurde mit drei unterschiedlichen B[a]P-Konzentrationen durchgeführt. Es wurden mindestens 3 biologische und technische Replikate durchgeführt. Die regulierten Metabolite wurden in einem untargeted Ansatz mittels GC-MS identifiziert. und mit MetaboAnalyst 6.0 statistisch und funktionell analysiert. Ergänzend wurden toxikologische Endpunkte wie Zellvitalität (LDH, MTT, MMP), oxidativer Stress (ROS, GSH/GSSG, NQO1), Lipidperoxidation (MDA) und DNA-Schädigung (Comet-Assay) bestimmt.
Ergebnisse: Individuelle Expositionen gegenüber B[a]P oder UV-Strahlung führten zu minimalen metabolischen und toxikologischen Veränderungen. Ebenfalls minimale Veränderungen wurden nach der kombinierten Exposition mit niedrigeren B[a]P Konzentrationen und UV beobachtet. Die kombinierte Exposition bei einer höheren B[a]P-Konzentration löste jedoch eine deutliche metabolische Reaktion aus, die sich durch Folgendes auszeichnet:
(1) Herunterregulierung glutaminzentrierter Metabolite, die am Glutathion-, Purin-, GAB-Metabolismus und dem Zitronensäurezyklus beteiligt sind.
(2) Regulationen im Tryptophan-Metabolismus.
(3) Erhöhte Lipidperoxidation, belegt durch Messung des Malondialdehyds, einem Endprodukt der Lipidperoxidation und Regulation relevanter Metabolite.
Schlussfolgerung: Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Glutaminstoffwechsel eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung der zellulären Reaktion auf kombinierte B[a]P- und UV-Exposition spielt. Höhere B[a]P-Konzentrationen in Kombination mit UV führen über oxidativen Stress zu erhöhter Lipidperoxidation und möglicherweise Ferroptose. Diese Studie unterstreicht das komplexe Zusammenspiel zwischen B[a]P und UV-Strahlung und liefert Einblicke in die Mechanismen, wie Umwelt-/Arbeitsplatzfaktoren Hauterkrankungen beeinflussen können.
Frau Prof. Dr. med. Simone Schmitz-Spanke
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #UV-Strahlung #Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe #Metabolismus
3
Einleitung: Kinder sind besonders anfällig für Umweltschadstoffe. Diese Studie untersucht das Risiko der Hautsensibilisierung durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die in Spielzeug weit verbreitet sind. In dieser Studie soll das Hautsensibilisierungspotential von PAKs nach Einzel- und kombinierter Exposition mithilfe des KeratinoSens-Assays bewertet werden.

Methoden: Einzelne PAKs (Acenaphthen, Anthracen, Benzo[a]anthracen, Benzo[a]pyren (B[a]P), Benzo[b]fluoranthen (B[b]F), Benzo[e]pyren, Benzo[g,h,i]perylen, Benzo[k]fluoranthen (B[k]F), Chrysen, Fluoranthen, Fluoren, Naphthalin, Phenanthren, Pyren, Triphenylen) und ternäre Mischungen mit B[a]P wurden auf ihre Fähigkeit zur Aktivierung des Keap1-Nrf2-ARE-Signalwegs in menschlichen Keratinozyten untersucht. Die Untersuchungen wurden nach der OECD TG 442D durchgeführt und für Mischungen adapiert.. Das Konzentrationsadditivmodell und der additive Index wurden verwendet, um Mischungseffekte vorherzusagen und zu analysieren.

Ergebnisse: Unter den einzelnen PAKs zeigte B[k]F die stärkste Aktivierung des Signalwegs mit einer 34-fach höheren Potenz im Vergleich zu B[a]P. B[b]F, Chrysen und B[a]P zeigten ebenfalls eine signifikante Aktivierung, während die übrigen PAK eine vernachlässigbare oder schwache Aktivierung aufwiesen. Bemerkenswert ist, dass PAK-Mischungen synergistische Effekte zeigten, außer bei Mischungen, die ausschließlich aus potenten Sensibilisatoren bestanden.

Schlussfolgerung: Diese Studie liefert die erste Bewertung des Hautsensibilisierungspotentials dieser PAKs. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass B[k]F, B[b]F und Chrysen ein höheres Risiko für Hautsensibilisierung darstellen könnten als bisher angenommen. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit strengerer Regulierungen für PAKs in Produkten, mit denen Kinder in Kontakt kommen, insbesondere Spielzeug, um das Risiko von allergischen Reaktionen zu minimieren. Darüber hinaus unterstreichen die beobachteten synergistischen Effekte in Mischungen die Bedeutung der Berücksichtigung kombinierter Expositionen bei der Bewertung des Expositionsrisikos durch PAKs.
Frau Prof. Dr. med. Simone Schmitz-Spanke
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe #Gefahrstoff
4
Einleitung: Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (MAK-Kommission) reevaluierte die toxikologische Bewertung von Aluminium und Aluminiumverbindungen.
Methoden: Es wurde eine umfassende Literaturrecherche zur Toxizität von Aluminiumverbindungen durchgeführt und zusätzlich Übersichten von Regulierungsbehörden sowie Originalstudien ausgewertet.
Ergebnisse: In epidemiologischen Längsschnittstudien an Aluminiumschweißern wurden subklinische neurotoxische Effekte beobachtet, und anhand des empfindlichsten Endpunkts der Neurotoxizität ein BAT-Wert von 50 µg Aluminium/g Kreatinin im Urin abgeleitet, der jetzt bestätigt wurde. Bei Ratten zeigten sich nach Exposition gegen verschiedene Aluminiumverbindungen in sehr niedrigen Konzentrationen in der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit Anzeichen einer Lungenentzündung, so dass im Tierversuch die Lungentoxizität der empfindlichste Endpunkt war.
Auf der Grundlage von Studien zur Inhalationstoxizität an Ratten betragen die MAK-Werte für Aluminium in der alveolengängigen Fraktion 0,05 mg/m3 für schwerlösliche Aluminiumverbindungen (Aluminiumoxid (außer Korund), Aluminiumhydroxid, Aluminiumoxidhydroxid), für lösliche nicht reizende Aluminiumverbindungen (Aluminiumchlorhydrat) 0,005 mg/m3 und für reizende (Aluminiumchlorid, Aluminiumcitrat, Aluminiumlactat, Aluminiumnitrat und Aluminiumsulfat) 0,0002 mg/m3.
Bei den schwerlöslichen Aluminiumverbindungen wurden Lungenüberladungseffekte beobachtet, so dass Lungentumoren bei höheren Konzentrationen nicht auszuschließen sind (Kanzerogenitäts-Kategorie 4).
Da es in Höhe der MAK-Werte für lösliche Aluminiumverbindungen nicht zu einer nennenswerten Erhöhung des Hintergrundbereichs der Aluminiumkonzentration im Blut kommt, erfolgt eine Zuordnung zu Schwangerschaftsgruppe C. Aluminium und seine schwerlöslichen Verbindungen werden der Schwangerschaftsgruppe D zugeordnet, da keine Untersuchungen zur Entwicklungstoxizität mit inhalativer Applikation am Tier vorliegen.
Frau Dr. Britta Brinkmann
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Angewandte Biowissenschaften, MAK-Kommission, Karlsruhe
#Poster
5
Einleitung: Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (MAK-Kommission) bewertet Gefahrstoffe. Cadmium [7440-43-9] und seine anorganischen Verbindungen wurden als kanzerogen (Kategorie 1) und keimzellmutagen (Kategorie 3A) eingestuft. Mit der Evaluierung von Beurteilungswerten in biologischem Material schafft die MAK-Kommission die wissenschaftlich basierte Voraussetzung für die Bewertung des Biomonitorings. Eine arbeitsbedingte Gefährdung durch eine Exposition gegen Cadmium besteht heute insbesondere bei der Entsorgung und dem Recycling alter Batterien. Im Jahr 2024 wurde die Datenlage für Cadmium neu bewertet.
Methoden: Die Bestimmung der inneren Belastung durch Cadmium kann im Biomonitoring über den Parameter Cadmium im Urin erfolgen. Publizierte Studien wurden durch eine Literaturrecherche ermittelt, ausgewertet und ein biologischer Leitwert (BLW) abgeleitet.
Ergebnisse: Die Exposition gegenüber Cadmiumstaub kann zu lokalen Effekten wie Nasenentzündung und Anosmie, Bronchitis und Lungenentzündung aber auch zu Lungen- und Nierentumoren führen. Für die Ableitung eines Beurteilungswertes an der nichtkanzerogenen systemischen Toxizität wurde die nephrotoxische Wirkung des Cadmiums, die Schädigung der Nierentubuli, die zur Ausscheidung von Proteinen mit niedrigem Molekulargewicht wie Alpha- und Beta-Mikroglobulinen und Retinolbindungsprotein (RBP) im Urin führt, als empfindlichster Endpunkt angesehen. Aktuelle Studien an beruflich cadmiumexponierten Arbeitnehmern ergaben bei Nichtrauchern einen NOEL für eine tubuläre Proteinurie von etwa 3 bis 5 µg Cadmium/g Kreatinin (Schwellenwert bei Nie-Rauchern höher) und es wurde ein BLW von 2 µg Cadmium/g Kreatinin im Urin festgelegt.
Diskussion/Schlussfolgerung: Mit dem BLW in Höhe von 2 µg Cadmium/g Kreatinin liegt ein Beurteilungswert im biologischen Material vor, der dem Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz z. B. im Rahmen ärztlicher Vorsorgeuntersuchungen dient und die Einschätzung der inneren Belastung ermöglicht.

Frau PD Dr. med. Wobbeke Weistenhöfer
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #Biomonitoring #Cadmium #Biologischer Leitwert (BLW) #Gefahrstoff #Nephrotoxizität
6
Einleitung: Das Halbmetall Arsen (As) wurde von der Ständigen Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) als kanzerogen (Kategorie 1) und keimzellmutagen (Kategorie 3A) eingestuft. Zudem wirkt es toxisch auf die Haut, das Nerven- und das Gefäßsystem. Für das Biomonitoring bei beruflicher Exposition gegen anorganische Arsenverbindungen bietet sich die Bestimmung von Arsenspezies im Urin an. Dabei ist eine Bestimmung derjenigen Arsenspezies zu empfehlen, die möglichst wenig alimentär beeinflusst werden.
Methoden: Eine Analysenmethode zur Bestimmung von As(III), As(V), Monomethylarsonsäure und Dimethylarsinsäure im Urin mittels LC-ICP-MS wurde von der Arbeitsgruppe „Analysen in biologischem Material“ (AG Biomonitoring) der MAK-Kommission entwickelt, verifiziert und publiziert.
Zur Aufstellung von Expositionsäquivalenten für krebserzeugende Arbeitsstoffe (EKA) und eines Biologischen Leitwerts (BLW) durch die Arbeitsgruppe „Beurteilungswerte in biologischem Material“ (AG BAT-Werte) der MAK-Kommission wurden wissenschaftliche Studien zur Ausscheidung von Arsenspezies im Urin nach beruflicher Arsenexposition ausgewertet.
Ergebnisse: Die von der AG Biomonitoring validierte Analysenmethode zeichnet sich durch eine hohe Spezifität und Sensitivität aus. Mit Bestimmungsgrenzen von 0,02–0,05 µg As/l Urin können die Arsenspezies auch im Urin der beruflich nicht-belasteten Allgemeinbevölkerung erfasst werden.
Die AG BAT-Werte hat für die Summe von As(III), As(V) und Monomethylarsonsäure einen BLW von 10 µg/l Urin und EKA für Konzentrationen von 0,5–100 µg As/m³ Luft und 2–57 µg/l Urin abgeleitet. Unberücksichtigt bleibt hierbei die Dimethylarsinsäure, um die diagnostische Zuverlässigkeit bei der Bestimmung einer beruflichen Arsenbelastung zu erhöhen. Die Dimethylarsinsäure macht schon bei moderaten Belastungen 60–80 % der Arsenmetaboliten aus, wobei dieser Parameter durch den Verzehr von Fisch und Meeresfrüchten und die damit verbundene erhöhte Aufnahme organischer Arsenverbindungen stark beeinflusst wird.
Schlussfolgerungen: Dank der kohärenten Arbeitsweise der Arbeitsgruppen der MAK-Kommission liegen für Belastungen mit Arsen und anorganischen Arsenverbindungen sowohl eine geprüfte, sensitive Methode zur Bestimmung von Arsenspezies als auch Beurteilungswerte im biologischen Material vor, die dem Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz z. B. im Rahmen der ärztlichen Vorsorge dienen und die Einschätzung der inneren Belastung ermöglichen.
Frau Dr. Anja Schäferhenrich
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #Arsenbelastung #Arsenspezies #Biomonitoring
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Psychische Belastung und Beanspruchung
Beiträge:
1
​​​​​EINLEITUNG. Eine gesundheitsfördernde Arbeitsgestaltung für den Erhalt der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz gewinnt angesichts steigender Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen zunehmend an Bedeutung. Die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung am Arbeitsplatz ist entscheidend, um die Arbeitsfähigkeit und das Wohlbefinden der Beschäftigten langfristig zu erhalten. Serious Games (SG) bieten eine innovative Möglichkeit, theoretisches Wissen in einem interaktiven und praxisnahen Umfeld zu vermitteln und anzuwenden (Hanisch et al., 2017).
ZIEL. Ziel der Studie war zu überprüfen, inwieweit ein SG die Kompetenz und das Vertrauen der Verantwortlichen im Arbeits- und Gesundheitsschutz bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung stärken kann (Level 3 von Kirkpatrick, 1996).
METHODEN. Es wurde eine Längsschnittbefragung der Teilnehmenden am SG PsyHealth WorXs! mit zwei Messzeitpunkten (vor Beginn und nach Abschluss des SG) auf Basis von N=94 Fragebögen durchgeführt.
ERGEBNISSE. Nach dem SG galten die Evaluationskriterien als erfüllt. Nach dem SG war das Wissen der Teilnehmenden über den Prozess der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung signifikant höher (t(89)=–2.716, p = 0.024, d = 0.767), und sie beschrieben eine Steigerung des Kompetenzerlebens bei der Maßnahmenableitung (t(37.179)=–3.001, p = 0.014, d = 0.669). Die Teilnehmenden wurden sicherer in der Anwendung des erworbenen Wissens und das SG vertiefte das Verständnis um die Prozesse einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung durch die gezeigten Szenarien. Die Teilnehmenden zeigten hohe Zufriedenheit mit dem SG, insbesondere des Gamification-Aspekts.
SCHLUSSFOLGERUNG. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass SG eine wirksame Methode zur Förderung der Kompetenz und des Vertrauens in die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung darstellt. Es bietet eine praxisnahe Möglichkeit, um Kenntnisse in einem interaktiven virtuellen Umfeld anzuwenden, und die Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen zu erleben. Es könnte somit ein wertvolles Schulungsmaßnahme des betrieblichen Gesundheitsmanagements sein.
Frau Lisa Auweiler
Institut für Arbeits,-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
#Poster #Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung #Serious Game #Trainingsevaluation #Verhältnisprävention #Kompetenzentwicklung
2
Einführung
In maritimen Studien konnte gezeigt werden, dass 40% bis 50% aller Todesfälle von Seeleuten auf hoher See auf Unfälle und Katastrophen zurückzuführen sind (z.B. Brand an Bord). Das Erleben einer solchen Katastrophe geht häufig mit gravierenden psychomentalen Folgeerscheinungen bei den Überlebenden einher. Dieser systematische Review intendiert, maritime Studien über tödliche Unglücke an Bord zu detektieren und deren Studienziele sowie die berichteten mentalen Reaktionen zu analysieren.
Methoden
Zur Ermittlung von Studien, die sich mit tödlichen Katastrophen auf hoher See befassen, wurde eine umfassende Literaturrecherche in den wissenschaftlichen Datenbanken PubMed, PubPsych, PsycArticles und Scopus durchgeführt. Die systematische Suche gemäß PRISMA statement ergab 239 Studien, von denen unter Anwendung spezifischer Ausschlusskriterien 12 in diese Übersichtsarbeit eingeschlossen wurden.
Ergebnisse
Die zwölf Studien beschreiben die psychomentalen Symptome von 40 Seeleuten der Kauffahrteischifffahrt, 422 Seeleuten der Navy/Coast Guard und 300 Passagieren, die eine tödliche Schiffskatastrophe überlebt haben. Die Studienziele lassen sich in folgende Kategorien eingruppieren: Neun Arbeiten thematisieren u. a. die Disaster-Kurzzeitfolgen, fünf die Langzeitfolgen, sechs potenzielle Einflussfaktoren (z.B. soziale Unterstützung oder Schuldgefühle) auf die Symptommanifestation und fünf den Einfluss der Katastrophenmerkmale auf die Symptomschwere. Bei den evaluierten Überlebenden konnten Symptome aus dem Bereich der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), Depression und Angststörung häufig festgestellt werden. In der Regel wurde für diese Symptome kurz nach der Katastrophe eine substanzielle Symptomschwere beobachtet, die im Verlauf der Zeit zwar abnahm, jedoch mit Ausnahme von den Seeleuten der Navy/Coast Guard auf hohem Niveau persistierte. Auch konnten in mehreren Studien Folgeerscheinungen wie Phobien, Schlafstörungen und Schuldgefühle beobachtet werden.
Diskussion
Die Schwere der PTBS- und Depressionssymptome nach einer Schiffskatastrophe und deren zeitliche Entwicklung zeigen Parallelen zu den Ergebnissen der Katastrophenforschung an Land. Allerdings ist die Anzahl der identifizierten Studien, deren Qualität und Aktualität im maritimen Bereich begrenzt. Dieses betont die Notwendigkeit für weitere Forschung in der maritimen Katastrophenmedizin. Als mögliche künftige Forschungsgegenstände werden insbesondere die Bewertung der kurz- und langfristigen Wirkungen von Kriseninterventionen an Bord empfohlen.
Herr Prof. Dr. Marcus Oldenburg
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Seemann, Tod, Symptome, PTBS
3

Einleitung

Lehrkräfte stehen vor einer Vielzahl beruflicher Herausforderungen und zeigen laut Studien eine höhere emotionale Beanspruchung als andere Berufstätige (Klein und Schilling, 2013). Verschiedene Studien zeigen in diesem Bereich auch Unterschiede zwischen Schulformen (Schaarschmidt & Fischer, 2008; Schwarzer & Hallum, 2014). Die meisten dieser Studien liegen jedoch einige Jahre zurück und fanden vor der SARS-CoV-2-Pandemie statt, sodass untersuchenswert ist, wie das Beanspruchungserleben der Lehrkräfte heute ausfällt. Ziel unseres Beitrags ist es, Belastungen und Beanspruchungen von Lehrkräften allgemein sowie diesbezügliche Unterschiede zwischen Schulformen zu untersuchen.

Methoden

An der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nahmen 4061 Lehrkräfte an 200 Schulen teil (02/2022 – 08/2024). Als Belastung wurden Gewalterfahrungen dichotom mit einer Frage („Erfahren Sie bei Ihrer Arbeit eine Form von Gewalt?“) erfasst. Als Beanspruchungen wurden Wohlbefinden (WB; WHO-5) und Emotionale Erschöpfung (EE; Kurzform MBI-D) erfasst.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass 18,2 % der Lehrkräfte von Gewalt betroffen sind. Der Anteil ist besonders hoch an Förderschulen (38,8 %), p < .001, Cramer-V = .22. Der Mittelwert aller Schulen bei der EE liegt bei M = 24,22 (SD = 14,02) und es besteht ein signifikanter Unterschied zwischen den Schulformen, p < .001, d = 0,20. Post-Hoc Tests zeigen eine signifikant geringere EE an Gymnasien im Vergleich zu Realschulen plus (p < .001) sowie an Berufsschulen im Vergleich zu Realschulen (p < .001) und Gesamtschulen (p = .023). Beim WB liegt das Gesamtmittel bei 49,21 (SD = 20,54). Auch hier zeigen sich signifikante Unterschiede, p < .001, d = 0,18. Post-Hoc Tests zeigen einen signifikanten geringeres WB bei Realschulen (p = .001) und Gesamtschulen (p < .001) im Vergleich zu Berufsschulen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Im Einklang mit älteren Studien zeigen die Ergebnisse, dass Lehrkräfte in den untersuchten Variablen hohe Belastungen und Beanspruchungen aufweisen und relevante Unterschiede zwischen den Schulformen bestehen. Während die höhere emotionale Erschöpfung und das niedrigere Wohlbefinden an Realschulen plus sowie Gesamtschulen im Einklang mit bisherigen Studien stehen, zeigt sich, dass die befragten Berufsschulen (ca. 20 % der Grundgesamtheit) entgegen dem bisherigen Forschungsstand signifikant weniger Beanspruchungen aufweisen. Die Ergebnisse machen deutlich, dass sich Unterstützungsangebote an den unterschiedlichen Beanspruchungen der Schulformen orientieren sollten.
Herr Dr. Jan Becker
Institut für Lehrergesundheit, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
#Poster #Lehrergesundheit #Psychische Belastung #Beanspruchung #Beurteilung der Arbeitsbedingungen
4

Einleitung

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) zielt darauf ab, gesundheitsschützende und -förderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen, um die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten und zu stärken. Personal mit Verwendung im Ausland könnte durch die besonderen Arbeits- und Lebensbedingungen erhöhten psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sein, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen können [1,2]. Daher soll untersucht werden, ob sich Unterschiede in der Gesundheit und der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zwischen Personal mit- und Personal ohne Auslandsverwendung zeigen.

Methoden

Für die Analyse liegen die Daten von 2667 Beschäftigten vor, die an 19 Dienststellen im Geschäftsbereich des BMVg in den Jahren 2022-2024 im Rahmen des AIGScreenBw befragt wurden. Es werden u.a. Work-Privacy-Konflikte, psychische Gesundheitsindikatoren (PHQ-4, COPSOQ), die Bewertung des allgemeinen Gesundheitszustands, die Arbeitszufriedenheit, die emotionalen Arbeitsanforderungen und die dienstliche Verwendung im Ausland in den vergangenen zwölf Monaten betrachtet. Mittels Mann-Whitney-U-Test werden die Unterschiede zwischen Personal mit und ohne Auslandsverwendung überprüft.

Ergebnisse

Von den befragten Beschäftigten wurden 37,5% in den vergangenen zwölf Monaten beruflich im Ausland eingesetzt. 57% der Beschäftigten mit und 51,3% der Beschäftigten ohne Auslandsverwendung bewerten ihren allgemeinen Gesundheitszustand mit (sehr) gut (d=0,1; p<0,001). Beschäftigte mit Auslandsverwendung erleben in höherem Maße Work-Privacy-Konflikte (d=0,1; p<0,001) und fühlen sich häufiger durch psychische Beschwerden beeinträchtigt (d=0,1; p=0,008) als Beschäftigte ohne Auslandsverwendung. In der Arbeitszufriedenheit und in der Einschätzung der emotionalen Arbeitsanforderungen zeigen Beschäftigte mit und ohne Auslandsverwendung keine Unterschiede.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse zeigen, dass Beschäftigte mit Auslandsverwendung vermehrt Work-Privacy-Konflikte erleben, sich häufiger durch psychische Beschwerden beeinträchtigt fühlen, allerdings aber auch einen besseren allgemeinen Gesundheitszustand aufweisen. Daher sollten BGM-Maßnahmen im Ausland stärker an der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie den psychischen Belastungen ansetzen, um die Effizienz des BGM zu steigern.

[1] Kowalski JT, Hauffa R, Jacobs H, Höllmer H, Gerber WD, Zimmermann P, 2012: Deployment-related stress disorder in German soldiers: utilization of psychiatric and psychotherapeutic treatment. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 109(35–36): 569–75. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0569

[2] Willmund, G.-D. und Zimmermann, P. (Hrsg.). 2020. Die Bundeswehr im Einsatz: Psychosoziale Belastungen und ihre Bewältigung. Eine Orientierungshilfe für Mitglieder des Psychosozialen Netzwerkes der Bundeswehr. Psychotraumazentrum am Bundeswehrkrankenhaus Berlin. Verfügbar über: https://www.bundeswehr.de/de/organisation/sanitaetsdienst/aktuelles-im-sanitaetsdienst/orientierungshilfe-psychosoziale-belastungen--1461880
Frau Aline Wege
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
#Poster #Betriebliches Gesundheitsmanagement #BGM #Psychische Gesundheit #Work-Privacy-Konflikte
5

Einleitung

Erzieherinnen in Kindertagesstätten sind täglich psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt, die zu Stresssituationen am Arbeitsplatz führen können. Veränderte Arbeitsbedingungen während der Krisensituation wie kürzere Arbeitszeiten, eine sorgfältigere Berufswahl, die Schaffung eines Sicherheitsgefühls am Arbeitsplatz und die Bereitstellung psychologischer Unterstützung sowie die erforderliche Anpassung daran verlangen von den Erzieherinnen zusätzliche Anstrengungen, die sich auf ihren psycho-emotionalen Zustand auswirken können. Der Zweck der Arbeit war der Vergleich des Einflusses verschiedener Formen der Arbeitsorganisation auf den psycho-emotionalen Zustand von Erzieherinnen im Hinblick auf Frühindikatoren für die Entwicklung eines beruflichen Burnouts.

Methoden

Es wurde eine anonyme Umfrage unter Erzieherinnen durchgeführt, die Kinder im Alter von 2 bis 6 Jahren betreuen. Im Jahr 2021 wurde eine Untersuchung an einer Stichprobe von 107 Erzieherinnen aus traditionellen Kindertagesstätten in Charkiw (Ukraine) durchgeführt. Im Jahr 2024 fand die Umfrage im „Metro-Kindergarten“ auf dem U-Bahn-Gelände Charkiw an einer Stichprobe von 32 Personen statt. Alle Teilnehmenden waren weiblich. Das Burnout-Risiko wurde anhand des Maslach Burnout Inventory – General Survey (MBI – GS) (Maslach C, Jackson SE, 1996) auf drei Skalen erhoben: „Emotionale Erschöpfung“ „Zynismus“, „Leistungsfähigkeit“ und das Burnout-Risiko gemäß Kalimo et al. (2003) ermittelt.

Ergebnisse

Die „Emotionale Erschöpfung“ war bei 55,1 % der Befragten im Jahr 2021 und bei 75,0 % der Befragten im Jahr 2024 gering. Auf der Zynismus-Skala wurde im Jahr 2021 bei 47,7 % der Befragten und im Jahr 2024 bei 56,3 % der Befragten ein niedriges Niveau festgestellt. Die Analyse der Skala „Leistungsfähigkeit“ war bei 18,7 % der Befragten im Jahr 2021 und bei 6,3 % der Befragten im Jahr 2024 gering.
Nach Kalimo et al. (2003) wurde in der Stichprobe von 2021 bei lediglich 3 (2,8 %) Erzieherinnen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Burnout-Syndroms festgestellt, 2024 war keine Erzieherin gefährdet. Der Vergleich der beiden Formen der Arbeitsorganisation (2021 und 2024) zeigte keine statistisch signifikanten Unterschiede (p > 0,05).

Schlussfolgerung / Diskussion

Das Burnout-Risiko der Erzieherinnen in der Stichprobe 2024 ist niedriger als in der Stichprobe 2021. Veränderungen der Arbeitsbedingungen dürften zu erheblichen Verbesserungen des psycho-emotionalen Wohlbefindens beigetragen haben.
Frau Anna Paramonova
Lehrstuhl für Hygiene und Ökologie, Nationale Medizinische Universität Charkiw, Charkiw
#Poster #Erzieherinnen #Burnout- Risiko #MBI #Arbeitsbedingungen
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Einleitung: Angesichts des demografischen Wandels und der Fachkräfteknappheit hat die Bedeutung von Pflegekräften zugenommen. Der Pflegeberuf ist durch ein hohes Maß an Arbeitsbelastung geprägt, was sich negativ auf die Gesundheit von Pflegekräften auswirken kann1. Ressourcen können diesen negativen Effekt abmildern. Im Kollektiv von Altenpflegekräften ist der puffernde Effekt von Ressourcen noch nicht hinreichend untersucht. Daher adressiert diese Studie den Einfluss von sozialer Unterstützung auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsanforderungen und Gesundheit von Pflegekräften in Alten-/Pflegeheimen.

Methode: Im Rahmen einer quantitativen Studie wurden zwischen 10 – 12/2021 2448 Fragebögen an 55 Alten-/Pflegeheime in RLP versendet (Rücklauf 16,5%). Mittels COPSOQ-Skalen erfolgte die Erhebung von quantitativen Anforderungen (5 Items), Unterstützung bei der Arbeit (4 Items) und des allgemeinen Gesundheitszustands (1 Item). Es wurde eine Moderationsanalyse mit PROCESS durchgeführt.

Ergebnisse: 80,5% der Befragten sind weiblich und das Durchschnittsalter beträgt 43 Jahre (n = 364). Der Mittelwert von quantitativen Anforderungen beträgt 66,05 (SD = 20,61), von Unterstützung bei der Arbeit 67,66 (SD = 23,45) und vom allgemeinen Gesundheitszustand 54,84 (SD = 22,59). Das Moderationsmodell, mit dem untersucht wurde, ob die Interaktion zwischen quantitativen Anforderungen und Unterstützung bei der Arbeit den allgemeinen Gesundheitszustand vorhersagt, war signifikant, F(8, 298) = 10,68, p < .001, mit einer Varianzaufklärung von 21,19%. Die Ergebnisse zeigen einen signifikanten Moderationseffekt von Unterstützung bei der Arbeit auf die Beziehung zwischen quantitativen Arbeitsanforderungen und allgemeinem Gesundheitszustand, ΔR² = 3,15%, F(1, 298) = 12,14, p < .001, 95% CI[0,003, 0,012].

Schlussfolgerung: Die Studie beschreibt eine signifikante puffernde Wirkung von sozialer Unterstützung auf den Einfluss von Arbeitsanforderungen auf die Gesundheit von Pflegekräften. Dies stützt bisherige Befunde zu sozialer Unterstützung als Ressource bei hoher Arbeitsanforderung und betont die Relevanz der Förderung eines positiven Arbeitsumfelds, bspw. mittels teambildenden Maßnahmen, um Auswirkungen einer hohen Belastung auf die Gesundheit abmildern zu können.

1 Korbus, H., Hildebrand, C., Schott, N., Bischoff, L., Otto, A. K., Jöllenbeck, T., ... & Wollesen, B. (2023). Health status, resources, and job demands in geriatric nursing staff: A cross-sectional study on determinants and relationships. International Journal of Nursing Studies, 145, 104523.
Frau Anna Hirschmüller
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
#Poster #Arbeitsanforderungen #soziale Unterstützung #Gesundheit #Pflegekräfte
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Einleitung

Die psychische Gesundheit von Anästhesisten und Intensivmedizinern ist nach wie vor ein wichtiges Thema, da diese Berufsgruppe aufgrund der hohen emotionalen Belastung mit am stärksten von Burnout betroffen ist. Es ist bekannt, dass Arbeitsfaktoren wie Notfallsituationen, die sofortige Entscheidungen und Maßnahmen erfordern und eine hohe Verantwortung für das Leben des Patienten mit sich bringen. Diese Umstände können auch die Verantwortung für die eigene Gesundheit erheblich belasten. Das Ziel dieser Arbeit war es, den Einfluss der Arbeitsbedingungen auf das Risiko der Entwicklung eines beruflichen Burnout-Syndroms bei Anästhesisten mit Schwerpunkt Intensivmedizin in Kriegszeiten im Vergleich zu Friedenszeiten zu ermitteln.

Methoden

115 Ärzte aus der Stadt Charkiw nahmen an einer anonymen Befragung teil, davon 73 im Jahr 2021 und 42 im Jahr 2023. Das Burnout-Risiko wurde mit dem Maslach Burnout Inventory – General Survey (MBI – GS) ermittelt, das die drei Dimensionen Emotionale Erschöpfung, Zynismus und Leistungsfähigkeit umfasst. Das Burnout-Risiko wurde in Anlehnung an Kalimo et al. (2003) berechnet.

Ergebnisse

Die Auswertung des psychisch-emotionalen Zustands der Anästhesisten ergab, dass im Jahr 2021 21,9 % der Ärzte einen hohen Wert für emotionale Erschöpfung aufwiesen, der im Jahr 2023 leicht auf 28,6 % anstieg. Eine hohe Ausprägung der Dimension Zynismus wurde im Jahr 2021 bei 39,7 % der Befragten festgestellt, wobei dieser Wert im Jahr 2023 ebenfalls zunahm (47,6 %). Auf der Skala Leistungsfähigkeit wurde im Jahr 2021 bei 49,3 % der Ärzte ein hohes Maß an Reduktion beobachtet, im Jahr 2023 waren es nur noch 16,7 % der Befragten. Zudem war der Unterschied zwischen den Kohorten 2021 und 2023 statistisch signifikant (p≤0,002). Nach der Berechnung nach Kalimo et al. (2003) konnte bei zwei Ärzten ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Burnout-Syndroms nachgewiesen werden (2021: 2,7 % und 2023: 4,8 %) (p≤0,060).

Schlussfolgerung / Diskussion

Im Vergleich zu Friedenszeiten wurde 2023 ein höheres Maß an Zynismus und emotionaler Erschöpfung festgestellt, was auf die zusätzlichen Belastungen der Ärzte während des Krieges hinweist. Trotz dieser negativen Auswirkungen bleibt die berufliche Leistungsfähigkeit stabil, was auf die außergewöhnliche Widerstandskraft der Ärzte hinweist. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer adäquaten psychologischen Unterstützung dieser Ärzte, um langfristige gesundheitliche Folgen zu vermeiden.
Frau Diana Stukalkina
Lehrstuhl für Hygiene und Ökologie, Nationale Medizinische Universität Charkiw, Charkiw
#Poster #Burnout-Syndrom #Stress #Anästhesisten #Militärkrise #MBI #berufliche Leistungsfähigkeit
8
Einführung: Die zurückliegende SARS-CoV-2-Pandemie hat sowohl das Rettungsdienstpersonal als auch die Leitstellendispatcher vor enorme zusätzliche Belastungen und Stresssituationen gestellt. Schon während der ersten Welle 2020 zeigte sich, dass die Frontline Worker des Rettungsdienstes mehr beansprucht und weniger erholt waren als die Kolleg:innen in den Leitstellen (Thielmann et al. 2024). Ziel ist es, Unterschiede in der Beanspruchung und Erholung zwischen Rettungsdienstpersonal und Leitstellendisponenten zu identifizieren, die während der zweiten Welle der Covid-19-Pandemie aufgetreten sind.
Methoden: Insgesamt nahmen 1.181 Personen an der Online-Befragung teil, davon 1.131 aus dem Rettungsdienst und 50 aus den Leitstellen. 84,5 % der Befragten der Gesamtstichprobe waren männlich. Das Personal der Leitstellen (40,8 ± 9,21 Jahre) war signifikant älter als das des Rettungsdienstes (34,2 ± 10,45 Jahre, p < 0,001). Die Kurzform des Erholungs-Beanspruchungs-Fragebogens (EBF-24/A, Testform S2) wurde als Online-Fragebogen erhoben (Kallus 1995). Die Berufsgruppenunterschiede wurden zunächst mittels des Mann-Whitney-Tests geprüft und im korrigierten Allgemeinen Linearen Modell (ALM) des Tests auf Zwischensubjektive unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht analysiert, um die Effekte zu identifizieren.
Ergebnisse: Die Geschlechterverteilung der beiden untersuchten Berufsgruppen unterschied sich tendenziell (p = 0,058). Rettungsdienstpersonal zeigte eine Beanspruchung im Durchschnitt von 2,88 ± 1,04 Punkte, während Leitstellendisponenten einen höheren Wert von 3,12 ± 0,93 erreichten (p = 0,098). Lediglich beim EBF-Merkmal „Übermüdung, Zeitdruck“ ergaben sich signifikante Unterschiede (Rettungsdienstpersonal 3,20 ± 1,35, Leitstellendisponenten 3,55 ± 1,18, p = 0,047). Die Erholung betrug für das Rettungsdienstpersonal 2,64 ± 0,89 und für die Leitstellendisponenten 2,50 ± 0,81 (p = 0,245). Zwei EBF-Merkmale zeigten signifikante Unterschiede. Bei der Erfolgs- und Leistungsbereitschaft erreichten die Rettungsdienstmitarbeiter 2,74 ± 1,09 Punkte, während die Leitstellendisponenten signifikant höhere Werte von 3,15 ± 1,04 aufwiesen (p = 0,005). Bei der körperlichen Erholung wurden höhere Werte beim Rettungsdienstpersonal (2,62 ± 1,11) im Vergleich zu 2,29 ± 1,00 bei den Leitstellendisponenten festgestellt (p = 0,037). Die ALM ergab, dass die Effekte von Geschlecht und Alter als gering einzustufen sind.
Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt, dass sowohl Rettungsdienstpersonal als auch Leitstellendisponenten während der zweiten Welle der SARS-CoV-2-Pandemie erheblich beansprucht waren. Es zeigte sich eine Zunahme der Beanspruchung und eine Abnahme der Erholung im Vergleich zur ersten Welle (Thielmann et al. 2024). Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit gezielter Maßnahmen gerade in Pandemiesituationen zur Unterstützung beider Berufsgruppen, um deren Erholungsphasen zu optimieren und langfristige Gesundheitsschäden zu vermeiden.
Schlüsselwörter: Erholung-Belastungs-Zustand (EBZ), Rettungsdienstpersonal, Leitstellendisponenten, SARS-CoV-2-Pandemie, EBF, Stressbewältigung

Literaturverzeichnis
Kallus, K. W. (1995): Erholungs-Belastungs-Fragebogen (EBF). Frankfurt a. M: Swets Test Service.
Thielmann, B.; Schumann, H.; Böckelmann, I. (2024): Beanspruchungs- und Erholungszustand von Rettungsdienstpersonal und Leitstellendispatchern zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie. Poster. DGAUM. München, 13.03.2024.
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
#Poster #Erhohlungs-Belastungs-Zustand (EBZ) #Rettungsdienstpersonal #Leitstellendisponenten #SARS-CoV-2-Pandemie #EBF #Stressbewältigung
9
Einführung: Resilienz ist die Fähigkeit, flexibel und erfolgreich auf Herausforderungen und Stressreaktionen zu reagieren. Rettungsdienstpersonal ist häufig extremen Belastungen ausgesetzt, die sowohl physische als auch psychische Herausforderungen darstellen. Diese Belastungen resultieren v. a. aus der Arbeit an vorderster Front in Notfallsituationen, in denen schnelle Entscheidungen und sofortiges Handeln erforderlich sind. Ziel dieser Studie ist es, die Resilienz in dieser Berufsgruppe zu erfassen und mit Burnout-Symptomen zu vergleichen bzw. zu korrelieren.
Methodik: Im Rahmen einer Online-Umfrage wurden 285 Datensätze von Rettungsdienstpersonal (inkl. Notärzte) untersucht (72,6 % männlich (n = 207), 26,7 % weiblich (n = 76), 0,7 % ohne Angabe (n = 2)). Das durchschnittliche Alter der Gesamtstichprobe lag bei 37,6 ± 10,4 Jahre. Die Befragung basiert auf einer quantitativen Methodik, bei der zwei etablierte Instrumente zur Messung von Resilienz und Burnout verwendet wurden: die Resilienzskala (RS-13) [1] und das Maslach Burnout Inventory (MBI) [2]. Das Rettungsdienstpersonal wurde entsprechend der Merkmalsausprägung für Resilienz in folgenden Gruppen eingeteilt: niedrig, moderat und hoch. Es erfolgte eine resilienzgruppendifferenzierte Betrachtung des Burnout-Risikos mit anschließender Korrelationsanalyse nach Spearman.
Ergebnisse: 67,7 % der Befragten waren Notfallsanitäter (n = 193), gefolgt von Rettungssanitätern mit 20,4 % (n = 58). Rettungsassistenten und Notärzte spielen mit 5,3 % (n = 15) bzw. 4,6 % (n = 13) eine untergeordnete Rolle. 2,1 % (n = 6) machten keine Angaben. Das Alter unterschied sich signifikant zwischen den Resilienzgruppen (pKruskal-Wallis < 0,001). Die Gruppe mit hoher Resilienz war signifikant älter (40,4 ± 10,5 Jahre vs. 34,4 ± 8,6 Jahre in der moderaten Gruppe (pBonferroni = 0,001) bzw. 36,5 ± 10,49 Jahre (pBonferroni = 0,012). 41,1 % (n = 117) der Gesamtstichprobe wiesen eine hohe Resilienz auf, 20,4 % (n = 58) eine moderate Resilienz und 38,6 % (n = 110) eine niedrige Resilienz. Bei der gruppendifferenzierten Betrachtung der MBI-Ergebnisse konnten hochsignifikante Unterschiede für die Dimensionen Emotionale Erschöpfung, Zynismus und Leistungsfähigkeit und die Bewertung nach Kalimo et al. [3] gefunden werden (pKruskal-Wallis < 0,001). Dabei traten diese Unterschiede jeweils zwischen den Gruppen mit hoher und moderater bzw. niedriger Resilienz auf. Zwischen dem Resilienzscore und den MBI-Dimensionen ergaben sich moderate Korrelationen: Emotionale Erschöpfung (ρ = -0,405), Zynismus (ρ = -0,306), Leistungsfähigkeit (ρ = 0,499) und MBI-Gesamtscore (ρ = -0,441).
Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt, dass ein großer Anteil der Rettungsdienstmitarbeiter (59 %) moderate oder niedrige Resilienz aufweisen, die einen signifikanten Einfluss auf ihre Burnout-Symptomatik haben können. Hohe Resilienz kann einen protektiven Effekt gegen Burnout haben. Trotz signifikanter Unterschiede zwischen den Resilienzgruppen wurden die Ergebnisse durch demographische und berufsbezogene Faktoren wie Alter und Berufserfahrung nicht beeinflusst. Insgesamt unterstreicht die Studie die Notwendigkeit, Resilienzförderprogramme im Rettungsdienst zu implementieren, um Burnout vorzubeugen und die psychische Gesundheit der Mitarbeiter zu stärken. Resilientes Arbeiten ist Merkmal einer Sicherheitskultur im Rettungsdienst.

References
1. Leppert K, Koch B, Brähler E, Strauß B. Die Resilienzskala (RS) – Überprüfung der Langform RS-25 und einer Kurzform RS-13. Klinische Diagnostik und Evaluation. 2008;1:226–43.
2. Maslach C, Jackson SE. The measurement of experienced burnout. In:. Journal of organizational behavior. 1981;2:99–113.
3. Kalimo R, Pahkin K, Mutanen P, Topipinen-Tanner S. Staying well or burning out at work: Work characteristics and personal resources as long-term predictors. Work & Stress. 2003;17:109–22. doi:10.1080/0267837031000149919.
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
#Poster #Burnout #Stressbewältigung #Psychische Gesundheit #Rettungsdienst #Sicherheitskultur #Resilienz
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Verhältnis- und Verhaltensprävention
Beiträge:
1
Einleitung
Vielen Berufstätigen fällt eine gesunde Ernährung am Arbeitsplatz schwer [1]. Umso größeres gesundheitsförderliches Potential liegt damit in der Kantinenverpflegung am Arbeitsplatz, zum einen im Hinblick auf die Produktivität am Arbeitsplatz, zum anderen als BGM-Maßnahme in der Primärprävention metabolischer Erkrankungen [2].
Die Anfang 2024 vorgestellten neuen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat den Anteil tierischer Produkte reduziert und den pflanzenbasierten Anteil gesteigert. Demgegenüber steht eine Pulsbefragung zu den Ernährungsempfehlungen, die zeigt, dass die Deutschen die größten Schwierigkeiten in der Reduktion des Konsums von Fleisch und Eiern gesehen werden [3].
Damit kommt einem gesunden, pflanzenbasierten und nachhaltigen Verpflegungsangebot auch in Klinikkantinen eine umso größere Bedeutung in der Verhältnisprävention am Arbeitsplatz zu.
„Healthy Hospital Food“ (HHF) der Physicians Association for Nutrition (PAN) erfüllt die Empfehlungen der DGE mit der Einführung einer pflanzenbasierten Menülinie.

Methoden
Nach Umstellung der Mitarbeiterkantine nach HHF-Kriterien von PAN sowie Maßnahmen, die die Wahl eines gesunden Menüs erleichtern und herbeiführen soll, und häufig als Nudging bezeichnet werden, findet eine Evaluation dieser Maßnahmen statt mittels Mitarbeiterbefragungen, Routinedaten aus dem Qualitätsmanagement sowie Zahlen der verkauften Mahlzeiten.

Ergebnisse
Die Ergebnisse sollen zeigen, ob und inwieweit das Angebot einer pflanzenbasierten Verpflegung durch die Mitarbeiter:innen angenommen wird und Healthy Hospital Food damit als Maßnahme der Verhältnisprävention eingesetzt werden kann. Darüber hinaus können die Ergebnisse Aufschluss darüber geben, welche Faktoren für die Mitarbeiter entscheidend sind in der Wahl ihres Menüs.

Diskussion
Es wird eine Annahme der pflanzenbasierten Menülinie durch die Mitarbeiter:innen hypothetisiert, was darüber hinaus zu einer Sensibilisierung für allgemeine gesundheitsförderliche Ernährung der Mitarbeitenden über die Arbeitswelt hinaus führen soll. Neben dem gesundheitsförderlichen Aspekt leistet die pflanzenbasierten Ernährung einen wichtigen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit. Durch die Einführung pflanzenbasierter Ernährung können insbesondere Kliniken zu Leuchttürmen einer gesellschaftlichen Ernährungstransformation werden, über die Mitarbeiterverpflegung hinaus.

Literatur:
[1] Dtsch Aerztebl. (2013): Ernährungsstudie: In der Mittagspause gibt’s selten Gesundes, 110(17): [71] (abgerufen am 06.10.2024)
[2] Rachmah et al. (2021): The effectiveness of nutrition and health intervention in workplace setting: A systematic review, J Public Health Res., 11(1): 2312.
[3] Pulsbefragung zu Ernährungs-Empfehlungen der DGE (ifbg.eu)
Frau Dr. Sarah Krieg
Universitätsklinikum Ulm, Ulm
#Poster #Ernährung #BGM #Prävention
2
Das Bewegen von Krankenhausbetten gehört zu den täglichen Aufgaben des Pflegepersonals und stellt aufgrund der langen Wege und des hohen Gewichts eine erhebliche Belastung für das Muskel-Skelett-System dar. Um diese Belastung zu reduzieren, wurden motorisierte Bed Mover entwickelt, die das Pflegepersonal beim Bewegen der Betten unterstützen. Trotz der nachgewiesenen körperlichen Entlastung werden Bed Mover kaum eingesetzt, was auf eine unzureichende Usability zurückzuführen sein könnte. Daher wird in dieser Studie die Usability von fünf Bed Movern in einem Krankenhaus untersucht.

Elf Pflegekräfte testeten fünf Bed Mover mit unterschiedlicher Steuerungsart: drei per Joystick, von denen zwei eine Stehplattform für die Pflegekraft hatten, und zwei mit Deichsel zum Ziehen. Die Pflegekräfte absolvierten drei Nutzungsszenarien: das An- und Abkoppeln des Movers und das Fahren eines Parcours mit Kurven, Rampen und einem 100 Meter langen Flur. Die Zeit für die Durchführung sowie die subjektive physische Belastung (Borg-Skala) und Nutzerzufriedenheit (SEQ und standardisierter Fragebogen) wurden erfasst. Zusätzlich bewerteten zwei Versuchsleiter Usability-Schwachstellen anhand einer dreistufigen Skala.

Die Teilnehmer benötigten im Mittel 01:46 (min:ss) zum Ankoppeln der Bed Mover, 06:55 für die Absolvierung des Testparcours und 01:06 Minuten zum Abkoppeln. Die Bed Mover mit Plattform erzielten sowohl beim Ankoppeln als auch bei der Absolvierung des Parcours die höchsten Zeiten, die sich signifikant (p > .05) von den anderen Bed Movern unterschieden. Die Werte der Borg-Skala variierten zwischen 0,6 und 1,6. Dies entspricht einer leichten bis sehr leichten subjektiven physischen Beanspruchung. Obwohl die Versuchsteilnehmer die Durchführung der Nutzungsszenarien im Mittel als leicht (5) bis sehr leicht (6) bewerteten (SEQ), variierte die insgesamte Nutzerzufriedenheit zwischen 50 und 69 von 100 möglichen Punkten. Die meisten Usability-Schwachstellen wurden beim Ankoppeln des Bed Movers am Bett und beim Wenden auf engem Raum festgestellt.

Der Einsatz von Bed Movern kann die physische Belastung des Pflegepersonals deutlich reduzieren. Allerdings erfordert das Holen und Koppeln des Bed Movers im Vergleich zum manuellen Schieben zusätzliche zeitliche Ressourcen. Außerdem wird die Manövrierbarkeit des Betts durch den Mover eingeschränkt. Deshalb sind Bed Mover derzeit nur für Krankenhäuser geeignet, in denen weite Strecken mit wenigen Kurven zurückgelegt werden müssen.
Herr Niels Hinricher
FH Münster Zentrum für Ergonomie und Medizintechnik, Münster
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Berlin
#Poster
3

Einleitung

Angesichts hoher physischer Belastungen sind Seeleute darauf angewiesen, körperlich leistungsfähig zu sein [1]. Dennoch sind die Umstände an Bord oftmals gesundheitsadvers. Erschöpfung und fehlende Motivation infolge von anstrengender Arbeit sind Ursachen für mangelnde sportliche Aktivität [2]. Die Ermittlung der spezifischen Bedarfe und die Entwicklung passgenauer (digitaler) Gesundheitsmaßnahmen können nutzbringende Faktoren sein.

Methoden

In einem Survey Anfang 2022 wurden alle Besatzungen einer Hamburger Reederei zu ihren Gesundheitsbedarfen befragt. Thematisiert wurden u.a. die körperliche Aktivität und das Sportverhalten. Hierzu wurden sowohl standardisierte als auch für das maritime Setting maßgeschneiderte Fragebögen eingesetzt.

Ergebnisse

An der Umfrage beteiligten sich 583 von 616 Seeleuten (94,6%). Die Mehrheit der Besatzung war männlich (92,8%, n=541), 3,8% (n=22) weiblich und 3,4% (n=20) spezifizierten ihr Geschlecht nicht. Der Body-Mass-Index (BMI) lag im Mittel bei 25,9, wobei signifikante Unterschiede (p=0,007) zwischen Offizieren (n=x; 39%) und Mannschaftsgrade (n=y; 61%) festgestellt wurden: 64,6% der Offiziere und 51,2% der Mannschaftsgrade wiesen einen BMI >25 auf.
Die Auswertung des Global Physical Activity Questionnaire (GPAQ) zeigte, dass Offiziere signifikant weniger körperlich aktiv waren als Mannschaftsgrade (MET(Metabolisches Äquivalent)-Minuten/Woche 6.240 vs. 11.620; p=0,001). Diese signifikanten Unterschiede waren ausschließlich arbeitsbedingten Tätigkeiten zuzuordnen. Bei dem Energieverbrauch während der Freizeit gab es signifikante Unterschiede zwischen den Altersgruppen „<40 Jahre“ und „≥40 Jahre“ (MET-Minuten/Woche 2.066 vs. 1.346; p=0,022). Es wurden keine Assoziationen zwischen dem Ausmaß der körperlichen Aktivität und den Faktoren Geschlecht, Herkunft, Wachdiensttätigkeit und Raucherstatus festgestellt.
Seeleute waren vor allem an Ernährung, Entspannung und Sport interessiert. Signifikant (p=0,001) mehr Mannschaftsgrade (90,7%) interessierten sich für sportliche Wettbewerbe als Offiziere (82,5%). 70,2% der Befragten äußerten Interesse an Trainingsinstruktionen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Aufgrund der Ergebnisse zur Bedarfsermittlung wurden digitale Gesundheitsförderungsmaßnahmen entwickelt, wie z.B. spezielle Fitnessvideos für Seeleute, die begrenzte Platz- und Ausstattungsbedingungen an Bord berücksichtigen. Zusätzlich wurden weitere Forschungsansätze identifiziert, um die Gesundheitsförderung der Seeleute in der maritimen Umgebung digital zu verbessern.
Frau Chiara Reck
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Gesundheitsförderung #Seeleute #Bewegungsverhalten #Körperliche Aktivität #Maritime Medizin
4

Einleitung

Im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung erfordert die steigende Adipositasprävalenz die Entwicklung innovativer Präventionsangebote, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Wir haben die Low-Insulin-Methode (LIM) entwickelt, die durch Vermeidung insulinogener Lebensmittel die Insulinsekretion senkt und die Lipolyse anregt. Die LIM-App wurde in einer 12-wöchigen randomisiert-kontrollierten Studie verwendet, um zu testen, ob zusätzliche Ernährungsberatung die Gewichtsreduktion steigern kann.

Methoden

Übergewichtige bzw. adipöse Mitarbeitende eines Krankenhausverbunds nahmen an der Studie teil und wurden im Verhältnis 2:1 in eine Kontroll- (KON; n=42) und eine Interventionsgruppe (INT; n=23) randomisiert. Allen wurde die LIM-App zur Verfügung gestellt, die in 36 Schulungsvideos eine Lebensstilintervention mit Ernährungsumstellung (optional: Formuladiät) vermittelt. Bei Studienbeginn und -ende wurden die Körperkomposition sowie Laborwerte bestimmt. Die Interventionsgruppe erhielt zusätzlich 4 individuelle Coachings. Primärer Endpunkt war die Estimated treatment difference (ETD) der Gewichtsänderung nach 12 Wochen zwischen den Gruppen. Intention-to-treat-Analysen wurden durchgeführt. Unterschiede innerhalb der Gruppen wurden mittels Wilcoxon Signed Rank Test und zwischen den Gruppen mittels Mann-Whitney Test analysiert.

Ergebnisse

88% der Teilnehmenden vollendeten das 12-wöchige Programm. Die Gewichtsreduktion betrug 7,3 ± 5,0 kg (INT) vs. 6,0 ± 4,2 kg (KON; je p<0,0001) mit einer ETD von -1,3 ± 1,2 kg (p>0,5). Gleichzeitig kam es zu signifikanten Reduktionen von Body Mass Index, Taillen- und Hüftumfang, Fettmasse und Glukose in beiden Gruppen, jedoch ohne signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Reduktion der Insulinspiegel korrelierte mit dem Gewichtsverlust (p=0,0008). Die nach Formuladiät stratifizierte Analyse zeigt, dass eine reine Ernährungsumstellung mit begleitendem Coaching erfolgreicher ist (INT -8,4 vs. KON -4,8 kg). Bei Verwendung von Formuladiät, bringt das Coaching keinen Mehrwert (INT -6,7 vs. KON -6,8 kg). In der 4-monatigen Nachbeobachtungsphase nahm die Interventionsgruppe weiter ab, die Kontrollgruppe wieder zu (-8,4 vs. -5,1 kg).

Schlussfolgerung / Diskussion

Eine intensive Begleitung mittels LIM-App führt zu einer signifikanten Reduktion von Gewicht und weiteren Risikofaktoren. Bei Verwendung von Formuladiäten bringen kostenintensive individuelle Coachings keinen Zusatznutzen. Digitale Angebote sind sinnvolle Ergänzungen der betrieblichen Gesundheitsförderung.
Frau Maria Lipinski
Westdeutsches Diabetes- und Gesundheitszentrum, Verbund Katholischer Kliniken Düsseldorf, Düsseldorf
#Poster #Übergewicht #Gewichtsreduktion #App #Betriebliches Gesundheitsmanagement
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Arbeitsschutz
Beiträge:
1

Einleitung

Auszubildende in der Pflege sind mit einer Vielzahl von Belastungen und Herausforderungen konfrontiert. Pflegende Berufe sind sowohl körperlich als auch psychisch sehr anspruchsvoll und die Ausbildung von einem hohen Lernpensum geprägt. Vor dem Hintergrund des Pflegenotstandes hat der Erhalt und die Förderung der Gesundheit dieser Berufsgruppe eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Arbeitsschutzkompetenz ist für Auszubildende in der Pflege daher besonders wichtig und sollte bereits früh in der Ausbildung vermittelt werden.

Methoden

Auszubildende in der generalisierten Pflegeausbildung in Norddeutschland wurden 2022 in der Mitte ihrer Ausbildung mittels Paper-Pencil-Fragebogen befragt. Es wurden unter anderem demographische Daten, Informationen zur Arbeitsschutzkompetenz und Gesundheitskompetenz (HLS-EU-Q16) sowie der Gesundheitszustand erhoben.

Ergebnisse

Es lagen 138 Datensätze zur Auswertung vor. Das mittlere Alter lag bei 25 (SD=9,63) und 79% der Stichprobe war weiblich. 82% der Stichprobe bewerteten ihren Gesundheitszustand mindestens als gut. Bei 62% lag eine ausreichende Gesundheitskompetenz vor. Das Thema Arbeitsschutz wird von 86% der Teilnehmenden als relevant eingeschätzt. Im Schnitt hatten die Auszubildenden in 11 der 14 abgefragten arbeitsschutzrelevanten Themengebiete Wissen erworben. Insbesondere die Bereiche Hygiene und Infektionsschutz wurden bei allen Befragten thematisiert, auch erste Hilfe, Hautschutz, Muskel-Skelett-Erkrankungen sowie Gefahrstoffe waren bei über 90% Teil der Ausbildung. Allerdings geben 67% Gründe an, die sie daran hindern, das Wissen im Arbeitsalltag anzuwenden, hauptsächlich nannten die Auszubildenden hier Zeitmangel (57%) und fehlende Materialien (30%). Besonders herausfordernd erscheint die Umsetzbarkeit der Arbeitsschutzmaßnahmen in Bezug auf psychische Erkrankungen, die laut 42% der Befragten im Arbeitsalltag überwiegend nicht möglich ist.

Schlussfolgerung / Diskussion

Informationen zum Arbeitsschutz sind ein fester Teil im ersten Jahr der Ausbildung von Pflegenden. Die Informationsvermittlung findet sowohl in den Berufsschulen als auch in den Betrieben statt. Nicht zu allen Themen des Arbeitsschutzes hatten die befragten Auszubildenden ausreichend Informationen erhalten, allerdings könnten diese im weiteren Verlauf der Ausbildung noch aufgegriffen werden. Die mangelnde Umsetzbarkeit der Arbeitsschutzmaßnahmen in den Betrieben ist kritisch hervorzuheben und sollte mehr Aufmerksamkeit erhalten, um Arbeitsunfälle oder berufsbedingte Erkrankungen vorzubeugen.
Frau Ramona Otto
Competenzzentrum Epidemiologie und Versorgungsforschung bei Pflegeberufen (CVcare), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Arbeitsschutzkompetenz #Auszubildende #Pflegende
2

Einleitung

Nadelstichverletzungen (NSV) stellen eine Gesundheitsgefahr für medizinisches Personal dar. Trotz technischer Schutzmaßnahmen und Unterweisungen kommen diese weiterhin häufig im medizinischen Setting vor.

Methoden

Im Rahmen einer retrospektiven Analyse wurden Ursache und Risikofaktoren von gemeldeten NSV in einem akademischen Lehrkrankenhaus in Bayern ausgewertet. Insgesamt 2234 NSV wurden über einem Zeitraum von 10 Jahren analysiert.

Ergebnisse

Vor allem in der ersten Hälfte der Frühschicht (33,9%) traten die meisten NSV auf. In der zweiten Hälfte der Nachtschicht (6,6%) sind mehr NSV als in der ersten Hälfte (5,4%) gemeldet worden. Insbesondere junge Mitarbeitende (<30 Jahre) und Personal, dass zeitlich begrenzt arbeitet, z.B. Praktikanten, waren überproportional betroffen. Hohlnadeln waren am häufigsten beteiligt (32,9%); individuelle Fehler im Umgang mit medizinischem Equipment als häufigste Ursache genannt (38,9%).

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Zeitlichkeit der NSV deutet auf Müdigkeit als Risikofaktor hin. Darüber hinaus sind vor allem nur temporär Beschäftigte proportional häufiger von NSV betroffen. Hier müssen gezielt Maßnahmen eingeleitet werden.
Frau Prof. Dr. Andrea Kaifie-Pechmann
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, FAU Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag
3

Einleitung

Ringelröteln werden durch eine Infektion mit dem Parvovirus B19 ausgelöst. Insbesondere durch engen Kontakt kann es in Gemeinschaftseinrichtungen zur Verbreitung durch Tröpfcheninfektion kommen. Die Erkrankung kann bei infizierten schwangeren Frauen ein erhöhtes Risiko für fetale Komplikationen, u.a. Fehlgeburt und fetaler Anämie, zur Folge haben. Nach IfSG besteht nur im Falle des Auftretens von mindestens zwei Ringelröteln-Erkrankungen eine Benachrichtigungspflicht des Gesundheitsamts. Eine Meldepflicht für isolierte Fälle von Ringelröteln sieht das IfSG nicht vor, sodass ein vollständiger Überblick über das Infektionsgeschehen fehlt. Ziel war es mittels Online-Befragungen Rückschlüsse über das regionale Ausbruchsgeschehen zu erlangen und diese mit den Erfahrungen aus den parallel erstellten Gefährdungsbeurteilungen nach Mutterschutzgesetz zu vergleichen.

Methoden

Es wurden Dienststellenleitungen von N = 1041 Grund- und Förderschulen per E-Mail um die Teilnahme an den Online-Befragungen gebeten. Zwischen dem 04.07. bis 27.09.2024 wurde drei Online Befragungen durchgeführt. Die Dienststellenleitung wurden befragt, ob im jeweiligen Zeitraum ein oder mehrere Fälle von Ringelröteln an ihrer Schule aufgetreten seien. Wenn ja, wurde nach der Anzahl der Fälle bei SchülerInnen (SuS) und Personal gefragt. In dem Beitrag werden die Ergebnisse der Befragungen sowie der parallel erhobenen Daten aus den Gefährdungsbeurteilungen nach Mutterschutzgesetz dargestellt.

