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Mi
13 Mär
13:00 - 14:00
Mittagspause
Raum: Foyer (Standort: Foyer)
Do
14 Mär
12:30 - 13:30
Mittagspause
Raum: Foyer (Standort: Foyer)
Fr
15 Mär
12:30 - 13:30
Mittagspause
Raum: Foyer (Standort: Foyer)
Mi
13 Mär
11:30 - 13:00
DGAUM Eröffnung
Eröffnungsveranstaltung der 64. Jahrestagung der DGAUM
  1. Begrüßung (Prof. Thomas Kraus, Präsident DGAUM)
  2. Grußworte
  • Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales und Schirmherr der DGAUM2024
  • Prof. Dr. med. Markus M. Lerch, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des LMU Klinikums
  1. Preisverleihungen
  • Franz-Koelsch-Medaille
  • Rutenfranz-Medaille
  • Innovationspreis
  • ASU-Best-Paper-Award
  1. Fachvortrag zum Themenschwerpunkt "Global Occupational Health & Wellbeing" (Ana Catalina Ramirez, Occupational Safety and Health Technical Specialist, International Labour Organisation (ILO), Genf)
  2. Schlusswort & Bewegungsprogramm (Prof. Simone Schmitz-Spanke, Tagungsleitung und Prof. Pavel Dietz, Mainz)
Raum: Hörsaal/Onlineraum 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Mi
13 Mär
10:30 - 11:15
DGAUM Presse
Pressekonferenz der DGAUM
Raum: Seminarraum 17 / Onlineraum 1 (Standort: ZeUS)
Sa
16 Mär
13:00 - 16:00
Online-Seminar
Hautschutz zwischen Wissenschaft und Praxis – neue Perspektiven
Anmelde- und kostenpflichtige Fortbildungsveranstaltung der DGAUM-Akademie
Leitung: Prof. Dr. med. Susanne Völter-Mahlknecht
Die Teilnahme wird mit 3 CME-Punkten zertifiziert.
Seminarbeschreibung: https://access.online-registry.net/dgaum2024/temp/fileupload/17061698416552.pdf
Raum: Onlineraum 1 (Standort: Online)
Sa
16 Mär
09:00 - 12:00
Online-Seminar
Sucht und Arbeit
Anmelde- und kostenpflichtige Fortbildungsveranstaltung der DGAUM-Akademie
Leitung: Dr. med. Kristin Hupfer
Die Teilnahme wird mit 3 CME-Punkten zertifiziert.
Seminarbeschreibung: https://access.online-registry.net/dgaum2024/temp/fileupload/170600010115632.pdf
Raum: Onlineraum 3 (Standort: Online)
Sa
16 Mär
09:00 - 12:00
Online-Seminar
Diabetes – Arbeit – Fahren
Anmelde- und kostenpflichtige Fortbildungsveranstaltung der DGAUM-Akademie
Leitung: Dr. med. Kurt Rinnert
Die Teilnahme wird mit 3 CME-Punkten zertifiziert.
Seminarbeschreibung: https://access.online-registry.net/dgaum2024/temp/fileupload/169831981378903.pdf
Raum: Onlineraum 2 (Standort: Online)
Sa
16 Mär
09:00 - 12:00
Online-Seminar
Gefahrstoffe und Biomonitoring
Anmelde- und kostenpflichtige Fortbildungsveranstaltung der DGAUM-Akademie
Leitung: Dr. rer. nat. Dr. med. Bernd Herber
Die Teilnahme wird mit 3 CME-Punkten zertifiziert.
Seminarbeschreibung: https://access.online-registry.net/dgaum2024/temp/fileupload/169832085071379.pdf
Raum: Onlineraum 1 (Standort: Online)
Sa
16 Mär
13:00 - 16:00
Online-Seminar
Grenzsituationen in der arbeitsmedizinischen Praxis
Anmelde- und kostenpflichtige Fortbildungsveranstaltung der DGAUM-Akademie
Leitung: Dr. rer. nat. Dr. med. Bernd Herber
Die Teilnahme wird mit 3 CME-Punkten zertifiziert.
Seminarbeschreibung: https://access.online-registry.net/dgaum2024/temp/fileupload/169832110538771.pdf
Raum: Onlineraum 2 (Standort: Online)
Sa
16 Mär
13:00 - 16:00
Online-Seminar
Klinische Untersuchungen der Lunge und Atemwege in der Arbeits- und Betriebsmedizin
Anmelde- und kostenpflichtige Fortbildungsveranstaltung der DGAUM-Akademie
Leitung: Dr. med. Nicola Kotschy-Lang und Prof. Dr. med. Alexandra M. Preisser
Die Teilnahme wird mit 3 CME-Punkten zertifiziert.
Seminarbeschreibung: https://access.online-registry.net/dgaum2024/temp/fileupload/169996137376822.pdf
Raum: Onlineraum 3 (Standort: Online)
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Psychische Belastung und Beanspruchung im Gesundheitswesen
Beiträge:
1
Einleitung: Der tierärztliche Beruf umfasst hohe physische und psychische Belastungen, die je nach Haupttätigkeitsfeld verschieden ausgeprägt sein können und intrapersonell unterschiedlich wahrgenommen werden. Je nach Kompensation dieser Belastungssituationen ist die Entstehung von körperlichen, psychischen und/oder sozial-kommunikativen Symptomen möglich. Das Ziel der Studie war es, den Status Quo deutscher Tierärzte hinsichtlich individueller arbeitsbezogener Verhaltensmuster und gesundheitlichen Beschwerder deskriptiv darzustellen.
Methoden: Im Rahmen dieser Untersuchungen wurden 1.097 Tierärzt:innen (66,4 % weiblich) befragt. Das durchschnittliche Alter lag bei 41,9 ± 10,18 Jahren (23 – 79 Jahre). Angewandte Fragebogen waren Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM, n = 999) und Fragebogen für körperliche, psychische und soziale Symptome (KÖPS, n = 1.097).
Ergebnisse: Die Staninewerte von 10 der 11 AVEM-Dimensionen lagen im Referenzbereich. Nur bei der Dimension „Offensive Problembewältigung“ war der Wert unterhalb des Referenzbereiches (3,85 ± 1,87). 44 % der Tierärzt:innen boten den Stanine-Wert unter 4. Die Verausgabungsbereitschaft war bei 44,1 % der Tierärzt:innen oberhalb des Referenzbereiches ausgeprägt. Die Mehrheit der Tierärzt:innen verfügte über gesundheitsgefährdende AVEM-Muster: 184 (25,4 %) Muster A und 292 (40,3 %) Muster B. Die gesundheitsförderlichen AVEM-Muster waren mit 97 (13,4 %) Muster G und 151 (20,9 %) Muster S vertreten. Die Verteilung der Geschlechter in den AVEM Gruppen war vergleichbar (p = 0,136). Bei 42,2 % der Tierärzt:innen fand sich eine Ausprägung von körperlichen Beeinträchtigungen, bei 51,8 % von psychischen Beeinträchtigungen und bei 35,9 % von Beeinträchtigungen im sozial-kommunikativen Bereich über dem Stanine-Wert von 6. Alle Mittelwerte der KÖPS-Kategorien lagen am oberen Referenzbereich.

Schlussfolgerungen: Die detaillierte Erfassung körperlicher, psychischer und sozialer Symptome und arbeitsbezogener Verhaltens- und Erlebensmuster ergab einen hohen Anteil von gesundheitsgefährdenden AVEM-Mustern A und B sowie psychischen Beeinträchtigungen im KÖPS, gefolgt von körperlichen Beeinträchtigungen. Die AVEM-Risiko-Muster A und B stehen in Verbindung mit eingeschränkter Gesundheit. Es bedarf unterstützender betrieblicher präventiver und gesundheitsförderlicher Maßnahmen, um eine langfristige Gesunderhaltung der Tierärzt:innen zu ermöglichen.

*gefördert durch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (Förderung Nr. 1544)
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
2
Einleitung: Digitalisierungsprozesse in deutschen Kliniken schreiten kontinuierlich voran. Dies führt zur Einführung neuer digitaler Technologien, wie z.B. der elektronischen Patientenakte (EPA) oder anderer Technologien, die für die medizinische Dokumentation eingesetzt werden. Auch wenn die Ablösung der Papierdokumentation durch eine digitalisierte Dokumentation im Allgemeinen viele Vorteile verspricht, kann die tägliche Nutzung der Technologien auch zu einem negativen Beanspruchungserleben beim medizinischen Personal beitragen. Die Studie zielt daher darauf ab, bestehende digitalisierungsassoziierte Belastungsfaktoren und Ressourcen bei medizinischem Krankenhauspersonal zu identifizieren, digitales Stresserleben (Technostress) zu erfassen sowie Zusammenhänge zu verschiedenen arbeits- und gesundheitsbezogenen Outcomes zu untersuchen.

Methodik: Es wurde eine quantitative Pilotstudie in Form einer Online-Fragebogenerhebung unter deutschen Klinikärzt:innen der Neurochirurgie und der Gefäßchirurgie durchgeführt. Die Studie wurde zwischen Juni und Oktober 2022 umgesetzt. Der Fragebogen beinhaltete u.a. die deutsche Version der Technostress-Skala von Ragu-Nathan et al. (2008), Skalen des Technologieakzeptanzmodells (TAM) sowie des Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ). Es wurden deskriptive Auswertungen sowie lineare Regressions- und Moderationsanalysen durchgeführt.

Ergebnisse: Die Studie ergab eine mittlere Ausprägung von Technostresserleben (M = 2,85, SD = 0,65) bei den teilnehmenden Ärzt:innen (n = 114). Die Doppeldokumentation wurde am häufigsten als Belastungsfaktor identifiziert, gefolgt von technischen Systemfehlern. Technostress reduzierende Faktoren (z.B. Schulungsmaßnahmen) wurden mit M = 2,51 (SD = 0,85) bewertet. Es zeigten sich zudem signifikante Zusammenhänge zwischen subjektivem Technostresserleben und den einbezogenen arbeits- und gesundheitsbezogenen Outcomes.

Schlussfolgerung:
Trotz der Prävalenz von Technostress und der geringen Ressourcenausstattung der befragten Ärzt:innen ist das Problembewusstsein für digitales Stresserleben gering und Präventionsmaßnahmen sind in den Kliniken noch nicht flächendeckend umgesetzt. Dies weist auf eine Bedarfslücke und die Notwendigkeit der strategischen und qualitätsgeleiteten Umsetzung von Maßnahmen zur effektiven Prävention von digitalem Stress hin.
Frau Stefanie Mache
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE); Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Hamburg
3
Background
Working conditions in the age of digitalization bear risks for chronic stress experience and development of burnout. However, real-world investigations into biological effects of technostress, that is stress related to the use of information and communication technologies, are scarce. This study prospectively assessed associations between technostress, general work stress, burnout symptoms, hypothalamic-pituitary-adrenocortical (HPA) axis activity, and chronic low-grade inflammation.
​​​​Methods
Hospital employees (N=238, 182 females, Mage=28.5 years) participated in a prospective cohort study with two follow-ups six months apart (T2, T3). Participants answered standardized questionnaires on general work stress based on Karasek's job stress model (job demand-control ratio), technostressors (work interruptions, multitasking, information overload), burnout symptoms (exhaustion, mental distance), and relevant confounders (sociodemographic, health- and employment-related characteristics, and further). Moreover, they provided hair strands for analysis of hair cortisol concentration (HCC) and capillary blood samples for analysis of C-reactive protein (CRP). After imputation of missing data, confirmatory factor analysis and path analysis models were performed.
Results
Factorial structure of survey measures was confirmed. Burnout symptoms (MT2=2.17, MT3=2.33) and HCC (MT2=4.79, MT3=9.56; pg/mg) significantly increased over time, CRP did not (MT2=1.15, MT3=1.21; mg/L). Adjusted path models showed that technostress was negatively associated with HCC (β=-0.16, p=.003), but not with burnout or CRP. General work stress in contrast, was not significantly associated with burnout, HCC or CRP. Furthermore, there were reciprocal effects of CRP on HCC (β=0.28, p=.001) and of HCC on CRP (β=-0.10, p≤.001). Associations were robust in additional analyses including further confounders.
Conclusion
This is the first study on prospective effects of technostress on employees’ endocrine and inflammatory systems. Results suggest differential effects of technostress on the HPA axis activity. Given that chronic alterations of the HPA axis play a key role in a broad range of medical and psychiatric conditions, the findings have important implications for occupational health and safety in digitalized work environments.
Frau Helena Kaltenegger
Frau Helena Kaltenegger
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, LMU München, München
4
Einleitung: Der ärztliche Beruf ist besonders psychisch belastend. In der Onkologie stellen u. a. der häufigere Umgang mit todbringenden Erkrankungen, Entscheidungen einer Therapiebegrenzung und der Tod langjährig betreuter Patienten typische mental belastende Sitationen dar. Sowohl die stattgehabte SARS-CoV-2-Pandemie als auch die militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine weisen u. a. auf zusätzliche emotionale und moralische Konflikte hin. Das Ziel dieser Pilotstudie ist es, die psychische Gesundheit von Onkolog:innen in der Ukraine während zweier lebensbeeinflussender Krisen zu untersuchen.
Methoden: Im Rahmen dieser Pilotstudie wurden 24 Onkolog:innen (11 Männer (45,8 %) und 13 Frauen (54,2 %)) befragt. Das durchschnittliche Alter lag bei 41,4 ± 12,61 Jahren (36 – 72 Jahre). Im mittlere Beraufserfahrung lag bei 16,7 ± 12,02 Jahren. Um Beanspruchungsfolgen des Gesundheitszustandes zu ermitteln, wurde der General Health Questionnaire (GHQ 12) nach Goldberg 1978 eingesetzt und die Ergebnisse zwischen beiden Geschlechtern verglichen. Eine beeinträchtigte psychische Gesundheit wurde bei einem Summenscore von ≥ 5,0 Punkten definiert. Es erfolgte eine Korrelationsanalyse zwischen Alter und Berufsjahren gegenüber dem GHQ-Summenscore.
Ergebnisse: Der GHQ-12-Summenscore der Gesamtstichprobe lag im Referenzbereich (1,50 ± 1,87 Punkte, Spannweite 0-6 Punkte). Nur drei Onkologen (27,3 % der Männer) boten eine beeinträchtigte psychische Gesundheit. Insgesamt fanden sich nur tendenzielle Unterschiede in der Verteilung der GHQ-Gruppen (Summenscore < 5 und ≥ 5,0 Punkte) in beiden Geschlechtergruppen (pFisher = 0,082). Die Mittelwertunterschiede von Alter, Berufsjahren und GHQ-Summenscore waren in beiden Geschlechtergruppen vergleichbar (pMann-Whitney ≥ 0,05). Die soziodemografischen Größen korrelierten nicht mit dem GHQ-Summenscore.
Schlussfolgerung: Da nur 12,5 % der Gesamtstichprobe eine beeinträchtigte psychische Gesundheit aufwiesen, lässt sich vermuten, dass mit dem GHQ-12 die kurzfristige Änderungen der psychischen Gesundheit im Zusammenhang mit der momentanen Krisensituation (z. B. hohe Corona-Fallzahlen, starker militärischer Beschuss, bestehender Fachkräftemangel durch Flucht anderer) noch nicht erfasst werden konnten. Es ist eine weitere Befragung dieser Stichprobe geplant, um die psychische Gesundheit in zeitlicher Dynamik zu analysieren. Präventive gesundheitsfördernde Maßnahmen können u.a. hilfreich sein, um den aktuellen guten psychischen Gesundheitszustand bei weiter anhaltenden Krisensituationen aufrechtzuerhalten.
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
5

Einleitung

Rettungsdienstpersonal und Notärzt*innen arbeiten in einem anspruchsvollen Umfeld, das durch die Notwendigkeit schneller Entscheidungen, hoher Verantwortung und Krisenbewältigung hohen Stress verursachen kann. Die Unterstützung aller Komponenten der Gesundheit, persönliche Ressourcen und rechtzeitige Anpassungen des Arbeitsumfeldes können jedoch dazu beitragen, die negativen Auswirkungen von Stressoren zu reduzieren. Zu diesem Zweck wurde eine vergleichende Studie der Arbeitsbedingungen und der Beanspruchung von Rettungsdienstpersonal und Notärzt:innen in der Ukraine in den Jahren 2018, 2021 (SARS-CoV-2-Pandemie) und 2023 (Militärkrise) durchgeführt.

Methoden

Insgesamt nahmen 271 Mitarbeitende des ukrainischen Rettungsdienstes freiwillig an der anonymen Befragung teil (Durchschnittsalter von 35,6±0,81 Jahren). Das Ungleichgewicht zwischen Arbeitsaufwand und Belohnung wurde mithilfe des 17-Item Effort-Reward-Imbalance-Fragebogens (ERI) ermittelt (Siegrist 1996). Es wurden die Subskalen Anerkennung/Wertschätzung, Status und Arbeitsplatzsicherheit berücksichtigt. Eine ERI Ratio von > 1 weist auf ein Ungleichgewicht zugunsten des Aufwands hin.

Ergebnisse

Die Zahl der Mitarbeitenden mit hohem ERI Risiko > 1 reduzierte sich im Vergleich zu 2018 um 89,17 % im Pandemiezeitraum und um das 9,6-fache im Jahr 2023 (p < 0,05). Trotz eines leichten Rückgangs im Jahr 2021 stieg die Subskala Belohnung bis 2023 um 34,47 % (p < 0,05). Die Subskalen zeigen, dass der subjektiv bewertete Aufwand entsprechend gesunken ist, wobei die Notärzt*innen im Jahr 2021 27,92 % und im Jahr 2023 47,81% weniger Aufwand zeigten als im Basisjahr (p < 0,05). Die Subskala Arbeitsplatzsicherheit erhöhte sich in den Jahren 2021 und 2023 (um 38,8 % bzw. 43,82 %, p < 0,05). Die Subskala Wertschätzung/Anerkennung verringerte sich im Jahr 2021 um 30,15 %, aber nahm im Jahr 2023, im Vergleich zu 2018, wieder um 25,85 % zu (p < 0,05).

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse der Studie zeigten eine signifikante Verringerung der Zahl der Arbeitnehmer mit hohem ERI-Risiko. Dies wurde durch die Tatsache gestützt, dass die Gesundheitsfachkräfte eine positive Veränderung bei der Entlohnung für ihre Arbeit erlebten oder durch ein besseres Gefühl der Arbeitsplatzsicherheit beeinflusst wurden. Es ist erkennbar, dass sich, selbst in Extremsituationen, mit einer angemessenen sozialen und rechtzeitig durchgeführten Unterstützung, die subjektiv empfundene Beanspruchung reduzieren lässt

Referenzen

Siegrist J (1996) Adverse health effects of higheffort/low-reward conditions. J Occup Health Psychol 1(1):27–41. https://doi.org/10.1037// 1076-8998.1.1.27
Frau Elina Sushchenko
Lehrstuhl für Hygiene und Ökologie No. 2, Charkower Nationale Medizinische Universität, Charkiw
6
Einleitung: Die stattgehabte SARS-CoV-2-Pandemie verursachte enorme Herausforderungen für das Gesundheitspersonal, insbesondere für die Frontline Workers des Rettungsdienstes (RD) oder auch den Leitstellendisponenten (LS). Die Schaffung einer Balance zwischen allgemeinen und arbeitsbedingten Belastungsempfinden und der Erholung der Einsatzkräfte, sind ein wesentlicher Faktor für psychische und physische Gesundheit. Das Ziel dieser Arbeit war es, das Belastungsempfinden und den Erholungszustand von Rettungsdienstpersonal und Leitstellendisponenten zu erfassen.
Methoden: Die Gesamtstichprobe umfasste 1.245 Datensätze, davon 805 von RD und 440 von LS. Die Online-Befragung erfolgte zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie, während der ersten Welle 2020. Erhoben wurde die Kurzform EBF-24/A (Testform S2) des Erholungs-Belastungsfragebogen (EBF) nach Kallus. Es erfolgte eine professionsdifferente Betrachtung der EBF-Variablen und einen Test für Zwischensubjekte (Korrigiertes Modell) unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht.
Ergebnisse: Es fanden sich signifikante Unterschiede in der Besetzung der Geschlechtergruppen in beiden untersuchten Gruppen (p < 0,001) (RD 80,9 % Männer; LS 92.3 % Männer). Die Leitstellendisponenten (MW 42,43 ± 8,75 Jahre ) waren signifikant älter als die RD-Mitarbeiter (36,0 ± 10,48) (p < 0,001). Bei den Beanspruchungssubskalen fanden sich signifikante Unterschiede: „Allgemeine Belastung, Niedergeschlagenheit“ (p = 0,031), „Übermüdung/Zeitdruck“ (0,023) und „Energielosigkeit, Unkonzentriertheit“ (p = 0,003). Hierbei boten der RD die höheren Beanspruchungen als die LS. Für die Subskalen der Erholung lag ein signifikanter Unterschied nur für das EBF-Subskala „Erfolg, Leistungsfähigkeit“ (p < 0,001), wobei der RD hier die schlechteren MW aufzeigte. Für die Hauptskalen Beanspruchung und Erholung (p < 0,001), ergaben das Alter und Geschlecht nur geringere Effekte (η² = 0,014).
Schlussfolgerungen/Diskussion: Zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie waren die Frontline Worker des RD mehr beansprucht und weniger erholt als die Kolleg:innen in den Leitstellen. Vermutet wird hier die Belastungssituation während der ersten Welle beim möglichen direkten Kontakt mit einem unbekannten Virus, Ängste vor Ansteckung bei zeitgleichen Mangel an Schutzausrüstung, z. B. FFP2/FFP3-Masken, die Rechtfertigungen diese Schutzausrüstung bei bestimmten Symptomen getragen zu haben.
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Berufliche Belastung
Beiträge:
1
Mit dem neuen Trend zur veganen und glutenfreien Ernährung vermehren sich nach und nach auch die Berufskrankheiten in der betreffenden Lebensmittelindustrie, Bäckerhandwerk oder in Restaurantküchen.
Buchweizen (Fagopyrum esculentum) wird statt Weizen beim Backen allgemein und zur Herstellung von Blinis, Pasta, Noodles oder Müsli benutzt. Psyllium (Plantago ovata) wird als Hilfsmittel in glutenfreiem Backen zur Verbesserung der Teigviskosität benutzt. Lupine (Lupinus albus, Lupinus angustifolius) verbessert den Nährwert in Backwaren oder zum Beispiel in Speiseeis als pflanzliche Proteinquelle. Quinoa (Chenopodium quinoa) wird statt Getreide oder Reis beim Kochen genommen.
Es werden nach unserer Erfahrung vermehrt berufsbedingt Rhinitis, Asthma und Dermatitis, aber auch Anaphylaxie bei den exponierten Beschäftigen beobachtet. Bei entsprechenden Symptomen sollte gleich im Anfangsstadium richtige und ausreichende Diagnostik eingeleitet werden, und insbesondere nach einer Sensibilisierung gesucht werden. Nicht selten würde eine solche Erkrankung zu einem Arbeitsplatzwechsel führen.
Es ist wichtig daran zu denken, dass die Beschäftigten in einer modernen Bäckerei oder Lebensmittelwerk oder Küche auch „unübliche“ Zutaten wie Buchweizen, Lupine oder Psyllium verarbeiten können. So können richtige und effiziente arbeitshygienische Massnahmen am Arbeitsplatz durchgeführt werden, um Berufskrankheiten zu verhindern.
​​​​​​

Referenzen

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Epidemiology of life-threatening and lethal anaphylaxis: a review. Allergy.
2005;60(4):443–451.
Frau Dr. Soile Jungewelter
Finnish Institute of Occupational Health, Helsinki
2
Einleitung: Berufliche Hauterkrankungen zählen zu den häufigsten Berufskrankheiten in Deutschland, in RLP sind dies etwa 1000 Fälle pro Jahr. Ein besonders kritischer Bereich ist der Spülbereich von Restaurants und Kantinen. Nach gewerbeärztlichen Erfahrungen werden hier kaum Hautschutzmaßnahmen angeboten. Ziel ist es, durch Überprüfung der Umsetzung der TRGS 401 die Zahl der beruflichen Hauterkrankungen zu senken.
Methode: Es wurden Betriebsinspektionen mit dem Schwerpunkt Feuchtarbeit und Hautschutz durch den staatlichen medizinischen Arbeitsschutz (Gewerbeärzte und Gewerbeärztin) in RLP durchgeführt. Die Restaurants und Kantinen wurden stichprobenartig nach Vorankündigung aufgesucht.
Ergebnisse: Vom 01.10.2021 bis zum 31.05.2022 wurden 29 Betriebe (17 Restaurants und 12 Kantinen) überprüft. Größe der aufgesuchten Restaurants: 7 unter 10 Beschäftigte, 7 mit 10-50 Beschäftigten, 2 mit 50-100 Beschäftigten, 1 Restaurant mit 130 Beschäftigten, Kantinen: mehr als 100 Beschäftigte, der größte Betrieb hatte 2960 Beschäftigte. Betriebsärztliche Betreuung, arbeitsmedizinische Vorsorge: Restaurants: in einem Betrieb vorhanden; Vorsorgekartei nach § 3 Abs. 4 ArbMedVV in keinem Restaurant. Kantinen: alle wurden betriebsärztlich betreut, in 2 Betrieben keine Vorsorgen Feuchtarbeit. Die Vorsorgekartei nach ArbMedVV war überall vorhanden. Gefährdungsbeurteilung nach ArbSchG: lag vor in zwei Restaurants und 11 Kantinen. Speziell zur Haut: (Umsetzung TRGS 401): in keinem Restaurant , in 9 Kantinen. Feuchtarbeit in der Regel über 4 Std./Schicht, meistens werden flüssigkeitsdichte Handschuhe getragen. Schutzmaßnahmen: In 11 Restaurants gab es keine Schutzmaßnahmen (Hautschutzcremes, Hautpflegecremes, Hautschutzpläne, regelmäßige Unterweisungen), in 6 Restaurants nur mangelhaft. In allen Kantinen waren gute Hautschutzmaßnahmen vorhanden.
Schlussfolgerungen: Der Arbeitsschutz, speziell auch der Hautschutz, ist in Restaurants sehr mangelhaft. Geeignete Gefährdungsbeurteilungen waren lediglich in zwei Restaurants vorhanden. Betriebsärztliche Betreuung gab es nur in wenigen Betrieben, Schutzmaßnahmen waren überwiegend nicht vorhanden. In Kantinen war die Situation deutlich besser, Gefährdungsbeurteilungen und Arbeitsmedizinische Vorsorgen wurden durchgeführt, Schutzmaßnahmen waren vorhanden. Die betriebsärztliche Betreuung und Beratung insbesondere von Arbeitgebenden und Beschäftigten in Restaurants im Hinblick auf Hauterkrankungen muss verbessert werden. Dadurch könnte die Anzahl von Hauterkrankungen reduziert werden.

Referenzen

DGUV Statistik Berufskrankheiten
Frau DR Ann-Kathrin Jakobs
Struktur und Genehmigungsdirektion Süd, Neustadt/W, Rheinland-Pfalz, Neustadt/W
3

Einleitung

Allein die hohe Prävalenz von Schmerzsyndromen bei Musiker*innen und die dadurch bedingte starke Beeinträchtigung in ihrem Beruf macht sie zu einer interessanten Gruppe um Einflussfaktoren von Schmerz zu untersuchen. Durch das langjährige intensive Training extremer räumlich-zeitlich hochpräziser Feinmotorik treten bei Musiker*innen physiologische adaptive funktionelle und strukturelle neuroplastische Veränderungen auf, die sie insbesondere zu einem relevanten Modell zur Untersuchung des Einflusses dieser Neuroplastizität auf die Schmerzwahrnehmung und -weiterleitung machen.

Methoden

In der vorliegenden Studie wurden 15 gesunde professionelle Musiker*innen und Musikstudierende, sowie 15 Kontrollpersonen untersucht. Den Proband*innen wurden jeweils 15 Kontakthitzestimuli an beiden Händen und beiden Füßen appliziert. Für jeden der 15 Stimuli wurden ein kontakthitzeevoziertes Potential (CHEP) mit einem EEG an der CZ-Position abgeleitet, sowie die subjektive Bewertung der Stimulusintensität aufgezeichnet. Die Habituation während des Versuchs wurde mithilfe von statistischen mixed-effect-Modellen untersucht.

Ergebnisse

Die Datenanalyse ergab, dass die Musiker*innen die Stimuli zwar als signifikant stärker schmerzhaft bewerten, diese Bewertung im Verlauf des Versuches jedoch auch signifikant schneller abnimmt als bei der Kontrollgruppe, was für eine schnellere Habituation spricht. In beiden Gruppen fand eine signifikante Abnahme der CHEPs-Amplitude statt, interessanterweise allerdings ohne signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen.
Die Unterschiede in der Schmerzwahrnehmung zwischen Musiker*innen und der Kontrollgruppe schlugen sich also lediglich in der subjektiven Bewertung der Stimuli und der subjektiven Habituation nieder.

Schlussfolgerung / Diskussion

Weitere Untersuchungen, insbesondere der objektiven EEG-Daten, sind notwendig um die Unterschiede der Nozizeption zwischen den Gruppen quantifizieren und den Einfluss von Neuroplastizität auf Schmerzweiterleitung untersuchen zu können.

Referenzen

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Herr Fabian Sternkopf
Institut für Musikphysiologie und Musikermedizin Hannover, Hannover
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Frau und Beruf
Beiträge:
1
Prävention von Herz-Kreislauf-Krankheit im Betrieb:
Falldarstellung Myocardinfarkt bei junger Frau mit erhöhtem Lp(a)

Heinemann, Franziska; Böckelmann, Irina

Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg, Deutschland

Einleitung: Die Grundlage zur Einschätzung des individualisierten kardiovaskulären Risikos stellt nach der aktuellen Leitlinie der ESC (European Society of Cardiology) das etablierte SCORE2 (Systematic Coronary Risk Evaluation)-System dar. Aktuell ist das Lipoprotein (a) (Lp(a)) nicht in dem Score enthalten. Es stellt einen unabhängigen, genetisch determinierten kardiovaskulären Risikofaktor dar. In der Leitlinie der ECS/EAS von 2019 wird empfohlen, Lp(a) bei jedem Menschen einmal im Leben zu bestimmen. Eine Nichtberücksichtigung der Lp(a) kann zu einer relevanten Fehleinschätzung des Risikos für ein kardiovaskuläres Ereignis einer Person führen.

Material und Methoden: Es soll hier exemplarisch ein Fall vorgestellt werden. Es handelte sich um eine 52-jährige Probandin mit STEMI der Hinterwand bei sitzender Tätigkeit. Es bestand kein erhöhter Blutdruck, kein Myokardinfarkt in der Familienanamnese, sie hatte einen BMI von 33, war ehemalige Gelegenheitsraucherin und hatte erhöhte Cholesterinwerte (LDL 5,5 mmol/L). Es wurde nach dem Infarkt ein erhöhtes Lp(a) (175 nmol/L) festgestellt.

Ergebnisse: Nach dem SCORE 2 hätte die Probandin ein 2,5 %iges Risiko (also ein geringes Risiko) für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung gehabt. Nach dem PROCAM Score (Assmann) lag ein 2,23% iges Risiko für einen Herzinfarkt vor. Nach der Risikoprognose nach Framingham errechnet sich ein 7,3%es Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses. Trotz geringeres Risiko kam es zu einem Herzinfarkt.

Schlussfolgerungen: In der arbeitsmedizinischen Sprechstunde trifft man auf viele Menschen, die scheinbar asymptomatisch sind. Einige nehmen keine Angebote der Früherkennung und Prävention beim Hausarzt in Anspruch. Bei der ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge müssen nach AMR 3.3 alle arbeitsbedingten Gefährdungen berücksichtigt werden, die Auswirkungen auf die Gesundheit haben können. In dem vorgestellten Fall kann die sitzende Tätigkeit als ein eigenständiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gesamtmortalität [BI1] angesehen werden. Im Rahmen der Präventionsangebote könnte eine Risikoanalyse mit SCORE2 mit Bestimmung der Blutfettwerte (u.a. auch Lp(a)) ein wirkungsvolles Instrument sein, um die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten im Betrieb zu erhalten.

Frau Dr. med. Franziska Heinemann
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
2

Einleitung

Für Schwangere und ihre ungeborenen Kinder stellen bestimmte Infektionskrankheiten eine Gesundheitsgefährdung dar [1]. Sie stehen am Arbeitsplatz unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Die vorliegende Auswertung soll Aufschluss über beruflich bedingte Infektionskrankheiten mit schwangerschaftsrelevanten Erregern geben.

Methoden

Die Auswertung erfolgte auf Basis der Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Eingeschlossen wurden Fälle von Infektionskrankheiten mit schwangerschaftsrelevanten Biostoffen mit den BK-Nummern 3101, 3102 und 3104, die im Zeitraum 2016 bis 2020 anerkannt wurden. Die Fälle, in denen sich die Erkrankung auf das ungeborene Kind bezog, wurden über das Merkmal Versicherungsverhältnis „Fall nach § 12 SGB VII (Schädigung der Leibesfrucht)“ identifiziert. Fälle mit einem Versicherungsverhältnis „Fall nach § 12 SGB VII“, die aus Mitgliedsbetrieben der BGW stammten, wurden einem Aktenstudium unterzogen.

Ergebnisse

Die DGUV erfasste im Zeitraum 2016 bis 2020 insgesamt 224 als BK anerkannte Fälle von Infektionserkrankungen mit einem schwangerschaftsrelevanten Erreger. Darunter waren zwei Fälle nach § 12 SGB VII (Schädigung der Leibesfrucht). Bei beiden Fällen handelte es sich um Infektionen mit Parvovirus B19 (Ringelröteln, Erythema infectiosum). Ein Fall stammte aus einem Mitgliedsbetrieb der BGW; nach Aktenlage wurde bei Geburt keine rentenrelevante, chronische Schädigung fest- gestellt. Es wurden insgesamt sieben Zyotmegalieinfektionen als Berufskrankheit bei Erwachsenen anerkannt, aber keine Schädigung der Leibesfrucht bei Ungeborenen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Anerkennungen von beruflich bedingten Infektionskrankheiten in der Schwangerschaft mit Schädigungen der Leibesfrucht nach §12 SGB VII sind äußerst selten. Die Annahme eines erhöhten Risikos für Zytomegalieinfektionen bei Schwangeren in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche ließ sich durch die DGUV-Daten nicht zeigen. Die wenigen dokumentierten Fälle gehen auf akute Infektionen der Schwangeren mit Parvovirus B19 zurück. Seit dem Berichtsjahr 2020 müssen bei der DGUV zu bestimmten Infektionserregern angegeben werden. Durch die veränderte Berufskrankheiten-Dokumentation mit Angabe der Primärdiagnosen nach ICD 10 hat sich die Qualität der statistischen Datenlage verbessert: Infektion mit Parvovirus B19 (Ringelröteln) werden als Erythema infectiosum dokumentiert und können nicht mehr mit einer Rötelninfektion verwechselt werden.

Referenzen

[1] Modrow S et al.: AWMF-Leitlinie 093-001 Labordiagnostik
schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen, 2021. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/093-001.html
Frau Dr. Johanna Stranzinger
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg
3

Einleitung

Der Zuwachs der weiblichen Humanmedizin-Studierenden und somit klinisch tätigen Ärztinnen macht eine Auseinandersetzung mit dem 2018 novellierten Mutterschutzgesetz (MuSchG) unerlässlich. Der gesondert eingerichtete Ausschuss für Mutterschutz (AfMu) gibt Orientierungshilfen zur praxisnahen Umsetzung des Gesetzestextes. Bei Bekanntgabe einer Schwangerschaft einer beschäftigten Ärztin soll eine individuelle Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber erstellt werden. In einigen chirurgischen Fachbereichen liegen Empfehlungen zur Arbeitsplatzgestaltung während Schwangerschaft und Stillzeit vor. Bisher fehlen Positionierungen von internistischen Fachgremien zu diesem Thema. Diese Übersicht soll orientierend die publizierten Informationen zusammenfassen, um schwangere Ärztinnen in der pneumologischen Klinik weiterbeschäftigen zu können.

Methoden

Auf Basis des Mutterschutzgesetzes wurde durch Vertreterinnen der Pneumologie und Arbeitsmedizin eine Analyse der vorhandenen Evidenz für schwangere Pneumolginnen erarbeitet. Eine Datenbankrecherche in Pubmed, Medline und Scopus im Zeitraum 2018- 2023 zu u.g. Schlüsselwörtern ergänzt die Rechtsvorschrift durch Abgleich mit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand.

Ergebnisse

Anhand einer risikostratifizierten Positivauflistung für pneumologisch klinische Tätigkeiten lässt sich ein kalkulierbares Risiko für die Weiterbeschäftigung schwangerer Ärztinnen darstellen. Die überwiegende Anzahl an interventionellen Eingriffen (Pleurapunktion, transthorakale Punktion, intrapleurale Drainage und permanente -katheteranlage, internistische Thorakoskopie, flexible und starre Bronchoskopie, endobronchialer Ultraschall) kann durch Schwangere durchgeführt werden. Einschränkungen bestehen bei Tätigkeiten mit Notfallcharakter, erhöhter Infektionsgefährdung, elektrothermischen Interventionsverfahren und bei Strahlenexposition.

Schlussfolgerung / Diskussion

Grundsätzlich spricht rechtlich sowie medizinisch nichts gegen den Einsatz einer schwangeren Pneumologin in der Endoskopie. Für die Schwangere ist es von großer Bedeutung, dass Klarheit im beruflichen Aufgabenspektrum für den Zeitraum der Schwangerschaft besteht. Darüber hinaus sollten dem Arbeitgeber (sowie in Vertretung dessen Betriebsarzt) detaillierte Empfehlungen für die Erstellung einer anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung an die Hand gegeben werden. Diese detaillierte Aufgabenbeschreibung kann dazu beitragen.
Frau Dr. med. Christine Ganzert
Universität Magdeburg, Magdeburg
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Gefahrstoffe/Biomonitoring
Beiträge:
1

Einleitung

Lungenkrebs ist die häufigste Krebstodesursache in Deutschland. Zwischen 2005 und 2021 wurden insgesamt 3901 Berufskrankheiten mit Lungenkrebs (BK-Nr. 4104, 4109, 4110, 4112, 4113, 4114) anerkannt. Im gleichen Zeitraum sind 3751 Versicherte infolge dieser Berufskrankheiten verstorben. Im Gewebe von Lungenkrebserkrankten ist die Vermehrung der Onkogene TERT (telomerase reverse transcriptase) und MYC (v-myc avian myelocytomatosis viral oncogene homolog) häufig nachweisbar und können daher als Biomarker dienen. Die Performance kann durch die Kombination mehrerer Biomarker in einem Markerpanel verbessert werden. Das Ziel dieser Studie war die Bestimmung von TERT als zusätzlichem Biomarker für Lungenkrebs und die Analyse, ob eine Kombination mit dem bereits etablierten Biomarker MYC zu einer Verbesserung der Perfomance führt.

Methoden

Die Kopienzahl der Gene TERT und MYC wurde in der genomischen DNA von Tumor- und angrenzenden Nicht-Tumorgewebeproben von 114 Lungenkrebspatienten mittels digitaler PCR bestimmt.

Ergebnisse

In den Tumorproben betrug die durchschnittliche Kopienzahl von TERT im Median 2,12 (interquartile range (IQR) 1,96 – 2,56) und in den Nicht-Tumorproben 1,96 (IQR 1,88 – 2,04). Die durchschnittliche Kopienzahl von MYC betrug 2,10 (IQR 1,94 – 2,38) im Tumorgewebe und 1,96 (IQR 1,89 – 2,03) im Nicht-Tumorgewebe. Der Unterschiede waren statistisch signifikant (p<0,0001). Bei einer festgesetzten Spezifität von 99% konnte für TERT eine Sensitivität von 41% und für MYC eine Sensitivität von 51% gezeigt werden. Durch die Kombination von TERT und MYC wurde die Sensitivität auf 60% erhöht.​​​​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass eine Kombination von Biomarkern die Performance im Vergleich zu den jeweiligen einzelnen Biomarkern erhöht. Die Bestimmung der Kopienzahl von MYC und TERT mittels digitaler PCR könnte in Zukunft als eine verlässliche Methode in der personalisierten Medizin eingesetzt werden.
Herr Alexander Brik
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
2
Expositionen gegenüber aromatischen Aminen können beim Menschen zu erhöhten Harnblasenkrebs-Risiken führen. So kann Harnblasenkrebs im Falle der Verbindungen 2-Naphthylamin, 4-Aminobiphenyl und o-Toluidin in Deutschland als Berufskrankheit anerkannt werden.

Als indirekte Kanzerogene wirken aromatische Amine erst nach metabolischer Aktivierung genotoxisch und in der Folge krebserzeugend. Die Leber wird dabei als Hauptorgan für die Bioaktivierung angesehen. Das Urothel verfügt jedoch selbst über eine Ausstattung an relevanten fremdstoffmetabolisierenden Enzymen.

In der aktuellen Studie wurden unterschiedliche lokale genotoxische Effekte von 2-Naphthlyamin (2-NA), 4-Aminobiphenyl (4-ABP) und o-Toluidin (OT) in einer humanen Harnblasenzelllinie (RT4) untersucht. DNA-Strangbrüche wurden mit dem Comet-Assay, Chromosomenbrüche und -fehlverteilungen im Mikronukleus-Test untersucht.

2-Naphthylamin und 4-Aminobiphenyl führten weder im Comet-Assay noch im Mikrokern-Test zu positiven Ergebnissen. Im Gegensatz dazu konnten nach Exposition der Zellen gegenüber o-Toluidin schwach positive Ergebnisse im Comet-Assay und signifikant erhöhte Mikrokernraten nachgewiesen werden.

Unter den Versuchsbedingungen konnte auf lokaler urothelialer Ebene Genotoxizität lediglich für o-Toluidin beobachtet werden. Durch die schwach positiven Befunde im Comet-Assay scheinen klastogene Effekte in jedem Fall eine Rolle zu spielen. Ob die signifikant erhöhten Mikrokern-Raten auch auf aneugene Effekte, d. h. Chromosomenfehlverteilungen, beruhen, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen.
Frau Dr. rer. nat. Sabine Plöttner
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
3
Einleitung: Zu ihrem Schutz und Erhalt wurden organische Objekte in musealen Sammlungen oder auch ganze Denkmäler und historische Häuser mit gesundheitsschädlichen Bioziden behandelt. So sind die Mehrzahl der organischen Objekte musealer Institutionen, aber auch viele historische Gebäude nachweislich mit Gefahrstoffen wie DDT, Lindan, PCP, Arsen, Quecksilber und ggf. noch andere belastet. Sie stellen somit ein Gesundheitsrisiko für Beschäftigte dar, die mit diesen Objekten umgehen bzw. sich in Räumen mit belasteten Objekten aufhalten. Um die Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten, ist eine Überwachung der Gefahrstoffe am Arbeitsplatz erforderlich. Die herkömmlichen Analysemethoden, die zurzeit für systematische Untersuchungen bzw. größere Studien eingesetzt werden, sind jedoch in der Regel sehr teuer. Ziel des MUSA-Projekts ist daher die Entwicklung eines benutzerfreundlichen und kostengünstigen Testkits für das Biozid-Monitoring.
Methoden: Als Probenahmematerial wurden elektrostatische Tücher für 1) Wischproben von Oberflächen und 2) Staubfallen für die Analyse von Staub in der Luft verwendet. Zu den Zielsubstanzen gehörten Organochlorbiozide (u.a. PCP und Lindan) und toxische Metalle (u.a. Quecksilber und Arsen). Die Proben wurden extrahiert und mittels GC-MS/MS bzw. ICP-MS/MS analysiert. Parallel dazu wurden eine aktive Probenahme durchgeführt. Die Pilotstudie fand in einer Sammlung mit bekannter Biozidkontamination statt.
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Wischproben als auch Staubfallen geeignet waren, Biozide nachzuweisen. Außerdem waren beide Methoden auch von Personal ohne größere analytische Erfahrung leicht anwendbar. In dieser Pilotstudie konnten wir auch Räume und Arbeitsplätze mit einem erhöhten Expositionsrisiko für die Mitarbeiter identifizieren. Die Ergebnisse der Staubfallen und der aktiven Probenahme waren relativ gut vergleichbar. Das bedeutet, dass in Räumen mit höherer Belastung in der Luft auch höhere Konzentrationen der gleichen Biozide in den Staubfallen nachgewiesen werden konnten.
Diskussion: Wischproben und Staubfallen können eine geeignete Ergänzung zum herkömmlichen Umgebungsmonitoring sein. Die Einfachheit des Testkits reduziert die Kosten der Analyse und macht sie daher für die betroffenen Einrichtungen leichter zugänglich. Eine auf den Ergebnissen aufbauende Evaluation der vorgestellten Methoden in weiteren Museen ist notwendig, um risikobasierte Beurteilungswerte abzuleiten und angemessene Maßnahmen zur Vermeidung der Exposition gegenüber Bioziden zu ermöglichen.

Herr Dr. Stefan Rakete
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität, LMU München, München
4

Einleitung

Deoxynivalenol (DON) ist ein Schimmelpilzgift (Mykotoxin), das aufgrund seiner toxischen und immunsuppressiven Eigenschaften ein hohes gesundheitsgefährdendes Potential für den Menschen aufweist. DON ist als Verunreinigung in Lebensmitteln, insbesondere Getreide und Getreideprodukten zu finden. Als deutscher Beitrag zum European Joint Programme HBM4EU sollte die ernährungsbedingte DON-Hintergrundbelastung untersucht werden [1].

Methoden

In insgesamt 360 24-h-Sammelurinproben aus der Umweltprobenbank des Bundes wurde der Gehalt an Gesamt-DON (tDON, Summe aus freiem DON und DON-Glucoronid-Metaboliten) ermittelt und daraus die tägliche tDON-Ausscheidungsmenge errechnet. Die Proben wurden in den Jahren 1996, 2001, 2006, 2011, 2016, und 2021 von je zur Hälfte weiblichen und männlichen Studierenden in Münster gesammelt. Die Bestimmung im Urin erfolgte nach enzymatischer Hydrolyse der Glucoronid-Metaboliten und Immunoaffinitätsaufreinigung mittels Flüssigkeitschromatographie-Tandemmassenspektrometrie (HPLC-MS/MS). Ausgehend von der täglichen tDON-Ausscheidungsmenge wurde die tägliche DON-Aufnahmemenge abgeschätzt.

Ergebnisse

In 99 % der Proben lagen tDON-Konzentrationen oberhalb der Bestimmungsgrenze von 0,3 µg/L vor. Die Median-Werte der ermittelten Konzentrationen und täglichen Ausscheidungsmenge waren 4,3 μg/L bzw. 7,9 μg/24 h. Die Urinproben männlicher Studienteilnehmer wiesen signifikant höhere tDON-Konzentrationen auf. Unter Berücksichtigung des Körpergewichts werden für die tägliche Ausscheidungsmenge keine signifikanten Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Studienteilnehmenden beobachtet. Mit Ausnahme der Proben aus dem Jahr 2001 bleibt die tägliche Ausscheidungsmenge über die Jahre unverändert. Bei drei der Teilnehmenden überschritt die abgeschätzte tägliche DON-Aufnahmemenge die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von 1 μg/kg Körpergewicht.

Schlussfolgerung / Diskussion

DON-Expositionen treten ubiquitär auf und bereits durch die Ernährung können gesundheitsgefährdende systemische Belastungen auftreten.

Referenzen

[1] Schmied A, Marske L, Berger M, Kujath P, Weber T, Kolossa-Gehring
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deoxynivalenol (DON) - Assessment of the exposure of young German adults from
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Herr Dr. Andy Schmied
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
5

Einleitung

Das volatile Anästhetikum Sevofluran ist aufgrund seiner pharmakologischen Eigenschaften eines der weltweit am häufigsten eingesetzten Narkosemittel. Bei der Verwendung volatiler Anästhetika besteht jedoch Anlass zur Sorge, dass das Personal im Operationssaal einer chronischen Belastung ausgesetzt ist, die sich möglicherweise negativ auf die Gesundheit auswirkt. Aufgrund der aktuellen Studienlage kann somit auch nicht ausgeschlossen werden, dass es durch eine chronische Sevofluran-Exposition während der Schwangerschaft zu Schädigungen des Fötus kommen kann. In dieser Studie wurde eine Methode zur gleichzeitigen Bestimmung von Sevofluran und dessen Metaboliten Hexafluoroisopropanol (HFIP) in Urin entwickelt, welche die Bestimmung der individuellen internen Exposition des im Operationsbereich arbeitenden Personals ermöglichen soll.

Methoden

Für die Analyse wurden Headspace-Vials mit Isofluran (ISTD), Ammoniumacetatpuffer und β-Glucuronidase HP-2 (helix pomatia) versetzt und verschlossen. Frischer Urin wurde in kontaminationsfreier Umgebung durch ein Septum in die Vials gegeben und die Proben anschließend für 3 h bei 37 °C inkubiert. Die hydrolysierten Proben wurden bis zur Analyse bei -18 °C eingefroren. Die instrumentelle Bestimmung erfolgte mittels statischer HS-GC-MS auf einer DB-1-Säule. Im Rahmen einer deutschen Pilotstudie wurden vor und am Ende von drei Schichttagen Urinproben von im Operationsbereich tätigem Personal (n = 24) gesammelt.

Ergebnisse

​​​Die Methode ist von 1-1000 µg/L (r2 > 0,999) linear und zeigt eine hohe Präzision (< 5,5 % RSD). Die Bestimmungsgrenzen (LOQ) liegen bei 0,6 µg/L für Sevofluran und 3 µg/L für HFIP. In den untersuchten Urinproben nach der Schicht lag die Konzentration von HFIP zwischen < LOQ und 145 µg/L, während Sevofluran bei allen Probanden unter der Nachweisgrenze lag. Alle vor der Schicht entnommenen Proben wiesen für beide Analyten Konzentrationen < LOQ auf.