Ergebnisse

An der ersten Befragung nahmen 44,4% der Dienststellenleitungen (n=462) teil. 37% dieser Leitungen gaben an, dass es an ihrer Schule Fälle von Ringelröteln gab. Betroffen waren im Median zwei Schülerinnen und Schüler sowie eine Person aus dem Personal. Zwölf Leitungen meldeten Fälle sowohl bei Schülerinnen und Schülern als auch beim Personal. In den folgenden Befragungsrunden (n=444 bzw. n=488) blieb der Anteil der Teilnehmer ähnlich. Die Anzahl der Schulen, die mindestens einen Ringelrötelnfall angab, sank deutlich auf 2,3% in der zweiten und 2,5% dritten Befragungsrunde.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Befragungen lieferten insbesondere durch die mehrzeitige Erhebung wichtige Informationen über das Abklingen der Infektionswelle. Nach Auswertung wurden die Daten als Entscheidungshilfe für den weiteren Umgang mit dem Infektionsgeschehen genutzt. Die Belastbarkeit der durch medizinische Laien gemachten Angaben muss dennoch zumindest diskutiert werden. Weitere Erhebungen auch zu anderen Infektionserkrankungen sind auch in Zukunft denkbar.
Herr Nico Schmitz
Institut für Lehrergesundheit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
#Poster #Mutterschutz #Ringelröteln
4

Ziel der Studie: Schwangere, die in Einrichtungen der vorschulischen Kinderbetreuung tätig sein wollen, sind durch verschiedenste Infektionserkrankungen gefährdet. Sie erhalten häufig Beschäftigungsverbote aufgrund eines unvollständigen Impf- bzw. Immunschutzes. Das 2020 in Kraft getretene Masernschutzgesetz verpflichtet nach 1971 geborene Beschäftigte in der Kinderbetreuung zu einem Nachweis der zweimaligen Impfung gegen Masern. Die Übergangsfrist für bereits in den Einrichtung Beschäftigte endete zum 1.1.2021. Es erfolgte eine retrospektive Evaluation von Immunitätslücken von Schwangeren in vorschulischen Betreuungseinrichtungen nach Einführung des Masernschutzgesetzes.

Methodik: Durch eine Datenbank-Abfrage der Jahre 2023 und 2024 der B·A·D-Gesundheitszentren in Mittelfranken wurden bis dato 150 arbeitsmedizinische Beratungen anhand des Mutterschutzgesetzes im Bereich der vorschulischen Kinderbetreuung erfasst. Nach Ausschluss von Beratungen mit fehlendem Impfpass (n=2) wurde von 148 Schwangeren der Impfstatus bezüglich Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Pertussis, Hepatitis A+B und FSME analysiert. Die Beurteilung erfolgte primär anhand des Impfpasses. Zudem wurde der Antikörper-Immunstatus hinsichtlich Varizella-Zoster-Virus (VZV), Parvo-B19- und Cytomegalievirus (CMV) untersucht. Immunitätslücken wurden sowohl bei fehlendem als auch bei begonnenem bzw. unvollständigem Impfschutz angenommen.

Ergebnisse: Die Kohorte der 148 Beschäftigten wiesen eine Immunitätslücke von 4,1% für Masern, 5,4% für Mumps, 2,7% für Röteln, 2% für Windpocken (anamnestisch), 29,1% für Pertussis, 43,2% für Hepatitis A, 23,1% für Hepatitis B und 66% für FSME auf. Negative VZV-, Parvo-B19, CMV- und Hepatitis A-Virus Antikörper lagen jeweils bei 2,7%, 20,3%, 57,8% und 19,6% der Schwangeren vor.
Schlussfolgerung: Es bestehen teils erhebliche Immunitätslücken in der Schwangerenkohorte in der Kinderbetreuung in Mittelfranken bezüglich der untersuchten Infektionskrankheiten. Es wird deutlich, dass im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgen weiter großer Beratungs- und Handlungsbedarf hinsichtlich der Infektionsprävention durch Impfungen besteht.
Herr PD Dr. Rüdiger Stephan Görtz MHBA
B·A·D Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH, Nopitschstraße 20, Nürnberg
#Poster #Immunität #Impfung #MuSchG #Schwangerschaft #Kinderbetreuung
5

Einleitung

Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Schutz für schwangere Frauen und das ungeborene Leben führt das Corporate Health Management der BASF SE seit fast 30 Jahren ein zusätzliches Schwangerenvorsorgeprogramm durch. Der vorliegende Beitrag zielt darauf ab, die Teilnahme an dem Programm sowie Arbeitsplatzbeurteilungen und -umsetzungen im Zeitverlauf genauer zu untersuchen.

Methoden

Datengrundlage bilden Schwangerschaften von 1996 bis 2019 am Hauptstandort des Unternehmens in Ludwigshafen am Rhein. Nach Meldung einer Schwangerschaft wird jede Schwangere zur Teilnahme am Schwangerenvorsorgeprogramm eingeladen. Die Teilnahme ist freiwillig und besteht aus drei schriftlichen Fragebögen, die zu Beginn und Ende der Schwangerschaft sowie ein Jahr nach der Entbindung von den Schwangeren ausgefüllt werden. In den Fragebögen werden u.a. Informationen über den Arbeitsplatz, Belastungen während sowie Verlauf der Schwangerschaft erfragt. Arbeitsplatzbeurteilungen und Umsetzungen in verschiedenen Arbeitsbereichen werden von der arbeitsmedizinischen Abteilung erfasst und evaluiert.

Ergebnisse

Von 1996 bis 2019 wurden insgesamt 5.872 Schwangerschaften gemeldet, wobei bei 77% der Schwangerschaften (n=4.522) die ersten beiden Fragebögen beantwortet wurden. Dabei war die Teilnahmequote in den letzten Jahren tendenziell rückläufig. Die Fragebogenteilnehmerinnen waren zu Beginn der Schwangerschaft durchschnittlich 32 Jahre alt und arbeiteten in 39% in technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen (Labor/Produktion/Technik; n = 1,759). Bei 85% der Schwangerschaften aus den Bereichen Technik/Produktion/Labor wurde eine Arbeitsplatzbeurteilung durchgeführt, wobei in der Produktion für 93% der gemeldeten Schwangerschaften eine Beurteilung stattfand. Knapp ein Drittel (31%) der Schwangeren aus Technik/Produktion/Labor konnten nach Bekanntwerden der Schwangerschaft ihre Tätigkeit ohne eine Arbeitsplatzumsetzung weiterhin ausüben, wobei der Anteil über die Jahre tendenziell zurück ging.

Schlussfolgerung / Diskussion

Insgesamt wird das freiwillige Schwangerenvorsorgeprogramm mit einer Beteiligung von 77% der Schwangeren sehr gut angenommen. Die Beurteilung der Arbeitsplätze hinsichtlich der Sicherheit für Schwangere und das ungeborene Kind ermöglicht, dass kein generelles Beschäftigungsverbot in den technischen und naturwissenschaftlichen Berufen bei Bekanntwerden der Schwangerschaft verhängt werden muss.
Frau Bärbel Holzwarth
Corporate Health Management, BASF SE, Ludwigshafen am Rhein
#Poster #Schwangerschaft #Arbeitsmedizin #Arbeitsschutz #chemische Industrie #Arbeitsplatz
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Umweltmedizin
Beiträge:
1
Hintergrund: Hitzeperioden haben in Dauer und Intensität in den vergangenen Jahren zugenommen und stellen den pflegerischen Dienst vor Herausforderungen wie erhöhten Patient:innenzustrom und zusätzliche Belastung des Personals. In europäischen Krankenhäusern werden Hitzeaktionspläne bereits erfolgreich umgesetzt, um die Versorgung sicherzustellen und das Personal zu entlasten, während eine Vorstudie in Deutschland eine unzureichende Vorbereitung auf Hitzeperioden aufzeigte.
Methode:
In Zusammenarbeit mit dem Unfallkrankenhaus Berlin wurde ein transdisziplinärer Szenario-Workshop durchgeführt. Durch den Einsatz verschiedener Hitzeszenarien und unter Anwendung verschiedener Methoden der Zukunftsforschung wurden mögliche Herausforderungen sowie Maßnahmen und Strategien entwickelt.
Ergebnisse: Der Workshop verdeutlichte die komplexen Herausforderungen für das Klinikpersonal, um das Krankenhaus auf künftige Hitzewellen vorzubereiten (z.B. Motivation der Mitarbeitenden, Wissensdefizite bei Patient:innen, Gesundheitsschutz des Personals). Eine zentrale Erkenntnis war der Bedarf an mehr Rückhalt auf allen Organisationsebenen, insbesondere der mittleren Führungsebene, die als Schlüssel zur Umsetzung von Maßnahmen gilt. Die interne Kommunikation wurde als entscheidender Faktor identifiziert, um das organisationale Bewusstsein für Hitzeschutzmaßnahmen zu schärfen und die Mitarbeitenden zu sensibilisieren. Die Implementierung eines Hitzeaktionsplans wurde als ressourcenintensiv beschrieben und die Notwendigkeit zusätzlicher finanzieller und personeller Ressourcen betont. Operative Maßnahmen wie berufsgruppenspezifische Schulungen und eine Mitarbeitenden-App wurden als Mittel zur besseren Umsetzung identifiziert. Die psychische Belastung für Mitarbeitende bei extremen Hitzewellen rückte in den Fokus, ebenso wie die Bedeutung eines Krisenmanagement-Teams.
Diskussion: Der Workshop verdeutlichte, dass die Vorbereitung des Klinikums auf extreme Hitze ein Umdenken sowie interne Umstrukturierungen erfordert, die weitreichende personelle, finanzielle und kommunikative Anstrengungen nötig machen. In einem nächsten Schritt müssen weitere konkrete operative Maßnahmen erarbeitet werden, die im Hitzeaktionsplan festgehalten werden. Dabei muss die Belastung des pflegerischen Personals stärker berücksichtigt werden. Hitzeszenarien werden als nützlich für die Ableitung weiterer Maßnahmen betrachtet. Insgesamt besteht ein deutlicher Handlungsbedarf, um das Klinikpersonal besser auf Hitzeperioden vorzubereiten und den Gesundheitsschutz sicherzustellen.
Frau Maria Zink
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Dresden
#Poster #Klimakrise #Hitze #Pflege #Krankenhaus #Arbeitsorganisation #Krisenmanagement
2
Hintergrund
Zu kommunizieren, welche Bedeutung die Umweltmedizin für Einzelpersonen und die Gesellschaft hat, trägt entscheidend dazu bei, das Interesse an diesem präventiven Fach im Netzwerk der Gesamtmedizin zu fördern. Unser Ziel war es, anhand einer Fallstudie* einer bekannten Persönlichkeit Prinzipien und Grundelemente (u.a. Human-Biomonitoring, Referenzwerte und HBM-Werte am Beispiel Blei) der Umweltmedizin anschaulich zu vermitteln.

METHODEN
Wir bewerten Beethovens Gesundheitsrisiken durch seine Bleiexpositionen im 18./19. Jahrhundert auf der Grundlage von klinischen Symptomen, neuesten Haar-Analysen** und Beurteilungswerten der HBM-Kommission des Umweltbundesamtes (UBA).

ERGEBNISSE
Zu den bei Beethoven beschriebenen Symptomen zählen neben der bekannten Schwerhörigkeit und Tinnitus u.a. Magen-Darmbeschwerden. Im Jahr 2024 wurden zwei genetisch authentifizierte Haarlocken analysiert**: Auf Bleiwerte im Blut umgerechnet enthielt die Bermann-Locke 690 μg/L und die Halm-Thayer-Locke 710 μg/L. Gemäß der Kommission Human-Biomonitoring des UBA: Referenzwert für Blei in Deutschland 90 μg/L für Männer (2003); die seit 2009 ausgesetzten HBM-Werte für Blei waren: HBM-I-Wert 150 μg/L & HBM-II-Wert 250 μg/L für Männer (1996).

DISKUSSION & SCHLUSSFOLGERUNG
Die Rekonstruktion von Beethovens Bleiexpositionen ist eine „haarige“ Detektivgeschichte. Bis vor kurzer Zeit wurden Haaranalysen einer Frau irrtümlich Beethoven zugeordnet. Zur Einordnung der 2024er-Analyseergebnisse** für Beethoven werden u.a. die Hintergrundexpositionen gegenüber Blei zu seiner Zeit und heute diskutiert. Fallbeschreibungen zu Bleivergiftungen aus jüngerer Zeit werden berücksichtigt und Möglichkeiten und Grenzen des Human-Biomonitoring aufgezeigt.
In der Gesamtschau kann diese Fallstudie einer bekannten Persönlichkeit zur Kommunikation von Prinzipien der Umweltmedizin beitragen.

REFERENZEN
* Erren T, Pinger A, Lewis P. Principles of environmental medicine: The case study of lead poisoning in Beethoven. Im Review-Verfahren (2024).
** Rifai N, Meredith W, Brown K, et al. High Lead Levels in 2 Independent and Authenticated Locks of Beethoven’s Hair. Clin Chem 2024
Herr Dr. Andreas Pinger
Universitätsklinikum Köln, Köln
#Poster #Blei #Umweltmedizin #Kommunikation #Prinzpien #Beethoven
3

Einleitung

In Schulen ist dem Raumklima besondere Beachtung zu schenken, da es großen Einfluss auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Lehrkräften und Schüler:innen hat.
Entscheidende Voraussetzung für ein gutes Klima ist eine Belüftung über Fenster oder Lüftungsanlagen, wodurch Stoff-, Feuchte- und Wärmelasten aus Räumen entfernt werden sollen.
Aufgabe der Schulen ist es, Lüftungspläne zu erstellen und umzusetzen. Erfahrungen des Instituts für Lehrergesundheit (IfL) weisen auf eine heterogene Umsetzung an staatlichen Schulen in Rheinland-Pfalz (RLP) hin. Weiterhin ist das Lüftungsverhalten stark nutzerabhängig und die Lüftungseffizienz jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen.
Aufgrund dessen und mit dem Ziel die Compliance aus der Corona-Pandemie zu diesem Thema an Schulen zu erhalten und zu fördern, hat das IfL eine Feldstudie zum Langzeitmonitoring lüftungsabhängiger Klimaparameter initiiert.

Methoden

Die Studie startete 2022 und wird 10 Jahre an 8 Grundschulen in RLP durchgeführt. Je Schule wurden 2 Klassenräume ausgewählt, die den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung entsprechen. Die Parameter (CO2-Konzentration, Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit) werden mit IAQ-Messgeräten (Indoor Air Quality) des Modells Vocoo+ der Firma ELK minütlich erfasst und die Messwerte online gesichert.
Die Auswertung erfolgt halbjährlich. Auch Daten von Wetterstationen zur Kontrolle der Außentemperatur werden berücksichtigt.

Ergebnisse

Erste Ergebnisse aus dem Schuljahr 2022/23 zeigten große Unterschiede in der Luftqualität der untersuchten Schulen. So wurde z. B. in Schule A der CO2-Hygienewert von 1000 ppm in 92,9 % der Unterrichtsstunden eingehalten. In Schule B wurde dieser in 76,6 % der Zeit überschritten. Während in Schule A die Durchschnitts-CO2-Konzentration bei 867 ppm lag, war sie in Schule B deutlich höher mit 1319 ppm. Auch die Raumtemperaturen wiesen deutliche Unterschiede auf: In Schule B lag sie im Schnitt 3,6 °C höher als in Schule A.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Studie verdeutlicht, dass die Einhaltung der Lüftungsrichtlinien möglich ist, jedoch stark vom Lüftungsverhalten abhängt. Bei mangelnder Lüftung können hygienisch bedenkliche CO2-Konzentrationen erreicht werden. Um die Situation zu verbessern, wird vorgeschlagen, Schulen weiterhin über die Bedeutung des Lüftens aufzuklären und technische Maßnahmen wie CO2-Ampeln einzusetzen. Die Studie wird fortgesetzt, um langfristige Empfehlungen zu entwickeln und an veränderte klimatische Bedingungen anzupassen.
Herr Matti Schulz
Institut für Lehrergesundheit Mainz, Mainz
#Poster #Innenraumluftqualität #Raumklimastudie #Lüftungskonzept #Lehrkräfte #Schulen
4
Background: Climate change is increasing the frequency and intensity of floods, droughts, and heatwaves, posing significant health risks, especially for children [1, 2]. While physical health impacts have been well studied, the mental health consequences of these extreme weather events on children specifically, are under-researched. Recent years have seen a rise in studies on the mental health effects of extreme weather events on children, yet existing evidence syntheses are outdated or limited by geography, methodology, scope or mental health outcomes [3–10]. No meta-analysis to date has systematically assessed the global impact of multiple extreme weather events on child mental health.
Research Question: This study aims to address how exposure to floods, droughts, and heatwaves, compared to unexposed populations or the same population pre-event, affects mental health outcomes in children under 18 years of age.
Contribution: This is the first global systematic review and meta-analysis to assess the mental health impacts of multiple extreme weather events on children. It goes beyond regional studies and isolated outcomes by providing a comprehensive evaluation of the existing evidence. By analyzing each exposure-outcome pair individually, this study offers a more nuanced understanding of the impacts of extreme weather events on child mental health.
Methods [1]:
Systematic review: A systematic review will be conducted following PRISMA guidelines, and the protocol will be registered in the PROSPERO database [11]. WebOfScience, Embase, PsychINFO, and PubMed will be searched for relevant articles. Two independent investigators will screen studies for inclusion, with discrepancies resolved by a third reviewer. The methodological quality of studies will be evaluated using the Newcastle-Ottawa Scale, and the OHAT framework will be employed to assess the certainty of evidence [12, 13].
Meta-Analysis: Separate meta-analyses will be conducted for each exposure-outcome pair using a random-effects model, provided at least two studies are available per pair. Subgroup analyses by region and sensitivity analyses will explore heterogeneity and assess the robustness of results.

[1] Please note that the methods section might be subjected to substantial revisions based on the specific studies identified and their respective study designs.
Frau Friederike Suhr
Institut für Arbeits-, Sozial- und UmweltmedizinUniversitätsmedizin Mainz, Mainz
#Poster #Nachwuchssymposium
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Arbeiten mit Krankheiten
Beiträge:
1
​​​​​​
Zielsetzung: Nach überstandener Covid19-Erkrankung klagen die Patient*innen oftmals über eine eingeschränkte körperliche wie kognitive Leistungsfähigkeit. Wir untersuchten, inwieweit sich dabei Einschränkungen in einer standardisierten psychometrischen Untersuchung nachweisen lassen.
Methoden: Im Rahmen der baden-württembergischen multizentrischen EPILOC-Studie wurde das Freiburger Patientenkollektiv mithilfe einer computergestützten Testbatterie kognitiven Leistungs- und Aufmerksamkeitstests unterzogen. Das verwendete System (Corporal Plus, Vistec AG) wird vor allem in der Fahrtauglichkeitsbeurteilung bisher eingesetzt. Hierbei mussten vier verschiedene Tests absolviert werden, die folgende Bereiche abdeckten: Alertness, selektive Aufmerksamkeit, verteilte Aufmerksamkeit sowie Daueraufmerksamkeit. Die Ergebnisse wurden mit Ergebnissen von Befragungen und papiergebundenen Tests verglichen.
Das Kollektiv umfasste Erwachsene Patient*innen mit Post-Covid-Syndrom sowie Teilnehmer*innen mit überstandener Infektion ohne subjektiv empfundene relevante Einschränkungen. Die SARS-CoV2-Infektion hatte zwischen Oktober 2020 bis Ende März 2021 stattgefunden.
Ergebnisse: 144 Fälle und 117 Kontrollen wurden eingeschlossen (Alter: 46,70 Jahre + 12,74 (SD)). Die Gruppen unterschieden sich signifikant im BMI. Bezüglich der psychometrischen Tests zeigten sich signifikante Unterschiede in der Reaktionszeit, Korrektheit der Ausführung komplexerer Aufgaben und der Fehleranzahl bei längerer Aufgabendauer.
Schlussfolgerungen: Patient*Innen mit Post-Covid Syndrom zeigen Auffälligkeiten in der Daueraufmerksamkeit und bei der Bearbeitung komplexer Fragestellungen. Die Ergebnisse korrelieren zu Ergebnissen anderer psychometrischer Tests. Longitudinale Vergleiche werden aktuell durchgeführt, um Verlaufsbeobachtungen zu ermöglichen.

Gefördert wurde die EPILOC-Studie durch Mittel des MWK.
Herr Prof. Dr. med. Peter Deibert
Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
#Poster #Post-COVID-Syndrom #Psychometrie #Brainfog #Aufmerksamkeit
2
Einleitung
Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, Beschäftigten die innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Für die Beschäftigten ist das BEM freiwillig. Das Ziel des BEM besteht in der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, der Vermeidung erneuter Erkrankungen und dem Erhalt des Arbeitsplatzes. Während Studien häufig die Verbreitung und Durchführung von BEM beleuchten, werden die Gründe für die Ablehnung oft nur am Rande behandelt [1]. Die vorliegende Studie untersucht die Beweggründe, warum Bedienstete im rheinland-pfälzischen Schuldienst mit BEM-Angebot dieses nicht angenommen haben.
Methode
Das Institut für Lehrergesundheit hat 707 Lehrkräfte, die zwischen dem 01.08.2018 und 15.11.2023 ein BEM-Angebot abgelehnt hatten, sowie 287 Personen, von denen (noch) keine Rückmeldung zur Annahme bzw. Ablehnung des Angebots vorlag, angeschrieben, mit der Bitte um Teilnahme an einer anonymen Online-Umfrage zu ihren Beweggründen (Befragungszeitraum 01.04.-30.06.2024). Diese wurden im Folgenden deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse
Es nahmen 112 Befragte an der Umfrage teil. Der häufigste Ablehnungsgrund (Mehrfachantworten möglich) war die Einschätzung, dass das BEM aufgrund der Art der Erkrankung nicht notwendig sei (48,2%). Weitere Gründe waren Befürchtungen vor negativen Reaktionen (wie z.B. Stigmatisierung) der Dienststellenleitung (16,1%). 15,2% versprachen sich keinen Nutzen vom BEM (15,2%). Zudem gaben einige Befragte an, dass Sie zum Zeitpunkt des Angebots kein Interesse daran gehabt haben (12,5%) oder davon ausgegangen waren, dass die Umsetzung nicht den eigenen Vorstellungen entsprochen hätte (9,8%). 8 % der Befragten gaben an, sich unzureichend informiert gefühlt zu haben. Auch die Angst vor negativen Reaktionen der personalführenden Stelle (8,9%) oder des Kollegiums (3,6%) sowie die Sorge um den Arbeitsplatz (3,6%) wurden als Ablehnungsgründe genannt.
Darüber hinaus gab über ein Drittel der Befragten (37,5%) an, bei Erhalt des Angebots zum BEM das erste Mal von BEM gehört zu haben.
Schlussfolgerung
Während fast die Hälfte der Befragten das BEM aufgrund der Art der Erkrankung nicht als notwendig erachtete, deuten die weiteren genannten Gründe darauf hin, dass Potenzial zur Steigerung der BEM-Akzeptanz im Schuldienst besteht. Eine positive Begleitung durch die Dienststellenleitung und eine umfassendere Aufklärung über die Vorteile und Möglichkeiten des BEM stellen hierbei zentrale Aspekte dar.

Frau Dr. Elisabeth Diehl
Institut für Lehrergesundheit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
#Poster #Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), Schule
3
Background: Child labour remains an important issue. Working at ages and in jobs that are inappropriate for their developmental stage can negatively affect children's physical, psychosocial and well-being and lead to more serious health problems in adulthood. Therefore, this study aimed to assess the health problems of child workers in lower secondary schools from suburbs of Istanbul using the Omaha system.

Method: This descriptive and observational study was conducted in Istanbul. It included child workers. A descriptive assessment form based on the terminology of the Omaha system and Nightingale Notes software were used for data collection.

Results: The participants were 81 child labourers aged 10-13 years, 86% were male and 12% were migrants from Syria. Eighty-five per cent worked to contribute to the family income. The most common health problems were mental health, neglect, low income, oral health, nutrition, personal care, physical activity, sleep and rest patterns, and neighbourhood/workplace safety. There were associations between mental health problems and family health status, between individual health status and oral health and role change, between maternal education level and oral health and personal care, and between nutrition and paternal education level (p<.05).

Conclusion: Work and work environments cause a wide range of health problems in children. Poverty remains the most common factor forcing children to work. The Omaha system has been found to be effective in identifying health problems among child workers.

Keywords: Omaha system, child labour, mental health, neglect, income, oral health, secondary school children.
Frau Dr Özlem Köseoglu Örnek PhD
Universität Witten/Herdecke, Herdecke
I did my Masters and Doctorate in Public Health Nursing. Both theses were on occupational health (child labourers and women). I worked as a post-doc at Bilgi University (assistant professor) between 2013-2019, at LMU between 2019-2022. I have been working at Witten/Herdecke University since 2023. My interests are occupational mental health, school health, HIV/AIDS, chronic disease, nursing.
#Poster
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Gefährdung in der Arbeitsmedizin
Beiträge:
1

Einleitung

Auf Bus- und Straßenbahnfahrer*innen wirken bei ihrer Arbeit diverse Belastungen ein. Neben Schichtdienst sind die hohe Verantwortung gegenüber den Fahrgästen und die Einhaltung von Fahrplänen zu nennen. Ziel der Arbeit ist, die vegetative Tonuslage mittels Herzratenvariabilität (HRV) sowie den psychophysischen Beanspruchungszustand bezogen auf Erholung und Schlaf bei Bus- und Straßenbahnfahrer*innen aufzudecken und aus den Ergebnissen Präventionsmaßnahmen abzuleiten.​​​​

Methoden

An der Studie nahmen 38 Proband*innen eines Verkehrsunternehmens teil, davon waren 18 als Bus- und Straßenbahnfahrer*in (mittleres Alter: 47,2 ± 10,1 Jahre) tätig. 20 Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung (44,0 ± 10,4 Jahre alt) dienten als Kontrollgruppe (KG). Die Herztätigkeit wurde über 24 h während einer Normalschicht aufgezeichnet und die HRV wurde mit der Software Kubios Premium, Version 3.3.1 analysiert. Zur Erfassung der subjektiven Beanspruchung dienten der Fragebogen zur Analyse belastungsrelevanter Anforderungsbewältigung (FABA-E) zur Bewertung der Erholungsunfähigkeit und der Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) zur Beurteilung der Schlafqualität.​​​

Ergebnisse

Über 24 h hatten Bus- und Straßenbahnfahrer*innen zwar einen signifikant reduzierten MeanRR als Verwaltungsangestellte. In der Nacht sind diese Unterschiede nicht mehr vorhanden. PNS-Index, SNS-Index und Stressindex unterscheiden sich zwischen den beiden Gruppen nicht, ebenso nicht die frequenzbezogenen HRV-Parameter.
Bus- und Straßenbahnfahrer*innen klagten über eine signifikant schlechtere Schlafqualität im Vergleich zur KG (PSQI-Gesamtpunktzahl 7,0 ± 2,2 vs. 5,6 ± 3,3 Punkte; p = 0,038) und waren somit eher schlechte Schläfer (Werte über 5 Punkte). Von den Bus- und Straßenbahnfahrer*innen wurden 69 % als schlechte Schläfer im Vergleich zu 41 % der KG eingestuft (pChi² = 0,037). Drei Verwaltungsmitarbeitende zeigten Hinweise auf chronische Schlafstörungen (> 10 Punkte im PSQI). Bus- und Straßenbahnfahrer*innen erholten sich subjektiv besser als die KG.​​​​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Die vegetative Tonuslage der Bus- und Straßenbahnfahrer*innen unterscheidet sich nicht von der der KG. Trotzdem empfinden sie die Qualität ihres Schlafes als schlechter. Dagegen war die Fähigkeit zur Erholung bei der KG eingeschränkter. Präventiv sollte im Unternehmen darauf geachtet werden, dass alle Beschäftigten ausreichend Zeit für die Regeneration haben.
Frau Dr. med. Sabine Darius
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
#Poster #Herzratenvariabilität #Schlafqualität #Erholung
2
Fallvorstellung Epicondylitis BK 2101 nach Arbeiten an einer Anaerobierarbeitsbank

Heinemann, Franziska; Böckelmann, Irina

Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg, Deutschland

In einigen Laboren wird zum Schutz von Bedienpersonal und Umwelt in einem separaten, hermetisch dicht abgeschlossenen Arbeitsbereich mit luftempfindlichen oder gefährlichen Stoffen in definierter, kontrollierter Atmosphäre gearbeitet. Die Handhabung der Materialien in der Box erfolgt über entsprechenden enge Durchführungen mit oder ohne separate feste Handschuhe.

In diesem Betrag stellen wir eine 50-jährige Laborantin vor. Sie hatte bei einem längeren Laborversuch jede Stunde mehrere Pipettiervorgänge in einer anaeroben Arbeitsbank verrichten müssen. Dabei musste sie mehrfach eine Pipettenspitze unter mäßiger Krafteinwirkung von der Pipette abwerfen. Sie bemerkte im Verlauf der Versuchsreihe heftige Schmerzen im rechten Ellenbogengelenk, setzte aber trotzdem die Arbeit fort, wobei die Schmerzen stärker wurden. Nach 2-wöchiger Krankschreibung und Bandageverschreibung führte sie erneut Pipettiervorgänge durch und der akute Schmerz schoss sofort wieder ein. Eine längere Krankheits- und Erholungsphase schlossen sich an. Selbst bei vorsichtiger Wiedereingliederung waren die Beschwerden noch bei Arbeiten mit Pipetten, besonders an der Arbeitsbank, vorhanden.

Es erfolgte bei diesem begründeten Verdacht eine Anzeige der BK Nr. 2101 „Schwere oder wiederholt rückfällige Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen –oder Muselansätze“. Die Anzeige wurde anerkannt.
Es erfolgten Maßnahmen nach dem STOP Prinzip. Substitution war nicht möglich. Da es sich um Proben handelte, die nur im anaeroben Milieu bearbeitet werden konnten. Die technischen Voraussetzungen wurden geprüft und die Mitarbeiterin bekam Empfehlungen, den Arm nicht so weit vorzuschieben, dass der Ellenbogen den Durchführungsring berührt. Organisatorisch wurden die Laborversuche so getaktet, dass keine mehrstündige Tätigkeit an der Arbeitsbanknötig war. Mehrere Mitarbeitende wurden eingewiesen und wechselten sich ab.
Als persönliche Schutzmaßnahme wurde der Laborantin empfohlen, bei Bedarf beim Pipettieren eine Bandage zutragen. Zusätzlich ist sie in orthopädischer und physiotherapeutischer Behandlung.

Frau Dr. med. Franziska Heinemann
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät , Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg
#Poster #Epicondylitis #BK2101
3
Einleitung: Aufgrund ihrer Strahlenexposition ist es für Ärzt:innen in der Gefäßchirurgie erforderlich, eine persönliche Schutzausrüstung in Form einer Bleischürze zu tragen. Das Gewicht der Bleischürze von etwa zwei bis acht Kilogramm und die Arbeit in ungünstiger Körperhaltung können das Auftreten von Muskel- und Skelettbeschwerden (MSB) begünstigen. Personen, die regelmäßig Bleischürzen tragen, berichten häufig über MSB im Nacken- und Schulterbereich sowie im unteren Rücken. Ziel unserer Studie war es, die 12-Monats-Prävalenz von muskuloskelettalen Beschwerden bei Ärzt:innen, die regelmäßig Bleischürzen tragen, zu erfassen und mögliche Einflussfaktoren zu untersuchen.

Methode: Die Studie wurde mittels eines Online-Fragebogens durchgeführt (12/2023-02/2024). Zur Erhebung der vier Endpunkte (12-Monatsprävalenz von MSB der Körperregionen: (1.) Halswirbelsäule (HWS), (2.) Brustwirbelsäule (BWS), (3.) Lendenwirbelsäule (LWS), (4.) Schultergelenke und Oberarme (SGO)) wurde die deutsche Version des Nordic Musculoskeletal Questionnaire der BAuA eingesetzt. Zusätzlich wurden Daten zum Gesundheitsverhalten, zu berufs- und arbeitsplatzbezogenen Merkmalen sowie zu soziodemografischen Merkmalen erhoben. Die Datenanalyse erfolgte deskriptiv sowie mittels univariater und multivariater Regressionsanalyse.

Ergebnisse: Die Studienpopulation bestand aus 461 Ärzt:innen, die überwiegend in der Gefäßchirurgie arbeiteten (95%). Von allen Studienteilnehmer:innen gaben 401 (87%) an, während ihrer Tätigkeit regelmäßig Bleischürzen zu tragen. Die 12-Monats-Prävalenz von HWS- und LWS-Beschwerden lag bei jeweils 60%, die von BWS- und SGO-Beschwerden bei 33% und 39%. In allen untersuchten Körperregionen war die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von MSB signifikant erhöht, wenn die Befragten mehr als zwei Stunden pro Tag in ungünstiger Körperhaltung gearbeitet hatten. Das Tragen von Bleischürzen begünstigte signifikant das Auftreten von HWS-Beschwerden. Die Wahrscheinlichkeit für BWS-Beschwerden war signifikant erhöht, wenn die Anzahl der jährlich mit Bleischürze durchgeführten Prozeduren mehr als 100 pro Tag betrug.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass das Tragen von Bleischürzen, Arbeiten in ungünstiger Körperhaltung und die Anzahl der durchgeführten Prozeduren mit Bleischürzen die MSB negativ beeinflussen. In zukünftigen Studien wäre die Einbeziehung einer Kontrollgruppe sinnvoll.
Herr Christofer Hartung
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Muskuloskelettale Beschwerden #Persönliche Schutzausrüstung #Bleischürzen #Gefäßchirurgie
4
Hintergrund: Berufsbedingte Hantavirus-Infektionen werden als BK-auslösender Gegenstand „Viren, die hämorrhagisches Fieber auslösen“ unter der BK-3101 bzw. BK-3102 erfasst, jedoch nicht weiter differenziert. In dieser Auswertung von Routinedaten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) sollten Charakteristika von berufsbedingten Hantavirus-Infektionen näher beschrieben werden.

Methodik: Es erfolgte eine BK-DOC-Datenbankabfrage nach meldepflichtigen Fällen von viralem hämorrhagischem Fieber unter der BK-3101 bzw. 3102 im Zeitraum von 2013 bis 2023. Für Fälle unter der BK-3102 wurden die elektronischen Fallakten gesichtet und demographische Daten sowie Daten zur Infektion und dem Unfallhergang extrahiert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 31 Fälle gemeldet, darunter 12 unter BK-3101 und 19 unter BK-3102. Bei 17 Fällen unter BK-3102 handelte es sich um Hantavirus-Infektionen, die Mehrzahl davon verursacht durch das Puumala-Virus. Die Mehrheit der Betroffenen war über 40 Jahre alt und arbeitete im sozialpädagogischen/erzieherischen Bereich. Infektionsursache waren hauptsächlich Reinigungstätigkeiten im Außenbereich mit Inhalation von kontaminierten Stäuben. Häufig befand sich die Arbeitsstätte in Waldnähe oder es wurde Mäusebefall beobachtet. Alle 17 Fälle wurden anerkannt.

Schlussfolgerung: Auch in Berufen ohne bislang bekanntes Risikoprofil können Hantavirus-Infektionen eine Gefährdung darstellen. Bei beruflichen Tätigkeiten mit möglicher Exposition gegenüber kontaminierten Stäuben sollten Beschäftigte unabhängig von ihrer Berufsgruppe über Infektionswege, Symptome und Präventionsmaßnahmen von Hantavirus-Infektionen aufgeklärt werden.
Frau Tiana Barnekow
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Arbeitsmedizinische Versorgung I
Beiträge:
1

Einleitung

Nach DGUV V 2 können Praxisinhaber mit ≤ 50 Beschäftigten neben der Regelbetreuung auch das Modell der alternativen bedarfsorientierten Betreuung wählen. Im Projekt „gesund und sicher in der Physiotherapiepraxis“ wurde ein neues Konzept zur stufenweisen Umsetzung der alternativen bedarfsorientierten Betreuung erprobt. Der Fokus lag auf der Stärkung der Präventionskompetenz der Praxisinhaber im Allgemeinen und der Verbesserung der Umsetzungskompetenz im Hinblick auf den Prozess der Gefährdungsbeurteilung (GFB) im Speziellen.

Methoden

Zwischen 04/2023 und 07/2024 nahmen 26 Physiotherapiepraxen (aufgeteilt in 2 Gruppen) am Projekt teil. Gegenüber üblichen Konzepten (eine ca. 6-stündige Unternehmerschulung, ergänzende Betreuung bei Bedarf) absolvierten die Teilnehmenden - angelehnt an den Plan-Do-Check-Act-Zyklus - 4 Schulungsmodule im Abstand von jeweils 3 Monaten. Die Inhalte wurden branchenspezifisch gestaltet und deckten die Themen gemäß DGUV V 2, Anlage 3 ab. Zur Umsetzung der GFB wurde ein selbstentwickeltes Onlineinstrument eingesetzt. In und nach den Schulungen erfolgte das Angebot ergänzender Beratungen. Die Teilnehmenden hatten zudem die Option sich in einer Whatsappgruppe zum fachlichen Austausch zu vernetzen. Der Evaluation dienten Onlinebefragungen am Ende der einzelnen Schulungsmodule, Feedbackgespräche in den Schulungen, Daten aus der Online-GFB und eine Abschlussbefragung.​​

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen eine hohe Zufriedenheit der Teilnehmenden mit dem Schulungskonzept. Das Wissen über den Arbeitsschutz, insbesondere zu Relevanz und Nutzen der GFB, wurde von Schulungs- zu Schulungstermin kontinuierlich erweitert. Mit Fortschreiten der Schulungen nahm der Anteil der Teilnehmenden zu, die mit der GFB begonnen/diese vollständig erstellt hatte. Der ergänzende Bedarf an individueller Beratung war gering.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Unternehmerschulung nach dem PDCA-Zyklus half den Teilnehmenden die relevanten Arbeitsschutzvorgaben schrittweise in ihrer Praxis umzusetzen. Zielführend waren die festen Schulungstermine und die damit verbundene Möglichkeit individuelle Fragen in der Gruppe und mit den Dozierenden zu erörtern und Lösungen auszutauschen. Herausforderungen zeigten sich insbes. bei der Rekrutierung, was auf einen Verbesserungsbedarf bei der Erklärung des Nutzens der Betreuung hinweist. Insgesamt liefert das Konzept wichtige Impulse für die Stärkung des Arbeitsschutzes in kleinen und mittelgroßen Physiotherapiepraxen und könnte als Modell für andere Gesundheitsbranchen dienen.
Herr Klaus Schöne
Institut für Lehrergesundheit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
#Poster #alternative bedarfsorientierte Betreuung #Physiotherapiepraxen
2

Einleitung

Die arbeitsmedizinische Versorgung ist in Deutschland heterogen organisiert. So sind im Gegensatz zum System der Gesetzlichen Krankenversicherung für die arbeitsmedizinische Versorgung keine allgemeinen Qualitätsindikatoren definiert. Besonders für Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) besteht die Annahme, dass viele Betreuungsangebote Qualitätsmängel aufweisen. Bei Großunternehmen sind individuelle Konzepte verbreitet, bei KKMU ist jedoch zu erwarten, dass ein entsprechendes Qualitätsmanagement nicht überall erfolgt. Thema des Beitrags ist ein systematisches Review über Qualitätsindikatoren für arbeitsmedizinische Betreuungsangebote. Auf dieser Basis soll ein Qualitätsindikatorenset entwickelt werden, welches die Besonderheiten von KKMU berücksichtigt.

Methoden

Es wurde ein systematisches Review nach „PRISMA-Protokoll“ durchgeführt. Um die Studienlage zu Qualitätsindikatoren für arbeitsmedizinische Betreuungsangebote aufzuarbeiten, wurden die Datenbanken PubMed, EMBASE, Scopus, Web of Science und Cochrane Library einbezogen. Die Indikatoren(-systeme) wurden anhand der Kriterien Relevanz, Sensitivität, Verfügbarkeit von wissenschaftlichen Daten sowie Machbarkeit in KKMU bewertet.

Ergebnisse

Eine erste Auswertung zeigt, dass sich ältere Vorschläge auf die Arbeitssicherheit fokussierten, während in den letzten Jahren die Gesundheit der Beschäftigten im Vordergrund steht. Das Konzept der „Leading and lagging indicators“ ist zur Qualitätsbeurteilung etabliert. „Lagging indicators“ („Spätindikatoren“) nutzen zurückliegende Events wie Berufskrankheiten. „Leading indicators“ („Frühindikatoren“) sollen präventiv die Möglichkeit eines Events vorausschauend beurteilen. Die neuere identifizierte Literatur fokussiert auf die Frühindikatoren.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die bestehenden Indikatoren/-systeme finden bisher keine umfassende Anwendung in der arbeitsmedizinischen Versorgung in Deutschland. Auf Basis des Reviews wird ein Indikatorensystem entwickelt werden. Dieses wird mit ca. 15 bis 20 Expert:innen im Hinblick auf Verfügbarkeit von Daten bzw. die Machbarkeit der Erhebung unter Datenschutz- und Kostenaspekten diskutiert und verfeinert. Es soll eine praxistaugliche, kosteneffektive und vergleichbare Qualitätsbeurteilung der arbeitsmedizinischen und arbeitspsychologischen Versorgung ermöglichen. Auch soll eine Beurteilung von Konzepten und Anwendungen in der Betriebsmedizin und Arbeitspsychologie ermöglicht werden.
Herr Martin Ansgar Horn
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Qalitätssicherung #KKMU #kleine und mittlere Unternehmen #arbeitsmedizinische Betreuung #Versorgungsforschung
3

Einleitung

Die arbeitsmedizinische und -psychologische Versorgung der ca. 46 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland durch die Betriebsärzteschaft und Fachkräfte für Arbeitssicherheit hat eine enorme Relevanz. Dies zeigt sich vor allem vor dem Hintergrund des veränderten Bedarfs an Prävention und Gesundheitsversorgung durch den klimatischen, digitalen und demografischen Wandel sowie veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen. Ca. 60% der Erwerbstätigen arbeiten in Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU), die im Vergleich zu Großunternehmen unzureichend arbeitsmedizinisch und -psychologisch versorgt werden. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen ist die Weiterentwicklung des arbeitsmedizinischen und -psychologischen Handelns in KKMU essenziell. Ziel des Scoping Reviews ist es, einen Überblick über spezifische Bedarfe und Bedürfnisse von KKMU bezüglich arbeitsmedizinischer Leistungen zu geben und Handlungsempfehlungen für Wissenschaft und Praxis abzuleiten, um die arbeitsmedizinischen Leistungen bedarfs- und bedürfnisgerecht zu optimieren.

Methoden

Die Literatursuche erfolgte mittels Suchstring in den Datenbanken Embase, PubMed, Web of Science und Scopus. Eingeschlossen wurden peer-reviewed Originalarbeiten auf Deutsch und Englisch ab dem 01.01.2000, die aus der Perspektive von KKMU arbeitsmedizinische Leistungen thematisieren. Ein Scoping Review-Protokoll wurde im Open Science Framework registriert. Entsprechend den Richtlinien des Joana Briggs Instituts führten zwei Forschende das Screening durch.

Ergebnisse

Die Literatursuche am 26.08.2024 ergab 828 Artikel nach der Duplikatentfernung. In Folge des Titel-Abstrakt-Screenings wurden 69 Artikel einem Volltextscreening unterzogen. Die 17 eingeschlossenen Studien zeigen Bedarfe und Bedürfnisse von KKMU u.a. nach Informationen über arbeitsmedizinische Leistungen, externer Unterstützung und dem Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu Stakeholdern. Konkret benötigen KKMU einfache Betreuungslösungen, verständliche Informationen über arbeitsmedizinische Betreuung und einen regelmäßigen Kontakt mit Leistungserbringenden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Aus den Ergebnissen werden Handlungsempfehlungen für die praktische Umsetzung der arbeitsmedizinischen Betreuung abgeleitet, damit das betriebsärztliche Handeln in KKMU bedarfs- und bedürfnisgerecht weiterentwickelt werden kann. Die Ergebnisse stellen die Grundlage für die Erhebungsinstrumente der folgenden Mixed-Methods-Studie Anfang 2025 zu Bedarfen und Bedürfnissen von KKMU in Norddeutschland dar.
Frau Svea Suraj
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen #KKMU #Bedarfe und Bedürfnisse #arbeitsmedizinische Betreuung
4

Einleitung

In Deutschland ist von einer arbeitsmedizinischen Unterversorgung in kleinen und mittleren Betrieben (KKMU) auszugehen. In einer explorativen Studie sollten Bedarfe und Wünsche von KKMU, die bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) versichert sind, zur Sicherstellung der betriebsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung (BuS) erhoben werden.

Methoden

Es wurden halbstrukturierte, problemzentrierte Experteninterviews mit Unternehmer:innen von KKMU durchgeführt. Die Stichproben zur Rekrutierung der Teilnehmenden wurden aus bei der BGW versicherten Betrieben in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen gezogen. Einschlusskriterien: 1-20 Mitarbeiter:innen, mindestens 1 Jahr Selbständigkeit/Bestehen des Betriebes, Betreuungsstatus unklar. Die Interviews wurden transkribiert und mittels MAXQDA nach Mayring ausgewertet.

Ergebnisse

Fünfzehn Interviews konnten in die Auswertung eingeschlossen werden. Die Gesundheitsbranche war überrepräsentiert, so dass 10 von 15 Teilnehmenden ähnliche Voraussetzungen, wie zum Beispiel die Beziehung zu berufsständigen Kammern aufweisen. In 7 Betrieben waren bisher keine Maßnahmen zur BuS-Betreuung umgesetzt worden. Alle 7 berichteten, von der Pflicht zur Einrichtung der BuS-Betreuung i. S. d. Arbeitssicherheitsgesetzes nichts zu wissen.
Die Unternehmer:innen nahmen die Information seitens der BG zur verpflichtenden BuS-Betreuung nicht wahr, weil die vielfältigen Aufgaben während der Gründungsphase sehr herausfordernd sind, die Informationsschreiben als nicht relevant für den eigenen Betrieb eingeschätzt werden und aus ihrer Sicht die Information seitens der BG zu einem ungünstigen Zeitpunkt versandt wird. Der finanzielle und organisatorische Aufwand zur Umsetzung der BuS-Betreuung wird als unverhältnismäßig in Bezug auf den erwarteten Nutzen betrachtet. Darüber hinaus wird die BG nicht als mögliche Informationsquelle wahrgenommen. Die Unternehmer:innen wünschen sich die BG-Informationen zu diesem Thema als kurze eindeutige Handlungsanleitung zu dem Zeitpunkt der ersten Einstellung eines:r Mitarbeiter:in.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Interviews liefern wertvolle Informationen zu den Hintergründen fehlender BuS-Betreuung und zum Informationsbedarf der Unternehmer:innen. Daraus lassen sich Empfehlungen mit dem Ziel ableiten, die Wahrnehmung der Unternehmenspflichten bzgl. Arbeitsschutz zu steigern.
Frau Wibke Körner
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster
5

Einleitung

Früherkennung von Lungenkrebs spielt eine wesentliche Rolle in der Bekämpfung der damit verbundenen Mortalität. Neben Rauchen als Hauptrisikofaktor, ist die berufliche Exposition mit krebserregenden Stoffen ein zusätzlicher Risikofaktor für Lungenkrebs. Im Zusammenhang mit einer ehemaligen beruflichen Asbestexposition bietet die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ihren Versicherten unter bestimmten Voraussetzungen ein erweitertes Vorsorgeangebot zur Früherkennung von Lungenkrebs (EVA-Lunge) an. EVA-Lunge beinhaltet eine jährliche Low-Dose-Computertomographie (LDCT) der Lunge. Die Gesundheitsvorsorge (GVS) hat zu diesem Zweck Strukturen und Netzwerke mit Ärzt:innen aufgebaut, um dieses Angebot umzusetzen. Im Rahmen des Evaluationsprojekts EVALUNG wurde u.a. die Umsetzung des Angebots mithilfe von qualitativen Interviews mit beteiligten Ärzt:innen untersucht.

Methoden

Es wurden 29 semi-strukturiertere Interviews zur Einstellung und den bisherigen Erfahrungen im Rahmen des Angebots mit beteiligten Arbeits- bzw. Betriebsmediziner:innen, Pneumolog:innen und Radiolog:innen durchgeführt. Die Teilnahme erfolgte freiwillig. Die Interviews wurden überwiegend remote durchgeführt, aufgezeichnet und anschließend auf Basis der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse

Alle Befragten sehen in EVA-Lunge einen hohen Nutzen für die Zielgruppe in Bezug auf die Früherkennung von Lungenkrebs. Ebenso wird die Struktur sowie der Support seitens der GVS als positiv hervorgehoben. Die Interviews zeigen außerdem verschiedene Herausforderungen in der Umsetzung des Angebots. Dazu zählt z.B. eine sinkende Zahl der beteiligten Ärzt:innen, insbesondere hinsichtlich der Fachgruppe der Radiolog:innen. Für die Versicherten kann das zu längeren Anfahrtswegen und Wartezeiten auf ein LDCT von bis zu 6 Monaten führen. Außerdem können unklare Abläufe und Zuständigkeiten zu Verzögerungen führen. Weiterhin werden das Online-Portal zur Fallbearbeitung und Dokumentation sowie die Dokumentationsbögen häufig als nicht benutzerfreundlich beschrieben.

Schlussfolgerung / Diskussion

Es zeigen sich Herausforderungen in EVA-Lunge, die dazu führen können, dass das Angebot teilweise unterschiedlich umgesetzt wird. Dies kann sich auf die Wahrnehmung und die Qualität des Angebots auswirken. Um den Herausforderungen zu begegnen, sollten diese genauer analysiert und Lösungen gemeinsam mit den beteiligten Ärzt:innen erarbeiten werden.
Frau Helena Keller
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Früherkennung #Lungenkrebs #Asbest #LDCT #Arztperspektive
Do
03 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Arbeitsmedizinische Versorgung II
Beiträge:
1
Ausgehend von der in Österreich verpflichtenden Qualitätsüberprüfung für niedergelassene Ärzte wurde im Projekt "Qualitätssicherung in der Arbeitsmedizin" ein Fragebogen entwickelt, der als Instrument für eine freiwillige Qualitätsüberprüfung für die arbeitsmedizinische Betreuung dienen soll. Der Fragebogen definiert notwendige Struktur- und Prozessvoraussetzungen sowie standardisierte Vorgehensweisen für arbeitsmedizinische Handlungen. Auf diese Weise steht Arbeitsmedizinern und Arbeitsmedizinischen Zentren eine Handlungsanleitung zur Verfügung, und für die "Kunden" wird die arbeitsmedizinische Leistung transparent.
Das Instrument soll in einem dreistufigen Ansatz zur Anwendung kommen. Der Fragebogen wird allen Interessierten zum Download zur Verfügung stehen und soll damit bereits niederschwellig durch Bewusstseinsbildung zu einer Qualitätsverbesserung beitragen. Als zweite Stufe des Qualitätsnachweises ist eine durch eine Zertifizierungsstelle offiziell bestätigte Selbstevaluation. Durch ein Audit kann schließlich ein Gütesiegel als dritte Stufe erworben werden.

Herr DDr. Karl Hochgatterer
Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention, Perg
#Poster #Qalitätssicherung
2
Einleitung: Ein interaktives Dashboard für arbeitsmedizinische Daten bietet eine innovative Lösung, um eine große Menge an komplexen Gesundheitsdaten nutzerfreundlich aufzubereiten, in Echtzeit abzubilden und individuell zu analysieren. Der Beitrag zielt darauf ab, Entwicklung, Inhalt und Funktionalitäten des Dashboards in einer arbeitsmedizinischen Abteilung eines Großunternehmens der chemischen Industrie zu beschreiben.
Methoden: Das Dashboard wurde unter Verwendung von Microsoft PowerBI erstellt und basiert auf historischen und tagesaktuellen arbeitsmedizinischen Daten der aktuell etwa 35.000 Mitarbeitenden des Unternehmens am Standort Ludwigshafen. Die Daten werden auf mehreren themenbasierten Seiten mit Tabellen und Abbildungen visualisiert. Interaktive Funktionalitäten erlauben u.a. die individuelle Filterung und Stratifikation von Daten nach Parametern von Interesse, den Wechsel von einer allgemeinen Übersicht in detailliertere Datenebenen (sog. Drilldowns) und die Abfrage von Hintergrundinformationen (per Info-Schaltflächen). Ausgewählte Graphiken und Tabellen können exportiert werden. Durch ein striktes Berechtigungskonzept sowie der ausschließlichen Verwendung vollständig anonymisierter Daten wird dem Datenschutz Rechnung getragen.
Ergebnisse: Auf der Seite "Belegschaftsstruktur" bietet das Dashboard einen Einblick in Altersstruktur, Geschlechterverteilung, Tätigkeiten, Arbeitszeitsysteme und weitere tätigkeitsspezifische Daten der Mitarbeitenden im Zeitverlauf. Die Seite "Unfallgeschehen" zeigt u.a. Häufigkeiten, Art, Schwere und Ursache von Arbeits- und Wegeunfällen in absoluten und relativen Häufigkeiten. Eine weitere Seite weist Statistiken zur Anzahl und Art an gemeldeten Berufskrankheiten über die Zeit aus. Der Reiter "Gesundheitscheck-Up" visualisiert Daten zur Arbeitsfähigkeit der Belegschaft sowie zu körperlichen Untersuchungen, Rückengesundheit und physischer Aktivität basierend auf mehreren Tausend freiwilligen unternehmensinternen Gesundheitscheck-Ups.
Diskussion: Vorteile der Datenvisualisierung mithilfe eines Dashboards liegen in der Nutzerfreundlichkeit, Zeitersparnis, Aktualität durch Echtzeit-Datenzugriff, Vermeidung von Datenredundanz, Interaktivität und Flexibilität. Das Dashboard kann als Entscheidungshilfe für die Führung der arbeitsmedizinischen Abteilung dienen, um Trends in Daten frühzeitig zu erkennen und zeitnah durch Anpassung von Gesundheitsförderungs- und Präventionsmaßnahmen reagieren zu können.
Herr Dr. Matthias Claus
Corporate Health Management, BASF SE, Ludwigshafen am Rhein
#Poster #Dashboard #Arbeitsmedizin #Automatisierung #PowerBI #Digitalisierung
3
Hintergrund: Die arbeitsmedizinische Vorsorge steht in Deutschland vor vielfältigen Herausforderungen. Die steigende Nachfrage trifft auf den Mangel an Arbeits mediziner*innen (BÄK 2020). In Betrieben der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und des Gartenbaus ist die Betreuung noch durch weitere spezifische Umstände erschwert (SVLFG 2014: 10 ff.). Ein Ansatz dieser Problematik entgegenzuwirken, ist die Nutzung von Telemedizin (WHO 2022). Das Forschungsziel war es zu untersuchen, inwieweit die Tele-Arbeitsmedizin als Mittel im Rahmen der arbeitsmedizinischen Beratung, Vorsorge und Eignung aus Sicht der Beschäftigten in Betrieben der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und des Gartenbaus geeignet ist. Hierbei wurde ermittelt welche Bedarfe und Vorstellungen seitens der Beschäftigten bestehen und ob bestehende Rahmenbedingungen und Strukturen angepasst werden müssen, um die Tele-Arbeitsmedizin aus Sicht der Beschäftigten erfolgreich etablieren zu können.
Methode: Es wurden leitfadengestützte Interviews mit Beschäftigten im November 2023 durchgeführt und mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) ausgewertet.
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass die Beschäftigten keine Erfahrung mit der Anwendung von Tele-Arbeitsmedizin haben und ein großer Informationsbedarf besteht. Weiter besteht technischer Unterstützungsbedarf seitens der Beschäftigten und Anpassungsbedarf auf betrieblicher Ebene. Chancen werden insbesondere im Hinblick auf Zeitersparnis und Flexibilität gesehen.
Schlussfolgerung: Aus den ermittelten Ergebnissen lassen sich Umsetzungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zur Etablierung von Tele-Arbeitsmedizin ableiten. Auf deren Grundlage kann die Akzeptanz und Zufriedenheit der Beschäftigten in den Betrieben der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und des Gartenbaus in Bezug auf Tele-Arbeitsmedizin positiv beeinflusst werden.
Frau Nina-Christine Keil
Hochschule für angewandte Wissenschaften Fulda, Burgjoß
#Poster #Telemedizin #Arbeitsmedizin
4

Einleitung

Der bestehende Fachkräftemangel in der Arbeitsmedizin führt zu einer arbeitsmedizinischen Unterversorgung, insbesondere in ländlichen Gebieten und in Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU). Durch die Digitalisierung sind digitale Anwendungen wie Telemedizin oder digitale Assistenzsysteme ein wesentlicher Bestandteil im Gesundheitswesen geworden. Im Arbeits- und Gesundheitsschutz ermöglichen diese Anwendungen eine flexible, ortsunabhängige Risikoanalyse und ärztliche Entscheidungsfindung. Damit könnte insbesondere in ländlichen Gebieten eine angemessene Versorgung sichergestellt und KKMU niedrigschwellig erreicht werden. Ziel der Literaturübersicht ist es, wissenschaftliche Beiträge zu digitalen Anwendungen in der arbeitsmedizinischen Vorsorge, Nachsorge und Beratung, Früherkennung, Arbeitsplatzbegehung und Gefährdungsbeurteilung zu überblicken.

Methoden

Im Rahmen der Literaturrecherche wurden die fünf Datenbanken PubMed, Embase, Scopus, PsychInfo und Cochrane Library nach Aspekten telemedizinischer und digitaler Anwendungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz durchsucht. Die Ergebnisse wurden im Titel und Abstrakt auf die Ein- und Ausschlusskriterien überprüft. Der Literaturüberblick umfasst alle seit 2014 veröffentlichten Originalarbeiten, Machbarkeitsstudien, Übersichtsarbeiten und experimentellen Studien in englischer oder deutscher Sprache. Die Datenabfrage am 16.07.2024 ergab insgesamt 3373 Treffer. Nach Duplikatsentfernung und der Titel-Abstrakt-Sichtung wurden 122 Artikel im Volltext gelesen und hinsichtlich der vorab definierten Ein- und Ausschlusskriterien geprüft und qualitativ zusammengefasst.

Ergebnisse

Insgesamt gingen 17 Studien in die Datenextraktion ein. Die Auswertungen der eingeschlossenen Veröffentlichungen zeigten, dass digitale Anwendungen, wie Telekonsultationen und Videosprechstunden bei der Diagnostik zur Vorsorge, Nachsorge und Beratung über räumliche Distanzen hinweg oder für die Kommunikation mit Spezialisten eingesetzt werden. Weitere Systeme werden vom Arbeitsschutz- und Gesundheitsteam zur Überwachung von Expositionsdaten eingesetzt.

Schlussfolgerung / Diskussion

Digitale Anwendungen werden in der arbeitsmedizinischen Versorgung in verschiedenen Bereichen genutzt. Die Ergebnisse der Übersichtsarbeit bilden die Grundlage, um einen allgemeinen Überblick über beschriebene digitale Anwendungen in einzelnen Handlungsfeldern der arbeitsmedizinischen Versorgung zu erhalten.
Frau Juliane Holzgräwe-Eichmann
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Digitale Anwendungen, Telemedizin, digitale Assistenzsysteme, arbeitsmedizinische Versorgung
Do
03 Apr
12:30 - 13:30
Mittagspause
Mittagspause
Do
03 Apr
12:30 - 13:30
Industrie
Lunchsymposium der Industrie: Reisemedizin und Dengue-Prävention in der Arbeitsmedizin
Eine Veranstaltung der Firma Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG
  • Reisemedizin: Was gibt es Neues?
  • Dengue Prävention in der Arbeitsmedizin - Erfolgsstrategien und Herausforderungen?
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Do
03 Apr
12:30 - 14:30
Aktionsbündnis
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Nachwuchssymposium für Studierende
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Studentinnen und Studenten
Raum: Senatssaal (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 50)
Vorsitz: Andrea Kaifie-Pechmann
Do
03 Apr
13:30 - 14:00
Keynote
Keynote Lecture: Arbeiten mit Krankheiten / Working with Poor Health
Prof. Dr. Frederieke Schaafsma, MD PhD, Occupational Health Physician, Department of Public & Occupational health, Outpatient Clinic for Occupational Medicine, Amsterdam UMC
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Hans Martin Hasselhorn
Do
03 Apr
14:15 - 16:30
Symposium
Symposium: Arbeiten mit Krankheiten / Working with Poor Health
  1. Interface Between Medical Rehabilitation and the Workplace: Significant Impact of Organizational Health Culture, Limited Impact of Occupational Health Physicians (Prof. Dr. med. Hans Martin Hasselhorn)
  2. Sustainable RTW with common mental disorders: Is sustainable return to work more than returning and staying at work? (Alexandra Sikora)
  3. iBEM - Initiative Occupational Integration Management - The central role of the occupational health physician (Dr. med. Hanns Wildgans)
  4. Improving preventive tasks for Occupational Health Physicians in the Netherlands (Prof. Dr. Frederieke Schaafsma, MD PhD)
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Hans Martin Hasselhorn
Beiträge:
1
Background
A well-planned and supported workplace reintegration following a medical rehabilitation (mR) increases the likelihood of sustained employability. This presentation examines the sociodemographic and workplace factors associated with the utilization of, subsequent workplace reintegration, and rehabilitation needs among older employees.

Methods
Since 2011, the lidA study (www.lida-studie.de) has followed older employees in Germany through their transition from work to retirement. Participants, born in 1959, 1965, or 1971, are interviewed every three to four years about work, employment, private life, health, and their expectations regarding retirement. The analyses presented in this paper focus on data from 7,517 employed participants interviewed at wave 4 (2022/23).

Results
Utilization of mR: 17% had used mR in the past four years. Recommendations for mR came from general practitioners (42%), self-initiative (24%), pension insurance (10%), health insurers (5%), and occupational health physicians (OHP, 1%).
Workplace modifications post-mR: 23% (284 of 1,238) reported modifications at work after rehabilitation. In multivariate models, only organizational health culture was predictive (**). In companies with high health culture, 25% reported modifications, compared to 16% in companies with low health culture. The presence of an OHP had no impact.
Rehabilitation needs and intentions: 46% (3,409 of 7,474) expressed a desire to apply for rehabilitation. It was more common among employees in workplaces with poor health culture (59% vs. 42%), women, individuals with poor health, lower education levels (***), lower incomes (**), and where an OHP was present (*, 47% vs. 45%).

Discussion
The proportion of individuals reporting workplace modifications after mR is low. Sociodemographic factors and health status predicted rehabilitation needs and intentions as expected. However, two findings stood out:
  • Positive Organizational health culture: Perceived positive organizational health culture significantly promoted workplace measures after mR and reduced rehabilitation needs. This influential factor deserves greater attention in both practice and research.
  • Limited Role of OHPs: The presence of OHPs had minimal influence on the outcomes studied. This is surprising, given that reintegration is a core task outlined in occupational health and safety legislation. Further research is needed to explore how the potential of OHPs can be better utilized.
Herr Prof. Hans Martin Hasselhorn
Bergische Universität Wuppertal, Fachgebiet Arbeitswissenschaft, Wuppertal
Hans Martin Hasselhorn ist Facharzt für Arbeitsmedizin und seit September 2015 Inhaber des Lehrstuhls für Arbeitswissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal. Er hat in Freiburg und Göteborg Humanmedizin studiert, von 1992 bis 1997 am Universitätsklinikum Freiburg gearbeitet und ist von 1997 bis 1999 als Marie-Curie-EU-Stipendiat am Karolinska Institute in Stockholm in der Arbeitsstressforschung tätig gewesen. Von 1999 bis 2009 war er an der Bergischen Universität Wuppertal im Bereich Arbeitsmedizin tätig, danach leitete er den Forschungsfachbereich „Arbeit und Gesundheit“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Berlin. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt ist heute der Themenkomplex „Arbeit, Alter, Ge-sundheit und Erwerbsteilhabe“. Zu den von ihm initiierten Forschungsprojekten zählen die Europäischen NEXT-Studie (www.next-study.net) sowie die deutsche Alterskohortenstudie lidA („leben in der Arbeit“, www.lidA-studie.de). Von 2014 - 2015 koordinierte er das internationale Projekt “Understanding Employment Participation of Older Workers”, JPI UEP (http://www.jp-demographic.eu/about/fast-track-projects/understanding-employment).
#Vortrag
2
Background
Promoting a sustainable return to work (RTW) and work participation for employees after a long-term sickness absence due to common mental disorders (CMDs) is a crucial challenge. Previous studies on RTW trajectories with CMDs have found a great heterogeneity and variety in shapes of possible RTW trajectories, but have only rarely considered work-related aspects in the RTW process. The present study aims to examine 30-month work participation trajectories and associated individual, group, leader, and organisational resources of employees on sickness absence due to CMDs in Germany.

Methods
Between 2016 and 2020, we conducted a prospective cohort study with N=259 participants, who were on sickness absence due to CMDs, and followed them for 30 months with quantitative telephone surveys after 6, 12, and 18 months, and an additional online survey after 30 months. We defined work participation as the proportion of weeks being present at work between two measurement points (self-reported). We estimated 30-month work participation trajectories with Latent Class Growth Analysis (LCGA), and described the trajectories according to individual, group, leader, and organisational resources.

Results
We identified four trajectory classes: Class 1 ‘low-increasing’ (19.6%) with a slow but constantly increasing work participation over time, and finally reaching nearly 60% of work participation; Class 2 ‘persistently high’ (30.3%) with a persistently high work participation of over 80% after RTW until 30 months; Class 3 ‘persistently very high’ (34.7%) with the highest work participation throughout follow-up and reaching nearly 100% work participation after RTW; and Class 4 ‘decreasing’ (15.4%) with an increasing work participation until 12 months, reaching of about 90% work participation, but then decreasing below 60% work participation until 30 months. On a preliminary basis, participants with persistent high work participation (Classes 2 and 3, 65.0%) reported more individual, group, leader, and organisational resources throughout the study period.

Conclusion
Beyond returning and staying at work, employees with the highest work participation over time reported also the most resources throughout the study period. Therefore, those employees with less resources (about one third of the employees with a low-increasing or a decreasing work participation) should be given more care and attention in their complete RTW process from treatment to the workplace.
Frau Alexandra Sikora
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin
#Vortrag
3
As the duration of an illness or its treatment increases, the chances of successful reintegration often dwindle. Patients are rarely able to categorise all the information and therapy options correctly and lose hope of recovery and reintegration into working life the longer they are unable to work. What is needed here is a guide who, at an early stage and consistently, orients the therapy goals to the challenges of the current and future workplace in addition to the individual opportunities and possibilities.
Occupational health physicians can provide specialist support in the event of acute illnesses, advise on treatment alternatives if required, help with the selection of rehabilitation facilities, obtain information on the performance profile at the workplace for the rehabilitation clinic, assist with reintegration into the workplace, ensure sustainable rehabilitation success in the workplace by balancing stress and strain and, if necessary, also provide socio-medical support. On the basis of a company agreement, a model project is explained that focuses on employee retention in view of the existing shortage of skilled labour and changing demographics: Using the existing socio-medical possibilities, preventive health care and health care as well as the possibilities of gradual reintegration and company integration management are bundled in the hands of the occupational health physician, who confidentially reviews the illness data and, after converting it into positive performance profiles, provides the rehabilitation facility, employer and social service providers with the data required to fulfil their tasks. This optimised BEM-model has enabled employees who have been sick for a long time to return to work more quickly.
This makes it easier to plan for long-term illnesses and reduces the costs for additional staff and their training. The measure has a positive impact on employee satisfaction and identification with the company, but also gives the company many opportunities to access the necessary funds and measures from the social benefit institutions and insurances in time as part of the occupational rehabilitation.
Herr Dr. med. Hanns Wildgans
#Vortrag #Occupational Integration Management #Occupational health physicians #Rehabilitation #Reintegration
4
Background
To decrease the number of workers with work-related mental health complaints more emphasis needs to be put on the importance of prevention within occupational health care. However, in the Netherlands occupational physicians (OPs) spend most of their working time on sickness absence guidance instead of on their preventive tasks.
To support OPs in their preventive role, we developed a peer coaching intervention to create a collaborative learning environment that encourages interaction, sharing experiences and feedback, and the development of an individual action plan with regards to the execution of preventive tasks.

Objective
We evaluated the effects of the process of implementation of this intervention in daily practice. Specifically, the evaluation seeks to: (1) describe the reach and uptake of the intervention; (2) determine the extent to which the intervention was implemented as intended; (3) provide insights into experiences of OPs, and (4) identify factors influencing the implementation.

Methods
We used a mixed-methods approach to assess seven main process indicators: acceptability, adoption, appropriateness, feasibility, fidelity, penetration and sustainability. Data were collected between March and June 2024 by means of an online questionnaire and semi-structured interviews with group coordinators and OPs.

Results
We received 98 out of 115 participants questionnaires in return. 96% of the OPs successfully discussed barriers to the execution of preventive tasks, and 83% were able to formulate strategies for these barriers. Most participants managed to implement their formulated goals related to the execution of preventive tasks in practice. When they were unable to do so, time constraints and resistance from employers and occupational health services often played a role. OPs valued the program’s structure, interaction with colleagues, and the increased awareness it generated.

Discussion and conclusion
The peer coaching group program was well-implemented and positively evaluated by OPs. The program can be improved by allocating more time to it, for instance by integrating it into the educational curriculum, and by paying more attention to the specific working conditions of OPs, such as the different sectors in which they are employed.
Frau Frederieke Schaafsma
Amsterdam UMC, Amsterdam
#Vortrag
Do
03 Apr
14:30 - 16:00
Vorträge
Arbeitsschutz
Raum: Seminarraum K8 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 60)
Vorsitz: Gabriela Petereit-Haack und Astrid Rita Regina Heutelbeck
Beiträge:
1
Aufbauend auf der S1-Leitlinie „Berufliche Hautmittel: Hautschutz, Hautpflege und Hautreinigung“ aus dem Jahr 2015 (Fartasch et al. 2015) erfolgte nun die Aktualisierung und eine Hochstufung der Leitlinie zur S2k-Ebene. Die Expertenkommission bestand aus Mitgliedern der arbeitsmedizinischen und berufsdermatologischen Fachgesellschaften. Die Leitlinie zielte darauf ab, eine akzeptierte, evidenzbasierte Entscheidungshilfe für die Nutzung von Hautmitteln am Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Kapitel wurden durch die Expertengruppe überwiegend auf Basis nicht-systematischer Literaturrecherchen erarbeitet und konsentiert. Das umfassende Update beinhaltet eine Aufarbeitung der verfügbaren (inter)nationalen wissenschaftlichen Literatur mit einem Schwerpunkt auf evidenzbasierte Publikationen. Die neue Leitlinie berücksichtigt:1) Epidemiologische Untersuchungen, die den Nutzen von Hautschutz und Hautpflege belegen, 2) Ergebnisse des Cochrane Reviews zur Primärprävention von berufsbedingten HE (Bauer et al., 2018) 3) Ergebnisse der hautphysiologischen in vivo Multicenteruntersuchungen zur Anwendung und zum Nutzen bestimmter Hautschutzexterna sowie der Darstellung der Hautverträglichkeit von Hautreinigungsprodukten, 4) Spezifische Studien zur Feuchtarbeit. Im Rahmen einer Konsensuskonferenz wurden die Vorschläge für die Empfehlungen und Kernaussagen unter Verwendung eines nominalen Gruppenprozesses konsentiert. Der strukturierte Konsensfindungsprozess wurde professionell moderiert. Die aktualisierte Leitlinie soll dazu beitragen, die Primärprävention von HE am Arbeitsplatz zu verbessern und die Gesundheit der Beschäftigten nachhaltig zu schützen.

Herr Dr. Michal Gina
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #AWMF-Leitlinie
2
Hintergrund: Alkoholbasierte Handdesinfektionsmittel (AHD) reduzieren effektiv Mikroorganismen auf den Händen; einige Handdesinfektionsmittel besitzen auch viruzide Eigenschaften (v-AHD). In der Praxis kann häufiger Gebrauch von AHD zu Hautirritationen führen. Jüngste Ergebnisse zeigen, dass das in AHD verwendete 1-Propanol ein stärkeres Hautirritationspotenzial haben kann als früher angenommen wurde (Tasar et al. 2020).

Methoden: In dieser experimentellen Studie wurden die Auswirkungen von vier v-AHD-Formulierungen (A-D) auf die Hautbarrierefunktion untersucht. Hier wurden zwei viruzide Systeme verwendet: a) v-AHD-A und v-AHD-B (ausschließlich Ethanol in höheren Konzentrationen), b) v-AHD-C und v-AHD-D (Ethanol und 1-Propanol mit einem Zusatz von Phosphorsäure, PA). Als Kontrollen wurden 70%iges 2-Propanol, 80%iges Ethanol, Wasser und 0,7% PA ausgewählt. Insgesamt wurden 48 Probanden mittels modifizierter Okklusions-Irritationstests über 2 Tage getestet. Die Testsubstanzen wurden zweimal täglich mit einer Pause von 2 Stunden für vier Stunden an den Unterarmen appliziert. Transepidermaler Wasserverlust (TEWL), Kolorimetrie, Corneometrie sowie klinische Scores wurden an den Tagen 1 und 3 gemessen.

Ergebnisse: Im Allgemeinen wurden die alkoholischen Kontrollen und v-AHDs gut vertragen. Im Vergleich zu dem Ausgangswert am Tag 1 zeigten sich am Tag 3 statistisch signifikante Veränderungen im TEWL, in der Corneometrie und Kolorimetrie (einschließlich Wasser als Kontrolle) für alle v-AHD, insbesondere für v-AHD-D (TEWL-Veränderung von 6,43 (SD 1,40) auf 8,76 (SD 3,87). Während die Unterschiede zwischen den getesteten v-AHDs statistisch nicht signifikant waren, erhöhten v-AHD-A und v-AHD-D den TEWL im Vergleich zu Wasser signifikant. v-AHDs zeigten ein günstigeres Hautreizungsprofil als reines Ethanol und 2-Propanol. PA reduzierte die Corneometrie-Werte leicht.

Schlussfolgerungen: Das Hautreizungspotenzial der getesteten v-ADH scheint grundsätzlich moderat zu sein und primär von der Konzentration der eingesetzten Alkohole abzuhängen. v-ADH-D zeigte das stärkste Reizungspotenzial, vermutlich aufgrund des 1-Propanol-Zusatzes (höherer konzentriert als in v-ADH C). PA wurde gut vertragen und könnte die viruzide Aktivität der AHD erhöhen, ohne die Hautreizung zu verstärken. Weitere Feldstudien sind notwendig, um die Rolle von v-ADH im Vergleich zu anderen ADH in der Praxis zu untersuchen, insbesondere im Hinblick auf den 1-Propanol-Gehalt.
Literaturverzeichnis
Tasar, Ramona; Wiegand, Cornelia; Elsner, Peter (2020): How irritant are n-propanol and isopropanol? - A systematic review. In: Contact dermatitis 84 (1), S. 1–14. DOI: 10.1111/cod.13722.

Herr Dr. Michal Gina
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #Händedesinfektion
3
Für Beschäftigte im Gesundheitswesen gehören Flächendesinfektionen zu den täglichen Routineaufgaben. Eine Bewertung der inhalativen Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen, in diesem Fall den Wirkstoffen des Desinfektionsmittels, ist notwendig, um die Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Es ist jedoch nach wie vor schwierig zu entscheiden, welches Expositionsmodell für die inhalative Expositionsabschätzung am besten geeignet ist.

Ziel der Studie war es, die Anwendbarkeit verschiedener Expositionsmodelle für die Desinfektion von kleinen Flächen im Gesundheitswesen im Vergleich zu Gefahrstoffmessungen zu bewerten.

Die Bedingungen der Flächendesinfektion (bis 15 m3) im Gesundheitsdienst wurden in einer Prüfkammer nachgestellt. Zuerst wurde die Luftkonzentration von Wirkstoffen in Desinfektionsmitteln (Ethanol, Formaldehyd, Glutaraldehyd, Wasserstoffperoxid, Peroxyessigsäure) zusammen mit anderen Expositionsparametern aufgezeichnet. Die Messungen wurden mit Hilfe von personengetragenen und stationären Probenahmesystemen durchgeführt. Darüber hinaus wurde die inhalative Exposition mit drei deterministischen Modellen (instationäres 1-Zonen-Modell, ConsExpo-Modell und 2-Komponenten-Modell) und mit einem „modifying-factor“-Modell (Stoffenmanager®) simuliert. Die berechneten Werte wurden mit den gemessenen Werten verglichen, wobei verschiedene Methoden zur Bewertung der Modellqualität (wie Genauigkeit und Grad der Konservativität) angewandt wurden.

Die deterministischen Modelle zeigten für alle Wirkstoffe von Desinfektionsmitteln mit Ausnahme von Ethanol überwiegend doppelte bis fünffache Überschätzungen gegenüber den Messdaten und eine hohe Konservativität. Mit Stoffenmanager® wurde für Ethanol eine Expositionsverteilung modelliert, die mit den Messdaten gut übereinstimmte. Die drei deterministischen Modelle und Stoffenmanager® haben gute bis akzeptable Abschätzungen für das spezifische Expositionsszenario geliefert und scheinen für die Abschätzung der inhalativen Exposition bei der Flächendesinfektion geeignet zu sein.

Referenz:
L. Anhäuser, B. Piorr, M. Arnone, W. Wegscheider, J. Gerding, Occupational inhalation exposure during surface disinfection – exposure assessment based on exposure models compared with measurement data, J. Exposure Sci. Environ. Epidemiol. 2024, 34, 345-355.
Frau Dr. rer. nat. Lea Anhaeuser
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Köln
#Vortrag
4

Einleitung

Bettwanzenbefall ist ein aktuelles und zunehmendes Problem in Europa.. Auch das deutsche Segelschulschiff "Alexander von Humboldt II (AvHII)" war von Bettwanzen befallen. Gemäß den Richtlinien wurde eine professionelle Desinsektion mit synthetischen Pyrethroiden mit intensiver Reinigung und Freisetzung nach sorgfältiger ärztlicher Untersuchung durchgeführt.
Nach fachlicher Einschätzung besteht für den Menschen kein toxikologisches Risiko, wenn die Entwesung professionell durchgeführt wird, jedoch können Allergiker auch nach Monaten bis zu einem Jahr leichte, möglicherweise sogar unangenehme Symptome wie Juckreiz, Niesen und trockenen Husten entwickeln.
Intensive Nachforschungen in Deutschland ergaben, dass neben Pyrethroid-Anwendungen zunehmend auch die sogenannte Wärmedesinfektion mit professionellen Raumheizgeräten zur Behandlung von Bettwanzen/Flöhen eingesetzt wird. Räume werden mit leistungsstarken Geräten mindestens 4-6 Stunden, besser 12 Stunden, auf ca. 70°C beheizt und gelten dann als "insektenfrei".

Methoden

Ein Prinzipversuch wurde in einer 4-Bettkammer (46 m3) auf der "AvHII " mit folgender Ausstattung durchgeführt. 1. Heizung: "Baummarkt" Heizlüfter Trotec TDS, 5,5 KW Drehstrom (4x 400V) mit Sicherheitsabstand von ca. 0,50m zur Raumeinrichtung,2. Temperaturmessungen: PEAK Tech 5400 Infrarot-Digitalthermometer an 11 definierten Messpunkten, Vorversuch mit geeichten Laborthermometern. 3. Messintervalle und Dokumentation: 1 Stunde über insgesamt 12 Stunden.

Ergebnisse

: Der Versuch zeigte, dass ein dreiphasiger Heizlüfter aus dem normalen technischen Bordbestand (ca. 5 KW) genügend Leistung hat, um Kammern ausreichend schnell, sicher und vollständig aufzuheizen. Die Heizleistung konnte nach 3 Stunden wieder auf halbe Leistung umgeschaltet werden, da die Temperaturen in allen Bereichen deutlich über 50°C lagen und in der 4. Stunde auch in den Vertiefungen wie dem Dusch- und Badbereich zuverlässig über 60°C erreicht wurden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Der Hitzedesinsektionsversuch hat sich in der Praxis als eine einfach durchzuführende Maßnahme erwiesen, ohne Schadstoffe einzubringen. Sie ist kostengünstig, mit entsprechenden Brandschutzvorkehrungen sicher und kann von einer technisch geschulten Person durchgeführt werden.Werden in allen Bereichen des Raumes für 4-6 Stunden Werte über 60°C erreicht, kann der Raum als "insektenfrei" gelten und unmittelbar genutzt werden.



Herr Dr. Dr. Axel Hahn
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Berlin
Studium Elektrotechnik und Medizin, Facharzt Kinder/Jugendmedizin, Umweltmedizin, Humantoxikologe, Fachwissenschaftler Toxikologie und Umweltschutz, Promotionen Dr. med./ Dr. P.H., bis 2014 Leiter der Nationalen Erfassungsstelle der Dokumentations- und Bewertungsstelle für Vergiftungen im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Geschäftsführer der Nationalen Kommission zur Bewertung von Vergiftungen, nun im Status eines Senior Fellows im BfR und Gastwissenschaftler (Charité Berlin/Universitätsmedizin Leipzig)
#Vortrag #Hygiene
5
Hintergrund: Chemotherapien, insbesondere bei erkrankten Hunden und Katzen, sind mittlerweile gängige Verfahren in der Veterinärmedizin. Beim Arbeiten mit zytotoxischen Medikamenten ist auf die Einhaltung bestimmter Schutzmaßnahmen zu achten, um kanzerogene, mutagene und reproduktionstoxische Gesundheitsrisiken ausschließen zu können. Uns interessierte, inwieweit in veterinärmedizinischen Kliniken, aber auch Praxen ein arbeitsschutzkonformes Zubereiten und Applizieren erfolgt. Zum Arbeitsschutz gehören u.a. das Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung, die Vermeidung aller Möglichkeiten, Zytostatika am Arbeitsplatz zu verschleppen u. a. organisatorische Schutzmaßnahmen wie z.B. die Unterweisung von Beschäftigten.

Methoden: Im März 2024 wurden rund 1000 paper-pencil- Fragebögen an zufällig ausgewählte tiermedizinische BGW- Mitgliedsbetriebe versendet und durch 117 Adressen ergänzt, die Chemotherapie auf ihrer Internetseite bewerben. Im Fokus standen die Prävalenz der Zubereitung und Applikation von Zytostatika sowie ergriffene technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen beim Umgang mit Kapseln, Tabletten, Infusionen und Injektionen. Die Datenauswertung erfolgte deskriptiv und bivariat vergleichend zwischen Kliniken und Praxen (Chi2- und Mann-Whitney U-Tests incl. Effektstärkeanalysen). Zu Vergleichszwecken wurden mit imputierten Daten standardisierte Summenindices zur Arbeitsschutzqualität (AS-Q, mit und ohne Zubereitung, Werte zwischen 0 und 1) konstruiert.

Ergebnisse: Der Fragebogenrücklauf betrug insgesamt 49% (n=531); 47 Einrichtungen applizieren Zytostatika (4%) und etwas mehr als die Hälfte (n=28) bereiten Mischungen auch selbst zu. Arbeitsschutzinformationen zum Letzteren stehen von n=24 zur Verfügung. Der standardisierte AS-Q- Summenscore für auch zubereitende Einrichtungen beträgt im Mittel 0.79 (SD 0.12, Median 0.79) und unterscheidet sich nicht zwischen den jeweils 12 Kliniken und Praxen. Der AS-Q-Summenscore bezogen auf Applikationen und alle Einrichtungen ist vergleichbar hoch, in Kliniken jedoch besser als in Praxen mit einem Trend zur Signifikanz und moderater Effektstärke (p=0,060; ES =0,297).

Diskussion: Chemotherapien werden überwiegend in Kliniken durchgeführt. Ein Selektionsbias ist trotz des relativ hohen Rücklaufs dennoch nicht auszuschließen. Die Arbeitsschutzqualität ist bei den teilnehmenden Einrichtungen insgesamt recht hoch. Wo im Einzelnen ggf. Beratungsbedarf besteht, wird im Beitrag aufgezeigt.
Frau Dr. Martina Michaelis
Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS), Freiburg
#Vortrag #Veterinärmedizin #Zytostatika #Gesundheitsrisiken #Arbeitsschutzumsetzung #Unternehmensbefragung
6

Einleitung

Die psychotherapeutische Sprechstunde am Arbeitsplatz (PT-A) bietet Beschäftigten eine niedrigschwellige psychotherapeutische Unterstützung mit dem Ziel, die Arbeitsfähigkeit zu sichern. In der Studie "Frühe Intervention am Arbeitsplatz" (www.friaa.de) wurde die PT-A als Intervention im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie untersucht sowie u.a. durch eine qualitative Prozessevaluation begleitet. Ergebnisse der qualitativen Prozessevaluation zu den Themen Zufriedenheit sowie Entwicklung der Arbeitsfähigkeit und Selbstwirksamkeit im Kontext der Inanspruchnahme der PT-A werden präsentiert.

Methoden

Im Rahmen der qualitativen Prozessevaluation wurden u.a. 21 Beschäftigte, die die PT-A aufsuchten, zu zwei Zeitpunkten - kurz nach der PT-A und ein halbes Jahr später - mittels narrativer, leitfadengestützter Videointerviews befragt. Die Interviews wurden inhaltsanalytisch nach Kuckartz (2022) auswertet. Vorgestellt werden Ergebnisse der Kategorien a) Zufriedenheit (mit Rahmenbedingungen und therapeutischer Behandlung), Entwicklung der b) Arbeitsfähigkeit (AF) und c) Selbstwirksamkeit (SW) - von der Krise bis sechs Monate nach Behandlungsende.

Ergebnisse

Die Zufriedenheit der Beschäftigten mit der PT-A ist sehr hoch. Der unkomplizierte Zugang, Anonymität sowie Vertrauen in die Therapeut:innen sind förderliche Faktoren. Die PT-A vermittelte hilfreiche Werkzeuge und/oder regte zu Verhaltensänderungen an. Entsprechend verbesserte sich die AF von einem Durchschnittswert in der Krise von 4,2 (auf einer Skala von 1-10) auf 7,6 sechs Monate nach Behandlungsende und es gelang den Beschäftigten die SW, die in der Krise als sehr eingeschränkt erlebt wurde, wieder zurückzugewinnen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die PT-A wird als wertvolles Angebot eingeschätzt, Beschäftigte frühzeitig zu erreichen. Sie spricht Beschäftigte an, die zwar psychisch beansprucht sind, aber noch einen mittleren Wert der AF und geringe AU-Zeiten haben. Innerhalb kurzer Zeit werden Bewältigungsstrategien für die Krise entwickelt. Allerdings liegen diese in der Mehrheit auf der individuellen Ebene. Das Ziel sollte sein, die PT-A in betrieblich-gestalterische Präventionsmaßnahmen zu integrieren und Betriebsärzt:innen als Schnittstelle zwischen dem betrieblichen und medizinisch-therapeutischen System zu verstehen.
Frau Ute Schröder
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
#Vortrag #Psychotherapeutische Sprechstunde #Früherkennung psychischer Krisen #betriebliche Präventionsarbeit
Do
03 Apr
14:30 - 17:00
Rahmenprogramm
Betriebsbegehung bei den Werkstätten der Wuppertaler Schwebebahn
Anmelde- und kostenpflichtige Betriebsbegehung (inkl. Shuttleservice)
Ort: Vohwinkeler Straße 22, 42329 Vohwinkel
www.schwebebahn-in-wuppertal.de/werkstatt.html
Do
03 Apr
14:30 - 17:30
DGAUM Forum
Forum der AG Umweltmedizin mit anschließender Mitgliederversammlung
14:30 - 16:30 Uhr: Forum der AG Umweltmedizin: „Resilienz im Klimawandel – Anforderungen an Mensch und Infrastruktur“
  • Klimawandel und Klimafolgenanpassung – Raumklimatische Herausforderungen bei Gebäuden für Wohnen und Arbeiten (Prof. Dr.-Ing. Karsten Voss)
  • Wechselwirkung Mensch und Gebäude im Kontext des Klimawandels: Hitze und Psychische Belastungen – eine Übersicht (Dr. Rania Christoforou Arotis)
  • Extremwetter und Arbeitsmedizin (Dr. Heinz Fuchsig)
  • Gemeinsame Diskussion
16:30 - 17:30 Uhr: Mitgliederversammlung der AG (geschlossene Sitzung)
Raum: Hörsaal 28 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 100)
Vorsitz: Dennis Nowak und Monika Raulf
Beiträge:
1
Den Klimawandel in Mitteleuropa nehmen wir bereits heute durch signifikant mildere Winter und heißere Sommer war. Um weitere Veränderungen zu begrenzen, wurden Maßnahmen zur Emissionssenkung in allen Sektoren eingeleitet, darunter auch für den Gebäudebereich. Dieser ist zu etwa 40% an den Klimagasemissionen beteiligt und soll gemäß Beschluss der Bundesregierung bis 2045 klimaneutral gemacht werden. Damit sind in einer relativ kurzen Zeitspanne große Veränderungen insbesondere für den Energiestandard, die Systemtechnik für die Beheizung und den sommerlichen Wärmeschutz von Gebäuden verbunden. In Zeiten weltweiter Krisen bekommen Aspekte der Versorgungssicherheit und der Versorgungsgerechtigkeit zusätzlich eine Bedeutung. Im Neubau treffen diese Bemühungen und daraus hergeleitete Baustandards auf steigende Baukosten und stellen die Finanzierbarkeit ganz grundsätzlich in Frage.
Die Anpassung des Gebäudebestands an intensivere, längere Hitzeperioden mit tropischen Nächten und entsprechenden Belastungen für die betroffenen Menschen stellt den bisher überwiegenden Verzicht auf die Kühlung und Klimatisierung von Gebäuden in Frage. Davon sind insbesondere die Großstädte mit ihren intensiven Wärmeinseln betroffen. Das Potential der sogenannten passiven Maßnahmen durch Sonnenschutz, Wärmespeicherung und die nächtliche Lüftung reicht zumeist nicht mehr aus, so dass auch im Gebäudebestand gebäudetechnische Maßnahmen die Regel werden, die einen zusätzlichen Energieverbrauch und Belastungen für das Stromnetz verursachen.
Es ist davon auszugehen, dass die Anpassungen nur teilweise und vor allen Dingen zu langsam gelingen und wir damit als weiteren Beitrag unsere Verhaltensweisen und raumklimatischen Erwartungshaltungen hinsichtlich der Temperatur hinterfragen müssen. Veränderte Kleidungsgewohnheiten oder Arbeitszeiten können zur Entlastung beitragen. Die anteilige Verlagerung von Büroarbeitsplätzen in private Wohnungen vermischt dabei die Verantwortlichkeiten für die Bedingungen am Arbeitsplatz.
Der Beitrag erklärt Zusammenhänge zwischen Gebäude, Gebäudetechnik und den Auswirkungen auf die Innenraumbedingungen und erläutert dabei die veränderten Randbedingungen anhand von durchgeführten Projekten die Problemstellungen und Handlungsmöglichkeiten.

Herr Prof. Dr. Karsten Voss
Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal
#Vortrag #Raumklima, Gebäudeheizung, Gebäudekühlung, Lüftung, Nutzerverhalten
2
Studien, die sich mit den psychologischen Auswirkungen des Klimawandels befassen, haben sich auf den Verlust von Lebensraum und die damit verbundenen Ängste und Sorgen konzentriert. Besondere Aufmerksamkeit wurde den psychologischen Auswirkungen vergangener Hitzewellen, Überschwemmungen und anderer klimatischer Gefahren gewidmet, um die künftigen Auswirkungen des Klimawandels vorherzusagen. Die meisten Schlussfolgerungen beruhen jedoch auf Studien, die sich nur mit einer begrenzten Anzahl an Einflussgrößen und Folgen befassen, was zu unberechtigten Verallgemeinerungen führen kann. So werden beispielsweise negative Rückschlüsse auf die Auswirkungen erhöhter Temperaturen auf psychosoziale Aspekte nur aufgrund von Studien gezogen, die eine Zunahme von Aggressionen und Selbstmordgedanken unter heißen Bedingungen belegen. Dagegen besteht die dringende Notwendigkeit, die Angst vor schädlichen Auswirkungen hinter sich zu lassen und die tatsächlichen Auswirkungen dieser klimatischen Bedingungen auf die Physiologie und Psychologie der Menschen ganzheitlicher zu erforschen. Dabei sollten die Wechselwirkung zwischen der Widerstandsfähigkeit der baulichen Umwelt und der menschlichen Widerstandsfähigkeit sowie die angeborene Fähigkeit der Menschen, sich an bestimmte Situationen anzupassen, berücksichtigt werden. Frühere Studien deuten darauf hin, dass eine kontinuierliche Exposition gegenüber erhöhten Temperaturen den Menschen helfen können, sich an die Bedingungen anzupassen, und sogar positive physiologische und psychologische Auswirkungen haben können. In diesem Beitrag wird ein Überblick über das vorhandene Wissen über die Wechselwirkung zwischen Klimawandel und psychischer Gesundheit gegeben. So werden beispielsweise die Ergebnisse früherer Studien zum Vergleich von kühlen und warmen Bedingungen in Bezug auf Variablen erörtert, die eng mit der Psychopathologie verknüpft sind, wie Empathie und positiver Affekt. Dabei werden die erwarteten psychologischen Auswirkungen in gesunden Bevölkerungsgruppen kritisch betrachtet. Es wird vorgeschlagen, dass Psycholog*innen und Mediziner*innen aus der Arbeits- und Umweltmedizin eng mit Architekt*innen und Ingenieur*innen zusammenarbeiten, damit sie über die Fortschritte informiert sind, die auf den Schutz der Lebensräume und die Resilienz der Menschen abzielen, unser Verständnis der psychologischen und physiologischen Auswirkungen des Klimawandels zu verbessern und entsprechende präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Frau Dr. Rania Christoforou
Universitätsklinikum Aachen, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Lehr- und Forschungsgebiet Healthy Living Spaces, Aachen
#Vortrag
3
Extremhitze, Hochwasser, Waldbrand und Co: was bedeutet das für die Arbeitsmedizin betroffener Firmen?
Ein Stromausfall in solchen Situationen verschärft die Situation zusätzlich. Es gilt, sich nicht nur in betrieblicher Hinsicht resilient zu machen.
Folgen werden aufgezeigt und mögliche Vorbereitungen und Methoden angeführt. Ein Austausch von best practice über eine Arbeitsgruppe von KLUG (www.klimawandel-gesundheit.de ) soll weitergeführt und allen interessierten Arbeitsmediziner:innen zur Verfügung gestellt werden.
Herr Heinz Fuchsig
#Vortrag
Do
03 Apr
14:30 - 16:30
DGAUM Forum
Forum der AG Psychische Gesundheit
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Kristin Hupfer und Roman Pauli
Beiträge:
1
Einleitung
Aktuell sind deutschlandweit rund 2,9 Millionen Studierende an Hochschulen eingeschrieben. Aus arbeitsmedizinischer Sicht spielen Studierende ebenfalls eine zentrale Rolle, denn sie stellen die zukünftigen Fach- und Führungskräfte in Verwaltung, Medizin, Politik und Bildungswesen und somit äußerst relevante Multiplikatoren von Gesundheit und Prävention in der Arbeitswelt, dar. In diesem Beitrag werden Längsschnittdaten zur psychischen Gesundheit und Gesundheitsdeterminanten aus dem Projekt Healthy Campus Mainz (HCM) präsentiert, um auf deren Basis Empfehlungen zur Gesundheitsförderung von Studierenden abzuleiten.

Methoden
Im Rahmen des Projekts HCM wurden drei Onlinebefragungen zur Studierendengesundheit jeweils in den Sommersemestern der Jahre 2019 (vor der Pandemie), 2020 und 2021 (während der Pandemie) durchgeführt. Unter anderem wurden Variablen der psychischen Gesundheit (depressive Symptome, PHQ-9, generalisierte Angst, GAD-2; Internetsucht, AICA-S) und verschiedene soziodemografische, studienspezifische und gesundheitsspezifische Variablen, erhoben. Eine anonyme ID diente dazu, Teilnehmende mehrerer Messzeitpunkt einander zuzuordnen und somit Längsschnittanalysen zu ermöglichen.

Ergebnisse (Auswahl)
Die Prävalenz von depressiven Symptome, generalisierter Angst und Internetsucht nahm während der Pandemie signifikant zu. Lineare Regressionsanalysen zeigten zudem einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen den Variablen der psychischen Gesundheit, Einsamkeit und präpandemischem Stress. Mit Bezug auf die Nutzung von Online-Angeboten stieg der Konsum von Video- und Streamingportalen während der Pandemie am stärksten an.

Diskussion
Die psychische Gesundheit von Studierenden hat sich während der Pandemie signifikant verschlechtert. Diese Erkenntnisse stimmen alarmierend, zumal neueste Studien postulieren, dass negative Gesundheitstrends, die sich während der Pandemie manifestiert haben, auch danach noch prävalent sind. Daher müssen Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit, des Gesundheitsverhaltens und zur Stärkung von Ressourcen an den Universitäten strukturell verankert werden. Die akademische Lehre sollte hierbei eine Schlüsselfunktion in der strukturellen Verankerung einnehmen. An der Universität Mainz wird daher der sogenannte Health-Express, eine Maßnahme zur Implementierung von videobasierten Gesundheitsinhalten in die Lehre, durchgeführt und evaluiert.
Herr Prof. Dr. phil. Pavel Dietz
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
#Vortrag #Studierendengesundheit #Längsschnittstudie #Psychische Gesundheit
2

Einleitung

Prokrastination ist eine häufige Herausforderung im Studium und wird mit erhöhtem Stress, emotionaler Belastung und gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht. Insbesondere im medizinischen Studium, das durch hohe Anforderungen und Leistungsdruck geprägt ist, können Prokrastination und die Wahrnehmung von Studienanforderungen wichtige Einflussfaktoren darstellen. Dennoch gibt es bislang wenig Forschung, die die Zusammenhänge zwischen Prokrastination, Studienanforderungen und Gesundheitsoutcomes wie emotionaler Irritation und dem allgemeinen Gesundheitszustand umfassend untersucht.

Methoden

In einer Querschnittsstudie wurden über einen Online-Fragebogen 449 Medizinstudierende, überwiegend im 10. Fachsemester (66 %) und mit einem Frauenanteil von 66 %, befragt. Neben weiteren Variablen wurden Prokrastination (State-Prokrastination, Angst/Unsicherheit, Abneigung), Studienanforderungen (Wissenschaftsmodus, Studienerwartungen & Anwendungsbezug, Lernaktivität, Leistungsdruck & Misserfolg, Studienorganisation, Kontakt & Kooperation), emotionale Irritation, allgemeiner Gesundheitszustand und Selbstwirksamkeit erhoben. Die Analysen umfassten deskriptive Statistiken, t-Tests, Korrelationen und multiple Regressionsanalysen.

Ergebnisse

Alle drei Dimensionen der Prokrastination korrelierten signifikant mit emotionaler Irritation (r zwischen 0.23 und 0.45). Frauen zeigten höhere Werte bei Angst/Unsicherheit (t = -4,94; p < 0.01) und emotionaler Irritation (t = -2,30; p = 0.01). In den Regressionsanalysen waren Abneigung (β = 0.23; p = 0.02), Angst/Unsicherheit (β = 0.27; p = 0.05) und Kontakt & Kooperation (β = -0.15; p = 0.02) die stärksten Prädiktoren für emotionale Irritation. Der Gesundheitszustand hing mit Selbstwirksamkeit (β = -0.21; p < 0.02), Abneigung (β = -0.24; p = 0.02), Studienerwartungen & Anwendungsbezug (β = 0.18; p = 0.03) sowie Lernaktivität (β = -0.22; p = 0.03) zusammen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Prokrastination beeinflusst die Wahrnehmung von Studienanforderungen und hat deutliche Auswirkungen auf emotionale Irritation und Gesundheit, insbesondere bei weiblichen Medizinstudierenden. Geschlechtersensible Maßnahmen zur Stärkung der Selbstwirksamkeit sowie gezielte Interventionen zur Förderung effektiver Lernstrategien könnten dazu beitragen, die negativen Effekte von Prokrastination verringern und die Bewältigung der Studienanforderungen zu verbessern.
Frau Amanda Voss
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag #Prokrastination #Medizinstudierende #Irritation #Studienanforderungen #Geschlechterunterschiede
3

Einleitung

Medizinstudierende zeigen international eine schlechtere psychische Gesundheit als Gleichaltrige. Bei den Problemen ist vor allem die Ärztliche Zwischenprüfung („Physikum“) ein zentrales Thema. Um Studierende, die vor der ÄZP stehen, zu begleiten und ihnen konkrete Bewältigungsstrategien an die Hand zu geben, wurde von engagierten Studierenden das Projekt „Fit zur ÄZP“ entwickelt und im Sommersemester 2024 pilotiert.

Methoden

Der Workshop "Fit zur ÄZP" umfasst 4 Module. Die Studierenden lernen in Gruppen bis max. 10 Teilnehmende und werden dabei kontinuierlich von Peer-Tutor:innen (4.-6. Studienjahr) begleitet. Bisher haben 40 Studierende in 4 Gruppen teilgenommen. Im Fokus des Workshops sollten die Möglichkeit des Austauschs zwischen den Teilnehmenden und mit den Peer-Tutor:innen stehen. Außerdem wurden Informationen über verfügbare Lernmaterialien, den Ablauf der Prüfungen u.ä. vermittelt. Das übergeordnete Lernziel des Workshops besteht in der Entwicklung und Anwendung von konkreten Handlungsansätzen für die eigene Vorbereitung auf die ÄZP. Am Ende jedes Moduls haben die Teilnehmenden an einer Evaluation teilgenommen. Die Fragen in den Evaluationen basierten auf einer 5-stufigen Antwortskala, bei der die bestmögliche Antwort „sehr sinnvoll“ bzw. „sehr hilfreich“ lautete.

Ergebnisse

Alle Teilnehmer:innen haben den gesamten Workshop absolviert und an den Evaluationen teilgenommen. Die Möglichkeit zum Austausch unter den Teilnehmenden und mit den Peer-Tutor:innen bewerteten im Durchschnitt aller Module 90% als „sehr sinnvoll“. Die Umsetzung des Lernziels „Erarbeiten von konkreten Handlungsansätzen“ wurde von 80% als „sehr hilfreich“ bewertet. Die allgemeine Zufriedenheit mit dem Angebot „Fit zur ÄZP“ wurde von 91% mit der bestmöglichen Antwort angegeben. Die Teilnehmenden wurden außerdem gefragt, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie das Angebot weiterempfehlen würden. Auf einer Skala von 1 („sehr unwahrscheinlich“) bis 10 („sehr wahrscheinlich“) wählten 91% die Antwortmöglichkeit „10“.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das Angebot „Fit zur ÄZP“ wird von den Studierenden als äußerst hilfreiche Unterstützung wahrgenommen. Die studentische Perspektive auf die Prüfung scheint dabei von zentraler Bedeutung. Von Studierenden entwickelte und durchgeführte Angebote (Peer-to-peer-Kommunikation) versprechen eine besondere Qualität bei den präventiven Bemühungen um die psychische Gesundheit von Medizinstudierenden. Die Effekte des Workshops auf den Verlauf der Prüfungen werden in einer nachfolgenden Erhebung geprüft.
Frau Lena Frye
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
#Vortrag #Psychische Gesundheit #Studium
4

Einleitung

Medizinstudierende weisen eine schlechtere psychische Gesundheit als Gleichaltrige auf. Weltweit zeigen Studien erhöhte Prävalenzen für Störungen wie Depressivität, Ängstlichkeit und Suizidalität. Obwohl dies bekannt ist, gibt es nur vereinzelt verhältnis- und verhaltenspräventive Initiativen an den Hochschulen. Gleichzeitig ist die Hemmschwelle zur Inanspruchnahme von Unterstützung hoch. Die angebotenen allgemeinen Beratungen sind oft nicht auf die besonderen Bedarfe Medizinstudierender zugeschnitten, und das Aufsuchen von Hilfe wird häufig als stigmatisierend empfunden. Es fehlen niedrigschwellige Anlaufstellen im universitären Umfeld, um primär- und sekundärpräventiv psychischen Fehlbeanspruchungen vorzubeugen. Insbesondere Medizinstudierende selbst kennen die spezifischen Probleme ihrer Kommiliton*innen, sodass Unterstützung von Studierenden für Studierende besonders vielversprechend erscheint.

Ergebnisse

2023 wurde MediPeer von Studierenden u.a. als studentisches Beratungsangebot bei der Bewältigung psychomentaler Belastungen im Medizinstudium gegründet. Seitdem werden wöchentlich eine offene Sprechstunde sowie flexible online-Termine angeboten. Das Angebot stößt auf rege Nachfrage und es entstehen vertrauensvolle Kontakte. Die Nachfrage geht vor allem von Studierenden im vorklinischen Studienabschnitt aus. Häufige Anliegen in den Sprechstunden sind nicht-bestandene Prüfungen, mangelnde soziale Integration und der generelle Leistungsdruck im Medizinstudium. Auf einer Instagramseite werden psychoedukative Inhalte gepostet, um Themen rund um die psychomentale Gesundheit zu entstigmatisieren. Das Projekt blickt auf eine erfolgreiche zweijährige Laufzeit zurück, aus der sich wichtige Konsequenzen für weitere Initiativen ableiten lassen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Datenlage zur psychischen Gesundheit Medizinstudierender ist eindeutig - Anzeichen für Fehl-Beanspruchungen zeigen sich in vielen Studien. Präventions-Angebote sind oft unspezifisch und verfehlen die besonderen Belastungen und Anforderungen der Zielgruppe. Ein Peer-Ansatz mit geschulten studentischen Berater*innen kann diese Lücke schließen und wirksame Prävention im Bereich der mentalen Gesundheit leisten. Es zeigt sich, dass fachspezifische Unterstützungs- und Präventionsansätze ein großes Potential bieten. Zusätzlich müssen darauf aufbauend nachhaltige Strukturen zur aktiven Beteiligung Studierender an der Gestaltung der Studienbedingungen geschaffen werden.
Herr Luis Phillip Brehmer
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
#Vortrag #Psychische Gesundheit #Studium #Prävention
5
Hintergrund: Zahlreiche Studien deuten auf ein hohes Maß an psychosozialer Belastung und Beanspruchung unter Studierenden hin. Während es deutliche Hinweise dafür gibt, dass chronischer Stress mit der psychischen Gesundheit während des Studiums zusammenhängt, sind die langfristigen Auswirkungen von Stress während des Studiums auf die psychische Gesundheit der Betroffenen weniger gut erforscht. Unser Ziel war es daher, den Zusammenhang zwischen Stress während des Studiums und Depression im späteren Leben zu untersuchen.

Methoden: Analysiert wurden Daten aus zwei Wellen der „Studie in Ost- und Westdeutschland zu beruflichen Allergierisiken (SOLAR)“. Mittels Skalen des Trierer Inventars für chronischen Stress und des Gesundheitsfragebogens für Patienten-2 (PHQ-2) berichteten die Teilnehmer*innen über chronischen Stress während des Studiums (Erhebungszeitraum: 2007–2009, Alter: 19–24 Jahre, Zeitpunkt T1) und depressive Symptome zehn Jahre später (2017–2018, 29–34 Jahre, T2). Der Zusammenhang zwischen Stress im Studium (T1) und späteren depressiven Symptomen (T2) wurde mittels linearer Regressionsmodelle berechnet.

Ergebnisse: Die Proband*innen (N=548, 59% weiblich) berichteten ein eher geringes bis mäßiges Maß an Stress und Depression (PHQ-2-Mittelwert: 1,14 (Range: 0–6)). Dennoch zeigten sich Hinweise auf einen linearen Zusammenhang zwischen Stress (Überlastung) zu T1 und Depression zu T2, wobei ein Anstieg des Mittelwerts für Überlastung um einen Punkt mit einem Anstieg des Summenwerts für Depression um etwa einen Viertelpunkt assoziiert war (Regressionskoeffizient (B) = 0,270; 95 %-Konfidenzintervall (KI) = 0,131 bis 0,409; standardisierter Regressionskoeffizient (β) = 0,170). Stress (Bewährung) während T2 war ebenfalls mit Depression zu T2 assoziiert (B = 0,176; 95 %-KI = 0,052 bis 0,300; β = 0,122). Es gab keine Hinweise darauf, dass Bewährungsstress an T2 den Zusammenhang zwischen Überlastung (T1) und Depression zu T2 moderiert (B = 0,020; 95 %-KI = -0,136 bis 0,175; β = 0,038).

Diskussion: Unsere Analysen liefern Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen chronischem Stress während des Studiums und der psychischen Gesundheit im späteren Leben. Trotz einiger methodischer Limitationen und der Notwendigkeit einer Bestätigung durch weitere longitudinale Studien unterstreichen unsere Ergebnisse die Notwendigkeit wirkungsvoller und nachhaltiger Präventionsmaßnahmen gegen Stress bei Studierenden.
Frau Prof. Dr. Britta Herbig
LMU Klinikum, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, München
#Vortrag #Studierendengesundheit #Depression #Stress #Längsschnittstudie
Do
03 Apr
14:30 - 17:00
Aktionsbündnis
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Betriebsbegehung für Studierende
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Studentinnen und Studenten
Besichtigt werden die Werkstätten der Wuppertaler Schwebebahn.
Ort: Vohwinkeler Straße 22, 42329 Vohwinkel
Do
03 Apr
15:00 - 16:00
Vorträge
Auswirkungen digitaler/agiler Arbeitsplätze
Raum: Senatssaal (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 50)
Vorsitz: Michaela Prigge und David A Groneberg
Beiträge:
1
Titel: Auswirkungen von kurzfristigen digitalen Arbeitsunterbrechungen auf das Erleben der zeitlichen Anforderungen, Affekten und die Lernmotivation bei einer Büroaufgabe
Autorinnen: Prof. Gabriele Buruck, Aaron Freier, Susan Pelzecker, Leonie Bauer
Abstract:
Einleitung
Kurzfristige digitale Arbeitsunterbrechungen werden häufig als störend wahrgenommen. Doch aktuelle Forschungsergebnisse legen nahe, dass solche Unterbrechungen auch positive Auswirkungen auf das Erleben von Arbeitsanforderungen, Affekten und die Lernmotivation haben können. Diese Studie untersuchte, wie sich das Erleben der zeitlichen Anforderungen und die Lernmotivation in Abhängigkeit von solchen Unterbrechungen während der Bearbeitung einer standardisierten Büroaufgabe verändern.
Methoden
In einem Experiment mit 48 Proband*innen, aufgeteilt in eine Versuchs- und eine Kontrollgruppe, wurde über einen Zeitraum von 60 Minuten eine Bildschirmarbeitsaufgabe durchgeführt. Die Versuchsgruppe wurde in 15-Minuten-Intervallen durch ein spezifisches Unterbrechungsparadigma gestört, während die Kontrollgruppe ununterbrochen arbeiten konnte.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen durchweg positive Effekte bei der Versuchsgruppe. Die Proband*innen berichteten von einem geringeren Erleben der zeitlichen Anforderungen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Darüber hinaus zeigte sich eine signifikante Abnahme negativer Affekte und eine Zunahme der Lernmotivation, insbesondere in den Dimensionen Interesse und Erfolgswahrscheinlichkeit. Die erlebte Herausforderung und Misserfolgsbefürchtungen nahmen im Verlauf der Studie ab.
Diskussion
Diese Ergebnisse sind besonders relevant im Kontext der Implementierung digitaler Assistenzsysteme in Arbeitsumgebungen. Sie legen nahe, dass gut konzipierte, kurzfristige digitale Unterbrechungen nicht nur die psychische Belastung verringern, sondern auch das Lernen und die Motivation fördern können.
Für zukünftige Studien stellt sich die Frage, wie lange diese positiven Effekte anhalten und ab wann negative Effekte durch eine zunehmende Häufigkeit oder Dauer der Unterbrechungen auftreten könnten. Die gewonnenen Erkenntnisse bieten wertvolle Implikationen für die Optimierung digital unterstützter Arbeitsplätze, insbesondere im Hinblick auf die Gestaltung von Pausen- und Arbeitszeitsystemen.
Herr M. Sc. Aaron Freier
Westsächsische Hochschule Zwickau (WHZ), Zwickau
#Poster #Digitale Arbeitsunterbrechungen, Psychische Belastung
2
Hintergrund. In den vergangenen Jahren hat sich, verstärkt durch die Covid-19 Pandemie, die Arbeit in hybriden Arbeitsortmodellen etabliert. Empirische Studien beschreiben sowohl negative als auch positive Auswirkungen hybrider Arbeit auf Arbeitnehmende. Jüngst wurden vier tätigkeitsbezogene Faktoren als charakteristisch für hybride Arbeit identifiziert, die möglicherweise auch einen Einfluss auf das Arbeitsengagement haben könnten: Entgrenzung, Multitasking, die konstante Notwendigkeit der Aneignung neuer Fähigkeiten, sowie nicht arbeitsbezogene Unterbrechungen. Für Unternehmen stellt sich die Frage, inwiefern sich hybride Arbeit auf das Arbeitsengagement auswirkt. Dieser Zusammenhang wurde in der vorliegenden Studie untersucht.

Methodik. In der vorliegenden Studie wurde eine deutschlandweite, zielgruppenrepräsentative Online-Umfrage mit 967 Arbeitnehmenden durchgeführt (F= 476, M= 491). Hybride Arbeitscharakteristika wurden mit der deutschen Version der Hybrid Work Characteristics Scale erhoben. Arbeitsengagement wurde mit der deutschen Version der Kurzform der Utrecht Work Engagement Scale erhoben. Der Zusammenhang wurde mittels linearer Regression getestet.

Ergebnis. Das Regressionsmodell zum Einfluss von Multitasking auf Arbeitsengagement war statistisch signifikant (F(1, 965)= 74.18, p<.001) und erklärte 7.1% der Varianz in Arbeitsengagement (R²= 0.071, korrigiertes R²= 0.070). Der Koeffizient für Multitasking (B= 0.25, SE= 0.028, p<.001) zeigt einen signifikanten positiven Zusammenhang mit Arbeitsengagement. Der Einfluss der Anforderung für konstantes Aneignen neuer Fähigkeiten auf Arbeitsengagement erwies sich ebenfalls als signifikant (F(1, 965)= 109.3, p<.001) und erklärte 10.17% der Varianz (R²= 0.1017, korrigiertes R²= 0.1008). Der Koeffizient (B= 0.278, SE= 0.0266, p<.001) zeigt einen signifikanten positiven Zusammenhang mit Arbeitsengagement. Entgrenzung und nicht arbeitsbezogene Unterbrechungen zeigten sich in der Analyse als nicht statistisch signifikant.

Diskussion. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die hybriden Arbeitscharakteristika Multitasking und die Anforderung von konstantem Aneignen neuer Fähigkeiten positiv auf Arbeitsengagement auswirken, während Entgrenzung und nicht arbeitsbezogene Unterbrechungen keine Auswirkungen auf das Arbeitsengagement haben. Die Ergebnisse zeigen daher auf, dass hybride Arbeitsformen möglicherweise positive Auswirkungen auf Arbeitnehmende in Form von höherem Arbeitsengagement haben können.
Herr Jacob Eilts
Universitätsklinikum Aachen, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Lehr- und Forschungsgebiet Healthy Living Spaces, Aachen
#Vortrag #Hybride Arbeit #Arbeitsengagement #Arbeitsanforderungen #Orts- und zeitflexible Arbeit
3

Einleitung

In Zeiten sich verändernder Rahmenbedingungen setzen Unternehmen verstärkt auf agile Ansätze wie SCRUM oder SAFe, die die Transparenz und Planbarkeit von Arbeitsprozessen (z.B. Sprint Reviews) sowie die selbstorganisierte Teamarbeit (z.B. Retrospektiven) stärken. Eine Umsetzung agiler Ansätze ohne teamunterstützende Praktiken könnte jedoch gesundheitsgefährdend sein, da das Team dadurch weniger als gesundheitlicher Schutzraum für die einzelnen Mitglieder fungiert. Die vorliegende Analyse untersucht diesen Zusammenhang.

Methoden

Von Juni bis Juli 2024 wurde eine unternehmensweite Befragung in einem deutschen Software-Unternehmen durchgeführt (N=1594). In die Analyse wurden 788 Beschäftigte aus Entwicklungsteams ohne Führungsfunktion einbezogen. Erfasst wurden agile Arbeitspraktiken, das Burnout-Risiko [1] und die Selbstgefährdung durch Extensivierung der Arbeitszeit [2]. Für die Analyse wurden drei Gruppen basierend auf der Durchführung agiler Praktiken gebildet: Keine Praktiken (KP), Selektive Praktiken (SP: Transparenz- und Planungspraktiken, ohne teamfördernde Praktiken) und Alle Praktiken (AP).

Ergebnisse

Die Varianzanalyse (ANOVA) zeigt statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich des Burnout-Risikos (F(2, 750) = 5,38, p = .005, η² = .014) und der Selbstgefährdung (F(2, 730) = 4,97, p = .007, η² = .013). AP zeigt signifikant geringere Burnout-Werte (M = 2,14, SD = 0,69) als KP (M = 2,29, SD = 0,72, p = .047). SP zeigt die höchsten Werte für Burnout-Risiko (M = 2,33, SD = 0,69) und Selbstgefährdung (M = 2,41, SD = 0,81), mit statistisch signifikanten Unterschieden zu AP (Burnout: p = .007; Selbstgefährdung: p = .015) und KP (Selbstgefährdung: p = .018).

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse zeigen, dass eine vollständige Implementierung agiler Arbeitspraktikentypen potenziell gesundheitsfördernd wirken kann, während das Fehlen teamfördernder Praktiken einen Risikofaktor darstellen könnte. Ein ganzheitliches Verständnis von agilem Arbeiten und weitere Forschung sind entscheidend für die Entwicklung von Präventionsstrategien.

[1] Satow, L. (2013). BMI - Burnout-Mobbing-Inventar. In Leibniz-ZPID (Hrsg.), Elektronisches Testarchiv (PSYNDEX Tests-Nr. 9006565). Trier: ZPID.
[2] Krause, A. et al. (2015) Selbstgefährdung als Indikator für Mängel bei der Gestaltung mobil-flexibler Arbeit: Zur Entwicklung eines Erhebungsinstruments. Wirtschaftspsychologie. 17:49–59
Frau Luara Severin dos Santos
Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Arbeitsmedizin, Berlin
Frau Renate Rodegro
CARIAD SE, Wolfsburg
#Vortrag #Agiles Arbeiten #Burnout #Selbstgefährdung
4

Einleitung

Bisherige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass agile Arbeitspraktiken sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Beschäftigten haben können [1, 2]. Ein wichtiger Faktor könnte hierbei die Förderung der psychologischen Sicherheit sein. Darunter wird verstanden, dass sich die Mitglieder eines Arbeitsteams sicher fühlen, zwischenmenschliche Risiken am Arbeitsplatz einzugehen [3]. Die Beziehung zwischen psychologischer Sicherheit und dem Erfolg von Teams im agilen Arbeitskontext wurde bereits mehrfach untersucht [3, 4, 5], doch es gibt weiterhin nur ein begrenztes Verständnis darüber, wie sich psychologische Sicherheit im agilen Arbeitskontext auf die psychische Gesundheit oder die Gesundheit der Beschäftigten im Allgemeinen auswirkt.
Ziel dieser Studie ist die Untersuchung der Beziehung zwischen psychologischer Sicherheit und der psychischen Gesundheit der Beschäftigten im agilen Arbeitskontext.

Methoden

Zwischen April und Mai 2023 wurde die erste Befragung innerhalb einer Längsschnittstudie mit 1556 Teilnehmenden eines deutschen Softwareunternehmens durchgeführt. Die relevanten Konstrukte wurden alle durch validierte Instrumente gemessen. Die statistische Auswertung umfasst die Angabe von deskriptiven Statistiken, die Anwendung von Spearman-Korrelationen und linearen Regressionsanalysen.

Ergebnisse

Psychologische Sicherheit korreliert mit Depressivität (r=-.38), psychischen und physischen Belastungssymptomen (r=-.33), Burnout-Risiko (r=-.28) sowie Extensivierung der Arbeitszeit (r=-.26), (N= 1377, alle p<.01). Die lineare Regressionsanalyse zeigt, dass psychologische Sicherheit mit den folgenden agilen Arbeitspraktiken assoziiert ist: selbstorganisierte Teamarbeit (β=.401, p<.001), Incrementation (β=.132, p<.001) und Retrospektiven (β=.077, p=.004), während zwischen der psychologischen Sicherheit und der iterativen Planung keine Assoziation gezeigt werden konnte.

Schlussfolgerung / Diskussion

Psychologische Sicherheit scheint zur psychischen Gesundheit von Beschäftigten in einer agilen Arbeitsumgebung beizutragen. Höhere Ausprägungen agiler Arbeitspraktiken korrelieren mit einem erhöhten Maß an psychologischer Sicherheit. Dabei zeigt die selbstorganisierte Teamarbeit den stärksten Zusammenhang. Eine Stärkung der psychologischen Sicherheit in agilen Teams könnte die mentale Gesundheit von Beschäftigten verbessern.
Frau Nele Linka Reuter
Institut für Arbeitsmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin
Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Arbeits-, Sozial- und Präventivmedizin, Göttingen
#Vortrag #Agiles Arbeiten #Psychologische Sicherheit #Mentale Gesundheit
Do
03 Apr
18:30 - 23:55
DGAUM Kongressparty
Kongressparty der DGAUM
Anmelde- und kostenpflichtige Veranstaltung
Ort: Alte Glaserei, Juliusstraße 12, 42105 Wuppertal
18:30 Uhr: Einlass mit Sektempfang
19:30 Uhr: Beginn
Fr
04 Apr
08:30 - 09:30
Vorträge
Sektorverbindende Versorgung
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Volker Harth
Beiträge:
1

Einleitung

Arbeitsmedizinische Vorsorge (AMV) ist ein wichtiger Bestandteil der betrieblichen Prävention. Die AMV soll arbeitsbedingte Erkrankungen frühzeitig erkennen und verhüten sowie Beschäftigte und Arbeitgeber in Fragen des betrieblichen Gesundheitsschutzes unterstützt werden. Die Novellierung der ArbMedVV (2019) und die AMR 3.3 (2022) betonen das Präventionspotenzial eines ganzheitlichen Ansatzes der AMV. Bisher fehlen Daten zur Umsetzung. Ziel der Studie war es zu untersuchen, unter welchen Bedingungen AMV durchgeführt und ob ein ganzheitlicher Ansatz umgesetzt wird.

Methoden

Es wurden Betriebsärztinnen und -ärzte (BÄ) in Deutschland mit einem per E-Mail verschickten Fragebogen (FB) befragt. Erfasst wurden allgemeine Aspekte der betriebsärztlichen Tätigkeit (z.B. Alter, Geschlecht, Qualifikation, Position) und Angaben zur Ausgestaltung der AMV (Voraussetzungen, Zugänge, Anlässe, Untersuchungsinhalte, Beratungsthemen, Ergebnisse).

Ergebnisse

105 BÄ beteiligten sich an der Befragung. Etwa die Hälfte der BÄ ist fest in einem Betrieb angestellt, jeweils 1/4 arbeitet in einer Praxis bzw. in einem überbetrieblichen Dienst. Die Mehrheit der BÄ betreut sechs oder mehr Betriebe. Hauptinformationsquellen für die AMV sind Betriebsbegehungen, Gefährdungsbeurteilungen (einschließlich psychischer Belastungen) und ASA-Sitzungen. Etwa 2/3 der BÄ führen die AMV direkt im Betrieb durch. Die Zusammenlegung von Anlässen ist üblich und die Einhaltung der Fristen gemäß AMR 2.1 verbreitet. Informationen zur individuellen Vorsorge werden von etwa 1/3 der BÄ regelmäßig an die Beschäftigten weitergegeben. Eine Anamnese, insbesondere eine Berufsanamnese, wird routinemäßig erhoben. Viele BÄ führen regelhaft eine funktionelle Basisdiagnostik durch. Regelmäßig beraten wird u.a. über den Vorsorgeanlass, die Inhalte der AMV, den Erhalt der Erwerbsfähigkeit, Behandlungsbedarfe und Präventionsangebote. Etwa 3/4 der BÄ bejahen eine systematische Auswertung der AMV. Fast alle geben an, gelegentlich oder regelmäßig Betriebe über Maßnahmen zu beraten. Multivariate Auswertungen zeigen Einflussfaktoren auf die AMV, wie den positiven Effekt der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zur AMV.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Befragung bestätigt ein breites Betreuungsangebot durch BÄ. Ein ganzheitlicher Ansatz der AMV wird von vielen BÄ verfolgt. Die erhobenen Ergebnisse erlauben Aussagen zur Qualität, Quantität und Ganzheitlichkeit der arbeitsmedizinischen Betreuung. Die Notwendigkeit eines systematischen Monitorings der AMV wird deutlich.
Herr Dr. med. Falk Liebers MSc.
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
Studium Humanmedizin an der Humboldt-Universität zu Berlin (Charité) 1985-1991 Facharztausbildung und Promotion am Institut für Arbeitsmedizin der Charité (1991-1996) Facharzt für Arbeitsmedizin in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Berlin seit 1996 Master of Science in Epidemiology an der Berlin School of Public Health (Charité) 2015
#Vortrag #Arbeitsmedizinische Vorsorge #Querschnittuntersuchung #Betriebsärzte
2

Einleitung

Die Indikation zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung und den gesetzlichen Grundlagen. Obwohl eine AME zur „Auswertung betriebsärztlicher Erkenntnisse“ vorliegt, ist die Umsetzung in der Praxis noch unzureichend. Intention dieser Studie war es, die Sicht erfahrener Betriebsärzt*innen und Akteuren der Arbeitsmedizin auf die arbeitsmedizinische Vorsorge zu erheben.
​​​​​​

Methoden

Im Rahmen von drei Fokusgruppensitzungen mit Betriebsärzt*innen aus Großunternehmen, überbetrieblichen Diensten sowie Akteuren aus Wissenschaft und Politik sollten Vorteile, Nachteile und Änderungswünsche zur arbeitsmedizinischen Vorsorge diskutiert werden.