Schlussfolgerung / Diskussion

Im Vergleich zu bisherigen Methoden zeichnet sich das Verfahren durch eine vereinfachte und schnelle Aufarbeitung aus, da beide Analyten gleichzeitig quantifiziert werden sowie durch eine hohe Empfindlichkeit, v. a. für HFIP, ohne die Notwendigkeit einer Analytanreicherung. Die in dieser Pilotstudie gemessenen Urinkonzentrationen von Sevofluran und HFIP sind niedriger als bisher berichtete Ergebnisse früherer Studien, wahrscheinlich aufgrund besserer baulicher und technischer Maßnahmen im Arbeitsschutz heutzutage.

Referenzen

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[3]          A. Accorsi, B. Morrone, M. Benzo, C. Gandini, G.B. Raffi, F.S. Violante, Simultaneous determination of unmodified sevoflurane and of its metabolite hexafluoroisopropanol in urine by headspace sorptive extraction-thermal desorption-capillary gas chromatography-mass spectrometry, J Chromatogr A, 1071 (2005) 131-134.
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Frau Dr. Stephanie Selke
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
6
Einführung
In der Umwelt- und Arbeitsmedizin kann durch Human-Biomonitoring die individuelle Exposition gegenüber Metallen und Halbmetallen ermittelt werden. Die Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS) ermöglicht die simultane Quantifizierung mehrerer Elemente in kürzester Zeit und ist somit eine vielversprechende Analysentechnik für Biomonitoringstudien. Eine von Winter et al. speziell für die Hg-Bestimmung in Urinproben entwickelte Methode sollte daher auf die Analyse weiterer Elemente ausgeweitet und validiert werden.

Methoden
Für die Bestimmung von Ag, As, Ba, Be, Cd, Co, Cu, Hg, Mo, Pb, Sb, Sn, Tl, V und Zn mittels ICP-MS wurden die Urinproben mit einem spezifischen Diluenten (5 % HNO3; 0,625 % HCl; 2,5 % Thioharnstoff) 1:5 verdünnt und anschließend bei Raumtemperatur inkubiert. Spektrale Interferenzen wurden sowohl durch die Analyse geeigneter Isotope als auch der Verwendung einer Kollisionszelle mit Helium als Kollisionsgas beseitigt. Nicht-spektrale Interferenzen der Urinmatrix wurden durch den Einsatz interner Standards kompensiert. Die Validierung der Methode erfolgte hinsichtlich der Präzision, Richtigkeit sowie Nachweis- und Bestimmungsgrenze. Zusätzlich wurde der Einfluss verschiedener interner Standards in Abhängigkeit des Kreatiningehalts auf die Wiederfindungsrate untersucht.

Ergebnisse
Die entwickelte Methode ermöglicht die simultane Bestimmung von 15 Elementen. Die Variationskoeffizienten für die Präzision in Serie waren ≤ 5,5 % und für die Präzision von Tag zu Tag ≤ 7,6 % (außer Be mit ≤ 8,5 % bzw. ≤ 11,6 %). Die ermittelten Nachweis- und Bestimmungsgrenzen lagen für alle Analyten unterhalb aktueller Referenzwerte bzw. der niedrigsten gemessenen Konzentration im deutschen Ringversuch (G-EQUAS). Die Wiederfindungsraten dotierter gepoolter Urinproben lagen im Bereich von 93 -107 %. Es wurden 6 interne Standards identifiziert, die eine Bestimmung der Elemente im Urin unabhängig von der Konzentration und dem Kreatiningehalt ermöglichen.

Schlussfolgerung
Das entwickelte Analyseverfahren ermöglicht das Biomonitoring von Metallen und Halbmetallen in arbeits- und umweltmedizinischen Konzentrationsbereichen. Die Ausweitung der Hg-Methode auf die Quantifizierung 14 weiterer Elemente sowie die einfache Probenvorbereitung erhöht den Probendurchsatz und minimiert zugleich Kosten. Die Methode hat daher großes Anwendungspotential in zukünftigen Biomonitoringstudien.

Referenzen

[1] M. Winter, F. Lessmann, V. Harth, A method for reliable quantification of mercury in occupational and environmental medical urine samples by inductively coupled plasma mass spectrometry, Anal Methods, 15 (2023) 2030-2038.
Herr Dr. Martin Winter
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
7

Einleitung

Am Airbus Standort Hamburg arbeiten etwa 500 Maler und Lackierer im Oberflächenschutz. Sie haben seit Jahren die Pflichtvorsorge Chrom. Weitere etwa 3000 Personen verrichten mechanische Arbeiten an chromatierten Oberflächen [1]. Seit Januar 2022 wird auch diesen Beschäftigten die Überwachung angeboten, um die individuelle Beratung zu fördern und Verunsicherung im transnationalen Austausch der Beschäftigten des Großkonzerns entgegen zu wirken. Nachfolgend wird die Übersicht der Ergebnisse des Biologischen Monitorings auf Chrom im Urin im Zeitraum 01/2022 bis 08/2023 gezeigt

Methoden

Die Urinabgabe erfolgte nach Schichtende, die Bestimmung von Chrom und Kreatinin im Urin durch ein externes Routinelabor. Zur Beurteilung diente der Biologische Arbeitsstoffreferenzwert (BAR) für Chrom von 0,6µg/L Urin. 3 Gruppen wurden gebildet: unauffällig (das Ergebnis < 0,6 µg/L Urin), unspezifische Erhöhung (Ergebnis zwischen 0,6-2µg/L Urin) und auffällig (Ergebnis > 2µg/L Urin). Nur die Mitarbeiter selbst wurden über ihr Ergebnis benachrichtigt. War das Ergebnis unspezifisch erhöht, wurde eine Wiederholung angeboten, war es auffällig wurde eine Kontrolle durch Blutentnahmeangeboten.​​​​

Ergebnisse

In den 20 Monaten zwischen 1/2022 bis 8/2023 wurde insgesamt 1617 Urinproben auf Chrom untersucht. 981 davon waren von Strukturmechanikern (60,7%), 346 von Malern und Lackierern (21,4%), 23 aus dem Bereich Instandhaltung (1,4%), und 267 sonstige (16,5%). 97 Proben zeigten unspezifische Erhöhung (6%), 18 Proben auffällige Werte (1%).
Lediglich 3 Werte lagen im niedrig zweistelligen Bereich und stammen von Beschäftigten mit Nierenfunktionsstörung. Mittelwert und Median lagen bei Malern und Lackieren und Strukturmechanikern gleichermaßen unterhalb des BAR.
​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Die vorliegenden Ergebnisse korrelieren gut mit den Ergebnissen aus Vorsorge und Sonderaktionen bei Malern und Lackierern (2008 bis 2016) und den Messungen im Rahmen des REACH-IT Projektes zur Erlangung der befristeten Ausnahmegenehmigung (2017-2022) [1,2]. Durch die Ausweitung des Biomonitorings sind Akzeptanz und Bereitschaft zur Teilnahme gestiegen. Es hat sich als gutes Mittel zur individuellen Beratung bewährt. Biomonitoring hilft den Einzelnen angemessen zu sensibilisieren und unterstützt einen sachdienlichen Dialog. Die Ersatzstoffsuche läuft auf Hochtouren, bis die Flugzeugindustrie aber vollständig auf Chromat verzichten kann, wird es noch etwas dauern.

Referenzen

-      [1] VERORDNUNG (EC) No 1907/2006 DES EUROPAPARLAMENTS UND DES RATES vom 18 Dezember2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)
-       [2] Herausforderungen für den europäischen Flugzeugbau durch die europäische REACH Verordnung. Olma et al.  Posterbeitrag DGAUM Jahrestagung JENA 2023
Frau Dr. Karin Olma
Airbus Operations GmbH, Hamburg
8
Hintergrund
Bei Mangan handelt es sich um ein lebensnotwendiges Spurenelement, welches bei erhöhter Aufnahme das Nervensystem schädigen kann. Beim Schweißen wird Mn als Bestandteil des Schweißrauchs emittiert und kann inhalativ in den Körper gelangen. Als Biomonitoring wird in der Regel der Gesamtgehalt von Mangan im Blut bestimmt. 2011 wurde der Arbeitsplatzgrenzwert auf 0,02 mg/m3 (A) abgesenkt. Aus dieser Luftkonzentration resultiert eine mittlere Mangankonzentration im Blut, die im Bereich der Hintergrundbelastung liegt. [1,2,3] Demnach fehlt für eine gesundheitsbasierte Beurteilung der inneren Belastung derzeit ein geeigneter Biomarker. In anderem Kontext konnte gezeigt werden, dass Mangan in Abhängigkeit von der Aufnahmemenge mit verschiedenen Serumbestandteilen Verbindungen eingeht.[4] Ziel der laufenden Studie ist es, zu ermitteln, ob die Untersuchung dieser Verbindungen für das Biomonitoring bei beruflicher Mn-Exposition geeignet ist.

Methode
Untersucht werden Beschäftigte, die schweißtechnischen Arbeiten ausführen. In mehreren Betrieben werden im Verlauf von acht Tagen an fünf definierten Zeitpunkten Blutproben genommen. Mittels Tandem-Massenspektrometrie mit induktiv gekoppelter Plasmaanregung (ICP-MS/MS) wird die Mn-Konzentration im Blut bestimmt. Außerdem werden die einzelnen Mn-Verbindungen im Serum mittels 2-dimensionaler online-heartcut-Größenausschlusschromatographie mit ICP-MS/MS-Detektion analysiert.

Ergebnisse
Bei den bislang untersuchten Probanden liegt die Mn-Konzentration im Blut unterhalb des Biologischen Arbeitsstoff-Referenzwerts von 15 µg/L. Im Verlauf der Arbeitswoche sind keine signifikanten Unterschiede festzustellen. Beim Vergleich von Vor- und Nachschichtproben eines Tages zeigen sich keine wesentlichen Veränderungen der Konzentrationen über die Schicht (geom. Mittel: 9,69 µg/L vs. 9,65 µg/L; 90. Perzentil: 14,1 µg/L vs. 14,2 µg/L).

Schlussfolgerung
Aktuelle Expositionen an typischen Schweißarbeitsplätzen werden in den Gesamtmangankonzentration im Blut nicht sichtbar. Für eine gesundheitsbasierte Beurteilung ist die Erforschung eines alternativen Biomarkers notwendig. In der aktuell laufenden Untersuchung der Mn-Verbindungen (z.B. Mn gebunden an a2-Makroglobulin, Transferrin und Citrat) soll ein entsprechender Marker gefunden werden.

Referenzen

[1] Bailey LA, Kerper LE, Goodman JE. (2018): Derivation of an occupational exposure level for manganese in welding fumes. In: Neurotoxicology 64, S. 166–176. DOI: 10.1016/j.neuro.2017.06.009 .
[2] Baker MG, Simpson CD, Stover B, Sheppard L, Checkoway H, Racette BA, et al. (2014): Blood Manganese as an Exposure Biomarker: State of the Evidence. In: Journal of Occupational and Environmental Hygiene 11 (4), S. 210–217. DOI: 10.1080/15459624.2013.852280 .
[3] BAT-Begründung “Mangan und seine anorganischen Verbindungen“, 11. Lieferung 2004 und 18. Lieferung 2011
[4] Michalke B, Aslanoglou L, Ochsenkühn-Petropoulou M, Bergström B, Berthele A, Vinceti M, et al. (2015): An approach for manganese biomonitoring using a manganese carrier switch in serum from transferrin to citrate at slightly elevated manganese concentration. In: Journal of Trace Elements in Medicine and Biology 32, S. 145–154. DOI: 10.1016/j.jtemb.2015.07.006 .
Herr Johannes Fischer
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
9
Einleitung: Beim Kalken von Ställen sind die Beschäftigten inhalativ sowie dermal gegen die ausgebrachte Kalkmilch exponiert. Da für die Expositionsbewertung bislang Messdaten zur aktuellen dermalen Exposition fehlen, sollen diese sowohl für die Sprüh- als auch für die Streichanwendung erhoben werden. Ziel der Arbeit waren die Entwicklung eines validen Messverfahrens für ein dermales Expositionsmonitoring unter Verwendung von Calcium als Messparameter und erste Messungen im Feld.
Methode: Polyester/Zellulose-Material (Sontara®MicroPure 100-Wischtücher) wurde zur repräsentativen Erfassung der dermalen Belastung genutzt. Zum einen wurde das Material als Patches (10 × 10 cm) unter der Arbeitskleidung auf der Haut fixiert (n = 12), zum anderen als Wischtücher zum Abwischen der Haut (Hände, Stirn) verwendet. Nach Extraktion des Probensammlermaterials mit 1%-iger Salpetersäure wurde der Calciumgehalt in den Extrakten mittels ICP-MS unter Verwendung von Rhodium als internem Standard quantifiziert. In einer ersten Feldstudie wurden zwei Beschäftigte beprobt und die beruflich bedingte dermale Calciumbelastung erfasst.
Ergebnisse: Das Probensammlermaterial wies einen relativ konstanten Calciumgehalt von 1,43 ± 0,02 µg/cm² auf, der von den Messwerten abgezogen wurde. Eine Kontamination der Patches durch transdermale Calciumausscheidung mit dem Schweiß wurde durch Alukaschierung unterbunden. Dotiertes Calcium ließ sich vollständig und reproduzierbar von dem Probensammlermaterial extrahieren: bei Dotierung mit 5 µg bzw. 10 µg Ca/cm² lag die Wiederfindung nahe 100 %, bei 0,5 µg Ca/cm² ergab sich ein leichter Überbefund (118 %). Die Bestimmungsgrenze wurde nach DIN 32645 zu 1 mg/l bestimmt (n = 3). Der Arbeitsbereich war bis 200 mg/l linear. Präzisionsdaten wurden unter Verwendung unterschiedlicher Analytkonzentrationen (15 mg/l, 75 mg/l sowie 150 mg/l) erhoben. Die Präzision in Serie lag bei allen Konzentrationen unter 2 %, die Präzision von Tag zu Tag unter 3 %.
Die in einer ersten Feldstudie bestimmte Calciumbelastung der Beschäftigten lag sowohl für das Sprühen als auch für das Streichen der Kalkmilch deutlich unter dem für die dermale Exposition theoretisch erlaubten Upper Intake-Level.
Schlussfolgerungen: Das entwickelte Probenahme- und Analyseverfahren erlaubt die zuverlässige und reproduzierbare Bestimmung der aktuellen dermale Calciumbelastung von Beschäftigten bei beruflichem Umgang mit Kalkprodukten. Erste Messungen an Beschäftigten unter Verwendung des validierten Verfahrens sind erfolgreich durchgeführt worden.

Frau Dr. Anja Schäferhenrich
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
10

Einleitung

Zur Früherkennung von Lungenkrebs bietet die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung ihren ehemals asbeststaubexponierten Versicherten im Rahmen der nachgehenden Vorsorge unter bestimmten Voraussetzungen ein erweitertes Vorsorgeangebot mittels Low-dose-high-resolution computertomography (LD-HRCT bzw. Niedrigdosis-CT) an. Die Teilnahme ist freiwillig, jedoch an eine vorhergehende ärztliche Beratung gebunden. Eine evidenzbasierte Entscheidungshilfe (EH) kann über die bereits vorhandenen Informationsmaterialien hinaus dazu beitragen, Teilnehmende im Vorfeld der ärztlichen Beratung über alle relevanten Aspekte des Angebots zu informieren und somit das ärztliche Beratungsgespräch zu unterstützen.

Methoden

Auf Basis von Literatur- und Methodenrecherchen wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens EVALUNG eine evidenzbasierte EH als Informationsgrundlage für das erweiterte Vorsorgeangebot entwickelt. Die Darstellung von Nutzen und Risken des Niedrigdosis-CT standen dabei im Vordergrund. Die Grundlage der Evidenz bildet der Cochrane Review von Bonney et al. [1]. Anschließend wurden qualitative Interviews zur Bewertung von Verständlichkeit und Informationsgehalt der EH mit Teilnehmenden des Angebots durchgeführt.

Ergebnisse

13 Männer zwischen 55 und 78 Jahren haben an den Interviews teilgenommen. Die EH wurde überwiegend gut verstanden und der Umfang von den meisten Befragten als angemessen bewertet. Den Informationsmehrwert schätzten die Befragten für Erstteilnehmende des Angebots höher ein als für wiederholt Teilnehmende. Insbesondere die Darstellung von Statistiken wurde von einigen Personen als hilfreich hervorgehoben, da diese Informationen zuvor nicht vorlagen. Auf der anderen Seite bereitete einigen Befragten die Grafik zum möglichen Nutzen Probleme. Gleichzeitig zeichnete sich eine Missdeutung der „Niedrigdosis“ ab: mehrere Befragte beschrieben die Strahlung des Niedrigdosis-CT als geringer als die einer Röntgen-Thoraxaufnahme. Insgesamt ist das Vertrauen in die ärztliche Empfehlung unter den Teilnehmenden groß, die schriftliche Entscheidungshilfe wird jedoch als eine sinnvolle Ergänzung gesehen, um sich mit der Thematik im Vorfeld auseinanderzusetzen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die evidenzbasierte Entscheidungshilfe kann als Unterstützung für das ärztliche Beratungsgespräch im Sinne eines Shared-Decision-Making Prozesses dienen, da Teilnehmende mit mehr Informationen oder konkreten Fragen zum LD-HRCT in die Beratung gehen können. Basierend auf den Interviews sind aber Anpassungen in der EH vorzunehmen.

Referenzen

[1] Bonney A, Malouf R, Marchal C, Manners D, Fong KM, Marshall HM, Irving LB, & Manser R. (2022). Impact of low-dose computed tomography (LDCT) screening on lung cancer-related mortality. The Cochrane database of systematic reviews, 8(8), CD013829. https://doi.org/10.1002/14651858.CD013829.pub2
Frau Helena Keller
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
11
Beim Humanbiomonitoring gesundheitsschädlicher Substanzen wird eine quantitative Bestimmung der Arbeitsstoffe selbst, ihrer Stoffwechselprodukte oder von Beanspruchungsparametern in biologischem Material durchgeführt.
Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe legte nach Prüfung und unter Einbeziehung anderer Guidelines für Biomonitoring im Expert Judgement Anforderungen an geeignete Humanbiomonitoringparameter u. a. hinsichtlich der Merkmale Spezifität, Sensitivität, intraindividueller Variabilität, Kinetik, Probenahmezeit, präanalytischer Kriterien und zuverlässiger analytischer Bestimmung fest.
Anhand von Humanbiomonitoringparametern, die diesen Anforderungen genügen, werden Beurteilungswerte in biologischem Material abgeleitet, mit denen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beurteilung der beruflichen Exposition gegenüber Gefahrstoffen beurteilt werden kann. Insbesondere bei hautresorbierbaren Arbeitsstoffen ermöglicht nur das Biomonitoring eine Erfassung der individuellen inneren Exposition.
Mit dem hier vorgestellten Kriterienkatalog liegt nunmehr erstmals ein Praxis-orientierter Leitfaden für die Beurteilung und Auswahl von Biomonitoringparametern zur Verfügung, die im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge eingesetzt werden sollten.

Frau PD Dr. med. Wobbeke Weistenhöfer
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
12
Einleitung: Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) entstehen bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material und kommen als Gemische von bis zu 100 Einzelkomponenten vor. Von den 17 von der Ständigen Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) als kanzerogen (Kategorie 2) und zum Teil als keimzellmutagen (Kategorie 2, 3A bzw. 3B) eingestuften PAH dient Benzo[a]pyren (B[a]P) als Leitsubstanz bei einer Exposition gegen kanzerogene PAH-Gemische. Für ein risikobezogenes Biomonitoring nach pulmonaler, transdermaler oder gastrointestinaler Resorption bietet sich die Bestimmung des B[a]P-Metaboliten 3‑Hydroxybenzo[a]pyren (3‑OH‑B[a]P) an.
Methoden: Zur Aufstellung von Expositionsäquivalenten für krebserzeugende Arbeitsstoffe (EKA) durch die Arbeitsgruppe „Beurteilungswerte in biologischem Material“ (AG BAT-Werte) der MAK-Kommission wurden wissenschaftliche Studien zur Ausscheidung von 3-OH-B[a]P im Urin nach beruflicher B[a]P-Exposition ausgewertet. Eine Analysenmethode zur Bestimmung von 3-OH-B[a]P im Urin mittels LC-MS/MS wurde in der Arbeitsgruppe „Analysen in biologischem Material“ (AG Biomonitoring) der MAK-Kommission geprüft, verifiziert und publiziert.
Ergebnisse: Die AG BAT-Werte leitete EKA für Konzentrationen von 0,07–1,5 µg B[a]P/m3 in der Luft und 0,7–7 ng 3-OH‑B[a]P (nach Hydrolyse)/g Kreatinin in Urin ab. Diese EKA stellen anhand von 3‑OH‑B[a]P in Urin dar, welche innere Exposition bei ausschließlich inhalativer Stoffaufnahme zu erwarten ist. Die von der AG Biomonitoring validierte Analysenmethode zeichnet sich durch eine hohe Spezifität und Sensitivität aus. Mit einer Bestimmungsgrenze von 50 pg/l ist auch die Bestimmung von 3‑OH‑B[a]P in 50–60 % der Urinproben der beruflich nicht-belasteten Allgemeinbevölkerung möglich. Wichtige Charakteristika der Methode sind die Verwendung glucuronidierter Standards, der Zusatz von Ascorbinsäure als Antioxidans sowie die Überführung des Analyten in ein sensitiv detektierbares Derivat.
Schlussfolgerungen: Die kohärente Arbeitsweise der Arbeitsgruppen der MAK-Kommission hat sowohl eine Bewertungsgrundlage für B[a]P‑bezogene Biomonitoring-Ergebnisse als auch eine dafür benötigte sensitive Analysenmethode geschaffen. Auf dieser Grundlage wäre ein risikobezogenes Biomonitoring gemäß TRGS 910 zum Schutz PAH-exponierter Beschäftigter möglich.
Frau Dr. Anja Schäferhenrich
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
13
Einleitung: Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (MAK-Kommission) bewertet Gefahrstoffe und leitet Grenzwerte in der Luft und in biologischem Material zum Schutz exponierter Beschäftigter am Arbeitsplatz ab. Für die Lösungsmittelzusätze 2-Methoxyethanol, 2‑Methoxyethylacetat, Methoxyessigsäure, Diethylenglykoldimethylether und Diethylenglykolmonomethylether gilt ein Biologischer Arbeitsstoff‐Toleranz‐Wert (BAT-Wert) von 15 mg Methoxyessigsäure/g Kreatinin. Jedoch ist eine fruchtschädigende Wirkung bei Exposition in Höhe des BAT‐Wertes nicht auszuschließen (Schwangerschaftsgruppe B). Daher stellt sich die Frage, bei welcher inneren Belastung eine fruchtschädigende Wirkung nicht zu erwarten ist; dies entspricht einem Hinweis in der MAK- und BAT‐Werte‐Liste mit der Fußnote „Hinweis auf Voraussetzung für Gruppe C siehe Begründung“.
Methoden: Es wurden zahlreiche Entwicklungstoxizitätsstudien nach Exposition gegen 2-Methoxyethanol, Diethylenglykoldimethylether und Diethylenglykolmonomethylether an verschiedenen Tierspezies sowie Daten zur Toxikokinetik bei Mensch und Tier ausgewertet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Wirkung aller oben genannten Stoffe wird über den Metaboliten Methoxyessigsäure vermittelt. Die kritischen entwicklungstoxischen Effekte sind teratogene Effekte, die Skelett sowie innere Organe betreffen, wobei Fehlbildungen von Rippen und Wirbelkörpern sowie kardiovaskuläre Fehlbildungen im Vordergrund stehen. Bei höheren Dosierungen kommt es zum intrauterinen Tod der Embryos/Feten.
Für die Situation am Arbeitsplatz sind die Inhalationsstudien am relevantesten. Daher werden die NOAEC für Entwicklungstoxizität bei der Ratte von 10 ml 2-Methoxyethanol/m3 und beim Kaninchen von 3 ml 2-Methoxyethanol/m3 als Ausgangspunkt für die Ableitung einer Konzentration ohne entwicklungstoxische Effekte verwendet. Auf der Basis dieser tierexperimentellen Daten lässt sich mittels toxikokinetischer Überlegungen und Berechnungen aus einer Probandenstudie ableiten, dass für den Menschen bis zu einer Urinkonzentration von 2,5 mg Methoxyessigsäure/g Kreatinin eine fruchtschädigende Wirkung nicht anzunehmen ist. In der MAK- und BAT‐Werte‐Liste wird auf diesen Wert mit der Fußnote „Hinweis auf Voraussetzung für Gruppe C siehe Begründung“ hingewiesen.
Frau Dr. rer. nat. Sandra Michaelsen
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)Abteilung Lebensmittelchemie und ToxikologieInstitut für Angewandte BiowissenschaftenKaiserstr. 1276131 Karlsruhe, Karlsruhe
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Körperliche Belastung
Beiträge:
1

Einleitung

Ziel der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) [1] ist es, arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten durch Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge frühzeitig zu erkennen und zu verhüten. Arbeitsmedizinische Regeln (AMR) konkretisierten die Anforderungen der ArbMedVV. Die AMR Nr. 13.2 konkretisiert die Anforderungen für „Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System“ und wurde im Februar 2022 aktualisiert. Die Aktualisierung erfolgte, weil die ursprüngliche Fassung nicht mehr den Stand der arbeitswissenschaftlichen und arbeitsmedizinischen Forschung berücksichtigte, da zwischenzeitlich das Konzept der Belastungsarten und der mehrstufigen Gefährdungsanalyse physischer Belastungen am Arbeitsplatz (MEGAPHYS) seitens der BAuA und DGUV veröffentlicht worden ist [2]. In diesem Beitrag wird analysiert, inwiefern auf die in der AMR 13.2 verwiesenen Methoden, Verfahren oder Bewertungsansätze geeignet sind, die Notwendigkeit der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu ermitteln.

Methoden

Alle 47 Beurteilungsverfahren, auf die in der AMR 13.2 indirekt verwiesen wird und im direkten oder weiteren Zusammenhang von MEGAPHYS stehen, wurden insbesondere auf Basis der MEGAPHYS-Forschungsberichte [3, 4] und / oder weiterer Begleitdokumente dieser Beurteilungsverfahren systematisch analysiert. Betrachtet wurde hierbei
a) die Zuordnung zu den in MEGAPHYS gemeinsam definierten Belastungsarten,
b) die Zuordnung zu dem in MEGAPHYS gemeinsam definierten Risikokonzept und
c) die Prüfung auf die wesentlichen, wissenschaftlichen Gütekriterien für Beurteilungsverfahren.

Ergebnisse

Eine eineindeutige Zuordnung der Beurteilungsverfahren zu den sechs Belastungsarten kann in 12 von 47 Beurteilungsverfahren nachvollzogen werden. Das gemeinsame Risikokonzept ist in 6 der 47 Beurteilungsverfahren eingesetzt worden. Die Prüfung der Konvergenzvalidität liegt für 8 von 47 Beurteilungsverfahren vor. Die Prüfung auf Kriteriumsvalidität, Inter- und Intra-Rater Reliabilität sowie Objektivität wurde in 6 von 47 Beurteilungsverfahren durchgeführt.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Feststellung der Erforderlichkeit von arbeitsmedizinischer Vorsorge ist eine herausfordernde Aufgabe. Die Auswahl der dazu verwendeten Beurteilungsverfahren sollte sorgfältig erfolgen. Die hier betrachteten Aspekte und dessen Ergebnisse können eine Hilfestellung für diese Auswahl leisten.

Referenzen

[1]
Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) vom 18. Dezember 2008
(BGBl. I S. 2768), zuletzt geändert am 12. Juli 2019 (BGBl. I S. 1082)
[2] AMR 13.2:
Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen mit Gesundheitsgefährdungen
für das Muskel-Skelett-System. Arbeitsmedizinische Regel. GMBl Nr. 7 vom 25.
Februar 2022, S. 154-160
[3] MEGAPHYS – Mehrstufige
Gefährdungsanalyse physischer Belastungen am Arbeitsplatz. Band 1. F 2333.
Hrsg.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund 2019
[4] MEGAPHYS:  Mehrstufige Gefährdungsanalyse physischer Belastungen am Arbeitsplatz (DGUV
Report 3/2020). Abschlussbericht zum Kooperationsprojekt von BAuA und DGUV –
Band 2. Hrsg.: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V., Berlin 2020
Herr Prof. Dr.-Ing. André Klußmann
Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) HamburgFakultät Life Sciences / Department Gesundheitswissenschaften / Professur Arbeitswissenschaft, Hamburg
2


Einleitung: Ziel des Beitrags ist es, die Assoziation zwischen dem Tätigkeitsbereich und chronischen Rücken- und Gelenkschmerzen bei Mitarbeitenden eines Großunternehmens der chemischen Industrie zu untersuchen.
​​​​​Methoden: Es werden Querschnittsdaten verwendet, die im Zeitraum von 2019 bis 2022 bei einem freiwilligen Gesundheits-Check-Up für Mitarbeitende am Hauptstandort des Unternehmens in Ludwigshafen erhoben wurden. Der Check-Up beinhaltet u.a. die Beantwortung eines schriftlichen Fragebogens zum Bewegungsapparat, wobei länger als drei Monate anhaltende Rücken- oder Gelenkschmerzen innerhalb der letzten 12 Monate vor Teilnahme als chronisch definiert werden. Als Tätigkeitsbereiche wurden „Büro“, „Forschung/Labor“, „Produktion/Handwerk“ und „Sonstige“ erfragt. Die Assoziation zwischen Tätigkeitsbereich und chronischen Schmerzen wurde mittels modifizierter Poisson Regression analysiert, mit dem Prevalence Ratio als Effektmaß.
Ergebnisse: Die finale Stichprobe umfasst 12.503 Mitarbeitende, welche durchschnittlich 42 Jahre alt und überwiegend männlich (81%) waren. Die 12-Monatsprävalenz chronischer Schmerzen lag insgesamt bei 13%, wobei sich zunächst geringe Unterschiede zwischen den Tätigkeitsbereichen Büro (15%), Forschung/Labor (14%) und Produktion/Handwerk (11%) zeigten. Bei Mitarbeitenden mit chronischen Schmerzen (n=1.614) waren die Schultern am häufigsten (40%) und der Rücken am seltensten (2%) von Schmerzen betroffen. Insgesamt lag die durchschnittliche Schmerzstärke (0-10) bei 5 Punkten. Als Ursache für chronische Schmerzen nannten die betroffenen Mitarbeitenden u.a. körperliche (36%) und seelische (13%) Belastung bei der Arbeit. Die Ergebnisse der Poisson Regression zeigten, dass, adjustiert für u.a. Alter und Geschlecht, Mitarbeitende aus dem Bereich Forschung/Labor und Produktion/Handwerk eine signifikant niedrigere Prävalenz für chronische Rücken- und Gelenkschmerzen aufweisen als Mitarbeitende im Büro.
Diskussion: Mehr als jeder achte Teilnehmende ist von chronischen Rücken- oder Gelenkschmerzen betroffen, wobei Büromitarbeitende etwas häufiger betroffen zu sein scheinen. Da Erwerbstätige einen Großteil ihres Tages bei der Arbeit verbringen, ist es sinnvoll, das arbeitsplatzbezogene Präventionspotential zu erkennen, um berufsbedingte chronische Schmerzen zu reduzieren. Zielgerichtete, bedarfsorientierte ergonomische Angebote im Anschluss an den Gesundheits-Check-Up können dabei unterstützen.

Frau Bärbel Holzwarth
Corporate Health Management, BASF SE, Ludwigshafen am Rhein
3
Hintergrund und Zielsetzungen: Gegenwärtig prüft der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten die Empfehlung für eine mögliche neue Berufskrankheit (Vorprüfung) „Arthrose (Hand- u. Fingergelenke) durch Kraftaufwendung, repetitive Tätigkeiten und Stoßbelastungen“ [1]. Im Gegensatz zu Hüft- und Kniegelenksarthrosen sind Arthrosen der Hand- und Fingergelenke und speziell des Daumensattelgelenks bislang erst selten in einem Zusammenhang mit einer langjährigen beruflich bedingten Überlastung gesehen worden. Wir berichten über einen 70-jährigen Patienten mit einer Daumensattelgelenksarthrose, verbunden mit arthrotischen Veränderungen im Bereich des Os naviculare sowie des Os multangulum majus.
Der Betroffene verwendete im Rahmen seiner ärztlichen, insbesondere gutachterlichen Tätigkeit, im Zeitraum 1986-2021 ein Diktiergerät mit Schiebeschalter eines bekannten Herstellers, bei welchem er den Schiebeschalter täglich hunderte Mal positionieren musste. Hieraus resultierte eine täglich jeweils ca. 6-stündige repetitive Belastung des rechten Daumensattelgelenks. Der Betroffene ist Rechtshänder. Eine besondere berufliche Belastung der linken Hand lag nicht vor. Erste Beschwerden im Bereich der rechten Hand traten im Alter von 59 Jahren mit belastungsabhängiger Intensität auf. Die linke Hand ist völlig beschwerdefrei.
Diagnostik, Therapie und Verlauf: Zunächst ergab sich der klinische Verdacht einer Daumensattelgelenksarthrose. Bei zunehmenden Beschwerden im Verlauf der Folgejahre wurde im Alter von 68 Jahren eine Röntgendiagnostik des rechten Daumens mit Handwurzel durchgeführt, die signifikante Zeichen einer Daumensattelgelenksarthrose im Zusammenhang mit einer distalen Interkarpalarthrose zwischen dem Os naviculare sowie dem Os multangulum majus ergab. Die Therapie erfolgt seit vielen Jahren mit topischen Antiphlogistika, bei Bedarf der Einnahme von Ibuprofen, Kühlung und Schonung. Eine Operationsindikation ergibt sich noch nicht.
Seit dem 68. Lebensjahr hat der Betroffene seine Diktiertätigkeit nicht zuletzt wegen zunehmender Schmerzen auf ein Spracherkennungssystem umgestellt. Eine BK Anzeige wurde bislang nicht erstattet.
Schlussfolgerung: Infolge der langjährigen Verwendung eines Diktiergerätes mit der Notwendigkeit, täglich hunderte von Schiebebewegungen durchzuführen, kam es zu einer dauerhaften und repetitiven Belastung des Daumensattelgelenks mit der Folge, dass zwischenzeitlich eine Daumensattelgelenksarthrose eingetreten ist.

Referenzen

[1] BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Ärztlicher
Sachverständigenbeirat (2023) https://www.bmas.de/DE/Soziales/Gesetzliche-Unfallversicherung/Aerztlicher-Sachverstaendigenbeirat/aerztliche-sachverstaendigenbeirat.html
Herr Dipl.-Chem. Dr. med. Hans-Martin Prager
4
Einleitung: Die Berufsausbildung im professionellen Bühnentanz und der Artistik sind mit einem langjährigen intensiven spezifischen Training verbunden. Belastungen der Wirbelsäule werden dabei mit muskuloskelettalen Verletzungen in Verbindung gebracht. Diese Studie untersucht die dorsale Oberkörperstatik in verschiedenen Körperpositionen, um haltungsspezifische Merkmale zu identifizieren, die zur Entwicklung präventiver Maßnahmen beitragen können.
Methoden: In einer Querschnittstudie nahmen n=48 Studierende aus dem Bühnentanz (m=7; w=19) und der Artistik (m=5; w=17) im Alter zwischen 13 und 19 Jahren teil. Mit einer Videorasterstereographie (ABW-Rückenscanner) wurden 17 Analyseparameter für den Schuler-, Wirbelsäulen -und Beckenbereich in der Neutralposition sowie 5 tanz- bzw. sportartspezifischen Körperhaltungen vermessen. Ein Fragebogen wurde verwendet, um den Zusammenhang zwischen der dorsalen Oberkörperstatik und Lendenwirbelsäulenbeschwerden zu ermitteln. Die inferenzstatistische Analyse umfasste nur weibliche Studierende (n= 36) und beinhaltete t-Tests, ANOVA, eine binäre logistische Regression und eine Korrelationsanalyse.

Ergebnisse: In der Neutralposition zeigten Bühnentänzerinnen einen geringeren lumbalen Biegungswinkel (10.33° ± 4.46) als Artistinnen (14.48° ± 3.56) (p= .05). Die Einnahmen bühnentanzspezifischer Haltungen führten zu einer reduzierten thorakalen Biegung um circa 4° (p=0.001 - 0.004). Bei den Artistinnen konnte ebenfalls ein um 2° reduzierter Winkel zwischen der Neutralhaltung und der Elevation der Arme festgestellt werden (p= 0.003). Keiner der Analyseparameter korrelierte mit dem Auftreten von Beschwerden in der Lendenwirbelsäule.

Schlussfolgerung/Diskussion: Die Ergebnisse in der Neutralposition deuten auf mögliche morphologische Unterschiede hin. Es kann dabei von einer Aufrichtung des Oberkörpers hinsichtlich einer flacheren Wirbelsäule in der lumbalen Biegung bei den Bühnentänzerinnen ausgegangen werden. Interessanterweise ist bei Ballettstudierenden auch eine verstärkte Lordosierung mit Hyperextension anzutreffen. Dies spiegelt sich jedoch nicht in den tanz bzw. sportartspezifischen Körperhaltungen wider. Dort findet weiterhin eine Aufrichtung im thorakalen Bereich statt. Ein Vergleich mit Normwerten von Ohlendorf et al. (2023) zeigte keine starken Abweichungen zeigen. Weitere Untersuchungen sollten folgen.
Frau Sabrina Liedtke
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Goethe-Universität Frankfurt, Frankfurt/M
5
Einleitung:
Staubsaugen ist nicht nur bei professionellen Reinigungskräften, sondern auch in privaten Haushalten eine häufig durchgeführte Tätigkeit. Dabei wird Staubsaugen mit vermehrten Muskel-Skelett-Beschwerden assoziiert. Ziel dieser Studie war es, die Bewegungen der oberen Extremität und des Rumpfs beim gewohnheitsmäßigen Staubsaugen zu quantifizieren.

Methoden:
Für diese Untersuchung wurden 31 (21w/10m) subjektiv gesunde Erwachsene mit einem durchschnittlichen Alter von 33,4 ± 10,7 Jahren, einer Größe von 172,8 ± 9,4 cm und einem Gewicht von 66,9 ± 13,9 kg eingeschlossen, die nicht hauptberuflich als Reinigungskraft tätig waren. Ihre Körperhaltung wurde mittels eines inertial motion capture Messsystems (Xsens) beim habituellen Staubsaugen auf PVC-Boden aufgezeichnet. Es wurde eine kinematische Analyse der relevanten Gelenke für jeweils vier Hand- und vier Standstaubsauger für einarmiges Saugen durchgeführt. Dabei wurden die kinematischen Daten über die acht Staubsaugermodelle gemittelt. Insgesamt wurden 12 Saugzyklen ohne Distanzvorgaben aufgezeichnet und auf 100 Schritte Zeitnormalisiert.

Ergebnisse
Insgesamt zeigte das Bewegungsprofil starke Rotationsbewegungen in Hals, Rumpf und Hüften mit vergleichsweise geringen Bewegungen in der Sagittalebene. Dagegen waren in der oberen rechten Extremität starke Veränderungen in der Sagittalebene in Schulter, Ellenbogen und Handgelenk erkennbar. Die Kopfgelenke, Halswirbelsäule und die rechte Hüfte rotierten zeitlich, während der Rumpf und die linke Hüfte entgegen rotierten. Die Streuung der Gelenkwinkel war in der oberen Extremität deutlich höher als in Rumpf und Hüfte.

Diskussion
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Generalisierung eines Bewegungsprofils für den Rumpf aufgrund der relativen Homogenität möglich ist. Im Gegensatz dazu ist die Variabilität in der oberen Extremität für eine Generalisierung zu hoch. Das dargestellte Bewegungsprofil stellt eher ein Komfortbereich des Staubsaugens dar, der als Referenz für die Ergonomie beim Staubsaugen dienen kann. In zukünftigen Untersuchung sollen mittels ergonomischer Gefährdungsbeurteilung Bewegungen, Positionen oder Gelenke der oberen Extremität identifiziert werden, die Muskel-Skelett-Erkrankungen begünstigen oder davon betroffen sind.

Herr Fabian Holzgreve
Goethe Universität Frankfurt, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Frankfurt/M
6
Für eine effektive und effiziente Gesundheitsförderung ist es notwendig, die Gesundheit und die berufsspezifischen Belastungen von Auszubildenden zu erfassen, um daraus zielgruppenspezifische Handlungsfelder abzuleiten.

Im Rahmen einer Studie zum Gesundheitszustand, zum Gesundheitsverhalten und den Belastungen von Auszubildenden der grünen Berufe wurden auch 1316 angehende Landwirte (19,1 Jahre, 82% Männer, 18% Frauen) befragt. Folgende standardisierte Befragungsinstrumente wurden eingesetzt: Azubi-Gesundheitsfragebogen, WHO-5 Wellbeing Scale (WHO 5), Pittsburgh Sleep Qualitity Index (PSQI).

Mehr als 3/4 der Auszubildenden bewerten ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut (81 %). Häufigste gesundheitliche Beschwerden in den letzten 12 Monaten waren Atemwegserkrankungen (57%), Rückenschmerzen (39%) und Kopfschmerzen (34%).
Laut Body-Mass-Index gelten 12% der Auszubildenden als adipös und 3% als untergewichtig.
Nach dem WHO-5-Index ist bei 20% der Auszubildenden das Wohlbefinden beeinträchtigt. Wichtigster Einflussfaktor auf das Wohlbefinden ist dabei der Schlaf: Nur 35% fühlten sich am Morgen frisch und ausgeruht. Laut dem PSQI ist die Schlafqualität bei jedem Vierten beeinträchtigt (schlechte Schlafqualität: 25%, gestörter Schlaf: 2%).
90% benötigen morgens einen Wecker zum Aufwachen. Die unterbrochene Erholung führt zu einer erhöhten Tagesmüdigkeit, was die Wahrscheinlichkeit von Unfällen steigert. 36% berichten von Sekundenschlafepisoden beim Autofahren.
Jeder fünfte Landwirt raucht (21%). Allerdings sind mehr als 2/3 der Rauchenden bereit ihr Rauchverhalten (67%) zu ändern. 44% trinken dreimal oder häufiger pro Woche Alkohol. 64% haben Erfahrungen mit Cannabis.
68% müssen bei der Arbeit häufig schwer Heben und Tragen, 30% fühlen sich dadurch sehr belastet. Häufig vorkommendes, als belastend empfundenes, Heben und Tragen schwerer Lasten, gilt als Risikofaktor für die Entstehung von Rückenschmerzen.
Hohe Zufriedenheitswerte mit der Arbeit, den Ausbildern, den Kollegen und dem Betriebsklima sind allgemein als gesundheitsfördernd zu bewerten.

Bei angehenden Landwirten finden sich bereits verschiedene gesundheitliche Defizite und Probleme. Wichtige Handlungsfelder zur Gesundheitsförderung sind: Rückengesundheit, Suchtprävention und Schlafhygiene.
Herr Prof. Dr. Manfred Betz
Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen
7
Erzieher*innen sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zahlreichen Belastungen ausgesetzt. Ständiges Sprechen in lauter Umgebung kann die Stimme der Erzieherinnen beanspruchen und sog. ponogene Dysphonien (Syn.: Stimmstörungen) hervorrufen. Ziel der Studie ist es zu untersuchen, inwieweit bei Erzieherinnen ein auffälliger Dysphonie-Schweregrad-Index (DSI < 4,2) vorliegt. Im Weiteren wurden Faktoren detektiert, die als mögliche Ursache für die Entstehung von Dysphonien bei Erzieherinnen diskutiert werden können.
An der Studie nahmen 80 gesunde Erzieherinnen (Alter: 43,4 ± 12,1 Jahre) aus Kindertagesstätten Magdeburgs und Umgebung freiwillig teil. Zur Feststellung einer Stimmstörung wurde der Dysphonie-Schweregrad-Index (DSI) nach Wuyts et al. berechnet. Die Stimmanalyse erfolgte mit der Software DiVAS V2.8 Modul Basis (XION GmbH, Berlin). Zusätzlich füllten die Erzieherinnen Fragebögen zu berufs- und personenbezogenen Daten aus. Die Irritationsskala nach Mohr et al. (2005) diente der Erfassung psychischer Beanspruchung.
Bei 33 (41,2 %) Erzieherinnen zeigte sich kein auffälliger DSI (5,5 ± 0,9). Bei 47 (58,8 %) Erzieherinnen wurde ein auffälliger DSI (2,98 ± 0,9) festgestellt. Hinsichtlich Alter, Dauer der Berufstätigkeit und anderen Lebensstilfaktoren, wie z. B. Rauchen, Trinkmenge pro Tag sowie Sprechdauer am Tag unterschieden sich die Gruppen nicht. Erzieherinnen mit auffälligem DSI betreuten jedoch häufiger große Gruppen mit mehr als 20 Kindern und arbeiteten häufiger in Vollzeit (p < 0,05) als Erzieherinnen mit unauffälligem DSI.
Die psychische Beanspruchung war in beiden Gruppen gleich ausgeprägt. Erzieherinnen mit unauffälligem DSI (> 4,2) wiesen 21 % unterdurchschnittliche und 64 % durchschnittliche Stanine-Werte auf gegenüber 20 % unterdurchschnittliche und 54 % durchschnittliche Stanine-Werte bei Erzieherinnen mit einem DSI < 4,2. Lediglich 15 % der Erzieherinnen mit DSI > 4,2 bzw. 26 % Erzieherinnen mit DSI < 4,2 lagen im überdurchschnittlichen Bereich der psychischen Beanspruchung (p = 0,502).
Bei mehr als der Hälfte der eigentlich gesunden Erzieherinnen lag bereits ein auffälliger DSI vor. Bei Erzieherinnen sollte deshalb bereits in der Ausbildung das Thema Stimmhygiene und Stimmbildung eine wesentliche Rolle für die stimmliche Gesunderhaltung in diesem sprechintensiven Beruf spielen. Denn Erzieherinnen müssen auf ihre Stimme sensibilisiert und stimmlich vorbreitet sein, damit sie möglichst lange gesund im Beruf arbeiten können.
Frau Katarina Berkhauer
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
8
Erzieher*innen sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zahlreichen Belastungen ausgesetzt. Ein möglicher Belastungsfaktor, der im Arbeitsalltag eine maßgebliche Rolle spielt, ist berufsbedingter Umgebungslärm, der sich u.a. negativ auf die Stimme der Beschäftigten auswirken kann. Eine kranke Stimme kann durch eine eingeschränkte stimmliche Belastbarkeit gekennzeichnet sein. Sie schränkt die wiederum die Berufsausübung stark ein. Ziel der Studie ist es zu untersuchen, inwieweit sich die stimmliche Belastbarkeit bei Erzieherinnen mit auffälligem Dysphonie-Schweregrad-Index (< 4,2) von Erzieherinnen mit normalem DSI unterscheidet.

An der Studie nahmen 80 Erzieherinnen (Alter: 43,4 ± 12,1 Jahre) aus Kindertagesstätten Magdeburgs und Umgebung freiwillig teil, die sich selbst als stimmgesund einschätzten. Zur Feststellung einer unerkannten Stimmstörung wurde der DSI nach Wuyts et al. berechnet und nach Nawka et al. (2006) klassifiziert. Für die Erfassung der Belastbarkeit der Stimme wurde ein 10-minütiger Stimmbelastungstest (Wechseltest in Anlehnung an Seidner) durchgeführt. Die Stimmanalyse erfolgte mit der Software DiVAS V2.8 Modul Basis (XION GmbH, Berlin). Auf einer Skala von 0 (keine Anstrengung) bis 10 (maximale Anstrengung) wurde im Anschluss an den Belastungstest das subjektive Anstrengungsempfinden erhoben.
​​​​
Bei 33 (41,2 %) Erzieherinnen lag ein normaler DSI (5,5 ± 0,9) vor. Bei 47 (58,8 %) Erzieherinnen wurde ein auffälliger DSI (2,98 ± 0,9) festgestellt. Hinsichtlich Alter, Dauer der Berufstätigkeit und anderen Faktoren, wie z. B. Rauchen, unterschieden sich die Gruppen nicht. Im Stimmbelastungstest wiesen Erzieherinnen mit unauffälligem DSI bessere Leistungen auf. Sie erzielten einen mittleren Schalldruckpegel von 79,7 ± 1,02 dB(A), wogegen Erzieherinnen mit auffälligem DSI nur einen Pegel von 79,1 ± 1,1 dB(A) (p < 0,05). Erzieherinnen mit unauffälligem DSI unterschritten den geforderten Schalldruckpegel während des Stimmbelastungstest zu 2,5 ± 4,7 %, Erzieherinnen mit auffälligem DSI dagegen zu 5,6 ± 7,9 % (p < 0,05). Die Belastung empfanden beide Gruppen gleich anstrengend.

Bei mehr als der Hälfte der eigentlich gesunden Erzieherinnen wurde ein auffälliger DSI festgestellt. Deshalb müssen Erzieherinnen frühzeitig für ihre Stimme und die Bedeutung von Stimmhygiene sensibilisiert werden, insbesondere für die Auswirkungen des Sprechens in lauter Umgebung. Bereits in der Ausbildung zur Erzieherin sollte Sprecherziehung integriert werden.

Referenzen

[1] Wuyts, F. L.; Bodt, M. S. de; Molenberghs, G.; et al. (2000) The dysphonia severity index: an objective measure of vocal quality based on a multiparameter approach. Journal of speech, language, and hearing research, 43, 796-809
[2] Nawka, T.; Wirth, G. (2008) Stimmstörungen. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 5. Auflage
Frau Dr. med. Sabine Darius
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Digitale Medizin
Beiträge:
1
Hintergrund
An Bord ist der Zugang zu medizinischen Angeboten beschränkt. Seeleute erfüllen bezüglich ihrer IT-Kompetenz die Grundvoraussetzung für ein App-basiertes Gesundheits- oder Krankheitsmanagement. Ziel dieser Studie war es herauszufinden, ob Seeleute mit einem eingeschränkten Wohlbefinden eine App-basierte Gesundheitsunterstützung nutzen.

Methodik
976 Seeleute einer Hamburger Reederei wurden gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, der u.a. den WHO-5-Wohlbefindens-Index (WHO-5) und Fragen zu der Nutzung von Gesundheits-Apps enthielt. Ein eingeschränktes Wohlbefinden wurde bei einem WHO-5 ≤ 13 angenommen.

Ergebnisse
Insgesamt füllten 731 Seeleute den Fragebogen aus (Teilnahmequote 74,9%). Gemäß WHO-5 hatten 72 Seeleute (9,8%) ein eingeschränktes Wohlbefinden. Hiervon waren mehr europäische als nicht-europäische Besatzungsmitglieder betroffen (17,5% vs. 6,9%; p< 0,001). Letztere waren zum Zeitpunkt der Befragung signifikant länger an Bord eingesetzt (6,3 vs. 2,9 Monate; p< 0,001). 53,2% der befragten Seeleute hatten jemals eine Gesundheits-App heruntergeladen, wobei Besatzungsmitglieder mit eingeschränktem Wohlbefinden deutlich häufiger überdurchschnittlich viele Gesundheits-Apps heruntergeladen hatten (9,8% vs. 4,5%).
Ein eingeschränktes Wohlbefinden war signifikant mit einem Download von Gesundheits-Apps assoziiert (OR 1,78; 95% KI (1,14- 2,77)). Eine Adjustierung für die Gesamtdauer der Seefahrtjahre (=Berufserfahrung) und für die aktuell zur Befragung bestehende Aufenthaltsdauer an Bord hatte keinen Einfluss diese Assoziation (OR 1,62; 95% KI (1,03-2,57)). Bei zusätzlicher Adjustierung mit der ethnischen Zugehörigkeit konnte kein signifikanter Zusammenhang mehr festgestellt werden.

Schlussfolgerung
Health-Apps werden offensichtlich insbesondere von Besatzungsmitgliedern mit eingeschränktem Wohlbefinden unabhängig von ihrer kumulativen Seefahrtzeit und ihrer aktuellen Einsatzzeit an Bord heruntergeladen. Somit scheint diese Form eines elektronischen Gesundheitsmanagements in der Schifffahrt ein erfolgsversprechender Interventionsansatz zu sein. Die Tatsache, dass die Antworten nicht-europäischer Besatzungsmitglieder trotz ihrer üblicherweise längeren Einsatzzeiten an Bord seltener eine Einschränkung des Wohlbefindens im WHO-5 ergaben, könnte Ausdruck einer sozialen Erwünschtheit in dieser Kulturgruppe sein. Zukünftige Studien sollten den Bedarf an Gesundheits-Apps von Seeleuten erheben und deren Effekte in einem prospektiven Ansatz abschätzen.
Herr PD Dr. Marcus Oldenburg
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
2

Einleitung

Im Messystem Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (MGU) wurden im Jahr 2022 20.964 Gefahr- bzw. Biostoffproben genommen. Aus diesen wurden 92.859 Analysen generiert. Alleine 26.423 Analysen entfallen im Jahr 2022 auf Projekte im Rahmen des MGU.

Methoden

Um die Expositionen von Beschäftigten zu Dokumentieren und Berichte für die bemessenen Betriebe zu erstellen, werden vor Ort durch autorisierte Mitarbeitende bis zu 200 Einzelinformationen zu jeder Probe dokumentiert. Dazu wird die OMEGA Software Gefahrstoffe eingesetzt. Diese wird aktuell neu entwickelt. Die Neuentwicklung läuft unter dem Namen OMEGAone. OMEGAone ist eine Webanwendung, um Betriebs- und Expositionsdaten strukturiert zu erheben und diese mit den ermittelten Messwerten zusammenzuführen. Die Berichte können unter anderem zur Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen herangezogen werden. Alle erhobenen Daten werden in der Expositionsdatenbank MEGA gespeichert (Stand 2022: 3,76 Mio. Datensätze).

Ergebnisse

Mit der Neuentwicklung von OMEGAone wird eine endgerätunabhängige, webbassierte Anwedung zur Verfügung gestellt. Die Anwendung ist skalierbar, um im Rahmen von Projekten über die Daten von Gefahrstoff- bzw. Biostoffmessungen hinaus auch Daten zum Biomonitoring zu dokumentieren. Ein erweiterter Datensatz soll die gemeinsame Auswertung mit der neuen Auswertesoftware MEGAinnovativ ermöglichen. Im Bestandsystem wurden diverse Projekte abgewickelt, die dem Poster zu entnehmen sind. Die Erfahrungen aus diesen Projekten fließen in die Neuentwicklung von OMEGAone mit ein.

Schlussfolgerung / Diskussion

Eine Software zur Dokumentation von diversen Einflussfaktoren auf Beschäftigte kann in Zukunft die Betrachtung von multiplen Belastungen derer ermöglichen. Dabei sind im MGU die Bereiche Gefahrstoffe, Biostoffe, Lärm, Raumklima sowie explosionsfähige Stäube fest verankert. Die Anpassungfähigkeit von OMEGAone ermöglicht die Erweiterung um andere Bereiche wie beispielsweise das Biomonitoring. Gepaart mit den Auswertungsmöglichkeiten von MEGAinnovativ können sowohl der Arbeitsschutz als auch die Arbeitsmedizin durch diese Anwendung profitieren.
Herr Manuel Kühn
Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), Sankt Augustin
Frau Chantal Wagner
Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), Sankt Augustin
3
Einleitung. Die betriebsärztliche Betreuung und arbeitsmedizinische Vorsorge sind wichtige Bestandteile, um die Gesundheit von Beschäftigten durch Maßnahmen der Unfallverhütung und des Arbeitsschutzes zu erhalten und zu schützen. Jedoch können vor allem Klein- und Kleinstbetriebe (KKU) im ländlichen Raum Deutschlands aktuell nicht ausreichend betriebsärztlich versorgt werden [2,3]. Die Prävalenz bestimmter Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle ist dabei in KKU besonders hoch. [1] Die Integration telemedizinischer Anwendungen (TMA) kann hier eine Perspektive sein, um die unzureichende Versorgungsituation der KKU im ländlichen Raum zu verbessern [3,4,5,6].
Im Rahmen einer Masterthesis zum Thema wurde untersucht, inwieweit die Integration von TMA im genannten Bereich bisher umgesetzt wird und welche möglichen Einsatzbereiche sich dabei ergeben. Hierbei wurden Chancen und Herausforderungen bei der Integration von TMA in die betriebsärztliche Betreuung und arbeitsmedizinische Vorsorge von KKU im ländlichen Raum Deutschlands identifiziert.

Methode. Auf Grundlage einer systematischen Literaturrecherche, wurden vier leitfadengestützte Interviews mit Expert*innen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Deutschland im Zeitraum vom 10. November - 21. Dezember 2022 geführt. Die Expert*inneninterviews wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring unter Hinzuziehen der Software MAXQDA 2022 ausgewertet.

Ergebnisse. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Integration von TMA in die betriebsärztliche Betreuung und arbeitsmedizinische Vorsorge von KKU im ländlichen Raum Deutschlands nur sehr punktuell und nicht in der Breite erfolgt. Gleichzeitig bilden sich zahlreiche Einsatzmöglichkeiten ab, die über die Beratung von Beschäftigten innerhalb der ArbMedV oder die Mitwirkung von Betriebsärzt*innen durch Video-Zuschaltung im Rahmen sonstiger Leistungen, hinausgehen. Neben offensichtlichen Chancen, wie der Einsparung von Zeit- und Personalressourcen, werden primär Herausforderungen bei der Integration von TMA identifiziert, von welchen sich viele auf KKU und die Beschäftigten selbst beziehen.

Schlussfolgerung. Der geringe Umsetzungsstand und die Menge an ermittelten Herausforderungen bei der Integration von TMA, aus welchen sich notwendige Maßnahmen, wie bspw. die Akzeptanzförderung ableiten lassen, geben wichtige Hinweise, die bei der weiteren Integration von TMA in die betriebsärztliche Betreuung und arbeitsmedizinische Vorsorge von KKU im ländlichen Raum Deutschlands zukunftsweisend sind.

Referenzen

[1] DGUV (2022). DGUV-Statistiken für die Praxis 2021. Berlin: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V.. Online verfügbar unter: https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4588 (abgerufen am: 09.10.2023).
[2] DGUV (2021). Arbeitswelten. Menschenwelten. Prioritäten für den Arbeitsschutz von morgen. Berlin: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V.. Online verfügbar unter: https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4355 (abgerufen am 09.10.2023).
[3] Drexler H, Letzel S, Nessler T, Amler N, Fischmann W, Lange S(2022). Gesund Arbeiten in Thüringen. Verbesserung der Qualität und der Leistungen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement durch Entwicklung von zielgruppenspezifischen Präventionspfaden. München: DGAUM.
[4] BÄK (2021). Evaluation und Monitoring der arbeitsmedizinischen Versorgung. Berlin: Bundesärztekammer. Online verfügbar unter: https://www.bundesaerztekam- mer.de/fileadmin/user_upload/_old-files/downloads/pdf-Ordner/Arbeitsmedizin/Konzept_fuer_eine_Evaluation_sowie_ein_kontinuierliches_Monitoring_der_arbeitsmedizinischen_Versorgung.pdf (abgerufen am 09.10.2023).
[5] DGAUM (2017). Der demographische Wandel in unserer Gesellschaft und die zukünftige arbeitsmedizinische Versorgung. Stellungnahme der DGAUM zur Sicherung der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland. München: Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.. Online verfügbar unter: https://www.dgaum.de/fileadmin/pdf/Stellungnahmen_und_Positionspapiere/2017/DGAUM_Stellungnahme_BAE-Mangel_5_.pdf (abgerufen am: 09.10.2023).
[6] VBG (2020). Telemedizin in der betriebsärztlichen Betreuung – eine sinnvolle Ergänzung. Hamburg: Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Online verfügbar unter: https://www.vbg.de/SharedDocs/Medien-Center/DE/Broschuere/Themen/Arbeitsschutz_organisieren/Telearbeitsmedizin_FactSheet.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (abgerufen am: 09.10.2023).
Frau Mareike Brietzke M. Sc.
Hochschule Fulda, Fulda
4
Einleitung: Die betriebsärztliche Betreuung in Deutschland steht vor vielfältigen Herausforderungen. Diese umfassen eine steigende Nachfrage sowie einen Mangel an spezialisierten Arbeitsmediziner*innen [1]. Insbesondere in den landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen und grünen Sektoren ist die regelmäßige Betreuung kleinerer Betrieben erschwert [3]. Ein vielversprechender Ansatz zur Bewältigung dieser Problematik ist die Nutzung von Telemedizin, die international für ihre sektorübergreifende Erreichbarkeit, Prävention und Betreuung anerkannt ist [4]. Daher sollte untersucht werden, inwieweit die Tele-Arbeitsmedizin (T-AM) als unterstützendes Mittel im Rahmen der betriebsärztlichen Betreuung sowie der arbeitsmedizinischen Vorsorge aus Sicht der Arbeitgeber*innen von KMU-Betrieben in der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und des Gartenbaus geeignet ist. Hierbei sollten neben den Rahmenbedingungen die Bedarfe, hemmende und fördernden Faktoren sowie die Chancen der T-AM ermittelt werden.

Methoden: Es wurden acht leitfadengestützte Interviews mit Arbeitgeber*innen im Zeitraum Juli-August 2023 durchgeführt und anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring kategorienbasiert ausgewertet [2].

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass eine Auseinandersetzung seitens der Arbeitgeber*innen mit dem Thema der T-AM bisher in nur geringem Maß erfolgt ist und es vor einer zukünftigen Einführung und Integration der T-AM in den Betrieben Informationsbedarf, insbesondere zu Möglichkeiten und rechtlichen Rahmenbedingungen, technischer Unterstützungsbedarf für die Mitarbeitenden und Anpassungsbedarf der Räumlichkeiten zur Wahrung des Datenschutzes besteht. Chancen werden insbesondere in Tele-Konsultationen bei allgemeinen Fragen zum betrieblichen Gesundheitsschutz, aber auch bei Teilen der Vorsorge und speziellen Fragestellungen, wie chronischen Erkrankungen und insbesondere mit Blick auf die Einsparung von Zeit- und Personalressourcen gesehen.

Schlussfolgerung/Diskussion: Aus den ermittelten Herausforderungen sowie der geringen Auseinandersetzung und geringen Kenntnis zu Einsatzmöglichkeiten der T-AM, lassen sich Maßnahmen, wie die Information zu praxisbezogenen Umsetzungs- und Unterstützungsmöglichkeiten ableiten, um eine Grundlage für die Akzeptanz und Integration der T-AM in den Betrieben der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und des Gartenbaus zu schaffen.
Frau Prof. Dr. Gamze Güzel-Freudenstein
Hochschule für angewandte wissenschaften Fulda, Fulda
5
Einleitung: Im Rahmen von Digitalisierungsprozessen werden digitale Technologien in Organisationen eingeführt und analoge Daten und Arbeitsweisen in eine digitale Form gebracht [1]. Diese Prozesse können weitreichende arbeitsorganisatorische Veränderungen mit sich bringen und Einfluss auf die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten nehmen [2]. Als Teil des Projekts „DigitalGesund“ ist das Ziel dieses Reviews, eine empirische Übersicht der Anforderungen und Unterstützungsfaktoren von Beschäftigten im Zuge von Digitalisierungsprozessen zu geben sowie gesundheitsförderliche Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Methoden: Dazu wurde eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed und Web of Science vorgenommen. Es wurden deutsch- und englischsprachige Studien ab dem Jahr 2013 eingeschlossen, die konkrete Digitalisierungsmaßnahmen/-projekte in Unternehmen oder staatlichen Einrichtungen untersuchten. Erforderliche Zielgrößen umfassten Anforderungen, unterstützenden Faktoren, gesundheits- oder arbeitsbezogene Auswirkungen für Beschäftigte im Zuge dieser Maßnahmen/Projekte oder Empfehlungen zur Prozessgestaltung. Die Ergebnisse wurden qualitativ zusammengefasst.

Ergebnisse: Insgesamt wurden neun Studien eingeschlossen. Davon kamen vier Studien aus Deutschland. Als Anforderungen für Beschäftigte zeigten sich fehlende Ziele, Strategien und Verantwortlichkeiten für die Implementierung der Digitalisierungsmaßnahme, Intransparenz, eine erhöhte Arbeitsbelastung sowie unzureichende Unterstützung und zeitliche Ressourcen im Rahmen des Digitalisierungsprozesses. Umfangreiche Information, aktive Einbindung, Bereitstellung von Schulungsmaßnahmen und Unterstützung auf technischer Ebene und durch die Führung stellten dagegen Unterstützungsfaktoren im Prozess dar und gingen mit einer höheren Zufriedenheit gegenüber der Maßnahme einher. Entsprechend wurden gesundheitsförderliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Digitalisierungsvorhaben hinsichtlich der Vorbereitung und Ausgestaltung des Prozesses, personellen Ressourcen, Unterstützungsmaßnahmen, Partizipation und Kommunikation identifiziert.

Schlussfolgerung/Diskussion: Organisationen sollten mögliche Auswirkungen von Digitalisierungsprozessen für ihre Beschäftigten bereits zu Beginn der Maßnahme berücksichtigen und mitgestalten. Das kann gelingen, indem die Implementierung von Digitalisierungsmaßnahmen als ganzheitlicher Prozess im Rahmen eines Change-Managements verstanden wird.

Referenzen

[1]    Demary V, Engels B, Röhl K, Rusche C. Digitalisierung und Mittelstand – Eine Metastudie, IW-Analysen Nr. 109. Köln: Institut
der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH, 2016.
[2]    Arnold D, Butschek S, Steffes S, Müller D. Monitor - Digitalisierung am Arbeitsplatz: Aktuelle Ergebnisse einer Betriebs-
und Beschäftigtenbefragung, ZEW-Gutachten und Forschungsberichte. Berlin:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2016.
Frau Dr. Tanja Wirth
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
6

Einleitung

Die digitale Transformation von Arbeitswelt und Gesundheitsversorgung ist ein in der Praxis und in der Forschungslandschaft viel diskutiertes Thema. In einem Forschungsprojekt des IASV wird der digitale Transformationsprozess in einem Institut für Pathologie erforscht. Mittels eines ethnografischen Zugangs, in dem mehrere qualitative Methoden der empirischen Sozialforschung miteinander verzahnt werden, kann ein Beitrag geleistet werden, den Transformationsprozess als solchen ganzheitlich zu verstehen, genauso wie die damit einhergehenden Herausforderungen, Bedürfnisse und Wünsche der Beteiligten sowie die Auswirkungen der Digitalisierung auf die arbeitsbedingten psychischen Belastungen und Ressourcen. Mein Promotionsprojekt, welches in dieses Forschungsprojekt eingebettet ist, fokussiert die Perspektiven der Entscheidungsträger*innen im Digitalisierungsprozess. Ziel ist es, ein Verständnis für die Erfahrungen und Erwartungen dieser Entscheidungsträger*innen zu gewinnen.

Methoden

Im März 2023 wurden zwei Fokusgruppendiskussionen (n=6 & n=3 Teilnehmende) sowie ein Einzelinterview durchgeführt. Einschlusskriterium war deren Funktion als Entscheidungsträger*in im Digitalisierungsprozess. Es wurden verschiedene Hierarchiestufen und Arbeitsbereiche abgebildet. Die Leitfragen fokussierten die Anforderungen an die Führungskräfte und deren Erleben der bisherigen Digitalisierungsprozesse sowie ihre Einschätzungen hinsichtlich einer gelingenden Vernetzung der Entscheidungsträger*innen im Digitalisierungsprozess. Die transkribierten Daten werden mithilfe der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse

Erste Analysen weisen auf die besonderen Herausforderungen hin, dass der Normalbetrieb parallel zur Digitalisierung aufrechterhalten und bereits stark getaktete Abläufe weiter verdichtet werden müssen. Als bedeutsam werden darüber hinaus die Altersstruktur der Mitarbeitenden und deren Offenheit für den digitalen Transformationsprozess erachtet. Als förderliche Faktoren werden die Rekrutierung der Entscheidungsträger*innen aus dem von digitalen Change-Prozessen betroffenen Team und die somit mögliche unmittelbare Kommunikation benannt sowie die Integration des IT-Projektleiters ins Team. Dies sei insbesondere bei Veränderungen von Zuständigkeiten und Neudefinition von Schnittstellen hilfreich.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die digitale Transformation findet zusätzlich zum arbeitsintensiven Tagesgeschehen statt und stellt sich als nur begrenzt planbarer Prozess heraus. Auch sind die Perspektiven auf und die Erwartungen an einen digitalen Transformationsprozess heterogen und mitunter schwer vereinbar. Dies erfordert eine bedachte Kommunikation der Entscheidungsträger*innen und eine Resilienz der Mitarbeitenden.
Frau Sina Pauly
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen (IASV), Tübingen
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) / Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
Beiträge:
1

Einleitung

Sedentäres Verhalten (SB), insbesondere im Arbeitssetting, ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus arbeitsmedizinischer Untersuchungen gerückt. Während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) regelmäßig Empfehlungen zu moderater und anstrengender körperlicher Aktivität herausgibt, findet leichte körperliche Aktivität (LPA) in diesen Empfehlungen bisher wenig Beachtung.
Dieser Beitrag zielt darauf ab, die wissenschaftliche Evidenz und die praktischen Implikationen von leichter körperlicher Aktivität im Kontext von sedentärem Verhalten und geeignete Interventionsstrategien zu synthetisieren und zu beleuchten.

Methoden

Eine narrative Literaturrecherche wurde durchgeführt, um Meta-Analysen und Systematische Reviews zu identifizieren, die sich mit den Auswirkungen von SB und LPA auf Gesundheitsparameter und -indikatoren beschäftigen, sowie solche zu geeigneten Interventionsstrategien zur Sitzunterbrechung im Arbeitssetting.​​​

Ergebnisse

SB ist ein klinisch relevanter Risikofaktor mit starkem Einfluss auf die Gesamtmortalität. Ein Schwellenwert von 8 Stunden pro Tag scheint kritisch zu sein, insofern, dass die negativen Effekte nur noch mit sehr hohen Umfängen (60-75 min pro Tag) an moderater körperlicher Aktivität ausgeglichen werden können [1][2]. Allerdings werden verschiedene weitere Schwellenwerte diskutiert.
Die Empirie zeigt weiterhin, dass LPA (z.B. regelmäßiges Aufstehen, kurze Spaziergänge oder Dehnübungen) die Gesamtmortalität in einer nicht-linearen [3] bzw. logarithmisch-kubischen Dosis-Wirkungs-Beziehung verringert [4]. Schon das Ersetzen von insgesamt 30 Minuten SB pro Tag (akkumuliert) mit LPA kann das Risiko kardiovaskulärer Mortalität um 16% [5] und der Mortalität durch Krebs um 9% [6] senken. Häufig verwendete Interventionsmethoden sind Schulung, Umstrukturierung der Umgebung, Bildung und Enablement [7]. Besonders Multikomponenten-Interventionen, die Sitz-Steh-Tische inkludieren, zeigen positive Effekte auf die Sitzzeitreduktion (MD=-71,95 min / 8-Stunden-Arbeitstag) [8].

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Integration von LPA in den Arbeitsalltag kann als präventive Maßnahme gegen die negativen Auswirkungen von SB betrachtet werden. Es wird empfohlen, Richtlinien und Empfehlungen zu überdenken und LPA stärker zu berücksichtigen, um die Gesundheit von Arbeitnehmern zu fördern.

Referenzen

[1] Patterson R, McNamara E, Tainio M, Sá TH, Smith AD, Edwards P et al. Sedentary behaviour and risk of all-cause, cardiovascular and cancer mortality, and incident type 2 diabetes: a systematic review and dose response meta-analysis. Eur J Epidemiol 2018; 33: 811–829.
[2] Ekelund U, Steene-Johannessen J, Brown WJ, Fagerland MW, Owen N, Powell KE et al. Does physical activity attenuate, or even eliminate, the detrimental association of sitting time with mortality? A harmonised meta-analysis of data from more than 1 million men and women. Lancet 2016; 388: 1302–1310.
[3] Ekelund U, Tarp J, Steene-Johannessen J, Hansen BH, Jefferis B, Fagerland MW et al. Dose-response associations between accelerometry measured physical activity and sedentary time and all cause mortality: systematic review and harmonised meta-analysis. BMJ 2019; 366: l4570.
[4] Ku P-W, Hamer M, Liao Y, Hsueh M-C, Chen L-J. Device-measured light-intensity physical activity and mortality: A meta-analysis. Scand J Med Sci Sports 2020; 30: 13–24.
[5] Qiu S, Cai X, Jia L, Sun Z, Wu T, Wendt J et al. Does objectively measured light-intensity physical activity reduce the risk of cardiovascular mortality? A meta-analysis. Eur Heart J Qual Care Clin Outcomes 2021; 7: 496–504.
[6] Qiu S, Cai X, Wu T, Sun Z, Guo H, Kirsten J et al. Objectively-Measured Light-Intensity Physical Activity and Risk of Cancer Mortality: A Meta-analysis of Prospective Cohort Studies. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2020; 29: 1067–1073.
[7] Morton S, Fitzsimons C, Jepson R, Saunders DH, Sivaramakrishnan D, Niven A. What works to reduce sedentary behavior in the office, and could these intervention components transfer to the home working environment?: A rapid review and transferability appraisal. Front Sports Act Living 2022; 4: 954639.
[8] Zhou L, Deng X, Guo K, Hou L, Hui X, Wu Y et al. Effectiveness of Multicomponent Interventions in Office-Based Workers to Mitigate Occupational Sedentary Behavior: Systematic Review and Meta-Analysis. JMIR Public Health Surveill 2023; 9: e44745.
Herr Sebastian Heller
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
2
Einleitung: Physiotherapeut:innen sind im Rahmen ihrer Tätigkeit verschiedenen Gefährdungen und Belastungsfaktoren ausgesetzt, die sich negativ auf die Gesundheit und Beschäftigungsfähigkeit auswirken können [1], [2], ​[​​3]. Gerade in Anbetracht des demografischen Wandels und der allgemeinen Fachkräfteknappheit kommt deshalb der Förderung, Aufrechterhaltung und ggf. Wiederherstellung der Gesundheit eine wichtige Bedeutung zu. Um potenziellen Gesundheitsgefahren im Praxisbetrieb möglichst vorausschauend entgegenzuwirken, sind Praxisinhaber:innen zur Schaffung und Aufrechterhaltung sicherheits- und gesundheitsgerechter Arbeitsbedingungen gesetzlich verpflichtet.

Methode: Im Rahmen einer deutschlandweit durchgeführten Online-Querschnittserhebung wurden zwischen 08–09/2022 164 Praxisinhaber:innen sowie angestellte Physiotherapeut:innen zum Umsetzungstand arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben in ihrer Praxis befragt. Der Fragebogen wurde unter Einbezug von Praxis-Expert:innen selbst entwickelt. Fragen zur bisherigen arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuungssituation und zur Bedeutung zentraler Arbeits- und Gesundheitsschutzthemen für die eigene Tätigkeit in der Praxis standen hierbei im Mittelpunkt. Die Befragungsergebnisse wurden deskriptiv ausgewertet.​​​​​

Ergebnisse: Der Arbeitssicherheit und dem betrieblichen Gesundheitsschutz wurden sowohl von Praxisinhaber:innen als auch von angestellten Physiotherapeut:innen prinzipiell eine hohe Bedeutung beigemessen. Dass die eigene Praxis derzeit (rechtskonform gem. ASiG, DGUV Vorschrift 2) arbeitsmedizinisch und sicherheitstechnisch betreut wird, bestätigten 51,9% der Praxisinhaber:innen. Eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung lag ebenfalls bei etwa der Hälfte der Praxen vor.

Diskussion: Die Befragungsergebnisse können als Anhaltspunkt für einen Optimierungsbedarf des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in physiotherapeutischen Praxen gesehen werden. Die Relevanz und der Nutzen einer qualitativ hochwertigen Betreuung sollten sichtbarerer gemacht und entsprechende Betreuung-/Beratungsangebote (z.B. unterstützende Online-Angebote) weiter ausgebaut werden. Für kleine und mittelgroße Praxen wäre die alternative bedarfsorientierte Betreuung ein guter und zielführender Lösungsansatz, die laut DGUV Vorschrift 2 bei Praxen mit < 50 Beschäftigten möglich ist. Derzeit wird ein mehrstufiger, hybrider und settingspezifischer Schulungs-/Beratungsansatz erprobt und evaluiert, der für diese Praxen gewinnbringend sein könnte.

Referenzen

[1] Stoll, S. (2019). Arbeitsbedingte Beschwerden und
Erkrankungen in der Physiotherapie. manuelletherapie, 23(05),
238-245. https://doi.org/10.1055/a-1033-5613.
[2] Girbig, M., Freiberg, A., Deckert, S., Druschke, D., Kopkow,
C., Nienhaus, A., & Seidler, A. (2017). Work-related exposures and disorders
among physical therapists: experiences and beliefs of professional
representatives assessed using a qualitative approach. Journal of
Occupational Medicine and Toxicology, 12, 1-9. https://doi.org/10.1186/s12995-016-0147-0.
[3] Vieira, E. R., Schneider,
P., Guidera, C., Gadotti, I. C., & Brunt, D. (2016). Work-related musculoskeletal disorders among
physical therapists: a systematic review. Journal of back and
musculoskeletal rehabilitation, 29(3), 417-428.
https://doi.org/10.3233/BMR-150649.
Frau Anna Hirschmüller
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin Universitätsmedizin Mainz, Mainz
3

Einleitung

Während der COVID-19 Pandemie hat sich der Anteil der Erwerbstätigen im Homeoffice in Deutschland von 13% im Jahr 2019 zu 25% im Jahr 2021 fast verdoppelt [1]. Studien haben gezeigt, dass fehlende Regelungen und Ausstattungen des Arbeitsplatzes zu physischen und psycho-sozialen Beanspruchungen führten [2], [3]. Muskel- und Skeletterkrankungen (21,5%) sowie psychische Erkrankungen (12%) waren im Jahre 2021 führende Ursache für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland [4]. Ziel der Studie war es, den Einfluss einer Bewegungsroutine im Homeoffice auf muskuloskelettale und psychische Beschwerden zu untersuchen.

Methoden

Im Rahmen der „ArCo-Studie“ (Arbeiten unter Corona) wurde im Sommer 2021 eine videobasierte Arbeitsplatzanalyse des Homeoffice-Arbeitsplatzes bei Mitarbeitenden öffentlicher Institutionen durchgeführt. Im Anschluss wurden interessierte Mitarbeitende bezüglich einer Bewegungsroutine, bestehend aus acht Übungen, unterwiesen und empfohlen, diese täglich durchzuführen. Anhand eines Online-Fragebogens via RedCap wurden Prävalenz und Ausprägung muskuloskelettaler und psychischer Beschwerden zum Zeitpunkt der Befragung in Relation zu der Zeit vor der Pandemie erhoben. Vier Wochen nach Einführung der Bewegungsroutine wurden die Beschwerden reevaluiert.

Ergebnisse

Insgesamt nahmen 101 Mitarbeitende an der Bewegungsroutine teil, von 85 Personen (n=85; w=46, m=39) liegen auswertbare Reevaluationsbögen vor. Vier Wochen nach Einführung der Bewegungsroutine gaben 56 Mitarbeitende (65,9%) an, eine Bewegungspause in ihren Arbeitsalltag integrieren zu können. Eine signifikante Abnahme der muskuloskelettalen Beschwerden ließ sich zweiseitig betrachtet in der Schulter- und Nackenregion (p<0,05) und im Rückenbereich (p<0,01) feststellen. Einseitig zeigte sich zusätzlich eine signifikante Reduktion des allgemeinen Erschöpfungsgefühls (p<0,05). Zudem konnte die Häufigkeit der Beschwerden signifikant (p<0,05), die Medikamenteneinnahme und teilweise die Intensität der Beschwerden reduziert werden.

Schlussfolgerung / Diskussion

In Zusammenschau weisen die Ergebnisse auf einen positiven Einfluss der Bewegungsroutine sowohl auf die physische als auch die psychische Gesundheit im Homeoffice hin. Weiterführende Studien sind notwendig, um diesen Effekt zu bestätigen und eine Empfehlung bezüglich der Frequenz und Art der Übungen auszusprechen.

Referenzen

[1]    „Ein Viertel aller Erwerbstätigen arbeitete
2021 im Homeoffice“, Statistisches Bundesamt. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2022/PD22_24_p002.html
(zugegriffen 30. Januar 2023).
[2]     S. Ludwig, H. Zieschang,
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[3]     P. Wilms, J. Schröder, R. Reer, und L.
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[4]     M. Meyer, L. Wing, und A.
Schenkel, „Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr
2021“, in Fehlzeiten-Report 2022: Verantwortung und Gesundheit, B.
Badura, A. Ducki, M. Meyer, und H. Schröder, Hrsg., in Fehlzeiten-Report.
Berlin, Heidelberg: Springer, 2022, S. 287–368. doi:
10.1007/978-3-662-65598-6_19. @font-face
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Frau Leonie Wolf
Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin, Freiburg
Frau Leonie Julia Wolf
Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin, Freiburg
4
Seafarers' diets are often high in fat, sugar and calories, contributing to an increased risk of obesity, metabolic syndrome and cardiovascular disease [1,2]. The multitude of barriers to healthy eating in the on-board environment on merchant ships makes it essential to find new approaches for health promotion [3]. This study explored seafarers' attitudes, status quo of support measures and possibilities to improve nutrition on merchant ships from the perspective of crews and ship cooks.

In the course of the EU-funded project “e-healthy ship”, European and South-East Asian seafarers (N=810) and ship cooks (N=62) were examined by using two questionnaires on 68 ships of two German shipping companies.

Almost all seafarers (98.8%) considered a healthy diet important for their well-being and the majority of seafarers reported to be open-minded to change their eating habits (88.4%). However, European seafarers were less likely to respond that they are willing to eat less meat [OR 0.11; 95%CI (0.07-0.17); p <0.001; R2 =0.29], more vegetables [OR 0.10; 95%CI (0.02-0.49); p =0.005; R2 =0.19] and more fruits [OR 0.11; 95%CI (0.02-0.61); p =0.011; R2 =0.20] than their Southeast Asian colleagues. On the one hand, 82.3% of the ship cooks reported having taken part in at least one cooking course organized by their employer (1: 33.9%, 2: 25.8%, 3: 14.5%, 4 or more: 8.1%), on the other hand, slightly above half stated that the last of these courses had taken place more than 2 years ago. Furthermore, the ship cooks showed a positive attitude towards the use of a tablet-based digital platform that supports the ship cooks in daily and complex tasks (>85% agreement).

In order to improve nutrition on board merchant ships, various parameters need to be adjusted, such as ensuring a demand-oriented food supply on board or supporting seafarers' healthy food choices through target group-specific nutrition education. Ship cooks would be able play a decisive role if they receive support. The development of a tablet-based digital platform that supports the ship cooks in their daily tasks, offers training and empowers them to implement health-promoting measures themselves seems to be an accepted and promising approach.

Referenzen

[1] Zyriax BC, von
Katzler R, Jagemann B, Westenhoefer J, Jensen HJ, Harth V, Oldenburg M (2018):
Food offerings on board and dietary intake of European and Kiribati seafarers -
cross-sectional data from the seafarer nutrition study. In: Journal of
occupational medicine and toxicology (London England) 13 S. 9. DOI:
10.1186/s12995-018-0190-0.
[2] Roberts SE.,
Jaremin B (2010): Cardiovascular disease mortality in British merchant shipping
and among British seafarers ashore in Britain. In: International Maritime
Health 62 (3) S. 107–116.
[3] Hjarnoe L, Leppin
A (2014): A risky occupation? (Un)healthy lifestyle behaviors among Danish
seafarers. In: Health promotion international 29 (4) S.
720–729. DOI: 10.1093/heapro/dat024.
Herr Felix Alexander Neumann
Hebammenwissenschaft - Versorgungsforschung und Prävention, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
5

Einleitung

Beschäftigte im Rettungsdienst sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, psychische Beeinträchtigungen zu entwickeln, da sie in ihrem Berufsalltag hohen körperlichen und emotionalen Stressoren ausgesetzt sind. Der Umgang mit diesen Stressoren stellt eine wichtige Ressource dar, um im Sinne der Salutogenese eine Bewältigung vorzunehmen. Maßnahmen zur Stärkung von Stress- und Emotionsregulation können in diesem Berufsfeld auch die psychische Gesundheit fördern. Damit diese Förderung nicht nur auf einer Verhaltensebene wirksam wird, bieten sich Multiplikatorenkonzepte mit einer verhältnisbezogenen Verzahnung in die Arbeitssysteme an.

Methoden

Die Überprüfung der verfügbaren Evidenz von Multiplikatorenkonzepten zur Stress- und Emotionsregulation im Rettungsdienst ist das Hauptziel der Arbeit. Die Übersicht orientiert sich inhaltlich an dem Modell der Salutogenese und methodisch am Konzept des Joanna Briggs Institutes (JBI) zur Durchführung von Scoping Reviews. Die Recherche basiert auf den Suchoberflächen PubMed und PubPsych. Es erfolgt keine Einschränkung der Evidenzquellen. Die Suche erstreckt sich auf deutsch- und englischsprachige Literatur im Zeitraum von 1997 bis 2023. Alle Schritte der Datensichtung und -extraktion wurden unabhängig von zwei gutachtenden Personen durchgeführt.

Ergebnisse

Für die Recherche werden insgesamt 22.345 Datensätze identifiziert. Abschließend können vier Volltexte eingeschlossen werden. Die Studienorte umfassen Kanada, England und die USA. Die Interventionen richten sich neben Mitarbeitenden des Rettungsdienstes an Angehörige von Polizei, Feuerwehr und andere Berufsgruppen. Alle Trainings sind modular aufgebaut, erstrecken sich über eine Dauer von einem Tag bis hin zu acht Terminen verteilt über ein Jahr. Eine Studie wird webbasiert implementiert. Die psychosozialen Widerstandsressourcen sind vielfältig und umfassen bspw. soziale Unterstützung, Wohlbefinden oder Resilienz. Daneben werden weitere Outcomes wie Alkoholkonsum erhoben. In drei von vier Studien können schwache bis keine signifikanten Ergebnisse belegt werden; eine Intervention erhöht die Selbstwirksamkeit.

Schlussfolgerung / Diskussion

Es gibt weltweit keine spezifischen Multiplikatoren- oder Peer-Involvement-Ansätze zu Stress- und Emotionsregulation, die sich explizit an Mitarbeitende des Rettungsdienstes richten und organisational verankert sind. Gezielte Interventionen sind aufgrund der hohen Belastungen innerhalb der Berufsgruppe zwingend erforderlich.

Referenzen

[1]    Antonovsky
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In: Aromataris E, Munn Z. (Editors) (eds) JBI Manual for Evidence Synthesis,
JBI, 2020
Herr Michel Hummel
Westsächsische Hochschule Zwickau, Zwickau
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posterausstellung
Freie Themen
Beiträge:
1
In Österreich gibt es gegenwärtig an insgesamt sieben Medizin-Universitäten nur ein universitäreres Forschungsinstitut im Bereich der Arbeitsmedizin. Zur Unterstützung der arbeitsmedizinischen Wissenschaft in Österreich hat es sich die Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention (AAMP), gemeinsam mit dem Open Innovation in Science Center (OIS) daher zur Aufgabe gemacht, mit dem Prä-Forschungsprojekt „Ungeklärte Fragen in der Arbeitsmedizin. Reden Sie mit!“ zu eruieren, welche gesellschaftlich relevanten Fragen mit den limitierten Forschungsressourcen in Österreich priorisiert beantwortet werden sollen.

Traditionell entscheiden Forscher:innen oder Förderorganisationen über jene Fragen, die die Forschung beantworten soll. Mit diesem Projekt möchte die AAMP gemeinsam mit dem OIS jedoch erstmalig die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen als Endnutzer:innen sowie der Stakeholder an die Forschung identifizieren, indem sie aktiv und in einer frühen Phase des Forschungsprozesses eingebunden werden.

Der methodische Zugang beinhaltet „Crowdsourcing“ und „Priority Setting“ und wurde in Anlehnung an die Delphi Methode entwickelt, die in der arbeitsmedizinischen Literatur bereits in mehreren Arbeiten zur Priorisierung von Forschungsagenden herangezogen worden ist [1,2,3,4,5]. Zunächst wurden all jene, die ein Interesse an der arbeitsmedizinischen Forschung haben (= Crowd), eingeladen, mit Hilfe eines Online-Fragebogens ihrer Meinung nach unbeantwortete Forschungsfragen, kaum beforschte Themen oder Ideen für die Forschung einzureichen (= sourcing). Das Ziel dieses Crowdsourcing war ein erstes, offenes Einsammeln von Fragen, Themen oder Ideen, ohne einen Anspruch auf Repräsentativität erlangen zu müssen.

Aus den 165 ausgefüllten Fragebögen konnten 67 für die Arbeitsmedizin potenziell relevante Fragestellungen identifiziert werden. Im Rahmen eines Priorisierungs-Workshops mit Stakeholder:innen aus Politik, arbeitsmedizinischer Praxis und Wissenschaft wurden aus diesen gesammelten Forschungsfragen acht priorisiert und in eine Rangreihung gebracht (Priority Setting). Diese Fragen umfassen Themen wie beispielsweise Co-Expositionen von gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen, digitale Methoden der arbeitsmedizinischen Versorgung, Flexibilisierung des Arbeitsortes und der Arbeitszeit sowie erwartbare altersbedingte Einschränkungen und ihre Relevanz für unterschiedliche berufliche Belastungen. Die Beantwortung einer der acht am höchsten priorisierten Forschungsfragen soll in einem Follow-Up Projekt durch die AAMP erfolgen.

Referenzen

[1] Harrington JM.
Research priorities in occupational medicine: A survey of United Kingdom
medical opinion by the Delphi technique. Occupational and Environmental
Medicine. 1994;51(5):289–294. https://doi.org/10.1136/oem.51.5.289
[2] Iavicoli S. Research
priorities in occupational health in Italy. Occupational and Environmental
Medicine. 2001;58(5):325–329. https://doi.org/10.1136/oem.58.5.325
[3] Lalloo D, Demou E,
Smedley J, Madan I, Asanati K, Macdonald EB. Current
research priorities for UK occupational physicians and occupational health
researchers: A modified Delphi study. Occupational and Environmental
Medicine. 2018;75(11):830–836. https://doi.org/10.1136/oemed-2018-105114
[4] Sadhra, S.
Occupational health research priorities in Malaysia: A Delphi study. Occupational
and Environmental Medicine. 2001;58(7):426–431.
https://doi.org/10.1136/oem.58.7.426
[5] Van Der Beek AJ,
Frings-Dresen MH, Van Dijk FJ, Houtman, IL. Priorities
in occupational health research: A Delphi study in The Netherlands. Occupational
and Environmental Medicine. 1997;54(7):504–510.
https://doi.org/10.1136/oem.54.7.504
Frau Dr. Sally Bitterl
Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention, Wien
2
Einleitung: In einem beruflichen Umfeld mit zahlreichen Belastungsfaktoren erleiden Beschäftigte in Einrichtungen der Kinderbetreuung COVID-19-Erkrankungen. Die Häufigkeit von Long-Covid- oder Post-Covid-Beschwerden dieser Kohorte ist unklar.

Methoden: In einer Studie zu Beschwerden und Wohlbefinden nach Covid-19-Infektion in der Kinderbetreuung wurden Fragebögen aus drei arbeitsmedizinischen B·A·D-Gesundheitszentren in Mittelfranken ausgewertet. Beschäftigte, die zu einer Vorsorge im Bereich Kinderbetreuung vorstellig wurden, bekamen einen standardisierten zweiseitigen Fragebogen ausgehändigt. U.a. wurden Alter, Anzahl der Impfungen, Abstand zur positiven PCR und aktuelles Wohlbefinden im Vergleich zum Zustand vor der COVID-19-Erkrankung erfragt.

Ergebnisse: Von Mitte Juli bis Ende Dezember 2022 wurden 184 Fragebögen erfasst. In die aktuelle Analyse wurden 81 Fragebögen ausgeschlossen, da Angaben zum Wohlbefinden nach COVID-19-Infektion, zur COVID-19-Infektion, zum Datum der PCR-Bestätigung erfolgt und da die Infektion weniger als 4 Wochen zurücklag. Somit konnten 103 Fragebögen ausgewertet werden (Durchschnittsalter 33 Jahre, min.-max. 15-63 Jahre, Befragung 31 Wochen nach PCR-Test, min.-max. 5-161 Wochen). Die Beschäftigten dieser 103 Fragebögen gaben 1-3 Covid-19-Erkrankungen (Durchschnitt 1,2) an.
74% (76/103) gaben an, wenigstens einmal eine Impfung gegen Corona erhalten zu haben. 48% hatten 3 bzw. 4 Impfungen erhalten.
Von den 103 Beschäftigen mit Covid-19-Infektion ging es 71 (69%) gleich gut, 17 (17%) besser und 15 (15%) schlechter (=Long-Covid-Syndrom). Von letzteren waren 87% mind. 2x geimpft. Bei 11/15 (73%) lag die Infektion bereits über 14 Wochen zurück (=Post-Covid-Syndrom). Bezogen auf alle Beschäftigte ≥12 Wochen nach Infektion (n=88) ergab sich damit ein Post-Covid-Syndrom von 13%.

Diskussion:
In unserer Studie mittels Fragebögen lagen fortwährende Symptome bei 15 % (Long-Covid-Syndrom) bei Beschäftigten in der Kinderbetreuung vor. In einer Subanalyse lag das Post-Covid-Syndrom bei 13%.
Herr PD Dr. Rüdiger Stephan Görtz
BAD Gesundheitszentrum Erlangen, Erlangen
3
Hintergrund
Für den Antrag eines Befähigungsscheins für Begasungen gemäß GefStoffV [1] ist vom Antragsteller ein ärztliches Zeugnis vorzulegen. Der Umfang der ärztlichen Untersuchung ist im Technischen Regelwerk (TRGS 512, 513, 522, 523) festgelegt und in der Empfehlung des BMA von 1995 zur Durchführung der Eignungsuntersuchung näher beschrieben [2]. In der Praxis kommt es zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Empfehlungen zur Prüfung der Geruchswahrnehmung. Für ihre Überarbeitung bedarf es wissenschaftlicher Aufbereitung und überbrückend pragmatischer Empfehlungen.
Methode
Eine Abfrage bei den Bundesländern wie häufig Befähigungsscheine beantragt werden, wurde Ende 2021 beim LASI angestoßen. Anfragen an die BAuA zum Thema Befähigungsschein wurden gesammelt und analysiert. Es erfolgte eine orientierende Literaturrecherche zu den Hintergründen der Entstehung der Riechstoffreihe [2] und zu aktuellen Untersuchungsverfahren der Riechfunktion.
Ergebnis
Jährlich werden etwa 150 Befähigungsscheine von den Arbeitsschutzbehörden ausgestellt. Laut Anfragen an die BAuA gibt es Schwierigkeiten bei der Zubereitung der vorgeschlagenen Prüfstoffreihe, da Substanzen zur Herstellung des Sets nicht beschafft werden können. Dieses besteht aus sechs Prüfstoffen, die Rezeptoren der Hirnnerven I, V, VII, IX ansprechen und als „Geruchsäquivalente“ zu den 1995 gängigen Begasungsmitteln dienen. Hintergründe zur Entwicklung der Prüfstoffreihe konnten nicht ermittelt werden. In Deutschland haben sich validierte psychophysische Screeningtests für eine Einschätzung der Riechfunktion durchgesetzt, ergänzt durch Verfahren zur Differenzierung von Einschränkungen [3, 4].
Schlussfolgerung
Die Geruchssinnprüfung soll sicherstellen, dass ein für die Tätigkeit ausreichendes Riechvermögen besteht und zielt auf die Warnwirkung von Gerüchen. Als überbrückende Lösung der genannten Schwierigkeiten wird die Verwendung von psychophysischen Screeningtests [3] vorgeschlagen. Die Übergangsphase bis zur Anpassung des Regelwerkes sollte genutzt werden, zu überprüfen, ob für die Tätigkeit „Begasungen“ ein wirkstoffspezifisches Riechvermögen erforderlich ist. Für eine entsprechende Diagnostik müsste dann ein praktikables Testverfahren entwickelt werden.

Referenzen

[1] Gefahrstoffverordnung, Stand 21.07.2021: § 15d Abs. 4 i.V. m. Anhang I Ziffer 4.5 Nr. 4 [2] Neufassung der Empfehlung des BMA zur Durchführung der Eignungsuntersuchung von Befähigungsscheinbewerbern für Begasungen, BArbBl. Heft 12/1995 S. 41-44 [3] AWMF-Register Nr. 017/050 Klasse: S2k, Riech- und Schmeckstörungen, Oktober 2016
[4] Hummel T, Lui DT, Müller CA, Stuck BA, Welge-Lüssen A, Hähne A: Olfactory dysfunction: etiology, diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 146-54
Frau Dr. med. Anne Nagel
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Betriebsmedizin, Berlin
4
Einleitung
Clowndoktoren [CD] sind seit 30 Jahren in deutschen pädiatrischen Einrichtungen aktiv. Dabei handelt es sich um freiberuflich tätige Künstler:innen, die eine Ausbildung als CD haben, um als solche insbesondere die Kliniksituation für Kinder und Jugendliche zu erleichtern. Sie unterstützen die medizinische Therapie durch die gezielte Aktivierung der Selbstheilungskräfte mittels Humor [1]. Die gesundheitsförderliche Wirkung von CD auf somatische und psychische Gesundheit wurde bereits mehrfach belegt [1-6]. Studien deuteten darüber hinaus auf eine Verbesserung der subjektiven Arbeitssituation von Klinikmitarbeitenden durch CD hin; 90% der Mitarbeitenden bewerteten CD als hilfreich in Bezug auf ihr Arbeitsumfeld, die Kolleg:innen und die Patient:innen [7]. Allerdings besteht noch eine Forschungslücke in Bezug auf die Wirkung von CD auf Klinikmitarbeitende. Daher ist es das Ziel der vorliegenden Studie, diese zu adressieren.

Methoden
Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden im Jahr 2023 in fünf pädiatrischen Einrichtungen in Hessen und Rheinland-Pfalz, in welchen CD tätig sind, 10 semistrukturierte Leitfadeninterviews mit Mitarbeitenden geführt. Diese Interviews fanden telefonisch oder online statt, wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung des Textmaterials erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring und im Sechs-Augen-Prinzip.

Ergebnisse
Das finale Kategoriensystem setzt sich aus 12 Oberkategorien zusammen, welche die Themen Clowndoktoren, Clownvisite, Wirkung, Mehrwert, Wünsche und Entwicklung abbilden. Die befragten Mitarbeitenden beschreiben sowohl eine direkte (auf sich selbst) als auch eine indirekte (auf Patent:innen, Angehörige, Kolleg:innen und Arbeitsklima) Wirkung durch CD, welche durchweg als positiv empfunden wird. Die indirekte Wirkung für Mitarbeitende ergibt sich aus den emotionalen und motivatorischen Effekten auf den/die Patient:innen, was wiederum zur Verbesserung der eigenen Arbeitssituation beiträgt.