Ergebnisse

Die drei Gruppen berichteten ua., dass den Beschäftigten nicht klar ist, warum Sie zum Betriebsarzt geschickt werden. Die ganzheitliche Vorsorge wird in den Großunternehmen historisch gelebt und ist in den überbetrieblichen Diensten z.T. schwieriger umsetzbar. Der Engpass in der generellen ambulanten ärztlichen Versorgung wird zunehmend in den Betrieben spürbar. Ein Mismatch besteht in der Beurteilung von Zufallsbefunden mit nachfolgender (invasiver) Überdiagnostik auf der einen Seite und Personen ohne ärztliche Versorgung auf der anderen Seite. Die anlasslose arbeitsmedizinische Vorsorge für allen Mitarbeitenden ist gewünscht.

Schlussfolgerung / Diskussion

Es herrschteine große Einigkeit zu den Vorstellungen einer erfolgreichen Vorsorge, insbesondere in der Praxis. Durch die systematische Auswertung der Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Vorsorge kann die Arbeitsmedizin generell als Mehrwert und nicht nur als gesetzlich aufgezwungene Instanz gesehen werden.
Frau Prof. Dr. Andrea Kaifie-Pechmann
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, FAU Erlangen-Nürnberg, Erlangen
Frau Michaela Feigl
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, FAU Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag
3
Anforderungen in der Arbeitswelt und das Spektrum der Erkrankungen Erwerbstätiger haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Für die betriebliche Praxis ist von besonderer Bedeutung, welche externen und betriebsinternen Akteur*innen hier zur Sicherung der Beschäftigung von Mitarbeitenden mit chronischen Erkrankungen beitragen können.
​​​​Es stellt sich die Frage, wie ein erfolgreiches Zusammenwirken der Akteure bestmöglich gelingen kann. Hierzu wurden in Forschungsprojekten von 2018-2024 (AmiChro, ChronMa, SBV-Allianz), Personaler, Schwerbindertenvertretungen und Inklusionsbeauftragte quantitativ und qualitativ zum Selbstverständnis, Stellenwert, zur Rolle und Zusammenarbeit der Akteur*innen befragt.
Ergebnisse:
Für die Sicherung der Beschäftigung von Mitarbeitenden mit chronischen Erkrankungen sind aus Sicht der Personaler*innen und Führungskräfte eine bedarfsgerechte bzw anlassbezogene Arbeitsgestaltung, eine unternehmensweit etablierte offene Gesprächskultur über Gesundheitsthemen sowie die Sensibilisierung von Führungskräften entscheidend. Darüber hinaus wird eine enge Vernetzung zwischen internen und externen Akteur*innen als erfolgskritisch gesehen. Alle Akteure heben die Bedeutung klarer Rollenverteilung, angemessenen Ressourcen, fachlicher Kompetenz, Vertrauensbildung und einer präventiven Strategie hervor.
Schlussfolgerungen:
Neben Verantwortlichen des betriebsärztlichen Dienstes sind Akteur*innen der Personalabteilung, des Arbeitsschutzes, die Schwerbehindertenvertrauenspersonen und Inklusionsbeauftragte des Arbeitgebers u.a.im Zusammenspiel relevant an Rückkehr und Verbleib in Arbeit chronisch erkrankter Beschäftigter beteiligt. Insgesamt wird deutlich, dass die Klärung der Rolle des Arbeitsschutzes für Beschäftigte mit chronischen Erkrankungen sowie der Stärkung der Rolle des Inklusionsbeauftragten des Arbeitsgebers (vgl. Berliner Erklärung 2024) in Forschung und Praxis weiterentwickelt werden sollte.

Frau Prof. Dr. Mathilde Niehaus
Universität Köln Lehrstuhl für Arbeit und Berufliche Rehabilitation, Köln
Universität Köln Lehrstuhl für Arbeit und Berufliche Rehabilitation, Köln
#Vortrag #Personalabteilung #Schwerbehindertenvertretung #Inklusionsbeauftragte
4

Introduction

The work of general practitioners (GPs) and occupational health physicians (OHPs) overlap in some areas, but so far, the cooperation of GPs and OHPs has rarely been investigated. Based on a previous cross-sectional study using a postal survey with GPs and OHPs in 2014/2015 (acronym: GPOP-0) [1], we conducted a second cross-sectional study in which GPs and OHPs were questioned in the same federal states in 2023/2024 (acronym: GPOP-Trend). By comparing results of both surveys, we aim to analyze trends regarding potential changes of attitudes towards interdisciplinary cooperation over time.

Methods

For both studies, the same questionnaire was used focusing on contact possibilities, potential interface fields, organizational fields and framework conditions for cooperation, common and separate working fields and responsibilities as well as attitudes (professional self-perceptions/external perceptions). Also, global statements concerning working fields, need of cooperation and for improvement were added (see for details [1]). In the GPOP-Trend survey, we additionally assessed the perceived quality of cooperation with regard to counselling purposes specific for the COVID-19 pandemic. In both data collections, prior to the postal written survey, a pretest of the questionnaire was performed and a reminder was sent out after 3 to 4 weeks. Prior to data analysis, a statistical analysis plan was published at Open Science Framework (OSF) in September 2024 [2]. The data analysis focusses mainly on the presentation of attitudes regarding professional self-perceptions/external perceptions as a possible indicator for practiced cooperation.

Results

The collected GPOP-0 data included 585 GPs and 473 OHPs. The GPOP-Trend survey is analyzable for 482 GPs and 531 OHPs. In GPOP-0, results of attitudes were analyzed using a factor analysis to show both positive and negative opinions. We found summarized heterogeneous attitudes. For example, GPs emphasized clear responsibilities of both professional groups, while OHPs wished to be more involved in some topics to improve patient care [3]. The results of the trend in attitudes are currently being analyzed, and we hope to gain more relevant insights about possible changes in attitudes towards interdisciplinary collaboration over time.

Conclusion / Discussion

We expect to derive implications for strengthening collaboration between these two professional groups in medical care, thereby implicitly contributing to improved patient care.
Frau Dr. Anke Wagner
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
Frau Prof. Dr. med. Monika A. Rieger
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
#Vortrag #General practitioners #Occupational health physicians #trend study
Fr
04 Apr
08:30 - 09:45
Vorträge
Emotionale Bewältigung
Raum: Hörsaal 28 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 100)
Vorsitz: Sabine Darius und Roman Pauli
Beiträge:
1
Einleitung: Die vorliegende Studie zielt darauf ab, mehr als 20 Jahre nach dem letzten Mobbingreport für Deutschland, die aktuelle Prävalenz von Mobbing in der Arbeitswelt zu erfassen, sowie Erkenntnisse über potenziell begünstigende und protektive Faktoren, arbeits- und unternehmenskulturelle Faktoren und gesundheitliche Auswirkungen im Zusammenhang mit Mobbing am Arbeitsplatz zu gewinnen.
Methoden: Die Studie umfasst eine bevölkerungsrepräsentative Telefonbefragung mit N=5.015 abhängig Beschäftigten (Auszubildende, Arbeiter:innen, Angestellte und Beamt:innen) in Deutschland. Die Befragung wurde zwischen August 2023 und Januar 2024 durchgeführt. Befragt wurden Personen ab 18 Jahren und einer abhängigen Beschäftigung von mindestens einer Stunde pro Woche. Erfasst wurde das Erleben von Mobbing durch Vorgesetzte und/oder Kolleg:innen (Zeitkriterium: mindestens wöchentlich in den vergangenen sechs Monaten). Weitere Inhalte der Befragung umfassten u.a. psychosoziale Belastungsfaktoren im Kontext der Arbeit (z.B. Zeitdruck, Einflussmöglichkeiten, soziale Unterstützung, Sinnhaftigkeit der Arbeit, Arbeitszufriedenheit) sowie gesundheitsbezogene Faktoren (z.B. AU-Tage, Präsentismus, Depressivität, Angst, Stress). Zur Gewährleistung der Repräsentativität wurden Design- und Anpassungsgewichtungen vorgenommen.
Ergebnisse: Ein Anteil von 48% der Gesamtstichprobe war weiblich. Das mittlere Alter lag bei 42,7 Jahren. Berichtet werden repräsentative Ergebnisse zu den alters- und geschlechtsspezifischen Prävalenzraten von Mobbing am Arbeitsplatz in der Gesamtstichprobe von abhängig Beschäftigten. Neben den aktuellen Prävalenzraten werden Ergebnisse zu psychosozialen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz im Zusammenhang mit Mobbing vorgestellt. Die Ergebnisse der bevölkerungsrepräsentativen Befragung liegen bereits vor. Der Bericht über die aktuellen Ergebnisse darf nach Veröffentlichung des Mobbingreports durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erfolgen. Die Daten können daher im April bei der DGAUM präsentiert werden.
Diskussion: Die Ergebnisse geben vertiefte Erkenntnisse in das aktuelle Geschehen zum Thema Mobbing am Arbeitsplatz in Deutschland.
Frau PD Dr. Margrit Löbner
Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig
#Vortrag #Mobbing #Repräsentative Studie #Prävalenz
2
Einleitung

​​​Tödliche Verluste können Beschäftigte schwer treffen und zu einer prolongierten Trauerstörung führen [1], die häufig mit Depressionen einhergeht [2]. Da viele betriebliche Fehltage auf psychische Erkrankungen zurückzuführen sind [3], ist der Schutz mentaler Gesundheit in Betrieben entscheidend. Um geeignete Präventionsmaßnahmen treffen zu können, müssen gefährdete Mitarbeitende frühzeitig identifiziert werden und geeignete Hilfestellungen bereitgestellt werden. Eisma et al. [4] zeigten, dass die Todesart (erwartet oder unerwartet) und kognitive Neubewertung die Trauerintensität vorhersagen konnten und erhöhte Trauerintensität mit Depressionen einherging. Daher war Ziel dieser Studie, zu prüfen, ob die Trauerintensität bei unerwarteten Verlusten höher ist und hohe Trauerintensität mit niedriger kognitiver Neubewertung sowie hoher Depressivität einhergeht.

Methoden

In einer Online-Studie wurden 210 Trauernde befragt (86.2% weiblich; Alter: M = 37.74 Jahre, SD = 12.87 Jahre). Trauerintensität, Depressivität und kognitive Neubewertung wurden mittels validierter Skalen [5, 6, 7] und die Todesart durch ein selbstgeneriertes Item erfasst.

Ergebnisse

53% der Teilnehmenden erlebten einen unerwarteten Verlust. Trauerintensität und Depressivität waren im Mittel eher gering (M = 1.47, SD = 0.80 bzw. M = 0.93, SD = 0.79; mögliche Range: 0–4) und kognitive Neubewertung im Schnitt mittelstark (M = 4.22, SD = 1.22; mögliche Range: 1–7). Die Trauerintensität war bei unerwarteten Verlusten signifikant höher und je höher Trauerintensität war, desto stärker war die Depressivität. Hohe kognitive Neubewertung ging mit niedriger Trauerintensität einher.

Schlussfolgerung / Diskussion

​​​​​Die Untersuchung zeigte, dass hohe Trauerintensität mit erhöhter Depressivität verbunden war und somit die berufliche Teilhabe gefährden kann [1, 3]. Es ist daher wichtig, dass Führungskräfte ihre Mitarbeitenden für die Auswirkungen eines Verlustes sensibilisieren und Anreize zur Selbstreflexion schaffen. Zudem sollten durch das betriebliche Gesundheitsmanagement geeignete Hilfsangebote bereitgestellt werden. Da Hinterbliebene eines unerwarteten Verlustes von einer höheren Trauerintensität berichteten, könnte ihr Bedarf an Unterstützung entsprechend höher sein. Angesichts des Befundes, dass hohe kognitive Neubewertung mit geringer Trauerintensität einherging, wäre es sinnvoll, Schulungen in diesem Bereich anzubieten, um die Bewältigung von Verlusten im Unternehmen angemessen zu unterstützen.

Referenzen

[1] World Health Organization. ICD-11: International classification of diseases (11. Revision). https://icd.who.int/browse/2024-01/mms/en#1183832314. 2022.
[2] Steinig, J & Kersting, A. Anhaltende komplexe Trauerreaktion – ein neues Krankheitsbild? PSYCH up2date, 9(5), 281–295. 2015.
[3] Bundesministerium für Gesundheit. Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/betriebliche-gesundheitsfoerderung/gesundheit-und-wohlbefinden-am-arbeitsplatz.html. o. D.
[4] Eisma, MC, Janshen, A, Huber, LFT & Schroevers, MJ. Cognitive reappraisal, emotional expression and mindfulness in adaptation to bereavement: a longitudinal study. Anxiety, Stress, and Coping, 36(5), 577–589. 2023.
[5] Abler, B & Kessler, H. Emotion Regulation Questionnaire – eine deutschsprachige Fassung des ERQ von Gross und John. Diagnostica, 55(3), 144–152. 2009.
[6] Lumbeck, G, Brandstätter, M & Geissner, E. Erstvalidierung der deutschen Version des „Inventory of Complicated Grief” (ICG-D). Zeitschrift für klinische Psychologie und Psychotherapie, 41(4), 243–248. 2012.
[7] Nilges, P & Essau, C. Die Depressions-Angst-Stress-Skalen. Der Schmerz, 29, 649–657. 2015.
Frau Julia Brenner
RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Aachen
#Vortrag
3
Resilienz und Kohärenzgefühl: Eine empirische Untersuchung zur Prüfung von Abgrenzungen und Überschneidungen

T. A. Brefeld1, R. Lutz1
1
FOM Hochschule für Oekonomie & Management, Leimkugelstraß 6, 45141, Essen

Einleitung:
Resilienz und Kohärenzgefühl werden oft zur Erklärung von Gesundheit und Genesung herangezogen, ihre Definitionen und Abgrenzungen bleiben jedoch unklar. Während einige das Kohärenzgefühl als Teil der Resilienz betrachten, sehen andere die Begriffe als getrennte, bzw. überlappende Konzepte, was insbesondere in der Diagnostik problematisch ist. Der Beitrag untersucht die Messung und das Verhältnis beider Konstrukte.
Methoden:
Nach einer theoretischen Auseinandersetzung wurde mittels einer Online-Befragung von Februar bis Mai 2024 270 vollständig ausgefüllten Datensätze erzielt. Zwei validierte Fragebögen dienten zur Erfassung der Resilienz (BRS, RS-25) und einer für das Kohärenzgefühl (SOC-29), weiterhin wurden demografische Fragen inkludiert. Die gewonnenen Daten wurden mittels einer explorativen Faktorenanalyse und einer Clusteranalyse ausgewertet. Ergänzend wurden verschiedene Item-Kombinationen auf statistische Signifikanz geprüft.

Ergebnisse:
Nach der Faktorenanalyse konnte eine drei-faktorielle Struktur angenommen werden. Diese wurde mit der nachfolgenden Clusteranalyse mit minimaler Abweichung in der Verteilung überprüft. Nach inhaltlicher Kontrolle ergab sich eine Durchmischung in allen Clustern. Die Überprüfung der inhaltlichen Ähnlichkeit mithilfe der Pearson-Korrelation zeigte überall signifikante p-Werte, sowie mittlere bis große Effektstärken (r = .39 - .71).
Schlussfolgerung/ Diskussion:
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass sich im Hinblick auf die Theorie, die Inhalte der Fragebögen und die Ergebnisse der statistischen Tests eine dreigeteilte Struktur mit einer Druschmischung der Items, erkennen lässt. Dies spiegelt den Stand der Forschung wider. Zukünftig könnte die Erhebung von Stressoren und psychischer Gesundheit unter Einbezug neuerer Ansätze der Resilienz zu mehr Klarheit bei der Definition dieser und dem Verhältnis zum Kohärenzgefühl beitragen.

Frau Tabea Alana Brefeld
FOM Hochschule für Oekonomie & Management, Essen
#Vortrag #Resilienz #Kohärenzgefühl
4

Einleitung

In der modernen Arbeitswelt kann anhaltender Stress zu psychischen Erkrankungen wie Burnout führen. Dies schadet sowohl Beschäftigten als auch Unternehmen. Resilienz, als Fähigkeit zur psychischen Anpassung, ist ein wichtiger Schutzfaktor für die mentale Gesundheit von Arbeitnehmern. Ein 7-Säulen-Modell beruflicher Resilienz, entwickelt von Knispel et al. (2024), beleuchtet vor diesem Hintergrund sieben Facetten der psychischen Widerstandskraft am Arbeitsplatz: Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Selbstfürsorge, Netzwerkorientierung, Verantwortungsübernahme und Zukunftsplanung. Mit dem Beitrag wird untersucht, wie diese Facetten der Resilienz das subjektive Stresserleben und die Burnout-Symptomatik beeinflussen.

Methoden

An der Online-Befragung nahmen 235 Berufstätige teil (161 Frauen, 73 Männer, 1 divers; Durchschnittsalter: 33,8 Jahre, SD = 13 Jahre). Zur Erfassung der sieben Facetten der beruflichen Resilienz diente die RB-7-30 (Knispel et al., 2024). Stresserleben wurde mit der Subskala des Stress- und Coping-Inventars (Satow, 2013) erfasst und Burnout-Symptomatik mit der Subskala des Burnout-Mobbing-Inventars (Satow, 2013) erhoben.

Ergebnisse

Die deskriptiven Statistiken und Korrelationen zwischen beruflicher Resilienz, Stresserleben und Burnout-Symptomatik zeigen statistisch bedeutsame, kleine bis mittlere Zusammenhänge. Höhere Ausprägungen der Resilienz-Facetten gingen mit geringerem Stresserleben und weniger Burnout-Symptomen einher. Multiple Regressionsanalysen ergaben, dass Selbstfürsorge, Zukunftsplanung und Optimismus 19 % der Varianz im Stresserleben erklärten, während Optimismus und Selbstfürsorge 34 % der Varianz von Burnout erklärten.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Studie betont die Bedeutung beruflicher Resilienz als Schutzfaktor gegen Stress und Burnout. Um die mentale Gesundheit langfristig zu fördern, sollten Beschäftigte gezielt in Resilienz geschult werden, insbesondere in den Facetten Selbstfürsorge und Optimismus. Dies bietet wertvolle Ansätze, um die Personalentwicklung und das betriebliche Gesundheitsmanagement zu unterstützen. Ungeachtet der Fokussierung auf berufliche Resilienz als persönliche Ressource bleibt die Gestaltung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen wichtig (Verhältnis- vor Verhaltensprävention).
Frau Viktoria Arling
RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Aachen
#Vortrag #Resilienz #Stress #Stressbewältigung #Burnout #Präventionsarbeit
5

Einleitung

In der heutigen Arbeitswelt gefährdet anhaltender Stress die Leistung und mentale Gesundheit, was zu Burnout führen kann. Emotionale Irritation gilt als frühes Anzeichen von Burnout, da sie auf starke Belastung und Erschöpfung hinweist. Resilienz, als psychische Widerstandskraft, ist ein wichtiger Schutzfaktor gegen Burnout, besonders im Berufsleben, wo sie durch sieben zentrale Facetten gekennzeichnet ist (Knispel et al., 2024: Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Selbstfürsorge, Netzwerkorientierung, Verantwortungsübernahme und Zukunftsplanung). Diese Studie untersucht in einem 4-wöchigen Längsschnitt das Zusammenspiel von beruflicher Resilienz und emotionaler Irritation sowie deren gegenseitige Beeinflussung.

Methoden

An der Online-Befragung zu t1 und t2 (vier Wochen später) nahmen 110 Berufstätige teil (65 Frauen, 45 Männer; Durchschnittsalter: 47,8 Jahre, SD = 13,5 Jahre), von denen 39,1 % eine Führungsposition inne hatten. Zur Erfassung der Resilienz wurde die RB-7-30 (Knispel et al., 2024) und zur Messung emotionaler Irritation die 8-Item-Skala von Mohr und Rigotti (2003) verwendet.

Ergebnisse

Zur Untersuchung der Fragestellungen wurden Cross Lagged Panel Modelle für jede Resilienzfacette und emotionale Irritation im Verlauf von t1 zu t2 berechnet. Höhere Akzeptanz, Selbstfürsorge, Netzwerkorientierung und Verantwortungsübernahme zu t1 reduzierten die emotionale Irritation zu t2 signifikant. Umgekehrt führte höhere emotionale Irritation zu t1 zu einer Verringerung von Optimismus, Selbstfürsorge und Netzwerkorientierung zu t2.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Studie zeigt, dass berufliche Resilienz und emotionale Irritation sich wechselseitig beeinflussen: Hohe Resilienz schützt vor emotionaler Irritation, während diese die Resilienz verringert und somit die mentale Gesundheit und berufliche Teilhabe gefährdet. Dies hat wichtige Implikationen für die betriebliche Prävention: Erstens sollten die Resilienzfacetten Akzeptanz, Selbstfürsorge, Netzwerkorientierung und Verantwortungsübernahme gezielt gestärkt werden. Zweitens muss die Arbeitsumgebung so gestaltet werden, dass sie keine übermäßige emotionale Irritation verursacht; eine fundierte Gefährdungsbeurteilung kann dabei helfen. Das bedeutet: Berufliche Resilienz und emotionale Irritation müssen bei der Gestaltung gesunder Arbeitswelten berücksichtigt werden, um nachhaltige berufliche Teilhabe zu fördern.
Herr Dr. phil. Jens Knispel
RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Aachen
#Vortrag #Resilienz #Mentale Gesundheit #Burnout #Burnout- Risiko #Prävention
Fr
04 Apr
08:30 - 09:45
Vorträge
Bewegung I
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Elke Ochsmann und Benjamin Steinhilber
Beiträge:
1

Einleitung

Die Forschung zur physischen Gesundheit von Menschen mit Behinderung sowie Mitarbeitenden in Inklusionsbetrieben ist bislang unzureichend. Diese Studie untersucht die körperliche Belastung und Gesundheitsrisiken der Mitarbeitenden in einer Wäscherei (Inklusionsunternehmen).

Methoden

An der Studie nahmen insgesamt 89 (38w/51m) Mitarbeitende aus der Produktion teil. Die Arbeitsplätze wurden in 6 Stationen zusammengefasst. Zur Datenerhebung wurden die DGUV-Checkliste, ein modifizierter Fragebogen zu Muskelskelettbeschwerden und Bezug zur Arbeit in Leichter Sprache sowie eine auf Bewegungsanalyse basierende ergonomische Risikobewertung (CUELA) eingesetzt. Die Analyse erfolgte überwiegend deskriptiv.

Ergebnisse

Das Grobscreening zeigte für jede Arbeitsstation eine erhöhte körperliche Belastung in mindestens zwei körperlichen Belastungsarten. Die Umfrage ergab eine auffällig hohe 12-Monats-Prävalenz von Beschwerden in Ellenbogen (35%), Handgelenk (46%), Kniegelenk (33%) und Fußgelenk (39%). Die Beschwerden hielten meist länger als 3 Monate an und beeinträchtigten die Arbeitsfähigkeit. Menschen mit und ohne Behinderung zeigten keine Unterschiede. Frauen wiesen grundsätzlich eine höhere Schmerzprävalenz in allen Körperregionen auf, wobei diese nur im Ellenbogen statistisch signifikant erhöht war. Die CUELA-Analyse zeigte, dass die Belastung im Nacken- und Rumpfbereich insgesamt gering war, jedoch an bestimmten Stationen wie dem Bereich „Nasstrocken“ (Nacken) und der „Unreinen Seite“ (Rumpf) erhöhte Werte aufwies. Die Belastung der oberen Extremitäten war durchgehend hoch, insbesondere bei Handgelenks- und Unterarmbewegungen zeigte der Repetitionsscore ein hohes ergonomisches Risiko.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die DGUV-Checkliste zeigt, dass verschiedene Arbeitsstationen in der Wäscherei zahlreiche körperliche Belastungsarten mit erhöhtem Risiko aufweisen. Die hohe Prävalenz von Beschwerden im Bereich der oberen Extremitäten aus dem Fragebogen bestätigen diese Befunde. Auffällig ist die hohe Schmerzprävalenz bei Frauen und die Belastung in Hand- und Unterarm, unabhängig vom Status der Behinderung. Außerdem kann ein direkter Zusammenhang zwischen Steharbeit und hoher Schmerzprävalenz in den Füßen beobachtet werden. Anpassungen zur Reduzierung der Belastungen sind aufgrund produktiver Anforderungen herausfordernd. Verhaltenspräventive Maßnahmen, wie gezieltes Dehnen der Unterarmmuskulatur, könnten das Risiko für Überlastungssymptome reduzieren.

Herr Fabian Holzgreve
Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Frankfurt
#Vortrag #Inklusion #Inklusive Forschung #Gefährdungsbeurteilung #Ergonomie #Inertial Motion Capture
2
Einleitung
Veränderte Arbeitsweisen, körperliche Aktivität und eine erhöhte psychische Beanspruchung während der SARS-CoV-2-Pandemie könnten die muskuloskelettalen Beschwerden (MSB) bei Beschäftigten mit Bildschirmarbeit beeinflusst haben. Ziel des gemeinsamen Projektes von IPA und IFA war es, in dieser Querschnittsstudie die MSB-Prävalenz und die Auswirkungen der Arbeitsbedingungen bei Beschäftigten mit mobiler Tätigkeit in deutschen Unternehmen zu untersuchen.

Methoden
In Zusammenarbeit mit verschiedenen Berufsgenossenschaften, Unfallkassen und dem Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) wurden zwischen September 2023 und April 2024 Beschäftigte mit Bildschirmarbeitsplatz zur Online-Umfrage eingeladen. Schmerzen in der letzten Woche und vor der Pandemie Anfang 2020 (retrospektiv) wurden für verschiedene Körperregionen auf einer Skala von 0 (keine) bis 10 (stärkste vorstellbare Schmerzen) erhoben. Zusammenhänge zwischen mobiler Arbeit und neuauftretenden MSB und MSB-Verschlimmerungen seit der Pandemie wurden mit logistischen Regressionsanalysen modelliert und mit Odds Ratios (OR) und 95%-Konfidenzintervallen (95% KI) beschrieben.

Ergebnisse
Daten von 1.064 Beschäftigten mit mindestens 4 Stunden täglicher Bildschirmarbeit flossen in die Analyse ein. Insgesamt 968 Teilnehmende arbeiteten jemals mobil (HO-Beschäftigte), zum Erhebungszeitpunkt deutlich mehr als vor der Pandemie (87% vs. 39%). Die MSB-Prävalenz stieg mit Ausnahme des lumbalen Rückenschmerzes im Pandemieverlauf an. HO-Beschäftigte hatten im Vergleich zu Büro-Beschäftigten ein tendenziell höheres Risiko dafür, dass sich bestehende MSB verschlimmerten, jedoch ohne statistische Signifikanz zu erreichen (z.B. Nackenschmerz OR 1,62; 95% KI 0,83-3,19). Eine schlechtere Ausstattung des mobilen Arbeitsplatzes, längere tägliche Bildschirmarbeit oder keine regelmäßige Teilnahme an der Angebotsvorsorge waren ebenfalls Risikofaktoren für MSB. Bekannte persönliche Risikofaktoren wie weibliches Geschlecht oder Assoziation mit Angst- oder Depressionssymptomen wurden bestätigt.

Diskussion
Um das Auftreten oder die Verschlimmerung von MSB zu verhindern, sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass die Beschäftigten ihre mobilen Arbeitsplätze korrekt einrichten und einstellen können, sowie die regelmäßige Teilnahme an passender arbeitsmedizinischer Vorsorge fördern.
Frau Dr. Swaantje Casjens
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #Schmerzen #Mobile Arbeit #Ergonomische Risiken #Arbeitsmedizinische Vorsorge
3

Einleitung

Krankenhausbetten zählen zu den schwersten Medizinprodukten, die regelmäßig vom
Personal bewegt werden müssen, was häufig mit einer hohen Prävalenz muskuloskelettaler
Beschwerden verbunden ist. Bed Mover wurden entwickelt, um diese Belastung
zu reduzieren. Diese motorisierten Systeme werden an das Bett gekoppelt und
vom Personal gesteuert. Es gibt drei Varianten der Steuerung: Deichsel, mit einem
Joystick gehend und mit Joystick auf einer Plattform stehend. Diese Studie untersucht
die Auswirkungen der verschiedenen Bed Mover auf die Muskelaktivität im Vergleich
zum manuellen Schieben.

Methoden

Zehn Pflegekräfte bewegten ein Krankenhausbett manuell und mit drei Bed Movern
über einen 200 m langen Parcours mit Kurven und Steigungen. Jede Methode wurde
dreimal wiederholt (randomisierte Reihenfolge). Die Muskelaktivität von Deltoideus
anterior, Trapezius pars descendens, Latissimus dorsi und Erector spinae wurde mittels
Oberflächen-Elektromyographie gemessen und normiert. Eine ANOVA mit
Messwiederholung sowie eine Bonferroni-korrigierte Post-hoc-Analyse wurden
durchgeführt.

Ergebnisse

Im Vergleich zum manuellen Schieben führten alle Bed Mover zu einer Reduktion
der Muskelaktivität. Der Deichsel-Bed Mover reduzierte die Muskelaktivität
um 42 %, der Joystick-Bed Mover (gehend) um 54 % und der Plattform-Bed Mover
um 74 %. Alle Bed Mover reduzierten die Aktivität des M. Deltoideus anterior signifikant
(p < .05). Die Joystick-Bed Mover (gehend und Plattform) reduzierten zudem
die Aktivierung des M. Trapezius pars descendens signifikant. Der Plattform-Bed
Mover reduzierte die Aktivität des M. Erector spinae signifikant. Die geringste Entlastung
wurde mit dem Deichsel-Bed Mover für im M. Erector spinae (27 %) und den
M. Trapezius pars descendens (13 %) erzielt.

Schlussfolgerung / Diskussion

Alle getesteten Bed Mover können die muskuläre Beanspruchung der Pflegekräfte
beim Bewegen von Betten signifikant reduzieren. Unterschiede in der Bedienung
führten jedoch zu variierender Entlastung. Die Deichselsteuerung führte zu Rotationsbewegungen,
die die Entlastung im M. Erector spinae und M. Trapezius pars
descendens verminderten und kritisch zu bewerten sind. Zukünftige Studien sollten
realistischere Alltagssituationen untersuchen, wie z. B. das Manövrieren in Fahrstühlen
oder Patientenzimmern.
Herr Hendrik Ludewig
Fachhochschule Münster, Zentrum für Ergonomie und Medizintechnik, Steinfurt
#Vortrag #Krankenhaus #Pflegekräfte #Bed Mover
4

Einleitung

Um Gesundheitsrisiken an sedentären Arbeitsplätzen entgegenzuwirken, sind Leitlinien erforderlich, die auf der Dosis-Wirkungs-Beziehung von arbeitsbezogenem Bewegungsverhalten basieren. Die derzeitige Datenlage ist jedoch inkonsistent, da sie z.B. häufig auf subjektiven Bewegungsangaben beruht. Fortschritte in der Messtechnik bieten die Chance, durch objektive Bewegungsdaten eine konsistentere Datenbasis zu schaffen. Um Messdaten aus verschiedenen Studien zusammenzuführen sind standardisierte Verfahren notwendig. In diesem Beitrag werden Metriken und Bewertungsansätze vorgestellt, mit denen arbeitsbedingtes sedentäres Verhalten im Kontext der CUELA-Gefährdungsbeurteilung quantifiziert und bewertet werden kann.

Methoden

Basierend auf einer Literaturrecherche wurden geeignete Systeme und relevante Messgrößen zusammengefasst und Vorschläge für die Bewertung des sedentären Verhaltens am Arbeitsplatz abgeleitet. Zur Überprüfung der Plausibilität und Konsistenz wurden die vorgeschlagenen Bewertungsansätze auf 21 Arbeitsschichten von hybrid arbeitenden Büroangestellten angewendet. Die Exposition wurde mit einem am Oberschenkel getragenen Bewegungssensor (activPAL 4+) erfasst. Die Daten wurden mit einer eigens für die CUELA-Gefährdungsbeurteilung entwickelten Software weiterverarbeitet und analysiert.

Ergebnisse

Die vorgeschlagenen Indikatoren umfassen Zeitanteile von Körperhaltungen und Aktivitäten, Häufigkeiten von Haltungs-/Aktivitätswechsel, Verteilungen von Haltungs-/Aktivitätssequenzen sowie Indikatoren für den Energieumsatz. Im Test erwiesen sich die Metriken als plausibel und differenzierend. Sie ermöglichen es, zwischen verschiedenen Aktivitätsprofilen zu unterscheiden und relevante Unterschiede in der Verteilung von Sitz-, Steh- und Bewegungszeiten aufzuzeigen. Zum Beispiel wurde im Büro im Mittel etwas weniger gesessen als im Homeoffice (71% vs. 76%). Dafür zeigte sich im Büro ein höherer Anteil an ununterbrochenen Sitzperioden ≥30min (37% vs. 32% im Homeoffice). Im Homeoffice bewegten sich die Beschäftigten mehr (6% vs. 3% im Büro), während sie im Büro mehr standen (26% vs. 18% im Homeoffice).

Schlussfolgerung / Diskussion

Diese Ansätze bieten eine Grundlage für die Entwicklung von Leitlinien zur Risikobewertung am Arbeitsplatz. Weitere Anwendungen, Tests und Entwicklungen sind jedoch erforderlich, z.B. Erweiterungen für Multisensorsysteme, die genauere Analysen und eine umfassendere Bewertung des Bewegungsverhaltens am Arbeitsplatz einschließlich Haltungsanalysen ermöglichen.
Frau Dr. Britta Weber
Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), Sankt Augustin
#Vortrag #Gefährdungsbeurteilung #CUELA #Bewegungssensoren #sedentäre Arbeit #Bewegungsverhalten #Büroarbeit #Homeoffice
5

Einleitung

Für die Beurteilung arbeitsbedingter Belastungen/Gefährdungen sind eine gute Kenntnis einerseits der zu beurteilenden Tätigkeit und andererseits von geeigneten Methoden zur Beurteilung erforderlich. Für die Beurteilung von physischen Belastungen werden häufig die Leitmerkmalmethoden (LMM, www.baua.de/lmm) angewendet. Hierbei erfolgt die Beurteilung i.d.R. anhand der Beobachtung und Befragung der Beschäftigten bei Ausübung ihrer Tätigkeit. Es ist bekannt, dass der Einsatz von digitalen Medien in der Vermittlung von komplexen Bildungsinhalten durch Interaktivität und praktische Einheiten zu einem positiven Lernwachstum führen kann. Im Rahmen eines Laborexperiementes wurde untersucht, ob der Einsatz von virtueller Realität zur Unterstützung der Einschätzung arbeitsbedingter muskuloskelettaler Belastungen hilfreich sein kann.

Methoden

Potenzielle Fachkräfte für Arbeitssicherheit wurden zunächst in der Anwendung von zwei Leitmerkmalmethoden (LMM) qualifiziert. Zur Veranschaulichung von physisch belastenden Tätigkeiten wurde ein virtuelles Szenario entwickelt, in dem Pflegetätigkeiten erlebt werden und damit die Beurteilungskompetenz gesteigert werden soll. Im Experiment richten die Probanden einen Patienten im Pflegebett auf und setzen ihn an die Bettkante. Unterstützend zeigt in Echtzeit ein Avatar die körperlichen Belastungen in farblicher grün-gelb-rot Abstufung in einer VR-Brille und am Computerbildschirm an. Vor und nach der Durchführung des Szenarios wird eine Gefährdungsbeurteilung dieser Pflegetätigkeit anhand einer Videosequenz mit der LMM-Ganzkörperkräfte (LMM-GK) durchgeführt. Die Probanden werden nach dem Szenario mit standardisierten Fragebögen und Interviews befragt. Als Referenz dient eine Experten-Beurteilung der Tätigkeit.

Ergebnisse

27 Probanden mit und ohne Vorkenntnisse durchliefen das Szenario in Dreiergruppen, wovon Neun die Pflegetätigkeit mit drei Wiederholungen durchführten. Die Auswertung der Bewertungen mit der LMM-GK der Probanden zeigte eine tendenzielle aber nicht signifikante Annäherung zur Experteneinschätzung.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Evaluation zeigt eine tendenzielle aber nicht signifikante Kompetenzsteigerung der Probanden wie dem Beobachten und Erkennen von körperlichen Belastungen auf. Besonders die abgestufte Belastungseinfärbung am Avatar wurde als unterstützend wahrgenommen. Dem relativ hohem Aufwand der Entwicklung/Durchführung des Szenarios steht ein begrenzter Nutzen gegenüber.

Herr Prof. Dr.-Ing. André Klußmann
Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, Competence Center Gesundheit (CCG), Fakultät Life Sciences, Department Gesundheitswissenschaften, Hamburg
Institut für Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Ergonomie e.V. (ASER), Wuppertal
#Vortrag #Gefährdungsbeurteilung #physische Belastungen #Leitmerkmalmethode #Arbeitsplatzmessung
Fr
04 Apr
08:30 - 09:45
Akademien
Sitzung der Akademie-Leitungen
Raum: Seminarraum K8 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 60)
Vorsitz: Gerd Enderle
Fr
04 Apr
08:30 - 10:00
Aktionsbündnis
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Nachbesprechung
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Studentinnen und Studenten
08:30 - 09:15 Uhr  Nachbesprechung
09:15 - 10:00 Uhr  Austausch zwischen Studierenden und Bündnismitgliedern
Raum: Senatssaal (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 50)
Vorsitz: Andrea Kaifie-Pechmann
Fr
04 Apr
08:30 - 10:45
Rahmenprogramm
Betriebsbegehung bei der Müllverbrennungsanlage Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH
Anmelde- und kostenpflichtige Betriebsbegehung (inkl. Shuttleservice)
Ort: Korzert 15, 42349 Wuppertal
www.awg-wuppertal.de
Fr
04 Apr
10:00 - 11:30
Symposium
Symposium: Sektorverbindende Versorgung mit der Arbeitsmedizin
Die Online-Teilnahme an dieser Veranstaltung ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich.
► Hier klicken um online teilzunehmen (Link noch nicht aktiv)
10:00Uhr Begrüßung und Einführung (Prof. Thomas Kraus, Präsident DGAUM)
Moderation: Dr. Thomas Nesseler, Hauptgeschäftsführer DGAUM
10:10Uhr Impulse aus der Praxis zur sektorverbindenden Zusammenarbeit mit der Arbeitsmedizin im Bereich der Prävention
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Prof. Markus van der Giet, Deutsche Hochdruck-Liga e.V.)
  • Muskel-Skelett-Erkrankungen (N.N., DGOU/DGOOC)
  • Psychische Erkrankungen (Prof. Steffi Riedel-Heller, Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.)
  • Hauterkrankungen (Prof. Christoph Skudlik, Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V.)
  • Atemwegserkrankungen (Prof. Wolfram Windisch, Deutsche Atemwegsliga und Prof. Alexandra Preisser, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.)
  • Krebserkrankungen (N.N., Deutsche Krebsgesellschaft e.V.)
  • Allergien (Prof. Monika Raulf, Center of Allergology/Immunology, IPA Bochum)
  • Diabetes (Dr. Kurt Rinnert, Deutsche Diabetes-Stiftung)
  • Ernährung (Prof. Susanne Reger-Tan, Herz- und Diabeteszentrum NRW)
  • Schmerzen (Prof. Frank Petzke, Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.)
  • Rheuma (Rotraut Schmale-Grede, Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V.)
11:00 Uhr Diskussion im Plenum
Prof. Thomas Kraus (DGAUM), Susanne Liebe (VDBW), Silke Kretzschmar (BsAfB)
11:30 Uhr Ende
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Fr
04 Apr
10:00 - 11:30
Vorträge
Biomonitoring
Raum: Seminarraum K8 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 60)
Vorsitz: Sonja Kilo und Michael Bader
Beiträge:
1
​​​​​​Einleitung Verbrennungsprodukte wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind ein gesicherter Risikofaktor für das Harnblasenkarzinom. Das polymorphe Enzym Glutathion-S-Transferase M1 (GSTM1) ist wesentlich an der Entgiftung der hochreaktiven Stoffwechselprodukte von PAK beteiligt. In einer in den Jahren 1995 - 1999 in der Lutherstadt Wittenberg durchgeführten Studie war der Anteil der GSTM1 negativen Harnblasenkrebspatienten mit 59 % einer der höchsten weltweit. Ziel der Studie war zu untersuchen, ob nach dem Ende der vor allem durch die Braunkohleverbrennung bedingten massiven Umweltbelastung der Anteil der GSTM1 negativen Harnblasenkarzinompatienten rückläufig war.

Methoden Im Zeitraum 1/2014-7/2017 wurden 220 Harnblasenkarzinompatienten und 217 Kontrollen der Klinik ohne bekannte Krebserkrankungen mittels Fragebogen untersucht. Die Genotypisierung anhand leukozytärer DNA erfolgte bei GSTM1 und GSTT1 mittels Duplex-PCR, bei der N-Acetyltransferase 2 (NAT2) mit PCR und RFLP-basierten Standardmethoden.

Ergebnisse Der Anteil der GSTM1 negativen Harnblasenkarzinompatienten betrug 50,9% Prozent (Kontrollen 49,1%). Die entsprechenden Werte für die langsamen NAT2-Acetylierer betrugen bei den Fällen 61,4 % (Kontrollen 54,5%) und bei den GSTT1 positiven Fällen 79,7% (Kontrollen 84%). Das Odds Ratio (OR) an einem Harnblasenkarzinom zu erkranken betrug für Raucher 3,60 (95% KI 2,06-6,28) und für Exraucher 2,33 (95% KI 1,51-3,60), wobei die Subgruppe der Raucherinnen mit 5,68 ein deutlich höheres OR (95% KI 1,41-22,93) aufwies.

Schlussfolgerung / Diskussion. Der Rückgang der massiven Umweltbelastung vor allem durch Verbrennungsprodukte der Braunkohle ist mit einem Rückgang des Anteils der GSTM1 negativen Harnblasenkarzinompatienten auf das Niveau der Kontrollgruppe und somit auch auf das Niveau des Anteils der GSTM1 negativen Personen in der mitteleuropäischen Normalbevölkerung assoziiert. Dies steht in in Einklang mit den Beobachtungen nach dem Ende der Montanindustrie [1] und mit den Ergebnissen einer amerikanischen Studie, die für den GSTM1 negativen Genotyp bei Exposition gegen krebserzeugende Arbeitsstoffe ein mit 2,16 (95% KI 1,83-2,53) signifikant erhöhtes OR für ein Harnblasenkarzinom zeigten.

Literatur
[1] Selinski S, Ickstadt K, Golka K. In: Statistics Today, 2024, Springer-Verlag 2024
[2] Figueroa JD et al. Modification of occupational exposures on bladder cancer risk by common genetic polymorphisms. J Natl Cancer Inst 2015​​​​​​
Herr Prof. Klaus Golka
Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, Dortmund
#Vortrag #Harnblasenkarzinom #Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe #Strukturwandel #Glutathion-S-Transferase M1
2
Micronucleus (MN) assays with buccal cells are at present widely used to investigate occupational exposures to genotoxic carcinogens. This article describes their use for the monitoring of metal exposed workers. We found in total 73 relevant articles, in the majority (97 %) increased MN and/or other nuclear anomalies were reported. Most studies were realized in South East Asia and South America. A variety of different occupations was studied including welders, electroplaters, painters, workers in battery recycling and production, tannery workers, dental technicians, miners, workers in foundries and smelters, and also subjects working in waste recycling, glass, aluminum and steel production. In many investigations the effects increased with the duration of the working period. The quality of individual studies was evaluated with a quality score tool. The number of cells was in most studies sufficient and DNA-specific stains were used. However, many studies have shortcomings, e.g. they focused solely on MN formation and did not evaluate anomalies, which provide additional information about the stability of the genetic material and acute cytotoxic effects. Only 35 % of the investigations contain quantitative information about exposures to metals and other toxicants. In 6 of these studies, correlations were observed between the concentrations of specific metals (As, Pb, Cr, Cd) in body fluids and MN frequencies. Taken together, the available data indicate that the MN assay can be used to detect chromosomal damage in metal exposed groups; furthermore, it enables also comparisons between subgroups differing in regard to their exposure and allows an estimation of the efficiency of protective measures. The exposure of workers to metals is currently controlled with chemical analytical measurements only, MN assays with buccal cells could contribute to further improve the safety at workplaces as they reflect the biological consequences including synergistic and antago- nistic interactions between toxicants.
Herr PRIV.DOZ.DR. GEORG WULTSCH
#Vortrag #micronucleus cytome assay, buccal cells, occupational exposures to metals
3
Bronopol (2-Brom-2-nitro-1,3-propandiol) wird wegen seiner antibiotischen Eigenschaften als Konservierungsmittel eingesetzt, zum Beispiel als Zusatz in Kühlwasser und zur Desinfektion von mobilen Sanitäranlagen. Weil aufgrund dieser Anwendungen eine Exposition der Allgemeinbevölkerung nicht ausgeschlossen werden kann, wurde Bronopol als einer der Substanzen im Kooperationsprojekt vom Verband der chemischen Industrie (VCI) und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zur Förderung des Humanbiomonitorings aufgenommen. Der erste Schritt in diesem Projekt ist die Entwicklung der Analysenmethode, die im Folgenden berichtet werden soll.
Als Biomarker für Bronopol wurde 2-Nitro-1,3-propandiol postuliert, da dieser Metabolit bereits im Tierversuch nachgewiesen werden konnte. Für 2-Nitro-1,3-propandiol wurde eine UHPLC-MS/MS-Methode entwickelt. Die Synthese des Standards 2-Nitro-1,3-propandiol sowie des internen Standards 2-Nitro-1,3-propandiol-13C3 wurde für die Methodenentwicklung in Auftrag gegeben. Zur Probenvorbereitung wird eine Flüssig-Flüssig-Extraktion durchgeführt. Die Detektion erfolgt nach der chromatographischen Trennung auf einer C18-Säule im ESI--Modus. Die Methode wurde umfassend validiert und erfüllt alle Zuverlässigkeitskriterien. Die Bestimmungsgrenze liegt mit 0,5 µg/L in einem für die Umweltmedizin angemessenen Konzentrationsbereich.
Der Metabolit konnte durch die Messung von Proben einer nachgelagerten Exkretions- und Kinetikstudie, in der fünf Probanden oral mit Bronopol dosiert wurden, bestätigt werden. Die Erkenntnisse aus dieser Studie sollen in Zukunft genutzt werden, um die Belastung der Allgemeinbevölkerung mit Bronopol abschätzen zu können.

Frau Dr. Isabell Schönrath
Currenta GmbH & Co. OHG, Leverkusen
#Vortrag #Konservierungsmittel #UHPLC-MS/MS #Biomarker
4
Zielsetzung
Bei der Herstellung von Silikongummi kann es bei Arbeitern in der Produktion durch thermischen Zerfall eines Radikalstarters zu Expositionen gegenüber dem Lösungsmittel 1,3-Dichlorbenzol kommen. Der Humanmetabolismus dieses Lösungsmittels wurde im Rahmen eines DFG-geförderten Forschungsprojekts an unserem Institut untersucht. Von besonderem Interesse ist dabei die Bildung von Mercaptursäuren als Ausscheidungsprodukte des intermediär gebildeten Epoxids. In Vorarbeiten wurde in unserem Institut eine Methode zum Nachweis von 2,4- bzw. 3,5-Dichlorphenylmercaptursäure im Urin entwickelt.
Diese Methode wurde auf Urinproben angewandt, die in einer humanexperimentellen Studie zur Aufnahme und Kinetik von 1,3-Dichlorbenzol gesammelt wurden, um die Ausscheidungskinetik sowie den metabolischen Anteil dieser Mercaptursäuren zu untersuchen.
Methoden
In der Aachener Arbeitsplatz-Simulationsanlage wurden insgesamt n=10 männliche Probanden (23- 36 Jahre) im Abstand von jeweils 1 Woche einmalig für 2 x 3 Stunden pro Tag gegenüber 0,7 ppm und 1,5 ppm 1,3-Dichlorbenzol exponiert. In einer dritten Untersuchung wurden die Probanden unter Tragen einer geeigneten Filtermaske ebenso gegenüber 1,5 ppm 1,3-Dichlorbenzol exponiert. Es wurde jeweils eine Urinprobe vor Exposition sowie alle Urinproben innerhalb von 24 h nach Beginn der Exposition gesammelt. In den Urinproben wurden die spezifischen Mercaptursäuren des 1,3-Dichlorbenzols mittels LC/MS/MS quantifiziert.
Ergebnisse
Wie auch für die Hauptmetabolite zeigten sich für die Mercaptursäuren des 1,3-Dichlorbenzols klare Beziehungen zwischen äußerer und innerer Exposition. Die Ausscheidungsmaxima für 3,5-Dichlorphenylmercaptursäure und 2,4-Dichlorphenylmercaptursäure lagen im Mittel jeweils bei 3,2 ± 2,8 µg/g Krea, und 2,6 ± 2,3 µg/g Krea für 0,7 ppm und 6,2 ± 5,4 µg/g Krea und 4,5 ± 3,8 µg/g Krea für 1.5 ppm sowie bei 0,6 ± 0,5 µg/g Krea und 0,5 ± 0,4 µg/g Krea für 1.5 ppm mit Filtermaske. Die Gesamtausscheidung der Mercaptursäuren beträgt ca. 0,1 % im Vergleich zu den Hauptmetaboliten. Das Ausscheidung der isomeren Mercaptursäuren war bei den Probanden individuell unterschiedlich.
Schlussfolgerungen
Diese Studie liefert erstmals Daten zur Ausscheidung von Mercaptursäuren des 1,3-Dichlorbenzols beim Menschen nach kontrollierter Exposition. Aus unseren Daten lässt sich eine Ausscheidung von ca. 22 µg/g Kreatinin für die Summe der Mercaptursäuren nach einer Exposition gegenüber 2 ppm 1,3-Dichlorbenzol abschätzen.
Herr Dr. rer. nat. Thomas Schettgen
RWTH Aachen, Aachen
#Vortrag #Mercaptursäuren #Metabolismus #Kinetik
5

Einleitung

Perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind wasser- und fettabweisend, sowie thermisch und chemisch stabil, so dass sie auch in Löschschäumen verwendet werden. PFAS sind im menschlichen Körper nach oraler, inhalativer oder dermaler Aufnahme persistent und u.a. mit folgenden Effekten assoziiert worden: verringerte Geburtsgewichte, verringerte Antikörperbildung und erhöhte Cholesterin-Konzentrationen. Kanzerogene Effekte von einzelnen PFAS werden diskutiert. Das primäre Ziel dieser klinischen Studie war es, zu prüfen, ob Feuerwehrleute mit häufigem Kontakt zu Löschschaum eine höhere innere Exposition mit PFAS haben als Feuerwehrleute mit wenig oder keinem Kontakt zu Löschschaum.

Methoden

140 haupt- oder nebenberufliche Feuerwehrleute von 5 Feuerwehren aus dem Rheinland wurden in eine klinische Studie eingeschlossen. Bei allen Probanden wurden Blutproben entnommen und die Plasmakonzentrationen von 27 PFAS bestimmt. Mögliche Einflussfaktoren wie verwendete Löschschäume, Häufigkeit der Verwendung, Daten zur Demographie und zum allgemeinen Gesundheitsstatus wurden mit einem strukturierten Fragebogen erfasst.

Ergebnisse

6 PFAS konnten bei allen 140 Probanden nachgewiesen werden, darunter Perfluoroctansäure (PFOA), Perfluornonansäure (PFNA), Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS) und Per-fluoroctansulfonsäure (PFOS), die als EFSA-Summe zusammengefasst werden. Die übrigen 21 PFAS-Verbindungen wurden nicht bei allen Probanden und zum Teil nur sporadisch nachgewiesen. Probanden mit mehr als 10-maligem Kontakt mit Löschschaum (N=52) hatten unter Einbeziehung des Alters und des Body Mass Indexes als Einflussfaktoren höhere EFSA-Summenkonzentrationen im Plasma als Probanden mit 0- bis 10-maligem Kontakt mit Löschschaum (N=88). Die mittlere EFSA-Summenkonzentration der ersten Gruppe betrug 5,99 ± 5,21 µg/l mit einem Maximalwert von 37,03 µg/l, die der zweiten Gruppe betrug 3,79 ± 1,73 µg/l.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse dieser Studie weisen darauf hin, dass Feuerwehrleute mit häufigem Kontakt zu Löschschaum eine höhere innere Exposition mit PFAS haben als Feuerwehrleute mit wenig oder keinem Kontakt zu Löschschaum. Mögliche gesundheitliche Konsequenzen sollten in weiteren Studien mit größeren Fallzahlen untersucht werden.
Herr Dr. Jens Rengelshausen
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
#Vortrag #PFAS #Feuerwehrleute #Löschschaum
6

Einleitung

Bei Tätigkeiten mit Blei wird die individuelle Exposition der Beschäftigten aktuell anhand des Bleigehaltes im Vollblut bestimmt. Der Blutbleigehalt spiegelt Veränderungen der Exposition jedoch nur mit zeitlicher Verzögerung wider und ist nicht geeignet, Expositionsereignisse oder kurzfristige Änderungen der Arbeitsschutzmaßnahmen zu beurteilen. Daher sollten in einer Studie Expositionswege und alternative Biomonitoring-Parameter untersucht werden.

Methoden

In zwei Untersuchungskampagnen im Abstand von ca. 1 Jahr wurden in jeweils fünf Betrieben Arbeitsplätze mit Bleiexposition untersucht. Insgesamt nahmen 125 Beschäftigte an der Studie teil, 85 Beschäftigte konnten für das Biomonitoring eingeschlossen werden. Durchgeführt wurden Messungen der Luftbleikonzentration (ortsfest und personengetragen), Wischproben an den Händen zur Erfassung der dermalen Kontamination und ein Biomonitoring verschiedener Parameter in Vollblut, Plasma und Urin zu vier definierten Zeitpunkten in der Arbeitswoche (Tag 1 (nach arbeitsfreier Zeit) und Tag 4, je vor Schicht und nach Schicht).

Ergebnisse

Es wurde ein breites Spektrum von Arbeitsplätzen unter unterschiedlichen Präventionsmaßnahmen erfasst. Luft- und dermale Messwerte sowie die Ergebnisse des Biomonitorings zeigten eine große Spannweite: personengetragene Luftmessungen: 0,08 µg/m3 bis 2519 µg/m3; dermale Wischproben: 0,026 bis 2400 µg/min Expositionsdauer; Blei im Vollblut: 7,7 µg/L bis 511 µg/L. Für die Blutblei-Gehalte an Tag 1 und 4 der Arbeitswoche ergaben sich nahezu identische Werte. Die Bleikonzentrationen im Plasma zeigten im Verlauf der Arbeitswoche nur moderate Veränderungen. Die Bleikonzentrationen im Urin wiesen keinen zeitlichen Trend über den Arbeitstag bzw. die Arbeitswoche auf und zeigten eine enge Korrelation mit den Blutblei-Gehalten. Bei Beschäftigten ohne Atemschutz lag eine signifikante Korrelation zwischen den Ergebnissen der Arbeitsplatzmessungen und des Biomonitorings in Blut und Urin zu Schichtbeginn an Tag 1 vor. Im Gesamtkollektiv korrelierte die dermale Bleiexposition der Hände signifikant mit den Parametern der inneren Belastung.

Schlussfolgerung / Diskussion

Der Arbeitsschutz an Arbeitsplätzen mit Bleiexposition stellt weiterhin eine große Herausforderung dar. Da die Konzentration von Blei im Urin sehr eng mit der Konzentration von Blei im Vollblut korreliert, könnte die Bestimmung von Blei im Urin eine praktikable Alternative zur Bestimmung von Blei im Vollblut darstellen.
Frau Dr. Anna Wolfschmidt
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag #Blei #Biomonitoring #Arbeitsplatzmessung
Fr
04 Apr
10:00 - 11:30
Vorträge
Ältere Arbeitnehmende
Raum: Hörsaal 28 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 100)
Vorsitz: Steffi Kreuzfeld und Max Rohrbacher
Beiträge:
1
Einleitung: Die meisten älteren Erwerbstätigen in Deutschland geben auf Nachfrage an, deutlich vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand gehen zu wollen (Hasselhorn & Ebener 2023). Doch was meinen sie, wenn sie die Frage danach beantworten? Um dies vertiefend zu verstehen, wurden „kognitive Interviews“ bei älteren Beschäftigten durchgeführt.

Methode: Die Einzelinterviews wurden im Sommer 2023 durchgeführt. Studienteilnehmende waren 13 Personen ab dem Alter von 50 Jahren, die einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit in unterschiedlichen Berufen und Branchen nachgingen (u.a. Gartenpflege, Schlosserei, kaufmännische Tätigkeit). Die Auswertung erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse in Anlehnung an Mayring.​​​​​

Ergebnisse: Die Beschäftigten verstanden die Frage zumeist als Ausdruck der eigenen Motivation, erwerbstätig zu bleiben. Den Begriff „würden Sie gerne“ interpretierten sie als eine autonome, aber eher hypothetische Entscheidungsoption über ihre Erwerbsteilhabe, für die sie teils äußere Umstände und eigene Fähigkeiten berücksichtigten. Ein Beispielzitat: „Wenn ich der Meinung bin, dass ich soweit bin. Für mich ist das Wunschdenken. Ich würde gerne mit 60 in Rente gehen, mit Vollbezügen und dann noch ein Bonus oben drauf. Das ist nicht realistisch.“ Bei ihrer Antwortfindung spielten arbeitsbezogene Zufriedenheit, Hedonie und Sinnhaftigkeit eine entscheidende Rolle. Ebenfalls als relevant für ihre Antwort sahen sie den Stellenwert von Erwerbstätigkeit im Leben und ihr eigenes Kompetenzerleben an. Ein Beispiel: „Mir gefällt es da. Ich habe das Gefühl, ich bin gut in meinem Job und kann andere anlernen.“
​​​​​​
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Frage nach dem gewünschten Erwerbsausstiegsalter aus Sicht der Befragten. Die Antworten verdeutlichen, dass das gewünschte Ausstiegsalter im Bewusstsein der Befragten nicht gleichzusetzen ist mit dem Alter, zu dem sie meinen, tatsächlich auszusteigen. Allerdings legen die identifizierten Motive und Denkprozesse nahe, dass für die Vorhersage des tatsächlichen Ausstiegsalters, motivationale Aspekte bedeutsam sein können, die variabel und beeinflussbar scheinen - auch durch betriebliche Faktoren. Daher sollten Veränderungen des Antwortverhaltens auf diese Frage von besonderem wissenschaftlichen und praktischem Interesse sein.

Literatur: Hasselhorn, H. M., Ebener, M. (2023) Frühzeitiger Ausstieg der Babyboomer aus dem Erwerbsleben – Ergebnisse der lidA-Studie. Deutsche Rentenversicherung 02/2023, 152-174.
Frau Daniela Borchart
Bergische Universität Wuppertal, Fachgebiet Arbeitswissenschaft, Wuppertal
#Vortrag #Erwerbsperspektive #Motivation #ältere Beschäftigte #Interviewstudie
2
Einleitung
Berufe im Gesundheitsdienst sind seit Langem bekannt für ihre hohen körperlichen und psychischen Anforderungen im Arbeitsalltag. Durch die Covid-19-Pandemie kamen für diese relevanten Berufe neue Belastungen hinzu. Die lidA-Studie ermöglicht die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Arbeitsstress, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von älteren Beschäftigten im Längsschnitt zu untersuchen und Berufe im Gesundheitsdienst mit weiteren Berufen zu vergleichen.
Methode
Datengrundlage für die Analysen ist die lidA-Studie, bei welcher Personen der Geburtsjahrgänge 1959 und 1965 in vier Erhebungswellen (2011, 2014, 2018 und 2022/2023) wiederholt befragt wurden. Insgesamt konnten die Daten von 1864 Erwerbstätigen, die an allen vier Wellen teilgenommen haben, analysiert werden. In Längsschnittanalysen werden zudem drei Berufsgruppen aus dem Gesundheitsdienst, Gesundheits- und Krankenpflege (n=99), Altenpflege (n=24) und Arzt- und Praxishilfe (n=35) mit drei weiteren Berufsgruppen, Kindererziehung (n=59), Sozialarbeit (n=47) und Schullehramt (n=50), verglichen. Die Analysen umfassen Häufigkeitsverteilungen, Mittelwertvergleiche und Repeated Measures ANOVA (RMA).
Ergebnisse
Fast die Hälfte der Erwerbstätigen bestätigte, dass die Arbeit während der Covid-19-Pandemie stressiger geworden sei. Bei den Beschäftigten in der Gesundheits- und Krankenpflege waren es sogar 84 %, in der Altenpflege 78 % und in der Kindererziehung 69 %. Ergebnisse der RMA zeigen signifikante Zeiteffekte für die psychische Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit: Beide verschlechterten sich über alle Berufe hinweg nach der Covid-19-Pandemie deutlich. Besonders fallen die starken Verschlechterungen der körperlichen Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Altenpflegenden auf, welche im Gruppenvergleich auch bereits zuvor die schlechtesten Werte aufwiesen. Ebenso die Verschlechterungen der psychischen Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten in der Arzt- und Praxishilfe, welche zuvor von der besten Gesundheit und höchsten Arbeitsfähigkeit berichteten.
Schlussfolgerungen
Wie erwartet, wirkte sich die Covid-19-Pandemie in besonderem Maße auf Arbeitsstress, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten im Gesundheitsdienst aus – auch im Vergleich zu anderen sozialen Berufen. Insbesondere im Kontext einer alternden Bevölkerung benötigen diese relevanten Berufe mehr denn je Aufmerksamkeit und attraktivere Arbeitsbedingungen, um ältere Beschäftigte zu halten und neue Beschäftigte gewinnen zu können.
Frau Dr. phil. Nina Garthe
Bergische Universität Wuppertal, Fachgebiet Arbeitswissenschaft, Wuppertal
#Vortrag #Covid-19-Pandemie #Gesundheitsdienst #ältere Beschäftigte #Arbeitsfähigkeit
3

Einleitung

Lehrkräfte fallen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen durch einen hohen Anteil vorzeitiger Renteneintritte auf, die zugleich eine wesentliche Ursache des Lehrermangels darstellen. Ältere Lehrkräfte scheiden vor allem aufgrund der hohen beruflichen Anforderungen vorzeitig aus dem Beruf aus. Es ist daher wichtig, die Arbeitsfähigkeit und persönlichen Ressourcen von Lehrkräften in der späten Berufsphase zu erhalten bzw. stärker zu fördern. Die Studie untersucht, ob das Konstrukt Arbeitsfähigkeit mit weiteren personen- und arbeitsbezogenen Merkmalen geeignet sein könnte, ältere Lehrkräfte mit Unterstützungsbedarf rechtzeitig zu identifizieren und so einer Frühverrentung entgegenzuwirken. Dabei wird die in neueren Studien bestätigte Zweidimensionalität des Work Ability Index‘ berücksichtigt.