Diskussion
Die Studie verweist auf einen positiven Zusammenhang zwischen der Anwesenheit von CD und einer empfundenen Verbesserung der Arbeitssituation von Klinikmitarbeitenden. Diese Ergebnisse stützen die Befunde des aktuellen Forschungsstandes, welcher sowohl für die Patient:innen als auch für die Mitarbeitenden einen Mehrwert zeigt. Aufgrund dessen ist eine Institutionalisierung von CD in pädiatrischen Einrichtungen empfehlenswert. Zur Erreichung dieses Ziels sind Folgestudien -auch unter Berücksichtigung quantitativer Methoden- sinnvoll.

Referenzen

[1] Clown Doktoren e.V. Über uns. Clown-doktoren.de. Retrieved September 27, 2023. https://www.clown-doktoren.de/ueber+uns/.
[2] Scheel T, Hoeppner D, Grotevendt A, Barthlen W. Clowns in paediatric surgery: Less anxiety and more oxytocin? A pilot study. Klinische Padiatrie, 229(05), 274–280 (2017). https://doi.org/10.1055/s-0043-106854.
[3] Pinquart M, Skolaude D, Zaplinski K, Maier RF. Do clown visits improve psychological and sense of physical well-being of hospitalized pediatric patients? A randomized-controlled trial. Klinische Padiatrie, 223(02), 74–78 (2011). https://doi.org/10.1055/s-0030-1267932.
[4] Brys T, Symons D, Dean J, Smith JAS. Clown doctors and forensic paediatricians enhance the patient experience at the Royal Children’s Hospital in Melbourne. Child Abuse Review (Chichester, England: 1992), 31(5) (2022). https://doi.org/10.1002/car.2764.
[5] Anes L, Obi M. Hospital clowning as play stimulus in healthcare. Children (Basel, Switzerland), 1(3), 374–389 (2014). https://doi.org/10.3390/children1030374.
[6] Saliba FG, Adiwardana NS, Uehara EU, Silvestre RN, Leite VV, Faleiros FT et al. Salivary cortisol levels: The importance of clown doctors to reduce stress. Pediatric Reports, 8(1), 6188 (2016). https://doi.org/10.4081/pr.2016.6188.
[7] Ramos BS, Dantas AMO, Zago LBS, de Melo Costa ACS, Sousa DS. Professional satisfaction in the hospital context and the humanized performance of clown doctors. Research, Society and Development, 11(17) (2022). e48111733389. https://doi.org/10.33448/rsd-v11i17.33389.
Frau Naby May
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Mi
13 Mär
14:30 - 17:00
DGUV-Kolloquium
Arbeitsmedizinisches Kolloquium der DGUV "Klimawandel und gesundheitliche Auswirkungen am Arbeitsplatz"
Eine Veranstaltung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich. Die Teilnahme wird mit 3 CME-Punkten zertifiziert.
Hier klicken um kostenlos online teilzunehmen

Klimawandel und gesundheitliche Auswirkungen am Arbeitsplatz (PDF-Flyer)
14:30 Uhr  Begrüßung/Moderation (Thomas Brüning)
14:35 Uhr  Wie der Klimawandel auf die Gesundheit wirkt und was jetzt zu tun ist (Claudia Hornberg)
15:00 Uhr  Hitze - wenn zu Hause bleiben keine Lösung ist (Frank Werner)
15:25 Uhr  Auswirkungen der UV-Strahlung und mögliche Präventionsmaßnahmen (Hans Drexler)
15:50 Uhr  Pause
16:05 Uhr  Klimastress, Allergien und Infektionen – wie hängt das zusammen und wie relevant ist das für die Arbeitswelt? (Monika Raulf)
16:30 Uhr  Psychologische Aspekte des Klimawandels: Herausforderungen und Strategien (Marlen Cosmar)
16:55 Uhr  Schlusswort (Thomas Brüning)
Raum: Hörsaal/Onlineraum 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Vorsitz: Thomas Brüning
Beiträge:
1
Der anthropogene Klimawandel ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Durch die Erhöhung der Jahresdurchschnittstemperatur und die Zunahme von Extremhitzeereignissen wird die gesundheitliche Belastung für die Bevölkerung in Deutschland steigen. Auch ist eine höhere Anzahl an Starkregenereignissen, Überflutungen und Waldbränden zu erwarten. In Städten können sich durch Versiegelung, enge Bebauung und unzureichende Luftzirkulation Hitzeinseln bilden, in denen die Lufttemperatur im Vergleich zum Umland, vor allem nachts, signifikant höher liegt.

Hitze kann zu Hyperthermie, Hitzeschlag und Herz-Kreislauf-Symptomen führen. In Kombination mit Umweltnoxen wie Ozon kann Hitze zu einer erhöhten Anzahl von Asthmaanfällen beitragen. Auch steigt das Risiko von Arbeitsunfähigkeiten und Unfällen im Arbeitskontext. Besonders extreme Hitzeereignisse haben höhere Hospitalisierungs- und Mortalitätsraten zur Folge. Ältere, Kinder, chronisch kranke Menschen und Personen, die primär im Freien arbeiten, sind besonders von Hitzeauswirkungen betroffen. Aber auch Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status sind häufiger und stärker gegenüber Hitze exponiert. Besonders gesundheitsgefährdend sind „Tropennächte“, in denen die Temperatur nicht unter 20° C fällt und der Körper sich nicht ausreichend von der Hitze erholt.

Hitzeaktionspläne liefern zielgruppenspezifische Maßnahmen zur Reduzierung von Hitzeauswirkungen, wie die Öffnung von gekühlten Räumlichkeiten für die Öffentlichkeit oder die Ansprache von gefährdeten Personengruppen. Die Arbeit auf Quartiersebene ist geeignet, um lokale Ansätze mit Anwohner:innen und Stakeholder:innen zu erarbeiten.
Im Arbeitskontext sind die Bewusstseinsschärfung für die Auswirkungen des Klimawandels sowie die Implementierung geeigneter Maßnahmen notwendig, um die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten. Zudem müssen Strategien für Gesundheits- und Sozialsysteme ausgearbeitet werden, damit diese auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereitet sind.

Die gebaute Umwelt sollte so gestaltet werden, dass sie den dort lebenden und arbeitenden Personen Ressourcen zur Hitzebewältigung bietet. Urbane Grünflächen und innerstädtische Gewässer können dazu beitragen, die Temperaturen zu senken. Sie sind zudem wichtige Retentionsflächen bei Starkregenereignissen. Pflanzen bieten Schatten und kühlen durch Evapotranspiration die Umgebung: insbesondere Gebäudebegrünungen können in Innenstädten einen wertvollen Beitrag leisten. Bei der Nachverdichtung von Städten sollten Kaltluftschneisen bewahrt werden.

Frau Claudia Maria Hornberg
Universität Bielefeld, Medizinische Fakultät, Bielefeld
2
Im Beruf ist UV-Strahlung die bedeutendste arbeitsbedingte krebserzeugende Einwirkung. UV-Strahlung wird eingeteilt in UVC-Strahlung, das ist der Anteil der solaren UV-Strahlung, der die Erdoberfläche nicht erreicht, in UVB-Strahlung, die Sonnenbrand und spezifische DNA-Schäden verursacht und die langwelligere UVA-Strahlung, die keinen Sonnenbrand und keine direkten DNA-Schäden verursacht. UV-Strahlung kann vom Menschen nicht wahrgenommen werden. Die akuten Folgen der UVB-Strahlung (Sonnenbrand) zeigen sich mit einer Latenz von mehreren Stunden. Die Folgen der chronischen UVA-Belastung sind u.a. Hautalterung und Immunsuppression. Für die Entstehung von Hautkrebs sind sowohl UVB- als auch UVA-Strahlung bedeutsam. Lichtschutzmittel sind besonders geeignet die UVB-Strahlung zu filtern und damit den Sonnenbrand zu verhindern. Im UVA-Bereich ist der Schutz deutlich schlechter.

Präventionsmaßnahmen sollten auch bei der UV-Belastung nach dem STOP-Prinzip erfolgen, wobei eine Substitution nur bei Exposition gegenüber künstlicher UV-Strahlung diskutiert werden kann. Eine technische Maßnahme ist die Beschattung, die effektiver als Sonnenschutzmittel die Exposition vermindern kann. Bei den organisatorischen Maßnahmen ist zu berücksichtigen, dass die UV-Exposition unabhängig von der Temperatur einwirkt. Relevant für die UV-Belastung des Menschen sind die Expositionen in den Monaten März bis September, wobei die UV-Belastung an kühlen Tagen im Frühling oftmals unterschätzt wird. Der wichtigste persönliche Schutz ist die geeignete Kleidung und Kopfbedeckung. Textilien mit besonders beworbenen UV-Schutz sind nicht erforderlich. Dort, wo textiler Schutz nicht möglich ist (Gesicht), sollen Lichtschutzmittel mit hohem Schutzfaktor eingesetzt werden. Die Augen müssen mit geeigneten Brillen geschützt werden.
Wesentliches Element der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist die Anamnese und Beratung. Hier sind insbesondere gut bräunende dunkle Hauttypen darauf hinzuweisen, dass sie zwar weniger schnell als ihre hellhäutigen Kollegen einen Sonnenbrand bekommen, ihr Risiko ein Plattenepithelkarzinom zu bekommen, aber kaum reduziert ist. Anhand des Bräunungsmusters kann man erkennen, mit welcher Kleidung gearbeitet wird, was bei ungenügendem textilem Schutz anzusprechen ist. Die Krebsfrüherkennungsuntersuchung, die fälschlicherweise oftmals auch als „Krebsvorsorgeuntersuchung“ bezeichnet wird, sollte nicht Schwerpunkt der arbeitsmedizinischen Vorsorge sein.

Herr prof. dr. Hans Drexler
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
3
Es wird immer deutlicher, dass der Klimawandel erhebliche Auswirkungen auf die Ökosysteme und die in ihnen lebenden Organismen hat. Das Ausmaß wird vor allem durch die zunehmende Häufigkeit, Dauer und Intensität von Extremereignissen wie Hitzewellen, Dürren, Stürmen, Starkregen, Überflutung und Waldbränden deutlich sicht- und spürbar.

Diese Folgen des Klimawandels wirken sich auf direkte und indirekte Weise vielfältig auf die Bedingungen von Beschäftigten an unterschiedlichen Arbeitsplätzen aus. Bei den mit dem Klimawandel verbundenen Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sollten neben den Stressoren wie Hitze, UV-Strahlung auch Allergien und Infektionserkrankungen verstärkt adressiert werden. Auch berufliche Allergien werden durch den Klimawandel direkt und indirekt beeinflusst. Dabei sind besonders Beschäftigte betroffen, die im Freien arbeiten.

Zu einer Verstärkung der gesundheitlichen Probleme von allergischen Personen, insbesondere während beruflicher Tätigkeiten im Freien, kann es nicht nur allein durch tätigkeitsbedingte Exposition, sondern auch durch die intensivere und längere Pollensaison, die sich in den letzten Jahren klimabedingt stärker auswirkt, kommen. Weiterhin können berufliche Expositionen zu sogenannten Profiteuren des Klimawandels wie dem z.B. Eichenprozessionsspinner oder dem Pilz Cryptostroma corticale gesundheitliche Beschwerden bei den Beschäftigten induzieren.

Der Klimawandel, aber auch der globale Warenhandel, bringen neue Tierarten nach Deutschland, wobei sich insbesondere die Mückenlandschaft auch bei uns verändert. Überträger von Infektionskrankheiten wie die Asiatische Tigermücke und die Japanische Buschmücke fühlen sich bei uns immer wohler. Aber auch heimische Tiere, wie die Zecken, sind Profiteure des Klimawandels. Der Gemeine Holzbock ist die Zeckenart, die ubiquitär in Europa verbreitet ist und sich durch wärmere Winter in immer nördlichere und höher gelegene Gebiete ausbreitet. Diese Zecken sind nicht nur bedeutsam als Überträger von Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), sondern können auch allergische Reaktionen, das sogenannte Alpha-Galalactose-Syndrom, verursachen.

Weiterhin können Lebensstil-Veränderungen, die primär dem Klimaschutz und der Nachhaltigkeit dienen, zu neuen Produkten und Herstellungsprozessen und damit auch zu neuen sensibilisierenden Gefährdungen an Arbeitsplätzen führen. Daher sind adressatenspezifische Informationen der betroffenen Berufsgruppen über mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Tätigkeiten und Expositionen erforderlich, um bezüglich der Risiken aufzuklären und entsprechende Schutzmaßnahmen einzuführen.

Frau Prof. Dr. Monika Raulf
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
4
Akute Einwirkungen und Anforderungen beeinflussen die menschliche Psyche gemäß dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell ebenso wie die genetische Disposition oder Erfahrungen und Erlebnisse im Verlauf des Lebens.

Der Klimawandel gehört zu diesen Stressfaktoren. Die damit einhergehenden teilweise bereits weitreichenden Veränderungen der Lebensbedingungen beeinflussen neben körperlichen auch psychische Gesundheitsaspekte. Inzwischen liegen Ergebnisse von einzelnen Studien, Reviews und Metaanalysen vor, aus denen sich klimawandelbezogene Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Erkrankungen ableiten lassen.

Es lassen sich grob zwei Bereiche unterscheiden, die akute und die chronische Exposition (Walinski et al., 2023). Die akute Exposition betrifft Extremwetterereignisse wie Sturm oder Überschwemmung sowie Brände. Zu den chronischen Faktoren zählen Hitze, Nahrungsmittelknappheit, Dürre und in Folge klimabedingte Migration. Die einzelnen Faktoren wirken sich unterschiedlich auf die menschliche Psyche aus und stellen vor allem Risikofaktoren für die Entwicklung Posttraumatischer Belastungsstörungen, sonstiger Angststörungen sowie Depression dar. Dabei lassen sich auch besonders vulnerable Gruppen, wie psychische erkrankte Menschen und Kinder identifizieren. Besonders hier müssen Präventionsmaßnahmen ansetzen. Auch im Arbeitskontext sind zunehmend Präventionsmaßnahmen notwendig, die solche Einwirkungen berücksichtigen und mögliche negative Folgen möglichst vermeiden.

Einschränkend muss bei der Betrachtung der Studienlage aber darauf verwiesen werden, dass es sich weitestgehend um nicht randomisierte und wenig kontrollierte Studien handelt. Auch liegen vordergründig Querschnittsbefunde vor.

​​​​​
Frau Marlen Cosmar
Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG), Dresden
Mi
13 Mär
17:45 - 20:00
DGAUM Mitglieder
Mitgliederversammlung der DGAUM mit Vorstandswahlen
Geschlossene Präsenz-Veranstaltung für DGAUM-Mitglieder
Raum: Hörsaal 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Vorsitz: Thomas Kraus und Volker Harth
Mi
13 Mär
08:00 - 09:00
Aktionsbündnis ArbM
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Vorstandssitzung
Geschlossene Veranstaltung
Raum: Hörsaal 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Thomas Kraus
Mi
13 Mär
09:15 - 10:30
Aktionsbündnis ArbM
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Mitgliederversammlung
Geschlossene Veranstaltung
Raum: Hörsaal 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Thomas Kraus
Do
14 Mär
12:30 - 14:30
Aktionsbündnis ArbM
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Nachwuchssymposium für Studierende
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Studentinnen und Studenten
 
Raum: Seminarraum 17 (Standort: ZeUS, Anzahl der Sitzplätze: 20)
Vorsitz: Andrea Kaifie-Pechmann
Mi
13 Mär
09:00 - 11:00
DGAUM Forum
Forum der AG Atemwege/Lunge
  1. Die neue „Wie-BK“ COPD – Quarzstaub; Erste Erfahrungen aus medizinischer Sicht (Prof. Dr. med. Dennis Nowak)
  2. Die neue Leitlinie „nasaler Provokationstest“ (Dr. med. Ulrike Förster-Ruhrmann)
  3. Qualitätssicherung in der Diagnostik beruflich bedingter Allergien (Dr. Sabine Kespohl)
  4. Therapie der Lungenfibrose (Dr. Jürgen Behr)
Raum: Hörsaal/Onlineraum 8 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Christian Eisenhawer und Nicola Kotschy-Lang
Beiträge:
1
Hintergrund: Derzeit sind mehr als 400 Arbeitsstoffe als potenziell IgE-sensibilisierend dokumentiert und jedes Jahr kommen neue dazu, bei gleichzeitiger Reduktion kommerziell verfügbarer Allergenextrakte für Haut- und Provokationstestungen.
Methoden: Für relevante Allergene, die gemeinsam mit den Unfallversicherungsträgern bestimmt wurden, soll im Rahmen einer Machbarkeitsstudie ein Plan B erarbeitet werden, um standardisierte Allergentestextrakt auch dann noch verfügbar machen zu können, wenn kommerzielle Allergenlösungen vom Markt verschwinden. Neben regulatorischen Aspekten sind auch zahlreichen Prüfverfahren zur Identität, Variabilität, Stabilität sowie Sterilität der Proben nötig, sowie standardisierte Herstellungsprotokolle (SOPs). Eine Bedarfsabschätzung für Allergentestlösungen erfolgte anhand der statistischen Daten von DGUV und SVLFG sowie durch eine Abfrage bei den Unfallversicherungsträgern.
Ergebnisse: Entsprechend der Statiken zur BK 4301 (allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, einschließlich Rhinopathie) wurden 2018 – 2020 insgesamt 2861 Fälle anerkannt. Davon waren in 69% Mehl und Backprodukte ursächlich, Tierhaare und Epithelien waren in 12,5% der Fälle der Auslöser, gefolgt von 3,3% Staub aus Nahrungs-und Futtermitteln (Fisch, Meeresfrüchte, Milben) und 2,2 % Schimmelpilzen. Durch den Wegfall des Unterlassungszwangs kam es 2021 zu einer Vervierfachung der anerkannten BK 4301 Fälle (1368 Fälle) und auch 2022 blieb die Anzahl deutlich erhöht (633 Fälle). Die standardisierte IgE-Diagnostik von beruflichem Asthma oder Rhinitis ist nicht nur ein wichtiges Tool für die Anerkennung und Entschädigung im BK-Verfahren, sondern auch für die Prävention und damit für die Expositionsvermeidung. Mit den entwickelten SOPs kann die Identität von Allergenmaterialen in Apotheken geprüft werden und aus proteinreichen Allergenmaterialien Hautpricktest-Lösungen qualitätsgesichert hergestellt werden. Prinzipiell könnte bei fehlenden kommerziellen Extrakten die sterile Allergentest-Rezeptur in der Apotheke eine Möglichkeit darstellen, die entstandene diagnostische Lücke bei den Berufsallergenen zu schließen. Allerdings besteht noch rechtlicher und regulatorischer Klärungsbedarf. Zu bevorzugen ist eine Sicherung der Verfügbarkeit von Testextrakten durch die Allergenhersteller.
Schlussfolgerung: Eine Reduktion kommerzieller Testextrakte für Berufsallergene sollte unbedingt vermieden werden, um die medizinische Versorgung der betroffenen Beschäftigten zu sichern.

Frau Dr. Sabine Kespohl PhD
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
2
Auf dem großen Gebiet der Lungenfibrosen stellt die idiopathische Lungenfibrose (idiopathische pulmonale Fibrose, IPF) eine Modellerkrankung dar, die sich durch einen besonders ungünstigen Verlauf und eine hohe Mortalität von ca. 50 % innerhalb von 2 bis 4 Jahren nach Diagnosestellung auszeichnet. Die Progression der IPF lässt sich anhand eines Abfalls der forcierten Vitalkapazität (FVC) sehr gut messen, wobei der durchschnittliche FVC-Abfall eines IPF Patienten ca. 200 ml pro Jahre beträgt im Vergleich zu ca. 30 ml/Jahr eines Lungengesunden. In klinischen Therapiestudien konnte für zwei Medikamente, Pirfenidon und Nintedanib, gezeigt werden, dass der FVC-Abfall und ca. 50 % reduziert werden kann, gleichzeitig wird auch die Belastbarkeit gemessen als 6-Minuten Gehstrecke stabilisiert (Pirfenidon) und das Auftreten von akuten Exazerbationen reduziert (Nintedanib). Für beide Medikamente werden, basierend auf präklinischen Analysen, antifibrotische Wirkungsmechanismen postuliert. Aktuelle Leitlinien empfehlen daher, dass IPF Patienten nach Diagnosestellung mit Nintedanib oder Pirfenidon behandelt werden sollen, unabhängig vom Grad der funktionellen Einschränkung. Inzwischen konnte gezeigt werden, dass auch bei einer Vielzahl weiterer interstitieller Lungenerkrankungen (ILD) fibrosierende Krankheitsverläufe mit ähnlich ungünstigem Ausgang wie bei der IPF auftreten können. In einer klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass Patienten mit fibrosierender ILD im hochauflösenden Dünnschicht-Computertomogramm (HRCT) und Nachweis eines fortschreitenden Verlauf ebenfalls von einer antifibrotischen Therapie mit Nintedanib profitieren. Dies führte zur Zulassung von Nintedanib zur Therapie der progredient-fibrosierenden Verlaufsform verschiedenster ILD (progrediente pulmonale Fibrose, PPF). Die Studienlage für Pirfenidon für PPF Patienten ist weniger überzeugend, weshalb für Pirfenidon bisher für die Indikation PPF keine Zulassung existiert. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass fibrosierende Lungenerkrankungen wie die IPF oder fibrosierende ILD mit progredientem Verlauf (PPF) von einer Antifibrotischen Therapie profitieren, während zumindest für die IPF immunsuppressive Therapien mit oralen Kortikosteroiden und/oder Zellzyklusinhibitoren (z.B. Azathioprin) potentiell gefährlich und deshalb kontraindiziert sind und auch bei PPF Patienten kritisch zu sehen sind.
Herr Prof. Dr. med. Jürgen Behr
LMU Klinikum der Universität München, München
Mi
13 Mär
09:00 - 11:00
Bundeswehr
Symposium der Bundeswehr
Zu diesem Symposium sind alle Kongressgäste herzlich eingeladen
  • 09:00 Uhr  Begrüßung (GSA Dr. Holtherm / OTA d. R. Prof. Dr. Dr. Groneberg / OTA Dr. Roy)
  • 09:30 Uhr  Innovative Körperkühlung bei extremer Hitzeexposition in Fahrzeugen (ORR'in Dr. Richter)
  • 09:50 Uhr  Gerinnungsstörungen durch Hypothyreose: Unbekannte Erhöhung der Blutungsneigung bei Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr (OFA PD Dr. Hoffmann)
  • 10:10 Uhr  Wirkungen von Zusatzlasten auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit (Dr. Klughardt)
  • 10:30 Uhr  Bewerbung einer Online-Maßnahme im Betrieblichen Gesundheitsmanagement der Bundeswehr- ein Erfahrungsbericht (OTA Dr. Roy)
  • 10:50 Uhr  Resümee der Veranstaltung (OTA Dr. Densow / OTA Dr. Roy)
  • 11:00 Uhr  Ende
Raum: Hörsaal/Onlineraum 4 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: David A Groneberg und Rubina Roy
Mi
13 Mär
20:00 - 22:00
DGAUM Get-Together
Get-Together der DGAUM
Die Teilnahme ist kostenfrei. Mit freundlicher Unterstützung von Alfons W. Gentner Verlag GmbH & Co. KG.

Raum: Foyer (Standort: Foyer)
Mi
13 Mär
14:45 - 17:30
DGAUM Nachwuchs
Nachwuchssymposium der DGAUM I
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Nachwuchswissenschaftler/innen
Raum: Hörsaal 7 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Simone Schmitz-Spanke
Mi
13 Mär
14:45 - 17:30
DGAUM Nachwuchs
Nachwuchssymposium der DGAUM II
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Nachwuchswissenschaftler/innen
Raum: Hörsaal 8 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Jessica Lang
Mi
13 Mär
14:00 - 14:30
Themenschwerpunkt
Keynote Lecture "Global Occupational Health & Wellbeing"
Redner: Dr. med. Andreas Tautz (DHL-Group)
Raum: Hörsaal/Onlineraum 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Jessica Lang
Do
14 Mär
13:30 - 14:00
Themenschwerpunkt
Keynote Lecture "Vorsicht, Luft! Biomonitoring deckt auf, was die Luftmessung nicht sieht."
Rednerin: Prof. Dr. med. Simone Schmitz-Spanke (Universität Erlangen-Nürnberg)
Raum: Hörsaal/Onlineraum 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Vorsitz: Bernd Roßbach
Fr
15 Mär
13:30 - 14:00
Themenschwerpunkt
Keynote Lecture "Arbeitsmedizin digital"
Redner: Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel (Mainz)
Raum: Hörsaal/Onlineraum 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Vorsitz: Hans Drexler
Sa
16 Mär
09:00 - 15:00
Online-Symposium
Rehabilitation und Begutachtung nach COVID-19 im Rahmen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
Eine Veranstaltung mit freundlicher Unterstützung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Die Teilnahme ist kostenlos und wird mit 6 CME-Punkten zertifiziert.
► Hier klicken um teilzunehmen  Meeting-ID: 811 4091 6501 // Kenncode: 741764

Leitung: Albert Nienhaus, Dennis Nowak, Stephan Letzel
Block I: 9:00 - 10:30 Uhr
Moderation und Begrüßung: Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel
  1. COVID-19 als Berufskrankheit und Arbeitsunfall. Wie viele laufende Fälle gibt es? – Analyse der Daten der DGUV (Stephanie Schneider)
  2. Post-COVID-Check und erste Ergebnisse aus dem COVID-Register (Prof. Dr. med. Peter Schwenkreis, Dr. Agnessa Kozak)
  3. Konzept und Erfahrungen der COVID-19 Rehabilitation in der BG-Klinik Bad Reichenhall (Dr. med. Michael Stegbauer)
  4. Fragen und Antworten
Block II: 11:00 - 12:30 Uhr
Moderation: Prof. Dr. med. Dennis Nowak
  1. Evaluation der stationären Rehabilitation nach COVID-19 in der BG-Klinik Bad Reichenhall (Dr. Karin Müller)
  2. Evaluation der ambulante Reha nach COVID-19 (Svenja Mertens)
  3. Berufliche Wiedereingliederung nach COVID-19 (Franziska Dilling)
  4. Begutachtung nach COVID-19 als Versicherungsfall der DGUV – Rechtliche Voraussetzungen (Christian Frosch, Jörg Schudmann)
  5. Fragen und Antworten
Block III: 13:30 - 15:00 Uhr
Moderation: Prof. Dr. med. Albert Nienhaus
  1. Begutachtung der neurologischen Folgen (Prof. Dr. med. Martin Tegenthoff)
  2. Begutachtung der neuropsychologischen Folgen einschließlich Fatigue (Jaquelin Noer, M.Sc.)
  3. Begutachtung der pulmonalen Funktionsschäden einschließlich dysfunktionaler Atmung (Prof. Dr. med. Dennis Nowak)
  4. Begutachtung der kardiologischen Funktionsschäden (Dr. med. Friedrich Ernst)
  5. Fragen und Antworten, Verabschiedung
Raum: Onlineraum 4 (Standort: Online)
Do
14 Mär
08:30 - 09:45
Vorträge
Biomarker
Raum: Hörsaal/Onlineraum 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Julia Krabbe und Anna Wolfschmidt-Fietkau
Beiträge:
1
Zielsetzung: Die WHO (World Health Organisation) definiert Fasern als elongierte Partikel mit einem Länge:Breite-Verhältnis von 3:1. Mineralfasern mit bestimmten Abmessungen stehen unter Verdacht krebserregend zu sein. Nach Inhalation von Fasern bewirken diese überwiegend eine lokale Entzündung der Atemwege und Lunge. Wenig bekannt ist allerdings, welchen tatsächlichen Einfluss die Morphologie der Fasern auf das Entzündungspotential hat. Um dieser Frage nachzugehen, wurde zunächst im Rahmen eines Proof of Concepts untersucht, ob mittels synthetischer Fasern mit definierter Morphologie eine Entzündungsreaktion in Zellen induziert werden kann.

Methoden: Lungenmakrophagen der Ratte (NR8383) wurden gegenüber synthetischen Silikat-Fasern in zwei unterschiedlichen Konzentrationen (16µg/cm2 und 32 µg/cm2) exponiert. Anschließend wurde die RNA aus den Zellen isoliert und die Expression von 84 ausgewählten Chemokinen und Zytokinen mittels RT-qPCR gemessen. Als Kontrolle dienten nicht exponierte NR8383-Rattenmakrophagen.

Ergebnisse: Für 24 der untersuchten 84 Gene konnte eine statistisch signifikante Veränderung der Expression (fold change >2 oder <0,5 sowie p-Wert <0,05) bestimmt werden. Die Mehrzahl der Gene wurde dabei konzentrationsabhängig induziert.

Schlussfolgerungen: Die Expression bekannter Gene nach Exposition gegen synthetische Silikat-Fasern ist mit der Expression nach Exposition gegen Asbest oder multi-walled carbon nanotubes vergleichbar. Somit sind synthetische Fasern prinzipiell geeignet, um eine inflammatorische Wirkung auf RNA-Ebene aufgrund der Faser-Morphologie zu induzieren.
Herr Dr. rer. nat. Daniel Weber
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
2
Introduction: The use of modern information and communication technologies at modern workplaces is often accompanied by an increase in multitasking (MT) requirements. This is often associated with an increase in perceived stress, especially in the older. We used biomarkers to investigate physiological stress responses of the Sympathetic Nervous System (SNS), the Parasympathetic Nervous System (PNS), and the hypothalamic-pituitary-adrenal (HPA) axis to MT demands.
Methods: N = 69 younger (21.7 ± 4.4 years, 18 male) and N = 80 older (70.7 ± 5.1 years, 22 male) people participated in our pre-registered study and were randomly assigned to either a single-tasking (ST) or a MT condition. The primary task was a digital sentence verification task, which was interrupted by the secondary task (push-up notifications, which should be memorized) in the MT condition. Saliva samples were taken before, immediately after, +10, +20, and +35 minutes after the task and the electrocardiogram was recorded continuously. Salivary alpha-amylase (sAA) and heart rate (HR) were used as biomarkers for SNS reactivity, cortisol as biomarker for HPA axis activity, and the RMSSD of the heart rate variability (HRV) as PNS measure.
Results: Task performance was higher in the ST than in the MT condition, and the expected age effects were found. Both, sAA and HR decreased throughout the session in the younger participants but increased during and decreased afterwards in the older. Moreover, SNS activity was higher in the MT than in the ST condition in both age groups. HRV was significantly higher in the younger than in the older but did not significantly change and did not differ between the ST and MT condition. Cortisol levels decreased throughout the session in both conditions and in both age groups with the exception that a cortisol increase between +20 and +35 minutes was found for the older participants in the MT condition.
Discussion: Our study confirms that biological stress responses to MT differ between older and younger adults. Only the older showed responses of both, the SNS and the HPA axis in the MT condition, indicating that solely this age group was biologically stressed. This has important implications for the design of modern (digitalized) workplaces for the older, because an SNS- or HPA axis overactivation can have severe health consequences in the long-term. Programs that teach this target group how to cope with MT demands and, thus, help to reduce stress are needed.
Frau Dr. Linda Becker
Vinzenz Pallotti University, Vallendar
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
3

Einleitung

Die Exposition gegenüber luftgetragenen Stoffen wie Gasen, Dämpfen und Partikeln ist nach wie vor ein relevantes Gesundheitsrisiko an vielen Arbeitsplätzen. Ein aktuelles Thema ist die Untersuchung der gesundheitlichen Auswirkungen von Partikeln (z. B. Schweißrauchen), die Zinkoxid (ZnO) enthalten.
Unter anderem veranlassten Ergebnisse einer Studie des IPA zur Exposition von Menschen gegenüber ZnO im Jahr 2018 das dänische Nationale Forschungszentrum für die Arbeitsumwelt 2021, einen neuen, stark abgesenkten Vorschlag für einen Arbeitsplatzgrenzwert für Zink an Arbeitsplätzen zu formulieren. Dabei wurde die No Observable Effect Concentration (NOEC) von 0,5 mg/m3 ZnO zum einen mit einem Zeitextrapolationsfaktor (vierstündige Expositionszeit auf Achtstundenschicht) von zwei versehen und zum anderen ein Sicherheitsfaktor von fünf angelegt mit dem Argument, dass die gemessenen Effektparameter der Probanden stark schwankten und nur gesunde, junge Personen untersucht wurden. Daraus resultierend wurde ein Zink-Grenzwert von 40 µg/m3 vorgeschlagen. Es stellt sich die Frage, ob die Anwendung der Faktoren gerechtfertigt ist.

Methoden

Seit der Veröffentlichung des dänischen Berichts sind weitere Studien mit ZnO durchgeführt worden. Im folgenden Beitrag werden Argumente für die Ableitung des neuen Grenzwerts für Zink aus dem dänischen Bericht diskutiert und erweitert um die seit 2018 publizierten Ergebnisse.

Ergebnisse

Insbesondere die Anwendung von Zeitextrapolationsfaktoren bedarf weiterer Diskussion und Harmonisierung zwischen den Regulierungsbehörden. Aufgrund der aktuellen Publikationen seit 2018, in denen die Datenlage durch höhere Fallzahlen gefestigt wurde, lässt die Anwendung eines Faktors von fünf aufgrund stark schwankender Werte als zu hoch erscheinen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Dieser Beitrag stellt den aktuellen Stand der Sachlage zu ZnO dar und dient damit den Regulierungsbehörden als Diskussionsgrundlage zur Ableitung eines Arbeitsplatzgrenzwertes für Zink.
Herr Dr. Christian Monsé
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
4

Einleitung

Der Immunpathomechanismus, der zu post-COVID führt, ist bisher nicht vollständig geklärt. Im Rahmen einer Längsschnittstudie wurden Blut und Serum von 72 COVID-19 Erkrankten (PCS), die noch bis zu 750 Tagen (Median 422 Tage) nach Infektion Beschwerden hatten hinsichtlich einiger Immunparameter untersucht

Methoden

Anhand eines Fragebogens erfolgte bei den Betroffenen ein Symptomcheck. Im Serum wurden 13 verschiedener Zytokine (Neuroinflammation panel) im Multiplexverfahren analysiert. Weiterhin wurden die Entzündungsmarker Serum Amyloid A (SAA) und C-reaktives Protein (CRP) bestimmt. Seren von COVID-19- Genesenen ohne anhaltende Beschwerden und Personen, die nie mit SARS-CoV-2 Kontakt hatten, dienten als Kontrollen. Zusätzlich wurde Vollblut mit SARS-CoV-2 Peptiden stimuliert und sowohl die Interferon γ Freisetzung (IGRA, Euroimmun) als auch die Expression von Zelloberflächenmarkern bestimmt (CD3; CD19; CD4; CD8; CD25, CD45RA, CD45RO, CD197)

Ergebnisse

Fatigue/Erschöpfung war für alle PCS das vorherrschende Symptom, gefolgt von Konzentrationsstörungen (82%) und Kurzatmigkeit (72%). Die SAA-Konzentration im Serum der PCS lag signifikant höher als in den beiden Kontrollgruppen. Anhand der SAA-Mediankonzentration (33561 ng/ml) wurden die PCS-Seren in eine „SAA low“ und eine „SAA high“ Gruppe aufgeteilt. Probanden der „SAA high“ Gruppe hatten einen signifikant höheren BMI, mehr Neutrophile im Blut, höhere CRP-Werte, nannten mehr Symptome und unterschieden sich im Zytokinspektrum von der „SAA low“ Gruppe. Hinsichtlich der Vorerkrankungen dominierten in der „SAA high“ Gruppe Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen, in der „SAA low“ Gruppe dagegen neurologische Symptome wie Kopfschmerzen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Post-COVID umfasst ein weites Spektrum an Symptomen und immunologischen Veränderungen. Entzündungsmarker wie SAA können hilfreich sein, um Gruppen unterschiedlicher Genese voneinander abzugrenzen.

Frau Dr. Verena Liebers
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
5

Einleitung

Im Rahmen der Produktion von Perfluoroctansäure (PFOA) in einem Industriebetrieb in Gendorf im Landkreis Altötting kam es im Zeitraum von den 1960er Jahren bis 2008 zu einer großflächigen Kontamination der Umwelt und einer Belastung der dort lebenden Bevölkerung, wobei das Trinkwasser als wesentliche Quelle galt. Bei einem Human-Biomonitoring (HBM) im Jahr 2018 wurden erhöhte PFOA-Werte im Blut der teilnehmenden Personen festgestellt. Nach Ablauf einer Halbwertszeit von vier Jahren wurde im Jahr 2022 erneut ein HBM im Landkreis Altötting durchgeführt und es zeigte sich, dass die ergriffenen Maßnahmen zur Sanierung der Trinkwasserversorgung wirksam waren und zu einer deutlichen Reduktion der PFOA-Gehalte im Blut der Bevölkerung geführt haben. Da diskutiert wird, dass PFOA bei hoher Exposition einen negativen Einfluss auf das Immunsystem haben könnte, wurden zusätzlich verschiedene Antikörperspiegel (Diphtherie, Tetanus, SARS-CoV-2) im Blut untersucht, um Hinweise auf einen möglichen Einfluss der inneren PFOA-Belastung auf die Immunantwort zu erhalten.

Methoden

Die untersuchten Personen wurden anhand des HBM-II-Wertes in zwei Gruppen unterteilt: Untersuchungsteilnehmende mit PFOA-Werten unter und über dem HBM-II-Wert von 10 µg/l. Während es bei der Diphtherie- und Tetanusimpfung bereits etablierte Werte für Antikörper im Blut gibt, bei denen von einem bestehenden Immunschutz ausgegangen werden kann, liegt für SARS-CoV-2 derzeit kein solcher Schwellenwert vor. Somit konnte bei SARS-CoV-2 nur die Menge der Antikörper erfasst und unter den beiden Probandengruppen verglichen werden. Es erfolgte eine alters- und geschlechtsstratifizierte Auswertung.
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Ergebnisse

Für die Antikörperauswertung wurden Daten von 662 Erwachsenen herangezogen. Es zeigte sich, dass ein ausreichender Immunschutz für Tetanus bei 91,9 %, für Diphtherie hingegen nur bei 41,8 % der untersuchten Personen vorlag. Der Diphtherie-Immunschutz sank mit steigendem Alter deutlich. Die Ausprägung des Diphtherie- und Tetanus-Immunschutzes der Erwachsenen stand in keinem Zusammenhang mit den PFOA-Gehalten im Blut. Bei nahezu allen Teilnehmenden war ein hoher SARS-CoV-2-Antikörperspiegel festzustellen.
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Schlussfolgerung / Diskussion

In unserer Studie war kein Einfluss der inneren PFOA-Belastung auf die Immunantwort zu beobachten.
Frau Heidi Lahne
Landesinstitut arbeits- und umweltbezogener Gesundheitsschutz und Produktsicherheit, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), München, Deutschland, München
Do
14 Mär
10:15 - 11:30
Vorträge
Biomonitoring
Raum: Hörsaal/Onlineraum 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Michael Bader und Elisabeth Eckert
Beiträge:
1
Der Abbau von polychlorierten Biphenylen (PCBs) wird durch das Ausmaß ihrer Clorierung beeinflusst und hat Auswirkungen auf PCB-Toxizität und Eliminationshalbwertszeit. Generell wird davon ausgegangen, daß durch Dechlorierung PCBs entgiftet werden. PCB28 ist eines der quantitativ wichtigsten Kongenere von industriellen PCB-Gemischen. Zusammen mit anderen niederchlorierten PCBs (z.B. PCB52 und PCB101) kann es regelmäßig in kontaminierten Innenräumen nachgewiesen werden und findet sich im Recycling von Transformatoren und Kondensatoren wieder. Ziel dieser Studie war es die Verstoffwechslung von PCB28 in vitro durch CYP1A2 zu untersuchen.

Für die Verstoffwechslung von PCB28 verwendeten wir bakteriell exprimiertes humanes CYP1A2 oder transgene CYP1A2 exprimierende HEK293 Zellen. Der Nachweis von PCB28 Metaboliten erfolgte mittels einer online-SPE-LC/MS/MS-Methode unter der Verwendung authentischer Standards. Identifizierte Metabolite von PCB28 wurden auf ihr Vorhandensein im Blutplasma der HELPcB-Kohorte überprüft.

Bei der Verstoffwechslung von PCB28 durch rekombinates CYP1A2 konnten wir durch den Vergleich mit authentischen Standards folgende monohydroxylierte, trichlorierte Metabolite, identifizieren: 5-OH-PCB28 (M1, RT 18,76 min), 4-OH-PCB31 (M3, RT 18,28 min) und 3'-OH-PCB28/ 4'-OH-PCB25 (M4/M2, RT 17,09 min). Zusätzlich fiel uns ein weiterer prominenter Ionenpeak mit einer Retentionszeit von 16,25 min auf, der durch Vergleich mit einer Standardreihe als 4,4'-dichlorobiphenyl (3-OH-CB15) identifizierte wurde. Ähnlich waren die Ergebnisse mit transgenen CYP1A2 exprimierenden Zelllinien: auch hier konnten wir alle 4 trichlorierten PCB28 Metaboliten nachweisen. Darüber hinaus bildeten CYP1A2-Zellen 3-OH-CB15 aus PCB28, das wir auch in Plasmaproben aus der HELPcB-Kohorte nachweisen konnten.

Wir zeigen hier zum ersten mal die Entstehung 3-OH-CB15 aus PCB28 durch partielle Dechlorierung. PCB15 zeigte in früheren Studien sowohl in vitro als auch in vivo eine mutagene Wirkung, desweiteren wurde die Bildung eines von PCB15 abgeleiteten Hydrochinons (PCB15-HQ) nachgewiesen. In Initiations-Promotions-Experimenten zeigte PCB15 eine tumorauslösende Wirkung in Ratten. Es sollte demnach -entgegen der allgemeinen Ansicht, dass die Dechlorierung von PCBs mit ihrer Entgiftung einhergeht, im Fall des WHO-Indikators PCB28 eine differenziertere Betrachtung erfolgen: der Stoffwechsel von PCB28 zu hydroxyliertem PCB15 und weiteren nachgeschalteten Hydrochinon-Metaboliten muss bei der Bewertung des potenziellen Risikos von PCB-Gemischen berücksichtigt werden.

Herr Patrick Ziegler
2
Einleitung
Topischer Sonnenschutz ist ein wichtiger Bestandteil des UV-Schutzes von Beschäftigten, die ihre Tätigkeit vorwiegend oder teilweise im Freien durchführen. Zu den prominentesten UV-Filtern zählt 2-Ethylhexylsalicylat (EHS). Die systemische Aufnahme von EHS nach dermaler Applikation ist belegt. Offene Fragen bestehen jedoch in Bezug auf den Umfang des Metabolismus und der Toxikokinetik nach dermaler Exposition. Aus diesem Grund wurde eine Humanstudie durchgeführt, bei welcher die renale Ausscheidung von EHS sowie von sieben EHS-Metaboliten nach einmaliger dermaler Exposition gegenüber EHS-haltiger Sonnencreme untersucht wurde.

Methoden
Die Studie wurde an drei Probanden im Alter von 23 – 57 Jahren durchgeführt. Dazu erfolgte eine großflächige Anwendung von Sonnenschutzmitteln, bei der Badebekleidung getragen und 2 mg Sonnencreme pro Quadratzentimeter auf die freie Körperoberfläche appliziert wurde. Im Gegensatz zu der gebräuchlichen Anwendung, fand die Exposition im Innenraum statt, um Einflussfaktoren der Sonneneinstrahlung auf die Aufnahme von EHS zu eliminieren bzw. zu kontrollieren. Die Exposition dauerte 9 Stunden und der Urin wurde über 72 Stunden vollständig fraktioniert gesammelt. Die erhaltenen Urinproben wurden mittels einer UPLC-MS/MS Methode bezüglich EHS sowie der Metaboliten 5OH-EHS, 4OH-EHS, 2OH-EHS, 6OH-EHS, 4oxo-EHS, 5oxo-EHS und 5cx-EPS analysiert. Zudem wurden durch eine spezielle angepasste Konjugathydrolyse die Anteile der Glucuronid- und Sulfat-Konjugate bestimmt. Aus den Daten wurden die toxikokinetischen Kenngrößen errechnet.

Ergebnisse
Nach dermaler Anwendung von EHS-haltiger Sonnencreme, nimmt EHS den größten Anteil an renal ausgeschiedenen Analyten ein, gefolgt von 5OH-EHS, 5oxo-EHS und 5cx-EPS. Geringe Anteile sind 4OH-EHS, 2OH-EHS und 4oxo-EHS zuzuschreiben. 6OH-EHS wird nur in sehr geringen Mengen nachgewiesen. Glucuronide machen den Hauptanteil der Konjugate aus, jedoch weisen 5OH-EHS, 5oxo-EHS sowie 5cx-EPS auch signifikante Sulfatanteile auf. Das Maximum der Ausscheidung wurde für alle Analyten 11,4 Stunden nach Applikation erreicht. Danach erfolgte eine Elimination mit Halbwertzeiten im Bereich von 6,6 – 9,7 Stunden.

Schlussfolgerung
Die Studiendaten zeigen die langsame Aufnahme des UV-Filters durch die Haut und eine relativ langsame Elimination. Außerdem konnten die relevanten Biomarker für ein derartiges Expositionsszenario identifiziert werden. Zudem zeigt die Auswertung, dass die Abbildung von Sulfatkonjugaten für bestimmte Biomarker wichtig für die korrekte Erfassung dieser ist.
Frau Laura Kuhlmann
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Erlangen
3

Einleitung

Das Verbrennen von Holz wird derzeit als nachhaltige Energieform angesehen. Gleichwohl wird bei der Holzverbrennung eine komplexe Mischung partikulärer und gasförmiger Schadstoffe emittiert. Hier sind effiziente Minderungsmaßnahmen notwendig, um die schädlichen Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Klima zu reduzieren.

Methoden

Zur chemisch-, physikalischen Charakterisierung der Emissionen, mit und ohne Minderungsmaßnahmen, wurde eine breite Palette analytischer Verfahren, eingesetzt. Verwendet wurden Laserphotometer, Elektrometer, FTIR, LC-, GC- und ICP/MS sowie direktanzeigende Reaktionsröhrchen. Als Minderungsmaßnahmen wurde ein Katalysator und ein elektrostatischer Abscheider, separat und in Kombination eingesetzt

Ergebnisse

Der Einsatz des Katalysators zeigt sowohl gegenüber Kohlenstoffmonoxid als auch den leicht (VVOC/VOC wie Formaldehyd und Furfural) bis schwer flüchtigen (SVOC wie Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe, PAK) organischen Substanzen eine deutliche Minderungswirkung. Durch die Minderung der VVOC/VOC, SVOC hat der Katalysator damit auch das Potential, die Bildung sekundärer organischer Aerosole (SOA) in der Atmosphäre zu reduzieren.
Der elektrostatische Abscheider reduziert die Partikelmassenkonzentration um etwa 60 % und die Partikelanzahlkonzentration (23-1000 nm) deutlich über 90 %. Damit wird vor allem der Ausstoß von feinen und ultrafeinen Partikeln (UFP), also lungengängiger Feinstaub, stark vermindert. Obwohl feuerungsbasiert getestet, wurde eine signifikante Minderung der 16 EPA-PAK festgestellt, die bei den vorherrschenden Temperaturen (ca. 300 °C) nicht oder nur in vernachlässigbaren Anteilen Partikel-gebunden vorliegen. Der gleichzeitige Anstieg von flüchtigen organischen Verbindungen (z. B. Formaldehyd, Furfural 1,3-Butadien, Methacrolein), deutet auf eine (energetisch induzierte durch O/OH-Radikale verstärkte) Spaltung und Transformation größerer organischer Moleküle hin.

Schlussfolgerung / Diskussion

Über die gesamte Bandbreite der betrachteten Schadstoffgruppen weist die Kombination von Katalysator und Abscheider in Summe die höchste Minderungsleistung auf, da sowohl Partikel als auch Organik effektiv gemindert werden. Mit Katalysator und elektrostatischem Abscheider stehen wirksame und vor allem marktverfügbare Minderungstechniken für Kaminöfen bereit.Für die Übertragung des aufgezeigten Minderungspotentials in die Praxis erscheinen vor allem politische und regulatorische Maßnahmen zielführend.
Herr Dr. Manfred Möller
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Aachen
4
Einleitung
Bei Brandeinsätzen sind die Einsatzkräfte der Feuerwehr Brandrauchen ausgesetzt, die polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalten. Diese können in den Körper gelangen und sind über Biomonitoring nachweisbar. Ziel dieser Studie ist es, externe Faktoren zu bestimmen, die die Aufnahme von PAK während des Brandeinsatzes beeinflussen.

Methoden
Es wurden 54 Einsatzkräfte, die einen Brandeinsatz bei Wohnungsbränden in drei Großstädten in Deutschland hatten, eingeschlossen. Während einer Eingangsuntersuchung (Grundbelastung) sowie zu drei weiteren Zeitpunkten nach dem Brandeinsatz wurde die aufgenommene Menge an PAK durch den Biomarker 1-Hydroxypyren (1-OHP) bestimmt. Detaillierte Angaben zum Brandeinsatz und persönlicher Schutzausrüstung wurden über einen Fragebogen erfasst und in Beziehung mit der 1-OHP Konzentration gesetzt. Dazu wurden Generalized Estimating Equations Regressionsmodelle verwendet, um den wiederholten Messungen an denselben Einsatzkräften Rechnung zu tragen.

Ergebnisse
Die mittlere 1-OHP-Konzentration war mit 0,37 µg/L 6-8 Stunden nach dem Brandeinsatz am höchsten (maximale Konzentration 5,41 µg/L) und damit 3,7-fach höher als vor dem Einsatz (0,10 µg/L). Die höchsten 1-OHP Konzentrationen wiesen Einsatzkräfte mit Atemschutz im Innenangriff auf. Das Vorhandensein von Rauchgasen (β=0,70; p=0,0591), ein Einsatz von mehr als 30 Minuten unter Atemschutz (β=1,14; p=0,0905), eine Exposition gegenüber dunkelgrauem (β=1,08; p=0,0777) und schwarzem Rauch (β=0,63; p=0,0498), eine rauchfreie Schicht von weniger als einem Meter über dem Boden(β=1,17; p=0,0086) sowie Sichtweiten von 0,5 - 2 Metern (β=1,72; p=0,0010) und kleiner 0,5 Metern (β=1,04; p<0,0001) erhöhten statistisch signifikant die 1-OHP Konzentration.

Schlussfolgerungen
Bei Brandeinsätzen können insbesondere bei Bränden mit einer starken Rauchentwicklung, tiefer Rauchschicht und geringen Sichtweiten PAK aufgenommen werden. Auch bei vollständig und korrekt angelegter persönlicher Schutzausrüstung inklusive Atemschutz erhöht sich das 1-OHP bei einem Innenangriff und auch mit zunehmender Dauer des Einsatzes. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass eine korrekt angelegte, funktionsfähige persönliche Schutzausrüstung im Einsatz einsatzbezogene Belastungen gegenüber krebserzeugenden PAK bei Feuereinsatzkräften minimiert, jedoch nicht vollständig eliminiert.
Herr Dr. Dirk Taeger
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
5
Zielsetzung
Durch den Einsatz von 2,4-Dichlorbenzoylperoxid als Radikalstarter bei der Herstellung von Silikongummi kann es bei Arbeitern in der Produktion durch thermischen Zerfall zu Expositionen gegenüber dem Lösungsmittel 1,3-Dichlorbenzol kommen [1]. Der Humanmetabolismus von 1,3-Dichlorbenzol ist bisher noch nicht vollständig erforscht. Von speziellem toxikologischen Interesse ist dabei das Ausmaß der Bildung von Mercaptursäuren als Ausscheidungsprodukte des intermediär gebildeten reaktiven Epoxids. Es war deshalb das Ziel unserer Arbeiten, eine analytische Methode zur Quantifizierung der Mercaptursäuren des 1,3-Dichlorbenzols (2,4- bzw. 3,5-Dichlorphenyl-Mercaptursäure) in Urin zu erarbeiten und diese auf Urinproben von Arbeitern der Silikonindustrie anzuwenden.

Methoden
Es wurden zunächst authentische Standards der Mercaptursäuren synthetisiert sowie deuterium-gelabelte Interne Standards zur akkuraten Quantifizierung. Die Mercaptursäuren wurden dann mit Hilfe einer online-SPE-LC/MS/MS-Methode im Urin quantifiziert. Die Nachweisgrenze der Methode für beide Mercaptursäuren beträgt 0,1 µg/L Urin, die Präzision der Methode liegt im Bereich von 1,7 – 4,3% bei einer Richtigkeit zwischen 99.4 – 109.9 %. Im Rahmen einer DFG-geförderten Studie wurden anonymisiert n=82 Nach-Schicht-Urinproben von Arbeitern eines großen Betriebs gesammelt, in dem Silikonprodukte hergestellt bzw. verarbeitet werden. Diese Urinproben wurden neben den phenolischen Hauptmetaboliten des 1,3-Dichlorphenols auch auf den Gehalt an 2,4- bzw. 3,5-Dichlorphenyl-Mercaptursäure untersucht [2].

Ergebnisse
In 48,8 bzw. 57,3 % der untersuchten Urinproben aus diesem Betrieb konnte die 2,4- bzw. 3,5-Dichlorphenylmercaptursäure quantifiziert werden mit Maximalwerten von 8,8 µg/L bzw. 12 µg/L. Dabei zeigte sich eine recht gute Korrelation zwischen der Gesamt-Ausscheidung der phenolischen Hauptmetabolite und der Summe der beiden Mercaptursäuren im Urin. Im Gegensatz dazu ergab sich kein klarer Zusammenhang zwischen der Ausscheidung der beiden isomeren Mercaptursäuren. Die Gseamtausscheidung der Mercaptursäuren liegt ca. 3 Größenordnungen niedriger im Vergleich zu den Hauptmetaboliten.

Schlussfolgerungen
Die hier vorgestellte Studie liefert erstmals Daten zur Ausscheidung von Mercaptursäuren des 1,3-Dichlorbenzols beim Menschen. Trotz des sehr geringen metabolischen Anteils der Dichlorphenylmercaptursäuren zeigt ihre Bildung deutlich, dass die Ringoxidation ein toxikologisch relevanter Stoffwechselweg beim Menschen ist.

Referenzen

[1] Herkert NJ,
Jahnke JC, Hornbuckle KC. Environ Sci Technol 52,
5154 – 5160 (2018).
[2] Schettgen
T, Esser A, Alt A, Randerath I, Kraus T, Ziegler P. Environ Sci Technol 56
(12), 8518 – 8527 (2022)
Herr Dr. rer. nat. Thomas Schettgen
Uniklinik RWTH Aachen, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Aachen
Do
14 Mär
14:15 - 15:30
Vorträge
Biomonitoring, Metabolismus, Luft
Raum: Hörsaal/Onlineraum 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Sonja Kilo und Stefan Rakete
Beiträge:
1

Einleitung

2-Phenoxyethanol (PhE) findet aufgrund seiner bakteriziden Eigenschaften vielfältig Einsatz. Neben der Verwendung als Konservierungsmittel in Verbraucherprodukten, insbesondere Hygieneartikeln, ist auch ein Einsatz in Kühlschmiermitteln von Bedeutung. Trotz der häufigen und vielfältigen Verwendung gibt es bisher nur wenig konkrete Informationen bezüglich der Biotransformation und Toxikokinetik von PhE beim Menschen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes von BMUB und VCI zum Human-Biomonitoring wurde daher die Entwicklung und Anwendung eines Verfahrens zu Bestimmung von 2-Phenoxyethanol in humanbiologischen Materialien gefördert.

Methoden

Ziel der Studie war es, das Aufnahme-, Metabolisierungs- und Ausscheideverhalten von PhE beim Menschen aufzuklären sowie wichtige toxikokinetische Daten zu erheben. Dazu wurden fünf Probanden einmalig mit ca. 5 mg PhE je kg Körpergewicht oral exponiert. Im Anschluss wurden über einen Zeitraum von 48 Stunden sowohl Blut- als auch Urinproben gewonnen und mittels spezieller Biomonitoringverfahren [1, 2] auf ihren Gehalt an PhE sowie ausgewählten PhE-Metaboliten untersucht. Ein Proband wurde zusätzlich mit PhE (in gleicher Dosis) dermal exponiert.

Ergebnisse

PhE zeigte nach oraler Aufnahme eine schnelle und fast vollständige Resorption. Als Hauptmetabolit konnte bei allen Probanden Phenoxyessigsäure (PhAA) bestätigt werden. Als weiterer bedeutender PhE-Metabolit wurde 4-OH-PhAA identifiziert. Unverändertes PhE sowie 4-OH-PhE wurden nur in geringen Anteilen in den untersuchten Blut- und Urinproben gefunden. PhE und die PhE-Metabolite zeigten kurze Eliminations-Halbwertszeiten von wenigen Stunden beim Menschen. Der Anteil an renal eliminierten PhE nach oraler Exposition lag nach 48 Stunden bei 89,0 ± 11,8 %, wobei allein PhAA einen Konversionsfaktor von über 70 % aufwies. Die renale Wiederfindungsrate lag nach dermaler Exposition etwa um den Faktor 2 niedriger, wobei ein ähnliches Metabolisierungsmuster zu beobachten war.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die vorliegende Metabolismusstudie bestätigt die Vermutung, dass PhE nach oraler Exposition rasch in den menschlichen Körper aufgenommen wird und erlaubt erstmals zuverlässige Aussagen über das toxikokinetische Verhalten dieser wichtigen Verbrauchschemikalie. In Zukunft werden daher arbeits- als auch umweltmedizinische Monitoringstudien möglich, die auch zuverlässige Rückschlüsse auf die Expositionsdosis mit PhE zulassen.

Referenzen

[1]        Jäger T, Eckert E, Leibold E, Bader M (2022), https://doi.org/10.1039/D2AY01407F
[2]       Jäger T, Eckert E, Leibold E, Bader M (2023), in preparation
Frau PD Dr. Elisabeth Eckert
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
Bayerisches Landesamt f. Gesundheit und Lebensmittelsicherheit,, Erlangen
2
1-(4-Chlorophenoxy)-1-(imidazol-1-yl)-3,3-dimethylbutan-2-on (Climbazol) wird als Anti-Schuppen-Wirkstoff in freiverkäuflichen Haarpflegeprodukten verwendet. Aufgrund von Sicherheitsbedenken bezüglich einer potenziellen endokrinen Wirkung dürfen Anti-Schuppen-Shampoos in der EU maximal 2% Climbazol enthalten.
Wegen des Vorkommens in Körperpflegeprodukten ist eine Exposition der Allgemeinbevölkerung möglich. Bisher lagen keine Daten zur renalen Exkretion von Climbazol im Menschen vor, weshalb wir eine UHPLC-MS/MS-Analysemethode zur Bestimmung der beiden postulierten Metabolite (OH)2-Climbazol und cx-OH-Climbazol im Urin entwickelt haben. Die Probenvorbereitung beschränkt sich bei dieser Methode auf eine enzymatische Hydrolyse, da darauf eine Online-SPE folgt.[1]
Diese Methode wurde zur Quantifizierung der Urinproben aus einer kombinierten oralen und dermalen Dosierungsstudie eingesetzt. Für die orale Studie nahmen fünf Probanden (3♀, 2♂, 25-38 Jahre) jeweils 4,82 mg Climbazol (entsprechende Dosen: 49-77 µg/kg KG). Diese oralen Dosen lagen deutlich unter dem von der ECHA abgeleiteten DNEL von 150 µg/kg KG pro Tag. Für die dermalen Expositionsszenarien verwendeten jeweils 3 Probanden (1♀, 2♂, 29-40 Jahre) ein kommerziell erhältliches Climbazol-haltiges Anti-Schuppen-Shampoo oder ein Haarserum. Alle Urinproben wurden einzeln gesammelt: bei der oralen Studie über 48 Stunden und bei der dermalen über 72 Stunden, da dort von einer langsameren Exkretion ausgegangen wurde.
In allen drei Expositionsszenarien konnte die Elimination der beiden postulierten Biomarker nachgewiesen werden. Abhängig vom Aufnahmepfad wurden die beiden Metabolite in konstanten Konzentrationsverhältnissen über die gesamte Probenahmezeit quantifiziert. Dabei wurde stets mehr (OH)2-Climbazol als cx-OH-Climbazol ausgeschieden. Aus den Daten der oralen Dosierung konnte ein 48 h-Konversionsfaktor berechnet werden, der es ermöglicht, von der gefundenen Metabolitenkonzentration im Urin (z. B. aus Bevölkerungsstudien) auf die Aufnahme zurückzurechnen.

Referenzen

[1] Schmidtkunz C, Küpper K, Gries W, Leng G. A validated LC-MS/MS method for the quantification of climbazole metabolites in human urine. J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci. 2021 Mar 29;1173:122677. DOI: 10.1016/j.jchromb.2021.122677.Epub ahead of print. PMID: 33848799.
Frau Dr. Isabell Schönrath
Currenta GmbH & Co. OHG, Leverkusen
3
Bei der Realbrandausbildung von Feuerwehrangehörigen ist eine wiederholte Exposition von Ausbildern gegenüber Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) aus Brandemissionen unvermeidbar. Hieraus resultierende innere PAK-Belastungen wurden bisher insbesondere für Verbindungen mit geringerem toxikologischem Potential wie Naphthalin, Phenanthren oder Pyren nachgewiesen. Ziel der Studie war es daher zu untersuchen, in wie weit sich auch eine Aufnahme der krebserzeugenden PAK-Leitsubstanz Benzo[a]pyren (BaP) nachweisen lässt und wie diese ggf. zu bewerten ist.

N= 3 männliche Feuerwehrausbilder (Nichtraucher, Alter 36-39 Jahre) führten jeweils unter Vollschutz drei Trainingseinheiten in einer holzbefeuerten Realbrandanlage durch. Pro Training wurden von jedem der Probanden 18 Urinproben gesammelt, die einen Zeitraum von 12 h vor (3 Proben) bzw. 76 h nach Exposition (15 Proben) abdeckten. Zum Nachweis innerer BaP-Belastungen erfolgte eine Untersuchung der Proben auf den BaP-Metaboliten 3-Hydroxy-BaP mittels Flüssigkeitschromatographie-Tandemmassenspektrometrie, wobei Nachweisgrenzen (NWG) zwischen 17 und 34 pg/L erreicht wurden.

Ausgehend von Medianwerten zwischen 43 und 61 pg/g Kreatinin (Bereich
Ein Beitrag der Trainingseinheiten zur inneren Belastung mit BaP konnte gezeigt werden. Die BaP-Aufnahme erfolgte dabei trotz adäquater Schutzmaßnahmen mutmaßlich über die Haut. Literaturdaten zufolge bewegten sich die Metabolitenkonzentrationen auch nach Exposition noch überwiegend im Bereich der umweltbedingten Hintergrundbelastung für Nichtraucher (bis ca. 200 pg/g Kreatinin). Dieser Befund sowie ein Vergleich mit den Äquivalenten zum Toleranz- bzw. Akzeptanzrisiko für BaP gemäß Expositions-Risiko-Beziehung in biologischem Material deuten auf ein eher geringfügiges zusätzliches Krebsrisiko für die Beschäftigten durch BaP hin. Aufgrund der verzögerten Elimination von BaP kann es bei täglicher Exposition jedoch zu Akkumulationseffekten und damit höheren inneren Belastungen kommen.
Herr Dr. rer. nat. Bernd Roßbach
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Mainz
4
Teil der Ausbildung von Feuerwehrleuten ist das Erlernen des Umgangs mit Rauchgasdurchzündungen (RDZ) in Brandsimulationsanlagen. Als Brennstoff dienen meist Pressspanplatten. Umfangreiche persönliche Schutzausrüstung und Hygienemaßnahmen können bisher die Aufnahme von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) bei Ausbildern, die in solchen Anlagen tätig sind, nicht vollständig verhindern. Ziel des Projektes war es, zu untersuchen, inwieweit eine Substitution des Brennstoffes zu einer Reduzierung der inneren Schadstoffbelastung von Feuerwehrausbildern beitragen kann.

N=3 männliche Feuerwehrausbilder (Nichtraucher, 36-39 Jahre) führten jeweils 6 Trainingseinheiten unter Vollschutz in einer holzbefeuerten Realbrandanlage durch. Zur Erzeugung des Brandes wurden in jeweils drei Trainingsdurchgängen Spanplatten bzw. unbehandeltes Palettenholz verwendet. Pro Training wurden von jedem Probanden 9 Urinproben gesammelt, die als Mischurine entsprechend 12 h vor (3 Proben) und 12 h nach der Exposition (6 Proben) mittels Gaschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie auf 1-Hydroxypyren (1-PYR) analysiert wurden. Zusätzlich wurden jeweils 3 Übungen in einer gasbefeuerten Anlage sowie in einer Übungsstrecke ohne Brennstoffeinsatz betrachtet.

Bei Verbrennung von Spanplatten stieg die 1-PYR-Eliminationsrate nach dem Training um den Faktor 3,5 von 0,004 µg/h auf 0,015 µg/h (Medianwerte) an. Versuche mit Palettenholz führten zu einem Anstieg um das 4,4-fache von 0,003 µg/h auf 0,013 µg/h. Nach dem Training in der gasbefeuerten Anlage ergab sich ein Anstieg um den Faktor 2 von 0,003 auf 0,006 µg/h. Auch nach Übungen ohne Brennstoffeinsatz zeigte sich eine Zunahme von 0,003 auf 0,007 µg/h.

Unabhängig von der Wahl des Festbrennstoffes konnte eine Erhöhung der Eliminationsrate für 1-PYR festgestellt werden. Ein Einfluss der Holzart auf die Schadstoffaufnahme konnte in dem kleinen Kollektiv nicht nachgewiesen werden. Aufgrund dieser Daten ist eine Substitution des Festbrennstoffes durch vermeintlich emissionsärmere Varianten aus arbeitsmedizinischer Sicht zumindest fragwürdig. Das eigentliche Trainingsziel der Provokation einer RDZ war wegen der besseren Brennbarkeit von Palettenholz zudem schwieriger zu erreichen. Erwartungsgemäß war die innere Belastung nach Übungen in der gasbefeuerten Anlage geringer als in der Festbrennstoffanlage. Unklar bleibt zunächst die nach Übungen in der unbefeuerten Anlage nachweisbare Erhöhung der 1-PYR-Ausscheidungsrate.
Herr Dr. med. Felix Lang
Institut für Arbeits-, Sozial- und UmweltmedizinUniversitätsmedizin MainzObere Zahlbacher Straße 6755131 Mainz, Mainz
5
Ein Biomonitoring von Arbeitstoffbelastungen kann durch die Bestimmung der unveränderten Arbeitsstoffe, der Produkte des Phase-I- und Phase-II-Stoffwechsels sowie bei Arbeitsstoffen bzw. Metaboliten mit hoher Reaktivität von spontanen Reaktionsprodukten erfolgen. Im Beitrag soll verdeutlicht werden, dass für sämtliche dieser unterschiedlichen Biomonitoringparametergruppen eine externe Qualitätssicherung durch das im Auftrag der DGAUM organisiert Ringversuchsprogramm GEQUAS vorgehalten wird.

Im GEQUAS wurde das Angebot einer externen Qualitätssicherung für diese Parameter sukzessive ausgebaut. Die Verteilung der Parameter auf die verschiedenen Gruppen wurde anhand des aktuellen 72. Ringversuches analysiert. Ferner wurden die Inanspruchnahme sowie die dabei erzielten Ergebnisse ermittelt.

Im aktuellen Ringversuch wurden 206 Parameter für das biologische Belastungsmonitoring angeboten. Bei 128 Parametern handelte es sich um die Bestimmung der unveränderten Arbeitsstoffe. Diese unterteilten sich in 76 anorganische (Metalle, Fluorid) und 52 organische Parameter (Aromaten in Blut und Urin, CKWs in Blut, Alkohole, Ketone und Ether in Urin, PCBs und PFAS in Plasma, etc.). Bei 48 Parametern handelt es sich um Phase-I-Produkte, die vornehmlich aus Oxidationen und Esterspaltungen resultieren. Bei 27 Parametern handelt es sich um Phase-II-Produkte (Produkte der Konjugation mit Glutathion, mit Glycin, mit Glucuronsäure und Acetylierung). Bei 5 Parametern handelt es sich um Hämoglobin-Addukte, die aus einer spontanen Reaktion hervorgehen. Die höchsten Teilnahmeraten erzielten Parameter, bei denen die Gefahrstoffe selbst bestimmt wurden, gefolgt von Phase-I-Produkten, danach von Phase-II-Produkten und zuletzt die Hämoglobin-Addukte. Die Erfolgsquoten sind bei der Bestimmung von anorganischen Parametern besonders hoch, während sie bei der Bestimmung von unveränderten Gefahrstoffen in Blut und Urin auffällig niedrig sind.

Das Angebot von GEQUAS ermöglicht die externe Qualitätssicherung für ein extrem breites wie vielfältiges Spektrum an Biomonitoringparametern. Dadurch können sämtliche Biomonitoringstrategien, die im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge angewendet werden, qualitätsgesichert durchgeführt werden.
Herr Prof. Dr. rer. nat. Thomas Göen
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Erlangen
Do
14 Mär
16:00 - 17:00
Vorträge
Belastung durch Schwermetalle
Raum: Hörsaal/Onlineraum 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Gabriela Petereit-Haack und Thomas Göen
Beiträge:
1
Hintergrund: Obwohl einige Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Elektroschrottrecylings vorliegen, wurden oftmals im Rahmen von ökologischen Studiendesigns Arbeitende und Bevölkerung gemeinsam betrachtet. Dies kann zu einer Unterschätzung der Gesundheitsfolgen führen, da die Bevölkerung nur indirekt exponiert war. Das Ziel unseres Reviews war es daher, gezielt nach Studien zu suchen, die sich direkt auf Elektroschrottarbeitende beziehen und die Gesundheitsfolgen der Tätigkeiten systematisch zusammenzufassen.

Methodik: Unter Berücksichtigung der PRISMA Richtlinien wurde in drei Datenbanken (Pub Med, Web of Science, Embase) für den Zeitraum zwischen 1980 und dem 01.11.2021 nach geeigneter Literatur gescreent. Das vollständige Studienprotokoll ist in Prospero hinterlegt unter https://www.crd.york.ac.uk/prospero/display_record.php?ID=CRD42022299134. Als Outcome gemäß PECO musste hierbei ein Symptom oder eine Erkrankung vorliegen.

Ergebnisse: Es wurden insgesamt 26 Studien identifiziert, von denen 23 Querschnittstudien waren. Die Studien wurden gemäß Krankheitsoutcome kategorisiert in hormonelle, renale, respiratorische, auditive, kardiovaskuläre und muskuloskelettale Symptome und Erkrankungen. Darüber hinaus wurde eine weitere Kategorie mit selbstberichteter Gesundheit erstellt. Generell berichteten die Elektroschrottarbeitenden vermehrt über unspezifische Beschwerden, wie Abgeschlagenheit, Schwindel oder Palpitationen. Es zeigte sich ein hohes Verletzungspotential im Rahmen der Tätigkeit. Fast alle Studien wiesen ein hohes risk of bias auf, insbesondere durch undurchsichtige Rekrutierungsstrategien.

Diskussion: Es existieren quasi keine geeigneten Studien, welche die direkten gesundheitlichen Langzeiteffekte des informellen Elektroschrottrecyclings erheben. Die überwiegend durchgeführten Querschnittstudien lassen kaum Aussagen zu kausalen Zusammenhängen zu. Hier besteht weiterhin ein hoher Forschungsbedarf.

Frau Prof. Dr. Andrea Kaifie-Pechmann
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, FAU Erlangen-Nürnberg, Erlangen
2
Einleitung:
Eine Bleiexposition kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit von Kindern haben. Es wird angenommen, dass die neurologischen und verhaltensbezogenen Auswirkungen von Blei irreversibel sind (1, 2). Kleinkinder sind besonders anfällig für Bleivergiftungen. Im Jahr 2020 veröffentlichten Pure Earth und UNICEF „The Toxic Truth", dort wird berichtet wird, eines von drei Kindern weltweit erhöhte Bleiwerte von über 5 µg/dL im Blut aufweist (3). Da die Quellen der Bleiexposition je nach Ort sehr unterschiedlich sein können, ist es wichtig, die lokalen Quellen der Bleiexposition zu ermitteln, insbesondere für Kinder und vor allem in ihren Wohnungen. Um potenzielle Expositionsquellen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMICs) zu identifizieren, hat Pure Earth das Programm "Rapid Market Screening" (Schnelles Markt-Screening) entwickelt.
Methoden:
In 25 LMICs sammelte und analysierte Pure Earth insgesamt mehr als sechstausend Verbraucherprodukte (Metallkochgeschirr, Keramik, Kosmetika, Farben, Spielzeug, Medikamente), Lebensmittel (Stärke, Gewürze) sowie Wasser- und Bodenproben. Das Projekt wurde von Effective Altruism Global Health and Development Fund, GiveWell und Open Philanthropy finanziert. Die Gegenstände wurden vor Ort mit einem XRF-Gerät analysiert, einschließlich Qualitätskontrollmessungen mit ICP-MS in den USA.
Ergebnisse:
Die Produkttypen, bei denen die einschlägigen Gesundheitsrichtlinien oder gesetzlichen Grenzwerte am häufigsten überschritten wurden, waren: Lebensmittelgeschirr aus Metall (52 % der Proben überschritten den entsprechenden Grenzwert), Lebensmittelgeschirr aus Keramik (45 %), Farben für Wände und große Flächen (41 %), Spielzeug (13 %) und Kosmetika (12 %).
Diskussion:
Die Bleiexposition von Kindern ist nicht auf bleiverseuchte Standorte beschränkt. Die bekannten Expositionsquellen wie Blei in Farben und Blei in Keramik sind in einigen Ländern immer noch eine wichtige Quelle der Bleiexposition. Weniger bekannt, aber sehr wichtig sind Blei in Metallkochgeschirr, Spielzeug und Kosmetika. Die Exposition in LMICs kann vielfältig sein, und die Verbraucher in LMICs sind nicht ausreichend vor vermeidbaren Bleiquellen geschützt. Das „Rapid Market Screening“ ist ein innovatives, einfaches und nützliches Instrument, um die spezifischen lokalen Wege der Bleiexposition in den Haushalten von Kindern zu ermitteln.

Herr Prof. Dr. med. Stephan Böse-O´Reilly
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, LMU München, München
Pure Earth, New York
Prof. Dr. med. Stephan Böse-O'Reilly, ist der Senior Technical Director bei Pure Earth (www.pureearth.org). Er ist Professor für Umweltmedizin und Public Health am Universitätsklinikum der LMU München (Deutschland). Er ist Kinderarzt und sein Hauptinteresse gilt der Vorbeugung von Krankheiten bei Kindern, indem er dazu beiträgt, ihre Belastung durch toxische Substanzen wie Blei und Quecksilber zu verringern.
3

Einleitung

Bei Beschäftigten der bleiverarbeitenden Industrie wird die individuelle Exposition aktuell anhand des Bleigehaltes im Vollblut bestimmt. Der Blutbleigehalt spiegelt Veränderungen der Exposition jedoch nur mit zeitlicher Verzögerung wider und ist daher nicht geeignet, die aktuelle Wirksamkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen zu überprüfen. Daher sollen in einer Studie mit Beteiligung und Förderung durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Expositionswege und alternative Biomonitoring-Parameter untersucht werden. Wir berichten über vorläufige Ergebnisse nach Abschluss der ersten von zwei Messkampagnen.

Methoden

In einer Querschnittsstudie wurden fünf bleiverarbeitende Betriebe in Deutschland untersucht. Insgesamt nahmen in der ersten Messkampagne 64 Beschäftigte an der Studie teil. 43 Beschäftigte konnten für das Biomonitoring rekrutiert und eingeschlossen werden. Durchgeführt wurden Messungen der Luftbleikonzentration (ortsfest und personengetragen), Wischproben an den Händen zur Erfassung einer potentiellen Hand-Mund-Kontamination und ein Biomonitoring verschiedener Parameter in Vollblut, Plasma und Urin zu vier definierten Zeitpunkten in der Arbeitswoche (Tag 1 (nach arbeitsfreier Zeit) und Tag 4, je vor Schicht und nach Schicht).

Ergebnisse

Es wurde ein weites Spektrum von Arbeitsplätzen der Bleiverarbeitung unter unterschiedlichen Präventionsmaßnahmen erfasst. Luft- und dermale Messwerte sowie die Ergebnisse des Biomonitorings zeigten eine große Spannweite: personengetragene Luftmessungen: 0,28 µg/m3 bis 2519 µg/m3; dermale Wischproben: 0,019 bis 3172 µg/min Expositionsdauer; Blei im Vollblut: 7,73 µg/L bis 410 µg/L. Hinsichtlich der alternativen Belastungsmarker zeigte sich eine positive Korrelation zwischen dem Bleigehalt (Pb) im Vollblut und im Plasma, Pb (Vollblut) und Pb (Urin) sowie Pb (Plasma) und Pb (Urin), jeweils mit deutlich stärkerem Zusammenhang am Ende der Arbeitswoche als zu Beginn.

Schlussfolgerung / Diskussion

Im Rahmen der ersten Messkampagne der Studie zeigten sich große Unterschiede der Expositionsverhältnisse und Effektivität der Arbeitsschutzmaßnahmen sowie eine große Variationsbreite von Biomonitoringergebnissen. Die z. T. sehr engen Korrelationen zwischen Parametern der inneren Belastung deuten Alternativen für das Biomonitoring an. Allerdings müssen diese Ergebnisse nach Abschluss der Studie anhand der vollständigen Daten verifiziert werden.
Frau Dr. Anna Wolfschmidt-Fietkau
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
4

Einleitung

Schwermetallvergiftungen im Zusammenhang mit dem Konsum von ayurvedischen Nahrungsergänzungsmitteln oder Arzneimittel sind in der Literatur wiederholt berichtet worden. Die amtliche Lebensmittelüberwachung stellt immer wieder Belastungen solcher Produkte mit Blei, Quecksilber und Arsen fest. Aus diesem Grund warnen Gesundheitsbehörden und Verbraucherschutz-Organisationen wiederkehrend vor dem Konsum solcher Präparate.

Methoden

Eine 47-jährige Frau stellte sich im 02/2023 in der umweltmedizinischen Ambulanz des Zentralinstituts nach einem zweimonatigen Aufenthalt in einer ayurvedischen Klinik in Indien vor. Nach dem Klinikaufenthalt, bei dem sie sich einer ayurvedischen Therapie unterzogen hatte, hatte sie verschiedene Produkte von dort nach Deutschland mitgebracht und weiter eingenommen. Inzwischen war sie über eine mögliche Belastung mit Schwermetallen besorgt. Die Anamnese ergab keinen Hinweis auf eine manifeste Schwermetall-Intoxikation. Vorsorglich führten wir ein Humanbiomonitoring (HBM) auf Arsen (As), Blei (Pb) und Quecksilber (Hg) durch. Zusätzlich untersuchten wir die von der Patientin mitgebrachten Präparate. Der Schwermetallgehalt der Präparate wurde nach Königswasseraufschluss und Inkubation in verdünnter Salpetersäure, verdünnter Salzsäure und Thioharnstoff mittels ICP-MS bestimmt.

Ergebnisse

Das HBM im Blut ergab Pb 713 µg/L (RV95 = 30 µg/l), Hg 0,79 µg/l (RV95 = 2 µg/l). Das HBM im Urin ergab Pb 88,8 µg/L (RV95 = 30 µg/l), Hg 1,49 µg/l (RV95 = 1,0 µg/l) und As 10,6 µg/l (RV95 = 15 µg/l). Die körperliche Untersuchung lies keine Zeichen einer Blei-Intoxikation feststellen. Das Blutbild war unauffällig. Wir empfahlen den sofortigen Abbruch der Einnahme der Präparate und weitere HBM-Kontrollen im Verlauf.
Die Untersuchung der von der Patientin mitgebrachten Präparate (n= 6) ergab Überschreitungen des Höchstgehalts (HG) nach EU 2023/915 („Kontaminanten-Verordnung“) für Blei (HG 3,0 µg/g) in den Präparaten „Stresan“ (Tablette) = 3,04 µg/g, „Ashwaganda Pak“ (Granulat) = 2703,9 µg/g und „Maanasa Mithra-Vatakam“ (Tablette) = 78,47 und für Quecksilber (HG 0,1 µg/g) in 5 Präparaten (Hg-Gehalt zwischen 0,14 µg/g und 1096 µg/g).

Schlussfolgerung / Diskussion

Trotz öffentlicher Informationen bzgl. der Gefährdung durch den Konsum von ayurvedischen Präparaten werden diese weiterhin konsumiert. Die frühzeitige Vorstellung und Abklärung verhinderten eine manifeste Intoxikation mit Blei.
Herr Marcial Velasco Garrido M.P.H.
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
Do
14 Mär
08:30 - 10:00
Vorträge
Belastung und Beanspruchung im Studium
Raum: Hörsaal/Onlineraum 5 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Sibylle Hildenbrand und Thomas Muth
Beiträge:
1
Hintergrund Die Gesundheit von Studierenden in Gesundheitsfachberufen ist von besonderer Bedeutung. Die Anforderungen des Hochschullebens in Verbindung mit einem gesundheitsbezogenen Studium können sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Diese unterstreicht die Relevanz von Gesundheitsförderung und -schutz im Hochschulkontext. Für geeignete Maßnahmen ist ein Verständnis über die gesundheitliche Lage unerlässlich. In Deutschland existiert bislang jedoch nur begrenzte Evidenz zur Gesundheit dieser Studierendengruppe. Diese Studie verfolgt das Ziel, verschiedene Aspekte der Gesundheit anhand von Querschnittsdaten zu untersuchen. Methode Die Studie wurde in den Sommersemestern 2021 und 2022 durchgeführt, mit Genehmigung der hochschulischen Ethikkommission. Die Datenerhebung erfolgte mit einem Online-Fragebogen (LimeSurvey). Aufgrund der COVID-19-Beschränkungen wurden die Studierenden während der Online-Lehre und per E-Mail rekrutiert. Sie wurden über die Studienzwecke und -ziele, den Datenschutz und die Freiwilligkeit informiert. Die Daten wruden mit SPSS (Version 29) ausgewertet. Ergebnisse Insgesamt beteiligten sich n = 98 der 135 immatrikulierten Studierenden an der Befragung, was einer Rücklaufquote von 72,6 % entspricht. Das Alter der Studierenden lag bei 26,5 Jahren. 77,6 % der Befragten waren weiblich. Zu Beginn ihres Studiums bewerteten 80,3 % ihren Gesundheitszustand als mindestens "gut". 62,1 % der Studierenden berichteten über mindestens eine ärztlich diagnostizierte Erkrankung. Ein hohes psychisches Wohlbefinden gaben 59 % der Studierenden an.​​​​ 20 % der Befragten rauchten, 24 % zeigten ein riskantes Alkoholkonsumverhalten. In Bezug auf die Ernährung gaben 37 % der Studierenden ungesunden Gewohnheiten an. 55 % der Studierenden stellten ihre Gesundheitskompetenz als "ausreichend" dar, während 45 % sie als problematisch/unzureichend einschätzten. Korrelationsanalysen zeigten, dass psychisches Wohlbefinden (rs = 0,230; p = 0,025) und Essgewohnheiten (rs = 0,231; p = 0,027) signifikant stärker mit dem Gesundheitskompetenzlevel korrelierten als andere Gesundheitsdimensionen bei dieser Studierendengruppe. Fazit Die Studie erweitert die Evidenz über die gesundheitliche Situation von Studierenden in Gesundheitsfachberufen. Die Ergebnisse können als Grundlage für Empfehlungen zur Förderung der Gesundheit dieser Studierendengruppe herangezogen werden. Weitere Forschungsarbeiten sollten ein qualitatives Forschungsdesign verwenden, um die subjektiven Perspektiven der Studierenden und ihre Einstellung zur eigenen Gesundheit näher zu untersuchen.
Frau Ivonne-N. Jürgensen
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Department Pflege & Management, Hamburg
Gesundheitswissenschaftlerin M.A. Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Department Pflege & Management. PhD-Studierende für Nicht-Medizin am UKE Hamburg.
2
Eine unzureichende kardiovaskuläre Reaktion auf akute psychosoziale Stressoren oder eine unzureichende kardiovaskuläre Erholung (Wiederherstellung des Zustandes zu Baseline) kann das Risiko für Erkrankungen, wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhen. Ein möglicher Faktor, der zu interindividuellen Unterschieden in der Stressreaktion beitragen kann, ist chronischer Stress. Daher untersucht diese Studie, inwieweit Haarkortisolkonzentrationen (HKK), als Indikator für eine kumulative Kortisolausschüttung, mit akuten kardiovaskulären Reaktionen und der Erholung bei Medizinstudierenden assoziiert sind.

Medizinstudierende nahmen an einer Virtual Reality Version des Trier Social Stress Tests (TSST) teil während ihre kardiovaskuläre Reaktionen und Erholung in Form von Blutdruck und Herzratenvariabilität (HRV) gemessen wurde. Um die HKK zu ermitteln, wurden Haarproben entnommen und die letzten zwei Zentimeter zur Kopfhaut hin analysiert. Die Daten wurden mithilfe von Multilevel Analysen ausgewertet (n=54). Dabei wurden Cross-Level-Interaktionen zwischen HKK (eingeteilt in niedrige, mittlere und hohe Werte) und zwei Segmenten gerechnet, die die Zeit der akuten Reaktion und der Erholung abgebildet haben.

Die Medizinstudierenden waren durchschnittlich 22 Jahre alt (SD=2.13, Spanne= 19-31) und zum größten Teil weiblich (76%). Höhere HKK zeigten eine signifikante Interaktion mit Blutdruckreaktionen. Im Vergleich zu mittleren HKK, waren höhere HKK mit einer geringeren systolischen und diastolischen Blutdruckreaktion assoziiert. Es wurden keine signifikanten Interaktionen für HKK und HRV-Reaktionen oder für HKK und Erholungsmessungen gefunden.

Diese Studie zeigt, dass eine erhöhte kumulative Kortisolausschüttung über einen längeren Zeitraum zu einer geringeren akuten Blutdruckreaktion in Medizinstudierenden beitragen kann. Daher kann eine erhöhte Kortisolausschüttung über einen längeren Zeitraum zu unterschiedlichen Ausprägungen von akuten Stressreaktionen im autonomen Nervensystem beitragen. Unzureichende Stressreaktionen, aufgrund von lang andauerndem Stress, können mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden sein.
Frau Meike Heming
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
3
Einleitung
Studierende der Zahnmedizin sind mit besonderen Belastungen konfrontiert und berichten häufig von psychomentalen Problemen. Internationale Studien belegen die hohe Prävalenz von u.a. depressiven Symptomatiken und Angststörungen. Ein Zusammenhang zwischen den Studienbedingungen und vorhandenen Beanspruchungen liegt auf der Hand.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Belastungen und individuelle Ressourcen bei Studierenden der Zahnmedizin am Standort Düsseldorf zu erfassen. Zudem sollten mögliche Interventionen diskutiert werden, um so Ansätze für präventive Ideen entwickeln, die die Gesundheit und das Wohlbefinden der Studierenden verbessern können.

Methode
Zur vertiefenden Analyse wurden Fokusgruppen durchgeführt. Insgesamt nahmen 57 Studierende an 7 leitfadengestützten Gesprächsrunden teil. Die Gespräche wurden aufgezeichnet, transkribiert und mit Hilfe der Software MAXQDA 2020 qualitativ ausgewertet.

Ergebnisse
Belastungsquellen konnten auf verschiedenen übergeordneten Ebenen beschrieben werden: Studienorganisation (z.B. nicht ausreichendes Informationsangebot, interne Konflikte der beteiligten Kliniken), Bewertungssystem (z.B. fehlende verlässliche Prüfungskriterien), Arbeitsumfeld (z.B. fehlende Lernmaterialien und Arbeitsplätze) sowie soziale Interaktion insbesondere mit dem (Lehr-)Personal. Neben eher allgemeinen Belastungen (z.B. Zeitdruck, Prüfungsstress) zeigten sich typische Aspekte der Zahnmedizin (z.B. hohe Kosten, mangelnde Objektivität) sowie standortspezifische Eigenarten (z.B. parallel stattfindende Klausuren). Als wichtige Ressourcen zeigten sich vor allem Unterstützung von Angehörigen, Freundschaften, Wertschätzung, finanzielle Hilfe oder positive Erfahrungen im Studium. Vorgeschlagene Interventionen umfassten u.a. regelmäßige Treffen zwischen Verantwortlichen der Kliniken, die vermehrte Nutzung digitaler Möglichkeiten (z.B. ILIAS) und Verbesserung der digitalen Kompetenzen, die Möglichkeit, anonymes Feedback abzugeben, sowie mehr Angebote zur Gesundheitsprävention (z.B. Physiotherapie, Übungen gegen Rücken- und Nackenschmerzen).

Schlussfolgerungen
Im Rahmen dieser Arbeit zeigte sich die Bedeutung unterschiedlicher (Fehl-)Belastungen im Studium der Zahnmedizin. Dabei erwiesen sich fach- und standortspezifische Aspekte des Studiums als wesentlich. Durch die Einblicke in Belastungen, Ressourcen und Interventionsvorschläge der Studierenden steht eine Grundlage für mögliche präventive Bemühungen zur Verfügung.

Frau Lisa Guthardt
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, CHS, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
4
Einleitung: Hebammen betreuen Frauen unter herausfordernden Arbeitsbedingungen im klinischen und außerklinischen Setting, welche die physische und psychische Gesundheit beeinträchtigen können. Da Studierende der Hebammenwissenschaft in der Praxis unter ähnlichen Arbeitsbedingungen ausgebildet werden, weist diese Gruppe einen hohen Bedarf an Gesundheitsförderung während des Studiums und zum Arbeitsbeginn auf. Das Ziel der Studie war es, eine erste Bestandsaufnahme des Stresserlebens, der Vereinbarkeitskonflikte zwischen Arbeit und Privatleben sowie der Coping-Strategien von angehenden Hebammen in Deutschland während der COVID-19-Pandemie durchzuführen.

Methoden: Im Rahmen einer Online-Befragung wurden 342 Hebammenwissenschaftsstudierende an 9 Hochschulstandorten in Norddeutschland von Oktober 2022 bis Januar 2023 zum subjektiven Stresserleben, Vereinbarkeitskonflikt zwischen Arbeit und Privatleben, Coping-Strategien sowie zu den wahrgenommenen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Studium befragt. Es wurden deskriptive, lineare Regressions- und Moderationsanalysen durchgeführt, um explorative Annahmen zu testen.​​​​​

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigten, dass 13,3% der 342 Hebammenwissenschaftsstudierenden ein hohes Stresslevel und 37,3% einen hohen Vereinbarkeitskonflikt zwischen Arbeit und Privatleben aufwiesen. Soziale Unterstützung (M = 13,76, SD = 2,19) und aktive Stressbewältigung (M = 10,72, SD = 2,01) wurden als prävalente Coping-Strategien ermittelt. Statistische Analysen ergaben signifikante Unterschiede im Stresserleben zwischen Lehre und Praxis sowie signifikante Zusammenhänge zwischen Vereinbarkeitskonflikt, Stresserleben und Coping-Strategien. 55,6% der Studierenden gaben einen negativen Einfluss der COVID-19-Pandemie auf das Studium an.​​​​

Schlussfolgerung: Die Studie liefert erste empirische Daten zur Gesundheitssituation von Hebammenwissenschaftsstudierenden in Deutschland. Die Ergebnisse bieten eine Grundlage für zielgruppenspezifische Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung in Lehre und Praxis, z.B. Lehrveranstaltungen zur Stressprävention und adaptiver Bewältigung, sowie die Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Für die zukünftige Forschung werden Längsschnittstudien unter Einbezug der beiden Settings Lehre und Praxis empfohlen.
Frau Ilona Efimov
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
5

Einleitung

Um Gesundheitskommunikationsstrategien auf weniger gesundheitsbewusste Gruppen auszurichten, ist es notwendig, mehr Evidenz zu den Auswirkungen von Gesundheitsverhalten auf nicht-gesundheitsbezogene Ergebnisse (z.B. akademische Leistung) zu generieren. Studierende stellen dabei als zukünftige Arbeitnehmende und Führungskräfte eine wichtige Zielgruppe dar. Die Studie zielte darauf ab zu untersuchen (1) welche Gesundheitsverhalten (körperliche Aktivität, gesunde Ernährung, Schlaf, sitzendes Verhalten, Alkoholkonsum, Rauchen, Drogenkonsum) am stärksten mit der akademischen Leistung von Studierenden in Verbindung stehen und (2) ob Achtsamkeit die Zusammenhänge von Gesundheitsverhalten und akademischer Leistung moderiert.

Methoden

Eine Online-Befragung wurde während des Sommersemesters 2021 unter Studierenden durchgeführt. Gruppenunterschiede in akademischer Leistung in Bezug auf die Gesundheitsverhalten wurden mittels ANOVA analysiert. Anhand eines multiplen linearen Regressionsmodells wurde analysiert, inwiefern die ausgewählten Gesundheitsverhalten die akademische Leistung prädizieren. In einem zweiten Regressionsmodell wurden Interaktionseffekte von Gesundheitsverhalten und Achtsamkeit untersucht. Separate lineare Regressionsanalysen wurden zudem durchgeführt, um den Zusammenhang jeder einzelnen Interaktion mit der akademischen Leistung darzustellen.

Ergebnisse

Daten von N = 1.049 Teilnehmenden wurden analysiert. Das erste Modell (N = 571) zeigte, dass Schlaf, Obst- und Gemüsekonsum und Geschlecht signifikant mit der akademischen Leistung in Verbindung standen. Das zweite Modell (N = 540) zeigte keine signifikanten Interaktionseffekte zwischen den Gesundheitsverhalten und Achtsamkeit. Ein separates lineares Regressionsmodell, das Alkoholkonsum, Achtsamkeit und deren Interaktion berücksichtigte, zeigte jedoch statistische Signifikanz.​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Die gesundheitliche Förderung von Schlaf sowie des Konsums von Obst und Gemüse stellt eine vielversprechende Strategie dar, um die akademische Leistung von Studierenden zu verbessern. Außerdem könnten im Rahmen von Gesundheitskommunikationsstrategien Zielgruppen zu gesundheitsförderlichem Verhalten angeregt werden, indem sie durch die zu erwartende akademische Leistungsverbesserung motiviert werden.
Frau Jennifer L. Reichel
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Mainz
6
Hintergrund: Student*innen sind die Führungskräfte und somit Multiplikator*innen von Prävention und Gesundheitsförderung in Betrieben von morgen. Sie stellen eine stark belastete Gruppe dar [1], für die die Erforschung von Interventionen zur Förderung ihrer Resilienz sehr wichtig ist. Resilienz ist ein komplexes Konstrukt, das die Fähigkeit eines Individuums erfassen soll, bestimmten Stressoren zu widerstehen oder sich davon zu erholen.

Ziel: 1) Untersuchung der Effekte exklusiver Meditationsprogramme auf die psychologische Resilienz von Student*innen unter Berücksichtigung von aktiven und passiven Kontrollgruppen. 2) Erforschung von Moderationseffekten durch den Meditationsstil, die Intensität der Intervention, die Art der Durchführung und die Follow-Up-Dauer.

Methoden: Einschlusskriterien gemäß der PICO-Kriterien waren P) Student*innen (tertiärer Bildungssektor), I) exklusive Meditationsprogramme, C) randomisierte aktiv und passiv kontrollierte Studien und O) Resilienz und stellvertretende Variablen. Das Screening der Studien, die Datenextraktion und die Bewertung des Risk of Bias wurden von mindestens zwei Gutachter*innen durchgeführt. Die erste Forschungsfrage wurde anhand von Random-Effects-Modellen analysiert und die zweite anhand von Mixed-Effects-Meta-Regressionsmodellen. Ein dreistufiges Meta-Analyse-Modell generierte eine Gesamtschätzung der standardisierten Mittelwertdifferenz (SMD).

Ergebnisse: Für die passiv kontrollierten Studien (N = 28) betrug die gesamte SMD-Schätzung 0,43 (CI95% = 0,10 bis 0,76, p = 0,011, 4701 Teilnehmer*innendatenpunkte; signifikante Heterogenität der Konstrukte (p < 0,001)). Darüber hinaus reichte der gepoolte SMD-Schätzwert für jedes Konstrukt von -0,60 bis 2,84. Die Heterogenität zwischen den Studien [I²] reichte von 0 bis 82,28 %. Für die Meta-Regressionen schienen nicht genügend Daten für eine valide Evidenz vorzuliegen. Die Ergebnisse für aktiv kontrollierte Studien (N ≈ 70) liegen noch nicht vor und werden daher im Rahmen der DGAUM-Tagung 2024 exklusiv vorgestellt.

Diskussion: Der Gesamt-SMD-Wert von 0,43 wurde durch andere Meta-Analysen zur Mediation bestätigt und ist ähnlich oder höher als der SMD-Wert von Meta-Analysen zu anderen Resilienz-Interventionen.

Schlussfolgerung: Exklusive Meditation hat womöglich einen signifikanten mittelstarken positiven Effekt auf die psychologische Resilienz bei Student*innen, der mit anderen Resilienz-Interventionen vergleichbar ist. Moderationseffekte bleiben ungeklärt.

Referenzen

[1]   Ashok Kumar K, Suraya A, Jeppu AK, M. Attala S, R S. Stress indicators among 21st century university students. MJMHS 2022; 18(6): 35–41 [https://doi.org/10.47836/mjmhs.18.6.6]
Herr Robin Jacob
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Mainz
Do
14 Mär
10:15 - 11:30
Vorträge
Psychische Gesundheit im Betrieb
Raum: Hörsaal/Onlineraum 5 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Stefanie Mache und Thomas Behrens
Beiträge:
1
Die Arbeit an Schulen wird häufig mit einer erhöhten psychischen Belastungssituation assoziiert. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von herausfordernden Gesprächssituationen, unklaren Verantwortlichkeiten, ungünstigen räumlichen Gegebenheiten bis hin zu umfangreichen außerunterrichtlichen Pflichten.

Im Rahmen der arbeitsschutzgesetzlichen vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung (GBU) sind Schulleitungen dazu verpflichtet, der Frage nachzugehen, inwiefern bestehende Arbeitsbedingungen psychisch belastend sind und wie dies reduziert werden kann. Um staatliche Schulen in Bayern bei der Durchführung der GBU psychischer Belastung zu unterstützen, hat das Arbeitsmedizinische Institut für Schulen in Bayern (AMIS-Bayern) ein Verfahrenskonzept entwickelt, in dessen Mittelpunkt ein standardisierter Online-Fragebogen mit 127 Items zur Belastungsermittlung steht. Die Items erfassen, verteilt über fünf Skalen mit insgesamt 22 Subskalen, psychische Belastungen innerhalb der relevanten Belastungsbereiche wie der Arbeitsorganisation, den Arbeitsinhalten, der emotionalen Inanspruchnahme, den sozialen Beziehungen und der Arbeitsumgebung.