Methoden

Die Daten stammen aus einer repräsentativen Querschnittsstudie deutscher Gymnasiallehrkräfte (n=18.971). Die Analysen umfassten 1.496 Vollzeitlehrkräfte ab 50 Jahren (58 % weiblich). Die Lehrkräfte wurden aufgrund ihrer Absicht, vorzeitig (1) oder regulär (2) in den Ruhestand zu gehen, einer von zwei Gruppen zugeordnet. Zur Untersuchung der Vorhersagbarkeit einer beabsichtigten Frühberentung wurde ein binomiales Regressionsmodell verwendet, in das folgende Merkmale eingingen: Arbeitsfähigkeit und Ressourcen (WAI-Faktor 1), Effort-Reward-Ratio (ER-Ratio) und übersteigerte berufliche Verausgabungsbereitschaft (OC) sowie Alter und Geschlecht.

Ergebnisse

Die Hälfte (49 %) der Lehrkräfte beabsichtigte, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, wobei der Anteil der Frauen mit 67 % etwa doppelt so hoch war wie der der Männer (33 %) (d=0,37). Die analysierten Prädiktoren erklärten insgesamt 22 % der Varianz. WAI-Faktor 1 erwies sich als wichtigster Prädiktor (Varianzerklärung: 14 %). ER-Ratio und OC trugen jeweils etwa 10 % zur Varianzerklärung der Rentenabsicht bei. Die Wahrscheinlichkeit, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, stieg mit nachlassender Arbeitsfähigkeit, zunehmendem ER-Ratio und ansteigender OC-Tendenz an; Alter und Geschlecht waren von untergeordneter Bedeutung.

Schlussfolgerung / Diskussion

WAI-Faktor 1, ER-Ratio und OC könnten für die arbeitsmedizinische Vorsorge geeignete Marker sein, um Lehrkräfte zu ihren Arbeits- und Rahmenbedingungen und einer gesundheitsförderlichen Arbeitsweise zu beraten und geeignete Unterstützungsmaßnahmen abzuleiten.

Frau Dr. med. Steffi Kreuzfeld
Institut für Präventivmedizin, Universitätsmedizin Rostock, Rostock
#Vortrag #Lehrkräfte #vorzeitiger Renteneintritt #Arbeitsfähigkeit #Effort-Reward-Ratio #Overcommittment
4
Einleitung: Globalisierung, digitale Transformationen und flache Hierarchien führen dazu, dass klassische Arbeitszeitstrukturen zunehmend abgelöst werden. Auch innerhalb der Ärzteschaft existiert der Wunsch nach reduzierter Arbeitszeit und vorzeitigem Ruhestand, was den Personalmangel verstärken könnte. Ziel der Sächsischen Ärzte-Langzeitstudie ist es u.a. den Zusammenhang zwischen Arbeitszeit, Arbeitszeitveränderungen und Renteneintrittswünsche und Arbeitsbelastung zu untersuchen.

Methode: Hierfür wurden 2020 (Baseline-Befragung) und 2024 (1. Folgebefragung) 2.997 Ärztinnen und Ärzte postalisch kontaktiert. Inhalte der Befragung waren u.a. soziodemografische Merkmale, Angaben zur Arbeitszeit und Arbeitszeitveränderungen, sowie zum gewünschten Renteneintrittszeitpunkt und Arbeitsbelastung/Burnout. Die Daten wurden mittels Korrelationen und generalisierter linearer Modelle (mixed-effects) ausgewertet, um intra- bzw. interindividuelle Veränderungen zu modellieren.

Ergebnisse: Die Auswertung ergab, dass es über die Zeit hinweg keine signifikanten Unterschiede zwischen Vollzeit- und Teilzeit-Tätigen in Hinblick auf Arbeitsbelastung und Burnout gibt. Auch eine Arbeitszeitreduktion war nicht mit geringeren Burnout-Werten assoziiert. Ärzt:innen, die angaben, vorzeitig in den Ruhestand gehen zu wollen, wiesen höhere Burnout-Werte auf, als Ärzt:innen, die bis zum regulären Renteneintritt arbeiten wollen.

Diskussion: Die Studie ist von großer Relevanz zur Bewertung aktueller Trends und für die Planung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Zukünftige Studien sollten das Thema Arbeitszeit und Renteneintrittswunsch stärker in den Fokus nehmen und weitere Faktoren, wie Zufriedenheit und Gesundheit untersuchen, die langfristig Arbeitsbelastungen reduzieren und einem Ärztemangel entgegenwirken können.
Frau Dr. Franziska Jung
Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin & Public Health, Med. Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig
#Vortrag #Arbeitszeit, Arbeitsbelastung, Burnout, Renteneintritt
5

Einleitung

Der Übergang in den Ruhestand stellt einen bedeutenden Einschnitt im Leben älterer Menschen dar, der ihre physische Gesundheit beeinflussen kann. Fehlende Tagesstruktur, Langeweile und soziale Isolation sind mögliche negative Ursachen. Eine frühzeitige Vorbereitung auf den Ruhestand kann helfen, diesen Herausforderungen vorzubeugen. Da die Umstände des Renteneintritts stark variieren, sind unterschiedliche Risikofaktoren zu beachten. Ziel der vorliegenden Studie ist es, mittels eines qualitativen Causal Loop Diagramms (CLD) die relevanten Faktoren wie Vorbereitung auf den Ruhestand, psychisches Wohlbefinden, Aktivität, Einsamkeit sowie den Verlust beruflicher Rollen und sozialer Kontakte zu identifizieren und darzustellen.

Methoden

Zur Untersuchung der gesundheitsbezogenen Faktoren beim Renteneintritt wurde eine orientierende Literaturrecherche durchgeführt. Zusätzlich fanden sechs Gruppendiskussionen mit Arbeitnehmenden und Führungskräften aus drei Unternehmen statt. Die Ergebnisse dieser Analyse wurden in einem Causal Loop Diagramm visualisiert, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen den Variablen darzustellen. Die Wahl dieses Modells erlaubt es, dynamische Prozesse und Rückkopplungsschleifen in einem System mit mehreren weichen Variablen besser zu verstehen.

Ergebnisse

Das Causal Loop Diagramm zeigt die Beziehungen zwischen verschiedenen Einflussfaktoren auf. Eine gute Vorbereitung auf den Ruhestand steht in engem Zusammenhang mit einem verbesserten psychischen Wohlbefinden, mehr sozialer Unterstützung und einem aktiveren Lebensstil. Diese Faktoren können das Risiko negativer gesundheitlicher Folgen reduzieren. Im Gegensatz dazu wirkt sich erlebte Einsamkeit im Ruhestand negativ auf die physische Gesundheit aus und erhöht das Risiko für physische Erkrankungen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Eine gezielte Vorbereitung auf den Ruhestand und die Förderung des psychischen Wohlbefindens sind von zentraler Bedeutung, um alternde Beschäftigte länger im Berufsleben zu halten und ihnen einen gesunden Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen. Soziale Unterstützung und ein aktiver Lebensstil können sich positiv auswirken und gesundheitliche Risiken minimieren. Um Einsamkeit im Ruhestand vorzubeugen und das Wohlbefinden zu fördern, sind entsprechende Interventionen notwendig, die eine rechtzeitige und umfassende Vorbereitung ermöglichen.
Frau Amanda Voss
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag #Ruhestand #Psychische Gesundheit #soziale Unterstützung #Einsamkeit #Arbeitsfähigkeit
6
Der Übergang in den Ruhestand geht häufig mit gesundheitlichen Veränderungen einher. Aus einer stresstheoretischen Perspektive kann angenommen werden, dass der Wegfall hoher Arbeitsanforderungen mit einer Verbesserung der Gesundheit einhergeht. Ein wichtiger Faktor im Kontext von Arbeitsanforderungen ist die Arbeitszeitgestaltung. Basierend auf den Annahmen des Job Demands-Resources Modells nehmen wir an, dass Personen mit einer höheren Wochenarbeitszeit während der Erwerbstätigkeit stärkere gesundheitliche Verbesserungen beim Übergang in den Ruhestand erleben als Personen mit kürzerer Wochenarbeitszeit. Arbeitsbezogene Ressourcen können den Annahmen des Job Demands-Resources Modells zufolge die gesundheitlichen Effekte von Stressoren beeinflussen. Wir untersuchen daher in unserer Studie auch, ob arbeitsbezogener zeitlicher Handlungsspielraum während der Erwerbstätigkeit den Effekt der wöchentlichen Arbeitszeit auf gesundheitliche Veränderungen beim Übergang in den Ruhestand moderiert.
Zur Untersuchung unserer Hypothesen nutzten wir eine Teilstichprobe der repräsentativen und als Panel angelegten BAuA-Arbeitszeitbefragung, die unter anderem Informationen zu den Arbeitsbedingungen und der Gesundheit von Beschäftigten enthält. Die Stichprobe umfasste 876 Personen, die zwischen Erhebungswellen aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand gewechselt waren. Die Daten wurden anhand eines diskontinuierlichen Mehrebenen-Wachstumsmodells analysiert.
Die Analyse zeigt, dass der Übergang in den Ruhestand mit einer Reduktion gesundheitlicher Beschwerden bei geringer Variation zwischen den Individuen einherging. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine längere Wochenarbeitszeit mit einem stärkeren Rückgang von Gesundheitsbeschwerden beim Übergang von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand einhergeht. Der angenommene moderierende Effekt des zeitlichen Handlungsspielraums zeigte sich nicht. Allerdings ging ein geringerer zeitlicher Handlungsspielraum mit einer stärkeren Reduktion der Gesundheitsbeschwerden einher.
Die Befunde unserer Studie haben Implikationen sowohl für weitere Forschung als auch für die betriebliche Praxis. Dass sich gesundheitliche Beschwerden beim Übergang in den Ruhestand verbesserten - insbesondere, wenn vorher arbeitszeitbezogene Anforderungen hoch und Ressourcen niedrig waren, zeigt Gestaltungsoptionen auf, die zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation von älteren Beschäftigten und damit möglicherweise auch zur Verzögerung des Renteneintritts beitragen könnten.

Frau Dr. Anne Marit Wöhrmann
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
#Vortrag #Arbeitszeit #Ruhestand #Gesundheit
Fr
04 Apr
10:15 - 11:30
Vorträge
Karzinome
Raum: Senatssaal (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 50)
Vorsitz: Julia Krabbe und Rüdiger Stephan Görtz
Beiträge:
1

Einleitung

Unter bestimmten Voraussetzungen bietet die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) seit 2014 ihren Versicherten ein jährliches Vorsorgeangebot zur Früherkennung von Lungenkrebs mittels Niedrigdosis-CT an. Die Risikogruppe wird über das Alter (≥ 55 Jahre), den Tabakkonsum (≥ 30 Packungsjahre) sowie eine berufliche Asbeststaubexposition von ≥ 10 Jahren mit Beginn vor 1985 (GVS-Kollektiv) bzw. eine festgestellte Berufskrankheit Nr. 4103 „Asbestose“ (UVT-Kollektiv) definiert. Ziel des begleitenden Forschungsvorhabens EVALUNG ist die Evaluation des Vorsorgeangebots mit einer Kombination sich ergänzender Komponenten.

Methoden

Der quantitative Teil umfasst die Analyse von administrativen und medizinischen Routinedaten aus dem Vorsorgeangebot. Relevante Endpunkte sind das Teilnahmeverhalten, die Anzahl abklärungsbedürftiger Befunde, die Detektionsrate von Lungenkrebs einschließlich Tumorcharakteristika sowie die Anzeige und Anerkennung von asbestbedingten Berufskrankheiten.

Ergebnisse

Bisher liegen Daten der ersten Untersuchungsrunde für das GVS-Kollektiv vor. Bis Ende 2021 wurden 22.794 Versicherte mindestens einmal zur Teilnahme eingeladen. Von diesen nahmen 12.808 Personen eine diesbezügliche ärztliche Beratung in Anspruch. Im Anschluss wurden 9.277 CT-Untersuchungen durchgeführt, was 40,7 % der eingeladenen bzw. 72,4 % der ärztlich beratenen Personen entspricht. Insgesamt erforderten 931 CT-Befunde (10,0 %) eine Kontrolluntersuchung vor Ablauf des jährlichen Untersuchungsintervalls. Es wurden 103 neue Fälle von Lungenkrebs (1,1 %) diagnostiziert, von denen 54 die Kriterien zur Anerkennung als Berufskrankheit erfüllten.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das Projekt EVALUNG widmet sich der Generierung praxisnaher Evidenz zur Lungenkrebs-Früherkennung in einer ausgewählten Population. Die Outcome-Evaluation findet auf mehreren Ebenen statt. Neben der Früherkennung von Lungenkrebs hat das Ergebnis des Berufskrankheiten-Feststellungsverfahrens eine hohe Relevanz. Derzeit erfolgt die Vorbereitung der ersten vollständigen Datenabfrage. Der dann zur Verfügung stehende Datenkörper wird sich durch einen deutlich größeren Umfang in Bezug auf die Variablen, seinen längsschnittlichen Charakter sowie die zusätzliche Abbildung des UVT-Kollektivs auszeichnen. Des Weiteren wird ein Kohortenabgleich mit Krebsregisterdaten geplant, um das Tumorstadium zu validieren und Intervallkarzinome sowie Lungenkrebs bei Nichtteilnehmenden zu untersuchen.
Herr Felix Greiner
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Vortrag #Früherkennung #Lungenkrebs #Asbest #LDCT #Berufskrankheit
2
Zielsetzung: Das Pleuramesotheliom ist ein aggressives Malignom, welches sehr häufig mit einer zurückliegenden Asbestexposition assoziiert ist. Die Überlebenszeit nach der Diagnose beträgt vielfach weniger als ein Jahr, aber die Prognose kann durch multimodale Therapieansätze (z.B. Operationen und intraoperative Chemoperfusion gefolgt von systematischer Therapie) verbessert werden. Nach operativer Entfernung des Tumors ist die anschließende Nachsorge der Patientinnen und Patienten von großer Bedeutung, um ein mögliches Wiederauftreten des Tumors zeitnah zu erfassen. Allerdings sind bildgebende Verfahren für das Pleuramesotheliom dafür weniger geeignet. Ziel dieser Studie war es daher zirkulierende Biomarker im Blut zu identifizieren, die die Nachsorge zu verbessern könnten.

Methoden: Zwischen März 2014 und August 2022 wurden präoperative Blutproben von 76 Patientinnen und Patienten mit epitheloidem Pleuramesotheliom gesammelt, die sich im Rahmen der multimodalen Behandlung einer zytoreduktiven Operation unterzogen haben. Die potentiellen Biomarker Mesothelin, Calretinin, Survivin, miR-132-3p, miR-126-3p, GAS5 und MALAT1 wurden bestimmt und der Zusammenhang mit dem Rezidiv-Status und dem Überleben der Patientinnen und Patienten analysiert.

Ergebnisse: Während nach 60 Monaten noch 96 % der rezidiv-freien Patientinnen und Patienten lebten, waren es in der Gruppe mit Rezidiven nur 14 %. Es zeigte sich, dass das Protein Calretinin und die zwei long non-coding RNAs MALAT1 und GAS5 in den Blutproben von Patientinnen und Patienten mit Rezidiven im Vergleich zur Gruppe der rezidiv-freien statistisch signifikant erhöht waren. Die Kombination aus den drei Biomarkern wies dabei eine Sensitivität von 68 % und eine Spezifität von 89 % auf, mit der die die Rezidiv-freien von den Patientinnen und Patienten mit Rezidiven zu unterschieden werden konnten.

Schlussfolgerungen: MALAT1, GAS5 und Calretinin können potenzielle Biomarker für die Vorhersage von Rezidiven des Pleuramesothelioms sein und so die Nachsorgestrategien nach multimodaler Behandlung einschließlich der zytoreduktiven Chirurgie verbessern.
Herr Dr. rer. nat. Daniel Weber
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung - Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #Mesotheliome #Asbest #Biomarker #Prognose
3
Zielsetzung
Das Mesotheliom zählt auch mehr als 30 Jahre nach dem Asbestverbot in Deutschland weiterhin im Bereich der Krebserkrankungen zu einer der häufigsten Berufskrankheiten. Frühere Analysen der regionalen Verteilung zeigten insbesondere in Regionen, in denen vor dem Verbot Asbest verarbeitet wurde, höhere Inzidenzraten. Es werden in dieser Arbeit aktuelle Entwicklungen der Mesotheliom-Inzidenz aufgezeigt.

Methoden
Die altersstandardisierten Inzidenzraten (IR) (Fälle je 100.000 der Europastandardpopulation (alt)) des Mesothelioms (ICD-10 C45) in Deutschland der Jahre 2016 – 2020 werden getrennt nach Frauen und Männern auf Kreisebene dargestellt. Die Daten wurden vom Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert Koch-Instituts bereitgestellt.

Ergebnisse
Die Anzahl der an die Krebsregister gemeldeten Mesotheliomfälle haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten kaum verändert. Verglichen mit dem 5-Jahres Zeitraum 2009 – 2013 mit 7.547 Fällen (Lehnert et al. 2017) wurden in den Jahren 2016 – 2020 7.839 Fälle bei den Krebsregistern dokumentiert. Auf regionaler Ebene zeigten sich weiterhin große Unterschiede bei den Fallzahlen. Die höchsten Inzidenzraten bei Männern verzeichneten Herne (IR=6,55) und Oberhausen (IR=5,46). Vor allem Industrieregionen und (ehemalige) Werftstandorte wie Bremen (IR=4,89) und Emden (IR=4,12) wiesen deutlich erhöhte Inzidenzen auf. Die höchsten Inzidenzraten bei Männern zeigten sich im Nordwesten, Westen und Südwesten der Bundesrepublik. Die Inzidenz bei Frauen war ungefähr viermal geringer als die der Männer. Die höchsten Inzidenzen verzeichnete Kempten (Allgäu) (IR=1,71) und Havelland (IR=1,49). Ein räumliches Muster ist bei Frauen nur schwer auszumachen.

Schlussfolgerungen
Die Mesotheliominzidenz in Deutschland ist auch Jahrzehnte nach dem Asbestverbot in Deutschland von großen regionalen Unterschieden geprägt. Insbesondere in den Regionen, in denen Asbest verarbeitet wurde, zeigen sich immer noch höhere Inzidenzraten. Die seit wenigen Jahren existierenden und von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Mesotheliomeinheiten zur Behandlung des Mesothelioms konzentrieren sich vornehmlich auf die Gebiete mit diesen höheren Inzidenzraten.

Literatur:
Lehnert M, Kraywinkel K, Heinze E, Wiethege T, Johnen G, Fiebig J, Brüning T, Taeger D. Incidence of malignant mesothelioma in Germany 2009-2013. Cancer Causes Control. 2017;28:97-105.
Herr Dr. Dirk Taeger
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #Mesotheliome #Krebsregisterdaten #Mesotheliomeinheiten
4
Praktischer Einsatz der künstlichen Intelligenz beim Hautkrebsscreening

Hans Drexler1, Konstantin Drexler2, Maria Vogelgsang3, Franklin Kiesewetter4, Wolfgang Uter5
1 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
2 Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, DE
3Hautarztpraxis, Bucherstraße 51
4Pathologie Bamberg
5 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie

Abstract
Einleitung: Der Einsatz der künstlichen Intelligenz zur Abklärung pigmentierter Hauttumore ist auch für die arbeitsmedizinische Praxis ein vielversprechender Ansatz, wenn die Verlässlichkeit der damit erzielten Aussagen gesichert ist.
Methoden: In die Studie aufgenommen wurden 470 konsekutiv von einer erfahrenen Hautärztin auf Hautkrebs untersuchte Patienten/innen. Der Einsatz des FotoFinder® mit der Medicam 100 (KI) erfolgte nach ärztlicher differenzialdiagnostischer Indikation oder auf ausdrücklichen Wunsch des/der Patienten/Patientin. Der Einsatz der KI erfolgte stets nach der ärztlichen Beurteilung. Wenn eine Exzision durchgeführt wurde, erfolgte eine histologische Untersuchung durch einen einzigen erfahrenen Dermatohistopathologen. Die histologische Diagnostik erfolgte mit der klinischen Verdachtsdiagnose, aus der nicht ersichtlich war, ob eine KI zum Einsatz verwendet wurde.
Ergebnisse: Für den Vergleich mit dem histologischen Befund konnten 162 Datensätze ausgewertet werden. Von den 16 histologisch gesicherten malignen Melanomen wurden 6 von der KI nicht erkannt und 4 davon als nicht kontrollbedürftig eingestuft. Betrachtet man neben den malignen Melanomen auch die excisionsbedürftigten dysplastischen Nävi, dann lag die Sensitivität der KI bei nur 33,3 (95% KI: 22,9-45,2)% und die Spezifität bei 75,9 (39-69,1)%. Die Sensitivität der Hautärztin lag bei 57(45,4-68,7)% und die Spezifität bei 75,9 (57,1-76,5)%.
Diskussion/Schlussfolgerung: Die hier eingesetzte KI erwies sich als hilfreiches Instrument in der fachärztlichen Diagnostik, kann diese aber derzeit nicht ersetzen. Ein unauffälliger KI-Befund konnte ein Melanom nicht sicher ausschließen.

Herr prof. dr. Hans Drexler
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag #KI, Hautkrebs, Praxis
5

Einleitung

Das Plattenepithelkarzinom (PEK) ist mit ca. 56.000 Neuerkrankungen pro Jahr mit steigender Tendenz die fünfthäufigste bösartige Neubildung in Deutschland. Die Internationale Agentur für Krebsforschung kam im Jahr 2012 zu dem Ergebnis, dass Sonnenstrahlung und der Besuch von Sonnenstudios PEK verursacht. Eine berufliche Tätigkeit im Freien erhöht nach den systematischen Reviews von Schmitt et al. 2011 und WHO 2021 das PEK-Risiko. Dagegen kamen Loney et al. 2021 zu dem Ergebnis, der Zusammenhang sei nicht gesichert. Seit dem Jahr 2015 kann in Deutschland die Berufskrankheit 5103 “Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ anerkannt werden. Die Berufskrankheit 5103 war im letzten Berichtsjahr 2022 mit 4.293 Erkrankungen die dritthäufigste anerkannte Berufskrankheit.

Methoden

Ausgangspunkt des Review sind 28 Studien zur beruflichen und außerberuflichen Sonnenexposition einschließlich Sonnenbränden und dem PEK-Risiko, die in 4 systematischen Reviews zitiert wurden (Schmitt et al. 2011, WHO 2021, Loney et al. 2021, Bolm-Audorff et al. 2024). Mit einem Citation Tracking mit Google Scholar wurden 20 zusätzliche Studien identifiziert. Nach Anwendung der Ein- und Ausschlusskriterien wurden 35 Studien in den Review eingeschlossen und 13 ausgeschlossen. Die Daten dieser Studien wurden erfasst und Metaanalysen durchgeführt. Alle Analysen wurden unter Anwendung eines Random-Effects-Modells in STATA Version 18.0 durchgeführt. Die Heterogenität wurde nach Deeks et al. (2023) bewertet.

Ergebnisse

In einer Metaanalysen fand sich ein um den Faktor 2,05 (95 %-KI 1,13-3,75) erhöhtes PEK-Risiko bei jemaliger Beschäftigung in einem Außenberuf. Es bestand eine statistisch signifikant positive Beziehung zwischen der Dauer der beruflichen Tätigkeit in einem Außenberuf und dem PEK-Risiko mit einem verdoppelten Risiko nach 48 Jahren. Es ließ sich kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der außerberuflichen UV-Exposition und dem PEK-Risiko nachweisen. Wir fanden einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Anzahl schwerer Sonnenbrände in der Kindheit und der Jugend sowie im gesamten Leben und dem PEK-Risiko. Ferner ließ sich ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der Anzahl der Besuche von Sonnenstudios und dem PEK-Risiko zeigen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Diese Literaturübersicht bestätigt die systematischen Reviews von Schmitt et al. 2011 und der WHO 2021, dass Beschäftigte, die im Freien arbeiten, ein statistisch signifikant erhöhtes PEK-Risiko aufweisen. Insgesamt vermögen die Kritikpunkte von Loney et al. (2021) an den Studien über den Zusammenhang zwischen beruflicher UV-Exposition und PEK-Risiko überwiegend nicht zu überzeugen.

Herr Prof. Dr. Ulrich Bolm-Audorff
Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin (IPAS), Med. Fakultät der TU Dresden, Dresden
#Vortrag #Sonnenexposition, Beruf, Sonnenbrand, Plattenepithelkarzinom der Haut, Review, Metaanalysen
Fr
04 Apr
10:30 - 11:30
Vorträge
Bewegung II
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Rolf Ellegast und Daniela Ohlendorf-Trapp
Beiträge:
1

Einleitung

Eine sedentäre (sitzende) Lebensweise ist mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden. Der Beitrag von sedentärem Verhalten am Arbeitsplatz zu Gesundheitsrisiken ist noch unzureichend geklärt. Ziel dieser Untersuchung war es, mit Hilfe der ersten zwei Wellen der Studie zur Mentalen Gesundheit bei der Arbeit (S-MGA) zu untersuchen, ob sitzende Arbeitszeit mit kardiovaskulären Risiken bzw. Risikofaktoren verbunden ist.

Methoden

Als Risikofaktor wurde die Veränderung des Body-Mass-Index (BMI) zwischen Welle 1 und Welle 2 (5 Jahre) der S-MGA bei 2000 Beschäftigten (51% Männer; 49% Frauen) im Alter von 31–60 Jahren (Mittelwert 46,7) untersucht. Die kardiovaskuläre Inzidenz war anhand von selbst berichteten Diagnosen von Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Myokardinfarkt und Schlaganfall bei Personen ohne prävalente Erkrankung (n=1635) bestimmt. Sitzende Arbeitszeit wurde mit selbstberichtetem Anteil sitzender Arbeit und Arbeitszeit geschätzt und in 5 Kategorien (<5, 5–<15, 15–<25, 25–<35, ≥35 Std/Woche) eingeteilt. Die Veränderungen des BMI wurden mittels linearer Regressionsanalysen unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, beruflicher Qualifikation, Schichtarbeit, körperlicher Aktivität in der Freizeit und Rauchen untersucht. Die Inzidenzverhältnisse (IRR) und 95%-Konfidenzintervalls (KI) wurden analog mit robusten Poisson-Regressionsmodellen geschätzt; alle Modelle wurden auch nach Geschlecht stratifiziert.

Ergebnisse

Im Durchschnitt ist der BMI nach 5 Jahren um 0,49 (SD 1,9) gestiegen. Wir fanden keinen Zusammenhang zwischen BMI-Veränderungen und Sitzzeiten. Die Zunahme des BMI bei Personen der höchste Sitzzeitkategorie war sogar am geringsten (>35 vs. <5 Std/Woche [Ref.]: ꞵ=-0,23; 95% KI -0,52 bis 0,06). Nach fünf Jahren berichteten 245 Personen über das Auftreten einer kardiovaskulären Erkrankung. Wir beobachteten keine Zunahme des kardiovaskulären Risikos mit steigender Kategorie der beruflichen Sitzdauer. Die höchste IRR (1,20; 95% KI 0,81–1,76) wurde in der mittleren Kategorie von 15–<25 Std/Woche beobachtet. Die Ergebnisse waren für Frauen und Männer ähnlich.

Schlussfolgerung / Diskussion

Wir konnten keine Assoziation zwischen der Sitzdauer am Arbeitsplatz und Veränderungen des BMI oder kardiovaskulären Ereignissen nach 5 Jahren feststellen. Die Ergebnisse werden jedoch durch die selbstberichtete Expositions- und Outcome-Angaben und eventuell durch Selektionsverzerrungen wie „Healthy Worker Bias“ beeinträchtigt.
Frau Dr. Janice Hegewald
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Fachgruppe 3.1 Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen, Berlin
#Vortrag #sedentäre Arbeit #Bildschirmarbeit #kardiovaskuläre Gesundheit #Kohortenstudie
2
Hintergrund / Zielsetzung
Steharbeit ist verbunden mit erhöhter Prävalenz venöser Erkrankungen in den unteren Extremitäten. Eine fundierte wissenschaftliche Datenbasis - als Grundlage für anwendbare Bewertungsansätze - fehlt jedoch, obwohl Ödeme in der unteren Extremität als Surrogatparameter für die Entwicklung von venösen Erkrankungen herangezogen werden können. Der Vortrag beleuchtet die Entwicklung eines auf „Ödembildung“ basierenden Vorhersagemodells und dessen Validierung mittels Feldstudie.
Methode
Basis des Risikomodells sind im Labor ermittelte Messgrößen sowie Literaturstudien, die den Zusammenhang zwischen beruflicher Stehexposition und venösen Erkrankungen beleuchten. Die Daten wurden an 134 Probanden in vier Laborstudien unter verschiedenen experimentellen Bedingungen erfasst, die von ununterbrochenem Gehen bis hin zu wenigen Schritten pro Minute reichten und kurz- und langzyklische Wechsel zwischen Stehen und Gehen, sowie Sitzen beinhalteten. Die Ödembildung wurde mittels multispektraler Impedanzmessung und Wasserplethysmographie im bzw. am Unterschenkel bestimmt. Die Modellierung des arbeitsbedingten Risikos erfolgte mittels multidimensionaler Regression und berücksichtigte die Variablen Expositionsdauer, zeitlicher Steh- und Gehanteil, Sitzanteil und Perioden-Dauer. Validiert wurde das Modell anhand einer Feldstudie an 219 Probanden (130w|88m|1d), deren Venenstatus mittels CEAP und Ultraschallmessung des venösen Rückflusses bestimmt und deren Bewegungsverhalten messtechnisch erfasst wurde.
Ergebnisse
Die Ödembildung konnte anhand der Labordaten mittels vierdimensional-nichtlinearer Regression modelliert werden. Modell arbeitsbedingte Ödenbildung; (C) Universität Tübingen, Robert SeibtZwischen der CEAP-Klassifikation der in die Validierungsstudie einbezogenen Probanden (C0:36 | C1:126 | C2:50 | C3:6 | C4:1) und Vorhersagewerten des Modells konnte ein statistisch gesicherter Zusammenhang (p<0,05) nachgewiesen werden. Für den Zusammenhang zwischen venösem Rückfluss und modelliertem Risiko liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit bei über 5%.
Diskussion
Die Risikomodellierung für venöse Erkrankungen durch tätigkeitsinduziertes Stehen ermöglicht erstmals die wissenschaftlich fundierte Gestaltung von Steharbeit auf Basis physiologisch bewerteter Stehbelastung. Die tätigkeitsbedingte Ödembildung ist einerseits jedoch nur einer der Einflüsse, die auf das Risiko für venöse Erkrankungen wirken und ist andererseits auch nur eine der vielen Auswirkungen beruflicher Stehexposition auf die Gesundheit des arbeitenden Menschen.
Herr Robert Seibt
Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
#Vortrag #Modellierung #Stehen #Ödembildung #venöse Erkrankungen #arbeitsbedingtes Stehen
3
Tätigkeit an Bildschirmgeräten kann mit Muskel-/Skelett- oder asthenopischen Beschwerden einhergehen. Für Lehrkräfte sind kaum Daten zu deren beruflicher Tätigkeit an Bildschirmgeräten verfügbar. Dieser Beitrag addressiert diese Forschungslücke und möchte die Forschungsfragen beantworten, wieviel Zeit Lehrkräfte an Bildschirmgeräten verbringen, welche Beschwerden der Augen, des Schulter-Nackenbereichs und unteren Rückens bestehen und ob sich Zusammenhänge zwischen diesen Beschwerden, individuellen Gesundheitsaspekten oder Merkmalen der Bildschirmarbeit identifizieren lassen.
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In einer Pilotstudie wurden Daten zu Bildschirmarbeit, medizinischer und beruflicher Anamnese, Ergonomie sowie typischen Beschwerden per Videosprechstunde erfasst. Teilnehmende waren Bedienstete von 36 Pilotprojekt-Schulen und Personen, die eine Bildschirmarbeitsplatzbrille beantragten. Neben der deskriptiven Auswertung wurden Effektstärken berechnet, um Unterschiede zwischen Lehrkräften mit und ohne Leitungsfunktion zu untersuchen. Es wurden Korrelationsanalysen durchgeführt, um Assoziationen mit Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich, Rücken und asthenopischen Symptomen zu identifizieren.

Von 22.12.2021 bis 30.04.2024 wurden 236 Videosprechstunden durchgeführt. Die tägliche Bildschirmarbeitszeit variierte zwischen 0-10 h in der Schule sowie 1-13 h zu Hause (Durchschnitt: 5,5 h), die Variable „Leitungsfunktion“ war signifikante Einflussgröße. Die Prävalenz für asthenopische Beschwerden lag bei 52,5%. Es zeigten sich signifikante Korrelationen mit Alter, Sehhilfen, Weitsichtigkeit, Augenerkrankungen und höhenverstellbare Schreibtische. Die Prävalenz für Beschwerden im unteren Rücken lag bei 32,2%, im Schulter-Nackenbereich bei 63,6%. Signifikante Korrelationen zeigten sich bezogen auf den unteren Rücken mit dem Tragen einer Fernbrille, Altersweitsichtigkeit, dem allgemeinen Gesundheitszustand sowie Rückenerkrankungen und bezogen auf den Schulter-Nackenbereich mit unscharfem Sehen in der Nähe, dem Gesundheitszustand, Rückenerkrankungen, Deckenbeleuchtung und dem Lichteinfall.

Die Ergebnisse zeigen, dass Lehrkräfte zu Hause und in der Schule an Bildschirmgeräten arbeiten. Die tägliche Bildschirmzeit ist davon abhängig, ob eine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder nicht. Allen Lehrkräften sollte das Angebot einer arbeitsmedizinischen Vorsorge bei Tätigkeiten an Bildschirmgeräten gemacht werden. Anhand der erhaltenen Daten und den Ergebnissen der Korrelationsanalysen lassen sich Optimierungen für die Prävention, z.B. bei der Ergonomieberatung, ableiten.
Herr Dr. med. Peter Kegel
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
#Vortrag #Bildschirmarbeit #Lehrergesundheit #Videosprechstunde #Muskel-Skelett-Beschwerden #Asthenopische Beschwerden
4

Einleitung

Beim Arbeiten im Homeoffice kann eine inadäquate Ausstattung mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) oder ergonomisch unzureichenden Arbeitsmitteln Ursache für Augen- und/oder Muskel-Skelett-Beschwerden sein. Die vorliegende Querschnittsstudie hatte zum Ziel, in einem gemeinsamen Projekt von IPA und IFA die Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit in Abhängigkeit von der Ausstattung des Homeoffice zu untersuchen.

Methoden

Zwischen September 2023 und April 2024 wurde in Kooperation mit mehreren Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sowie dem Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) eine Online-Befragung durchgeführt. Im Rahmen der Datenauswertung von 1.070 Fragebögen wurde der Zusammenhang zwischen Muskel-Skelett-Beschwerden bzw. Augenbeschwerden in den letzten vier Wochen und der ergonomischen Gestaltung des Homeoffice-Arbeitsplatzes sowie der ausgeführten Tätigkeiten mittels logistischer Regression und Kontingenztafeln untersucht. Die Schmerzen wurden für die verschiedenen Schmerzlokalisationen auf einer numerischen Skala von 0-10 (0 = keine; 10 = stärkste vorstellbare Schmerzen) erhoben und die Augenbeschwerden hinsichtlich Häufigkeit (niemals bis häufig) und Intensität (mäßig oder stark) von 16 Symptomen erfasst.

Ergebnisse

Die Tätigkeiten in Büro und Homeoffice waren meist identisch, einzig Videokonferenzen wurden vermehrt im Homeoffice durchgeführt. Es zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Tätigkeiten und Muskel-Skelett-Beschwerden. 74% der Beschäftigten hatten eine eher günstige ergonomische Ausstattung im Homeoffice. Eine unzureichende ergonomische Ausstattung des Arbeitsplatzes war positiv assoziiert mit Beschwerden im Bereich des Nackens (OR 1,65; 95 % KI 1,05-2,58) und des oberen Rückens (OR 1,67; 95 % KI 1,10-2,56). Angst- und Depressionssymptome beeinflussten Beschwerden in diesen und anderen Körperregionen. Zu den Augensymptomen zählten häufig brennende Augen und das Gefühl einer verschlechterten Sicht. Eine unzureichende ergonomische Qualität des Bildschirmarbeitsplatzes war positiv assoziiert mit Augenbeschwerden (OR 1,62; 95 % KI 1,12-2,35). Frauen und Personen mit Sehhilfe waren häufiger von Augenbeschwerden betroffen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass eine adäquate ergonomische Ausstattung das Risiko von Augen- und Muskel-Skelett-Beschwerden minimiert und folglich eine sorgfältige Unterweisung der Beschäftigten zur Prävention beitragen kann.
Frau Dr. Stephanie Griemsmann
Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), Sankt Augustin
#Vortrag #Homeoffice #Bildschirmarbeit #Muskel-Skelett-Beschwerden #Augenbeschwerden #Ergonomische Bewertung #Befragung
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Gefahrstoffe und Biomonitoring I
Beiträge:
1


Das Morvan-Syndrom ist eine seltene neurologische Erkrankung, welche meist autoimmun oder paraneoplastisch ausgelöst wird. Einzelne Fallberichte beschreiben das Auftreten des Syndroms in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer Quecksilberintoxikation. Die Symptome eines Morvan-Syndroms umfassen u.a. Myoklonien, Faszikulationen, Insomnie, Tachykardie, Hypertonie, Hyperthermie, starkes Schwitzen und Hyponatriämie.

In der umweltmedizinischen Sprechstunde stellte sich ein 47-jähriger Patient vor, der aufgrund einer ausgeprägten Hyponatriämie und schwer einstellbarem Bluthochdruck internistisch betreut wurde. Anamnestisch ergab sich bei dem zuvor Gesunden eine vierwöchige Ayurveda-Kur in Kerala, Indien, im Mai und Juni 2024. Der Patient nahm mitgebrachte ayurvedische Zubereitungen bis Anfang August ein. Etwa drei Wochen nach der Kur traten erstmals Dysästhesien im Mund auf, die sich auf den ganzen Körper ausbreiteten, gefolgt von Hyperpathien bei Kälte und Hitze. Eine neurologische Abklärung blieb ohne klare Diagnose.

Ein veranlasstes Humanbiomonitoring sowie die Untersuchung der mitgebrachten ayurvedischen Zubereitungen per ICP-MS ergab u.a. einen Blut-Bleigehalt von 184 µg/L sowie einen Urin-Quecksilbergehalt von 65,2 µg/L. In einer der Tabletten wurde ein Quecksilbergehalt von 16 mg Hg / Tablette ermittelt. Im Serum erfolgte der Nachweis von CASPR2-Antikörpern, so dass die Diagnose quecksilber-assoziiertes Morvan-Syndrom gesichert werden konnte. Es erfolgte eine Therapie mit Immunglobulinen, was zu einer leichten Symptombesserung führte. Auf eine Chelat-Therapie wurde aufgrund der Datenlage in der Literatur zunächst verzichtet.

Der Fall zeigt, dass eine hohe Quecksilberbelastung über die Triggerung von Autoimmunphänomenen komplexe Symptomkonstellationen verursachen können. Schwermetallbelastete Ayurveda-Zubereitungen stellen immer noch ein Gesundheitsrisiko dar und können auch Autoimmunphänomene auslösen. Präventiv sollte weiter an definierten Standards für ayurvedische Zubereitungen gearbeitet werden. Es besteht weiter Aufklärungsbedarf für die Verschreiber und Verbraucher ayurvedischer Zubereitungen.
Herr Jens Bertram
Universitätsklinikum Aachen, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Aachen
#Poster #Morvan-Syndrom #Biomonitoring #Quecksilber #Ayurveda
2
Zielsetzung: Das Mesotheliom ist mit einer zurückliegenden, beruflichen Asbestexposition assoziiert und ein aggressiver Tumor der serösen Häute mit schlechter Prognose. Eine Früherkennung mittels der Biomarker Calretinin und Mesothelin ist inzwischen möglich und befindet sich derzeit in der Umsetzung in die Praxis. Um zukünftig die Anwendung der Biomarker weiter zu vereinfachen, wäre die Probengewinnung auf Filterpapierkarten - ähnlich wie beim Neugeborenenscreening - eine praktikable Alternative. Daher wurde zunächst als Grundvoraussetzung getestet, ob Calretinin in sogenannten dried plasma spots (DPS) nachweisbar ist.

Methoden: Plasmaproben von vier Patienten mit Mesotheliomen sowie vier gematchten Kontrollen wurden auf Filterpapierkarten aufgetragen und über Nacht getrocknet. Die DPS wurden ausgestanzt, im Verdünnungspuffer des DLD Calretinin ELISA Kits aufgenommen, inkubiert und mittels Zentrifugation extrahiert. Abschließend wurde Calretinin gemäß der Vorschrift des ELISA Kits bestimmt.

Ergebnisse: Calretinin war in allen DPS-Proben der Mesotheliom-Fälle nachweisbar und quantifizierbar, während in den Kontrollproben die Calretinin-Werte unterhalb der Nachweisgrenze lagen. Im Vergleich mit dem etablierten Nachweis direkt im Plasma ist ein Unterschied bei der Konzentration zu erkennen. Diese waren bei den DPS-Proben generell niedriger als bei den Plasmaproben. Allerdings war mittels DPS eine einfache Diskriminierung zwischen Fällen und Kontrollen möglich.

Schlussfolgerung: Diese ersten Tests zeigen, dass der Nachweis von Calretinin mittels DPS möglich ist. Weitere Optimierungen des Extraktionsverfahrens und Messungen in einer größeren Studiengruppe sind allerdings notwendig, ebenso wie die Ermittlung der spezifischen Cut-offs für DPS, um die Performance der Biomarker zu erhalten. Auch Mesothelin soll dann mittels DPS parallel bestimmt werden. Ziel wird es schließlich sein, ein einfach zu verwendendes Probengewinnungssystem für die Biomarker Calretinin und Mesothelin zu entwickeln.
Herr Dr. rer. nat. Jan Gleichenhagen
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung - Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Poster #Calretinin #Dried Plasma Spots #Mesotheliom
3
Viele Biomonitoringparameter sind pauschal einem chemischen Element oder einer chemischen Struktur zugeordnet und werden in der Regel analytisch ohne Differenzierung bestimmt, obwohl sie in der Realität in Form unterschiedlicher Spezies oder Bindungsformen vorliegen. In der chemisch-analytischen Bestimmung stellt die zuverlässige Quantifizierung der Parameter durch das Auftreten in verschiedenen Spezies und Bindungsformen häufig einen nicht zu unterschätzende Herausforderungen dar. Demzufolge ist es für eine praxisnahe Qualitätssicherung derartiger Biomonitoringuntersuchungen von Bedeutung, diese in der Realität auftretenden Spezies und Bindungsformen zu berücksichtigen.

In dem Beitrag werden die verschiedenen Ansätze zur Inklusion von Spezies und Konjugaten in das Biomonitoringqualitätsprogramm German External Quality Assessment Scheme (GEQUAS) und die dabei resultierenden Erkenntnisse dargestellt. Hierzu wurde die Dotierungsprozesse für das aktuelle Parameterspektrum analysiert, sowie die Teilnehmerzahlen und Erfolgsquoten, für Parameter mit Spezies- bzw. Konjugat-Dotierung ausgewertet.

Im aktuellen GEQUAS-Angebot (RV 75) werden Spezies- bzw. Konjugat-Dotierung sowohl im Spektrum für anorganische als auch organische Parameter zur Dotierung verwendet. Im anorganischen Parameterspektrum sind dies zum einen die Dotierung von Urin mit fünf verschiedene Arsenspezies (As(III), As(V), MMA, DMA, Arsenobetain) sowie mit einem Gemisch aus 80% anorganischem und 20% organischen Jodid (Parameter Jod im Urin). Im Blut erfolgt die Dotierung mit Chromat, um eine effektive Dotierung der Erythrozytenfraktion zu erreichen, sowie mit einem Gemisch aus 50% anorganischem Quecksilber und 50% Methylquecksilber (MeHg). Bei den organischen Parametern werden 8 phenolische Parameter (Bisphenol A, Phenol, o-Kresol, 1-Hydroxypyren, 1- und 2-Napthol, p-Nitrophenol und Triclosan) als Glucuronide und 6 aromatische Amine (Anilin, MOCA, MDA, 2,4- und 2,6-TDA, 1,5-NDA) als Acetylate dotiert, auch wenn eine differenzierte Analyse nicht vorgeschrieben wird. Sämtlich dieser Parameter zeigen eine positive Entwicklung der Inanspruchnahme und hohe Erfolgsquoten.

Durch die Dotierung mit Spezies oder Konjugaten werden an die Teilnehmer des GEQUAS-Qualitätssicherungsprogrammes die gleichen Herausforderungen für eine korrekte Quantifizierung dieser Parameter wie in der Realität gestellt. Dadurch wird eine wirksame Qualitätssicherung von Biomonitoringuntersuchungen gewährleistet.
Herr Prof. Dr. rer. nat. Thomas Göen
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Erlangen
#Poster #Biomonitoring #Qualitätssicherung #Praxisnahe Diagnostik
4

Einleitung

Per- und polyfluorierte Substanzen (PFAS) sind eine chemische Stoffklasse mit etwa 10.000 einzelnen Substanzen, welche aufgrund ihrer vielseitigen Eigenschaften in verschiedenen Industriezweigen verwendet werden. PFAS sind heutzutage ubiquitär sowohl in der Umwelt als auch in Menschen verbreitet. Die Exposition gegenüber PFAS kann negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben, unter anderem wurden Effekte auf das Hormonsystem, das Immunsystem und die Fortpflanzung beobachtet. Die innere Exposition der allgemeinen Bevölkerung gegenüber PFAS ist aufgrund methodischer Limitierungen, wie z. B. fehlende Sensitivität oder zu kleine Analyten-Portfolios, bisher nur unvollständig beleuchtet. Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung von Methoden für das Humanbiomonitoring zur verbesserten Bestimmung von klassischen und insbesondere neuartigen PFAS und PFAS-Precursor, um ein umfassenderes Verständnis der Belastung des Menschen mit PFAS zu erhalten.

Methoden

Für das Humanbiomonitoring von PFAS wurden Serum-Proben mit isotopenmarkierten internen Standards (ISTDs) versetzt, die Proteine mittels methanolischer Fällung abgetrennt und die Probe anschließend über eine Weak Anion Exchange (WAX) Festphasenextraktion aufgereinigt. Das Eluat wurde eingedampft und in Methanol rekonstituiert. Die instrumentelle Bestimmung erfolgte mittels LC-MS/MS auf einer C18 Säule. Zur Abtrennung von instrumentellen Blindwerten wurde zusätzlich eine Delay-Säule verwendet.

Ergebnisse

Die entwickelte Methode ermöglicht die Bestimmung von derzeit 22 PFAS. Neben den klassischen PFAS können Fluortelomersulfonsäuren und v. a. per- und polyfluorierte Ether wie DONA, HFPO-DA und 9Cl-PF3ONS quantitativ erfasst werden. Das Verfahren ist von 0,1 - mind. 10 µg/L (r2 > 0.995) linear. Die Wiederfindungsraten von dotierten Serumproben bei einem Level von 0,1 µg/L liegen zwischen 84 – 119 %.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das entwickelte Verfahren ist geeignet, insbesondere neuere PFAS in Humanproben im umweltmedizinischen Konzentrationsbereich zu bestimmen. Eine vollständige Validierung ist noch Gegenstand aktueller Arbeiten. Die Erweiterung des Analyten-Spektrums um ultrakurzkettige PFAS wird zudem einen Schwerpunkt dieses Projektes bilden, da erste Studien auf eine deutliche Belastung humaner Proben mit diesen Substanzen hinweisen. Mit den entwickelten Methoden soll eine umweltmedizinische Studie mit 4000 humanen Proben der Erwachsenen-Bevölkerung aus der Nationalen Kohorte (NAKO) durchgeführt werden, um die PFAS-Belastung umfangreicher zu erfassen.
Herr Martin König
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #PFAS #Biomonitoring #Flüssigchromatographie-Massenspektrometrie #Serum
5
Einleitung: Schweißrauch wurde von der International Agency of Research on Cancer (IARC) als humankanzerogen eingestuft, jedoch werden die heute geltenden Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) an Schweißarbeitsplätzen nicht immer eingehalten. Praxisnahe Lösungen zur Reduktion der Exposition von Schweißern gegenüber Gefahrstoffen sind erforderlich.

Methoden: Eine laufende Interventionsstudie in Kooperation mit der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) soll die Effektivität technischer Maßnahmen zur Expositionsminderung an realen Arbeitsplätzen evaluieren. Es werden wiederholte Gefahrstoffmessungen in Verbindung mit einer erweiterten Dokumentation wesentlicher Einflussfaktoren der Exposition durchgeführt. Ergänzend erfolgt humanes Biomonitoring bei den Schweißern.

Ergebnisse: An 49 MAG/MIG-Schweißern in 12 Betrieben wurde die Exposition unter Ausgangsbedingungen gemessen. Die mediane Konzentration alveolengängiger Partikel betrug 1,23 mg/m³. Der allgemeine Staubgrenzwert von 1,25 mg/m³ wurde somit bei jeder zweiten Messung überschritten. Die höchste gemessene Konzentration betrug 12 mg/m³. Der AGW für Mangan in der A-Fraktion (0,02 mg/m³) wurde an 45 von 49 Arbeitsplätzen überschritten (92%); der Median betrug 0,095 mg/m³. Fremdbelüftete Schweißmasken wurden von 31 Schweißern getragen (63%).

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Basismessungen bestätigten die Herausforderung, die geltenden AGW beim MAG/MIG-Handschweißen einzuhalten. Zurzeit werden expositionsrelevante Randbedingungen der einzelnen Arbeitsplätze durch Interventionsteams überprüft, um anschließend individuelle Interventionsoptionen zu entwickeln. Im Fokus der möglichen Interventionen stehen Variationen der Zusatzwerkstoffe, Prozessgase, innovativer Prozessregelvarianten sowie Anpassungen von Absaugvorrichtungen und Arbeitsmitteln. Nach Umsetzung der Maßnahmen in der Arbeitsroutine erfolgt eine erste Wirkungsprüfung durch eine weitere Gefahrstoffmessung mit Biomonitoring.
Herr Dr. Martin Lehnert M.san.
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Poster #Schweißrauchminderung #Metall-Aktivgas-Schweißen #Metall-Intergas-Schweißen #Metall-Schutzgas-Schweißen
6
Einleitung
Melamin (CAS-Nr. 108-78-1) ist eine vielseitig eingesetzte Grundchemikalie, die bei chronischer Exposition die Harnwege schädigen kann und im Verdacht steht, krebserzeugend zu wirken. Hauptanwendungsgebiete für Melamin sind Melaminharze, die durch Polykondensation mit Formaldehyd entstehen und als Leime, Beschichtungen in der Möbel-, Holz- und Verpackungsindustrie, als Versteifungsmittel in der Textilindustrie sowie als Geschirr und Kochutensilien genutzt werden. Das Ziel war es, ein Human-Biomonitoring-Verfahren zu entwickeln, um die innere Exposition bei Tätigkeiten mit Melamin für die arbeitsmedizinische Vorsorge und im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln.
Material und Methoden
Für die Quantifizierung von Melamin im Urin wurde ein Verfahren etabliert, das auf der Gaschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (GC-MS/MS) basiert und 13C3-Melamin als internen Standard verwendet. Die Methode umfasst eine Flüssig-Flüssig-Extraktion mit Ethylacetat, gefolgt von einer Derivatisierung mit N,O-Bis(trimethylsilyl)trifluoracetamid. Insgesamt wurden 40 Spontanurinproben von Personen (80 % Männer, 20 % Frauen) untersucht, die keinen beruflichen Umgang mit Melamin hatten.
Ergebnisse
Die Nachweis- und Bestimmungsgrenzen (BG) der Methode wurden gemäß DIN 32645 ermittelt und betragen 0,3 µg/L bzw. 1,2 µg/L. Die Präzision wurde in dotierten Urinproben bei zwei unterschiedlichen Konzentrationsniveaus bestimmt und liegt sowohl innerhalb der Serie (n = 10) als auch von Tag zu Tag (n = 6) unter 15 %. Die relative Wiederfindung in zehn verschiedenen Urinproben liegt im Bereich von 88 – 120 % bei dotierten Konzentrationen von 10 µg und 50 µg pro Liter Urin. Die Nachweisrate für Melamin in den untersuchten Urinproben betrug 48 %. Die Konzentrationen lagen im Bereich zwischen unter der Bestimmungsgrenze und 202,3 µg/L (<BG – 102,7 µg/g Kreatinin). Die mittlere Konzentration betrug 13,6 ± 40,4 µg/L (10,2 ± 21,2 µg/g Kreatinin).
Schlussfolgerung
Das neu entwickelte Verfahren ermöglicht eine präzise Bestimmung der Melaminkonzentration im Urin. Die Daten zur Melaminkonzentration in Urinproben von Personen, die nicht beruflich mit Melamin exponiert sind, können zunächst als Vergleichswerte herangezogen werden, um potenzielle Expositionen an Arbeitsplätzen zu bewerten. Diese Vergleichswerte dienen als vorläufige Richtwerte, bis toxikologisch fundierte Beurteilungswerte abgeleitet werden können.

Herr Thomas Jäger
BASF SE, Corporate Health Management, Ludwigshafen
#Poster #Biomonitoring #Melamin #Exposition #Urin
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Gefahrstoffe und Biomonitoring II
Beiträge:
1
Einleitung: Die Hautsensibilisierung durch Chemikalienmischungen stellt eine komplexe Herausforderung für die Risikobewertung dar. In unserer früheren Studie wurden Sensitizer und Irritantien einzeln und kombiniert im KeratinoSens Assay (OECD 442D) untersucht. Um die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen aufzuklären, wurden in dieser Studie die metabolischen Veränderungen in einem 3D-Hautmodell nach Exposition gegenüber verschiedenen Kombinationen von Sensitizern und Irritantien untersucht.
Methode: Ein 3D-Hautmodell, bestehend aus KeratinoSens-Zellen, 3T3-Fibroblasten und U937-Monozyten-Zellen, wurde einzeln und kombiniert mit zwei verschiedenen Sensitizern (Zimtaldehyd), Ethylenglykoldimethacrylat) und drei verschiedenen Irritantien (α-Pinen, Salicylsäure, Natriumdodecylsulfat) in verschiedenen Konznetrationen an der Luft-Flüssigkeit-Grenzfläche exponiert. Die Konzentrationen wurden in der früheren Studie bestimmt und lagen im nicht-zytotoxischen Bereich. Nach 48 Stunden wurden die Metabolite mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie in einem untargeted Ansatz gemessen. Due statistische und funktionelle Auswertung erfolgte mit mit MetaboAnalyst.
Ergebnisse: Die Daten aus unserer Metabolomik-Studie bestätigen die früheren Ergebnisse aus dem KeratinoSens-Assay. Der Sensitizer ist hauptsächlich für die Reaktion der Mischung verantwortlich. Eine Partial Least-Squares Discriminant Analysis (PLSDA) der Metaboliten zeigt deutlich getrennte Cluster von regulierten Metaboliten nach einzelner/kombinierter EGDMA-Exposition und nach einzelner/kombinierter Zimtaldehyd-Exposition. Die Metaboliten nach alleiniger und kombinierter Exposition gegenüber den beiden Sensitizern bildeten in beiden Fällen getrennte Cluster, was die dominante Rolle der Sensitizer unterstreicht.
Alle Expositionen führten zu einer Regulierung von Inositolphosphaten, Energiehaushalt und antioxidativen Prozessen. Zimtaldehyd und Mischungen induzierten zusätzlich eine erhöhte Sphingolipid-Biosynthese und beeinflussten Serotonin-Signalwege.
Schlussfolgerung: Sensitizer spielen in Mischungen mit Irritantien eine dominante Rolle. Die Identifizierung regulierter Stoffwechselwege trägt zu einem besseren Verständnis der molekularen Mechanismen der Hautsensibilisierung durch Chemikalienmischungen bei und unterstreichen die Notwendigkeit, Sensitizer in Risikobewertungen von Mischungen besonders zu berücksichtigen.
Frau Prof. Dr. med. Simone Schmitz-Spanke
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #Sensibilisierung #Metabolismus
2
Einleitung: Die kombinierte Exposition gegenüber polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und ultravioletter Strahlung (UV-Strahlung) stellt eine erhebliche Herausforderung für die menschliche Gesundheit dar. Beide induzieren u.a. oxidativen Stress in der Haut, was Bedenken hinsichtlich ihrer kombinierten Auswirkungen auf die Hautgesundheit jenseits der potenziellen Synkarzinogenität aufwirft. Diese Studie untersucht mit einem kombinierten metabolomischen und toxikologischen Ansatz die Antwort humaner Monozyten (U937), einem Modell für das Haut-Immunsystem, auf individuelle und kombinierte Expositionen gegenüber Benzo[a]pyren (B[a]P) und UV-Strahlung
Methoden: U937-Zellen wurden 24 h gegen B[a]P und UV-Strahlung einzeln und in Kombination exponiert. Die kombinierte Exposition wurde mit drei unterschiedlichen B[a]P-Konzentrationen durchgeführt. Es wurden mindestens 3 biologische und technische Replikate durchgeführt. Die regulierten Metabolite wurden in einem untargeted Ansatz mittels GC-MS identifiziert. und mit MetaboAnalyst 6.0 statistisch und funktionell analysiert. Ergänzend wurden toxikologische Endpunkte wie Zellvitalität (LDH, MTT, MMP), oxidativer Stress (ROS, GSH/GSSG, NQO1), Lipidperoxidation (MDA) und DNA-Schädigung (Comet-Assay) bestimmt.
Ergebnisse: Individuelle Expositionen gegenüber B[a]P oder UV-Strahlung führten zu minimalen metabolischen und toxikologischen Veränderungen. Ebenfalls minimale Veränderungen wurden nach der kombinierten Exposition mit niedrigeren B[a]P Konzentrationen und UV beobachtet. Die kombinierte Exposition bei einer höheren B[a]P-Konzentration löste jedoch eine deutliche metabolische Reaktion aus, die sich durch Folgendes auszeichnet:
(1) Herunterregulierung glutaminzentrierter Metabolite, die am Glutathion-, Purin-, GAB-Metabolismus und dem Zitronensäurezyklus beteiligt sind.
(2) Regulationen im Tryptophan-Metabolismus.
(3) Erhöhte Lipidperoxidation, belegt durch Messung des Malondialdehyds, einem Endprodukt der Lipidperoxidation und Regulation relevanter Metabolite.
Schlussfolgerung: Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Glutaminstoffwechsel eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung der zellulären Reaktion auf kombinierte B[a]P- und UV-Exposition spielt. Höhere B[a]P-Konzentrationen in Kombination mit UV führen über oxidativen Stress zu erhöhter Lipidperoxidation und möglicherweise Ferroptose. Diese Studie unterstreicht das komplexe Zusammenspiel zwischen B[a]P und UV-Strahlung und liefert Einblicke in die Mechanismen, wie Umwelt-/Arbeitsplatzfaktoren Hauterkrankungen beeinflussen können.
Frau Prof. Dr. med. Simone Schmitz-Spanke
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #UV-Strahlung #Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe #Metabolismus
3
Einleitung: Kinder sind besonders anfällig für Umweltschadstoffe. Diese Studie untersucht das Risiko der Hautsensibilisierung durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die in Spielzeug weit verbreitet sind. In dieser Studie soll das Hautsensibilisierungspotential von PAKs nach Einzel- und kombinierter Exposition mithilfe des KeratinoSens-Assays bewertet werden.

Methoden: Einzelne PAKs (Acenaphthen, Anthracen, Benzo[a]anthracen, Benzo[a]pyren (B[a]P), Benzo[b]fluoranthen (B[b]F), Benzo[e]pyren, Benzo[g,h,i]perylen, Benzo[k]fluoranthen (B[k]F), Chrysen, Fluoranthen, Fluoren, Naphthalin, Phenanthren, Pyren, Triphenylen) und ternäre Mischungen mit B[a]P wurden auf ihre Fähigkeit zur Aktivierung des Keap1-Nrf2-ARE-Signalwegs in menschlichen Keratinozyten untersucht. Die Untersuchungen wurden nach der OECD TG 442D durchgeführt und für Mischungen adapiert.. Das Konzentrationsadditivmodell und der additive Index wurden verwendet, um Mischungseffekte vorherzusagen und zu analysieren.

Ergebnisse: Unter den einzelnen PAKs zeigte B[k]F die stärkste Aktivierung des Signalwegs mit einer 34-fach höheren Potenz im Vergleich zu B[a]P. B[b]F, Chrysen und B[a]P zeigten ebenfalls eine signifikante Aktivierung, während die übrigen PAK eine vernachlässigbare oder schwache Aktivierung aufwiesen. Bemerkenswert ist, dass PAK-Mischungen synergistische Effekte zeigten, außer bei Mischungen, die ausschließlich aus potenten Sensibilisatoren bestanden.