Im Rahmen einer seit 2022 laufenden Evaluationsstudie wird das Konzept und der Online-Fragebogen in Bezug auf Praxistauglichkeit untersucht. Darüber hinaus sollen im Rahmen der Studie vertiefte Erkenntnisse zur Belastungssituation in bayerischen Schulen gewonnen werden. Grundlage sind die Daten von bisher 20 Schulen verschiedener Schulformen mit insgesamt über 1000 Lehrkräften, die das Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung des AMIS-Bayerns genutzt haben. Zur Analyse der psychischen Belastungssituation wurden die Befragungsdaten statistisch deskriptiv analysiert. Im Ergebnis zeigte sich, dass bei den teilnehmenden Schulen ca. 25 Prozent der Belastungsfaktoren im Mittel durchgängig eine hohe Ausprägung aufwiesen. Ca. 50 Prozent der befragten Belastungsfaktoren wiesen dagegen im Mittel durchgängig niedrige Ausprägungen auf. Insgesamt ließen sich anhand der Ergebnisse schulformübergreifende Belastungsschwerpunkte identifizieren (z.B. eine hohe emotionale Beanspruchungssituation). Als Teil der Online-Befragung zur Gefährdungsermittlung beantworteten die Lehrkräfte zudem standardisierte Evaluationsfragen. Gefragt wird bspw., ob der Online-Fragebogen die Belastungssituation vollständig erfasst und die Items gut verständlich sind. Insgesamt fiel die Evaluation des Fragebogens mit Zustimmungsraten zwischen 81 und 91 Prozent bei den Items positiv aus.

Im Rahmen des Vortrages werden sowohl das Verfahrenskonzept zur GBU psychischer Belastung als auch die Ergebnisse der schulübergreifenden Belastungsanalyse und der Befragungsevaluation vorgestellt und diskutiert.
Herr Dr. Daniel Ossenschmidt
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
2

Einleitung

Die Analyse psychischer Belastungen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für Betriebe aller Größen gesetzlich vorgeschrieben. Insbesondere Klein- und Kleinstunternehmen (KKU) führen diese oftmals nicht durch. Gründe hierfür sind vielfältig: u.a. Zeit- und Finanzressourcen sowie das Nichtwissen über Sinn und Verpflichtung.
Ziel der Studie war herauszufinden, welche Faktoren die Durchführung einer GBU Psych begünstigen und welchen Einfluss der Betriebsarzt (BA) zusätzlich ausüben kann.

Methoden

Im Rahmen eines Pilotverfahrens wurden 26 KKU im ländlichen Raum GBU Psych von ihrem betreuenden BA standardisiert angeboten: Der BA stellte den Unternehmen den Zugang zum Instrument zur Verfügung (online-Fragebogen des IPASUM für Beschäftigte zu psych. Belastungen). Die Ergebnisse wurden den Unternehmen zurückgespiegelt. Im Nachgang wurden die Unternehmen anhand eines Leitfadens (16 Items) zur Durchführung, Haltung und Rolle des BA in dem Kontext interviewt.

Ergebnisse

21 Unternehmen nahmen das Angebot der GBU Psych wahr. Gründe der Nicht-Durchführung waren u.a. Nutzlosigkeit/Zeitverschwendung (n=3), Nicht-Erreichbarkeit der Unternehmensleitung (n=1) und die geringe Beschäftigtenzahl (n=1).
Unter den durchführenden Unternehmen hatten 2 generelle Erfahrung mit Analysen dieser Art, 1 mit der GBU Psych. 6 Unternehmen waren sofort bereit, die Analyse durchzuführen, 7 tendenziell und 8 mussten durch den BA überzeugt werden. Bei 20 Unternehmen kam die Analyse durch die Initiative des BA zustande. 15 Unternehmen führten die Analyse unabhängig vom gestellten Instrument durch, 20 Unternehmen hätten die Analyse bei entstandenen Kosten nicht gemacht. 13 Unternehmen benötigen Unterstützung des BA bei der Maßnahmenableitung.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das Pilotverfahren zeigte, dass nahezu alle Unternehmen die GBU Psych ohne Initiative des BA nicht durchgeführt hätten. Die Kostenfreiheit war ein weiterer Hauptfaktor zugunsten einer Durchführung. Der persönliche Kontakt in Form von Initiative und Überzeugung zur Durchführung hatte ebenso einen Einfluss. Insbesondere für KKU sollten daher existierende Instanzen, wie z.B. BA, vermehrt auf die GBU Psych hinweisen. Gleichzeitig sollte diesen Instanzen Material und Methoden zur Durchführung an die Hand gegeben werden, um ohne wesentliche eigene Ressourceninvestition den Unternehmen helfen zu können. Eine angepasste Ausdehnung der Pilotstudie könnte diese und ggf. weitere Faktoren prüfen bzw. identifizieren.
Herr Wolfgang Fischmann
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, FAU Erlangen-Nürnberg, Erlangen
3

Einleitung

Psychische Erkrankungen können die berufliche Teilhabe von Beschäftigten nachhaltig erschweren. Dies kann den Fachkräftemangel verschärfen und es sollte im Interesse von Beschäftigten und Führungskräften sein, Lösungen zur Inklusion zu identifizieren [1]. Fragestellung der vorliegenden Studie war es, ob Führungskräfte die Verantwortung für eine erfolgreiche Wiedereingliederung bzw. Reintegration psychisch erkrankter Menschen primär bei den Betroffenen oder bei sich selbst verorten. Darüber hinaus sollte untersucht werden, ob und welche persönlichen Merkmale der Führungskräfte (z.B. Haltung, Führungsstile) die Verantwortungszuschreibung erklären können.

Methoden

Zur Erfassung der wahrgenommenen Verantwortung wurde den 174 teilnehmenden Führungskräften (80 weiblich, 94 männlich; mittleres Alter: 46.98 Jahre, SD = 12.20 Jahre) eine Situationsbeschreibung präsentiert. In dieser wurde über einen Mitarbeiter aufgeklärt, dessen berufliche Teilhabe auf Grund seiner psychischen Erkrankung gefährdet war. Die Führungskräfte waren angehalten, von 0% (völlige Verantwortung bei dem Mitarbeiter) bis 100% (völlige Verantwortung bei der Führungskraft) zu bewerten, wer vornehmlich für die berufliche Teilhabe verantwortlich ist. Zum besseren Verständnis dieses Ergebnisses wurden mit validierten Skalen Persönlichkeits- und Führungsmerkmale erfasst (Motivation zu vorurteilsfreiem Verhalten, ethische Mitarbeiterführung, Gesundheitsbewusstsein und Gewissenhaftigkeit).

Ergebnisse

Es zeigte sich eine geteilte Verantwortlichkeitszuschreibung zwischen Betroffenem und Führungskraft, sie lag im Mittel bei 49.8% (SD = 18.70). Je stärker die Befragten die Verantwortlichkeit bei sich verorteten, desto höher war ihre Motivation zu vorurteilsfreiem Verhalten und ihre Gewissenhaftigkeit. Hinsichtlich der Führungsstile war eine deutliche Orientierung an den Grundsätzen der ethischen Mitarbeiterführung und gesunder Führung mit mehr Verantwortungszuschreibung assoziiert.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die befragten Führungskräfte zeigten im Mittel ein ausgewogenes Bild bzgl. der Verantwortlichkeit. D.h., dass aus ihrer Sicht die Bemühungen um berufliche Inklusion in der Verantwortung beider Parteien liegt (Betroffene & Führungskräfte). Da die Haltung und der Führungsstil eine Rolle für die Verantwortlichkeitszuschreibung spielen, können Führungskräfte ihre Einstellungen reflektieren, um Betroffene noch aktiver bei ihrer beruflichen Teilhabe zu unterstützen.

Referenzen

[1] Slavchova V. Der schmale Grat zwischen Inklusion und Stigmatisierung von
gesundheitlich beeinträchtigten Menschen bei ihrer beruflichen Teilhabe
(Dissertation). Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen. 2021.
Frau Veneta Slavchova
RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Aachen
4

Einleitung

Das Angebot der psychotherapeutischen bzw. psychosomatischen Sprechstunde am Arbeitsplatz (PT-A/ PSIB) wurde entwickelt, um psychisch belasteten Beschäftigten einen kurzfristigen und niedrigschwelligen Zugang zur psychotherapeutischen Prävention bzw. Behandlung zu ermöglichen. Für die erfolgreiche Implementierung im Betrieb gilt es sicherzustellen, dass die Belegschaft über das Angebot informiert ist und bei Bedarf die PT-A unkompliziert in Anspruch nehmen kann.

Methoden

Die betriebliche Implementierung der PT-A wurde zusätzlich zu den Hauptschwerpunkten in der Studie „Frühe Intervention am Arbeitsplatz“ (www.friaa.de) erforscht. Mit quantitativen und qualitativen Methoden wurden Aspekte hinsichtlich des antizipierten Nutzens einer PT-A, Wege der Bekanntmachung, Vor- und Nachteile verschiedener Zugangswege sowie förderliche und hinderliche Faktoren der Etablierung untersucht. Dafür beantworteten betriebliche Akteure aus 40 überwiegend großen Betrieben und sieben Multiplikatoren und Multiplikatorinnen der friaa-Studie einen Fragebogen. Zudem wurden betriebliche Akteure in zwei Fokusgruppen sowie 22 Beschäftigte befragt.

Ergebnisse

Die betrieblichen Akteure sehen den Nutzen der Etablierung einer PT-A vor allem auf den drei Ebenen der Prävention, dem Vermeiden bzw. Vermindern von Arbeitsunfähigkeitstagen, als Handwerkszeug für Führungskräfte bei psychischen Belastungen von Mitarbeitenden und insgesamt als eine positive Wirkung auf die Unternehmenskultur. Für die Bekanntmachung nutzten die Betriebe am häufigsten Aushänge und Flyer im Betrieb als auch das betriebliche Intranet. Gezielte Ansprachen erfolgten durch Führungskräfte, Kollegen und Kolleginnen sowie eine Vermittlung über betriebliche Gesundheitsakteure.
Die Beschäftigten der Studie haben sich in der Mehrzahl eigeninitiativ angemeldet. Die Vorteile im eigenständigen Zugang sehen die Beschäftigten in der unkomplizierten, nicht individualisierten Ansprache ohne sofortigen Handlungsdruck. Der Zugang über betriebliche Gesundheitsakteure ist vor allem für Menschen ohne Erfahrungen mit dem therapeutischen System hilfreich.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Etablierung einer PT-A wird als gutes Angebot eingeschätzt, psychische Belastungen und Beanspruchungen frühzeitig zu thematisieren. Dabei ist von Vorteil, den Beschäftigten verschiedene Bekanntmachungs- und Zugangswege bereitzustellen, damit gewährleistet wird, dass Beschäftigte mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen erreicht werden. Begünstigt wird der Zugang zur PT-A durch Anonymität, eine einfache Kontaktaufnahme, die Professionalität des Angebots sowie kurze Wartezeiten.

Referenzen

[1] Weber J/ Angerer P/ Brenner L/ Brezinski J/
Chrysanthou S/ Erim Y/ Feißt M/ Hansmann M/ Hondong S/ Kessemeier FM et al. Early intervention, treatment and rehabilitation of employees with
common mental disorders by using psychotherapeutic consultation at work: study
protocol of a randomised controlled multicentre trial (friaa project). BMC Public Health 2021, 21(1):1187.
[2] Stock Gissendanner S/ Weiß C/ Herten B/ Wrage W/ Stegmann R/ Dietrich DE/ Stark H/ Krähnke U. Eine psychosomatische Sprechstunde für die regionale betriebsnahe Versorgung – Evaluation und Empfehlungen. ASUArbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin, 2019, 55, S. 43–49.
Frau Ute Schröder
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
Do
14 Mär
16:15 - 17:15
Vorträge
Biologische Belastungen
Raum: Hörsaal/Onlineraum 5 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Vera van Kampen und David A Groneberg
Beiträge:
1

Einleitung

Etwa 16% der Erwachsenen in Deutschland sind gegen Milbenallergene und jeweils 7% gegen Katzen- oder Hundeallergene sensibilisiert. Diese Allergene finden sich nicht nur in Wohnungen, sondern auch an Arbeitsplätzen. In zwei Studien wurden die Allergenkonzentrationen in Büros und Kindertageseinrichtungen (KiTas) quantifiziert.

Methoden

Die Probennahme erfolgte zu den vier verschiedenen Jahreszeiten insgesamt in 68 Büroräumen, 168 Räumen in KiTas und in 371 Räumen in Haushalten. Insgesamt in 906 Staubproben von abgesaugten Teppichböden der Arbeitsplätze als auch von 1222 Passivsammlerproben aus allen Räumen der Studien wurden Milbenallergene sowie Katzen- und Hundeallergene quantifiziert.

Ergebnisse

Die Allergenkonzentrationen auf Teppichböden und Passivsammlern war in KiTas um ein Vielfaches höher als in Büros. Die Milbenallergenkonzentration auf Passivsammlern in den KiTas war ähnlich hoch wie in Schlaf- und Kinderzimmern und höher als in Wohnzimmern. Die Hunde- und Katzenallergenkonzentration war in KiTas fast immer um ein Vielfaches höher als in Wohnungen ohne diese Tiere, aber im Median etwa um Faktor 10 niedriger als in Wohnungen mit diesen Haustieren. In Büros mit Mitarbeitern, die zuhause Hunde oder Katzen hielten, unterschieden sich die Allergenkonzentrationen auf den Passivsammlern signifikant von der in Büros ohne Mitarbeitende mit diesen Haustieren, und teilweise auch von Haushalten ohne Haustiere.

Schlussfolgerung / Diskussion

Während die Allergenbelastung in KiTas im Vergleich zum privaten Bereich recht hoch ist, ist die Allergenkonzentration in Büros überwiegend gering. Allerdings scheint es eine Verschleppung von Hunde- und Katzenallergenen in die Büros zu geben.
Frau Dr. Ingrid Sander
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
2
Einleitung
Bei Schimmelschäden treten meist folgende Symptome auf: Atemwegsprobleme (> 85 %), Hautprobleme (8-10 %) und idiopathische Arthritis (10-12 %) /1/.
Die Beseitigung der Noxe Schimmel führt signifikant zum Abklingen der Beschwerden /2/.
Die wissenschaftliche Suche der Noxe für Arthritis ergab, dass LPS Chondrozyten schädigen /3/. Außerdem konnte der Schadensmechanismus geklärt werden /4/.
Es fehlten bisher Methoden, um bei Schimmelschäden emissionsfähige LPS und die resultierende Belastung von Räumen zu erfassen.

Methode
Es wurden Flächensaugproben und ein Wischtest auf Eignung für den LPS-Nachweis untersucht. Dazu wurden an Bauteilen mit und ohne Schimmelschäden definierte Flächen abgesaugt oder abgewischt.
Die LPS-Analyse erfolgte mittels Endolisa® (Biomérieux)

Ergebnisse
Mit beiden Methoden konnte emissionsfähiges LPS nachgewiesen werden.
Die Wischproben-Analysen ergaben LPS-Werte von einigen hundert bis über 300.000 EU/m². Die Ergebnisse zeigen klare Unterschiede bei Schäden mit und ohne Befall durch Gram-negative Bakterien. Erste Ergebnisse der Flächensaugproben zeigen einen Zusammenhang zwischen Schimmelschäden und der daraus resultierenden Kontamination von Wohnräumen mit LPS /5/.

Bewertung
Wischproben und Flächensaugproben sind geeignet, um emissionsfähige LPS zu erfassen und Schäden mit und ohne Gram-negative Bakterien zu unterscheiden. Dies ermöglicht eine Bewertung der gesundheitlichen Relevanz der Schäden bezüglich LPS.

Ausblick
Die Analyse von LPS, kombiniert mit Mykotoxin-Analyse [6], können Grundlage für eine neue Kategorisierung von Schimmelschäden sein, welche bis heute entweder nach der Ausdehnung /7/ oder dem Maß der Staubfreisetzung /8/ erfolgt.
Bei Bakterienbefall nach Leitungswasserschäden kann die LPS-Analyse eine Entscheidungsgrundlage sein, ob Material entfernt werden sollte oder eine technische Trocknung ausreicht.
Bei einer umweltmedizinischen Diagnose können Flächensaugproben Indikatoren auf versteckte Schäden liefern.
Herr Dr. Wolfgang Lorenz
Institut für Innenraumdiagnostik (INFID), Bundesverband für Schimmelpilzsanierung e. V., Coburg
Studium an der TU München, danach Mitarbeiter am Max-Planck-Institut, Düsseldorf, Promotion an der RWTH Aachen VDI Technolologiezentrum, Technischer Leiter bei einem Laborgerätehersteller, seit 1992 selbständig Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schadstoffe.
3
Einleitung
Mykotoxine wurden in Schadensfällen wiederholt nachgewiesen und damit ein grundsätzliches Expo­sitionsrisiko im Innenraum für den Menschen dokumentiert (​​​​​1-4). Bislang fehlen dazu allerdings gezielte wissenschaftliche Studien, um analog zum Lebensmittelbereich Risikobewertungen durchführen und potentielle Gesundheitsri­siken objektiv bewerten zu können.

Methodik
Ein erstes Projekt dazu wurde nun vom Umweltbundesamt im Rahmen der GerES VI Umweltstudie zwischen 2018-2022 gefördert (5). Analysiert wurden Proben (u.a. Material-, Flächensaug-, Staub- und Luftproben) aus 100 Objekten unterschiedlicher Schadensklassen sowie zusätzliche Proben aus weiteren externen Schadensfällen.
Die Mykotoxin-Analytik erfolgte mit einer an der LMU entwickelten LC-MS/MS-Methode für die gleichzeitige Erfassung von > 25 Mykotoxinen.

Ergebnisse
Mykotoxine, darunter auch Mehrfachkontaminationen mit bis zu 8 Toxinen, wurden in allen Materialproben aus dem Innenraumbereich mit Schadensfällen nachgewiesen. Neben hochtoxischen makrozyklischen Trichothecenen (Satratoxin F, G und H, Roridin E, Roridin L2, Verrucarin J) wurde sehr häufig Stachybotrylactam, ebenfalls ein toxischer Metabolit von Stachybotrys spp. detektiert, dazu Roquefortin C und Sterigmatocystin, die von Arten der Gattungen Penicillium bzw. Aspergillus und Chaetomium gebildet werden. Auffällig waren die z.T. extrem hohen Konzentrationen der genannten Mykotoxine, die zudem auch in Flächensaug-, Staub- und auch Luftproben gefunden wurden.

Schlussfolgerung/Diskussion
Die eingesetzte LC-MS/MS Multimykotoxin-Methode hat sich in der Praxis sehr gut bewährt. Das dadurch erhaltene Mykotoxinprofil ist eine Signatur für den jeweilgen Schaden und erlaubt einen zweifelsfreien Rückschluss auf diverse Toxinbildner, auch wenn ein mikroskopischer/kultureller Nachweis der Schimmelpilze nicht mehr möglich ist.
Die Befunde der Untersuchungen der Hausstaubproben weisen an der Beteiligung von Nahrungsmittelquellen als Ursache der gefundenen Kontaminationen hin. Zusammen mit den positiven Mykotoxin-Befunden, vor allem Stachybotrys-Toxinen, in Luftfiltern wird dokumentiert, dass eine aerogene Belastung mit Mykotoxinen in geschädigten Innenräumen nicht ausgeschlossen werden kann.
Insbesondere Flächensaug- und Materialproben können z.T. sehr hoch belastet sein (bis in den mg Toxin/kg-Bereich).
Als unmittelbare Konsequenz sollten aufgrund nicht zu unterschätzender Gesundheitsrisiken Schutzmaßnahmen für den betroffenen Personenkreis getroffen werden, um Toxinexpositionen über den Kontakt und/oder Inhalation auszuschließen. Dazu zählen auch alle mit der Probenahme, dem Umgang mit den Proben (Versand und Labor) und mit der Sanierung betrauten Personen.
​​​​​

Referenzen

[1] Fromme H, Gareis M, Völkel W, Gottschalk C. Overall internal exposure to mycotoxins and their occurrence in occupational and residential settings. International Journal of Hygiene and Environmental Health (2016) 219, 143-165.
[2] Johanning E, Landsbergis P, Gareis M, Yang CS, Olmstedt E. Clinical experience and results of a sentinel health investigation related to indoor fungal exposure. Environmental Health Perspectives (1999), 107, Suppl. 3, 489-494.
[3] Gottschalk C, Bauer J, Meyer K. Detection of satratoxin G and H in indoor air from a water-damaged billing. Mycopathologia (2008), 166, 103-107.
[4] Pestka JJ, Yike I, Dearborn DG, Ward MDW, Harkema JR. Stachybotrys chartarum, trichothecene mycotoxins, and damp building-related illness: new insights into a public health enigma. Toxicological Sciences (2008) 104, 4-26.
[5] Lorenz W, Gareis M, Raulf C, Trautmann C, Valtanen K. Projekt im Rahmen der GerES VI Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit-Analyse der Belastung durch Schimmelbefall und biologische Schadstoffe von Innenräumen. Tagungsband der 25. Pilztagung, Bundesverband für Schimmelsanierung, 21.-22.06.2022, Wiesbaden.
Herr Univ.-Prof. Dr. med. vet. Dr.habil. Manfred Gareis
℅ LMU München, Tierärztliche Fakultät, Lehrstuhl für Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim
- ehem. Ordinarius des Lehrstuhls für Lebensmittelsicherheit, Tierärztliche Fakultät der LMU München (bis 2019) - Fachtierarzt für Mikrobiologie - Fachtierarzt für Lebensmittel - Gründungsmitglied und langjähriger Vorsitzender der Gesellschaft für Mykotoxinforschung (Society of Mycotoxin Research)
4
Das Einatmen von Legionellen-haltigen Aerosolen kann Infektionskrankheiten, unter anderem die Legionärskrankheit auslösen, bei der die Mortalität etwa bei 10% liegt. Eine Gefährdung besteht insbesondere, wenn Legionellen aus der natürlichen Umwelt in technische Wassersysteme gelangen, bei denen viel Aerosol erzeugt wird, etwa Fahrzeugwaschanlagen. Zusätzlich bereiten viele Fahrzeugwaschanlagen das genutzte Wasser in einem Kreislaufsystem auf und haben Zeiten, in denen das Wasser stagniert. Aus diesen Gründen sind Fahrzeugwaschanlagen als potentielle Quelle für Legionellen-Infektionen zu betrachten. Unterstrichen wird dies durch mehrere Fälle bei denen Fahrzeugwaschanlagen mit Legionellen-Infektionen in Verbindung gebracht wurden (Euser et al., 2013; Baldovin et al., 2018).

In einem vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz geförderten Projekt untersucht das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit deshalb Fahrzeugwaschanlagen auf das Vorkommen von Legionellen im Wasser und dem von den Anlagen erzeugten Aerosol. Der Fokus liegt dabei auf dem Arbeitsplatz, da Beschäftigte wiederholt und länger exponiert sind, wenn sie am Waschprozess beteiligt sind oder ihr Arbeitsplatz in der direkten Umgebung liegt.

Bisher wurden im Zeitraum von 2020 bis 2023 von 20 Anlagen Wasser- und Luftproben gesammelt und analysiert. Neben dem Kulturverfahren kamen die in der Entwicklung befindlichen molekularbiologischen Methoden qPCR und Lebensfähigkeits-qPCR zum Einsatz. Die Lebensfähigkeits-qPCR wies lebensfähige Legionella spp. in allen Proben des wiederaufbereiteten Wassers nach. Von den Luftproben wurden 100% der Proben aus der Waschstraße sowie 80% der Proben vom Arbeitsplatz mittels Lebensfähigkeits-qPCR positiv für lebensfähige Legionella spp. getestet. Die häufig mit Krankheiten assoziierte Art L. pneumophila fand sich nur in wenigen Anlagen im wiederaufbereiteten Wasser, nicht jedoch in den Luftproben. Im Vergleich dazu waren mit dem Kulturverfahren Legionellen nur in Einzelfällen nachweisbar, vermutlich aufgrund der hohen Begleitflora und lebensfähiger aber nicht kultivierbarer Legionellen. Bei den Proben aus Fahrzeugwaschanlagen ist für die Kulturmethode deshalb von einer Untererfassung der Legionellen auszugehen. Zum Ende des Projekts Anfang 2024 soll ermittelt werden, ob anhand der Daten eine Risikoabschätzung möglich ist und aus Vorsorgegründen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer empfohlen werden sollten.

Referenzen

[1] Baldovin T, Pierobon A, Bertoncello C, Destefani E, Gennari M, Stano A, Baldo V. May car washing represent a risk for Legionella infection? Ann Ig. 2018 Jan-Feb;30(1):57-65.
[2] Euser SM, de Jong S, Bruin JP, Klapwijk HP, Brandsema PS, Reijnen L, Den Boer JW. Legionnaires' disease associated with a car wash installation. Lancet. 2013 Dec 21;382(9910):2114.
Herr Johannes Redwitz
Arbeits- und Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
Do
14 Mär
08:30 - 10:00
Vorträge
Arbeitsschutz
Raum: Hörsaal/Onlineraum 7 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Daniel Frambach und Rüdiger Stephan Görtz
Beiträge:
1

Einleitung

Im Rahmen des vorliegenden Beitrags werden unternehmensinterne Daten zu Arbeitsunfällen verwendet, um Häufigkeiten, zeitliche Trends sowie Personengruppen mit erhöhtem Unfallrisiko zu beschreiben.

Methoden

Die Daten wurden vom 01.01.1995 bis 31.12.2022 durch das Corporate Health Management am Hauptstandort des Unternehmens in Ludwigshafen am Rhein erfasst. Es werden u.a. Angaben zu Datum, Uhrzeit, Art und Schwere der Arbeitsunfälle (AU) dokumentiert sowie zum soziodemographischen Hintergrund der Verunfallten. Die nachfolgenden Analysen werden zum einen unter Verwendung aller erfasster AU durchgeführt (inkl. bspw. Unfällen von Fremdfirmenmitarbeitenden), zum anderen separat für das sogenannte Stammpersonal (unbefristet Beschäftigte; n=67.271). Für letztgenannten Personenkreis wurde die Anzahl an Personenjahren (PJ) im genannten Zeitraum aufsummiert, so dass Unfallraten als Anzahl an AU pro 1.000 PJ berechnet werden konnten.

Ergebnisse

Von 1995 bis 2022 wurden 89.528 AU erfasst, wobei die Verunfallten im Median 33 Jahre alt und überwiegend männlich (90%) waren. Bei der Unfallart waren mechanische Unfälle (71%) und Produktkontaminationen (17%) am häufigsten. Etwas mehr als drei Viertel der AU (76%) wurden als leicht, d.h. ohne notwendige ärztliche Versorgung, klassifiziert. AU fanden am häufigsten im September (Monat), dienstags und mittwochs (Wochentag) sowie zwischen 10 und 12 Uhr (Uhrzeit) statt. Die absolute Anzahl an AU ist deutlich von über 7.000 pro Jahr (Mitte der 90er) auf unter 2.000 (2005) gesunken und nahm seitdem, bis zum deutlichen Rückgang während der Corona-Pandemie, wieder langsam, aber kontinuierlich zu. Etwa die Hälfte der AU (n=43.543) betraf das Stammpersonal. Bei den Unfallraten (AU pro 1.000 PJ) zeigte sich wiederum zunächst ein ausgeprägter Rückgang bis 2005/2006, danach blieb die Unfallrate annähernd konstant. Ein deutlicher, zeitkonstanter Gradient hinsichtlich des Unfallrisikos zeigte sich bzgl. Alter und beruflicher Qualifikation, wobei das Unfallrisiko mit jüngerem Alter und niedrigerer beruflicher Qualifikation deutlich zunimmt. Zwischen Tag- und Schichtarbeitern zeigten sich keine erkennbaren Unterschiede bzgl. des Unfallrisikos.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Analyse von Arbeitsunfalldaten kann wichtige Erkenntnisse zum Hintergrund von AU liefern, die Unternehmen dabei unterstützen können, die Arbeitsumgebung durch zielgerichtete Maßnahmen sicherer zu gestalten.
Herr Dr. Matthias Claus
Corporate Health Management, BASF SE, Ludwigshafen am Rhein
2
Einleitung: Die betriebsmedizinische Abteilung eines Unternehmens spielt eine äußerst bedeutende Rolle. Die Aktivitäten im Kontext des fortwährenden Wohlbefindens der Arbeitnehmer gehören zu den vorrangigen Aufgaben dieser Abteilung. Diese Aufgaben erstrecken sich jedoch nicht ausschließlich auf die Behandlung und Überwachung von Erkrankungen. Sie beinhalten auch Maßnahmen zur Krankheitsprävention und zur Förderung der Gesundheit der Mitarbeiter [1]. Das Wissen über die häufigsten Krankheiten und Risikofaktoren unter den Mitarbeitern des Unternehmens ist daher von entscheidender Bedeutung für die Ausrichtung von Projekten, die es der betriebsmedizinischen Abteilung ermöglichen, die Gesundheit ihrer Belegschaft zu fördern.

Methodik: Diese Studie ist deskriptiv, retrospektiv, longitudinal und beobachtend. Die gezogene Stichprobe ist als nicht-probabilistisch definiert und basiert auf einer gezielten Auswahl. Die für die Studie verwendeten Daten wurden auf der Grundlage der Analyse von Krankenakten in der internen Datenbank der arbeitsmedizinischen Abteilung des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) gesammelt.

Ergebnisse: Unter den Beschäftigten des Unternehmens sind die am häufigsten gemeldeten Krankheiten orthopädischer Natur, gefolgt von kardiologischen, psychiatrischen, neurologischen und gastroenterologischen Erkrankungen. Der am häufigsten gemeldete Risikofaktor war hingegen der Nikotinmissbrauch.

Diskussion: Orthopädische Erkrankungen bleiben eine ständige Herausforderung für die Arbeitsmedizin [2]. Dies sind zwar nicht die am häufigsten diagnostizierten Krankheiten in Deutschland, aber sie können als die am häufigsten dem arbeitsmedizinischen Dienst des ADAC gemeldeten Krankheiten gemäß dieser Studie eingestuft werden. Im Vergleich dazu sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland weit verbreitet [3], aber die Arbeitnehmer des ADAC melden diese Krankheiten nicht routinemäßig. Berücksichtigt man jedoch die häufigsten Risikofaktoren, so stellt der Nikotinmissbrauch ein dauerhaftes Risiko für eine Reihe von möglichen Erkrankungen dar, darunter auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen [4]. Psychiatrische Erkrankungen, einschließlich des Burn-out-Syndroms, werden häufig der arbeitsmedizinischen Abteilung des Unternehmens gemeldet. Nicht zuletzt werden gastrointestinale, neurologische und Atemwegserkrankungen (mit Ausnahme von COVID-19-Infektionen) in dieser Studie als die am seltensten auftretenden und am wenigsten gemeldeten Krankheiten eingestuft.

Referenzen

[1] Fischmann W, Amler N, Drexler H. Prävention in der arbeits- und betriebsmedizin – die rolle des betriebsarztes im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Public Health Forum. 2018;26(2):144–6. DOI: 10.1515/pubhef-2018-001.
[2] Großmann K, Laun G. Orthopädie und arbeitsmedizin. Der Orthopäde. 2002;31(10):997–1005. DOI: 10.1007/s00132-002-0363-4.
[3] Woran Erkranken Wir in Deutschland? [Internet]. [cited 2023 Oct 1]. Available from: https://www.krankheitslage-deutschland.de.
[4] Helmert U. Kardiovaskuläre risikofaktoren und beruf: Resultate der gesundheitssurveys der deutschen Herz-Kreislauf-Präventionsstudie. Sozial- und Präventivmedizin SPM. 1996;41(3):165–77. DOI: 10.1007/bf0130538.
Frau Alexa Joa
Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. (ADAC), München
Frau María-Teresa Bernal
Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. (ADAC), München
3
Einleitung
Häufigster Anlass für gewerbeärztliche Inspektionen in RLP ist das Auftreten von Berufskrankheiten in den Betrieben. Durch die Inspektionen sollen Maßnahmen zur Prävention weiterer Berufskrankheiten durchgesetzt werden. Bei Kleinbetrieben bestehen häufig gravierende grundsätzliche Mängel im Arbeitsschutz. Viele der Betriebe bis 50 Beschäftigte haben die Möglichkeit, das „Unternehmermodell“ der BG im Arbeitsschutz zu wählen.

​​​​​Methoden
Alle ausgewerteten Inspektionen zur Überprüfung des medizinischen Arbeitsschutzes wurden 2016-2022 durch die 2 Gewerbeärzte der SGD Nord Koblenz durchgeführt. Es sind ausschließlich Betriebe einbezogen, bei denen das Auftreten einer Berufskrankheit der Anlass für die Inspektion war.
​​​​​
Ergebnisse
Insgesamt erfüllten 87 Betriebe die erforderlichen Kriterien. Davon arbeiteten 46 Betriebe mit einer bestellten Fachkraft für Arbeitssicherheit, 36 Betriebe nach Unternehmermodell, 5 Betriebe konnten nicht den Ansatz einer Arbeitsschutzorganisation vorweisen.
Eine angemessene Gefährdungsbeurteilung konnten 18 Unternehmen (21 %) vorlegen, eine nicht angemessene 32 (37 %), 37 Betriebe (42 %) hatten keine. Die Dokumentation einer Unterweisung legten 51 Unternehmen (59 %) vor.
Eine betriebsärztliche Betreuung war bei 53 Betrieben (61 %) gesichert. Eine aktuelle arbeitsmedizinische Vorsorge konnte bei 32 Unternehmen (37 %) nachgewiesen werden, eine > 5 Jahre alte Vorsorge bei 12 (14 %). In 43 Betrieben (49 %) gab es noch nie eine arbeitsmedizinische Vorsorge. Ausreichend aktuell geschulte Ersthelfer gab es bei 53 Betrieben (61 %), nicht ausreichend bei 12 (14 %) und keine bei 22 (25 %).
Beim Vergleich Unternehmermodell/Betriebe mit FaSi fiel ein signifikanter Unterschied auf. Keiner der Betriebe im Unternehmermodell hatte eine angemessene Gefährdungsbeurteilung (versus 39 % mit FaSi), nur 31 % hatten die betriebsärztliche Betreuung gesichert (91 % FaSi), nur 17 % hatten eine aktuelle arbeitsmedizinische Vorsorge (54 % FaSi), nur 26 % hatten ausreichend Ersthelfer (82 % FaSi).

Schlussfolgerung
Aufgetretene Berufskrankheiten sind ein guter Indikator für die Notwendigkeit einer Betriebsinspektion. Insgesamt ist die Arbeitsschutzorganisation in Betrieben bis 50 Beschäftigte mangelhaft, ohne Eingreifen der Arbeitsschutzbehörde besteht weiterhin die Gefahr der Entstehung von Berufskrankheiten. Es gibt signifikante Unterschiede zwischen Betrieben mit bestellter FASI und Betrieben mit Unternehmermodell. Das Unternehmermodell der Berufsgenossenschaften ist für den Arbeitsschutz wenig geeignet.
Herr Dr. Thomas Zenker
SGD Nord, Koblenz
4

Einleitung

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) von 1952 wurde 2017 umfassend reformiert. Im Zentrum des neuen MuSchG stehen nicht mehr die Beschäftigungsverbote, sondern die verantwortungsvolle Gestaltung der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen, damit schwangere, jüngst entbundene und stillende Frauen verantwortungsvoll ihre Beschäftigung oder Ausbildung fortsetzen können, ohne sich oder ihre Kinder gesundheitlich zu gefährden. Keine Frau darf mit pauschalem Verweis auf das MuSchG aus der Arbeits- und Ausbildungswelt ausgeschlossen werden, vgl. § 1 MuSchG [1]. Die Evaluation der Mutterschutzreform [2] hat gezeigt, dass es noch erhebliche Unsicherheiten in der Praxis gibt. Das liegt zum einen an unzureichendem Wissen über die vorrangigen Gestaltungspflichten (vgl. § 13 MuSchG). Zugleich fehlt es an geübter Praxis, wie mit mutterschutzspezifischen Gefährdungen verantwortungsvoll umgegangen werden kann. Die Evaluation hat auch gezeigt, dass auch Betriebsärzte in der Praxis häufig Beschäftigungsverbote aussprechen [2]. Es bedarf weiterer Informationen, damit die Reform wirkt.

Methoden

Auswertung aktueller Gesetzgebung, des Evaluationsberichtes, der neuesten Rechtsprechung und juristischen Literatur

Ergebnisse

Der Mutterschutz ist schon im Rahmen der typischen Instrumente des betrieblichen Arbeitsschutzes zu berücksichtigen. Den Betriebsärzt*innen kommt eine wichtige Aufgabe für den diskriminierungsfrei gestalteten Mutterschutz zu, denn sie unterstützen die Arbeitgeber bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung und bei der Bewertung der Beschäftigungsbedingungen. In jedem Betrieb müssen die Gefährdungsbeurteilungen auch die etwaigen mutterschutzspezifischen Risiken erfassen und nach dem allgemein geltenden S-T-O-P-Prinzip Schutzmaßnahmen festlegen. Über die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilungen sind alle im Betrieb Beschäftigten zu informieren, nicht nur die Frauen. Wird ein konkreter Mutterschutzanlass bekannt, dann ist zusätzlich eine anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Hierzu geben auch die Leitlinien der Europäischen Kommission [3] wichtige Orientierung.

Schlussfolgerung / Diskussion

Angesichts der bekannten Unsicherheiten einerseits und des hohen Arbeits- und Fachkräftebedarf andererseits kommt den betrieblichen und außerbetrieblichen Akteuren eine wichtige Rolle für eine breitere Verankerung zu. Im Vortrag soll ein Überblick über die aktuelle Rechtsentwicklung einschließlich der aktuellsten Rechtsprechung gegeben werden [4].

Referenzen

[1] Begründung des Gesetzes zur Neuregelung des
Mutterschutzrechtes, Bundestagsdrucksachen 18/8963, S. 1 ff.
[2] BMFSFJ, Evaluation Mutterschutzgesetz: Bericht, 2022,
download unter https://www.bmfsfj.de
[3] Mitteilung der Kommission über die Leitlinien für die
Beurteilung der chemischen, physikalischen und biologischen Agenzien sowie der
industriellen Verfahren, die als Gefahrenquelle für Gesundheit und Sicherheit
von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden
Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz gelten (Richtlinie des Rates 92/85/EWG),
download unter https://eur-lex.europa.eu
[4] Nebe, Diskriminierungsfreier Mutterschutz –
größtmöglicher Gesundheitsschutz bei gleichzeitiger Ausbildungs- und
Beschäftigungssicherung, in: Sozialer Fortschritt 69 (2020), S. 529 – 544
Frau Prof. Dr. Katja Nebe
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Halle-Wittenberg
5
Einleitung: AMIS-Bayern unterstützt staatliche Schulen in arbeitsmedizinischen Fragestellungen und somit bei der Umsetzung des Mutterschutzgesetzes (MuSchG). Im Rahmen des Dienststellenmodells sind Schulleitungen verpflichtet, für einen angemessenen Schutz von Mutter und Kind zu sorgen. Um den Arbeitsplatz Schule mutterschutzkonform gestalten zu können, müssen Schulleitungen eine anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung (GBU) durchführen, welche u.a. die individuelle Infektionsgefährdung berücksichtigt. AMIS-Bayern hat diesbezüglich einen digitalen Prozess entwickelt, um schwangeren und stillenden Frauen diese Beurteilung ihrer individuellen Infektionsgefährdung anzubieten. Dies unterstützt den GBU-Prozess an der Schule und kann zu einer Reduktion von Ausfallzeiten bei schwangeren Lehrkräften beitragen.

Methoden: Mittels eines datenschutzkonformen online Umfrage-Tools (LamaPoll©) besteht für schwangere oder stillende Beschäftigte seit Beginn des Schuljahres 2022/2023 die Möglichkeit arbeitsplatzbezogene Informationen sowie Daten zu Immun- und Impfstatus an AMIS-Bayern zur Beurteilung zu übermitteln.

Ergebnisse: Bis zum 25.09.2023 sind durch AMIS-Bayern insgesamt 2234 Beurteilungen erstellt worden. Für den Zeitraum vom 09.01.2023 bis 19.07.2023 konnten 1022 Datensätze (Schulpersonal n=990, Schülerinnen n=32) hinsichtlich ausgewählter impfpräventabler Erkrankungen ausgewertet werden. Zum Befragungszeitpunkt waren die Teilnehmerinnen im Mittel in der 12. bzw. 13. SSW. Für Masern und Röteln gaben zum Befragungszeitpunkt jeweils 98%, für Windpocken 77% und für Keuchhusten 59% vollständigen Immunschutz an. Trotz STIKO-konformer vollständig dokumentierter Impfung gaben zudem 42% einen Maserntiter, 75% einen Rötelntiter und 62% einen Windpockentiter an.

Schlussfolgerung: Insgesamt dokumentiert ein relevanter Anteil der schwangeren Beschäftigten Impflücken bzgl. ausgewählter impfpräventabler Erkrankungen. Anhand der Daten lässt sich der Bedarf einer gezielten arbeitsmedizinischen Beratung ableiten. Besonderes Augenmerk sollte hierbei zukünftig nicht nur auf die Beurteilung während der Schwangerschaft, sondern insbesondere auch auf eine Beratung bereits vor Eintritt der Schwangerschaft gelegt werden.
Frau Judith Mohren
Arbeitsmedizinisches Institut für Schulen in Bayern (AMIS-Bayern), Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), München
Do
14 Mär
10:15 - 11:30
Vorträge
Physische Einflussfaktoren
Raum: Hörsaal/Onlineraum 7 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Stefanie Heinze und Tobias Engeroff
Beiträge:
1
Hintergrund: Turboprop-Flugzeuge können den Treibstoffverbrauch und die CO2-Emissionen auf Kurz- und Mittelstreckenflügen verringern. Allerdings haben sie im Vergleich zu Turbojets höhere Lärm- und Vibrationspegel und werden daher seltener von Fluglinien eingesetzt. Ob diese höheren Werte tatsächlich von Passagieren negativ wahrgenommen werden und wie Lärm und Vibration mit körperlichem Missempfinden und Komfort zusammenspielen, wurde im Rahmen des EU CleanSky 2 Projekts ComfDemo untersucht.
Methoden: Auf zwei 70-minütigen Turboprop-Flügen (von und nach Rotterdam) in einer ATR 72 wurden sowohl eine Reihe objektiver Lärm- und Vibrationsmessungen durchgeführt als auch Passagiere bis zu fünfmal bezüglich wahrgenommener Vibration in verschiedenen Körperbereichen, Local Body Part Discomfort (LBPD) und allgemeinem und spezifischem Komfortempfinden befragt. Auswertungen erfolgten mithilfe von Korrelations- und messwiederholten Varianzanalysen sowie Pfadmodellen.
Ergebnisse: 94 Passagiere (36 Frauen; Alter 33.9±14.3 Jahre) nahmen an den Testflügen teil. Der Lärmpegel lag im Schnitt in einem lauten bis sehr lauten Bereich (76.6-82.6 dB(A)), wobei die höchsten Werte im mittleren Bereich der Maschine und im Arbeitsbereich der Flugbegleiter*innen gemessen wurden. Die Lautheit L(A) war mit bis zu 90 dB(A) vor allem während Start, Steigflug und beginnendem Sinkflug hoch. Vibrationen waren differenziell für Flugphase und Sitzplatz. Körperlich wurde dies kaum, aber über den Flug zunehmend, wahrgenommen (LBPD F=19.84, p< .001). Der lärmbezogene Komfort stieg über die Zeit linear an (F=6.06, p=.003), der vibrationsbezogene Komfort zeigte einen leichten quadratischen Effekt (F=3.73, p=.056). Zusammenhänge zwischen körperlichen Wahrnehmungen und (Dis)Komfortbewertungen nahmen stetig in Höhe und Anzahl zu und weisen auf eine zunehmende Ununterscheidbarkeit von Lärm und Vibration hin. Gleichzeitig unterschieden diese Variablen zuverlässig zwischen Personen, die wieder mit einer Turboprop-Maschine fliegen würden (85%) und denjenigen, die dies nicht tun würden.
Diskussion: Trotz Vibrationen und deutlichem Lärm, der z.T. Grenzwerte überschritt, war die Wahrnehmung und Bewertung der Flüge durch die Passagiere insgesamt eher positiv. Dennoch bleiben technische Weiterentwicklungen notwendig, um das Potenzial von Turboprop-Flugzeugen zur Emissionsreduktion auszuschöpfen, ohne Gesundheit und Wohlbefinden von Kabinencrew und Passagieren zu beeinträchtigen.
Frau Prof. Dr. Britta Herbig
LMU Klinikum, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, München
2
Background: Studies show that lower ambient temperatures improve cognitive performance. However, less is known whether this remains true throughout the day. Evidence shows that core body temperature, which can influence the way that we perceive ambient temperature, is associated to the circadian rhythm, and cognitive performance. Therefore, it can be argued that ambient temperature conditions can be perceived differently throughout the day and hence, changes in cognitive performance will be reported. This study aimed to investigate those potential changes in alertness throughout the day under two different constant thermal conditions.
Methods: A total of 31 participants (NFemale=16, NMale=15, Average age: 40.7 years) were recruited for this laboratory study with a follow-up in the field. Participants were exposed in a cross-over design to two different thermal conditions (cool condition: 21 °C, warm condition: 28 °C) for 8 hours in a simulated office environment. Ambient temperature was monitored continuously with the use of a non-commercial, tailor-made sensor. Questions were asked on alertness levels, using the Karolinska scale, at regular intervals throughout the day.
Results: An interaction effect of condition-by-time on the levels of reported alertness (F(15, 21)=6.25, p = .01) was found. Increases in alertness were reported in the morning of the lab day from participants, when they were exposed to the warm condition, compared to the cool condition. However, the alertness levels were suddenly reduced in the evening after leaving the laboratory, where they were exposed to the warm condition, compared to leaving from the cool condition, in which increases in alertness were reported.
Conclusion: These outcomes suggest that employees might benefit from warmer temperatures in the morning and cooler temperatures in the evening in order to remain alert throughout the day. It is suggested that it might be beneficial to incorporate dynamic temperature exposures in offices that go against the circadian rhythm of body temperature.
Frau Dr. Rania Christoforou
Universitätsklinikum Aachen, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Lehr- und Forschungsgebiet Healthy Living Spaces, Aachen
3
Hintergrund​​​​​
Elektromagnetische Felder (EMF) sind eine Umweltexposition, für die unterhalb der Grenzwerte bei den meisten Endpunkten ein negativer Effekt auf die Gesundheit nach bisherigem Wissensstand unwahrscheinlich erscheint. Trotzdem ist die Besorgnis in der Bevölkerung über mögliche EMF-Risiken relativ groß. Haus- und Kinderärzt*innen sind eine der ersten Anlaufstellen im Gesundheitssystem, um über diese Verunsicherungen zu sprechen, und somit wichtige Multiplikatoren. Daher untersucht diese Studie ihre Risikowahrnehmung, ihren Informationsstand und ihre Informationsbedürfnisse bezüglich EMF. Dafür wurden eine quantitative Online-Befragung und qualitative Gruppendiskussionen durchgeführt.
Methoden
Aus dem Bundesarztregister der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wurde eine zufällige, deutschlandweite Stichprobe aus 3.000 Haus- und 2.000 Kinderärzt*innen gezogen. Die Risikowahrnehmung sowie der Informationsstand der Ärzt*innen bezüglich EMF wurden quantitativ über eine Online-Befragung erhoben. Es wurde jeweils die Prävalenz berechnet und mittels Multilevel Regression and Poststratification (MRP) mit Adjustierung für Arzttyp (Haus-/Kinderärzt*in), Geschlecht, Altersgruppe, Bundesland, Stadt- und Gemeindetyp des Ortes, in dem sich die Praxis befindet, sowie das Vorhandensein einer alternativmedizinischen Zusatz-Weiterbildung für die Nichtteilnahme korrigiert. In der Online-Befragung wurden außerdem Informationsbedürfnisse der Ärzt*innen abgefragt. In qualitativen Gruppendiskussionen wurden die Ergebnisse der Online-Befragung kontextualisiert und vertieft.
Ergebnisse
Insgesamt nahmen 614 Ärzt*innen, davon 329 Haus- und 285 Kinderärzt*innen, an der Online-Befragung teil. Von den teilnehmenden Ärzt*innen beteiligten sich 25 an den weiterführenden Gruppendiskussionen. Zum Zeitpunkt der Abstract-Einreichung ist die Datenanalyse bereits größtenteils abgeschlossen. Die Ergebnisse werden bis Ende 2023 beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das die Studie finanziert, veröffentlicht und können somit auf der Jahrestagung der DGAUM vorgestellt werden.
Schlussfolgerung
Haus- und Kinderärzt*innen sind als eine der ersten Anlaufstellen im Gesundheitswesen wichtige Multiplikatoren bei der Risikokommunikation bezüglich EMF und nehmen so indirekt an der umweltmedizinischen Versorgung teil. Aus diesem Grund ist das Wissen über ihre Risikowahrnehmung, ihren Informationsstand sowie ihre Informationsbedürfnisse von zentraler Bedeutung, um Handlungsempfehlungen bzgl. der behördlichen Risikokommunikation zu entwickeln.
Herr Dr. Felix Forster
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, LMU Klinikum München, München
4
Menschen sind in der Lage Veränderungen in ihrer Umgebung wahrzunehmen. Auch nicht sichtbare oder greifbare Einflüsse, wie Duftstoffe, Wärmeeinwirkung oder elektrische Felder, werden auf unterschiedlichen Ebenen detektiert. Unser Team konnte in den vergangenen Jahren zeigen, dass Menschen zuverlässig fähig sind, elektrische Felder, wie sie unter Hochspannungsleitungen vorkommen, zu erkennen. Dabei wurden sowohl für Wechselstromfelder (AC-Felder), als auch für Gleichstromfelder (DC-Felder) und die Kombination aus beiden Feldarten (Hybrid-Felder) durchschnittliche Schwellenwerte ermittelt [1]. In unserem einzigartigen Expositionslabor wurden die Umgebungsbedingungen, wie die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Präsenz von Ionen, genau kontrolliert und für die jeweilige Forschungsfrage angepasst [2]. Unter 22 °C und 50 % Luftfeuchtigkeit konnten im Durchschnitt AC-Felder von 14,16 kV/m, DC-Felder von 18,69 kV/m und Hybrid-Felder von 6,76 kV/m DC kombiniert mit 4 kV/m AC wahrgenommen werden [1]. Veränderungen der Luftfeuchtigkeit, sowie das Vorhandensein von Ionen beeinflussten die Wahrnehmungsschwelle signifikant [1,2]. Auffällig in allen untersuchten Forschungsfragen war die große interindividuelle Varianz [1,2]. Neben unterschiedlich stark ausgeprägten Fähigkeiten Veränderungen am eigenen Körper bewusst wahrzunehmen, können die individuellen Unterschiede der Haareigenschaften einen Erklärungsansatz liefern. In unserer aktuellen Studie werden die Haareigenschaften der Probanden, wie die Haarlänge, -dicke, -struktur und die Haarfeuchtigkeit analysiert und die Wahrnehmungsschwelle mit und ohne Kopf-, Arm- und Barthaare bestimmt. Erwartet wird eine verringerte Wahrnehmungsleistung unter rasierter Bedingung, verglichen mit der nicht rasierten Testbedingung am selben Probanden. Auch ohne das Vorhandensein von Kopf-, Arm- und Barthaaren konnte eine Wahrnehmung von elektrischen Feldern nicht ausgeschlossen werden, was Hinweise darauf gibt, dass die Wahrnehmung nicht allein über die Körperhaare erfolgt.

[1] Kursawe, M., Stunder, D., Krampert, T., Kaifie, A., Drießen, S., Kraus, T., & Jankowiak, K. (2021). Human detection thresholds of DC, AC, and hybrid electric fields: a double-blind study. Environmental Health, 20(1), 92
[2] Jankowiak, K., Driessen, S., Kaifie, A., Kimpeler, S., Krampert, T., Kraus, T., … Kursawe, M. (2021). Identification of Environmental and Experimental Factors Influencing Human Perception of DC and AC Electric Fields. Bioelectromagnetics, 42(5), 341–356.
Frau Kathrin Jankowiak
Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen University, Aachen
Do
14 Mär
14:15 - 15:45
Vorträge
Bewegungsapparat
Raum: Hörsaal/Onlineraum 7 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Pavel Dietz und Fabian Holzgreve
Beiträge:
1
Introduction Work-related musculoskeletal disorders comprise one of the most common disorders related to occupational sick leave worldwide accounting for about 25% of work absenteeism days. This review focusses on work breaks as a measure of primary prevention, which are a type of organisational intervention. The review objective is to compare the effectiveness of different work-break schedules for preventing work-related musculoskeletal symptoms and disorders in healthy workers, compared to conventional or alternate work-break schedules. The update will secure potential additional studies that were performed in the past five years.
Methods We will provide an updated search of the literature (May 2019) for randomized controlled trials that enrolled adult workers free of musculoskeletal symptoms and assessed one or more work-break interventions including changes in frequency, duration and/or type. The primary outcomes are newly diagnosed musculoskeletal disorders, self-reported musculoskeletal pain, discomfort or fatigue, and productivity or work performance. Two review authors will independently screen the literature for additional eligible studies, extract data, perform meta-analyses, assess risk of bias and assess overall quality of the evidence.
Results At present, six studies (373 workers) investigated different work-break frequencies (five studies) and types (two studies), but none of the comparisons revealed significant influences on the primary outcomes. All studies had a high risk of bias and quality of evidence was low to very low.
Conclusion At present, we concluded that different work-break frequencies and types may not considerably reduce incidence of musculoskeletal disorders. The review update may provide some extra insights, although there will still be a need for high-quality studies to assess the effectiveness of different work-break interventions on a larger variety of worker populations.
Frau Tessy Luger Ph.D.
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
2
Einleitung
Die Arbeit von Erzieherinnen in Kindertagesstätten (Kitas) ist mit Belastungen für den Bewegungsapparat verbunden. Um die Kinder zu betreuen, müssen sich die Beschäftigten häufig bücken und in die Knie gehen oder auf niedrigen Kinderstühlen sitzen. Daher sind Kniegelenke von Erzieherinnen möglicherweise besonders beansprucht. Im Rahmen der MSB-Kita-Studie sollte die Frage beantwortet werden, ob Erzieherinnen in Kitas im Vergleich zu Frauen anderer Berufsgruppen (Kontrollgruppe) ein größeres Risiko für Kniegelenkbeschwerden haben. Die Studie soll dazu beitragen, den Mangel an Forschungsarbeiten zu Arbeitsbelastungen in Berufen, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, zu beheben.
Methodik
Die Untersuchung ist als Querschnittsstudie mit Kontrollgruppe angelegt, die sich an Frauen im Alter zwischen 40 und 67 Jahren richtet. Es wurden Erzieherinnen aus Kitas in Hamburg über ihre Einrichtungen angeschrieben und gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Der Fragebogen enthielt Fragen zu Beschwerden und Erkrankungen des Bewegungsapparats (Nordischer Fragebogen), getrennt nach den einzelnen Körperregionen sowie zu privaten und beruflichen Risikofaktoren für diese Beschwerden bzw. Erkrankungen. Das Ausfüllen des Fragebogens war wahlweise online oder in Papierform möglich. Für die Gewinnung der Kontrollgruppe wurden Frauen aus der Hamburger Allgemeinbevölkerung zufällig aus dem städtischen Melderegister ausgewählt und zur Studienteilnahme eingeladen. Sie erhielten ebenfalls den Fragebogen zu Beschwerden und Erkrankungen des Bewegungsapparats sowie zu privaten und beruflichen Risikofaktoren.
Ergebnisse
Die Datenerhebung fand im Zeitraum von Oktober 2022 bis Juli 2023 statt. Es wurden 223 Erzieherinnen aus Kitas und 253 Frauen anderer Berufsgruppen in die Studie eingeschlossen. Die Responseraten betrugen 19 % und 15 %. Das mittlere Alter der Erzieherinnen lag bei 52 Jahren (SD 7,5) und war statistisch signifikant niedriger als das der Kontrollgruppe (54 Jahre; SD 7,8; p <0,01). Beschwerden im Bereich der Kniegelenke innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate hatten 59 % der Erzieherinnen und 52 % der Kontrollfrauen. Beschwerden an mehr als 30 Tagen, aber nicht täglich, gaben 20 % der Erzieherinnen und 13 % der Kontrollfrauen an. Fast jeden Tag litten 13 % der Erzieherinnen und 9 % der Kontrollfrauen an Kniebeschwerden. Nach Kontrolle für Alter waren diese Unterschiede nicht statistisch signifikant.
Schlussfolgerung Bei der deskriptiven Betrachtung ergaben sich geringe Gruppenunterschiede. Die bisherigen Ergebnisse sprechen nicht für eine erhöhte Prävalenz der Beschwerden bei Erzieherinnen. Aufgrund der niedrigen Responseraten müssen die Ergebnisse allerdings vorsichtig interpretiert werden.
Herr Roxana Dauer
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
3
Einleitung: Ziehen und Schieben von Lasten ist als Belastungsart verbreitet und mit Beanspruchung des Muskel-Skelett-Systems verbunden. Die Leitmerkmalmethode „Ziehen und Schieben von Lasten“ (LMM-ZS) steht zur Gefährdungsbeurteilung zur Verfügung. Die Bewertung des Schiebens von Karren basiert in der LMM-ZS auf Experteneinschätzungen. Aussagen aus qualitativ hochwertigen Laborstudien zur kurzfristigen körperlichen Beanspruchung bei Verwendung einachsiger Flurförderzeuge wie Sackkarren fehlen [1, 2].
Zielsetzung: Anliegen der Studie war, die körperliche Beanspruchung beim Schieben von Sackkarren in einer Laborstudie unter Variation der zu bewegenden Last, der zu überwindenden Wegneigung sowie der Untergründe als Ausführungsbedingungen zu quantifizieren.
Methoden: Insgesamt 16 gesunde männlichen Teilnehmer (Altersmedian: 23 Jahre, 18-38 Jahre) schoben an zwei Untersuchungstagen wiederholt eine Sackkarre mit 6 Schritten über eine Teststrecke von 5 m. In 72 Versuchsbedingungen pro Probanden wurden die Bodenbeläge (glatter und grober Stein, Linoleum, Splitt), die Wegneigungen (0°, 3°, 7°, 12°) und Lastgewichte (60 kg bis max. 225 kg abhängig von der Neigung) systematisch variiert. Als Beanspruchungsparameter wurden die Muskelaktivität (Mittel der normierten integrierten sEMG-Aktivität) von 22 Muskeln, die subjektive Anstrengung (Borg-Skala) sowie die Herz-Kreislauf-Beanspruchung (Herzfrequenz) erfasst. Die statistische Auswertung erfolgte über robuste lineare hierarchische Regressionsmodelle mit Messwertwiederholung (GEE, SPSS GENLIN) in Bezug auf die drei variierten Bedingungen adjustiert für Körpergröße und -gewicht und den Zeitpunkt der Messung am Tag. Ein positives Ethikvotum lag vor.
Ergebnisse: Die normierte Muskelaktivität nahezu aller betrachteten Muskeln der oberen und unteren Extremitäten sowie des Rückens, die Arbeitsherzfrequenz und die subjektive Bewertung der Anstrengung zeigten eine deutliche lineare Zunahme der Parameter mit zunehmender Neigung und Lastgewicht sowie für Splitt als Untergrund im Verhältnis zur Referenzbedingung (0° Neigung, glatter Untergrund, 60 kg Last) im Sinne von leichter bis hin zu schwerer körperlicher Arbeit.
Diskussion: Die Ergebnisse bestätigen und quantifizieren die deutliche und lineare Erhöhung der muskulären und kardialen Beanspruchung beim Schieben von Karren unter ungünstigen Last-, Neigungs- und Untergrundbedingungen. Anpassungen der Punktbewertungen der Leitmerkmale der LMM-ZS sind auf Grundlage der Ergebnisse für das Schieben von Karren abzuleiten und zu diskutieren.

Referenzen

[1] Argubi-Wollesen A, Wollesen B, Leitner M, Mattes K (2017) Human Body Mechanics of Pushing and Pulling: Analyzing the Factors of Task-related Strain on the Musculoskeletal System. Safety and Health at Work 8:11-18.
[2] Jung MC, Haight JM, Freivalds A (2005) Pushing and pulling carts and two-wheeled hand trucks. International Journal of Industrial Ergonomics 35:79-89.
Herr Dr. med. Falk Liebers MSc.
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
Studium Humanmedizin an der Humboldt-Universität zu Berlin (Charité) 1985-1991 Facharztausbildung und Promotion am Institut für Arbeitsmedizin der Charité (1991-1996) Facharzt für Arbeitsmedizin in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Berlin seit 1996 Master of Science in Epidemiology an der Berlin School of Public Health (Charité) 2015
4

Einleitung

Die besondere Schwere der körperlichen Arbeit in der Müllentsorgung aus Haushalten wurde bereits wissenschaftlich nachgewiesen. Allerdings wurde bisher in keiner Studie die Beanspruchung bei der Sammlung von Sperrmüll untersucht. Das Ziel dieser Studie ist es, die kardiopulmonale Beanspruchung von Sperrmüllentsorgern in der Praxis zu bestimmen.​​​​​​

Methoden

Wir führten eine Feldstudie mit 14 männlichen Probanden der Sperrmüllabfuhr eines Entsorgungsbetriebs in Hamburg durch. Zunächst wurde die Leistungsfähigkeit und die Sauerstoffaufnahme (V̇O2) an der individuellen ventilatorischen Schwelle 1 (V̇O2,VT1) mittels Spiroergometrie unter Laborbedingungen bestimmt. Anhand der Ergebnisse wurde die individuelle, lineare Beziehung zwischen Herzfrequenz (HR) und V̇O2 ermittelt. Die Tätigkeiten der Probanden wurden während der gesamten Schicht vom Studienpersonal beobachtet und dokumentiert. Dabei wurde bei jedem Probanden die HR mit einem Pulsuhr-Gurtsystem aufgezeichnet. Wir ermittelten die durchschnittlichen Werte für die relative Herzfrequenz (RHR), die berechnete V̇O2, die relative aerobe Belastung (RAS) und V̇O2,VT1 als Parameter für die kardiopulmonale Beanspruchung während der täglichen Arbeit der Sperrmüllentsorger.

Ergebnisse

Während der Schicht (7,67 Stunden, SD 0,99; mit Pausen) zeigten sich eine HR von 102 Schlägen pro Minute (SD 10,2), eine RHR von 36,9% (SD 8,0), eine berechnete V̇O2 von 1267 ml/min (SD 161), eine RAS von 49,4% (SD 9,3) und eine V̇O2 in Relation zur V̇O2,VT1 von 75%V̇O2,VT1 (SD 18,5). Die V̇O2 während der manuellen Handhabung von Sperrmüll (V̇O2,C) betrug 95%V̇O2,VT1 (SD 22,7).​​​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Während der manuellen Handhabung von Sperrmüll wurde die aerobe Kapazität der Muskulatur vollständig ausgeschöpft und teilweise überschritten. Allerdings verteilten Unterbrechungen durch Fahrten oder Pausen die Belastung über die gesamte Schicht. Obwohl die Gesamtbeanspruchung die meisten diesbezüglich publizierten Grenzwerte (mit RHR 33% [1] und RAS 30% [2], bzw. 33% [3], auch 40% [4] und 50% [3]) überstieg, wurde die aerob-anaeroben Schwelle VT1 nicht überschritten. V̇O2,VT1 erwies sich als der einzige Parameter, der die individuelle Ausdauerleistung in der Beurteilung der Verträglichkeit und Zumutbarkeit der Arbeitsschwere berücksichtigt. Wir empfehlen weiterhin, die V̇O2,VT1 als individuelle Obergrenze für körperlicher Arbeit heranzuziehen.

Referenzen

[1] Rodgers SH, Kenworth DA, Eggleton EM. Ergonomic Design for People at Work, v2, Van Nostrand Reinhold Company, Eastman Kodak, New York; 1986.
[2] Kemper HC, Aalst R, Leegwater A, Maas S, Knibbe JJ. The physical and physiological workload of refuse collectors. Ergonomics. 1990 Dec;33(12):1471-86.
[3] Ilmarinen J. Job design for the aged with regard to decline in their maximal aerobic capacity: Part I—Guidelines for the practitioner. Int J Ind Ergon. 1992;10(1-2), 53-63.
[4] Åstrand PO, Rodahl K, Dahl HA, Strømme SB. Physiological Bases of Exercise. 4th Edition. Champaign, IL.: Human Kinetics; 2003.
Herr Alexander Kraft
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
5
Einleitung: Das Missverhältnis zwischen der Zahl der zu Pflegenden und der Zahl der Pflegekräfte führt zu einer Überbeanspruchung der vorhandenen Pflege- und Betreuungskapazitäten. Diese Überlastung des Pflegepersonals spiegelt sich auch in den überdurchschnittlich hohen Fehlzeiten der Pflegekräfte wider. Die quasi-experimentelle Querschnittsstudie mit Messwiederholung untersucht die muskuloskelettale Belastung und das subjektive Belastungsempfinden beim Transfer eines 45 kg schweren Dummys in drei unterschiedlichen Szenarien (ohne Exoskelett [1], mit Exoskelett mit Unterstützung [2] und mit Exoskelett ohne Unterstützung [3]) bei 33 Pflegenden (22 Frauen, 11 Männer; Durchschnittsalter 37±12,66 Jahre)
Methode: Markerlose Bewegungsanalyse diente der Kontrolle der Einhaltung der ergonomischen Körperhaltung. Muskelaktivität (oEMG) des M. erector spinae (ES), des M. quadratus lumborum (QL) und des M. iliocostalis lumborum (IC) (links/rechts) ergänzt die Untersuchung um den zweiten Parameter. Zusätzlich wurde die subjektive Beanspruchung mittels der Borg CR-10 Skala erhoben.
Ergebnisse: Ein signifikanter Unterschied und großer Effekt zeigt sich beim paarweisen Vergleich (mit Exoskelett vs. mit Exoskelett ohne Unterstützung) beim ES links über den gesamten Bewegungsablauf (2 vs. 3; x ̅=4.744, SD=2.41, η2p =.087, p<.05).
Die weiteren paarweisen Vergleiche (1 vs. 2; 2 vs. 3; 1 vs. 3) zeigen keine signifikanten Unterschiede (p>.05) in der Muskelaktivität des ES rechts, QL und IC über den gesamten Transfer aufweisen.
Die CR-10 Skala zeigt signifikante Unterschiede im subjektiven Belastungsempfinden zwischen den Versuchen ohne Exoskelett (x ̅=7.03) vs. mit unterstützendem Exoskelett (x ̅=4. 85) (1 vs. 2; x ̅=2.18, SD=.33, η2p=.46, p<.05) und Exoskelett mit Unterstützung (x ̅=4.85) vs. Exoskelett ohne Unterstützung (x ̅=6.36) (2 vs. 3; x ̅=1.52, SD=0.28, η2p=.46, p<.05).
Diskussion: Die dargestellten Ergebnisse weisen darauf hin, dass das in der Studie verwendete passive rückenunterstützende Exoskelett die (wahrgenommene) körperliche Belastung beim dynamischen Transfer eines 45 kg schweren Dummys potenziell reduzieren kann. Dieses Ergebnis deckt sich mit bereits publizierten Studienergebnissen von Arbeitsaufgaben im Bereich des Hebens und Tragens von Gegenständen aus der Logistik. Die dynamischen Bewegungsabläufe und das Bewegungsverhalten des Pflegepersonals beim Transfer sind im Vergleich zur Logistik komplex und bedürfen weiterer Untersuchungen.

Referenzen

[1] Luger, T., Bär, M.,
Seibt, R., Rimmele, P., Rieger, M. A. &
Steinhilber, B. (2021). A passive back exoskeleton supporting symmetric
and asymmetric lifting in stoop and squat posture reduces trunk and hip
extensor muscle activity and adjusts body posture - A laboratory study. Applied ergonomics, 97, 103530. https://doi.org/10.1016/j.apergo.2021.103530
[2] Bär, M., Steinhilber, B., Rieger, M. A. & Luger, T. (2021). The influence of using exoskeletons during occupational tasks on acute physical stress and strain compared to no exoskeleton - A systematic review and meta-analysis. Applied ergonomics, 94, 103385. https://doi.org/10.1016/j.apergo.2021.103385
[3] Baltrusch, S. J., van
Dieen, J. H., van Bennekom, C. A. & Houdijk, H
[Han] (2020). Testing an Exoskeleton That Helps Workers With Low-Back Pain:
Less Discomfort With the Passive SPEXOR Trunk Device. IEEE Robotics & Automation Magazine, 27(1), 66–76. https://doi.org/10.1109/MRA.2019.2954160
Frau Hanna Brandt
Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg, Regensburg
Do
14 Mär
16:00 - 17:15
Vorträge
Schichtarbeit und zirkadianer Rhythmus
Raum: Hörsaal/Onlineraum 7 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Volker Harth und Andreas Seidler
Beiträge:
1

Einleitung

Where we live and work influences our light and dark exposures, which can affect circadian rhythms and subsequently health. Our research questions was, “what does the literature show regarding whether and how architecture and urbanisation affects light and dark exposures and subsequent circadian biology and health?”

Methoden

We conducted a scoping review covering 31 literature databases to identify and extract data from primary studies in humans and from field and simulation studies concerning our research question. Our synthesis of findings includes what architectural features, in what settings, affect light and circadian biology and health, and how.

Ergebnisse

Eleven human studies concerning architecture, light, and circadian biology-related health outcomes were identified. Nineteen non-human field and simulation studies containing at least mention of circadian biology were identified. No studies considered urbanisation. The human studies were constrained by few participants and limited assessment of exposures/interventions and outcomes; however, augmenting the transmittance of blue light through windows was a prominent research avenue. The non-human field studies highlighted the importance of reflective surfaces affecting the spectral distribution of daylight and the potential benefits of “light pipes” and skylights in bringing daylight inside. Simulation studies that included how various window parameter combinations (e.g., size, glazing fraction, and tint) may affect light that is important for circadian biology were most prevalent. The use of circadian light metrics in these architectural, such as the Circadian Stimulus (CS) and Equivalent Melanopic lux (EML), was also prominent.

Schlussfolgerung / Diskussion

This first evidence synthesis linking elements of architecture, light, and subsequent circadian biology and health identifies weaknesses in the current evidence base, where improvements need to be made, but also promising research avenues. Ultimately, designing the built environment to better utilise light appears promising for improving health resilience.
Herr Philip Lewis
Uniklinik Köln, Köln
2

Einleitung

Gesetzliche Zeitumstellungen auf Sommer- und Winterzeit werden viel diskutiert [1]: Chronobiologisch plausibel kann es zu gesundheitlichen Problemen durch gestörte circadiane Rhythmen und beeinträchtigte Schlafdauer und Schlafqualität kommen. Ziel war es, die bisher einzige Meta-Analyse in diesem Feld [2] mit Bezug auf die Datenlage zu aktualisieren und zu verbreitern. Fragestellungen: „Sind epidemiologische Ergebnisse konsistent und welche Gesamteffekte können abgeschätzt werden?“ und „Welche Gründe gibt es für Unterschiede der Studienergebnisse?“

Methoden

In sieben Datenbanken wurden zwischen 2020 und 9/2023 systematisch geeignete Studien zu kurzfristigen Auswirkungen auf Herzinfarktrisiken gesucht. Die eingeschlossenen Studien wurden kritisch begutachtet und – mit besonderem Schwerpunkt auf Heterogenität – umfangreich meta-analysiert.

Ergebnisse

Mit 12 Studien aus 10 Ländern wurde die Datenbasis der früheren Meta-Analyse (7 Studien) – trotz Herausnahme einer Studie (Datenüberschneidung) – durch Einschluss von weiteren Studien und Bearbeitungen von Inkonsistenzen in Einzelstudien erheblich verbreitert. Das gepoolte RR für die erste Woche nach der Zeitumstellung im Frühjahr war 1,05 [95% KI: 1,02; 1,07]); das RR im Herbst war 1,02 [95% KI: 1,00, 1,059]. Ohne eine Studie mit Inkonsistenzen reduzierte sich die signifikante Heterogenität in verschiedenen Meta-Analysen beträchtlich. Kovariablen wie Land/Kontinent oder Tageslänge/Photoperiode am Studienort konnten nicht als Treiber für unterschiedliche Ergebnisse bestimmt werden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die umfangreichen Meta-Analysen zeigen ein signifikant erhöhtes RR nach der Zeitumstellung im Frühjahr, aber nicht im Herbst. Methodisch stärkere Studien (z.B. mit diskontinuierlicher Regression und Placebotestungen) könnten Aufschluss über die kausale Natur dieser Beobachtungen geben. Systematische Reviews und Meta-Analysen in diesem Feld sollten Datenbanken der Wirtschaftswissenschaften in Literatursuchen einbeziehen.
In der Gesamtschau unterstützen Hinweise auf Herzinfarktrisiken (sei es aufgrund von Faktoren wie Licht, Schlaf oder Nocebo) die Abschaffung der Zeitumstellungen, die das EU-Parlament 2019 grundsätzlich beschlossen hat. Natürlich ist dies nur ein Baustein eines großen Puzzles.

Referenzen

[1] Roenneberg T, Winnebeck EC, Klerman EB. Daylight Saving Time and Artificial Time Zones - A Battle between Biological and Social Times. Front Physiol 2019; 10, 944.
[2] Manfredini R et al. Daylight Saving Time and Acute Myocardial Infarction: A Meta-Analysis. J Clin Med 2019; 8 (3).
Frau Anke Hurst
Uniklinik Köln, Köln
Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Umweltmedizin und Präventionsforschung, Universität zu Köln, Köln
3
Einleitung
(Wechsel-)Schichtarbeit ist in der produzierenden Industrie weit verbreitet. Um den besonderen Herausforderungen zu begegnen, wurde gezielt für Beschäftigte eine Web-Anwendung – das Schlafometer - zur Vermittlung schlaffördernder Verhaltensweisen entwickelt. Wechselnde, sehr frühe und nächtliche Arbeitszeiten beeinflussen die Schlafdauer und -qualität[1] und damit auch die Gesundheit[2][3] und Arbeitssicherheit[4].

Methoden
Das Schlafometer beinhaltet einen Selbstcheck zur Schlafqualität, Tagesschläfrigkeit und zum Chronotyp, welcher auf der Grundlage validierter Testverfahren entwickelt wurde: Composite Scale of Morningness (CSM), Regensburger Insomnie Skala (RIS) und Epworth Sleepiness Scale (ESS). Basierend auf Chronotyp und Arbeitszeit liefert das Tool individuelle Empfehlungen für Schlaf-, Licht-, Ess- und Bewegungszeiten. Zudem werden 9 allgemeine Tipps zu schlaffördernden Verhaltensweisen wie Schlafhygiene, Entspannung, Ernährungstiming angeboten. Die im Selbstcheck erhobenen Daten können anonym und freiwillig zur Auswertung an das Institut für Arbeitsschutz (IFA) gesendet werden. Das Tool ist seit April 2023 unter www.vbg-schlafometer.de frei verfügbar.

Ergebnisse
Bis zum 18.09.2023 wurden 649 Datensätze übermittelt. Die Häufigkeitsverteilung des Chrontyps ergab 20 % Frühtypen, 55 % Intermediärtypen und 25 % Spättypen mit einem mittleren Alter von 43,7 Jahren und einem Median von 41 Jahren. Von den 649 Datensätzen verteilen sich 507 (78 %) auf „normale“ Arbeitszeiten zwischen 7 und 19 Uhr (nAZ) und 142 (22 %) auf Arbeitszeiten, die zumindest teilweise außerhalb dieses Zeitfensters lagen -sogenannte versetzte Arbeitszeiten- oder Wechselschichtarbeit (vAZ). Insgesamt wies etwas mehr als ein Drittel erhöhte Werte für Tagesschläfrigkeit auf (ESS ≥ 11), davon 5 % mit ausgeprägten Werten (ESS ≥ 16). In Datensätzen mit vAZ zeigte knapp die Hälfte erhöhte Werte für Tagesschläfrigkeit. Die Schlafqualität war bei knapp der Hälfte aller Datensätze beeinträchtigt, davon 4 % mit einer ausgeprägten Beeinträchtigung. Bei vAZ lag dieser Wert bei 7 %.

Diskussion
Anhand der 649 Datensätze scheint der Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Tagesschläfrigkeit bzw. Schlafqualität größer zu sein, als der zwischen Chronotyp und Tagesschläfrigkeit bzw. Schlafqualität. Mithilfe einer multivariaten logistischen Regression werden die Einflussfaktoren Arbeitszeit, Chronotyp, Alter und Schlafqualität auf die Tagesschläfrigkeit untersucht und die Ergebnisse präsentiert. Impulse für die betriebliche Prävention werden aufgezeigt.

Referenzen

[1] Hirschwald B, Nold A, Bochmann F et al. (2020). Chronotyp, Arbeitszeit und Arbeitssicherheit: Auswirkungen von zirkadianer Rhythmik und Arbeitsbeginn auf die Schlafdauer von Beschäf­tig­ten in der holz- und metallverarbeitenden Industrie. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Arbeitsergonomie https://link.springer.com/article/10.1007/s40664-020-00397-4.
[2] Chapman J, Naweed A, Wilson C et al. (2019). Sleep for heart health: Investigating the relationship between work day sleep, days off sleep, and cardiovascular risk in Australian train drivers. Industrial health DOI: 10.2486/indhealth.2018-0194.
[3] Prather AA, Janicki-Deverts D, Hall MH et al. (2015). Behaviorally Assessed Sleep and Susceptibility to the Common Cold. Sleep https://doi.org/10.5665/sleep.4968.
[4] Uehli K, Mehta AJ, Miedinger D et al. (2014). Sleep problems and work injuries: a systematic review and meta-analysis. Sleep https://doi.org/10.1016/j.smrv.2013.01.004.
Frau Patrizia Driesel
Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), Präventionsfeld Glas und Keramik, Würzburg
Frau Barbara Hirschwald
Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Sankt Augustin
4

Einleitung

Beschäftigte in Wechselschichtarbeit sind zu untypischen Tageszeiten Licht ausgesetzt. Schichtarbeit kann einen Einfluss auf die Vigilanz haben. In dieser arbeitsepidemiologischen Studie vergleichen wir die Vigilanz in drei Gruppen mit unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnissen.

Methoden

Zwischen November 2021 und Februar 2023 wurden Beschäftigte unterschiedlicher Schichtsysteme in vier Feldphasen über je drei Wochen an je zwei aufeinanderfolgenden Tagen pro Schicht beobachtet. An den Arbeitsplätzen der Gruppe 1 im 3-Schichtsystem (Früh, Spät, Nacht) wurde tagsüber dynamische und nachts statische Beleuchtung eingesetzt. Gruppe 2 arbeitete in der Baseline-Erhebung in Früh- und Spätschicht unter statischer Beleuchtung. Die Beleuchtungsverhältnisse der Vergleichsgruppe (VG) mit unterschiedlichen Schichtsystemen waren während der Studie statisch. Zur objektiven Beurteilung der Vigilanz wurde der 5-minütige psychomotorische Vigilanztest (192-PVT) in der Schichtmitte eingesetzt. Zur Auswertung wurden die Parameter durchschnittliche Reaktionszeit (RT), schnellste und langsamste 10% der RT, Fehlstarts, Lapses, Throughput sowie Reaction Time Coefficient of Variation (RTCV) berechnet. In einer ersten Analyse mittels eines gemischten Modells wurden Unterschiede zwischen den Gruppen unter Berücksichtigung von Geschlecht, Alter, Schicht und Arbeitstag analysiert.

Ergebnisse

An den Baseline-Messungen nahmen 67 Personen, darunter 49 Männer und 18 Frauen, mit einem mittleren Alter von 40,6 Jahren (SD 11,7 Jahre) teil. Insgesamt wurden n=191 PVTs durchgeführt, davon n=60 in der Gruppe 1, n=39 in der Gruppe 2 und n=92 in der VG. Eine deskriptive Auswertung zeigt einen durchschnittlichen Anteil an Lapses von 7,9% (Gruppe 1), 2,8% (Gruppe 2) bzw. 5,9% (VG). Der durchschnittliche Anteil von Fehlstarts betrug 4,0% (Gruppe 1), 5,2% (Gruppe 2) bzw. 4,0% (VG). Der RTCV lag im Mittel bei 17,4 (Gruppe 1), 18,2 (Gruppe 2) bzw. 17,9 (VG). Das gemischte Modell für die durchschnittlichen Reaktionszeiten zeigte, dass Gruppe 2 mit einem 2-Schichtsystem ohne Nachtschichten im Mittel die schnellsten Reaktionszeiten erzielte (16,1 ms schneller als die VG, p=0,011). Die Reaktionszeiten waren während der Spätschicht am schnellsten (5,4 ms schneller als in der Frühschicht, p=0,007).

Schlussfolgerung / Diskussion

Erste Analysen der Baseline-Untersuchungen weisen auf Unterschiede in der Vigilanz bei Beschäftigten in verschiedenen Schichtsystemen und mit unterschiedlicher Beleuchtung hin. Detailliertere Analysen werden präsentiert.
Frau Sarah Affolderbach
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
5

Einleitung

Licht ist der wichtigste Zeitgeber für die innere Uhr des Menschen. Wechselnde Lichtprofile bei Schichtarbeitenden können zu einer Desynchronisation der zirkadianen Rhythmen führen und Schlaf sowie Schläfrigkeit beeinflussen. Die Studie Licht und Schicht untersucht die kurz- wie langzeitigen Effekte von dynamischer Beleuchtung am Arbeitsplatz und individuelle Beleuchtungsempfehlungen für die Freizeit bei Schichtarbeitenden. In diesem Beitrag werden die kurzfristigen Effekte von dynamischer Beleuchtung auf subjektive Schläfrigkeitsangaben betrachtet.

Methoden

Beschäftigte eines Unternehmens nahmen im Rahmen von vier Feldphasen im Zeitraum zwischen Oktober 2021 und Februar 2023 an der Studie teil. In der vorliegenden Untersuchung wurden zwei Beleuchtungsinterventionen am Arbeitsplatz i) in der Nacht in einer Gruppe von Schichtarbeitenden mit Nachtschicht und ii) am Tag in einer Gruppe von Schichtarbeitenden ohne Nachtschicht durchgeführt. Beschäftigte aus weiteren Betriebsbereichen dienten als Vergleichsgruppe. Für die kurzfristigen Effekte wurden die Baseline-Untersuchungen (T0) und das erste Follow-up (T1) analysiert. Mobile Erfassungsgeräte wurden in je drei Feldwochen einer Erhebungsphase über 48 Stunden ausgegeben. Tonsignale forderten alle zwei Stunden während der Arbeitsschichten zur Eingabe der Schläfrigkeit anhand der Karolinska Sleepiness Scale (KSS, Skala 1 = „äußerst wach“ bis 10 = „äußerst schläfrig, kann nicht wach bleiben“) auf. In einer vorläufigen, deskriptiven Analyse wurden aggregierte KSS-Werte je Schichttyp und Feldphase pro Person ausgewertet. In die Analyse gingen Eintragungen mit mindestens zwei Datenpunkten zur KSS je Schichttyp und Feldwoche ein.

Ergebnisse

Von den insgesamt n=89 Studienteilnehmenden wurden für T0 und T1 n=67 Personen rekrutiert. Aufgrund fehlender Datenpunkte wurde eine Person für die vorliegende Analyse ausgeschlossen. Für die Intervention mit dynamischem Licht am Tag zeigte sich in der deskriptiven Analyse eine Verringerung der Schläfrigkeit in den Frühschichten von ziemlich wach (T0: Mittelwert (MW) 3,80; Standardabweichung (SD) 0,74) zu normal wach (T1: MW 3,02; SD 0,84). Für die Vergleichsgruppe zeigte sich zwischen den Feldphasen eine geringfügige Verschlechterung um 0,04 Skalenpunkte.

Schlussfolgerung / Diskussion

Erste deskriptive Ergebnisse deuten auf eine tendenziell positive Wirkung der Einführung von dynamischer Beleuchtung am Tag mit einer leichten Verringerung der Schläfrigkeit am Arbeitsplatz hin. Detailliertere Analysen werden präsentiert.
Frau Katrin Rieger
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
Do
14 Mär
08:30 - 10:00
Vorträge
Ältere Arbeitnehmende
Raum: Hörsaal/Onlineraum 8 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Horst Christoph Broding und Hans Martin Hasselhorn
Beiträge:
1

Einleitung

Mit zunehmendem Alter nimmt die körperliche und die mentale Arbeitsfähigkeit ab, was das Risiko der Fehlzeiten oder Frühberentung erhöht. Die relativen Auswirkungen der biologischen und Lebensstilfaktoren auf die Arbeitsfähigkeit mit zunehmendem Alter sind jedoch aufgrund ihrer Komplexität wenig erforscht. Dazu gehören kardiovaskuläre, metabolische, immunologische oder psychosoziale Faktoren sowie kognitive Fähigkeiten. Das Ziel der Studie war, eine breite Palette von Faktoren systematisch zu bewerten, um die wichtigsten Prädiktoren für die Arbeitsfähigkeit über die Lebensspanne zu ermitteln.

Methoden

Im Rahmen der Dortmunder Vitalstudie [1] füllten 494 Teilnehmer aus verschiedenen Berufsgruppen im Alter zwischen 20 und 69 Jahren den Work Ability Index (WAI) aus, mit dem die geistigen und körperlichen Ressourcen bewertet werden. 30 soziodemografische Variablen wurden in 4 Kategorien (soziale Beziehungen, Ernährung und Genussmittel, Bildung und Lebensstil und Arbeitstyp), sowie 80 biologische und umweltbezogene Variablen in 8 Kategorien (anthropometrisch, kardiovaskulär, metabolisch, immunologisch, persönlichkeitsbezogen, stressbezogen, kognitiv und lebensqualitätsbezogen) gruppiert und mit dem WAI in Verbindung gebracht.
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Ergebnisse

Bildungsstand, soziale Aktivitäten und Schlafqualität beeinflussen stark die Arbeitsfähigkeit. Negative Prädiktoren der Arbeitsfähigkeit sind: chronologisches und immunologisches Alter, immunologische Ineffizienz, BMI, Neurotizismus, psychosozialer Stress, emotionale Erschöpfung, hohe Arbeitsanforderungen, kognitive Fehler im Alltag, sowie Depression und Burnout-Symptomatik. Positive Prädiktoren sind: maximale Herzfrequenz bei Ergometrie, normaler Blutdruck, Hämoglobin- und Monozytenkonzentration, körperliche Aktivität, Engagement für das Unternehmen, Erfolgsdruck und gute Lebensqualität.
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Schlussfolgerung / Diskussion

Die identifizierten Risikofaktoren ermöglichen, die Arbeitsfähigkeit in ihrer Komplexität zu bewerten. Politische Entscheidungsträger, Arbeitgeber und das Personal des betrieblichen Gesundheitsschutzes sollten die identifizierten, veränderbaren Risikofaktoren berücksichtigen, um ein gesundes Altern am Arbeitsplatz durch gezielte körperliche, kognitive und stressreduzierende Präventionsprogramme zu fördern. Dies kann auch die Lebensqualität, die Bindung an den Arbeitsplatz und die Motivation erhöhen - wichtige Aspekte, um die Arbeitsfähigkeit der alternden Belegschaft zu erhalten oder sogar zu verbessern und eine Frühverrentung zu verhindern.

Referenzen

[1] Gajewski PD, Getzmann S, Bröde P, Burke M, Cadenas C, Capellino S, Claus M, Genç E, Golka K, Hengstler JG, Kleinsorge T, Marchan R, Nitsche MA, Reinders J, van Thriel C, Watzl C, Wascher E Impact of Biological and Lifestyle Factors on Cognitive Aging and Work Ability in the Dortmund Vital Study: Protocol of an Interdisciplinary, Cross-sectional, and Longitudinal Study JMIR Res Protoc 2022;11(3):e32352 doi: 10.2196/32352
Herr Dr. Patrick D. Gajewski
Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, Dortmund
2
Einleitung: Weltweit wird über einen Mangel an Lehrkräften berichtet. Ursächlich bedeutsam sind v. a. vorzeitige Berentungen und ein hoher Anteil an Teilzeitbeschäftigten. Von Politikern wird deshalb vorgeschlagen, Teilzeit-Lehrkräfte zu verpflichten, mehr Unterrichtsstunden zu erteilen. Allerdings reduzieren Lehrkräfte häufig freiwillig ihre Unterrichtsstunden, um trotz der hohen beruflichen Herausforderungen möglichst lange gesund im Beruf zu verbleiben. Ob die Reduzierung der Unterrichtsstunden mit Vorteilen für die psychische Gesundheit einhergeht, ist bisher nicht evident. Daher untersucht diese Studie bei Teilzeit-Lehrkräften den Zusammenhang zwischen realen Arbeitszeiten und der psychischen Gesundheit sowie der individuellen Rentenprognose.
Methode: Die Querschnittsstudie schloss 5.905 Teilzeit-Lehrkräfte an Gymnasien ein, die ihrem Unterrichtsumfang entsprechend vier Teilzeit-Gruppen zugewiesen wurden: maximale (<100-90%), hohe (<90-75%), mittlere (<75-50%) und geringe (<50%) Unterrichtsverpflichtung. Diese Gruppen wurden hinsichtlich ihrer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit, ihrer psychischen Gesundheit (Erholungsunfähigkeit, Burnout-Risiko) und des prognostizierten Renteneintrittsalters miteinander verglichen.
Ergebnisse: Die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit wird bei Teilzeit-Lehrkräften in relevantem Umfang überschritten und das Ausmaß der unbezahlten Mehrarbeit vergrößert sich signifikant, je geringer die Unterrichtsverpflichtung ist. Die Unterrichtsreduktion steht in keinem Zusammenhang zur psychischen Gesundheit und hat keinen Einfluss auf die Entscheidung, ob eine Lehrkraft vorzeitig (42%) oder regulär (58%) in Rente geht. Der prognostizierte Renteneintritt wird aber durch den Status der psychischen Gesundheit, Geschlecht und Alter erklärt (Varianzaufklärung: 24%, OR der Prädiktoren: maximal 2.1). Ein Drittel der Lehrkräfte gibt Erholungsunfähigkeit an, 47% berichten Burnout-Symptome und 3% ein Burnout-Syndrom.
Schlussfolgerung: Eine Reduktion der Unterrichtstunden allein führt nicht zur Verbesserung der psychischen Gesundheit. Gute psychische Gesundheit erhöht aber die Chance, regulär in Rente zu gehen. Statt einer gesetzlichen Verpflichtung, sollte deshalb bei Teilzeit-Lehrkräften für eine freiwillige Erhöhung der Unterrichtsstunden geworben werden.

Frau Dr. med. Steffi Kreuzfeld
Institut für Präventivmedizin der Universitätsmedizin Rostock, Rostock
3
Einleitung

Derzeit befinden sich gut 9 Millionen erwerbstätige Babyboomer in Deutschland in einer Lebensphase, in der sich der Erwerbsausstieg zunehmend als realistische Alternative zur Erwerbstätigkeit anbietet. Heute entscheiden sich die meisten älteren Erwerbstätigen für einen frühen Ausstieg, meist deutlich vor Erreichen der Regelaltersgrenze. In diesem Beitrag werden die Erwerbsperspektive der älteren sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland (prospektiv) sowie Erwerbsausstiegsgründe bei Personen, die frühzeitig eine Altersrente oder eine Erwerbsminderungsrente beziehen (retrospektiv), betrachtet.

Methode

Datenbasis ist die 2022/2023 erhobene 4. Welle der lidA-Studie (www.lida-studie.de), in der deutschlandweit 8.884 Angehörige der Geburtsjahrgänge 1959, 1965 und 1971 befragt wurden. Herangezogen zu den Analysen wurden 7.159 Erwerbstätige, 370 Teilnehmende mit Altersrente und 269 Teilnehmende mit Erwerbsminderungsrente. Deskriptive Analysen wurden durchgeführt.

Ergebnisse

Die meisten Babyboomer (hier: die 1959 und 1965 Geborenen) würden gerne frühzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden, deutlich vor ihrer Regelaltersgrenze und vor dem Zeitpunkt, bis zu dem sie arbeiten könnten. Gleichzeitig scheint sich ein kleiner Teil der auf die Babyboomer folgenden Generation (hier: die im Jahr 1971 Geborenen) bereits darauf einzustellen, etwas länger erwerbstätig zu sein. Bei den Gründen für den gewünschten frühen Erwerbsausstieg dominieren solche, die den Wunsch nach Selbstbestimmung im Leben nahelegen, darauf folgen als Gründe belastende Arbeit und gesundheitliche Probleme. In allen drei untersuchten Geburtskohorten zeigt sich eine verbreitete Bereitschaft, unter bestimmten Umständen länger als momentan gewünscht erwerbstätig zu bleiben – insbesondere dann, wenn der Einzelne mehr Einfluss auf die Gestaltung seiner eigenen Arbeit erhielte. Schließlich zeigen die retrospektiven Befragungsdaten, dass der Wunsch nach Selbstbestimmung auch die Gründe für den erfolgten frühzeitigen Erwerbsausstieg in Altersrente dominiert. Beim Ausstieg in die Erwerbsminderungsrente steht hingegen – über gesundheitliche Probleme hinaus – die anstrengende Arbeit im Vordergrund.

Schlussfolgerungen

Wenn Politik und Wirtschaft ältere Beschäftigte länger im Erwerbsleben halten möchten, muss es ihnen gelingen, sie dazu zu bringen, länger arbeiten zu wollen. Dies kann nicht ohne grundlegende Betrachtung der Arbeitsbedingungen gehen.

Referenzen

[1] Hasselhorn HM, Ebener M. Frühzeitiger Ausstieg der Babyboomer aus dem Erwerbsleben – Ergebnisse der lidA-Studie. Deutsche Rentenversicherung 2023;02:152-174. DOWNLOAD https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Zeitschriften/DRV_Hefte_deutsch/2023/ausgewaehlter_artikel_heft_2_hasselhorn_ebener.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Herr Prof. Hans Martin Hasselhorn
Bergische Universität Wuppertal, Fachgebiet Arbeitswissenschaft, Wuppertal
Hans Martin Hasselhorn ist Facharzt für Arbeitsmedizin und seit September 2015 Inhaber des Lehrstuhls für Arbeitswissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal. Er hat in Freiburg und Göteborg Humanmedizin studiert, von 1992 bis 1997 am Universitätsklinikum Freiburg gearbeitet und ist von 1997 bis 1999 als Marie-Curie-EU-Stipendiat am Karolinska Institute in Stockholm in der Arbeitsstressforschung tätig gewesen. Von 1999 bis 2009 war er an der Bergischen Universität Wuppertal im Bereich Arbeitsmedizin tätig, danach leitete er den Forschungsfachbereich „Arbeit und Gesundheit“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Berlin. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt ist heute der Themenkomplex „Arbeit, Alter, Ge-sundheit und Erwerbsteilhabe“. Zu den von ihm initiierten Forschungsprojekten zählen die Europäischen NEXT-Studie (www.next-study.net) sowie die deutsche Alterskohortenstudie lidA („leben in der Arbeit“, www.lidA-studie.de). Von 2014 - 2015 koordinierte er das internationale Projekt “Understanding Employment Participation of Older Workers”, JPI UEP (http://www.jp-demographic.eu/about/fast-track-projects/understanding-employment).
4
Einleitung

Der Begriff „Basisarbeit“ (BA) steht für Erwerbstätigkeit, die im Gegensatz zur qualifizierten Facharbeit ohne formale Qualifikation ausgeübt werden kann. In Deutschland sind bis zu einem Viertel aller Beschäftigten in BA tätig. Während BA bei jungen Beschäftigten die Funktion einer Übergangsbeschäftigung bis zur Aufnahme qualifizierter Arbeit einnehmen kann, stellt sie bei älteren Beschäftigten oft eine unfreiwillige Beschäftigungsphase bis zum Erreichen des Rentenalters dar. Diese Studie stellt Arbeit, Gesundheit und Erwerbstätigkeit bei älteren Beschäftigten bei zwei Ausprägungen von BA [Level 1 (BA-1): kurze Einweisung am Arbeitsplatz reicht, Level 2 (BA-2): längere Einarbeitung im Betrieb erforderlich] im Vergleich zu Nicht-Basisarbeitenden (N-BA) dar.

Methode

Daten der 4. Erhebungswelle (2022/23) der deutschen repräsentativen lidA-Studie (www.lida-studie.de) werden verwendet. lidA ist eine prospektive Kohortenstudie, in der Arbeit, Gesundheit und Erwerbsteilhabe älterer Beschäftigter untersucht werden. In Welle 4 wurden 8.884 Personen aus drei Geburtsjahrgängen (1959: 63 J., 1965: 57 Jahre, 1971: 51 Jahre) befragt. Deskriptive Analysen wurden durchgeführt.

Ergebnisse

Von 7279 Erwerbstätigen gehörten 613 Personen (8.4%) zu BA-1 und 1038 (14.3%) zu BA-2. Die Gruppe der N-BA machte 5628 Beschäftigte (77.3%) aus. BA-1 waren häufiger Frauen (66% vs. 52% in N-BA), älter, ohne berufliche Qualifikation, Single, in Teilzeit sowie in kleineren Unternehmen beschäftigt. Das Muster der BA-2 entsprach eher dem der N-BA.
BA-1 zeigte ungünstigere Arbeitsexpositionen (Ausnahme: quantitative Anforderungen). Trotz selbstberichteter schlechterer Gesundheit und geringerer körperlicher Arbeitsfähigkeit wollte diese Gruppe im Mittel am längsten erwerbstätig bleiben, was auf häufig geringe finanzielle Ressourcen zurückgeführt werden kann. BA-1 fühlte sich zu einem geringeren Grad gesellschaftlich respektiert.

Schlussfolgerungen

In Deutschland stellt BA-1 eine Risikogruppe für gesellschaftliche Ausgrenzung dar, nicht zuletzt in Zeiten verlängerter Lebensarbeitszeit. Unerwartet war, dass das Muster der BA-2 eher dem der N-BA entsprach als dem der BA-1. Eine differenziertere Sicht legt nahe, dass bei BA manche – oft männerdominierte – Tätigkeiten eher relativ günstigere Umstände aufweisen (z. B. Zustellung und Innenausbau), während bei anderen - oft frauendominierten - Tätigkeiten (z. B. Reinigung, Hotel/Gastronomie) ungünstige Umstände und Risiken akkumulieren.