Schlussfolgerung: Diese Studie liefert die erste Bewertung des Hautsensibilisierungspotentials dieser PAKs. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass B[k]F, B[b]F und Chrysen ein höheres Risiko für Hautsensibilisierung darstellen könnten als bisher angenommen. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit strengerer Regulierungen für PAKs in Produkten, mit denen Kinder in Kontakt kommen, insbesondere Spielzeug, um das Risiko von allergischen Reaktionen zu minimieren. Darüber hinaus unterstreichen die beobachteten synergistischen Effekte in Mischungen die Bedeutung der Berücksichtigung kombinierter Expositionen bei der Bewertung des Expositionsrisikos durch PAKs.
Frau Prof. Dr. med. Simone Schmitz-Spanke
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe #Gefahrstoff
4
Einleitung: Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (MAK-Kommission) reevaluierte die toxikologische Bewertung von Aluminium und Aluminiumverbindungen.
Methoden: Es wurde eine umfassende Literaturrecherche zur Toxizität von Aluminiumverbindungen durchgeführt und zusätzlich Übersichten von Regulierungsbehörden sowie Originalstudien ausgewertet.
Ergebnisse: In epidemiologischen Längsschnittstudien an Aluminiumschweißern wurden subklinische neurotoxische Effekte beobachtet, und anhand des empfindlichsten Endpunkts der Neurotoxizität ein BAT-Wert von 50 µg Aluminium/g Kreatinin im Urin abgeleitet, der jetzt bestätigt wurde. Bei Ratten zeigten sich nach Exposition gegen verschiedene Aluminiumverbindungen in sehr niedrigen Konzentrationen in der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit Anzeichen einer Lungenentzündung, so dass im Tierversuch die Lungentoxizität der empfindlichste Endpunkt war.
Auf der Grundlage von Studien zur Inhalationstoxizität an Ratten betragen die MAK-Werte für Aluminium in der alveolengängigen Fraktion 0,05 mg/m3 für schwerlösliche Aluminiumverbindungen (Aluminiumoxid (außer Korund), Aluminiumhydroxid, Aluminiumoxidhydroxid), für lösliche nicht reizende Aluminiumverbindungen (Aluminiumchlorhydrat) 0,005 mg/m3 und für reizende (Aluminiumchlorid, Aluminiumcitrat, Aluminiumlactat, Aluminiumnitrat und Aluminiumsulfat) 0,0002 mg/m3.
Bei den schwerlöslichen Aluminiumverbindungen wurden Lungenüberladungseffekte beobachtet, so dass Lungentumoren bei höheren Konzentrationen nicht auszuschließen sind (Kanzerogenitäts-Kategorie 4).
Da es in Höhe der MAK-Werte für lösliche Aluminiumverbindungen nicht zu einer nennenswerten Erhöhung des Hintergrundbereichs der Aluminiumkonzentration im Blut kommt, erfolgt eine Zuordnung zu Schwangerschaftsgruppe C. Aluminium und seine schwerlöslichen Verbindungen werden der Schwangerschaftsgruppe D zugeordnet, da keine Untersuchungen zur Entwicklungstoxizität mit inhalativer Applikation am Tier vorliegen.
Frau Dr. Britta Brinkmann
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Angewandte Biowissenschaften, MAK-Kommission, Karlsruhe
#Poster
5
Einleitung: Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (MAK-Kommission) bewertet Gefahrstoffe. Cadmium [7440-43-9] und seine anorganischen Verbindungen wurden als kanzerogen (Kategorie 1) und keimzellmutagen (Kategorie 3A) eingestuft. Mit der Evaluierung von Beurteilungswerten in biologischem Material schafft die MAK-Kommission die wissenschaftlich basierte Voraussetzung für die Bewertung des Biomonitorings. Eine arbeitsbedingte Gefährdung durch eine Exposition gegen Cadmium besteht heute insbesondere bei der Entsorgung und dem Recycling alter Batterien. Im Jahr 2024 wurde die Datenlage für Cadmium neu bewertet.
Methoden: Die Bestimmung der inneren Belastung durch Cadmium kann im Biomonitoring über den Parameter Cadmium im Urin erfolgen. Publizierte Studien wurden durch eine Literaturrecherche ermittelt, ausgewertet und ein biologischer Leitwert (BLW) abgeleitet.
Ergebnisse: Die Exposition gegenüber Cadmiumstaub kann zu lokalen Effekten wie Nasenentzündung und Anosmie, Bronchitis und Lungenentzündung aber auch zu Lungen- und Nierentumoren führen. Für die Ableitung eines Beurteilungswertes an der nichtkanzerogenen systemischen Toxizität wurde die nephrotoxische Wirkung des Cadmiums, die Schädigung der Nierentubuli, die zur Ausscheidung von Proteinen mit niedrigem Molekulargewicht wie Alpha- und Beta-Mikroglobulinen und Retinolbindungsprotein (RBP) im Urin führt, als empfindlichster Endpunkt angesehen. Aktuelle Studien an beruflich cadmiumexponierten Arbeitnehmern ergaben bei Nichtrauchern einen NOEL für eine tubuläre Proteinurie von etwa 3 bis 5 µg Cadmium/g Kreatinin (Schwellenwert bei Nie-Rauchern höher) und es wurde ein BLW von 2 µg Cadmium/g Kreatinin im Urin festgelegt.
Diskussion/Schlussfolgerung: Mit dem BLW in Höhe von 2 µg Cadmium/g Kreatinin liegt ein Beurteilungswert im biologischen Material vor, der dem Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz z. B. im Rahmen ärztlicher Vorsorgeuntersuchungen dient und die Einschätzung der inneren Belastung ermöglicht.

Frau PD Dr. med. Wobbeke Weistenhöfer
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #Biomonitoring #Cadmium #Biologischer Leitwert (BLW) #Gefahrstoff #Nephrotoxizität
6
Einleitung: Das Halbmetall Arsen (As) wurde von der Ständigen Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) als kanzerogen (Kategorie 1) und keimzellmutagen (Kategorie 3A) eingestuft. Zudem wirkt es toxisch auf die Haut, das Nerven- und das Gefäßsystem. Für das Biomonitoring bei beruflicher Exposition gegen anorganische Arsenverbindungen bietet sich die Bestimmung von Arsenspezies im Urin an. Dabei ist eine Bestimmung derjenigen Arsenspezies zu empfehlen, die möglichst wenig alimentär beeinflusst werden.
Methoden: Eine Analysenmethode zur Bestimmung von As(III), As(V), Monomethylarsonsäure und Dimethylarsinsäure im Urin mittels LC-ICP-MS wurde von der Arbeitsgruppe „Analysen in biologischem Material“ (AG Biomonitoring) der MAK-Kommission entwickelt, verifiziert und publiziert.
Zur Aufstellung von Expositionsäquivalenten für krebserzeugende Arbeitsstoffe (EKA) und eines Biologischen Leitwerts (BLW) durch die Arbeitsgruppe „Beurteilungswerte in biologischem Material“ (AG BAT-Werte) der MAK-Kommission wurden wissenschaftliche Studien zur Ausscheidung von Arsenspezies im Urin nach beruflicher Arsenexposition ausgewertet.
Ergebnisse: Die von der AG Biomonitoring validierte Analysenmethode zeichnet sich durch eine hohe Spezifität und Sensitivität aus. Mit Bestimmungsgrenzen von 0,02–0,05 µg As/l Urin können die Arsenspezies auch im Urin der beruflich nicht-belasteten Allgemeinbevölkerung erfasst werden.
Die AG BAT-Werte hat für die Summe von As(III), As(V) und Monomethylarsonsäure einen BLW von 10 µg/l Urin und EKA für Konzentrationen von 0,5–100 µg As/m³ Luft und 2–57 µg/l Urin abgeleitet. Unberücksichtigt bleibt hierbei die Dimethylarsinsäure, um die diagnostische Zuverlässigkeit bei der Bestimmung einer beruflichen Arsenbelastung zu erhöhen. Die Dimethylarsinsäure macht schon bei moderaten Belastungen 60–80 % der Arsenmetaboliten aus, wobei dieser Parameter durch den Verzehr von Fisch und Meeresfrüchten und die damit verbundene erhöhte Aufnahme organischer Arsenverbindungen stark beeinflusst wird.
Schlussfolgerungen: Dank der kohärenten Arbeitsweise der Arbeitsgruppen der MAK-Kommission liegen für Belastungen mit Arsen und anorganischen Arsenverbindungen sowohl eine geprüfte, sensitive Methode zur Bestimmung von Arsenspezies als auch Beurteilungswerte im biologischen Material vor, die dem Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz z. B. im Rahmen der ärztlichen Vorsorge dienen und die Einschätzung der inneren Belastung ermöglichen.
Frau Dr. Anja Schäferhenrich
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Poster #Arsenbelastung #Arsenspezies #Biomonitoring
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Psychische Belastung und Beanspruchung
Beiträge:
1
​​​​​EINLEITUNG. Eine gesundheitsfördernde Arbeitsgestaltung für den Erhalt der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz gewinnt angesichts steigender Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen zunehmend an Bedeutung. Die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung am Arbeitsplatz ist entscheidend, um die Arbeitsfähigkeit und das Wohlbefinden der Beschäftigten langfristig zu erhalten. Serious Games (SG) bieten eine innovative Möglichkeit, theoretisches Wissen in einem interaktiven und praxisnahen Umfeld zu vermitteln und anzuwenden (Hanisch et al., 2017).
ZIEL. Ziel der Studie war zu überprüfen, inwieweit ein SG die Kompetenz und das Vertrauen der Verantwortlichen im Arbeits- und Gesundheitsschutz bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung stärken kann (Level 3 von Kirkpatrick, 1996).
METHODEN. Es wurde eine Längsschnittbefragung der Teilnehmenden am SG PsyHealth WorXs! mit zwei Messzeitpunkten (vor Beginn und nach Abschluss des SG) auf Basis von N=94 Fragebögen durchgeführt.
ERGEBNISSE. Nach dem SG galten die Evaluationskriterien als erfüllt. Nach dem SG war das Wissen der Teilnehmenden über den Prozess der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung signifikant höher (t(89)=–2.716, p = 0.024, d = 0.767), und sie beschrieben eine Steigerung des Kompetenzerlebens bei der Maßnahmenableitung (t(37.179)=–3.001, p = 0.014, d = 0.669). Die Teilnehmenden wurden sicherer in der Anwendung des erworbenen Wissens und das SG vertiefte das Verständnis um die Prozesse einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung durch die gezeigten Szenarien. Die Teilnehmenden zeigten hohe Zufriedenheit mit dem SG, insbesondere des Gamification-Aspekts.
SCHLUSSFOLGERUNG. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass SG eine wirksame Methode zur Förderung der Kompetenz und des Vertrauens in die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung darstellt. Es bietet eine praxisnahe Möglichkeit, um Kenntnisse in einem interaktiven virtuellen Umfeld anzuwenden, und die Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen zu erleben. Es könnte somit ein wertvolles Schulungsmaßnahme des betrieblichen Gesundheitsmanagements sein.
Frau Lisa Auweiler
Institut für Arbeits,-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
#Poster #Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung #Serious Game #Trainingsevaluation #Verhältnisprävention #Kompetenzentwicklung
2
Einführung
In maritimen Studien konnte gezeigt werden, dass 40% bis 50% aller Todesfälle von Seeleuten auf hoher See auf Unfälle und Katastrophen zurückzuführen sind (z.B. Brand an Bord). Das Erleben einer solchen Katastrophe geht häufig mit gravierenden psychomentalen Folgeerscheinungen bei den Überlebenden einher. Dieser systematische Review intendiert, maritime Studien über tödliche Unglücke an Bord zu detektieren und deren Studienziele sowie die berichteten mentalen Reaktionen zu analysieren.
Methoden
Zur Ermittlung von Studien, die sich mit tödlichen Katastrophen auf hoher See befassen, wurde eine umfassende Literaturrecherche in den wissenschaftlichen Datenbanken PubMed, PubPsych, PsycArticles und Scopus durchgeführt. Die systematische Suche gemäß PRISMA statement ergab 239 Studien, von denen unter Anwendung spezifischer Ausschlusskriterien 12 in diese Übersichtsarbeit eingeschlossen wurden.
Ergebnisse
Die zwölf Studien beschreiben die psychomentalen Symptome von 40 Seeleuten der Kauffahrteischifffahrt, 422 Seeleuten der Navy/Coast Guard und 300 Passagieren, die eine tödliche Schiffskatastrophe überlebt haben. Die Studienziele lassen sich in folgende Kategorien eingruppieren: Neun Arbeiten thematisieren u. a. die Disaster-Kurzzeitfolgen, fünf die Langzeitfolgen, sechs potenzielle Einflussfaktoren (z.B. soziale Unterstützung oder Schuldgefühle) auf die Symptommanifestation und fünf den Einfluss der Katastrophenmerkmale auf die Symptomschwere. Bei den evaluierten Überlebenden konnten Symptome aus dem Bereich der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), Depression und Angststörung häufig festgestellt werden. In der Regel wurde für diese Symptome kurz nach der Katastrophe eine substanzielle Symptomschwere beobachtet, die im Verlauf der Zeit zwar abnahm, jedoch mit Ausnahme von den Seeleuten der Navy/Coast Guard auf hohem Niveau persistierte. Auch konnten in mehreren Studien Folgeerscheinungen wie Phobien, Schlafstörungen und Schuldgefühle beobachtet werden.
Diskussion
Die Schwere der PTBS- und Depressionssymptome nach einer Schiffskatastrophe und deren zeitliche Entwicklung zeigen Parallelen zu den Ergebnissen der Katastrophenforschung an Land. Allerdings ist die Anzahl der identifizierten Studien, deren Qualität und Aktualität im maritimen Bereich begrenzt. Dieses betont die Notwendigkeit für weitere Forschung in der maritimen Katastrophenmedizin. Als mögliche künftige Forschungsgegenstände werden insbesondere die Bewertung der kurz- und langfristigen Wirkungen von Kriseninterventionen an Bord empfohlen.
Herr Prof. Dr. Marcus Oldenburg
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Seemann, Tod, Symptome, PTBS
3

Einleitung

Lehrkräfte stehen vor einer Vielzahl beruflicher Herausforderungen und zeigen laut Studien eine höhere emotionale Beanspruchung als andere Berufstätige (Klein und Schilling, 2013). Verschiedene Studien zeigen in diesem Bereich auch Unterschiede zwischen Schulformen (Schaarschmidt & Fischer, 2008; Schwarzer & Hallum, 2014). Die meisten dieser Studien liegen jedoch einige Jahre zurück und fanden vor der SARS-CoV-2-Pandemie statt, sodass untersuchenswert ist, wie das Beanspruchungserleben der Lehrkräfte heute ausfällt. Ziel unseres Beitrags ist es, Belastungen und Beanspruchungen von Lehrkräften allgemein sowie diesbezügliche Unterschiede zwischen Schulformen zu untersuchen.

Methoden

An der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nahmen 4061 Lehrkräfte an 200 Schulen teil (02/2022 – 08/2024). Als Belastung wurden Gewalterfahrungen dichotom mit einer Frage („Erfahren Sie bei Ihrer Arbeit eine Form von Gewalt?“) erfasst. Als Beanspruchungen wurden Wohlbefinden (WB; WHO-5) und Emotionale Erschöpfung (EE; Kurzform MBI-D) erfasst.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass 18,2 % der Lehrkräfte von Gewalt betroffen sind. Der Anteil ist besonders hoch an Förderschulen (38,8 %), p < .001, Cramer-V = .22. Der Mittelwert aller Schulen bei der EE liegt bei M = 24,22 (SD = 14,02) und es besteht ein signifikanter Unterschied zwischen den Schulformen, p < .001, d = 0,20. Post-Hoc Tests zeigen eine signifikant geringere EE an Gymnasien im Vergleich zu Realschulen plus (p < .001) sowie an Berufsschulen im Vergleich zu Realschulen (p < .001) und Gesamtschulen (p = .023). Beim WB liegt das Gesamtmittel bei 49,21 (SD = 20,54). Auch hier zeigen sich signifikante Unterschiede, p < .001, d = 0,18. Post-Hoc Tests zeigen einen signifikanten geringeres WB bei Realschulen (p = .001) und Gesamtschulen (p < .001) im Vergleich zu Berufsschulen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Im Einklang mit älteren Studien zeigen die Ergebnisse, dass Lehrkräfte in den untersuchten Variablen hohe Belastungen und Beanspruchungen aufweisen und relevante Unterschiede zwischen den Schulformen bestehen. Während die höhere emotionale Erschöpfung und das niedrigere Wohlbefinden an Realschulen plus sowie Gesamtschulen im Einklang mit bisherigen Studien stehen, zeigt sich, dass die befragten Berufsschulen (ca. 20 % der Grundgesamtheit) entgegen dem bisherigen Forschungsstand signifikant weniger Beanspruchungen aufweisen. Die Ergebnisse machen deutlich, dass sich Unterstützungsangebote an den unterschiedlichen Beanspruchungen der Schulformen orientieren sollten.
Herr Dr. Jan Becker
Institut für Lehrergesundheit, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
#Poster #Lehrergesundheit #Psychische Belastung #Beanspruchung #Beurteilung der Arbeitsbedingungen
4

Einleitung

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) zielt darauf ab, gesundheitsschützende und -förderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen, um die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten und zu stärken. Personal mit Verwendung im Ausland könnte durch die besonderen Arbeits- und Lebensbedingungen erhöhten psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sein, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen können [1,2]. Daher soll untersucht werden, ob sich Unterschiede in der Gesundheit und der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zwischen Personal mit- und Personal ohne Auslandsverwendung zeigen.

Methoden

Für die Analyse liegen die Daten von 2667 Beschäftigten vor, die an 19 Dienststellen im Geschäftsbereich des BMVg in den Jahren 2022-2024 im Rahmen des AIGScreenBw befragt wurden. Es werden u.a. Work-Privacy-Konflikte, psychische Gesundheitsindikatoren (PHQ-4, COPSOQ), die Bewertung des allgemeinen Gesundheitszustands, die Arbeitszufriedenheit, die emotionalen Arbeitsanforderungen und die dienstliche Verwendung im Ausland in den vergangenen zwölf Monaten betrachtet. Mittels Mann-Whitney-U-Test werden die Unterschiede zwischen Personal mit und ohne Auslandsverwendung überprüft.

Ergebnisse

Von den befragten Beschäftigten wurden 37,5% in den vergangenen zwölf Monaten beruflich im Ausland eingesetzt. 57% der Beschäftigten mit und 51,3% der Beschäftigten ohne Auslandsverwendung bewerten ihren allgemeinen Gesundheitszustand mit (sehr) gut (d=0,1; p<0,001). Beschäftigte mit Auslandsverwendung erleben in höherem Maße Work-Privacy-Konflikte (d=0,1; p<0,001) und fühlen sich häufiger durch psychische Beschwerden beeinträchtigt (d=0,1; p=0,008) als Beschäftigte ohne Auslandsverwendung. In der Arbeitszufriedenheit und in der Einschätzung der emotionalen Arbeitsanforderungen zeigen Beschäftigte mit und ohne Auslandsverwendung keine Unterschiede.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse zeigen, dass Beschäftigte mit Auslandsverwendung vermehrt Work-Privacy-Konflikte erleben, sich häufiger durch psychische Beschwerden beeinträchtigt fühlen, allerdings aber auch einen besseren allgemeinen Gesundheitszustand aufweisen. Daher sollten BGM-Maßnahmen im Ausland stärker an der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie den psychischen Belastungen ansetzen, um die Effizienz des BGM zu steigern.

[1] Kowalski JT, Hauffa R, Jacobs H, Höllmer H, Gerber WD, Zimmermann P, 2012: Deployment-related stress disorder in German soldiers: utilization of psychiatric and psychotherapeutic treatment. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 109(35–36): 569–75. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0569

[2] Willmund, G.-D. und Zimmermann, P. (Hrsg.). 2020. Die Bundeswehr im Einsatz: Psychosoziale Belastungen und ihre Bewältigung. Eine Orientierungshilfe für Mitglieder des Psychosozialen Netzwerkes der Bundeswehr. Psychotraumazentrum am Bundeswehrkrankenhaus Berlin. Verfügbar über: https://www.bundeswehr.de/de/organisation/sanitaetsdienst/aktuelles-im-sanitaetsdienst/orientierungshilfe-psychosoziale-belastungen--1461880
Frau Aline Wege
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
#Poster #Betriebliches Gesundheitsmanagement #BGM #Psychische Gesundheit #Work-Privacy-Konflikte
5

Einleitung

Erzieherinnen in Kindertagesstätten sind täglich psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt, die zu Stresssituationen am Arbeitsplatz führen können. Veränderte Arbeitsbedingungen während der Krisensituation wie kürzere Arbeitszeiten, eine sorgfältigere Berufswahl, die Schaffung eines Sicherheitsgefühls am Arbeitsplatz und die Bereitstellung psychologischer Unterstützung sowie die erforderliche Anpassung daran verlangen von den Erzieherinnen zusätzliche Anstrengungen, die sich auf ihren psycho-emotionalen Zustand auswirken können. Der Zweck der Arbeit war der Vergleich des Einflusses verschiedener Formen der Arbeitsorganisation auf den psycho-emotionalen Zustand von Erzieherinnen im Hinblick auf Frühindikatoren für die Entwicklung eines beruflichen Burnouts.

Methoden

Es wurde eine anonyme Umfrage unter Erzieherinnen durchgeführt, die Kinder im Alter von 2 bis 6 Jahren betreuen. Im Jahr 2021 wurde eine Untersuchung an einer Stichprobe von 107 Erzieherinnen aus traditionellen Kindertagesstätten in Charkiw (Ukraine) durchgeführt. Im Jahr 2024 fand die Umfrage im „Metro-Kindergarten“ auf dem U-Bahn-Gelände Charkiw an einer Stichprobe von 32 Personen statt. Alle Teilnehmenden waren weiblich. Das Burnout-Risiko wurde anhand des Maslach Burnout Inventory – General Survey (MBI – GS) (Maslach C, Jackson SE, 1996) auf drei Skalen erhoben: „Emotionale Erschöpfung“ „Zynismus“, „Leistungsfähigkeit“ und das Burnout-Risiko gemäß Kalimo et al. (2003) ermittelt.

Ergebnisse

Die „Emotionale Erschöpfung“ war bei 55,1 % der Befragten im Jahr 2021 und bei 75,0 % der Befragten im Jahr 2024 gering. Auf der Zynismus-Skala wurde im Jahr 2021 bei 47,7 % der Befragten und im Jahr 2024 bei 56,3 % der Befragten ein niedriges Niveau festgestellt. Die Analyse der Skala „Leistungsfähigkeit“ war bei 18,7 % der Befragten im Jahr 2021 und bei 6,3 % der Befragten im Jahr 2024 gering.
Nach Kalimo et al. (2003) wurde in der Stichprobe von 2021 bei lediglich 3 (2,8 %) Erzieherinnen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Burnout-Syndroms festgestellt, 2024 war keine Erzieherin gefährdet. Der Vergleich der beiden Formen der Arbeitsorganisation (2021 und 2024) zeigte keine statistisch signifikanten Unterschiede (p > 0,05).

Schlussfolgerung / Diskussion

Das Burnout-Risiko der Erzieherinnen in der Stichprobe 2024 ist niedriger als in der Stichprobe 2021. Veränderungen der Arbeitsbedingungen dürften zu erheblichen Verbesserungen des psycho-emotionalen Wohlbefindens beigetragen haben.
Frau Anna Paramonova
Lehrstuhl für Hygiene und Ökologie, Nationale Medizinische Universität Charkiw, Charkiw
#Poster #Erzieherinnen #Burnout- Risiko #MBI #Arbeitsbedingungen
6
Einleitung: Angesichts des demografischen Wandels und der Fachkräfteknappheit hat die Bedeutung von Pflegekräften zugenommen. Der Pflegeberuf ist durch ein hohes Maß an Arbeitsbelastung geprägt, was sich negativ auf die Gesundheit von Pflegekräften auswirken kann1. Ressourcen können diesen negativen Effekt abmildern. Im Kollektiv von Altenpflegekräften ist der puffernde Effekt von Ressourcen noch nicht hinreichend untersucht. Daher adressiert diese Studie den Einfluss von sozialer Unterstützung auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsanforderungen und Gesundheit von Pflegekräften in Alten-/Pflegeheimen.

Methode: Im Rahmen einer quantitativen Studie wurden zwischen 10 – 12/2021 2448 Fragebögen an 55 Alten-/Pflegeheime in RLP versendet (Rücklauf 16,5%). Mittels COPSOQ-Skalen erfolgte die Erhebung von quantitativen Anforderungen (5 Items), Unterstützung bei der Arbeit (4 Items) und des allgemeinen Gesundheitszustands (1 Item). Es wurde eine Moderationsanalyse mit PROCESS durchgeführt.

Ergebnisse: 80,5% der Befragten sind weiblich und das Durchschnittsalter beträgt 43 Jahre (n = 364). Der Mittelwert von quantitativen Anforderungen beträgt 66,05 (SD = 20,61), von Unterstützung bei der Arbeit 67,66 (SD = 23,45) und vom allgemeinen Gesundheitszustand 54,84 (SD = 22,59). Das Moderationsmodell, mit dem untersucht wurde, ob die Interaktion zwischen quantitativen Anforderungen und Unterstützung bei der Arbeit den allgemeinen Gesundheitszustand vorhersagt, war signifikant, F(8, 298) = 10,68, p < .001, mit einer Varianzaufklärung von 21,19%. Die Ergebnisse zeigen einen signifikanten Moderationseffekt von Unterstützung bei der Arbeit auf die Beziehung zwischen quantitativen Arbeitsanforderungen und allgemeinem Gesundheitszustand, ΔR² = 3,15%, F(1, 298) = 12,14, p < .001, 95% CI[0,003, 0,012].

Schlussfolgerung: Die Studie beschreibt eine signifikante puffernde Wirkung von sozialer Unterstützung auf den Einfluss von Arbeitsanforderungen auf die Gesundheit von Pflegekräften. Dies stützt bisherige Befunde zu sozialer Unterstützung als Ressource bei hoher Arbeitsanforderung und betont die Relevanz der Förderung eines positiven Arbeitsumfelds, bspw. mittels teambildenden Maßnahmen, um Auswirkungen einer hohen Belastung auf die Gesundheit abmildern zu können.

1 Korbus, H., Hildebrand, C., Schott, N., Bischoff, L., Otto, A. K., Jöllenbeck, T., ... & Wollesen, B. (2023). Health status, resources, and job demands in geriatric nursing staff: A cross-sectional study on determinants and relationships. International Journal of Nursing Studies, 145, 104523.
Frau Anna Hirschmüller
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
#Poster #Arbeitsanforderungen #soziale Unterstützung #Gesundheit #Pflegekräfte
7

Einleitung

Die psychische Gesundheit von Anästhesisten und Intensivmedizinern ist nach wie vor ein wichtiges Thema, da diese Berufsgruppe aufgrund der hohen emotionalen Belastung mit am stärksten von Burnout betroffen ist. Es ist bekannt, dass Arbeitsfaktoren wie Notfallsituationen, die sofortige Entscheidungen und Maßnahmen erfordern und eine hohe Verantwortung für das Leben des Patienten mit sich bringen. Diese Umstände können auch die Verantwortung für die eigene Gesundheit erheblich belasten. Das Ziel dieser Arbeit war es, den Einfluss der Arbeitsbedingungen auf das Risiko der Entwicklung eines beruflichen Burnout-Syndroms bei Anästhesisten mit Schwerpunkt Intensivmedizin in Kriegszeiten im Vergleich zu Friedenszeiten zu ermitteln.

Methoden

115 Ärzte aus der Stadt Charkiw nahmen an einer anonymen Befragung teil, davon 73 im Jahr 2021 und 42 im Jahr 2023. Das Burnout-Risiko wurde mit dem Maslach Burnout Inventory – General Survey (MBI – GS) ermittelt, das die drei Dimensionen Emotionale Erschöpfung, Zynismus und Leistungsfähigkeit umfasst. Das Burnout-Risiko wurde in Anlehnung an Kalimo et al. (2003) berechnet.

Ergebnisse

Die Auswertung des psychisch-emotionalen Zustands der Anästhesisten ergab, dass im Jahr 2021 21,9 % der Ärzte einen hohen Wert für emotionale Erschöpfung aufwiesen, der im Jahr 2023 leicht auf 28,6 % anstieg. Eine hohe Ausprägung der Dimension Zynismus wurde im Jahr 2021 bei 39,7 % der Befragten festgestellt, wobei dieser Wert im Jahr 2023 ebenfalls zunahm (47,6 %). Auf der Skala Leistungsfähigkeit wurde im Jahr 2021 bei 49,3 % der Ärzte ein hohes Maß an Reduktion beobachtet, im Jahr 2023 waren es nur noch 16,7 % der Befragten. Zudem war der Unterschied zwischen den Kohorten 2021 und 2023 statistisch signifikant (p≤0,002). Nach der Berechnung nach Kalimo et al. (2003) konnte bei zwei Ärzten ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Burnout-Syndroms nachgewiesen werden (2021: 2,7 % und 2023: 4,8 %) (p≤0,060).

Schlussfolgerung / Diskussion

Im Vergleich zu Friedenszeiten wurde 2023 ein höheres Maß an Zynismus und emotionaler Erschöpfung festgestellt, was auf die zusätzlichen Belastungen der Ärzte während des Krieges hinweist. Trotz dieser negativen Auswirkungen bleibt die berufliche Leistungsfähigkeit stabil, was auf die außergewöhnliche Widerstandskraft der Ärzte hinweist. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer adäquaten psychologischen Unterstützung dieser Ärzte, um langfristige gesundheitliche Folgen zu vermeiden.
Frau Diana Stukalkina
Lehrstuhl für Hygiene und Ökologie, Nationale Medizinische Universität Charkiw, Charkiw
#Poster #Burnout-Syndrom #Stress #Anästhesisten #Militärkrise #MBI #berufliche Leistungsfähigkeit
8
Einführung: Die zurückliegende SARS-CoV-2-Pandemie hat sowohl das Rettungsdienstpersonal als auch die Leitstellendispatcher vor enorme zusätzliche Belastungen und Stresssituationen gestellt. Schon während der ersten Welle 2020 zeigte sich, dass die Frontline Worker des Rettungsdienstes mehr beansprucht und weniger erholt waren als die Kolleg:innen in den Leitstellen (Thielmann et al. 2024). Ziel ist es, Unterschiede in der Beanspruchung und Erholung zwischen Rettungsdienstpersonal und Leitstellendisponenten zu identifizieren, die während der zweiten Welle der Covid-19-Pandemie aufgetreten sind.
Methoden: Insgesamt nahmen 1.181 Personen an der Online-Befragung teil, davon 1.131 aus dem Rettungsdienst und 50 aus den Leitstellen. 84,5 % der Befragten der Gesamtstichprobe waren männlich. Das Personal der Leitstellen (40,8 ± 9,21 Jahre) war signifikant älter als das des Rettungsdienstes (34,2 ± 10,45 Jahre, p < 0,001). Die Kurzform des Erholungs-Beanspruchungs-Fragebogens (EBF-24/A, Testform S2) wurde als Online-Fragebogen erhoben (Kallus 1995). Die Berufsgruppenunterschiede wurden zunächst mittels des Mann-Whitney-Tests geprüft und im korrigierten Allgemeinen Linearen Modell (ALM) des Tests auf Zwischensubjektive unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht analysiert, um die Effekte zu identifizieren.
Ergebnisse: Die Geschlechterverteilung der beiden untersuchten Berufsgruppen unterschied sich tendenziell (p = 0,058). Rettungsdienstpersonal zeigte eine Beanspruchung im Durchschnitt von 2,88 ± 1,04 Punkte, während Leitstellendisponenten einen höheren Wert von 3,12 ± 0,93 erreichten (p = 0,098). Lediglich beim EBF-Merkmal „Übermüdung, Zeitdruck“ ergaben sich signifikante Unterschiede (Rettungsdienstpersonal 3,20 ± 1,35, Leitstellendisponenten 3,55 ± 1,18, p = 0,047). Die Erholung betrug für das Rettungsdienstpersonal 2,64 ± 0,89 und für die Leitstellendisponenten 2,50 ± 0,81 (p = 0,245). Zwei EBF-Merkmale zeigten signifikante Unterschiede. Bei der Erfolgs- und Leistungsbereitschaft erreichten die Rettungsdienstmitarbeiter 2,74 ± 1,09 Punkte, während die Leitstellendisponenten signifikant höhere Werte von 3,15 ± 1,04 aufwiesen (p = 0,005). Bei der körperlichen Erholung wurden höhere Werte beim Rettungsdienstpersonal (2,62 ± 1,11) im Vergleich zu 2,29 ± 1,00 bei den Leitstellendisponenten festgestellt (p = 0,037). Die ALM ergab, dass die Effekte von Geschlecht und Alter als gering einzustufen sind.
Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt, dass sowohl Rettungsdienstpersonal als auch Leitstellendisponenten während der zweiten Welle der SARS-CoV-2-Pandemie erheblich beansprucht waren. Es zeigte sich eine Zunahme der Beanspruchung und eine Abnahme der Erholung im Vergleich zur ersten Welle (Thielmann et al. 2024). Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit gezielter Maßnahmen gerade in Pandemiesituationen zur Unterstützung beider Berufsgruppen, um deren Erholungsphasen zu optimieren und langfristige Gesundheitsschäden zu vermeiden.
Schlüsselwörter: Erholung-Belastungs-Zustand (EBZ), Rettungsdienstpersonal, Leitstellendisponenten, SARS-CoV-2-Pandemie, EBF, Stressbewältigung

Literaturverzeichnis
Kallus, K. W. (1995): Erholungs-Belastungs-Fragebogen (EBF). Frankfurt a. M: Swets Test Service.
Thielmann, B.; Schumann, H.; Böckelmann, I. (2024): Beanspruchungs- und Erholungszustand von Rettungsdienstpersonal und Leitstellendispatchern zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie. Poster. DGAUM. München, 13.03.2024.
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
#Poster #Erhohlungs-Belastungs-Zustand (EBZ) #Rettungsdienstpersonal #Leitstellendisponenten #SARS-CoV-2-Pandemie #EBF #Stressbewältigung
9
Einführung: Resilienz ist die Fähigkeit, flexibel und erfolgreich auf Herausforderungen und Stressreaktionen zu reagieren. Rettungsdienstpersonal ist häufig extremen Belastungen ausgesetzt, die sowohl physische als auch psychische Herausforderungen darstellen. Diese Belastungen resultieren v. a. aus der Arbeit an vorderster Front in Notfallsituationen, in denen schnelle Entscheidungen und sofortiges Handeln erforderlich sind. Ziel dieser Studie ist es, die Resilienz in dieser Berufsgruppe zu erfassen und mit Burnout-Symptomen zu vergleichen bzw. zu korrelieren.
Methodik: Im Rahmen einer Online-Umfrage wurden 285 Datensätze von Rettungsdienstpersonal (inkl. Notärzte) untersucht (72,6 % männlich (n = 207), 26,7 % weiblich (n = 76), 0,7 % ohne Angabe (n = 2)). Das durchschnittliche Alter der Gesamtstichprobe lag bei 37,6 ± 10,4 Jahre. Die Befragung basiert auf einer quantitativen Methodik, bei der zwei etablierte Instrumente zur Messung von Resilienz und Burnout verwendet wurden: die Resilienzskala (RS-13) [1] und das Maslach Burnout Inventory (MBI) [2]. Das Rettungsdienstpersonal wurde entsprechend der Merkmalsausprägung für Resilienz in folgenden Gruppen eingeteilt: niedrig, moderat und hoch. Es erfolgte eine resilienzgruppendifferenzierte Betrachtung des Burnout-Risikos mit anschließender Korrelationsanalyse nach Spearman.
Ergebnisse: 67,7 % der Befragten waren Notfallsanitäter (n = 193), gefolgt von Rettungssanitätern mit 20,4 % (n = 58). Rettungsassistenten und Notärzte spielen mit 5,3 % (n = 15) bzw. 4,6 % (n = 13) eine untergeordnete Rolle. 2,1 % (n = 6) machten keine Angaben. Das Alter unterschied sich signifikant zwischen den Resilienzgruppen (pKruskal-Wallis < 0,001). Die Gruppe mit hoher Resilienz war signifikant älter (40,4 ± 10,5 Jahre vs. 34,4 ± 8,6 Jahre in der moderaten Gruppe (pBonferroni = 0,001) bzw. 36,5 ± 10,49 Jahre (pBonferroni = 0,012). 41,1 % (n = 117) der Gesamtstichprobe wiesen eine hohe Resilienz auf, 20,4 % (n = 58) eine moderate Resilienz und 38,6 % (n = 110) eine niedrige Resilienz. Bei der gruppendifferenzierten Betrachtung der MBI-Ergebnisse konnten hochsignifikante Unterschiede für die Dimensionen Emotionale Erschöpfung, Zynismus und Leistungsfähigkeit und die Bewertung nach Kalimo et al. [3] gefunden werden (pKruskal-Wallis < 0,001). Dabei traten diese Unterschiede jeweils zwischen den Gruppen mit hoher und moderater bzw. niedriger Resilienz auf. Zwischen dem Resilienzscore und den MBI-Dimensionen ergaben sich moderate Korrelationen: Emotionale Erschöpfung (ρ = -0,405), Zynismus (ρ = -0,306), Leistungsfähigkeit (ρ = 0,499) und MBI-Gesamtscore (ρ = -0,441).
Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt, dass ein großer Anteil der Rettungsdienstmitarbeiter (59 %) moderate oder niedrige Resilienz aufweisen, die einen signifikanten Einfluss auf ihre Burnout-Symptomatik haben können. Hohe Resilienz kann einen protektiven Effekt gegen Burnout haben. Trotz signifikanter Unterschiede zwischen den Resilienzgruppen wurden die Ergebnisse durch demographische und berufsbezogene Faktoren wie Alter und Berufserfahrung nicht beeinflusst. Insgesamt unterstreicht die Studie die Notwendigkeit, Resilienzförderprogramme im Rettungsdienst zu implementieren, um Burnout vorzubeugen und die psychische Gesundheit der Mitarbeiter zu stärken. Resilientes Arbeiten ist Merkmal einer Sicherheitskultur im Rettungsdienst.

References
1. Leppert K, Koch B, Brähler E, Strauß B. Die Resilienzskala (RS) – Überprüfung der Langform RS-25 und einer Kurzform RS-13. Klinische Diagnostik und Evaluation. 2008;1:226–43.
2. Maslach C, Jackson SE. The measurement of experienced burnout. In:. Journal of organizational behavior. 1981;2:99–113.
3. Kalimo R, Pahkin K, Mutanen P, Topipinen-Tanner S. Staying well or burning out at work: Work characteristics and personal resources as long-term predictors. Work & Stress. 2003;17:109–22. doi:10.1080/0267837031000149919.
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
#Poster #Burnout #Stressbewältigung #Psychische Gesundheit #Rettungsdienst #Sicherheitskultur #Resilienz
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Verhältnis- und Verhaltensprävention
Beiträge:
1
Einleitung
Vielen Berufstätigen fällt eine gesunde Ernährung am Arbeitsplatz schwer [1]. Umso größeres gesundheitsförderliches Potential liegt damit in der Kantinenverpflegung am Arbeitsplatz, zum einen im Hinblick auf die Produktivität am Arbeitsplatz, zum anderen als BGM-Maßnahme in der Primärprävention metabolischer Erkrankungen [2].
Die Anfang 2024 vorgestellten neuen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat den Anteil tierischer Produkte reduziert und den pflanzenbasierten Anteil gesteigert. Demgegenüber steht eine Pulsbefragung zu den Ernährungsempfehlungen, die zeigt, dass die Deutschen die größten Schwierigkeiten in der Reduktion des Konsums von Fleisch und Eiern gesehen werden [3].
Damit kommt einem gesunden, pflanzenbasierten und nachhaltigen Verpflegungsangebot auch in Klinikkantinen eine umso größere Bedeutung in der Verhältnisprävention am Arbeitsplatz zu.
„Healthy Hospital Food“ (HHF) der Physicians Association for Nutrition (PAN) erfüllt die Empfehlungen der DGE mit der Einführung einer pflanzenbasierten Menülinie.

Methoden
Nach Umstellung der Mitarbeiterkantine nach HHF-Kriterien von PAN sowie Maßnahmen, die die Wahl eines gesunden Menüs erleichtern und herbeiführen soll, und häufig als Nudging bezeichnet werden, findet eine Evaluation dieser Maßnahmen statt mittels Mitarbeiterbefragungen, Routinedaten aus dem Qualitätsmanagement sowie Zahlen der verkauften Mahlzeiten.

Ergebnisse
Die Ergebnisse sollen zeigen, ob und inwieweit das Angebot einer pflanzenbasierten Verpflegung durch die Mitarbeiter:innen angenommen wird und Healthy Hospital Food damit als Maßnahme der Verhältnisprävention eingesetzt werden kann. Darüber hinaus können die Ergebnisse Aufschluss darüber geben, welche Faktoren für die Mitarbeiter entscheidend sind in der Wahl ihres Menüs.

Diskussion
Es wird eine Annahme der pflanzenbasierten Menülinie durch die Mitarbeiter:innen hypothetisiert, was darüber hinaus zu einer Sensibilisierung für allgemeine gesundheitsförderliche Ernährung der Mitarbeitenden über die Arbeitswelt hinaus führen soll. Neben dem gesundheitsförderlichen Aspekt leistet die pflanzenbasierten Ernährung einen wichtigen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit. Durch die Einführung pflanzenbasierter Ernährung können insbesondere Kliniken zu Leuchttürmen einer gesellschaftlichen Ernährungstransformation werden, über die Mitarbeiterverpflegung hinaus.

Literatur:
[1] Dtsch Aerztebl. (2013): Ernährungsstudie: In der Mittagspause gibt’s selten Gesundes, 110(17): [71] (abgerufen am 06.10.2024)
[2] Rachmah et al. (2021): The effectiveness of nutrition and health intervention in workplace setting: A systematic review, J Public Health Res., 11(1): 2312.
[3] Pulsbefragung zu Ernährungs-Empfehlungen der DGE (ifbg.eu)
Frau Dr. Sarah Krieg
Universitätsklinikum Ulm, Ulm
#Poster #Ernährung #BGM #Prävention
2
Das Bewegen von Krankenhausbetten gehört zu den täglichen Aufgaben des Pflegepersonals und stellt aufgrund der langen Wege und des hohen Gewichts eine erhebliche Belastung für das Muskel-Skelett-System dar. Um diese Belastung zu reduzieren, wurden motorisierte Bed Mover entwickelt, die das Pflegepersonal beim Bewegen der Betten unterstützen. Trotz der nachgewiesenen körperlichen Entlastung werden Bed Mover kaum eingesetzt, was auf eine unzureichende Usability zurückzuführen sein könnte. Daher wird in dieser Studie die Usability von fünf Bed Movern in einem Krankenhaus untersucht.

Elf Pflegekräfte testeten fünf Bed Mover mit unterschiedlicher Steuerungsart: drei per Joystick, von denen zwei eine Stehplattform für die Pflegekraft hatten, und zwei mit Deichsel zum Ziehen. Die Pflegekräfte absolvierten drei Nutzungsszenarien: das An- und Abkoppeln des Movers und das Fahren eines Parcours mit Kurven, Rampen und einem 100 Meter langen Flur. Die Zeit für die Durchführung sowie die subjektive physische Belastung (Borg-Skala) und Nutzerzufriedenheit (SEQ und standardisierter Fragebogen) wurden erfasst. Zusätzlich bewerteten zwei Versuchsleiter Usability-Schwachstellen anhand einer dreistufigen Skala.

Die Teilnehmer benötigten im Mittel 01:46 (min:ss) zum Ankoppeln der Bed Mover, 06:55 für die Absolvierung des Testparcours und 01:06 Minuten zum Abkoppeln. Die Bed Mover mit Plattform erzielten sowohl beim Ankoppeln als auch bei der Absolvierung des Parcours die höchsten Zeiten, die sich signifikant (p > .05) von den anderen Bed Movern unterschieden. Die Werte der Borg-Skala variierten zwischen 0,6 und 1,6. Dies entspricht einer leichten bis sehr leichten subjektiven physischen Beanspruchung. Obwohl die Versuchsteilnehmer die Durchführung der Nutzungsszenarien im Mittel als leicht (5) bis sehr leicht (6) bewerteten (SEQ), variierte die insgesamte Nutzerzufriedenheit zwischen 50 und 69 von 100 möglichen Punkten. Die meisten Usability-Schwachstellen wurden beim Ankoppeln des Bed Movers am Bett und beim Wenden auf engem Raum festgestellt.

Der Einsatz von Bed Movern kann die physische Belastung des Pflegepersonals deutlich reduzieren. Allerdings erfordert das Holen und Koppeln des Bed Movers im Vergleich zum manuellen Schieben zusätzliche zeitliche Ressourcen. Außerdem wird die Manövrierbarkeit des Betts durch den Mover eingeschränkt. Deshalb sind Bed Mover derzeit nur für Krankenhäuser geeignet, in denen weite Strecken mit wenigen Kurven zurückgelegt werden müssen.
Herr Niels Hinricher
FH Münster Zentrum für Ergonomie und Medizintechnik, Münster
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Berlin
#Poster
3

Einleitung

Angesichts hoher physischer Belastungen sind Seeleute darauf angewiesen, körperlich leistungsfähig zu sein [1]. Dennoch sind die Umstände an Bord oftmals gesundheitsadvers. Erschöpfung und fehlende Motivation infolge von anstrengender Arbeit sind Ursachen für mangelnde sportliche Aktivität [2]. Die Ermittlung der spezifischen Bedarfe und die Entwicklung passgenauer (digitaler) Gesundheitsmaßnahmen können nutzbringende Faktoren sein.

Methoden

In einem Survey Anfang 2022 wurden alle Besatzungen einer Hamburger Reederei zu ihren Gesundheitsbedarfen befragt. Thematisiert wurden u.a. die körperliche Aktivität und das Sportverhalten. Hierzu wurden sowohl standardisierte als auch für das maritime Setting maßgeschneiderte Fragebögen eingesetzt.

Ergebnisse

An der Umfrage beteiligten sich 583 von 616 Seeleuten (94,6%). Die Mehrheit der Besatzung war männlich (92,8%, n=541), 3,8% (n=22) weiblich und 3,4% (n=20) spezifizierten ihr Geschlecht nicht. Der Body-Mass-Index (BMI) lag im Mittel bei 25,9, wobei signifikante Unterschiede (p=0,007) zwischen Offizieren (n=x; 39%) und Mannschaftsgrade (n=y; 61%) festgestellt wurden: 64,6% der Offiziere und 51,2% der Mannschaftsgrade wiesen einen BMI >25 auf.
Die Auswertung des Global Physical Activity Questionnaire (GPAQ) zeigte, dass Offiziere signifikant weniger körperlich aktiv waren als Mannschaftsgrade (MET(Metabolisches Äquivalent)-Minuten/Woche 6.240 vs. 11.620; p=0,001). Diese signifikanten Unterschiede waren ausschließlich arbeitsbedingten Tätigkeiten zuzuordnen. Bei dem Energieverbrauch während der Freizeit gab es signifikante Unterschiede zwischen den Altersgruppen „<40 Jahre“ und „≥40 Jahre“ (MET-Minuten/Woche 2.066 vs. 1.346; p=0,022). Es wurden keine Assoziationen zwischen dem Ausmaß der körperlichen Aktivität und den Faktoren Geschlecht, Herkunft, Wachdiensttätigkeit und Raucherstatus festgestellt.
Seeleute waren vor allem an Ernährung, Entspannung und Sport interessiert. Signifikant (p=0,001) mehr Mannschaftsgrade (90,7%) interessierten sich für sportliche Wettbewerbe als Offiziere (82,5%). 70,2% der Befragten äußerten Interesse an Trainingsinstruktionen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Aufgrund der Ergebnisse zur Bedarfsermittlung wurden digitale Gesundheitsförderungsmaßnahmen entwickelt, wie z.B. spezielle Fitnessvideos für Seeleute, die begrenzte Platz- und Ausstattungsbedingungen an Bord berücksichtigen. Zusätzlich wurden weitere Forschungsansätze identifiziert, um die Gesundheitsförderung der Seeleute in der maritimen Umgebung digital zu verbessern.
Frau Chiara Reck
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Gesundheitsförderung #Seeleute #Bewegungsverhalten #Körperliche Aktivität #Maritime Medizin
4

Einleitung

Im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung erfordert die steigende Adipositasprävalenz die Entwicklung innovativer Präventionsangebote, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Wir haben die Low-Insulin-Methode (LIM) entwickelt, die durch Vermeidung insulinogener Lebensmittel die Insulinsekretion senkt und die Lipolyse anregt. Die LIM-App wurde in einer 12-wöchigen randomisiert-kontrollierten Studie verwendet, um zu testen, ob zusätzliche Ernährungsberatung die Gewichtsreduktion steigern kann.

Methoden

Übergewichtige bzw. adipöse Mitarbeitende eines Krankenhausverbunds nahmen an der Studie teil und wurden im Verhältnis 2:1 in eine Kontroll- (KON; n=42) und eine Interventionsgruppe (INT; n=23) randomisiert. Allen wurde die LIM-App zur Verfügung gestellt, die in 36 Schulungsvideos eine Lebensstilintervention mit Ernährungsumstellung (optional: Formuladiät) vermittelt. Bei Studienbeginn und -ende wurden die Körperkomposition sowie Laborwerte bestimmt. Die Interventionsgruppe erhielt zusätzlich 4 individuelle Coachings. Primärer Endpunkt war die Estimated treatment difference (ETD) der Gewichtsänderung nach 12 Wochen zwischen den Gruppen. Intention-to-treat-Analysen wurden durchgeführt. Unterschiede innerhalb der Gruppen wurden mittels Wilcoxon Signed Rank Test und zwischen den Gruppen mittels Mann-Whitney Test analysiert.

Ergebnisse

88% der Teilnehmenden vollendeten das 12-wöchige Programm. Die Gewichtsreduktion betrug 7,3 ± 5,0 kg (INT) vs. 6,0 ± 4,2 kg (KON; je p<0,0001) mit einer ETD von -1,3 ± 1,2 kg (p>0,5). Gleichzeitig kam es zu signifikanten Reduktionen von Body Mass Index, Taillen- und Hüftumfang, Fettmasse und Glukose in beiden Gruppen, jedoch ohne signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Reduktion der Insulinspiegel korrelierte mit dem Gewichtsverlust (p=0,0008). Die nach Formuladiät stratifizierte Analyse zeigt, dass eine reine Ernährungsumstellung mit begleitendem Coaching erfolgreicher ist (INT -8,4 vs. KON -4,8 kg). Bei Verwendung von Formuladiät, bringt das Coaching keinen Mehrwert (INT -6,7 vs. KON -6,8 kg). In der 4-monatigen Nachbeobachtungsphase nahm die Interventionsgruppe weiter ab, die Kontrollgruppe wieder zu (-8,4 vs. -5,1 kg).

Schlussfolgerung / Diskussion

Eine intensive Begleitung mittels LIM-App führt zu einer signifikanten Reduktion von Gewicht und weiteren Risikofaktoren. Bei Verwendung von Formuladiäten bringen kostenintensive individuelle Coachings keinen Zusatznutzen. Digitale Angebote sind sinnvolle Ergänzungen der betrieblichen Gesundheitsförderung.
Frau Maria Lipinski
Westdeutsches Diabetes- und Gesundheitszentrum, Verbund Katholischer Kliniken Düsseldorf, Düsseldorf
#Poster #Übergewicht #Gewichtsreduktion #App #Betriebliches Gesundheitsmanagement
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Umweltmedizin
Beiträge:
1
Hintergrund: Hitzeperioden haben in Dauer und Intensität in den vergangenen Jahren zugenommen und stellen den pflegerischen Dienst vor Herausforderungen wie erhöhten Patient:innenzustrom und zusätzliche Belastung des Personals. In europäischen Krankenhäusern werden Hitzeaktionspläne bereits erfolgreich umgesetzt, um die Versorgung sicherzustellen und das Personal zu entlasten, während eine Vorstudie in Deutschland eine unzureichende Vorbereitung auf Hitzeperioden aufzeigte.
Methode:
In Zusammenarbeit mit dem Unfallkrankenhaus Berlin wurde ein transdisziplinärer Szenario-Workshop durchgeführt. Durch den Einsatz verschiedener Hitzeszenarien und unter Anwendung verschiedener Methoden der Zukunftsforschung wurden mögliche Herausforderungen sowie Maßnahmen und Strategien entwickelt.
Ergebnisse: Der Workshop verdeutlichte die komplexen Herausforderungen für das Klinikpersonal, um das Krankenhaus auf künftige Hitzewellen vorzubereiten (z.B. Motivation der Mitarbeitenden, Wissensdefizite bei Patient:innen, Gesundheitsschutz des Personals). Eine zentrale Erkenntnis war der Bedarf an mehr Rückhalt auf allen Organisationsebenen, insbesondere der mittleren Führungsebene, die als Schlüssel zur Umsetzung von Maßnahmen gilt. Die interne Kommunikation wurde als entscheidender Faktor identifiziert, um das organisationale Bewusstsein für Hitzeschutzmaßnahmen zu schärfen und die Mitarbeitenden zu sensibilisieren. Die Implementierung eines Hitzeaktionsplans wurde als ressourcenintensiv beschrieben und die Notwendigkeit zusätzlicher finanzieller und personeller Ressourcen betont. Operative Maßnahmen wie berufsgruppenspezifische Schulungen und eine Mitarbeitenden-App wurden als Mittel zur besseren Umsetzung identifiziert. Die psychische Belastung für Mitarbeitende bei extremen Hitzewellen rückte in den Fokus, ebenso wie die Bedeutung eines Krisenmanagement-Teams.
Diskussion: Der Workshop verdeutlichte, dass die Vorbereitung des Klinikums auf extreme Hitze ein Umdenken sowie interne Umstrukturierungen erfordert, die weitreichende personelle, finanzielle und kommunikative Anstrengungen nötig machen. In einem nächsten Schritt müssen weitere konkrete operative Maßnahmen erarbeitet werden, die im Hitzeaktionsplan festgehalten werden. Dabei muss die Belastung des pflegerischen Personals stärker berücksichtigt werden. Hitzeszenarien werden als nützlich für die Ableitung weiterer Maßnahmen betrachtet. Insgesamt besteht ein deutlicher Handlungsbedarf, um das Klinikpersonal besser auf Hitzeperioden vorzubereiten und den Gesundheitsschutz sicherzustellen.
Frau Maria Zink
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Dresden
#Poster #Klimakrise #Hitze #Pflege #Krankenhaus #Arbeitsorganisation #Krisenmanagement
2
Hintergrund
Zu kommunizieren, welche Bedeutung die Umweltmedizin für Einzelpersonen und die Gesellschaft hat, trägt entscheidend dazu bei, das Interesse an diesem präventiven Fach im Netzwerk der Gesamtmedizin zu fördern. Unser Ziel war es, anhand einer Fallstudie* einer bekannten Persönlichkeit Prinzipien und Grundelemente (u.a. Human-Biomonitoring, Referenzwerte und HBM-Werte am Beispiel Blei) der Umweltmedizin anschaulich zu vermitteln.

METHODEN
Wir bewerten Beethovens Gesundheitsrisiken durch seine Bleiexpositionen im 18./19. Jahrhundert auf der Grundlage von klinischen Symptomen, neuesten Haar-Analysen** und Beurteilungswerten der HBM-Kommission des Umweltbundesamtes (UBA).

ERGEBNISSE
Zu den bei Beethoven beschriebenen Symptomen zählen neben der bekannten Schwerhörigkeit und Tinnitus u.a. Magen-Darmbeschwerden. Im Jahr 2024 wurden zwei genetisch authentifizierte Haarlocken analysiert**: Auf Bleiwerte im Blut umgerechnet enthielt die Bermann-Locke 690 μg/L und die Halm-Thayer-Locke 710 μg/L. Gemäß der Kommission Human-Biomonitoring des UBA: Referenzwert für Blei in Deutschland 90 μg/L für Männer (2003); die seit 2009 ausgesetzten HBM-Werte für Blei waren: HBM-I-Wert 150 μg/L & HBM-II-Wert 250 μg/L für Männer (1996).

DISKUSSION & SCHLUSSFOLGERUNG
Die Rekonstruktion von Beethovens Bleiexpositionen ist eine „haarige“ Detektivgeschichte. Bis vor kurzer Zeit wurden Haaranalysen einer Frau irrtümlich Beethoven zugeordnet. Zur Einordnung der 2024er-Analyseergebnisse** für Beethoven werden u.a. die Hintergrundexpositionen gegenüber Blei zu seiner Zeit und heute diskutiert. Fallbeschreibungen zu Bleivergiftungen aus jüngerer Zeit werden berücksichtigt und Möglichkeiten und Grenzen des Human-Biomonitoring aufgezeigt.
In der Gesamtschau kann diese Fallstudie einer bekannten Persönlichkeit zur Kommunikation von Prinzipien der Umweltmedizin beitragen.

REFERENZEN
* Erren T, Pinger A, Lewis P. Principles of environmental medicine: The case study of lead poisoning in Beethoven. Im Review-Verfahren (2024).
** Rifai N, Meredith W, Brown K, et al. High Lead Levels in 2 Independent and Authenticated Locks of Beethoven’s Hair. Clin Chem 2024
Herr Dr. Andreas Pinger
Universitätsklinikum Köln, Köln
#Poster #Blei #Umweltmedizin #Kommunikation #Prinzpien #Beethoven
3

Einleitung

In Schulen ist dem Raumklima besondere Beachtung zu schenken, da es großen Einfluss auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Lehrkräften und Schüler:innen hat.
Entscheidende Voraussetzung für ein gutes Klima ist eine Belüftung über Fenster oder Lüftungsanlagen, wodurch Stoff-, Feuchte- und Wärmelasten aus Räumen entfernt werden sollen.
Aufgabe der Schulen ist es, Lüftungspläne zu erstellen und umzusetzen. Erfahrungen des Instituts für Lehrergesundheit (IfL) weisen auf eine heterogene Umsetzung an staatlichen Schulen in Rheinland-Pfalz (RLP) hin. Weiterhin ist das Lüftungsverhalten stark nutzerabhängig und die Lüftungseffizienz jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen.
Aufgrund dessen und mit dem Ziel die Compliance aus der Corona-Pandemie zu diesem Thema an Schulen zu erhalten und zu fördern, hat das IfL eine Feldstudie zum Langzeitmonitoring lüftungsabhängiger Klimaparameter initiiert.

Methoden

Die Studie startete 2022 und wird 10 Jahre an 8 Grundschulen in RLP durchgeführt. Je Schule wurden 2 Klassenräume ausgewählt, die den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung entsprechen. Die Parameter (CO2-Konzentration, Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit) werden mit IAQ-Messgeräten (Indoor Air Quality) des Modells Vocoo+ der Firma ELK minütlich erfasst und die Messwerte online gesichert.
Die Auswertung erfolgt halbjährlich. Auch Daten von Wetterstationen zur Kontrolle der Außentemperatur werden berücksichtigt.

Ergebnisse

Erste Ergebnisse aus dem Schuljahr 2022/23 zeigten große Unterschiede in der Luftqualität der untersuchten Schulen. So wurde z. B. in Schule A der CO2-Hygienewert von 1000 ppm in 92,9 % der Unterrichtsstunden eingehalten. In Schule B wurde dieser in 76,6 % der Zeit überschritten. Während in Schule A die Durchschnitts-CO2-Konzentration bei 867 ppm lag, war sie in Schule B deutlich höher mit 1319 ppm. Auch die Raumtemperaturen wiesen deutliche Unterschiede auf: In Schule B lag sie im Schnitt 3,6 °C höher als in Schule A.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Studie verdeutlicht, dass die Einhaltung der Lüftungsrichtlinien möglich ist, jedoch stark vom Lüftungsverhalten abhängt. Bei mangelnder Lüftung können hygienisch bedenkliche CO2-Konzentrationen erreicht werden. Um die Situation zu verbessern, wird vorgeschlagen, Schulen weiterhin über die Bedeutung des Lüftens aufzuklären und technische Maßnahmen wie CO2-Ampeln einzusetzen. Die Studie wird fortgesetzt, um langfristige Empfehlungen zu entwickeln und an veränderte klimatische Bedingungen anzupassen.
Herr Matti Schulz
Institut für Lehrergesundheit Mainz, Mainz
#Poster #Innenraumluftqualität #Raumklimastudie #Lüftungskonzept #Lehrkräfte #Schulen
4
Background: Climate change is increasing the frequency and intensity of floods, droughts, and heatwaves, posing significant health risks, especially for children [1, 2]. While physical health impacts have been well studied, the mental health consequences of these extreme weather events on children specifically, are under-researched. Recent years have seen a rise in studies on the mental health effects of extreme weather events on children, yet existing evidence syntheses are outdated or limited by geography, methodology, scope or mental health outcomes [3–10]. No meta-analysis to date has systematically assessed the global impact of multiple extreme weather events on child mental health.
Research Question: This study aims to address how exposure to floods, droughts, and heatwaves, compared to unexposed populations or the same population pre-event, affects mental health outcomes in children under 18 years of age.
Contribution: This is the first global systematic review and meta-analysis to assess the mental health impacts of multiple extreme weather events on children. It goes beyond regional studies and isolated outcomes by providing a comprehensive evaluation of the existing evidence. By analyzing each exposure-outcome pair individually, this study offers a more nuanced understanding of the impacts of extreme weather events on child mental health.
Methods [1]:
Systematic review: A systematic review will be conducted following PRISMA guidelines, and the protocol will be registered in the PROSPERO database [11]. WebOfScience, Embase, PsychINFO, and PubMed will be searched for relevant articles. Two independent investigators will screen studies for inclusion, with discrepancies resolved by a third reviewer. The methodological quality of studies will be evaluated using the Newcastle-Ottawa Scale, and the OHAT framework will be employed to assess the certainty of evidence [12, 13].
Meta-Analysis: Separate meta-analyses will be conducted for each exposure-outcome pair using a random-effects model, provided at least two studies are available per pair. Subgroup analyses by region and sensitivity analyses will explore heterogeneity and assess the robustness of results.

[1] Please note that the methods section might be subjected to substantial revisions based on the specific studies identified and their respective study designs.
Frau Friederike Suhr
Institut für Arbeits-, Sozial- und UmweltmedizinUniversitätsmedizin Mainz, Mainz
#Poster #Nachwuchssymposium
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Arbeitsschutz
Beiträge:
1

Einleitung

Auszubildende in der Pflege sind mit einer Vielzahl von Belastungen und Herausforderungen konfrontiert. Pflegende Berufe sind sowohl körperlich als auch psychisch sehr anspruchsvoll und die Ausbildung von einem hohen Lernpensum geprägt. Vor dem Hintergrund des Pflegenotstandes hat der Erhalt und die Förderung der Gesundheit dieser Berufsgruppe eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Arbeitsschutzkompetenz ist für Auszubildende in der Pflege daher besonders wichtig und sollte bereits früh in der Ausbildung vermittelt werden.

Methoden

Auszubildende in der generalisierten Pflegeausbildung in Norddeutschland wurden 2022 in der Mitte ihrer Ausbildung mittels Paper-Pencil-Fragebogen befragt. Es wurden unter anderem demographische Daten, Informationen zur Arbeitsschutzkompetenz und Gesundheitskompetenz (HLS-EU-Q16) sowie der Gesundheitszustand erhoben.

Ergebnisse

Es lagen 138 Datensätze zur Auswertung vor. Das mittlere Alter lag bei 25 (SD=9,63) und 79% der Stichprobe war weiblich. 82% der Stichprobe bewerteten ihren Gesundheitszustand mindestens als gut. Bei 62% lag eine ausreichende Gesundheitskompetenz vor. Das Thema Arbeitsschutz wird von 86% der Teilnehmenden als relevant eingeschätzt. Im Schnitt hatten die Auszubildenden in 11 der 14 abgefragten arbeitsschutzrelevanten Themengebiete Wissen erworben. Insbesondere die Bereiche Hygiene und Infektionsschutz wurden bei allen Befragten thematisiert, auch erste Hilfe, Hautschutz, Muskel-Skelett-Erkrankungen sowie Gefahrstoffe waren bei über 90% Teil der Ausbildung. Allerdings geben 67% Gründe an, die sie daran hindern, das Wissen im Arbeitsalltag anzuwenden, hauptsächlich nannten die Auszubildenden hier Zeitmangel (57%) und fehlende Materialien (30%). Besonders herausfordernd erscheint die Umsetzbarkeit der Arbeitsschutzmaßnahmen in Bezug auf psychische Erkrankungen, die laut 42% der Befragten im Arbeitsalltag überwiegend nicht möglich ist.

Schlussfolgerung / Diskussion

Informationen zum Arbeitsschutz sind ein fester Teil im ersten Jahr der Ausbildung von Pflegenden. Die Informationsvermittlung findet sowohl in den Berufsschulen als auch in den Betrieben statt. Nicht zu allen Themen des Arbeitsschutzes hatten die befragten Auszubildenden ausreichend Informationen erhalten, allerdings könnten diese im weiteren Verlauf der Ausbildung noch aufgegriffen werden. Die mangelnde Umsetzbarkeit der Arbeitsschutzmaßnahmen in den Betrieben ist kritisch hervorzuheben und sollte mehr Aufmerksamkeit erhalten, um Arbeitsunfälle oder berufsbedingte Erkrankungen vorzubeugen.
Frau Ramona Otto
Competenzzentrum Epidemiologie und Versorgungsforschung bei Pflegeberufen (CVcare), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Arbeitsschutzkompetenz #Auszubildende #Pflegende
2

Einleitung

Nadelstichverletzungen (NSV) stellen eine Gesundheitsgefahr für medizinisches Personal dar. Trotz technischer Schutzmaßnahmen und Unterweisungen kommen diese weiterhin häufig im medizinischen Setting vor.

Methoden

Im Rahmen einer retrospektiven Analyse wurden Ursache und Risikofaktoren von gemeldeten NSV in einem akademischen Lehrkrankenhaus in Bayern ausgewertet. Insgesamt 2234 NSV wurden über einem Zeitraum von 10 Jahren analysiert.

Ergebnisse

Vor allem in der ersten Hälfte der Frühschicht (33,9%) traten die meisten NSV auf. In der zweiten Hälfte der Nachtschicht (6,6%) sind mehr NSV als in der ersten Hälfte (5,4%) gemeldet worden. Insbesondere junge Mitarbeitende (<30 Jahre) und Personal, dass zeitlich begrenzt arbeitet, z.B. Praktikanten, waren überproportional betroffen. Hohlnadeln waren am häufigsten beteiligt (32,9%); individuelle Fehler im Umgang mit medizinischem Equipment als häufigste Ursache genannt (38,9%).

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Zeitlichkeit der NSV deutet auf Müdigkeit als Risikofaktor hin. Darüber hinaus sind vor allem nur temporär Beschäftigte proportional häufiger von NSV betroffen. Hier müssen gezielt Maßnahmen eingeleitet werden.
Frau Prof. Dr. Andrea Kaifie-Pechmann
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, FAU Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag
3

Einleitung

Ringelröteln werden durch eine Infektion mit dem Parvovirus B19 ausgelöst. Insbesondere durch engen Kontakt kann es in Gemeinschaftseinrichtungen zur Verbreitung durch Tröpfcheninfektion kommen. Die Erkrankung kann bei infizierten schwangeren Frauen ein erhöhtes Risiko für fetale Komplikationen, u.a. Fehlgeburt und fetaler Anämie, zur Folge haben. Nach IfSG besteht nur im Falle des Auftretens von mindestens zwei Ringelröteln-Erkrankungen eine Benachrichtigungspflicht des Gesundheitsamts. Eine Meldepflicht für isolierte Fälle von Ringelröteln sieht das IfSG nicht vor, sodass ein vollständiger Überblick über das Infektionsgeschehen fehlt. Ziel war es mittels Online-Befragungen Rückschlüsse über das regionale Ausbruchsgeschehen zu erlangen und diese mit den Erfahrungen aus den parallel erstellten Gefährdungsbeurteilungen nach Mutterschutzgesetz zu vergleichen.

Methoden

Es wurden Dienststellenleitungen von N = 1041 Grund- und Förderschulen per E-Mail um die Teilnahme an den Online-Befragungen gebeten. Zwischen dem 04.07. bis 27.09.2024 wurde drei Online Befragungen durchgeführt. Die Dienststellenleitung wurden befragt, ob im jeweiligen Zeitraum ein oder mehrere Fälle von Ringelröteln an ihrer Schule aufgetreten seien. Wenn ja, wurde nach der Anzahl der Fälle bei SchülerInnen (SuS) und Personal gefragt. In dem Beitrag werden die Ergebnisse der Befragungen sowie der parallel erhobenen Daten aus den Gefährdungsbeurteilungen nach Mutterschutzgesetz dargestellt.

Ergebnisse

An der ersten Befragung nahmen 44,4% der Dienststellenleitungen (n=462) teil. 37% dieser Leitungen gaben an, dass es an ihrer Schule Fälle von Ringelröteln gab. Betroffen waren im Median zwei Schülerinnen und Schüler sowie eine Person aus dem Personal. Zwölf Leitungen meldeten Fälle sowohl bei Schülerinnen und Schülern als auch beim Personal. In den folgenden Befragungsrunden (n=444 bzw. n=488) blieb der Anteil der Teilnehmer ähnlich. Die Anzahl der Schulen, die mindestens einen Ringelrötelnfall angab, sank deutlich auf 2,3% in der zweiten und 2,5% dritten Befragungsrunde.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Befragungen lieferten insbesondere durch die mehrzeitige Erhebung wichtige Informationen über das Abklingen der Infektionswelle. Nach Auswertung wurden die Daten als Entscheidungshilfe für den weiteren Umgang mit dem Infektionsgeschehen genutzt. Die Belastbarkeit der durch medizinische Laien gemachten Angaben muss dennoch zumindest diskutiert werden. Weitere Erhebungen auch zu anderen Infektionserkrankungen sind auch in Zukunft denkbar.
Herr Nico Schmitz
Institut für Lehrergesundheit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
#Poster #Mutterschutz #Ringelröteln
4

Ziel der Studie: Schwangere, die in Einrichtungen der vorschulischen Kinderbetreuung tätig sein wollen, sind durch verschiedenste Infektionserkrankungen gefährdet. Sie erhalten häufig Beschäftigungsverbote aufgrund eines unvollständigen Impf- bzw. Immunschutzes. Das 2020 in Kraft getretene Masernschutzgesetz verpflichtet nach 1971 geborene Beschäftigte in der Kinderbetreuung zu einem Nachweis der zweimaligen Impfung gegen Masern. Die Übergangsfrist für bereits in den Einrichtung Beschäftigte endete zum 1.1.2021. Es erfolgte eine retrospektive Evaluation von Immunitätslücken von Schwangeren in vorschulischen Betreuungseinrichtungen nach Einführung des Masernschutzgesetzes.

Methodik: Durch eine Datenbank-Abfrage der Jahre 2023 und 2024 der B·A·D-Gesundheitszentren in Mittelfranken wurden bis dato 150 arbeitsmedizinische Beratungen anhand des Mutterschutzgesetzes im Bereich der vorschulischen Kinderbetreuung erfasst. Nach Ausschluss von Beratungen mit fehlendem Impfpass (n=2) wurde von 148 Schwangeren der Impfstatus bezüglich Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Pertussis, Hepatitis A+B und FSME analysiert. Die Beurteilung erfolgte primär anhand des Impfpasses. Zudem wurde der Antikörper-Immunstatus hinsichtlich Varizella-Zoster-Virus (VZV), Parvo-B19- und Cytomegalievirus (CMV) untersucht. Immunitätslücken wurden sowohl bei fehlendem als auch bei begonnenem bzw. unvollständigem Impfschutz angenommen.

Ergebnisse: Die Kohorte der 148 Beschäftigten wiesen eine Immunitätslücke von 4,1% für Masern, 5,4% für Mumps, 2,7% für Röteln, 2% für Windpocken (anamnestisch), 29,1% für Pertussis, 43,2% für Hepatitis A, 23,1% für Hepatitis B und 66% für FSME auf. Negative VZV-, Parvo-B19, CMV- und Hepatitis A-Virus Antikörper lagen jeweils bei 2,7%, 20,3%, 57,8% und 19,6% der Schwangeren vor.
Schlussfolgerung: Es bestehen teils erhebliche Immunitätslücken in der Schwangerenkohorte in der Kinderbetreuung in Mittelfranken bezüglich der untersuchten Infektionskrankheiten. Es wird deutlich, dass im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgen weiter großer Beratungs- und Handlungsbedarf hinsichtlich der Infektionsprävention durch Impfungen besteht.
Herr PD Dr. Rüdiger Stephan Görtz MHBA
B·A·D Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH, Nopitschstraße 20, Nürnberg
#Poster #Immunität #Impfung #MuSchG #Schwangerschaft #Kinderbetreuung
5

Einleitung

Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Schutz für schwangere Frauen und das ungeborene Leben führt das Corporate Health Management der BASF SE seit fast 30 Jahren ein zusätzliches Schwangerenvorsorgeprogramm durch. Der vorliegende Beitrag zielt darauf ab, die Teilnahme an dem Programm sowie Arbeitsplatzbeurteilungen und -umsetzungen im Zeitverlauf genauer zu untersuchen.

Methoden

Datengrundlage bilden Schwangerschaften von 1996 bis 2019 am Hauptstandort des Unternehmens in Ludwigshafen am Rhein. Nach Meldung einer Schwangerschaft wird jede Schwangere zur Teilnahme am Schwangerenvorsorgeprogramm eingeladen. Die Teilnahme ist freiwillig und besteht aus drei schriftlichen Fragebögen, die zu Beginn und Ende der Schwangerschaft sowie ein Jahr nach der Entbindung von den Schwangeren ausgefüllt werden. In den Fragebögen werden u.a. Informationen über den Arbeitsplatz, Belastungen während sowie Verlauf der Schwangerschaft erfragt. Arbeitsplatzbeurteilungen und Umsetzungen in verschiedenen Arbeitsbereichen werden von der arbeitsmedizinischen Abteilung erfasst und evaluiert.

Ergebnisse

Von 1996 bis 2019 wurden insgesamt 5.872 Schwangerschaften gemeldet, wobei bei 77% der Schwangerschaften (n=4.522) die ersten beiden Fragebögen beantwortet wurden. Dabei war die Teilnahmequote in den letzten Jahren tendenziell rückläufig. Die Fragebogenteilnehmerinnen waren zu Beginn der Schwangerschaft durchschnittlich 32 Jahre alt und arbeiteten in 39% in technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen (Labor/Produktion/Technik; n = 1,759). Bei 85% der Schwangerschaften aus den Bereichen Technik/Produktion/Labor wurde eine Arbeitsplatzbeurteilung durchgeführt, wobei in der Produktion für 93% der gemeldeten Schwangerschaften eine Beurteilung stattfand. Knapp ein Drittel (31%) der Schwangeren aus Technik/Produktion/Labor konnten nach Bekanntwerden der Schwangerschaft ihre Tätigkeit ohne eine Arbeitsplatzumsetzung weiterhin ausüben, wobei der Anteil über die Jahre tendenziell zurück ging.

Schlussfolgerung / Diskussion

Insgesamt wird das freiwillige Schwangerenvorsorgeprogramm mit einer Beteiligung von 77% der Schwangeren sehr gut angenommen. Die Beurteilung der Arbeitsplätze hinsichtlich der Sicherheit für Schwangere und das ungeborene Kind ermöglicht, dass kein generelles Beschäftigungsverbot in den technischen und naturwissenschaftlichen Berufen bei Bekanntwerden der Schwangerschaft verhängt werden muss.
Frau Bärbel Holzwarth
Corporate Health Management, BASF SE, Ludwigshafen am Rhein
#Poster #Schwangerschaft #Arbeitsmedizin #Arbeitsschutz #chemische Industrie #Arbeitsplatz
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Arbeiten mit Krankheiten
Beiträge:
1
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Zielsetzung: Nach überstandener Covid19-Erkrankung klagen die Patient*innen oftmals über eine eingeschränkte körperliche wie kognitive Leistungsfähigkeit. Wir untersuchten, inwieweit sich dabei Einschränkungen in einer standardisierten psychometrischen Untersuchung nachweisen lassen.
Methoden: Im Rahmen der baden-württembergischen multizentrischen EPILOC-Studie wurde das Freiburger Patientenkollektiv mithilfe einer computergestützten Testbatterie kognitiven Leistungs- und Aufmerksamkeitstests unterzogen. Das verwendete System (Corporal Plus, Vistec AG) wird vor allem in der Fahrtauglichkeitsbeurteilung bisher eingesetzt. Hierbei mussten vier verschiedene Tests absolviert werden, die folgende Bereiche abdeckten: Alertness, selektive Aufmerksamkeit, verteilte Aufmerksamkeit sowie Daueraufmerksamkeit. Die Ergebnisse wurden mit Ergebnissen von Befragungen und papiergebundenen Tests verglichen.
Das Kollektiv umfasste Erwachsene Patient*innen mit Post-Covid-Syndrom sowie Teilnehmer*innen mit überstandener Infektion ohne subjektiv empfundene relevante Einschränkungen. Die SARS-CoV2-Infektion hatte zwischen Oktober 2020 bis Ende März 2021 stattgefunden.
Ergebnisse: 144 Fälle und 117 Kontrollen wurden eingeschlossen (Alter: 46,70 Jahre + 12,74 (SD)). Die Gruppen unterschieden sich signifikant im BMI. Bezüglich der psychometrischen Tests zeigten sich signifikante Unterschiede in der Reaktionszeit, Korrektheit der Ausführung komplexerer Aufgaben und der Fehleranzahl bei längerer Aufgabendauer.
Schlussfolgerungen: Patient*Innen mit Post-Covid Syndrom zeigen Auffälligkeiten in der Daueraufmerksamkeit und bei der Bearbeitung komplexer Fragestellungen. Die Ergebnisse korrelieren zu Ergebnissen anderer psychometrischer Tests. Longitudinale Vergleiche werden aktuell durchgeführt, um Verlaufsbeobachtungen zu ermöglichen.

Gefördert wurde die EPILOC-Studie durch Mittel des MWK.
Herr Prof. Dr. med. Peter Deibert
Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
#Poster #Post-COVID-Syndrom #Psychometrie #Brainfog #Aufmerksamkeit
2
Einleitung
Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, Beschäftigten die innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Für die Beschäftigten ist das BEM freiwillig. Das Ziel des BEM besteht in der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, der Vermeidung erneuter Erkrankungen und dem Erhalt des Arbeitsplatzes. Während Studien häufig die Verbreitung und Durchführung von BEM beleuchten, werden die Gründe für die Ablehnung oft nur am Rande behandelt [1]. Die vorliegende Studie untersucht die Beweggründe, warum Bedienstete im rheinland-pfälzischen Schuldienst mit BEM-Angebot dieses nicht angenommen haben.
Methode
Das Institut für Lehrergesundheit hat 707 Lehrkräfte, die zwischen dem 01.08.2018 und 15.11.2023 ein BEM-Angebot abgelehnt hatten, sowie 287 Personen, von denen (noch) keine Rückmeldung zur Annahme bzw. Ablehnung des Angebots vorlag, angeschrieben, mit der Bitte um Teilnahme an einer anonymen Online-Umfrage zu ihren Beweggründen (Befragungszeitraum 01.04.-30.06.2024). Diese wurden im Folgenden deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse
Es nahmen 112 Befragte an der Umfrage teil. Der häufigste Ablehnungsgrund (Mehrfachantworten möglich) war die Einschätzung, dass das BEM aufgrund der Art der Erkrankung nicht notwendig sei (48,2%). Weitere Gründe waren Befürchtungen vor negativen Reaktionen (wie z.B. Stigmatisierung) der Dienststellenleitung (16,1%). 15,2% versprachen sich keinen Nutzen vom BEM (15,2%). Zudem gaben einige Befragte an, dass Sie zum Zeitpunkt des Angebots kein Interesse daran gehabt haben (12,5%) oder davon ausgegangen waren, dass die Umsetzung nicht den eigenen Vorstellungen entsprochen hätte (9,8%). 8 % der Befragten gaben an, sich unzureichend informiert gefühlt zu haben. Auch die Angst vor negativen Reaktionen der personalführenden Stelle (8,9%) oder des Kollegiums (3,6%) sowie die Sorge um den Arbeitsplatz (3,6%) wurden als Ablehnungsgründe genannt.
Darüber hinaus gab über ein Drittel der Befragten (37,5%) an, bei Erhalt des Angebots zum BEM das erste Mal von BEM gehört zu haben.
Schlussfolgerung
Während fast die Hälfte der Befragten das BEM aufgrund der Art der Erkrankung nicht als notwendig erachtete, deuten die weiteren genannten Gründe darauf hin, dass Potenzial zur Steigerung der BEM-Akzeptanz im Schuldienst besteht. Eine positive Begleitung durch die Dienststellenleitung und eine umfassendere Aufklärung über die Vorteile und Möglichkeiten des BEM stellen hierbei zentrale Aspekte dar.

Frau Dr. Elisabeth Diehl
Institut für Lehrergesundheit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
#Poster #Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), Schule
3
Background: Child labour remains an important issue. Working at ages and in jobs that are inappropriate for their developmental stage can negatively affect children's physical, psychosocial and well-being and lead to more serious health problems in adulthood. Therefore, this study aimed to assess the health problems of child workers in lower secondary schools from suburbs of Istanbul using the Omaha system.

Method: This descriptive and observational study was conducted in Istanbul. It included child workers. A descriptive assessment form based on the terminology of the Omaha system and Nightingale Notes software were used for data collection.

Results: The participants were 81 child labourers aged 10-13 years, 86% were male and 12% were migrants from Syria. Eighty-five per cent worked to contribute to the family income. The most common health problems were mental health, neglect, low income, oral health, nutrition, personal care, physical activity, sleep and rest patterns, and neighbourhood/workplace safety. There were associations between mental health problems and family health status, between individual health status and oral health and role change, between maternal education level and oral health and personal care, and between nutrition and paternal education level (p<.05).

Conclusion: Work and work environments cause a wide range of health problems in children. Poverty remains the most common factor forcing children to work. The Omaha system has been found to be effective in identifying health problems among child workers.

Keywords: Omaha system, child labour, mental health, neglect, income, oral health, secondary school children.
Frau Dr Özlem Köseoglu Örnek PhD
Universität Witten/Herdecke, Herdecke
I did my Masters and Doctorate in Public Health Nursing. Both theses were on occupational health (child labourers and women). I worked as a post-doc at Bilgi University (assistant professor) between 2013-2019, at LMU between 2019-2022. I have been working at Witten/Herdecke University since 2023. My interests are occupational mental health, school health, HIV/AIDS, chronic disease, nursing.
#Poster
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Gefährdung in der Arbeitsmedizin
Beiträge:
1

Einleitung

Auf Bus- und Straßenbahnfahrer*innen wirken bei ihrer Arbeit diverse Belastungen ein. Neben Schichtdienst sind die hohe Verantwortung gegenüber den Fahrgästen und die Einhaltung von Fahrplänen zu nennen. Ziel der Arbeit ist, die vegetative Tonuslage mittels Herzratenvariabilität (HRV) sowie den psychophysischen Beanspruchungszustand bezogen auf Erholung und Schlaf bei Bus- und Straßenbahnfahrer*innen aufzudecken und aus den Ergebnissen Präventionsmaßnahmen abzuleiten.​​​​

Methoden

An der Studie nahmen 38 Proband*innen eines Verkehrsunternehmens teil, davon waren 18 als Bus- und Straßenbahnfahrer*in (mittleres Alter: 47,2 ± 10,1 Jahre) tätig. 20 Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung (44,0 ± 10,4 Jahre alt) dienten als Kontrollgruppe (KG). Die Herztätigkeit wurde über 24 h während einer Normalschicht aufgezeichnet und die HRV wurde mit der Software Kubios Premium, Version 3.3.1 analysiert. Zur Erfassung der subjektiven Beanspruchung dienten der Fragebogen zur Analyse belastungsrelevanter Anforderungsbewältigung (FABA-E) zur Bewertung der Erholungsunfähigkeit und der Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) zur Beurteilung der Schlafqualität.​​​

Ergebnisse

Über 24 h hatten Bus- und Straßenbahnfahrer*innen zwar einen signifikant reduzierten MeanRR als Verwaltungsangestellte. In der Nacht sind diese Unterschiede nicht mehr vorhanden. PNS-Index, SNS-Index und Stressindex unterscheiden sich zwischen den beiden Gruppen nicht, ebenso nicht die frequenzbezogenen HRV-Parameter.
Bus- und Straßenbahnfahrer*innen klagten über eine signifikant schlechtere Schlafqualität im Vergleich zur KG (PSQI-Gesamtpunktzahl 7,0 ± 2,2 vs. 5,6 ± 3,3 Punkte; p = 0,038) und waren somit eher schlechte Schläfer (Werte über 5 Punkte). Von den Bus- und Straßenbahnfahrer*innen wurden 69 % als schlechte Schläfer im Vergleich zu 41 % der KG eingestuft (pChi² = 0,037). Drei Verwaltungsmitarbeitende zeigten Hinweise auf chronische Schlafstörungen (> 10 Punkte im PSQI). Bus- und Straßenbahnfahrer*innen erholten sich subjektiv besser als die KG.​​​​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Die vegetative Tonuslage der Bus- und Straßenbahnfahrer*innen unterscheidet sich nicht von der der KG. Trotzdem empfinden sie die Qualität ihres Schlafes als schlechter. Dagegen war die Fähigkeit zur Erholung bei der KG eingeschränkter. Präventiv sollte im Unternehmen darauf geachtet werden, dass alle Beschäftigten ausreichend Zeit für die Regeneration haben.
Frau Dr. med. Sabine Darius
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
#Poster #Herzratenvariabilität #Schlafqualität #Erholung
2
Fallvorstellung Epicondylitis BK 2101 nach Arbeiten an einer Anaerobierarbeitsbank

Heinemann, Franziska; Böckelmann, Irina

Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg, Deutschland

In einigen Laboren wird zum Schutz von Bedienpersonal und Umwelt in einem separaten, hermetisch dicht abgeschlossenen Arbeitsbereich mit luftempfindlichen oder gefährlichen Stoffen in definierter, kontrollierter Atmosphäre gearbeitet. Die Handhabung der Materialien in der Box erfolgt über entsprechenden enge Durchführungen mit oder ohne separate feste Handschuhe.

In diesem Betrag stellen wir eine 50-jährige Laborantin vor. Sie hatte bei einem längeren Laborversuch jede Stunde mehrere Pipettiervorgänge in einer anaeroben Arbeitsbank verrichten müssen. Dabei musste sie mehrfach eine Pipettenspitze unter mäßiger Krafteinwirkung von der Pipette abwerfen. Sie bemerkte im Verlauf der Versuchsreihe heftige Schmerzen im rechten Ellenbogengelenk, setzte aber trotzdem die Arbeit fort, wobei die Schmerzen stärker wurden. Nach 2-wöchiger Krankschreibung und Bandageverschreibung führte sie erneut Pipettiervorgänge durch und der akute Schmerz schoss sofort wieder ein. Eine längere Krankheits- und Erholungsphase schlossen sich an. Selbst bei vorsichtiger Wiedereingliederung waren die Beschwerden noch bei Arbeiten mit Pipetten, besonders an der Arbeitsbank, vorhanden.

Es erfolgte bei diesem begründeten Verdacht eine Anzeige der BK Nr. 2101 „Schwere oder wiederholt rückfällige Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen –oder Muselansätze“. Die Anzeige wurde anerkannt.
Es erfolgten Maßnahmen nach dem STOP Prinzip. Substitution war nicht möglich. Da es sich um Proben handelte, die nur im anaeroben Milieu bearbeitet werden konnten. Die technischen Voraussetzungen wurden geprüft und die Mitarbeiterin bekam Empfehlungen, den Arm nicht so weit vorzuschieben, dass der Ellenbogen den Durchführungsring berührt. Organisatorisch wurden die Laborversuche so getaktet, dass keine mehrstündige Tätigkeit an der Arbeitsbanknötig war. Mehrere Mitarbeitende wurden eingewiesen und wechselten sich ab.
Als persönliche Schutzmaßnahme wurde der Laborantin empfohlen, bei Bedarf beim Pipettieren eine Bandage zutragen. Zusätzlich ist sie in orthopädischer und physiotherapeutischer Behandlung.

Frau Dr. med. Franziska Heinemann
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät , Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg
#Poster #Epicondylitis #BK2101
3
Einleitung: Aufgrund ihrer Strahlenexposition ist es für Ärzt:innen in der Gefäßchirurgie erforderlich, eine persönliche Schutzausrüstung in Form einer Bleischürze zu tragen. Das Gewicht der Bleischürze von etwa zwei bis acht Kilogramm und die Arbeit in ungünstiger Körperhaltung können das Auftreten von Muskel- und Skelettbeschwerden (MSB) begünstigen. Personen, die regelmäßig Bleischürzen tragen, berichten häufig über MSB im Nacken- und Schulterbereich sowie im unteren Rücken. Ziel unserer Studie war es, die 12-Monats-Prävalenz von muskuloskelettalen Beschwerden bei Ärzt:innen, die regelmäßig Bleischürzen tragen, zu erfassen und mögliche Einflussfaktoren zu untersuchen.

Methode: Die Studie wurde mittels eines Online-Fragebogens durchgeführt (12/2023-02/2024). Zur Erhebung der vier Endpunkte (12-Monatsprävalenz von MSB der Körperregionen: (1.) Halswirbelsäule (HWS), (2.) Brustwirbelsäule (BWS), (3.) Lendenwirbelsäule (LWS), (4.) Schultergelenke und Oberarme (SGO)) wurde die deutsche Version des Nordic Musculoskeletal Questionnaire der BAuA eingesetzt. Zusätzlich wurden Daten zum Gesundheitsverhalten, zu berufs- und arbeitsplatzbezogenen Merkmalen sowie zu soziodemografischen Merkmalen erhoben. Die Datenanalyse erfolgte deskriptiv sowie mittels univariater und multivariater Regressionsanalyse.

Ergebnisse: Die Studienpopulation bestand aus 461 Ärzt:innen, die überwiegend in der Gefäßchirurgie arbeiteten (95%). Von allen Studienteilnehmer:innen gaben 401 (87%) an, während ihrer Tätigkeit regelmäßig Bleischürzen zu tragen. Die 12-Monats-Prävalenz von HWS- und LWS-Beschwerden lag bei jeweils 60%, die von BWS- und SGO-Beschwerden bei 33% und 39%. In allen untersuchten Körperregionen war die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von MSB signifikant erhöht, wenn die Befragten mehr als zwei Stunden pro Tag in ungünstiger Körperhaltung gearbeitet hatten. Das Tragen von Bleischürzen begünstigte signifikant das Auftreten von HWS-Beschwerden. Die Wahrscheinlichkeit für BWS-Beschwerden war signifikant erhöht, wenn die Anzahl der jährlich mit Bleischürze durchgeführten Prozeduren mehr als 100 pro Tag betrug.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass das Tragen von Bleischürzen, Arbeiten in ungünstiger Körperhaltung und die Anzahl der durchgeführten Prozeduren mit Bleischürzen die MSB negativ beeinflussen. In zukünftigen Studien wäre die Einbeziehung einer Kontrollgruppe sinnvoll.
Herr Christofer Hartung
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Muskuloskelettale Beschwerden #Persönliche Schutzausrüstung #Bleischürzen #Gefäßchirurgie
4
Hintergrund: Berufsbedingte Hantavirus-Infektionen werden als BK-auslösender Gegenstand „Viren, die hämorrhagisches Fieber auslösen“ unter der BK-3101 bzw. BK-3102 erfasst, jedoch nicht weiter differenziert. In dieser Auswertung von Routinedaten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) sollten Charakteristika von berufsbedingten Hantavirus-Infektionen näher beschrieben werden.

Methodik: Es erfolgte eine BK-DOC-Datenbankabfrage nach meldepflichtigen Fällen von viralem hämorrhagischem Fieber unter der BK-3101 bzw. 3102 im Zeitraum von 2013 bis 2023. Für Fälle unter der BK-3102 wurden die elektronischen Fallakten gesichtet und demographische Daten sowie Daten zur Infektion und dem Unfallhergang extrahiert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 31 Fälle gemeldet, darunter 12 unter BK-3101 und 19 unter BK-3102. Bei 17 Fällen unter BK-3102 handelte es sich um Hantavirus-Infektionen, die Mehrzahl davon verursacht durch das Puumala-Virus. Die Mehrheit der Betroffenen war über 40 Jahre alt und arbeitete im sozialpädagogischen/erzieherischen Bereich. Infektionsursache waren hauptsächlich Reinigungstätigkeiten im Außenbereich mit Inhalation von kontaminierten Stäuben. Häufig befand sich die Arbeitsstätte in Waldnähe oder es wurde Mäusebefall beobachtet. Alle 17 Fälle wurden anerkannt.

Schlussfolgerung: Auch in Berufen ohne bislang bekanntes Risikoprofil können Hantavirus-Infektionen eine Gefährdung darstellen. Bei beruflichen Tätigkeiten mit möglicher Exposition gegenüber kontaminierten Stäuben sollten Beschäftigte unabhängig von ihrer Berufsgruppe über Infektionswege, Symptome und Präventionsmaßnahmen von Hantavirus-Infektionen aufgeklärt werden.
Frau Tiana Barnekow
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Arbeitsmedizinische Versorgung I
Beiträge:
1

Einleitung

Nach DGUV V 2 können Praxisinhaber mit ≤ 50 Beschäftigten neben der Regelbetreuung auch das Modell der alternativen bedarfsorientierten Betreuung wählen. Im Projekt „gesund und sicher in der Physiotherapiepraxis“ wurde ein neues Konzept zur stufenweisen Umsetzung der alternativen bedarfsorientierten Betreuung erprobt. Der Fokus lag auf der Stärkung der Präventionskompetenz der Praxisinhaber im Allgemeinen und der Verbesserung der Umsetzungskompetenz im Hinblick auf den Prozess der Gefährdungsbeurteilung (GFB) im Speziellen.

Methoden

Zwischen 04/2023 und 07/2024 nahmen 26 Physiotherapiepraxen (aufgeteilt in 2 Gruppen) am Projekt teil. Gegenüber üblichen Konzepten (eine ca. 6-stündige Unternehmerschulung, ergänzende Betreuung bei Bedarf) absolvierten die Teilnehmenden - angelehnt an den Plan-Do-Check-Act-Zyklus - 4 Schulungsmodule im Abstand von jeweils 3 Monaten. Die Inhalte wurden branchenspezifisch gestaltet und deckten die Themen gemäß DGUV V 2, Anlage 3 ab. Zur Umsetzung der GFB wurde ein selbstentwickeltes Onlineinstrument eingesetzt. In und nach den Schulungen erfolgte das Angebot ergänzender Beratungen. Die Teilnehmenden hatten zudem die Option sich in einer Whatsappgruppe zum fachlichen Austausch zu vernetzen. Der Evaluation dienten Onlinebefragungen am Ende der einzelnen Schulungsmodule, Feedbackgespräche in den Schulungen, Daten aus der Online-GFB und eine Abschlussbefragung.​​

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen eine hohe Zufriedenheit der Teilnehmenden mit dem Schulungskonzept. Das Wissen über den Arbeitsschutz, insbesondere zu Relevanz und Nutzen der GFB, wurde von Schulungs- zu Schulungstermin kontinuierlich erweitert. Mit Fortschreiten der Schulungen nahm der Anteil der Teilnehmenden zu, die mit der GFB begonnen/diese vollständig erstellt hatte. Der ergänzende Bedarf an individueller Beratung war gering.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Unternehmerschulung nach dem PDCA-Zyklus half den Teilnehmenden die relevanten Arbeitsschutzvorgaben schrittweise in ihrer Praxis umzusetzen. Zielführend waren die festen Schulungstermine und die damit verbundene Möglichkeit individuelle Fragen in der Gruppe und mit den Dozierenden zu erörtern und Lösungen auszutauschen. Herausforderungen zeigten sich insbes. bei der Rekrutierung, was auf einen Verbesserungsbedarf bei der Erklärung des Nutzens der Betreuung hinweist. Insgesamt liefert das Konzept wichtige Impulse für die Stärkung des Arbeitsschutzes in kleinen und mittelgroßen Physiotherapiepraxen und könnte als Modell für andere Gesundheitsbranchen dienen.
Herr Klaus Schöne
Institut für Lehrergesundheit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
#Poster #alternative bedarfsorientierte Betreuung #Physiotherapiepraxen
2

Einleitung

Die arbeitsmedizinische Versorgung ist in Deutschland heterogen organisiert. So sind im Gegensatz zum System der Gesetzlichen Krankenversicherung für die arbeitsmedizinische Versorgung keine allgemeinen Qualitätsindikatoren definiert. Besonders für Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) besteht die Annahme, dass viele Betreuungsangebote Qualitätsmängel aufweisen. Bei Großunternehmen sind individuelle Konzepte verbreitet, bei KKMU ist jedoch zu erwarten, dass ein entsprechendes Qualitätsmanagement nicht überall erfolgt. Thema des Beitrags ist ein systematisches Review über Qualitätsindikatoren für arbeitsmedizinische Betreuungsangebote. Auf dieser Basis soll ein Qualitätsindikatorenset entwickelt werden, welches die Besonderheiten von KKMU berücksichtigt.

Methoden

Es wurde ein systematisches Review nach „PRISMA-Protokoll“ durchgeführt. Um die Studienlage zu Qualitätsindikatoren für arbeitsmedizinische Betreuungsangebote aufzuarbeiten, wurden die Datenbanken PubMed, EMBASE, Scopus, Web of Science und Cochrane Library einbezogen. Die Indikatoren(-systeme) wurden anhand der Kriterien Relevanz, Sensitivität, Verfügbarkeit von wissenschaftlichen Daten sowie Machbarkeit in KKMU bewertet.

Ergebnisse

Eine erste Auswertung zeigt, dass sich ältere Vorschläge auf die Arbeitssicherheit fokussierten, während in den letzten Jahren die Gesundheit der Beschäftigten im Vordergrund steht. Das Konzept der „Leading and lagging indicators“ ist zur Qualitätsbeurteilung etabliert. „Lagging indicators“ („Spätindikatoren“) nutzen zurückliegende Events wie Berufskrankheiten. „Leading indicators“ („Frühindikatoren“) sollen präventiv die Möglichkeit eines Events vorausschauend beurteilen. Die neuere identifizierte Literatur fokussiert auf die Frühindikatoren.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die bestehenden Indikatoren/-systeme finden bisher keine umfassende Anwendung in der arbeitsmedizinischen Versorgung in Deutschland. Auf Basis des Reviews wird ein Indikatorensystem entwickelt werden. Dieses wird mit ca. 15 bis 20 Expert:innen im Hinblick auf Verfügbarkeit von Daten bzw. die Machbarkeit der Erhebung unter Datenschutz- und Kostenaspekten diskutiert und verfeinert. Es soll eine praxistaugliche, kosteneffektive und vergleichbare Qualitätsbeurteilung der arbeitsmedizinischen und arbeitspsychologischen Versorgung ermöglichen. Auch soll eine Beurteilung von Konzepten und Anwendungen in der Betriebsmedizin und Arbeitspsychologie ermöglicht werden.
Herr Martin Ansgar Horn
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Qalitätssicherung #KKMU #kleine und mittlere Unternehmen #arbeitsmedizinische Betreuung #Versorgungsforschung
3

Einleitung

Die arbeitsmedizinische und -psychologische Versorgung der ca. 46 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland durch die Betriebsärzteschaft und Fachkräfte für Arbeitssicherheit hat eine enorme Relevanz. Dies zeigt sich vor allem vor dem Hintergrund des veränderten Bedarfs an Prävention und Gesundheitsversorgung durch den klimatischen, digitalen und demografischen Wandel sowie veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen. Ca. 60% der Erwerbstätigen arbeiten in Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU), die im Vergleich zu Großunternehmen unzureichend arbeitsmedizinisch und -psychologisch versorgt werden. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen ist die Weiterentwicklung des arbeitsmedizinischen und -psychologischen Handelns in KKMU essenziell. Ziel des Scoping Reviews ist es, einen Überblick über spezifische Bedarfe und Bedürfnisse von KKMU bezüglich arbeitsmedizinischer Leistungen zu geben und Handlungsempfehlungen für Wissenschaft und Praxis abzuleiten, um die arbeitsmedizinischen Leistungen bedarfs- und bedürfnisgerecht zu optimieren.

Methoden

Die Literatursuche erfolgte mittels Suchstring in den Datenbanken Embase, PubMed, Web of Science und Scopus. Eingeschlossen wurden peer-reviewed Originalarbeiten auf Deutsch und Englisch ab dem 01.01.2000, die aus der Perspektive von KKMU arbeitsmedizinische Leistungen thematisieren. Ein Scoping Review-Protokoll wurde im Open Science Framework registriert. Entsprechend den Richtlinien des Joana Briggs Instituts führten zwei Forschende das Screening durch.

Ergebnisse

Die Literatursuche am 26.08.2024 ergab 828 Artikel nach der Duplikatentfernung. In Folge des Titel-Abstrakt-Screenings wurden 69 Artikel einem Volltextscreening unterzogen. Die 17 eingeschlossenen Studien zeigen Bedarfe und Bedürfnisse von KKMU u.a. nach Informationen über arbeitsmedizinische Leistungen, externer Unterstützung und dem Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu Stakeholdern. Konkret benötigen KKMU einfache Betreuungslösungen, verständliche Informationen über arbeitsmedizinische Betreuung und einen regelmäßigen Kontakt mit Leistungserbringenden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Aus den Ergebnissen werden Handlungsempfehlungen für die praktische Umsetzung der arbeitsmedizinischen Betreuung abgeleitet, damit das betriebsärztliche Handeln in KKMU bedarfs- und bedürfnisgerecht weiterentwickelt werden kann. Die Ergebnisse stellen die Grundlage für die Erhebungsinstrumente der folgenden Mixed-Methods-Studie Anfang 2025 zu Bedarfen und Bedürfnissen von KKMU in Norddeutschland dar.
Frau Svea Suraj
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen #KKMU #Bedarfe und Bedürfnisse #arbeitsmedizinische Betreuung
4

Einleitung

In Deutschland ist von einer arbeitsmedizinischen Unterversorgung in kleinen und mittleren Betrieben (KKMU) auszugehen. In einer explorativen Studie sollten Bedarfe und Wünsche von KKMU, die bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) versichert sind, zur Sicherstellung der betriebsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung (BuS) erhoben werden.

Methoden

Es wurden halbstrukturierte, problemzentrierte Experteninterviews mit Unternehmer:innen von KKMU durchgeführt. Die Stichproben zur Rekrutierung der Teilnehmenden wurden aus bei der BGW versicherten Betrieben in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen gezogen. Einschlusskriterien: 1-20 Mitarbeiter:innen, mindestens 1 Jahr Selbständigkeit/Bestehen des Betriebes, Betreuungsstatus unklar. Die Interviews wurden transkribiert und mittels MAXQDA nach Mayring ausgewertet.

Ergebnisse

Fünfzehn Interviews konnten in die Auswertung eingeschlossen werden. Die Gesundheitsbranche war überrepräsentiert, so dass 10 von 15 Teilnehmenden ähnliche Voraussetzungen, wie zum Beispiel die Beziehung zu berufsständigen Kammern aufweisen. In 7 Betrieben waren bisher keine Maßnahmen zur BuS-Betreuung umgesetzt worden. Alle 7 berichteten, von der Pflicht zur Einrichtung der BuS-Betreuung i. S. d. Arbeitssicherheitsgesetzes nichts zu wissen.
Die Unternehmer:innen nahmen die Information seitens der BG zur verpflichtenden BuS-Betreuung nicht wahr, weil die vielfältigen Aufgaben während der Gründungsphase sehr herausfordernd sind, die Informationsschreiben als nicht relevant für den eigenen Betrieb eingeschätzt werden und aus ihrer Sicht die Information seitens der BG zu einem ungünstigen Zeitpunkt versandt wird. Der finanzielle und organisatorische Aufwand zur Umsetzung der BuS-Betreuung wird als unverhältnismäßig in Bezug auf den erwarteten Nutzen betrachtet. Darüber hinaus wird die BG nicht als mögliche Informationsquelle wahrgenommen. Die Unternehmer:innen wünschen sich die BG-Informationen zu diesem Thema als kurze eindeutige Handlungsanleitung zu dem Zeitpunkt der ersten Einstellung eines:r Mitarbeiter:in.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Interviews liefern wertvolle Informationen zu den Hintergründen fehlender BuS-Betreuung und zum Informationsbedarf der Unternehmer:innen. Daraus lassen sich Empfehlungen mit dem Ziel ableiten, die Wahrnehmung der Unternehmenspflichten bzgl. Arbeitsschutz zu steigern.
Frau Wibke Körner
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster
5

Einleitung

Früherkennung von Lungenkrebs spielt eine wesentliche Rolle in der Bekämpfung der damit verbundenen Mortalität. Neben Rauchen als Hauptrisikofaktor, ist die berufliche Exposition mit krebserregenden Stoffen ein zusätzlicher Risikofaktor für Lungenkrebs. Im Zusammenhang mit einer ehemaligen beruflichen Asbestexposition bietet die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ihren Versicherten unter bestimmten Voraussetzungen ein erweitertes Vorsorgeangebot zur Früherkennung von Lungenkrebs (EVA-Lunge) an. EVA-Lunge beinhaltet eine jährliche Low-Dose-Computertomographie (LDCT) der Lunge. Die Gesundheitsvorsorge (GVS) hat zu diesem Zweck Strukturen und Netzwerke mit Ärzt:innen aufgebaut, um dieses Angebot umzusetzen. Im Rahmen des Evaluationsprojekts EVALUNG wurde u.a. die Umsetzung des Angebots mithilfe von qualitativen Interviews mit beteiligten Ärzt:innen untersucht.

Methoden

Es wurden 29 semi-strukturiertere Interviews zur Einstellung und den bisherigen Erfahrungen im Rahmen des Angebots mit beteiligten Arbeits- bzw. Betriebsmediziner:innen, Pneumolog:innen und Radiolog:innen durchgeführt. Die Teilnahme erfolgte freiwillig. Die Interviews wurden überwiegend remote durchgeführt, aufgezeichnet und anschließend auf Basis der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse

Alle Befragten sehen in EVA-Lunge einen hohen Nutzen für die Zielgruppe in Bezug auf die Früherkennung von Lungenkrebs. Ebenso wird die Struktur sowie der Support seitens der GVS als positiv hervorgehoben. Die Interviews zeigen außerdem verschiedene Herausforderungen in der Umsetzung des Angebots. Dazu zählt z.B. eine sinkende Zahl der beteiligten Ärzt:innen, insbesondere hinsichtlich der Fachgruppe der Radiolog:innen. Für die Versicherten kann das zu längeren Anfahrtswegen und Wartezeiten auf ein LDCT von bis zu 6 Monaten führen. Außerdem können unklare Abläufe und Zuständigkeiten zu Verzögerungen führen. Weiterhin werden das Online-Portal zur Fallbearbeitung und Dokumentation sowie die Dokumentationsbögen häufig als nicht benutzerfreundlich beschrieben.

Schlussfolgerung / Diskussion

Es zeigen sich Herausforderungen in EVA-Lunge, die dazu führen können, dass das Angebot teilweise unterschiedlich umgesetzt wird. Dies kann sich auf die Wahrnehmung und die Qualität des Angebots auswirken. Um den Herausforderungen zu begegnen, sollten diese genauer analysiert und Lösungen gemeinsam mit den beteiligten Ärzt:innen erarbeiten werden.
Frau Helena Keller
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Früherkennung #Lungenkrebs #Asbest #LDCT #Arztperspektive
Fr
04 Apr
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Poster: Arbeitsmedizinische Versorgung II
Beiträge:
1
Ausgehend von der in Österreich verpflichtenden Qualitätsüberprüfung für niedergelassene Ärzte wurde im Projekt "Qualitätssicherung in der Arbeitsmedizin" ein Fragebogen entwickelt, der als Instrument für eine freiwillige Qualitätsüberprüfung für die arbeitsmedizinische Betreuung dienen soll. Der Fragebogen definiert notwendige Struktur- und Prozessvoraussetzungen sowie standardisierte Vorgehensweisen für arbeitsmedizinische Handlungen. Auf diese Weise steht Arbeitsmedizinern und Arbeitsmedizinischen Zentren eine Handlungsanleitung zur Verfügung, und für die "Kunden" wird die arbeitsmedizinische Leistung transparent.
Das Instrument soll in einem dreistufigen Ansatz zur Anwendung kommen. Der Fragebogen wird allen Interessierten zum Download zur Verfügung stehen und soll damit bereits niederschwellig durch Bewusstseinsbildung zu einer Qualitätsverbesserung beitragen. Als zweite Stufe des Qualitätsnachweises ist eine durch eine Zertifizierungsstelle offiziell bestätigte Selbstevaluation. Durch ein Audit kann schließlich ein Gütesiegel als dritte Stufe erworben werden.

Herr DDr. Karl Hochgatterer
Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention, Perg
#Poster #Qalitätssicherung
2
Einleitung: Ein interaktives Dashboard für arbeitsmedizinische Daten bietet eine innovative Lösung, um eine große Menge an komplexen Gesundheitsdaten nutzerfreundlich aufzubereiten, in Echtzeit abzubilden und individuell zu analysieren. Der Beitrag zielt darauf ab, Entwicklung, Inhalt und Funktionalitäten des Dashboards in einer arbeitsmedizinischen Abteilung eines Großunternehmens der chemischen Industrie zu beschreiben.
Methoden: Das Dashboard wurde unter Verwendung von Microsoft PowerBI erstellt und basiert auf historischen und tagesaktuellen arbeitsmedizinischen Daten der aktuell etwa 35.000 Mitarbeitenden des Unternehmens am Standort Ludwigshafen. Die Daten werden auf mehreren themenbasierten Seiten mit Tabellen und Abbildungen visualisiert. Interaktive Funktionalitäten erlauben u.a. die individuelle Filterung und Stratifikation von Daten nach Parametern von Interesse, den Wechsel von einer allgemeinen Übersicht in detailliertere Datenebenen (sog. Drilldowns) und die Abfrage von Hintergrundinformationen (per Info-Schaltflächen). Ausgewählte Graphiken und Tabellen können exportiert werden. Durch ein striktes Berechtigungskonzept sowie der ausschließlichen Verwendung vollständig anonymisierter Daten wird dem Datenschutz Rechnung getragen.
Ergebnisse: Auf der Seite "Belegschaftsstruktur" bietet das Dashboard einen Einblick in Altersstruktur, Geschlechterverteilung, Tätigkeiten, Arbeitszeitsysteme und weitere tätigkeitsspezifische Daten der Mitarbeitenden im Zeitverlauf. Die Seite "Unfallgeschehen" zeigt u.a. Häufigkeiten, Art, Schwere und Ursache von Arbeits- und Wegeunfällen in absoluten und relativen Häufigkeiten. Eine weitere Seite weist Statistiken zur Anzahl und Art an gemeldeten Berufskrankheiten über die Zeit aus. Der Reiter "Gesundheitscheck-Up" visualisiert Daten zur Arbeitsfähigkeit der Belegschaft sowie zu körperlichen Untersuchungen, Rückengesundheit und physischer Aktivität basierend auf mehreren Tausend freiwilligen unternehmensinternen Gesundheitscheck-Ups.
Diskussion: Vorteile der Datenvisualisierung mithilfe eines Dashboards liegen in der Nutzerfreundlichkeit, Zeitersparnis, Aktualität durch Echtzeit-Datenzugriff, Vermeidung von Datenredundanz, Interaktivität und Flexibilität. Das Dashboard kann als Entscheidungshilfe für die Führung der arbeitsmedizinischen Abteilung dienen, um Trends in Daten frühzeitig zu erkennen und zeitnah durch Anpassung von Gesundheitsförderungs- und Präventionsmaßnahmen reagieren zu können.
Herr Dr. Matthias Claus
Corporate Health Management, BASF SE, Ludwigshafen am Rhein
#Poster #Dashboard #Arbeitsmedizin #Automatisierung #PowerBI #Digitalisierung
3
Hintergrund: Die arbeitsmedizinische Vorsorge steht in Deutschland vor vielfältigen Herausforderungen. Die steigende Nachfrage trifft auf den Mangel an Arbeits mediziner*innen (BÄK 2020). In Betrieben der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und des Gartenbaus ist die Betreuung noch durch weitere spezifische Umstände erschwert (SVLFG 2014: 10 ff.). Ein Ansatz dieser Problematik entgegenzuwirken, ist die Nutzung von Telemedizin (WHO 2022). Das Forschungsziel war es zu untersuchen, inwieweit die Tele-Arbeitsmedizin als Mittel im Rahmen der arbeitsmedizinischen Beratung, Vorsorge und Eignung aus Sicht der Beschäftigten in Betrieben der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und des Gartenbaus geeignet ist. Hierbei wurde ermittelt welche Bedarfe und Vorstellungen seitens der Beschäftigten bestehen und ob bestehende Rahmenbedingungen und Strukturen angepasst werden müssen, um die Tele-Arbeitsmedizin aus Sicht der Beschäftigten erfolgreich etablieren zu können.
Methode: Es wurden leitfadengestützte Interviews mit Beschäftigten im November 2023 durchgeführt und mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) ausgewertet.
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass die Beschäftigten keine Erfahrung mit der Anwendung von Tele-Arbeitsmedizin haben und ein großer Informationsbedarf besteht. Weiter besteht technischer Unterstützungsbedarf seitens der Beschäftigten und Anpassungsbedarf auf betrieblicher Ebene. Chancen werden insbesondere im Hinblick auf Zeitersparnis und Flexibilität gesehen.
Schlussfolgerung: Aus den ermittelten Ergebnissen lassen sich Umsetzungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zur Etablierung von Tele-Arbeitsmedizin ableiten. Auf deren Grundlage kann die Akzeptanz und Zufriedenheit der Beschäftigten in den Betrieben der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und des Gartenbaus in Bezug auf Tele-Arbeitsmedizin positiv beeinflusst werden.
Frau Nina-Christine Keil
Hochschule für angewandte Wissenschaften Fulda, Burgjoß
#Poster #Telemedizin #Arbeitsmedizin
4

Einleitung

Der bestehende Fachkräftemangel in der Arbeitsmedizin führt zu einer arbeitsmedizinischen Unterversorgung, insbesondere in ländlichen Gebieten und in Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU). Durch die Digitalisierung sind digitale Anwendungen wie Telemedizin oder digitale Assistenzsysteme ein wesentlicher Bestandteil im Gesundheitswesen geworden. Im Arbeits- und Gesundheitsschutz ermöglichen diese Anwendungen eine flexible, ortsunabhängige Risikoanalyse und ärztliche Entscheidungsfindung. Damit könnte insbesondere in ländlichen Gebieten eine angemessene Versorgung sichergestellt und KKMU niedrigschwellig erreicht werden. Ziel der Literaturübersicht ist es, wissenschaftliche Beiträge zu digitalen Anwendungen in der arbeitsmedizinischen Vorsorge, Nachsorge und Beratung, Früherkennung, Arbeitsplatzbegehung und Gefährdungsbeurteilung zu überblicken.

Methoden

Im Rahmen der Literaturrecherche wurden die fünf Datenbanken PubMed, Embase, Scopus, PsychInfo und Cochrane Library nach Aspekten telemedizinischer und digitaler Anwendungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz durchsucht. Die Ergebnisse wurden im Titel und Abstrakt auf die Ein- und Ausschlusskriterien überprüft. Der Literaturüberblick umfasst alle seit 2014 veröffentlichten Originalarbeiten, Machbarkeitsstudien, Übersichtsarbeiten und experimentellen Studien in englischer oder deutscher Sprache. Die Datenabfrage am 16.07.2024 ergab insgesamt 3373 Treffer. Nach Duplikatsentfernung und der Titel-Abstrakt-Sichtung wurden 122 Artikel im Volltext gelesen und hinsichtlich der vorab definierten Ein- und Ausschlusskriterien geprüft und qualitativ zusammengefasst.

Ergebnisse

Insgesamt gingen 17 Studien in die Datenextraktion ein. Die Auswertungen der eingeschlossenen Veröffentlichungen zeigten, dass digitale Anwendungen, wie Telekonsultationen und Videosprechstunden bei der Diagnostik zur Vorsorge, Nachsorge und Beratung über räumliche Distanzen hinweg oder für die Kommunikation mit Spezialisten eingesetzt werden. Weitere Systeme werden vom Arbeitsschutz- und Gesundheitsteam zur Überwachung von Expositionsdaten eingesetzt.

Schlussfolgerung / Diskussion

Digitale Anwendungen werden in der arbeitsmedizinischen Versorgung in verschiedenen Bereichen genutzt. Die Ergebnisse der Übersichtsarbeit bilden die Grundlage, um einen allgemeinen Überblick über beschriebene digitale Anwendungen in einzelnen Handlungsfeldern der arbeitsmedizinischen Versorgung zu erhalten.
Frau Juliane Holzgräwe-Eichmann
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Poster #Digitale Anwendungen, Telemedizin, digitale Assistenzsysteme, arbeitsmedizinische Versorgung
Fr
04 Apr
12:30 - 13:30
Mittagspause
Mittagspause
Fr
04 Apr
12:30 - 13:30
Industrie
Lunchsymposium der Industrie: ILD als Berufskrankheit: Neue S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der EAA
Eine Veranstaltung der Firma Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG
Vorsitz: Prof. Dr. med. Dirk Koschel, Dresden/Coswig
Referentin: Dr. med. Beate Rehbock, Berlin

ILD als Berufskrankheit: Neue S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der EAA
12:30 - 12:35 Uhr: Begrüßung und Einführung in das Thema (Koschel)
12:35 - 12:50 Uhr: Diagnose der EAA (Koschel)
12:50 - 13:10 Uhr: Radiologie der EAA (Rehbock)
13:10 - 13:25 Uhr: Therapie der EAA (Koschel)
13:25 - 13:30 Uhr: Zusammenfassung (Koschel)

Das Programm dieses Symposiums wurde von der wissenschaftlichen Leitung unabhängig vom Sponsor Boehringer Ingelheim zusammengestellt. Die Referierenden sind in der inhaltlichen Gestaltung ihrer Vorträge frei. Die Inhalte dieses Symposiums werden produktneutral gestaltet.
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Fr
04 Apr
13:30 - 14:00
Keynote
Keynote Lecture: Sektorverbindende Versorgung mit der Arbeitsmedizin
Dr. med. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Thomas Nesseler
Fr
04 Apr
14:15 - 15:45
DGAUM/BARMER
Betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung für KKMU: Erfolgreich im Netzwerk
Eine Veranstaltung des Projekts "Gesund arbeiten in Thüringen (GAIT)" von DGAUM und BARMER
Die Teilnahme ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich. ► Hier klicken um teilzunehmen (Link noch nicht aktiv)
 
14:15xUhr
 
Begrüßung und Moderation
(Prof. Thomas Kraus, Präsident DGAUM und Dr. Thomas Nesseler, HGF DGAUM)
14:20 Uhr
 
Grußwort Schirmherrschaft GAIT: Bedeutung GAIT für Thüringen
(Minister/in TMASGFF)
14:25 Uhr
 
Bedeutung GAIT für Umsetzung Präventionsgesetz aus Sicht der GKV
(Prof. Christoph Straub, Vorstandsvositzender BARMER)
14:35 Uhr
 
Arbeitsmedizinische und sozialrechtliche Rahmenbedingungen des Modellvorhabens „GAIT“:
Betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung zwischen Arbeitsschutz und Präventionsgesetz
(Prof. Stephan Letzel, DGAUM)
14:45 Uhr
 
Betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung für KKMU gestalten:
Netzwerke bilden und in Netzwerken erfolgreich arbeiten – Vorstellung des modularen Präventionsbaukastens
(Prof. Hans Drexler, DGAUM)
14:55 Uhr
 
Erfahrungen aus der Projektlaufzeit: Positives, Negatives, Lösungen für die Zukunft
(Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin Thüringen, BARMER)
15:10 Uhr Podiumsdiskussion
15:45 Uhr Verabschiedung
 
Raum: Hörsaal 32 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 250)
Vorsitz: Thomas Kraus und Thomas Nesseler
Fr
04 Apr
14:15 - 15:30
Vorträge
Digitale Anwendungen
Raum: Seminarraum K8 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 60)
Vorsitz: Peter Kegel
Beiträge:
1

Einleitung

Pflegekräfte sind mit hohem Zeitdruck, Schichtarbeit sowie Konflikten konfrontiert. Bisherige Wirksamkeitsstudien von Maßnahmen zur psychischen Gesundheit in der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) beschränken sich weitgehend auf verhaltenspräventive Ansätze. Ziel des Projekts Care4Care war es, Maßnahmen zu gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen und zur individuellen Gesundheitsförderung in einem digitalen Interventionskonzept zu integrieren.

Methoden

In einer cluster-randomisiert-kontrollierten Studie wurden 33 Pflegeeinrichtungen (N=347 Pflegekräfte) über BGF-Berater:innen verschiedener Krankenkassen akquiriert. Mit Care4Care erhielten 17 Pflegeeinrichtungen (n=211) Zugang zu einer Online-Plattform mit sieben digitalen verhältnispräventiven (z.B. Gestaltung von Schichtarbeit), sechs digitalen verhaltenspräventiven Trainings (z.B. Stressmanagement) sowie einem f2f-Führungstraining. Die Kontrollgruppe (16 Einrichtungen, n=136) erhielt routinemäßige BGF-Angebote durch die Krankenkassen sowie zeitverzögert Zugang zu Care4Care. Primäres Ergebnismaß war das psychosoziale Sicherheitsklima (PSC) sechs Monate nach Randomisierung. Sekundäre Ergebnisse umfassten den wahrgenommenen Stress, Depressivität sowie weitere gesundheits- und arbeitsplatzbezogene Maße. Studienregistrierung: DRKS00027869.

Ergebnisse

Die bayesianische Multi-Level-Analyse zeigte, dass Care4Care im Vergleich zur BGF-Routine zu einer bedeutsamen Verbesserung des psychosozialen Sicherheitsklimas führte (Median = 2,04 Punkte [95% CrI: -0,32; 4,44], Cohen’s d = 0,25]. Darüber hinaus ergaben Analysen der sekundären Maße eine Wahrscheinlichkeit von 99,3 % für einen positiven Effekt der Intervention im Vergleich zur Kontrolle in Bezug auf eine Reduktion des wahrgenommenen Stresses und geringere Wahrscheinlichkeiten (83,5 % bis 91,6 %) für Effekte auf die kognitive und emotionale Belastung und Selbstfürsorge. Es wurden keine bedeutsamen Vorteile in Bezug auf Absentismus, Präsentismus, wahrgenommene Belohnungen und Anstrengungen, Vitalität oder Arbeitszufriedenheit festgestellt.

Schlussfolgerung / Diskussion

Care4Care scheint das psychosoziale Sicherheitsklima verbessern zu können und Stress bedeutsam zu reduzieren. Diskutiert werden die besonderen Herausforderungen des Forschungsansatzes, die sich z.B. in der zu geringen Fallzahl und einer geringen Rücklaufquote zeigen. Die Ergebnisse einer begleitenden qualitativen Prozessevaluation weisen Richtungen für eine gelingende digitale Transformation der BGF auf.
Herr Dr. Leif Boß
Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg
#Vortrag #E-Health #Stressbewältigung #Verhältnisprävention #Betriebliches Gesundheitsmanagement #Pflegekräfte
2

Einleitung

Die Physiotherapie steht vor erheblichen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf den wachsenden Fachkräftemangel. Prognosen zufolge wird bis 2026 ein Defizit von über 50 000 Physiotherapeut:innen (PT) erwartet. Bereits heute zeigt sich dies in Wartezeiten von 30 bis 50 Tagen für einen Therapiebeginn. Digitale Lösungen, wie Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA; auch „Apps auf Rezept“ genannt), könnten einen entscheidenden Beitrag leisten, indem sie die Effektivität der Nachsorge verbessern, Adhärenz steigern und Wartezeiten überbrücken. Zur Akzeptanz unter PT gibt es bisher kaum belastbare Daten.
Ziel war daher subjektive Faktoren zu identifizieren, die die Akzeptanz und Nutzung von E-Health-Angeboten bei PT beeinflussen.
​​​

Methoden

Wir führten Ende 2023 eine anonymisierte Online-Befragung unter PT durch, die deutschlandweit überwiegend über Berufsverbände rekrutiert wurden. Eingesetzt wurde ein angepasster Fragebogen basierend auf der Unified Theory of Acceptance and Use of Technology (UTAUT), bei dem Akzeptanz als Nutzungsabsicht operationalisiert wird. Das UTAUT-Modell wurde um mögliche zielgruppenspezifische Einflussfaktoren wie Technikbereitschaft erweitert und per Regressionsanalyse ausgewertet. Deskriptiv wurden zudem Erfahrungen und Nutzungspräferenzen untersucht.

Ergebnisse

Von den N = 297 befragten PT im Alter von 21-67 Jahren (73 % Frauen; Berufserfahrung: M = 20.43, SD = 12.08) berichteten fast 84 % keine oder wenig Vorkenntnisse im Bereich E-Health. Die Akzeptanz digitaler Gesundheitstools im Berufsalltag war überwiegend moderat ausgeprägt (43 % der Befragten), während sich bei 28 % eine hohe Akzeptanz gegenüber E-Health-Lösungen zeigte. Die Erwartung, dass E-Health die eigene Arbeitsleistung verbessert, beeinflusste die Akzeptanz am stärksten. Ebenso waren eine geeignete organisatorische und technische Infrastruktur sowie die Befürwortung von Kolleg:innen und Patient:innen wichtige Faktoren.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse legen nahe, dass die Nützlichkeit bzw. Vorteile von E-Health für die Berufspraxis stärker in den Fokus von Informationen für PT gerückt werden sollten. Zudem stellt der Mangel an Vorkenntnissen ein Hindernis für die Nutzung digitaler Technologien dar. Zukünftig könnten Schulungen zur digitalen Gesundheitskompetenz in der Aus- und Weiterbildung implementiert werden, um informierte Entscheidungen zur Nutzung dieser Technologien zu fördern.
Frau Fatma Sahan-Ulutürk
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
#Vortrag #Physiotherapie #E-Health #Digitalisierung #Digitale Gesundheitsanwendungen #Gesundheitsfachkräfte #Technologieakzeptanz
3

Einleitung

Während der COVID-Pandemie kam es zur schnellen Einführung und vermehrten Nutzung digitaler Sozialberatung. Dennoch fehlen Daten zu mittel- bis langfristigen Effekten dieser Veränderungen auf Beratungsalltag und Gesundheit der Beschäftigten. Ziel dieser Studie ist es, das Onlinenutzungsverhalten und den Gesundheitszustand von Beratenden an zwei Zeitpunkten nach der Pandemie zu analysieren, um erfolgreiche Einsatzbereiche von Onlineformaten und potenzielle Auswirkungen auf die Gesundheit abzuschätzen.

Methoden

Diese Studie nutzt zwei Fragebogen-basierte Umfragen unter Beratenden von April-Juni 2022 (T1) und Februar-April 2024 (T2). Ein Teil der Befragten nahm an beiden Erhebungen teil (n=152), was eine Querschnitts- und Längsschnittanalyse ermöglichte. Neben deskriptiven Ergebnissen zur Häufigkeit von Onlineberatungen wurden die Nutzung nach Beratungsbereichen stratifiziert. Als gesundheitsbezogene Endpunkte wurden Gesundheitszustand, Stress, Schlaf- und Konzentrationsstörungen untersucht. Ergebnisse wurden in der gematchten Gruppe anhand von Wilcoxon-Vorzeichentests verglichen (p=0.05).

Ergebnisse

Zu T1 (n=1049) berichteten 35,7% von einer Nutzung von Onlineberatung von 20% und mehr, während dieser Wert zu T2 (n=768) auf 26,6% sank. Der Anteil mit einer Onlinenutzung unter 10% stieg von 5,1% auf 27,5%. Vergleichbares zeigte sich in der gematchten Stichprobe (5,3% vs. 27,6%).
Zu T2 waren in der U25 Suizid-, Schwangerschafts- und Migrationsberatung noch höhere Onlineanteile zu beobachten, während Bereiche im Umgang mit älteren Menschen die niedrigsten Anteile aufwiesen. In der gematchten Stichprobe wurden keine Unterschiede im Stressempfinden zwischen T1 und T2 festgestellt, jedoch kam es zu einer signifikanten Verschlechterung des Gesundheitszustandes sowie einer Zunahme von Schlaf- und Konzentrationsstörungen zu T2.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die während der Pandemie erhöhte Onlinenutzung wurde mittelfristig nicht in allen Beratungsbereichen aufrechterhalten. Die Gründe sind wahrscheinlich multivariabel und hängen potenziell vom Beratungsbereich ab, was für die künftige Nutzung von Onlineformaten berücksichtigt werden sollte. Die Verschlechterung verschiedener Gesundheitsfaktoren bei Abnahme der Onlineanteile könnte auf potenziell positive Effekte von Onlineformaten hinweisen. Der Rückgang von Onlinenutzung trotz dieser Effekte könnte zudem auf weitere Faktoren (z. B. Klientel, Tätigkeitsbeschreibung) hinweisen, die für die künftige Erweiterung der Onlineberatung Barrieren darstellen könnten.
Frau Eva Gnugesser
Institut für Arbeitsmedizin und Public Health, UdS, Med. Fakultät, Campus Homburg, Kirrberger str. 100, Homburg, Homburg
#Vortrag #Digitalisierung #Sozialberatung
4

Einleitung

E-Mental-Health-Interventionen (EMHI) inkl. Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA, auch „Apps auf Rezept“ genannt) bieten Potenziale für die Prävention und Behandlung psychischer Beschwerden. Dennoch bleibt die Anwendung in der Praxis gering. Fehlende Informationen gelten als individuelle Barrieren der Dissemination von EMHI unter Fachkräften wie psychologischen Psychotherapeut:innen (PPT). Daher stellt sich die Frage, welcher Informationen es bedarf, damit PPT besser einschätzen können, ob oder wie sie EMHI in ihren Berufsalltag integrieren.

Methoden

Die Interviewstudie ist Teil einer Mixed-Methods-Studie zur Ermittlung von Bedürfnissen und Präferenzen bzgl. Informationen zu EMHI unter Fachkräften im Gesundheitswesen (DFG-Projekt-Nr. 528399867). Es wurden semistrukturierte Online-Interviews u. a. zu Vertrautheit mit EMHI im beruflichen Alltag, Einstellungen und Wünschen zu Informationsinhalten durchgeführt und inhaltsanalytisch nach Kuckartz mit Hilfe von MAXQDA ausgewertet.

Ergebnisse

Alle Befragten (n = 13; Alter =30-48 Jahre, M = 38.08; SD = 5.06; 69.2 % weiblich; Fachtherapie: Verhaltenstherapie Erwachsene = 69.2 %, Kinder/Jugendliche = 15.4 %, tiefenpsychologisch fundiert = 15.4 %) hatten bereits von konkreten EMHI/DiGA im Bereich psychischer Gesundheit gehört. Positive Einstellungen hierzu waren u. a. assoziiert mit der Möglichkeit zur schnellen, flexiblen Versorgung, Wartezeitüberbrückung, Rezidivprophylaxe sowie Auslagerung von Psychoedukation.
Als Hindernis für den Einsatz wurden neben mangelnder Information, technische Hürden, Bedenken zum Datenschutz und Sorgen zum Umgang mit akuten psychischen Krisen angeführt.
Informationswünsche umfassten u. a. interaktive Entscheidungshilfen mit spezifischen Hinweisen (z. B. zu Kontra-/Indikationen, Therapieverfahren, App-Bearbeitungszeit), Angaben zu Wirksamkeit, Datenschutz, Kostenerstattung oder Verordnungsablauf. Die bevorzugten Darbietungsformate reflektieren das gesamte Spektrum von Informationsangeboten (z. B. Video, Podcast, Online-/Präsenzvortrag oder Workshop).

Schlussfolgerung / Diskussion

PPT scheinen EMHI gegenüber offen eingestellt. Jedoch erschweren Informationsmängel und Bedenken das Verordnungsverhalten. In aufbauenden Studienteilen werden die hier gewonnenen Erkenntnisse in die Entwicklung und Optimierung von Informationsstrategien einfließen. Dadurch sollen Informationen zukünftig effizienter und individueller auf Bedürfnisse und Wünsche von Fachkräften im Gesundheitswesen zugeschnitten werden.
Frau Karin Panitz M.Sc.
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, CHS, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
Frau Charlotte Wagenaar
#Vortrag #E-Mental-Health #Digitale Gesundheitsanwendungen #Gesundheitsfachkräfte #Informationswünsche #Qualitative Inhaltsanalyse #Technologieakzeptanz
5
Die frühzeitige Erkennung von Erkrankungsrisiken ist eine wichtige Aufgabe von Arbeitsmedizin und Arbeitspsychologie. Der Einsatz von Techniken des maschinellen Lernens – einem Unterfeld künstlicher Element - kommen in der Psychologie und Medizin zunehmend zum Einsatz, um interessierende Outcomes vorherzusagen. Die vorliegende Studie erprobt unterschiedliche Verfahren im Kontext der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (GBU Psyche), um zu untersuchen, wie Beeinträchtigungen der Gesundheit durch die Ausprägungen psychischer Belastungsfaktoren vorhergesagt werden können. Insbesondere wird untersucht, inwieweit maschinelle Lernverfahren einen Vorteil gegenüber traditionellen statistischen Methoden bei der Vorhersage bieten.
Um die Vorhersagequalität verschiedener Ansätze zu vergleichen, verwendeten wir den Datensatz (n=4210) einer Studie von Dettmers und Stempel (2021), die eine traditionelle logistische Regression (tradLR) zur Vorhersage der Prävalenz oder Nicht-Prävalenz von psychischen Beeinträchtigungen einsetzte. In dieser Klassifikationsaufgabe wurden die maschinellen Lernalgorithmen Machine Learning Logistic Regression (MLLR) und der HistGradientBoostingClassifier (HGB) mit der traditionellen logistischen Regression verglichen. Die Leistung der Ansätze wurde anhand der Genauigkeit (ACC), der balancierten Genauigkeit (BACC) und des Matthews-Korrelationskoeffizienten (MCC) bewertet
Die Ergebnisse zeigen signifikante Unterschiede der Verfahren in der Qualität der Vorhersagen. Allerdings fallen die Unterschiede nicht konsistent zugunsten maschineller Lernverfahren aus. In Bezug auf ACC und BACC schnitt tradLR besser ab als MLLR, jedoch übertraf HGB tradLR in Bezug auf BACC. Die Verwendung des Hyperparameter „Balanced class weight“ kann die Vorhersagegüte von maschinellen Lernverfahren insbesondere bei unbalancierten Daten weiter verbessern.
Die Studienergebnisse zeigen wie schon in Dettmers & Stempel (2021), dass die Vorhersage von psychischen Beeinträchtigungen durch die Daten der GBU Psyche grundsätzlich möglich ist (ACC>.87). Maschinelles Lernen ist ein vielversprechender Ansatz, um die Qualität von Vorhersagen zu verbessern. Die Ergebnisse der Studie liefern erste Hinweise darauf, dass maschinelle Lernansätze nützlich sein können, obwohl ihre Vorhersagequalität nicht grundsätzlich der traditionellen Methode überlegen ist. Weitere Forschung ist erforderlich, um Leitlinien zu entwickeln, wann der Einsatz von maschinellem Lernen am vorteilhaftesten ist.
Herr Prof. Dr. Jan Dettmers
FernUniversität in Hagen, Hagen
#Vortrag #psychische Belastung #maschinelles Lernen #Gefährdungsbeurteilung #Vorhersagemodelle #Gesundheitsbeeinträchtigung
Fr
04 Apr
14:15 - 15:30
Vorträge
Lehre, Fort- und Weiterbildung
Raum: Hörsaal 28 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 100)
Vorsitz: Thomas Muth
Beiträge:
1
Hintergrund:
Psychische Gesundheitsprobleme sind unter Studierenden in Deutschland weit verbreitet (1-4). Als zukünftige Arbeitnehmer*innen sowie potenzielle Multiplikator*innen im Rahmen betrieblicher Gesundheitsförderung sollte die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der (psychischen) Gesundheit Studierender an Hochschulen hohe Bedeutung haben. Die Unfallverhütungsvorschrift der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung fordert eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (GB Psych) für Studienplätze (5). Das StudiBiFra-Projekt zielte darauf ab, als Teil der GB Psych die Studienbedingungen und psychische Gesundheit Studierender zu beurteilen.
Methoden:
​​​
Es wurden Daten von 24.533 Studierenden an 13 deutschen Hochschulen zwischen Juni 2021 und März 2023 mit Hilfe des Bielefelder Fragebogens zu Studienbedingungen und (psychischer) Gesundheit systematisch erhoben. Die Zufriedenheit der Studierenden mit ihren Studienbedingungen, die dazugehörige Dringlichkeit des Handlungsbedarfs (je 22 Themenbereiche) sowie eine Selbsteinschätzung zur psychischen Gesundheit (4 Themenbereiche) wurden auf 5-stufigen Likert-Skalen abgefragt. Es wurden Skalenmittelwerte berechnet und Assoziationen zwischen Studienbedingungen und der psychischen Gesundheit Studierender mittels linearer Regressionen untersucht.
Ergebnisse:
Die Studierenden sahen meist größeren Handlungsbedarf in Bereichen, mit deren Studienbedingungen sie weniger zufrieden waren, wie z. B. bei zeitlichen Anforderungen sowie Studien- und Prüfungsleistungen. Niedrigere Handlungsbedarfe berichteten tendenziell Studierende, die zufriedener mit der jeweiligen Studienbedingung waren. Die positiv bewerteten Studienbedingungen können Hochschulen als Ressourcen verstehen (z. B. Qualität der studentischen Zusammenarbeit). Die Zufriedenheit mit den Studienbedingungen war über alle Themenbereiche hinweg statistisch signifikant mit der psychischen Gesundheit Studierender assoziiert (β = ‑0,25 bis ‑0,59).
Schlussfolgerung:
Um die Studienbedingungen langfristig gesundheitsförderlich zu gestalten und psychische Belastungen systematisch zu reduzieren, sind gezielte und datengestützte Präventionsmaßnahmen an Hochschulen unerlässlich. Die Einbeziehung der vorliegenden Ergebnisse bei der Durchführung der GB Psych ist somit von hoher Relevanz. Eine ganzheitliche und praxistaugliche GB Psych, die auf Studierende ausgerichtet ist, sollte verhältnispräventive Anpassungen in den Fokus rücken, um dabei zu helfen, die Lebenswelt Hochschule gesundheitsförderlicher zu gestalten.
Frau Jennifer Lehnchen
Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin
#Vortrag #Gefährdungsbeurteilung #Psychische Belastung #Studienbedingungen #Studierende #Verhältnisprävention
2

Einleitung

Im Zusammenhang mit der planetaren Klima- und Umweltkrise bestehen Gefahren für die menschliche Gesundheit, die in den kommenden Jahren noch zunehmen werden [1]. Diese relevanten Themen werden im optionalen Zusatzkatalog „Planetare Gesundheit“ im NKLM, Version 2.0 (Stand 01.07.21) aufgeführt und im Querschnittsbereich „Klinische Umweltmedizin“ (QB 06) gelehrt, meist auf der Wissensebene. Dies erfolgt an der Universität Witten/Herdecke (UW/H) im didaktischen Format des Peer Teachings mit Referaten im Plenum, die zugleich der Lehre der zuhörenden Kommiliton:innen des Jahrgangs dienen [2]. In der vorliegenden Untersuchung werden das umweltmedizinische Vorwissen der Studierenden und der Lernzuwachs in der Einstiegs- und Sicherungsphase der Lehrveranstaltung erhoben [3].

Methoden

Die Stichprobe besteht aus insgesamt 218 Medizinstudierenden, die im Wintersemester 2023/24 (N=92, Jg. 52) und im Sommersemester 2024 (N=126, Jg. 53) an den Lehrveranstaltungen im QB 06 teilgenommen haben. Ihr umweltmedizinisches Vorwissen wurde freiwillig und anonym mit dem eigens entwickelten Progress Test Umweltmedizin (PTU) mit 80 Fragen im True/False-Format erfasst, jeweils 5 Fragen in insgesamt 16 Themenbereichen zu Beginn (Vorwissen) und am Ende der umweltmedizinischen Woche (Lernzuwachs). Im PTU werden „richtige“, „falsche“ und „weiß nicht“ Antworten berechnet.

Ergebnisse

Im Pre-Test bearbeiteten insgesamt 101 Studierende (36.65% Jg. 52, 63.45% Jg. 53) freiwillig und anonym den PTU. Im Durchschnitt resultierten dabei 42.97±11.54 „richtige“ Antworten, 9.75±4.98 „falsche“ und 22.98±13.46 „weiß nicht“. Der Post-Test wurde von insgesamt 117 Studierenden (38.6% Jg. 52, 61.4% Jg. 53) ausgefüllt mit den durchschnittlichen Ergebnissen von 47.92±9.62 „richtige“ Antworten, 16.74±7.78 „falsche“ und 10.09±8.81 „weiß nicht“. Die Jahrgänge der Studierenden unterscheiden sich nicht in ihrem Vorwissen. Das größte Vorwissen besteht bei den Themen Feinstaub – Holzverbrennung (3.17±1.85) und Mikroplastik (3.00±1.64), das geringste bei Klimawandel – Infektionserkrankungen (0.72±1.40) und PFAS (0.61±1.72).

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Studierenden bringen als Vorwissen ein allgemeines Verständnis vom Klimawandel und anderen Umweltrisiken mit in die Lehrveranstaltung des QB Klinische Umweltmedizin. Dies gilt es bei der Vermittlung der spezifischen gesundheitlichen Auswirkungen und entsprechenden zukünftigen beruflichen Herausforderungen zu berücksichtigen.
Herr Dr. med. Jörg Reißenweber
Private Universität Witten/Herdecke gGmbH, Witten
Von 1981 bis 1988 Humanmedizinstudium an der Universität Erlangen-Nürnberg - von 1988 bis 2005 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Normale und Pathologische Physiologie mit Zentrum für Elektropathologie der Universität Witten/Herdecke, Hauptforschungsgebiet: elektromagnetische Felder und ihre medizinisch-biologischen Wirkungen - In 2004 Erwerb des Facharztes für Physiologie und der Zusatzbezeichnung Umweltmedizin bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe - 2005 bis heute wissenschaftlicher Mitarbeiter im Studiendekanat Humanmedizin, dabei Organisation und Weiterentwicklung von Prüfungen sowie deren wissenschaftliche Begleitung;
#Vortrag #Planetare Klima- und Umweltkrise #Peer Teaching #Vorwissen und Lernzuwachs der Medizinstudierenden #Progress Test Umweltmedizin
3

Einleitung

Bisher gibt es wenig Forschung zum Praktischen Jahr (PJ) für Medizinstudierende. Da es im gesamten Medizinstudium eine Vielzahl von Stressoren für die Studierenden gibt, ist anzunehmen, dass die Ausbildung auch in diesem letzten Abschnitt verbessert werden kann. Welche Faktoren sollten aus der Sicht der Studierenden verbessert werden, um sie besser auf ihre fachärztliche Ausbildung vorzubereiten und die Lehre im PJ zu verbessern?

Methoden

Studierende im zweiten Tertial des PJ wurden über eine Messenger-App rekrutiert. Anschließend wurden mit Hilfe eines Leitfadens semi-strukturierte Einzelinterviews geführt. Alle Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert und mit der Software MAXQDA 2020 qualitativ ausgewertet.

Ergebnisse

Die 26 Teilnehmenden (18 w, 7 m) waren im Mittel 26,6 Jahre alt. Wesentliche Inhalte waren wahrgenommene Stressoren und mögliche Verbesserungsvorschläge sowie die Ressourcen im PJ. Beim Umgang wünschten sich die PJler/innen mehr Wertschätzung, einen freundlicheren Ton und mehr Raum für Fehler. Ideen zum PJ-Unterricht und der Lehre waren: mehr praktische und anwendungsbezogene Inhalte (anstelle von Frontalunterricht), mehr Interaktion, Stressmanagement-Seminare, mehr Struktur, vorab formulierte Lernziele u.a. Daneben wurde die Behandlung eigener Patienten sowie die Benennung einer konkreten Ansprechperson zum Thema Lehre vorgeschlagen. Verbesserungsvorschläge im Bereich der Arbeitsinhalte und der Organisation beinhalteten die Einrichtung einer Anlaufstelle bei emotionalem Stress, die Fokussierung auf medizinische Tätigkeiten (anstelle von Botengängen oder Patiententransport), regelmäßige Teammeetings (Team-Time-Outs), eine klare Kommunikation von Pflichten und Rechten am Anfang des PJs sowie von gegenseitigen Erwartungen, flexiblere Arbeitszeiten, klare Pausenzeiten und mehr Zeit für Lehre.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Studierenden hatte viele Verbesserungsvorschläge, vor allem im Bereich der praktischen Lehre, der Arbeitsinhalte, der Organisation und der Arbeitszeit. Diese Anliegen und Ideen sollten wo immer möglich mit Entscheidungsträger/innen, Ausbilder/innen, Kolleg/innen und Dozierenden besprochen werden, um konkrete Konzepte und Maßnahmen zu entwickeln, mit dem Ziel die Bedingungen und die Ausbildungssituation im PJ nachhaltig zu verbessern und die Qualifikation der angehenden Ärzt/innen zu fördern.
Frau Lisa Guthardt
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
#Vortrag #Humanmedizinstudium #Praktisches Jahr
4
Einleitung:
Generative künstliche Intelligenz (KI) wie Chat-GPT gewinnt im medizinischen Kontext
zunehmend an Bedeutung. Obwohl die Anwendung vielversprechend ist, bestehen
Herausforderungen und Risiken, insbesonders hinsichtlich der Genauigkeit und
Verlässlichkeit der erzeugten Informationen. Das Spektrum dieser Anwendungen,
gerade in spezifischen medizinischen Bereichen wie der Arbeitsmedizin, ist dabei noch
weitgehend unerforscht. Hier bietet die KI das Potenzial, sowohl die Recherche als auch
die klinische Entscheidungsfindung zu verbessern.

Methoden:
Für die Studie wurde eine webbasierte Anwendung entwickelt, in welcher Studierende
und Ärzt:innen (n=56) drei arbeitsmedizinische Fälle lösen sollten. Diese wurden dazu in
zwei Gruppen aufgeteilt: In der ersten Gruppe stand den Proband:innen bei der
Falllösung ein integriertes Chat-Fenster basierend auf dem zu der Zeit neuesten Modell
GPT-4 zur Verfügung. In der zweiten Gruppe wurden die Proband:innen aufgefordert, ihre
bevorzugten Recherchetools zu verwenden („Google“/„Amboss“ etc.).

Ergebnisse:
In der Chat-GPT Gruppe konnten Proband:innen spezifische Fragestellung, wie nach
potenziellen Gefahrstoffen oder Tätigkeitsfeldern, öfter und besser beantworten. Bei der
Nutzung von Chat-GPT wurde eine signifikante Verbesserung der Selbsteinschätzung
beobachtet. Die klinische Entscheidungsfindung, wie die Entscheidung zur
Berufskrankheitenverdachtsanzeige, erfolgte dagegen signifikant besser durch die
Internetrecherche. Bei sehr seltenen Berufskrankheiten der Lunge, z.B. Berylliose, neigte
das verwendete GPT-4 Modell zu zahlreichen Falschaussagen

Schlussfolgerung / Diskussion:
Die Fall-basierte Anwendung ermöglicht erste Einschätzungen zu den Effekten
generativer KI in der Arbeitsmedizin. Chat-GPT kann eine hilfreiche Ergänzung zur
medizinischen Recherche in der Arbeitsmedizin sein, wenn die erworbenen
Informationen kritisch geprüft werden. Klinische Entscheidungsfindungen sollten nicht
durch die generative KI getroffen werden. Eine bedeutsame Herausforderung stellen
Falschaussagen dar, die wahrscheinlich durch gezieltes Training der KI-Modelle im
arbeitsmedizinischen Kontext verringert werden könnten.
Herr Felix Weuthen
Institut für Arbeits,-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
#Poster #Large Language Model #Berufskrankheiten #Künstliche Intelligenz #Internetrecherche
5

Einleitung

Die vorgestellte Untersuchung befasst sich mit der Fahrradnutzung von Medizinstudierenden auf ihrem Weg zur Universität und den Gründen, die für oder gegen die Wahl dieses Verkehrsmittels sprechen. Dabei wurden folgende Forschungsfragen behandelt: Welches Verkehrsmittel wird von den Studierenden primär genutzt? Welche Motivationen oder Hindernisse beeinflussen die Nutzung des Fahrrads? Besteht ein Zusammenhang zum Gesunheitszustand?

Methoden

Im Rahmen eines universitären Kurses wurde eine Online-Befragung durchgeführt. Die Umfrage umfasste quantitative und qualitative Fragen, die sich auf den Gesundheitszustand, die Verkehrsmittelwahl, die Gründe für oder gegen die Fahrradnutzung sowie potenzielle Verbesserungsmöglichkeiten fokussierten. Es kamen sowohl deskriptive Analysen zur Anwendung als auch eine inhaltsanalytische Auswertung der Freitextantworten.

Ergebnisse

Zum Zeitpunkt der Einreichung langen die Daten von 134 Medizinstudierenden vor. Mehr als die Hälfte der Befragten nutzt das Fahrrad für den Weg zur Universität. Die Entscheidung zugunsten des Fahrrads wird überwiegend durch praktische und ökologische Überlegungen beeinflusst, wie die einfache Handhabung, Kosteneffizienz und Umweltfreundlichkeit. Die hauptsächlichen Gründe gegen eine Fahrradnutzung umfassen schlechtes Wetter sowie eine zu lange oder stark hügelige Strecke. Für Studierende, die kein Fahrrad verwenden, stellt die Streckenlänge ein häufiger Hinderungsgrund dar. Ein Zusammenhang zum Gesundheitszustand zeigte sich bei den bisherigen Auswertungen nicht.

Schlussfolgerung / Diskussion

Auch wenn die bisherigen Daten keinen Zusammenhang zum Gesunheitszustand zeigen, sollte die aktive Mobilität auf dem Weg zur Universität weiter gefördert werden. Anreize zur verstärkten Fahrradnutzung könnten in einer Verbesserung der Fahrradinfrastruktur liegen, beispielsweise durch sicherere Radwege oder Abstellmöglichkeiten. Zudem könnten technische Hilfsmittel, wie E-Bikes, eine Lösung für längere oder anspruchsvollere Strecken bieten. Auch das Angebot von besserer Ausrüstung zur Bewältigung von schlechtem Wetter könnte eine positive Auswirkung auf die Nutzung des Fahrrads haben.

Frau Amanda Voss
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
#Vortrag #Medizistudierende #Verkehrsmittelwahl #Mobilität #Gesundheitsz
Fr
04 Apr
14:15 - 15:30
Vorträge
Gefährdung (biologisch, physisch, chemisch)
Raum: Hörsaal 26 (Standort: Gebäude I, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Nicola Kotschy-Lang
Beiträge:
1

Einleitung

Im Jahr 2016 wurde in Deutschland die AWMF-S2k-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen" eingeführt. Die Leitlinie basiert auf einem standardisierten Verfahren der AWMF einschließlich einer systematischen Literaturrecherche unter Einbeziehung mehrerer medizinischer Fachrichtungen.

Methoden

Da die AWMF zur Aufrechterhaltung einer Leitlinie eine regelmäßige Aktualisierung vorgibt, hat die Expertengruppe eine erneute Literaturrecherche vorgenommen und die Leitlinie aktualisiert. Die neue Medline-Recherche für die aktuelle Version der Leitlinie wurde bis Juni 2022 mit zusätzlichen Suchbegriffen durchgeführt. Die Suchergebnisse wurden durch ein Abstract-Screening und ggf. eine evidenzbasierte Auswertung der Volltexte bewertet und weiter eingegrenzt. Darüber hinaus wurden medizinische Leitlinien zu verwandten Themen berücksichtigt. Seit Oktober 2023 liegt die aktualisierte Leitlinie vor.
Basierend auf dem Update der AWMF-Schimmelpilzleitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen“ wird die rationale Diagnostik bei Schimmelexposition im Innenraum dargestellt und in einem Diagnose-Algorithmus zusammengefasst.

Ergebnisse

Die rationale Diagnostik umfasst unter der Beachtung von Risikofaktoren Anamnese, körperliche Untersuchung und bei Allergieverdacht konventionelle Allergiediagnostik sowie ggf. Provokationstests. Manchmal sind zelluläre Testsysteme indiziert. Bzgl. invasiver Schimmelpilzinfektionen wird auf die spezifischen Leitlinien verwiesen. Hinsichtlich der Mykotoxine gibt es derzeit keine zielführenden und validierten Testverfahren für die klinische Diagnostik. Schimmelpilzmessungen in Innenräumen sind aus medizinischen Gründen selten sinnvoll. Innenraummessungen von MVOC und/oder Myktoxinen sowie HBM-Untersuchungen auf bestimmte Schimmelpilzbestandteile oder -metabolite haben keine Anwendung in der medizinischen Diagnostik.

Schlussfolgerung / Diskussion

Bei sichtbarem Schimmelbefall sollen statt der quantitativen und qualitativen Bestimmung der Schimmelspezies die Ursachen des Befalls geklärt werden, so dass schnell mit der Sanierung begonnen werden kann.
Herr Prof. Dr. med. Gerhard A. Wiesmüller
HYGIUM - Zentrum für Hygiene und Umweltmedizin, Köln
Labor Dr. Wisplinghoff, Köln
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
#Vortrag #Schimmel #Innenraum #AWMF-Leitlinie #Empfehlungen #Kernaussagen #Diagnose-Algorithmus
2
Einleitung
Neben hohen Nachweisraten im Nutztiersektor treten MRSA in zunehmendem Maße in Tierkliniken als Besiedler / Infektionserreger auf. Dabei haben Tierärzte und andere beruflich exponierte Personen in Pferdekliniken ein erhöhtes Erwerbsrisiko für Livestock-assoziierte (LA-)MRSA. Unsere Studie zeigt das Auftreten dieser Problematik in vielen deutschen Pferdekliniken, gibt einen Überblick zur Dynamik der gegenwärtigen Situation, zeigt Schwächen der Basishygiene und unterstreicht die Notwendigkeit einer sektorübergreifenden Betrachtung und Wichtigkeit des One Health-Ansatzes.
Methoden
In 17 Pferdekliniken wurde die nasale MRSA-Besiedlung bei den dort tätigen Personen in vier Beprobungen erfasst. Parallel erfolgten Aufklärungen über Hygiene-Regime sowie die Erprobung von Barriere-Maßnahmen. Als vergleichende Kohorte wurden gesunde Pferde und Kontaktpersonen in die Studie inkludiert.
Ergebnisse
Die Besiedlungsrate überstieg im vierten Beprobungsdurchgang (24,8%) das Eingangsniveau (21,9%), MRSA-Prävalenzen lagen zwischen 0,0-68,2% und verdeutlichten Schwierigkeiten der Vergleichbarkeit der Kliniken. Die molekulare Typisierung ordnete 85% der Isolate der in Pferdekliniken verbreiteten Sub-Population des LA-MRSA CC398 zu, während 15% dem Nutztierbereich zuzuordnen waren. Für eine Klinik wurde mittels Ganzgenomsequenzierung gezeigt, dass das MRSA-Geschehen nicht durch einen „Endemie-Stamm“ aufrechterhalten wurde, sondern multifaktoriell war. Abgrenzend dazu stellen wir in Case-Reports aus der Community weitere Erwerbswege für MRSA gesunder Pferde durch wechselseitige Transmission vor.
Diskussion und Schlussfolgerungen
Als Barriere-Maßnahmen wurden das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) und Einmal-Handschuhen (HS) zugrunde gelegt. Beim tiermedizinischen Fachpersonal wendeten 71% der Befragten das Tragen von HS und 51% von MNS an. Durch MNS wurde eine signifikante Reduktion der MRSA-Besiedlung erreicht. Tierärzte ergriffen beide Maßnahmen deutlich seltener. Der MRSA-Erwerb in der gesunden Pferdepopulation ist assoziiert mit Nutztierkontakten oder tierärztlichen Tätigkeiten. Die Sanierung der MRSA-Besiedlung mittels Mupirocin-Nasensalbe sowie weiterer Maßnahmen war in 20 Fällen nach einem Anwendungszyklus erfolgreich, ansonsten Wiederholungen erforderlich. Dies stellt keine sinnvolle Eradikationsmaßnahme dar. Neben der gezielten Anwendung von Schutzmaßnahmen bleibt die Optimierung der Basishygiene das wichtigste Erfordernis.
Frau Dr. med. vet. Christiane Cuny
Robert Koch-Institut (RKI), Wernigerode
#Vortrag #nasale Kolonisation, berufliche Exposition, MRSA
3
Der Klimawandel mit häufigeren extremen Wetterbedingungen erfordert Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung bei Arbeit in Hitze, insbesondere bei Tätigkeiten im Freien. Bei Hitze steigt die Schweißproduktion mit zunehmender Lufttemperatur und Luftfeuchte an, wobei in feucht-heißem Klima oft mehr Schweiß produziert wird als verdunsten kann. Der dann abtropfende Teil des Schweißes ist für die Verdunstungskühlung verloren. Dieser Wirkungsgrad der Schweißverdunstung (eta) ist für Modellrechnungen der Thermoregulation zur Beurteilung von Hitzebeanspruchungen von Bedeutung.
Man kann eta explizit bestimmen, indem man in einer Klimakammer das Gewicht eines schwebend aufgehängten Probanden fortlaufend misst, dessen abtropfender Schweiß in einem Paraffinbad aufgefangen wird. Durch Nachregeln der Lufttemperatur auf den Wert der sich einstellenden mittleren Hauttemperatur vermeidet man konvektive Wärmeverluste. Die Zahl publizierter Beobachtungen ist aufgrund des Messaufwands jedoch gering.

Wir haben einen Datenbestand von insgesamt 223 dreistündigen Klimaexpositionen mit 14 jungen, mit Shorts bekleideten, akklimatisierten männlichen Probanden, die den Erträglichkeitsbereich von Lufttemperatur (Ta, 25–55 °C) und -feuchte (pa, 0,4–5 kPa) bei vorgegebener Arbeitsschwere (Gehen in der Ebene, 4 km/h) und Luftgeschwindigkeit (0,3 m/s) abdecken, für eine indirekte Bestimmung von eta verwendet. Hierzu wurden die Messwerte für mittlere Hauttemperaturen (Tsk) und Schweißraten (SR) abhängig von Ta und pa durch Anpassung mehrdimensionaler Splines mittels generalisierter additiver Modelle beschrieben. Hieraus ergeben sich Linien gleicher Differenzen von (Ta-Tsk), längs derer die konvektiven Wärmeverluste konstant sind. Wenn sich SR längs dieser Linien erhöht, beschreibt diese Erhöhung die Rate des abgetropften Schweißes, welche eta vermindert.

Bei ausgeglichener Wärmebilanz und Ta=Tsk wich der mit dem Verfahren geschätzte Wärmeverlust durch Schweißverdunstung nur unwesentlich von der gemessenen körpereigenen Wärmeproduktion ab. Hinsichtlich der Umgebungsbedingungen nahm eta für Ta>28 °C mit zunehmender Feuchte ab und sank für Ta>33 °C bei großer Feuchte nahe pa=5 kPa auf unter 40%.

Die Übereinstimmung dieser Befunde mit Beobachtungen aus den eingangs geschilderten aufwändigen experimentellen Verfahren bestätigt die Eignung unserer Methode zur Bestimmung von eta in weiten Bereichen des psychrometrischen Diagramms und weiteren Studien, z.B. zur Wirkung erhöhter Luftgeschwindigkeit.
Herr apl Prof. Dr. Bernhard Kampmann
Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal
1967-1973 Studium der Physik in Münster und Bochum; 1977 Promotion im Fach Physik. 1979-1984 Technischer Leiter der Klimasimulations-Laboratorien im IfADo, Dortmund. 1984-2002 Leiter des Arbeitsbereichs Arbeitsphysiologie im Institut für Arbeitswissenschaften der Ruhrkohle AG in Dortmund 2000 Habilitation im Fach „Ergonomie und Arbeitsphysiologie“ an der Bergischen Universität - Gesamthochschule Wuppertal ab 1998: Lehrtätigkeit im Fachgebiet für Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Fachbereich Sicherheitstechnik der Bergischen Universität Wuppertal; 2009: Verleihung der Bezeichnung apl. Professor, Bergische Universität Wuppertal
#Vortrag #Klimawandel #Hitze #Gefährdungsbeurteilung #Schwitzeffizienz
4

Ziele

Diese Studie untersucht den Zusammenhang zwischen einer beruflichen Exposition gegenüber alveolengängigem kristallinem Quarzfeinstaub und der Mortalität an ausgewählten anderen Erkrankungen als Lungenkrebs in der Wismut Uranbergarbeiter-Kohortenstudie.

Methoden

Unsere Analyse umfasst 58.680 ehemalige männliche Beschäftigte aus dem Uranbergbau, die neben Strahlung in den frühen Betriebsjahren zum Teil sehr hohen Quarzfeinstaubkonzentrationen ausgesetzt waren. Untersucht wurde die Sterblichkeit an „Silikose oder anderen Pneumokoniosen“ und weiteren potenziell quarzfeinstaubbezogenen Todesursachen ausgenommen Lungenkrebs. Mittels interner Poisson-Regression wurde das Excess Relative Risk (ERR) pro kumulativer Quarzfeinstaubexposition in mg/m³-Jahren (Staubjahren) in einem linearen Modell (außer für Silikosen) geschätzt. Für berufliche Strahlenexposition wurde adjustiert.

Ergebnisse

Die Sterblichkeit an „Silikosen oder andere Pneumokoniosen“ (n=1.063) steigt mit steigender Quarzfeinstaubexposition deutlich beginnend bei 3 Staubjahren an und es ist eine statistisch signifikanten Risikoverdopplung bei 6 Staubjahren (ERR bei 6 Staubjahren = 1,08, 95%-Konfidenzintervall (KI) [0,06; 2,04]) zu beobachten. Bezüglich „Nicht-maligne Atemwegserkrankungen ohne ‚Silikose oder andere Pneumokoniosen‘“ (n=1.935) wurde ein statistisch signifikantes ERR von 0,12 pro 10 Staubjahre (95% KI [0,03; 0,21]) beobachtet, welches auf die Gruppe der COPD zurückzuführen war. Auffällige, wenn auch nicht statistisch signifikante ERR-Schätzer wurden für „Glomeruläre Nierenerkrankungen“ (6,37 95%-KI [-6,48; 19,22], n=40) und eine Untergruppe von idiopathischen Lungenfibrosen (0,74 95%-KI [-0,44; 1,92], n=67) beobachtet. Andere untersuchte Todesursachen („Alle Krebserkrankungen ohne Lungenkrebs“ oder „Krankheiten des Kreislaufsystems“) zeigten keinen Zusammenhang mit Quarzfeinstaubexposition.

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse bestätigen, dass Silikosen das bedeutendste Gesundheitsrisiko nach einer Quarzfeinstaubexposition darstellen und deuten darauf hin, dass es auch Zusammenhänge mit anderen Erkrankungen gibt.
Frau Tonia Ludwig
Bundesamt für Strahlenschutz, München (Neuherberg)
#Vortrag #Quarzfeinstaub, Silikose, andere Todesursachen als Lungenkrebs, Uranbergbau
5
Hintergrund: Beim Metall-Aktivgasschweißen (MAG) und Metall-Inertgasschweißen (MIG) von Stählen sind Schweißer gegenüber neurotoxischem Mangan und gegebenenfalls auch gegenüber kanzerogenen Gefahrstoffen (Chrom-VI-Verbindungen, Nickeloxid) exponiert. Die individuelle Exposition hängt dabei von verschiedenen Randbedingungen am Arbeitsplatz ab. In diesem Beitrag wird der Einfluss dieser Randbedingungen bei Werkstattversuchen und an realen Arbeitsplätzen quantifiziert und miteinander verglichen.
Methoden: In der InterWeld-Pilotstudie wurden 40 MAG/MIG-Schweißversuche unter standardisierten Bedingungen an einem Musterteil durchgeführt (Experiment). In den Feldstudien WELDOX I und II wurden 95 reale MAG/MIG-Schweißarbeitsplätze charakterisiert (Praxis). Die Exposition gegenüber alveolengängigem Schweißrauch (SrA) und Mangan in der alveolengängigen Fraktion (MnA) wurde über personengetragene Luftmessungen im Atembereich des Schweißers erhoben. Die Daten wurden mittels Bayes’scher Modelle analysiert, um die Effekte der Randbedingungen am Arbeitsplatz auf die Exposition zu ermitteln.
Ergebnisse: Eine lokale Erfassung des Schweißrauchs senkte die Exposition gegenüber SrA um 81% im Experiment und um 66% in der Praxis. Für MnA lag die Minderung bei 89% im Experiment und bei 73% in der Praxis. Das Schweißen dickerer Bleche (≥10mm vs. <10mm) erhöhte die Exposition gegenüber SrA um den Faktor 4,0 im Experiment und um 1,29 in der Praxis; für MnA wurden vergleichbare Ergebnisse beobachtet (Experiment 4,5; Praxis 1,3). Bei Verwendung von hochlegiertem Stahl wurden in Experiment und Praxis etwas niedrigere Expositionen gegenüber SrA und MnA beobachtet als bei Baustahl.
Schlussfolgerungen: Sowohl im Experiment als auch in der Praxis konnten Effekte der Schweißraucherfassung, der Blechdicke und des verwendeten Werkstoffs auf die Exposition von SrA und MnA festgestellt werden. Im Experiment waren die beobachteten Effekte jedoch stärker, da an realen Arbeitsplätzen zusätzliche Faktoren die Expositionshöhe beeinflussen können. Um diese Randbedingungen besser zu charakterisieren, müssen diese bei Messungen der Exposition systematisch und umfassend dokumentiert werden. Die Ergebnisse dieser und weiterer Auswertungen können Betriebe bei der Entwicklung geeigneter Interventionsmaßnahmen und der Umsetzung eines Schweißrauchminderungsplans unterstützen.
Frau Anne Lotz
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #Metall-Aktivgasschweißen #Metall-Intergasschweißen #Schweißrauchminderung
6

Einleitung

In einem Unternehmen zur Herstellung von Hundekauknochen entwickelte eine Beschäftigte Atemwegsbeschwerden bei der Verpackung der Produkte in der Herstellungshalle. Sensibilisierungen gegen häufige Umweltallergene lagen nicht vor. Bei der Begutachtung sollten mögliche berufsbezogene Ursachen für die Beschwerden aufgeklärt werden.

Methoden

Da für diesen Fall kein Arbeitsplatz-relevantes kommerzielles Testmaterial zur Verfügung stand, wurden Proben vom Arbeitsplatz beschafft und für die weitere allergologische Testung aufbereitet. Drei verschiedene Produkte von Hundekauknochen wurden zerkleinert und Extrakte für Prickhauttests und als Kopplungsmaterial für eine spezifische IgE (sIgE) Bestimmung im ImmunoCAP System hergestellt.
Im späteren Verlauf kamen für die in vitro Diagnostik Extrakte aus neun pulverförmigen Ausgangsstoffen der Hundekauknochen hinzu. Mit Proteinbestimmung, SDS-PAGE und Immunoblots mit Serum der Patientin wurden allergene Komponenten charakterisiert und identifiziert. Diese wurden aus einem Coomassie gefärbten Gel ausgeschnitten und mittels Massenfingerprint bekannten Sequenzen einer passenden Proteindatenbank zugeordnet.

Ergebnisse

Im Prickhauttest zeigte sich eine Sensibilisierung auf zwei der Hundekauknochenextrakte, die sich für einen Extrakt auch im sIgE-Test bestätigte (0,95 kUA/L, CAP-Klasse 2). Von den neun Ausgangsstoffen enthielten Gerstenmalz, Joghurtpulver, Hefe, Hühnerknochenmehl, Kartoffel- und Flohsamenschalenmehl ausreichende Proteinmengen für die Herstellung von IgE-Diagnostika. Lediglich der sIgE-Test auf Flohsamenschalen war positiv (62,7 kUA/L, CAP-Klasse 5). Der Test mit kommerziellen Flohsamenschalen (k72) lag deutlich niedriger (2,91 kUA/L, CAP-Klasse 2). Im Massenfingerprint der per Immunoblot identifizierten Allergenbanden des Flohsamenpräparates wurden zahlreiche Übereinstimmungen mit 11S-Globulinen gefunden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Es wurde eine Anerkennung einer Berufserkrankung (BK4301) empfohlen. Flohsamenschalen sind als Allergen vielfach dokumentiert, allerdings gelang erstmalig im vorliegenden Fall mit Exposition bei der Tiernahrungsherstellung die Identifizierung auslösender Komponenten auf molekularer Ebene.
Frau Dr. Ingrid Sander
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #Allergie #Immunoblot #Spezifisches IgE
Fr
04 Apr
14:15 - 15:45
Vorträge
COVID plus
Raum: Senatssaal (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 50)
Vorsitz: Monika Raulf und Alexandra Marita Preisser
Beiträge:
1
Die Dreimastbark „Alexander von Humboldt II (AvHII)“ erfüllt als 2011 erbautes ziviles Segelschul- und Ausbildungsschiff hohe gesetzlichen Standards im technischen, maritimen und auch schiffsärztlichen Bereich. Die COVID-19 (Pandemie hatte beträchtliche Auswirkungen auf den Betrieb den und Ausbildungsbetrieb der AvHII. Seit Anfang März 2020 wurde eine spezielle COVID-19 Risikobewertung (COV19RISK) mit speziellen Standards und Instrumente zur Einschätzung der Infektionsgefährdungssituation der Mannschaft und Trainees entwickelt und laufend an die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der CO19 Pandemie angepasst. Im Rahmen dieses Sicherheitskonzeptes wurde der Schiffsbetrieb ununterbrochen weitergeführt und hat nachweislich zu einer hohen Sicherheit an Bord geführt.
Methode/Maßnahmen: 1. Das Schiff wurde zum „als in sich geschlossener Bereich“ erklärt, in dem sich nur medizinisch überprüfte/befugte Personen innerhalb einer 14–tägigen „Reisequarantänezeit“ aufhalten durften. Landgänge waren unterbunden. 2. Die Anreise zum Schiff wurde aus Sicherheitsgründen nur im PKW/Kleinbus erlaubt. 3. Das Boarding aller Teilnehmer wurde einer maximalen Testung unterzogen. COV19RISK-Schritte: 1. Pre-Boarding 3 Tage vor Boarding: Standardbefragung (COV19 Fragebogen), klinische Einschätzung und vorläufige Törnerlaubnis durch den verantwortlichen Schiffsarzt (Doc), 2. Boarding: Frühmorgens erneute COV19-Validierung (Fragebogen/klinische Einschätzung), Körpertemperaturmessung und anschließende PCR-Testung im Einbahnstraßensystem vor Anbordgehen durch den Doc. Ein Boarding/Bordbetrieb wurde nur aktuell negativ getesteten Teilnehmern gestattet. 3. Bordbetrieb: Für 3 Tage bestand unter Deck Maskenpflicht mit besonderen Auflagen. Am 4.Tag wurden alle Teilnehmer mit einer Körpertemperaturmessung untersucht. Ergab sich daraus kein COV19 Verdacht wurden Maskenpflicht bzw. Beschränkungen an Bord vollständig aufgehoben. 4. Törnende: Lagen während der 14-tägigen Reise keine Hinweise auf ein COV19 Risiko vor, wurden alle Teilnehmer am vorletzten Tag mit Körpertemperaturmessung enduntersucht. Bei weiterhin negativen Befunden wurde das Schiff „COVID-19 frei“ erklärt und speziellen Anforderungen der Hafenbehörden Folge geleistet.
Ergebnisse: Auf Grund der COVID-19 Risikobewertung, den 14-tägigen Reisen und Transatlantikreisen im Quarantänemodus und einer ständigen Verfügbarkeit von Schiffsärzten konnte das Schiff sicher durch die Pandemiezeit geführt werden.
Herr Dr. Dr. Axel Hahn
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Berlin
Studium Elektrotechnik und Medizin, Facharzt Kinder/Jugendmedizin, Umweltmedizin, Humantoxikologe, Fachwissenschaftler Toxikologie und Umweltschutz, Promotionen Dr. med./ Dr. P.H., bis 2014 Leiter der Nationalen Erfassungsstelle der Dokumentations- und Bewertungsstelle für Vergiftungen im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Geschäftsführer der Nationalen Kommission zur Bewertung von Vergiftungen, nun im Status eines Senior Fellows im BfR und Gastwissenschaftler (Charité Berlin/Universitätsmedizin Leipzig)
#Vortrag #SARS-CoV-2-Pandemie #Krisenmanagement
2
Einleitung
COVID-19 ist eine Multiorganerkrankung und kann zu einem Post-COVID-Syndrom mit langanhaltenden gesundheitlichen Einschränkungen führen. Insbesondere Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialdienst waren während der Pandemie einem erhöhten Infektionsrisiko durch SARS-CoV-2 ausgesetzt. Wie sich die Situation bei frühzeitig in der Pandemie Erkrankten über die Zeit entwickelt hat und welchen Einfluss die Langzeitfolgen von COVID-19 auch auf die Lebensqualität haben, war Ziel einer Kohortenstudie.
Methoden
Versicherte der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) mit einer beruflich bedingten COVID-19-Infektion im Jahr 2020 wurden über drei Jahre befragt. Neben demografischen und berufsbezogenen Daten wurden Angaben zur akuten Erkrankung, zu persistierenden Symptomen sowie zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit erhoben. Zur Darstellung des Genesungsverlaufs wurden Kaplan-Meier-Kurven erstellt. In weiteren Analysen wurden Faktoren untersucht, die den Post-COVID Verlauf beeinflussen und Auswirkungen auf die psychischen und physischen Aspekte der gesundheitsbezogenen Lebensqualität haben.
Ergebnisse
An der Baseline-Erhebung nahmen 2053 Versicherte teil, an allen Befragungen insgesamt 834. Die Mehrheit der Befragten war weiblich, das Durchschnittsalter lag bei 50 Jahren und 60% übten eine Pflegetätigkeit aus. Der Anteil der persistierenden Symptome ist von 76 auf 68% im Jahr 2023 zurückgegangen. Am häufigsten wurden Müdigkeit/Erschöpfung, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme sowie Kurzatmigkeit berichtet. Die Arbeitsfähigkeit und der Gesundheitszustand wurden seit der Infektion als deutlich schlechter eingeschätzt als vor der COVID-19-Infektion. Einflussfaktoren für persistierende Symptome und die Lebensqualität waren weibliches Geschlecht, höheres Alter, Anzahl der Vorerkrankungen und schweren Akutsymptome. Im Vergleich zu anderen Berufen zeigte die ärztliche Tätigkeit einen protektiven Effekt.
Fazit
Der Anteil der Beschäftigten in Gesundheits- und Sozialberufen mit Langzeitfolgen von COVID-19 ist in unserer Studie hoch, auch wenn im Verlauf ein leichter Rückgang erkennbar ist. Die Betroffenen berichten weiterhin über Einschränkungen bei Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit sowie über Auswirkungen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität.

Frau Dr. Claudia Peters MPH
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
#Vortrag
3

Einleitung

Das „Post-COVID-Syndrom“ (PCS) häuft sich auch unter den Beschäftigten im Gesundheitswesen, bei denen durch eine Covid-19-Erkrankung eine BK 3101 anerkannt wurde. Über Zusammenhänge zwischen PCS und dem Immunstatus liegen bislang nur wenige Erkenntnisse vor. Im Rahmen einer Längsschnittstudie wurde Serum von 71 Beschäftigen aus dem Gesundheitswesen nach einer COVID-19 Erkrankung hinsichtlich verschiedener Immunparameter untersucht (U1). Für 45 aus dieser Gruppe erfolgten zwei Nachuntersuchungen nach sechs (U2) und 12 Monaten (U3).

Methoden

Anhand eines Fragebogens erfolgte bei den Teilnehmenden ein Symptomcheck. Im Serum wurden u.a. Serum Amyloid A (SAA), C-reaktives Protein (CRP) sowie 13 neuroinflammatorische Marker (=NIF) mittels Multiplexverfahren bestimmt. Als Kontrollen dienten Seren von COVID-19- Genesenen ohne anhaltende Beschwerden (n = 52) und von Personen, die nie mit SARS-CoV-2 Kontakt hatten (n= 34).

Ergebnisse

Die SAA-Konzentration im Serum der PCS-Probanden lag signifikant höher als in den beiden Kontrollgruppen, waren aber klinisch unauffällig. Der Median der SAA-Konzentration wurde als Marker genutzt, um die PCS-Seren in eine „SAA low“ und eine „SAA high“ Gruppe einzuteilen. Probanden der „SAA high“ Gruppe hatten einen signifikant höheren BMI, mehr Neutrophile im Blut, höhere CRP-Werte, nannten mehr Symptome und unterschieden sich im Zytokinspektrum von der „SAA low“ Gruppe. Im Längsschnitt manifestierten sich in beiden Gruppen signifikante Veränderungen der untersuchten Parameter. Die Anzahl der genannten Symptome nahm insgesamt ab, vor allem in der “SAAlow“-Gruppe. Für alle NIF-Marker fanden sich ebenfalls signifikante Änderungen von U1 bis U3. Für die Zytokine MCP-1 und TGFβ ließ sich nicht nur eine Veränderung im Längsschnitt und ein signifikanter Unterschied zu den Kontrollen, sondern auch zwischen der SAAlow und SAAhigh Gruppe nachweisen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Konzentration von Immunmarkern im Blut von Beschäftigen aus dem Gesundheitswesen mit einer PCS signifikant von Kontrollprobanden unterscheidet. Aber auch innerhalb der Erkrankten lassen sich anhand serologischer Parameter wie SAA, möglicherweise relevante Untergruppen differenzieren.
Frau Dr.rer.nat. Verena Liebers
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #post-covid #biomarker #Immunsystem #SARS-Co-V-2
4
Im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie zeigte sich, welch hohe Relevanz luftübertragene Infektionen im alltäglichen, aber auch im arbeitsmedizinischen Kontext haben. In einer vorangehenden Studie konnten wir zeigen, dass die Aerosolemission beim Blasinstrumentalspiel nicht vom Instrument, sondern von individuellen, physiologischen Faktoren abhängt (https://doi.org/10.1038/s41598-022-12529-2). Extrakorporale Bestandteile trugen folglich nicht zur Aerosolgenerierung und damit zum Infektionsgeschehen bei, was durch die bereits bestehende Bronchiole Fluid Film Burst Theorie gestützt wird.

Um die Entstehung der menschlichen Aerosolpartikel in Abhängigkeit physiologischer Parameter besser zu verstehen, führten wir von November 2022 bis Juli 2023 eine Studie zur Quantifizierung der humanen Aerosolemission durch. Hierbei untersuchten wir an 30 gesunden Proband:innen die Aerosolausscheidung in Abhängigkeit von Atemvolumen und Inspirationszeit. Das für Forschungszwecke zugelassene Messinstrument PExA (Particles of Exhaled Air) detektierte die Gesamtzahl an ausgeatmeten Partikeln pro Atemzug.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine Zunahme des Atemvolumens zu einer signifikanten, exponentiellen Zunahme der Aerosolausscheidung führt, was besonders ab Volumina > 1 Liter gilt. Bereits ab einem Atemvolumen von 3-4 Liter werden maximale Aerosolausscheidungen um 105 Partikel erreicht, die sich auch bei weiterer Zunahme des Atemvolumens nicht mehr steigern. Neben dem Atemvolumen als Hauptfaktor zeigte sich die Inspirationszeit als signifikanter Faktor für die Entstehung von Aerosolpartikeln: eine Verkürzung der Inspirationszeit steigerte die Partikelemission besonders bei höheren Volumina ab 2 Liter. Relevante Unterschiede in der Aerosolausscheidung bezüglich Geschlecht, Körpergröße, Körpergewicht und Lungenfunktionswerten einschließlich Alveolarvolumen konnten nicht gefunden werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass Aktivitäten mit hohem Atemminutenvolumen zu hoher Partikelemission beim Menschen führen und unterstützen die Theorie des Bronchiole Fluid Film Bursts. Anhand der Ergebnisse kann zukünftig mittels atemphysiologischer Parameter eine geschätzte Partikelemission ermittelt werden. Tätigkeiten mit hoher physischer Belastung, wie schwere körperliche Arbeit, oder mit hoher Atemaktivität (Singen, Blasinstrumentalspiel) haben einen besonderen Bedarf an Schutzmaßnahmen zur Verminderung aerogener Infektionen.

Herr Dr. med. Carl Firle
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin
#Vortrag #humane Aerosole #Atemphysiologie #aerogene Übertragung #humane Partikel #Infektionsschutz
5
Einleitung
Im Rahmen der Coronapandemie wurde das Tragen von Atemschutzmasken von der Bundesregierung zunächst als präventive Maßnahme empfohlen und im Verlauf für alle Personen ab sechs Jahren verpflichtend. Bis heute sind gesundheitliche Effekte des Maskentragens auf Kinder und Jugendliche nicht systematisch untersucht und Daten von Studien an Erwachsenen sind aufgrund der unterschiedlichen Physiologie nicht auf Kinder und Jugendliche übertragbar. Ziel der Studie war es, physiologische und subjektive Effekte des Maskentragens durch Messungen während typischer Unterrichtsaktivitäten zu untersuchen.

Material und Methoden
Insgesamt wurden 41 gesunde Schülerinnen und Schüler (9-14 Jahre) über jeweils zwei Schulstunden (90 min.) ohne Maske, mit Mund-Nasen-Schutz (MNS) und FFP2-Maske (FFP2) in randomisierter Reihenfolge untersucht. Physiologische Parameter wie Herz- und Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung (sO2) und die transkutane Kohlendioxidmenge (tCO2) wurden kontinuierlich aufgezeichnet. Zusätzlich wurde die subjektive Anstrengung mittels modifizierter BORG-Skala erfasst. Darüber hinaus wurde die Körperkerntemperatur, die Luftfeuchtigkeit und Temperatur sowie der pCO2-Wert unter der unter der Maske aufgezeichnet.

Ergebnisse
Klinisch fanden sich keine Auffälligkeiten, jedoch zeigte sich eine geringe pCO2-Erhöhung unter beiden Maskentypen ohne Anstieg des tCO2 und Abfall des sO2 im Blut. Die subjektive Anstrengung sowie die Temperatur und Luftfeuchtigkeit unter den Masken stiegen statistisch signifikant an, ohne jedoch die Körperkerntemperatur zu beeinflussen.

Diskusssion
Nach den Ergebnissen dieser Studie stellt dass Tragen einer Atemschutzmaske während des Schulunterrichts kein Risiko für Kinder und Jugendliche dar. Die Auswirkungen des Maskentragens aufgrund der erhöhten Temperatur und Luftfeuchtigkeit unter der Maske waren moderat (MNS < FFP2) und lagen unterhalb der klinischen oder physiologischen Schwellenwerte.
Herr Eike Maximilian Marek
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #Atemschutzmasken #Kinder und Jugendliche #Schulunterrichts
6
Während der Zeit der Maskenpflicht in den Schulen klagten viele Schülerinnen und Schüler über Atembeschwerden und Unbehagen beim Tragen der Masken. Da der Einfluss von Masken auf Kinder und Jugendliche noch nicht systematisch untersucht wurde und Daten von Erwachsenen (z.B. IPA-Maskenstudie) nicht ohne weiteres übertragbar sind, wurden die subjektiven Beschwerden von Schülerinnen und Schülern beim Tragen von Masken im realen Unterricht überprüft.

Einundvierzig Teilnehmende im Alter zwischen 9 und 14 Jahren (Median 11 Jahre; 61% Mädchen) nahmen am normalen Schulunterricht über 90 Minuten jeweils mit OP-, FFP2-Maske sowie ohne Maske (in zufälliger Reihenfolge) teil. Mit den bereits in der IPA-Maskenstudie mit Erwachsenen validierten Fragebögen wurden vor, während und nach der Tragezeit subjektive Beeinträchtigungen wie erschwerte Atmung, Hitze und Feuchtigkeit unter der Maske, aber auch allgemeine Symptome wie Kopfschmerzen erfasst.

Die Summenwerte der subjektiven Belastungen waren mit der OP- und FFP2-Maske ähnlich höher als ohne Maske und stiegen nahezu parallel mit zunehmender Tragedauer leicht an. Dabei waren die Unterschiede zwischen der Masken- und Nicht-Maskensituation bereits direkt nach dem Aufsetzen der Maske statistisch signifikant. Im Vergleich zu den Ergebnissen der Erwachsenen-Maskenstudie gaben Kinder beim 90-minütigen Maskentragen signifikant höhere Summenwerte, aber geringere Unterschiede zwischen OP- und FFP2-Maske an. Bei den einzelnen Items standen die subjektive Beeinträchtigung der Atmung sowie das Gefühl von Hitze und Feuchtigkeit, aber auch Müdigkeit im Vordergrund. Allgemeine Symptome wurden nach dem 90-minütigen Unterricht kaum angegeben, der höchste Mittelwert von 0,24 (max. möglich: 4,0) lag beim Item Kopfschmerzen mit OP-Maske vor.

Schülerinnen und Schüler fühlten sich durch das Tragen einer Maske im Unterricht subjektiv in der Atmung behindert und empfanden ein unangenehmes Gefühl von Hitze und Feuchtigkeit, aber auch Müdigkeit. Die subjektive Beeinträchtigung durch das Tragen der Maske verstärkte sich mit zunehmender Tragedauer leicht.

Frau Dr. Vera van Kampen
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
#Vortrag #Kinder #Jugendliche #Masken #Subjektive Beeinträchtigungen
Fr
04 Apr
16:00 - 16:30
DGAUM Abschied
Abschlussveranstaltung der 65. Jahrestagung der DGAUM
  • Prämierung der besten Poster
  • Prämierung der besten Vorträge
  • Prämierung der besten Beiträge des Nachwuchssymposiums
  • Kongressverabschiedung
Raum: Seminarraum K8 (Standort: Gebäude K, Anzahl der Sitzplätze: 60)
Vorsitz: Jessica Lang
Sa
05 Apr
09:00 - 12:00
DGAUM-Akademie
Online-Seminar: Gefahrstoffe und Biomonitoring (CME-Punkte)
Leitung: Dr. rer. nat. Dr. med. Bernd Herber
Seminarbeschreibung
Sa
05 Apr
09:00 - 12:00
DGAUM-Akademie
Online-Seminar: Künstliche Intelligenz und Arbeit (CME-Punkte)
Leitung: Prof. Dr. med. Susanne Völter-Mahlknecht
Seminarbeschreibung
Sa
05 Apr
09:00 - 12:00
DGAUM-Akademie
Online-Seminar: Herausforderungen an Arbeitsmediziner – Durchführung einer gemeinsamen Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (CME-Punkte)
Leitung: Dr. med. Rumen Alexandrov
Seminarbeschreibung
Sa
05 Apr
09:15 - 12:00
DGAUM-Akademie
Online-Seminar: Zur Rolle der Arbeitsmedizin in der Früherkennung von Lungenkrebs (CME-Punkte)
Leitung: Prof. Dr. med. Volker Harth, MPH
Seminarbeschreibung
Sa
05 Apr
12:00 - 13:00
Mittagspause
Mittagspause
Sa
05 Apr
13:00 - 16:00
DGAUM-Akademie
Online-Seminar: Innovationen und Risiken in der Berufsdermatologie (CME-Punkte)
Leitung: Prof. Dr. med. Susanne Völter-Mahlknecht
Seminarbeschreibung
Sa
05 Apr
13:00 - 16:00
DGAUM-Akademie
Online-Seminar: Arbeitszeit gesund und sicher gestalten – Neue Arbeitszeitmodelle anhand von Best-Practice-Beispielen (CME-Punkte)
Leitung: Prof. Dr. med. Volker Harth, MPH
Seminarbeschreibung
Sa
05 Apr
13:00 - 16:00
DGAUM-Akademie
Kostenloses Webinar: Prävention und Therapie des Bluthochdrucks
Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Deutschen Hochdruckliga e.V.
Die Teilnahme ist kostenlos. ► Hier klicken um online teilzunehmen (Link noch nicht aktiviert)
Leitung: Prof. Dr. med. Markus van der Giet
Programm
Programmänderungen vorbehalten.