Referenzen

[1] Hasselhorn HM, Müller BH. Basisarbeit bei älteren Beschäftigten in Deutschland – eine Übersicht. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft 2023, angenommen zur Publikation, 10/2023.
Herr Prof. Hans Martin Hasselhorn
Bergische Universität Wuppertal, Fachgebiet Arbeitswissenschaft, Wuppertal
Hans Martin Hasselhorn ist Facharzt für Arbeitsmedizin und seit September 2015 Inhaber des Lehrstuhls für Arbeitswissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal. Er hat in Freiburg und Göteborg Humanmedizin studiert, von 1992 bis 1997 am Universitätsklinikum Freiburg gearbeitet und ist von 1997 bis 1999 als Marie-Curie-EU-Stipendiat am Karolinska Institute in Stockholm in der Arbeitsstressforschung tätig gewesen. Von 1999 bis 2009 war er an der Bergischen Universität Wuppertal im Bereich Arbeitsmedizin tätig, danach leitete er den Forschungsfachbereich „Arbeit und Gesundheit“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Berlin. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt ist heute der Themenkomplex „Arbeit, Alter, Ge-sundheit und Erwerbsteilhabe“. Zu den von ihm initiierten Forschungsprojekten zählen die Europäischen NEXT-Studie (www.next-study.net) sowie die deutsche Alterskohortenstudie lidA („leben in der Arbeit“, www.lidA-studie.de). Von 2014 - 2015 koordinierte er das internationale Projekt “Understanding Employment Participation of Older Workers”, JPI UEP (http://www.jp-demographic.eu/about/fast-track-projects/understanding-employment).
5
Einleitung: Der Anstieg älterer Arbeitnehmende und die sedentäre Lebensweise fordert zielgruppenspezifische Ansätze der Gesundheits- und Bewegungsförderung. Körperliches Training hat positive Gesundheitsauswirkungen, allerdings werden klassische Angebote mangels Zeit oder Motivation wenig wahrgenommen. Als vielversprechender Ansatz integriert das LiFE-Programm mit minimalem Zeitaufwand gezielt Kraft- und Gleichgewichtsübungen in den Alltag. Die Nachfrage nach Programmen am Arbeitsplatz mit nachhaltiger Implementierung ist hoch. Ziel dieser Studie war es das für ü55-jährige entwickelte work-LiFE-Programm (1) hinsichtlich verschiedener Bestandteile auszuwerten, (2) hinsichtlich der Teilnehmendensicht zu evaluieren und (3) Impulse zur Programmweiterentwicklung zu gewinnen.
Methoden: Um die zugrundeliegende Forschungsfrage, wie die Teilnehmenden die Bestandteile von work-LiFE fanden zu beantworten, wurde die Methode der Fokusgruppe gewählt. Es wurden zwei Fokusgruppen mit jeweils vier Teilnehmenden durchgeführt. Der Interviewleitfaden für die Diskussion wurde aus der Literatur ausgewählt und vom Programmmaterial abgeleitet. Mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) wurden die Fokusgruppen ausgewertet. Die Aussagen der Teilnehmenden wurden vorher festgelegten Kategorien zugeordnet, um eine inhaltliche Strukturierung zu generieren.
Ergebnisse: Zur inhaltlichen Strukturierung des Materials wurden die Aussagen der Teilnehmenden drei übergeordneten Kategorien zugeordnet: Gesamtprogramm (64), Programminhalt (134) und Verhaltensänderung (115). Die Bestandteile des work-LiFE-Programmes wurden von den Teilnehmenden unterschiedlich bewertet. Als mögliche Optimierungsvorschläge wurden die Anpassung des Übungsrepertoires, die Digitalisierung des Dokumentationsprozesses, die Einbeziehung von Oberkörperübungen und eine Überarbeitung des Teilnehmerhandbuchs empfohlen.
Schlussfolgerung/ Diskussion: Die Evaluation des Work-LiFE Programms war erfolgreich und die Auswertung zeigt ungeachtet der Limitationen, dass das neu entwickelte work-LiFE-Programm für ältere Arbeitnehmende im Arbeitsalltag umsetzbar ist. Die Evaluation bildet die Grundlage für Anpassungen und Optimierungen in den einzelnen Bereichen des Programms und belegen großes Potential für die Weiterentwicklung von work-LiFE.
Frau Diana Pfister
Universität Konstanz, Konstanz
6
Einleitung
Seit 2012 wird die sog. Regelaltersgrenze für die Jahrgänge ab 1947 schrittweise über das Alter 65 hinaus angehoben. Sie beträgt im Jahr 2023 für den Jahrgang 1957 bereits 65 Jahre und 11 Monate. Damit ist eine neue Zielgruppe in den Wirkungsbereich der Rente wegen Erwerbsminderung gekommen: Menschen ab dem 65. Geburtstag.
Wie lässt sich Erwerbsminderungsrente unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen quantifizieren und im Zeitverlauf untersuchen?

Methoden
Datenquelle dieser Analyse ist eine Sonderauswertung der Deutschen Rentenversicherung Bund zum Bestand an Alters- und Erwerbsminderungsrenten bei Wohnsitz in Deutschland 2012 bis 2022. Diese Datenquelle ermöglicht neben Absolutzahlen auch eine Prävalenzberechnung mit Bezug auf den Bevölkerungsstand in Deutschland. Beginn und Dauer von Alters- und Erwerbsminderungsrente im Lebensverlauf ab 60 Jahren werden mit amtlichen Sterbetafeln und der Sullivan-Methode [1] berechnet.

Ergebnisse
Ende 2012 bezogen weniger als 77.178 Menschen im Alter 64 oder älter Rente wegen Erwerbsminderung. Ende 2022 waren es bereits 232.368 Menschen, also etwa eine Verdreifachung im Laufe von 10 Jahren. Die Prävalenz von Erwerbsminderungsrente bei den 64- bzw. 65-Jährigen stieg zum Ende 2022 auf 10% der in Deutschland lebenden Männer und auf 11% der in Deutschland lebenden Frauen.
Im zehnjährigen Zeitraum stieg die Lebenserwartung 60-jähriger Männer und Frauen um jeweils 2 Monate. Der Aufschub von Alters- und Erwerbsminderungsrente (kombiniert) betrug im selben Zeitraum +11 Monate bei Männern und +5 Monate bei Frauen.

Schlussfolgerung / Diskussion
Rente wegen Erwerbsminderung kann man nur so lange bekommen, wie die Altersrente noch nicht greift. Spätestens ab der Regelaltersgrenze wird die Erwerbsminderung umgewandelt in Altersrente. Wegen der Anhebung der Regelaltersgrenze ist es daher unvermeidlich, dass mehr 64-Jährige und neuerdings auch 65-Jährige eine Erwerbsminderungsrente erhalten. Der Anstieg von Fallzahlen und Prävalenz von Erwerbsminderung in diesen Altersgruppen ist eindrucksvoll. Der allgemeine Aufschub von Renten in ein höheres Lebensalter wird dadurch jedoch nur wenig gedämpft.

Referenzen

[1]REVES (2020): Sullivan Manual, https://reves.site.ined.fr/fichier/s_rubrique/20182/sullivan_manual_jun2007.en.xls
Frau Dr. Dagmar Pattloch
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
Do
14 Mär
10:15 - 11:30
Vorträge
Förderung beruflicher Teilhabe
Raum: Hörsaal/Onlineraum 8 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Uta Ochmann und Daniela Ohlendorf
Beiträge:
1

Einleitung

Neben einer Vielzahl anderer Tätigkeiten gehören das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) sowie das Ziel der langfristigen Integration chronisch Kranker oder behinderter Beschäftigter [1] zum Handlungsfeld des Betriebsarztes.
Das BEM-Verfahren, in das der Betriebsarzt gemäß § 167 Abs. 2 S. 3 SGB IX einbezogen wird, dient der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, indem frühzeitig Bedarfe an Leistungen zur Rehabilitation erkannt und diese somit rechtzeitig eingeleitet werden können [2]. Damit ist das BEM ein Weg, wie der Betriebsarzt den Zugang zu Teilhabeleistungen ermöglichen bzw. unterstützen kann.

Zentraler Aspekt ist die medizinische Kompetenz des Betriebsarztes im Dialog mit behandelnden Haus-, Fach-, oder Klinikärzten. Wenngleich der behandelnde Arzt nach § 73 Abs. 2 Nr. 5 SGB V für die Verordnung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zuständig ist, können Betriebsärzte bei der Feststellung des Rehabilitationsbedarfes samt Beratung der Arbeitnehmer zu möglichen Leistungen sowie bei der Antragstellung unterstützend tätig werden. Im Rahmen der medizinischen Rehabilitation kann sich dies insbesondere bei der Auswahl geeigneter Hilfsmittel niederschlagen.
In Betracht kommen im Tätigkeitsbereich des Betriebsarztes daneben auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hier können mögliche Arbeitsplatzanpassungen ein zentrales Handlungsfeld sein. Aufgrund der Kenntnis möglicher Gefährdungen durch Einwirkungen am konkreten Arbeitsplatz, können Anpassungen nachhaltig und effektiv gestaltet werden.

Methoden

Auswertung aktueller Gesetzgebung, Rechtsprechung und juristischer Literatur

Ergebnisse

Insbesondere im Hinblick auf Hilfsmittel in der medizinischen Rehabilitation kann der Betriebsarzt individualisierte Vorschläge machen, die genau zur Arbeitsrealität des Rehabilitanden passen.
Zielen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf etwaige Arbeitsplatzanpassungen ab, kommt dem Betriebsarzt ebenfalls eine zentrale Rolle zu. So kann durch seine Expertise eine effektive und nachhaltige Arbeitsplatzanpassung vorgenommen werden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Betriebsärzte können Betroffenen den Zugang zu Teilhabeleistungen erleichtern. So können sie bei der Bedarfserkennung und Beantragung von Teilhabeleistungen unterstützen und damit eine wichtige Rolle einnehmen. Daneben könnte diskutiert werden, ob zu den Aufgaben auch eine Informationsvermittlung über mögliche ergänzende Leistungen wie Fahrkosten im Rahmen stufenweiser Wiedereingliederung gehören könnte.

Referenzen

[1] AfAMed, AME Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit, S. 8 f.
[2] Vgl. BAG, Urteil vom 7. September 2021, 9 AZR 571/20, juris Rn. 9.
Frau Linda Albersmann
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Halle (Saale)
2

Einleitung

Soziale Kompetenzen sind grundlegend für die erfolgreiche Kommunikation im Berufsleben. Fehlt es an entsprechenden Kompetenzen, kann es zu einer psychischen Beanspruchung kommen. Vor diesem Hintergrund können Beschäftigte bei Bedarf deutlich von einem Training sozialer Kompetenzen und damit einhergehenden Rollenspielen profitieren. Um die Akzeptanz für entsprechende Übungen zu gewährleisten, wurde ein Set arbeitsbezogener Situationsbeschreibungen mitsamt Verhaltensinstruktionen entwickelt [1, 2]. Ziel dieses Beitrags ist es, dieses Set konvergent zu validieren (Zusammenhänge zur beruflichen Resilienz, berufsbezogenen sozialen Unsicherheit und Ablehnungssensitivität).

Methoden

Es nahmen insgesamt 246 berufstätige Personen an der Online-Studie teil (77.6% weiblich, mittleres Alter: 39.75 Jahre). Die Befragten schätzten die Situationsbeschreibungen und Verhaltensinstruktionen hinsichtlich ihrer Umsetzungsschwierigkeit ein (0% bis 100%). Für die konvergenten Konstrukte kamen validierte Verfahren zum Einsatz (z.B. Ablehnungssensitivität: RSQ-9[3]).

Ergebnisse

Es ergaben sich erwartungskonforme Zusammenhänge zwischen den Schwierigkeitsbewertungen der arbeitsbezogenen Situationsbeschreibungen und den konvergenten Konstrukten. Befragte, denen soziale Situationen schwerer fielen, schätzten sich als weniger beruflich resilient, stärker sozial unsicher und ablehnungsensitiver ein.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das Set arbeitsbezogener Situationsbeschreibungen für das Training berufsbezogener sozialer Kompetenzen konnte erfolgreich konvergent validiert werden und eignet sich daher für ein berufsbezogenes Training sozialer Kompetenzen. Dadurch kann die Passung zwischen Beschäftigten und ihrem sozialen Umfeld nachhaltig gefördert werden.

Referenzen

[1] Arling
V, Kosmadaki M, Weber A, Slavchova V, Knispel J.
Förderung berufsbezogener sozialer Kompetenzen in der beruflichen
Rehabilitation: Entwicklung arbeitsbezogener Situationsbeschreibungen als
Trainingsgrundlage. In Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), 32.
Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium, Bd. 128 (S. 303-305). Hannover:
DRV-Schriften. 2023.
[2] Knispel J., Kosmadaki M, Weber A, Slavchova V, Arling V. Training von berufsbezogenen sozialen Kompetenzen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement - Entwicklung eines Inventars arbeitsbezogener Situationsvignetten. Betriebliche Prävention, 12, 519-523. 2022.
[3] Staebler K, Helbing E, Rosenbach C, Renneberg B. Rejection sensitivity and borderline
personality disorder. Clinical psychology & psychotherapy, 18(4), 275–283. 2011.
Frau Viktoria Arling
RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Aachen
3

Einleitung

Menschen reagieren im Sinne des Belastungs-Beanspruchungs-Modells [1] unterschiedlich auf beruflichen Stress. Resilienz kann als psychische Widerstands- bzw. Anpassungsfähigkeit dabei helfen, besser mit Stress umzugehen [2]. Zur Identifikation von Trainingsbedarfen ist die Diagnostik von Resilienz grundlegend. Bestehende Resilienz-Fragebögen erfassen die psychische Widerstandsfähigkeit oft ohne Berufsbezug und nur eindimensional-global. Ziel der vorliegenden Studie war es, aufbauend auf einem 7-Säulen-Modell der Resilienz einen mehrdimensionalen und beruflich orientierten Fragebogen zu entwickeln und zu validieren [3].

Methoden

Die Autor:innen entwickelten einen Itempool auf Basis des 7-Säulen-Modells. Es füllten insgesamt 906 berufstätige Personen den Online-Fragebogen aus (Geschlecht: 615 weiblich, 285 männlich, 6 divers; Alter: AM = 38.98 Jahre, SD = 13.58 Jahre). Zur Überprüfung der Skalenstruktur kamen konfirmatorische Faktorenanalysen über das R-Package „lavaan“ [4] zum Einsatz. Die Bewertung der Modellgüte erfolgte auf Basis der konservativen Bewertung von Modellfit-Parametern (CFI > .95, RMSEA < .05, SRMR < .05) [5].

Ergebnisse

Die 30-Item-Skala wies für die angenommene Struktur der sieben Säulen eine sehr gute Modellpassung in der konfirmatorischen Faktorenanalyse auf (CFI = .95, RMSEA = .039 [90% KI: .037-.042], SRMR = .042). Der Modellfit einer einfaktoriellen Alternative erwies sich als unzureichend, was die Gültigkeit des 7-Faktor-Modells unterstreicht. Darüber hinaus ergaben sich in einer Teilstichprobe im Sinne der konvergenten Validität erwartungskonforme Zusammenhänge der Facetten der beruflichen Resilienz zum arbeitsbezogenen Erleben (höhere wahrgenommene Führungsqualität, mehr positive und weniger negative Kontakterfahrungen mit Vorgesetzten, weniger stark empfundene Arbeits- und Berufsbelastung und besseres Betriebsklima). Darüber hinaus gilt: Je höher die berufliche Resilienz, desto besser wurde das individuelle Wohlbefinden bewertet.

Schlussfolgerung / Diskussion

Mit der neu entwickelten RB-30-Skala liegt ein ökonomischer, faktoriell valider und differenzierter Fragebogen zur Erfassung der beruflichen Resilienz vor. Diese kann im Rahmen von Trainingsmaßnahmen zum Einsatz kommen (Bedarfsfeststellung, Prä-Post-Messung).

Referenzen

[1] Neuner R. Grundlagen. In: Psychische Gesundheit bei der Arbeit. Springer Gabler, Wiesbaden. 2016.
[2] Liu JJW, Ein NJ, Battaion M, Reed M. Comprehensive meta-analysis of resilience interventions. Clinical Psychology Review, 82, 1-12. 2020.
[3] RUV. Die 7 Säulen der Resilienz: So meistern Sie Herausforderungen im Leben. https://www.ruv.de/gesundheit/resilienz-staerken. 2023.
[4] Rosseel Y. lavaan: An R Package for Structural Equation Modeling. Journal of Statistical Software, 48(2), 1–36. 2012.
[5] Hu LT, Bentler PM. Cutoff criteria for fit indexes in co-variance structure analysis: Conventional criteria versus new alternatives. Structural Equation Modeling, 6(1), 1–55. 1999.
Herr Dr. phil. Jens Knispel
RWTH Aachen, Institut für Psychologie, Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie, Aachen
Do
14 Mär
14:15 - 15:45
Vorträge
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)
Raum: Hörsaal/Onlineraum 8 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Andreas Tautz und Nils Balser
Beiträge:
1

Einleitung

Einige Studien identifizierten bereits mögliche soziodemografische und -ökonomische Einflussfaktoren auf Angebot bzw. Teilnahme an Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF). In der vorliegenden Analyse soll im Gegensatz dazu der Versuch unternommen werden, mögliche Determinanten für eine Nicht-Inanspruchnahme von angebotener BGF in einer repräsentativen Stichprobe der deutschen Bevölkerung differenzierter zu untersuchen.

Methoden

Grundlage bildet der bevölkerungsrepräsentative Datensatz „Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA) 2014/2015-EHIS“ des Robert-Koch Institutes. Dies ist unseres Wissens nach der einzige Datensatz, der bevölkerungsrepräsentativ die Inanspruchnahme der BGF-Maßnahmen untersucht hat. Berücksichtigt für deskriptive und multivariable Verfahren (logistische Regression) wurden im Arbeitsleben stehende 18-64jährige Befragte, welchen mindestens eine BGF-Maßnahme angeboten wurde (n = 7.912). Folgende BGF-Maßnahmen wurden berücksichtigt: Rückengesundheit (insgesamt angeboten: 25,8 % / davon teilgenommen: 21,60 %), Betriebssport (23,3 %/25,24 %), gesundes Kantinenessen (31,9 %/63,54 %), Beratung hinsichtlich gesunder Ernährung (21,2 %/41,31 %), Stressmanagement (22,4 %/29,56 %), Gesprächskreise (10,4 %/36,11 %), Mobbing (19,6 %/16,36 %) sowie die finanzielle Unterstützung für externe Angebote (15,5 %/29,39 %).

Ergebnisse

Die Wahrscheinlichkeit der Nicht-Teilnahme wurde u.a. durch höheres Alter der befragten Personen signifikant erhöht (OR: 1,30 - 1,92, p: <0,001 - 0,033). Ein signifikanter aber unterschiedlicher Einfluss für verschiedene Maßnahmen zeigte sich auch bei Geschlecht (OR: 0,49 - 1,84, p: <0,001 - 0,043) sowie der objektiven bzw. subjektiven Einschätzung der sozio-ökonomischen Statusgruppe (OR: 0,76 – 4,56, p: <0,001 – 0,041). Lebensstilfaktoren wie Rauchen, Alkohol, Bewegung und Ernährung oder das Gewicht (außer bei Rückengesundheit!) scheinen dagegen eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Analysen zum differenziellen Angebot verschiedener Maßnahmen sowie zur Relevanz von und Änderung der Zusammenhänge durch Mehrfachteilnahme werden ebenfalls präsentiert.

Schlussfolgerung / Diskussion

Es können signifikante sozio-demographische und -ökonomische Einflussfaktoren für die Nicht-Teilnahme an Maßnahmen der BGF identifiziert werden. Die Ergebnisse können daher als Grundlage zur Optimierung des Angebotes von BGF-Maßnahmen dienen, so dass mehr Beschäftigte davon erreicht werden und gesundheitlich profitieren können.
Frau Birgit Pache
Hochschule München, München
2
Einleitung: Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) wurde ab 2016 in den Dienststellen implementiert und dient u.a. der Sicherung und Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Verbesserung des Gesundheitszustands der Beschäftigten. Um das Angebot an BGM-Maßnahmen in den Bereichen der Verhältnis- und Verhaltensprävention ausgestalten zu können, ist es zentral, den Bedarf und die Ist-Situation an den einzelnen Dienststellen zu kennen. Im Rahmen der Mitarbeitendenbefragung AIGScreenBw erfolgt eine Ist-Situationserhebung, mittels welcher BGM-Maßnahmen bedarfsorientiert und situationsorientiert geplant und implementiert werden können.

Methoden: Für die Analyse liegen die Daten von 596 Beschäftigten vor, die in den Jahren 2022/23 an sieben Dienststellen im Geschäftsbereich des BMVg erhoben wurden. Über je ein Item zu den BGM-Bereichen Ernährung, Bewegung, Sucht(-prävention), Stress(-prävention), Führung/Organisation sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz werden die Bedarfe/Wünsche an Angeboten erhoben. Zusätzlich wird über das Freitextfeld „Möchten Sie uns noch etwas zum BGM mitteilen? Was wünschen Sie sich im Rahmen des BGM?“ detaillierter der Bedarf/die Wünsche hinsichtlich des BGM erhoben.

Ergebnisse: 79,4% der Befragten geben an, gerne mehr für ihre Gesundheit tun zu wollen und hierfür auch Angebote des BGM nutzen zu wollen. Speziell Angebote während der Arbeitszeit würden 79,9% der Befragten wahrnehmen. Am häufigsten wird der Wunsch nach Maßnahmen in den Bereichen Ernährung (41,4%), Führung/Organisation (37,8%) und Stress(-prävention) (36,9%) genannt. In den Freitextfeldern geben die Befragten verstärkt den Wunsch eines erweiterten Bewegungs-Angebots im Rahmen des BGM (Yoga, Ganzkörpertraining uvm.), aber auch eines Angebots im Bereich der Stressprävention und Ergonomie, an. Insbesondere wünschen sich die Befragten die stärkere Förderung/Unterstützung der Teilnahme an BGM-Angeboten durch Vorgesetzte.

Ausblick: Erhöhte Arbeitszufriedenheit, Leistungsbereitschaft und Betriebsloyalität können unter anderem durch den Einsatz verschiedener BGM-Maßnahmen gefördert werden. Um dies zu erzielen ist es essentiell, das Angebot bedarfsorientiert und zielgruppenspezifisch zusammenzustellen, um die positiven Effekte zu maximieren. Hierzu geben die hier dargestellten Ergebnisse einen Einblick in Motivatoren, aber auch spezifische Wünsche an Maßnahmen, um die Effizienz eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements steigern zu können.
Frau Aline Wege
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
3

Einleitung

Die Mehrheit aller Beschäftigten weltweit ist in Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit weniger als 250 Beschäftigten tätig. Im Vergleich zu größeren Unternehmen verfügen KMU oftmals über geringere personelle und finanzielle Ressourcen, um Vorgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erfüllen. Unabhängig von der Größe eines Unternehmens ist Führungsverhalten ein wichtiger Faktor, der die Gesundheit der Beschäftigten beeinflusst. Ziel des integrativen Reviews ist es, den aktuellen Forschungsstand zur Umsetzung von Arbeits- und Gesundheitsschutz in KMU mit Blick auf die Rolle von Führungskräften zu beschreiben und möglichen Forschungsbedarf aufzuzeigen.

Methoden

Wir führen das systematische integrative Literaturreview gemäß der PRISMA-Checkliste durch. Das Review ist bei Open Science Framework (OSF) registriert. Die Recherche mittels PCC-Schema (population: Führungskräfte, concept: Arbeits- und Gesundheitsschutz, context: KMU) in Pubmed, PsycINFO, Cochrane und Business Source Premier lieferte im Sommer 2023 ohne Duplikate 3516 Treffer.

Ergebnisse

Im Titel- und Abstractscreening wurden 3400 Artikel in Nicht-KMU und außereuropäischen Unternehmen ausgeschlossen; derzeit sind 116 Artikel in die Volltextanalyse einbezogen. Die gemeinsame Grundlage der eingeschlossenen Studien bildet die europäische Rahmenrichtlinie für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit. Die einbezogenen Studien stammen vor allem aus nordeuropäischen Ländern. Meistens werden qualitative Forschungsmethoden angewandt. Die bisherige Auswertung zeigt, dass Studien zur Umsetzung von Maßnahmen im Arbeits- und Gesundheitsschutz einerseits die Perspektive von Führungskräften in KMU wiedergeben und andererseits die Sicht von Beschäftigten und Sicherheitsbeauftragten zur Rolle von Führungskräften im Arbeits- und Gesundheitsschutz darstellen. Förderliche Faktoren für die Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen in KMU sind ein ausgeprägtes Engagement von Führungskräften auf allen Ebenen, eine Kombination verschiedener präventiver Maßnahmen sowie ein generell hohes Risikobewusstsein im Unternehmen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Insgesamt wird bei Betrachtung des Forschungsstands deutlich, dass in jüngster Zeit zunehmend mehr Studien in KMU durchgeführt wurden. Im Zuge der Datenextraktion und der laufenden Analyse entwickeln wir ein Mapping, um die aktuelle Forschungslandschaft zu visualisieren und Forschungslücken im Bereich der Umsetzung von Arbeits- und Gesundheitsschutz in KMU zu identifizieren.

Referenzen

Finanzierung: Es handelt sich um ein Eigenforschungsprojekt des IASV. Dieses
erhält eine institutionelle Förderung durch den Verband der Metall- und
Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. (Südwest-Metall). J.S.-K.'s sole
permanent employment relationship is with the Landkreis Reutlingen (public
health department). She also declares no conflict of interest.
Frau Anna Neunhöffer
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
4

Einleitung

Die Arbeitswelt ist gekennzeichnet durch Entwicklungen hin zu demokratischem, digitalem, flexiblem und agilem Arbeiten. Besonders die räumliche Flexibilisierung der Arbeit (z.B. Homeoffice) stellt Beschäftigte wie auch Entscheidungsträger:innen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) vor Herausforderungen. Diese Arbeitsformen werden im Folgenden unter dem Begriff New Work (NW)- Arbeitssettings zusammengefasst.

Das Projekt BGM4NewWork am Institut für Arbeitsmedizin der Charité Universitätsmedizin Berlin befasst sich mit NW-Arbeitssettings und Zusammenhängen mit der Gesundheit und daraus resultierenden Anforderungen an das BGM. Es werden dazu Zusammenhänge verschiedener Merkmale von NW-Arbeitssettings mit der Gesundheit untersucht. Eine besondere Herausforderung für das BGM stellt das Arbeiten im Homeoffice dar. Untersucht wird daher, wie diese Beschäftigtengruppe bestehende Angebote nutzt sowie welche Wünsche bezüglich Anpassungen bestehen.
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Methoden

Es wurde eine explorative Mixed-Method-Studie durchgeführt. Für die quantitative Befragung wurden 528 Beschäftigte (18-65 J.) eingeschlossen, die deutschlandweit rekrutiert wurden. Der Fragebogen umfasste demografische Merkmale, Angaben zum Arbeitsplatz, zur Gesundheit sowie zur Inanspruchnahme und zu Wünschen zum BGM. Für die qualitative Befragung wurden 12 Entscheidungsträger: innen (Führungskräfte, Betriebsräte, etc.) und 12 Beschäftigte zu Belastungen und Ressourcen in NW-Arbeitssettings interviewt.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass NW-Arbeitssettings signifikant mit der Gesundheit (z.B. Burnout) zusammenhängen. In den Interviews diskutierten Entscheidungsträger:innen und Beschäftigte Risiken und Chancen von Homeoffice, welche Belastungen sie erleben und welche Ressourcen die Arbeit erleichtern. In der Gruppe der im Homeoffice Arbeitenden zeigten sich signifikante Unterschiede bei der Inanspruchnahme und den Wünschen hinsichtlich betrieblicher Angebote zur Förderung der Gesundheit und zum Arbeitsschutz. Diese Gruppe nimmt Angebote signifikant weniger in Anspruch als vollständig vor Ort oder hybrid arbeitende Beschäftigte.

Schlussfolgerung / Diskussion

Es zeigt sich, dass NW-Arbeitssettings mit der Gesundheit von Beschäftigten assoziiert sind. Darüber hinaus zeigen sich deutliche Unterschiede bezüglich der Inanspruchnahme von BGM und Veränderungswünschen zwischen Personen, die im Homeoffice arbeiten verglichen mit Beschäftigten vor Ort. Chancen und Risikofaktoren im Homeoffice werden diskutiert und Handlungsempfehlungen für das BGM abgeleitet.

Frau Carla Rinne
Institut für Arbeitsmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin
Frau Anna-Sophia Wawera
Institut für Arbeitsmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin
5

Einleitung

Bei Befragungen mit dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) kann ein optionales Zusatzmodul zu Angeboten der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) integriert werden. Anhand der Ergebnisse können Betriebe ihr BGF gezielt auf die Mitarbeiter:innenwünsche hin auf- oder ausbauen.

Methoden

Der COPSOQ ist ein psychometrisch validiertes und weit verbreitetes Instrument zur Messung psychosozialer Faktoren am Arbeitsplatz (1). Das Zusatzmodul zur BGF der FFAW besteht aus einer Liste von elf Angebotsvorschlägen für verhältnis- und verhaltensbezogene Maßnahmen plus einem Freitextfeld für eigene Vorschläge. Befragte sind aufgefordert, jeweils anzugeben, woran sie Interesse hätten. Die Analyse basiert auf Angaben von 14.433 Beschäftigten aus 24 Betrieben, die zwischen 2019 und 2023 mit dem COPSOQ inklusive Zusatzmodul BGF befragt wurden.

Ergebnisse

Die Angebote von „Gesundheits-Check-ups“, von „Entspannungstechniken“ und zur „Ergonomie am Arbeitsplatz“ stoßen insgesamt mit je 55-57% auf das größte Interesse. Deutlich weniger mit je 30% werden Angebote zu „Mobbing-Prävention/Fairness am Arbeitsplatz“ oder zu „sozialer- und psychologischer Beratung“ gewünscht.
Es gibt es aber deutliche Unterschiede in den Präferenzen nach Betrieben und nach soziodemographischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht oder Position im Betrieb.
Weiter zeigen sich Zusammenhänge zwischen Belastungsfaktoren des COPSOQ und gewünschten Themen, so korreliert z.B. der Faktor „Entgrenzung der Arbeit“ positiv mit dem Wunsch nach einem Angebot zur „Führungskräfteentwicklung“ (r = 0.28, p < .001).

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Erhebung der Wünsche der Beschäftigten erleichtert den Betrieben den Aufbau eines nachfrageorientierten und zielgruppengenauen Angebots von BGF-Maßnahmen. Die Kenntnis von Zusammenhängen von Belastungen und gewünschten BGF-Maßnahmen durch die gleichzeitige Abfrage mit COPSOQ kann dazu genutzt werden, Angebote gezielt zur Belastungsminimierung einzusetzen. Zur Qualitätssicherung sollte nach der Umsetzung der BGF-Maßnahmen deren Wirksamkeit in Wiederholungsbefragungen evaluiert werden.

Referenzen

1.     [1] Lincke
H-J, Vomstein M, Lindner A, Nolle I, Häberle N, Haug A, Nübling M. COPSOQ III
in Germany: validation of a standard instrument to measure psychosocial factors
at work. J Occup Med Toxicol 2021; 16(1):50.
Herr Dr. Matthias Nübling
FFAW: Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH, Freiburg
6

Einleitung

Führungskräfte in kleinen und mittleren Unternehmen sind aufgrund der betrieblichen Organisationsstrukturen mit spezifischen Belastungsfaktoren wie Mehrfachrollen, langen Arbeitszeiten und Sandwich- bzw. Alleinentscheidungspositionen konfrontiert, die häufig mit einer erhöhten Stressbelastung uns Stressfolgeerkrankungen assoziiert sind. Führungskräfte nehmen bei der gesundheitsbezogenen Gestaltung des Arbeitsplatzes eine zentrale Rolle ein, da sie durch ihr Führungsverhalten die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maßgeblich beeinflussen. Insgesamt soll diese Übersichtsarbeit einen Beitrag zur Entwicklung evidenzbasierter Strategien zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Führungskräften in KMU leisten.

Methoden

Es wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, die Publikationen aus den Jahren 2002 bis 2023 in PubMed, PsycInfo und Business Source Premier umfasste. Die PICO-Methode (Population, Intervention, Comparison, Outcome) wurde verwendet, um Vorher-Nachher-Studien zu Stressmanagementinterventionen für Führungskräfte in KMU einzubeziehen. Das "Effective Public Health Practice Project Quality Assessment Tool“ wurde zur Bewertung der methodischen Qualität und des Risikos der Verzerrung der eingeschlossenen Studien verwendet.

Ergebnisse

Von den 3.150 identifizierten Publikationen wurden nach dem Screening N=6 Studien eingeschlossen. Die Studien unterschieden sich hinsichtlich des Inhalts (kognitive Verhaltenstherapie [CBT], Psychoedukation, gemischte Interventionen) und des Ansatzes (personen- und organisationszentriert). Nicht alle untersuchten Interventionen führten zu signifikanten Ergebnissen. CBT-basierte und individualisierte Ansätze zeigten einen positiven Trend zur Abnahme des psychosozialen Stresses von KMU-Führungskräften und zur Verbesserung ihres Wohlbefindens. Von den untersuchten Interventionen erweisen sich diejenigen, die direkt auf das Wohlbefinden der Führungskräfte abzielen, als wirksamer als solche, die indirekt auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter abzielen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse unterstreichen die begrenzte und heterogene Datenlage zu Interventionen für KMU-Führungskräfte und verweisen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von KMU-Führungskräften. Basierend auf dieser Übersichtsarbeit sollten Interventionen zur Prävention psychischer Belastung und Gesundheitsförderung bedürfnisorientierte, personalisierte Angebote mit einem Trend zu CBT-basierten Ansätzen bereitstellen
Frau Dr. Rebecca Erschens
Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Abt. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen
Do
14 Mär
16:00 - 17:30
Vorträge
Belastung und Beanspruchung in Gesundheitsberufen
Raum: Hörsaal/Onlineraum 8 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Albert Nienhaus und Dirk-Matthias Rose
Beiträge:
1
Hintergrund: Medizinische Fachangestellte (MFA) stellen eine der größten Berufsgruppen in der ambulanten Gesundheitsversorgung in Deutschland dar und erfüllen ein breites Spektrum an Aufgaben, die für die Qualität der Patient*innenversorgung von großer Bedeutung sind. Eine Übersichtsarbeit über psychosoziale Arbeitsbedingungen und die psychische Gesundheit von MFA fehlt jedoch bisher.

Ziel: Die vorhandene Evidenz zu den psychosozialen Arbeitsbedingungen und der psychischen Gesundheit von MFA in Deutschland systematisch zu identifizieren und zusammenzufassen. Folgende Forschungsfragen wurden untersucht: 1) Welche Methoden, Konzepte und Instrumente wurden zur Erfassung der psychosozialen Arbeitsbedingungen und der psychischen Gesundheit von MFA verwendet? 2) Welche Erkenntnisse liegen zu den psychosozialen Arbeitsbedingungen und der psychischen Gesundheit von MFA vor? und 3) Welche Forschungslücken gibt es?

Methoden: Wir führten eine systematische Suche in Medline, Scopus, CCMed und Google Scholar durch. Folgende Auswahlkriterien wurden verwendet: a) Sprache: Englisch oder Deutsch, b) Veröffentlichung zwischen 2002-2022, c) Originalstudie, d) Population: hauptsächlich MFA, e) Konzept: psychosoziale Arbeitsbedingungen und/oder psychische Gesundheit und f) Kontext: Deutschland.

Ergebnisse: Es wurden 827 Quellen identifiziert. Wir schlossen 30 Publikationen ein (19 quantitative, 10 qualitative und eine Mixed Methods Studie). Quantitative und Mixed Methods Studien berichten durchweg von einer hohe Arbeitszufriedenheit und bewerten Aspekte der Arbeitskontrolle und -anforderungen allgemein als positiv, während Belohnungsaspekte wie bspw. Gehalt oder Anerkennung von MFA als mäßig bis ungünstig wahrgenommen werden. Qualitative Studien berichten dagegen von geringer Kontrolle in bestimmten Arbeitsbereichen, hohen Anforderungen in Bezug auf Zeitdruck, Arbeitsbelastung und -intensität sowie dem Wunsch nach mehr Anerkennung. Soziale Interaktionen mit Patient*innen, Kolleg*innen und Vorgesetzten scheinen wichtige Ressourcen bei MFA zu sein. Nur acht Studien erfassen die psychische Gesundheit. Unter Verwendung etablierter Instrumente präsentierten sie heterogene Ergebnisse zu Angst, Burnout, Depression und Stress bei MFA. Studien deuten auf ungünstigere psychosoziale Arbeitsbedingungen und psychische Gesundheit speziell während der COVID-19-Pandemie hin.

Schlussfolgerungen: Quantitative Studien deuten tendenziell auf günstigere psychosoziale Arbeitsbedingungen unter MFA hin als qualitative Studien. Mixed Methods Studien könnten zur Erklärung dieser scheinbaren Inkonsistenzen beitragen. Weitere Forschung ist erforderlich, um zu beurteilen, inwiefern sich die psychosozialen Arbeitsbedingungen und psychische Gesundheit bei MFA nach der Pandemie (nachhaltig) verändert haben.
Frau Dr. Kira Schmidt Stiedenroth
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
2

Einleitung


Medizinische Fachangestellte (MFA) stellen die größte Berufsgruppe im ambulanten Versorgungssektor in Deutschland. Arbeitsstress von MFA während der COVID-19 Pandemie wurde bisher nur in einer Studie in der Frühphase der Pandemie im April 2020 untersucht. Das Ziel dieser Studie war zum einen die Bereitstellung aktualisierter Daten aus dem Jahr 2021 und zum anderen erstmals die Darstellung selbstberichteter Veränderungen der Arbeitsbedingungen von MFA durch die Pandemie.

Methoden


Follow-up Daten einer Kohortenstudie unter MFA wurden im Querschnitt analysiert (Baseline-Erhebung 2016/17, Follow-up 2021). Studienteilnehmende gaben ihre Zustimmung zu pandemiespezifischen Stressoren (9 Items, 4-Punkte Likert-Skala von ‚stimme voll zu‘ bis ‚stimme gar nicht zu‘) und bewerteten Änderungen ihrer Arbeitsbedingungen seit Beginn der Pandemie (8 Items, 11-Punkte Likert Skala von ‚stark zugenommen‘ bis ‚stark abgenommen‘).

Ergebnisse


Hauptstressoren waren die verstärkte Übernahme von Aufgaben des Infektionsschutzes (86,8% Zustimmung), der Zeitaufwand in Zusammenhang mit den SARS-CoV-2 Abstrichen (81,4%), die verstärkte Übernahme von Organisationsaufgaben (81,8%) und Frust der Patient*innen, der gegenüber den MFA ausgelassen wurde (81,6%). Laut den Teilnehmenden haben sich viele Arbeitsbedingungen seit Pandemiebeginn verändert, unter anderem berichteten MFA von einem starken Anstieg des Arbeitsaufkommens (83,0%) und der Komplexität der Arbeitsabläufe (81,6%). Etwas über die Hälfte (56,6%) der MFA berichteten von einem Rückgang ihrer Arbeitszufriedenheit.

Schlussfolgerung / Diskussion


Unsere Studie liefert aktualisierte Daten zum Arbeitsstress von MFA während der COVID-19 Pandemie. Diese zeigen hohe Zustimmungswerte zu pandemiespezifischen Stressoren und eine Verschlechterung diverser Arbeitsbedingungen seit Pandemiebeginn.
Frau Annegret Dreher
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
3
Einleitung
Die SARS-Cov2 Pandemie stellte Pflegekräfte und Medizinische Fachangestellte (MFA) weltweit vor große Herausforderungen in Form von psychischer und physischer Belastung. Die von der Initiative Gesund.Leben.Bayern. des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege geförderte Studie untersucht, welchen psychischen Belastungsfaktoren und Beanspruchungsfolgen Pflegekräfte und MFA während einer Pandemie ausgesetzt sind und welche Präventionsmaßnahmen/ Copingstrategien angewandt werden können.
Methoden
Es wurden einstündige qualitative halb-standardisierte Interviews mit Pflegekräften und MFA (n=20) durchgeführt. Ein Interviewleitfaden mit Fokus auf den Arbeitsalltag, das subjektive Erleben der Arbeit, erlebte Belastungen sowie bekannte Präventionsmaßnahmen und Copingstrategien wurde entwickelt. Die Audiodateien wurden in das Auswertungsprogramm MAXQDA 2020 importiert und transkribiert. Die Auswertung der Interviews anhand eines deduktiven und induktiven Codiersystems erfolgte im Rahmen der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring und Code-Relation Analysen.
Ergebnisse
Aus den Interviews konnten verschiedene Belastungsfaktoren (n=43) (z.B. Kontakt zu COVID-19-Patienten, Zugang zu persönlicher Schutzausrüstung) und Beanspruchungsfolgen (n=14) (z.B. kognitive Erschöpfung und Kündigungsabsicht) während der Pandemie sowie Präventionsmaßnahmen hauptsächlich auf der Verhaltensebene identifiziert werden. Eine Zunahme der Belastungsfaktoren vor der Pandemie (n=13) auf (n=43) während der Pandemie konnte festgestellt werden. Code-Relation Analysen deuten auf Zusammenhänge zwischen einigen Belastungsfaktoren (z.B. Zugang zu persönlicher Schutzausrüstung, Angst vor Ansteckung) und Beanspruchungsfolgen (z.B. kognitive und körperliche Erschöpfung) hin.
Schlussfolgerungen
Diese Studie untersucht arbeitsbezogene Belastungsfaktoren und Beanspruchungsfolgen bei Pflegekräften und MFA während einer Pandemie. Die Ergebnisse der Studie zeigen die Notwendigkeit von z.B. arbeitsorganisatorischen Maßnahmen und die Unterstützung adäquater Bewältigungsstrategien für Pflegekräfte und MFA. Deshalb wurde ein Leitfaden zur Prävention von Beanspruchungsfolgen aufgrund psychischer Belastungen in Pflege und Medizin konzipiert, der Pflegekräfte und MFA im Umgang mit Belastungsfaktoren und Beanspruchungsfolgen unterstützen soll, um eine Manifestation von Beanspruchungsfolgen zu verhindern.
Frau Isabella Mittermeier
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
4

Einleitung

Ungünstige Arbeitsbedingungen, unerfüllte berufsbezogene Wünsche und Berufsausstiege sind bei Medizinischen Fachangestellten (MFA) weit verbreitet und die COVID-19-Pandemie hat diese Probleme zusätzlich verschärft. Es ist unbekannt, ob bzw. welche psychosozialen Arbeitsbedingungen und berufsbezogenen Wünsche den Berufsausstieg unter MFA vorhersagen.

Methoden

Für die Analysen standen prospektive Daten von 456 MFA aus einer 4-Jahres-Kohortenstudie zur Verfügung (Baseline 2016/17, Nachbefragung 2021). Bei Baseline erfassten wir 1) psychosoziale Arbeitsbedingungen mithilfe des Effort-Reward Imbalance Fragebogens (17 Items) und eines MFA-spezifischen Fragebogens mit 29 Items kategorisiert in sieben Subskalen (z.B. Arbeitskontrolle, Zusammenarbeit, Praxisorganisation) sowie 2) berufsbezogene Wünsche mithilfe eines 12-Item Fragebogens mit drei Subskalen (z.B. Arbeitsbedingungen, Belohnung von Vorgesetzten, Selbstständigkeit). Bei der Nachbefragung gaben Teilnehmende an, ob sie weiterhin als MFA arbeiteten oder anderweitig beschäftigt waren. Anhand dieser Angabe wurde der Ausstieg aus dem MFA-Beruf operationalisiert (nein/ja). Assoziationen von kontinuierlichen (z-score) ungünstigen Arbeitsbedingungen und berufsbezogenen Wünschen mit einem Berufsausstieg wurden mit multivariabler log-binomialer Regression berechnet und mit relativen Risiken (RR) und deren 95%-Konfidenzintervallen dargestellt.

Ergebnisse

Bei der Nachbefragung (Rücklaufquote: 57%) gaben 408 Teilnehmende eine Beschäftigung als MFA und 48 Teilnehmende einen Ausstieg aus dem MFA-Beruf an. Psychosoziale Arbeitsbedingungen und berufsbezogene Wünsche, die in einem Zusammenhang mit sozialen Faktoren standen (z. B. schlechte Zusammenarbeit, Wunsch nach Belohnung durch den Vorgesetzten), sagten einen Berufsausstieg signifikant vorher (RR≥1,33). Psychosoziale Arbeitsbedingungen und berufsbezogene Wünsche, die Arbeitsanforderungen und Ressourcen abbildeten (z. B. hohes Arbeitspensum, geringe Arbeitsplatzkontrolle), waren schwach positiv, aber nicht signifikant mit einem Berufsausstieg assoziiert.

Schlussfolgerung / Diskussion

Wir fanden, dass insbesondere soziale Faktoren einen Ausstieg aus dem MFA-Beruf vorhersagen. Interventionen sollten auf diese Faktoren abzielen, um Berufsausstiegen unter MFA entgegenzuwirken.
Frau Viola Mambrey
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Center for Health and Society, Universität Düsseldorf, Deutschland, Düsseldorf
5

Einleitung

Am Beispiel des Migrationshintergrundes wird deutlich, dass mit verschiedenen Diversitätsmerkmalen bestimmte Pflegevorstellungen einhergehen. Um eine patient:innen- bzw. bewohnendenorientierte Pflege sicherzustellen, ist eine diversitätssensible Ausrichtung elementar. Mitarbeitende als tragende Säule in Gesundheitseinrichtungen nehmen hierbei eine wesentliche Rolle ein und müssen mit vielfältigen Geschlechtern, Kulturen, Sprachen oder Gewohnheiten umgehen. Die aktuell ausgewertete Erhebung widmet sich der Frage: Welche diversitätsspezifischen Herausforderungen ergeben sich für professionell Pflegende im Arbeitsalltag gegenüber Mitarbeitenden und Patient:innen bzw. Bewohnenden?

Methoden

Das Studiendesign basiert auf leitfadengestützten Interviews. Die selektive Stichprobe umfasste Pflege- und Betreuungsfachkräfte mit mehrjähriger Berufserfahrung in Gesundheits-, Pflege- bzw. Sozialeinrichtungen, die insb. über Erfahrungen in diversitätssensiblen Pflegekontexten und Teamkonstellationen verfügen. Die Interviews wurden zwischen 9 und 12/22 erhoben. Die Auswertung wurde mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2022) anhand der Dimensionen von Diversität (Gardenswartz & Rowe, 2023) durchgeführt.

Ergebnisse

Die Ergebnisse verdeutlichen, welche Herausforderungen im Pflegealltag insb. die Dimensionen Religion, körperliche Verfassung / Behinderung, Gewohnheiten und (Aus-)Bildung mit sich bringen. Diese umfassen zum einen die Mitarbeitendenebene (wie Interaktion und Konfliktlösung, vgl. Yilmaz-Aslan et al., 2021), die Prozessebene (bspw. Dienstplangestaltung) sowie die individuelle Ebene (Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben im Sinne einer Work-Life-Balance). In Bezug auf die Ebene Patient:innen-Mitarbeitende beinhaltet dies verstärkt religiöse Gebote und Rituale, Vorurteile im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung sowie eine patientengerechte Pflege trotz hoher Arbeitsbelastung.

Schlussfolgerung / Diskussion

Zur Diskussion gestellt wird die These, dass professionell Pflegende nur unzureichend kompetenzorientiert auf diversitätssensible Pflegekontexte vorbereitet sind. Eine der aktuellen, diversen Arbeitswelt gerecht werdende Organisations- und Personalentwicklung (Dreas, 2019) trägt dazu bei, Beschäftigte zu integrieren, pflegerische Tätigkeiten an den Bedürfnissen der Patient:innen und Bewohnenden auszurichten und in der Folge potenziellen Konflikten präventiv zu entgegnen. Entsprechende Handlungsempfehlungen werden im Rahmen der Posterpräsentation aufgezeigt.

Referenzen

[1] Dreas
SA (2019). Diversity Management in Organisationen der Sozialwirtschaft. Eine
Einführung. Springer VS.
[2]    Gardenswartz
L, Rowe A (2023). Why Gardenswartz & Rowe? Diversity is our
passion. Inclusion is critical to your business. Gardenswartz & Rowe https://www.gardenswartzrowe.com/why-g-r
[3]    Mayring
P (2022). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (13. überarb.
Aufl.). Julius Beltz.
[4]    Yilmaz-Aslan Y,
Aksakal T, Annaç K, Razum O, Özer-Erdoğdu I,
Teczan-Güntekin H et al. (2021). Diversität in der
Pflege am Beispiel von Menschen mit Migrationshintergrund. In M. Bonacker &
G. Geiger (Hrsg.), Migration in der Pflege: Wie Diversität und Individualisierung
die Pflege verändern (S. 155–171). Springer.
Herr Michel Hummel
Westsächsische Hochschule Zwickau, Zwickau
6
Einleitung: Die Ergebnisse einer qualitativen Vorstudie zeigten, dass Pflegeheime ihrem Personal verschiedene Unterstützungsmaßnahmen zur Bewältigung der Belastungen durch die Covid-19-Pandemie zur Verfügung stellten [1]. Die quantitative Folgestudie hat diese Unterstützungsmaßnahmen sowie weitere Faktoren wie Arbeitszufriedenheit erhoben.

Methoden: Zwischen Oktober und Dezember 2021 wurden 2.448 Fragebögen an 55 Alten-/Pflegeheime in Rheinland-Pfalz verschickt. Die Datenauswertung zum Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit (COPSOQ-Skala) und Unterstützungsmaßnahmen erfolgte deskriptiv und bivariat (T-Test).

Ergebnisse: Insgesamt haben 404 Pflegekräften den Fragebogen ausgefüllt (Rücklaufquote 16,5%). Die Mehrheit der Befragten (80%) waren Frauen. Das Durchschnittsalter der Pflegekräfte lag bei 43 Jahre. Der Mittelwert der COPSOQ-Arbeitszufriedenheitsskala (0 bis 100; hoch = positiv) betrug 57,3 (SD = 19,3; Range 0-100). Zu den TOP 3 Maßnahmen, die im Rahmen der Analyse einen mittelgradig starken Effekt zeigten (Cohen’s d zwischen 0,5-0,8 [2]) gehörten:
1. Regelmäßigen Informationen über Corona-Maßnahmen durch Vorgesetzte, berichtet von 89% der Befragten.
2. Fortbildungen/Schulungen zum Umgang mit Schutzausrüstung, genannt von 66% der Befragten.
3. Veränderungen in der Arbeitsorganisation, berichtet von 39% der Befragten.
Die Arbeitszufriedenheit war bei den Befragten, welche von diesen Maßnahmen berichteten, signifikant höher als bei den Befragten, die diese Maßnahmen verneinten (zu 1.: (t(354) = 4,663; p < 0,001; d = 0,78), zu 2.: t(348) = 5,613; p < 0,001; d = 0,63, zu 3.: t(332) = 5,565; p < 0,001; d=0,62).

Schlussfolgerung/Diskussion: Vor dem Hintergrund des Pflegekräftemangels muss der Arbeitszufriedenheit des Pflegepersonals in Pflegeheimen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, da bereits vor der Corona-Pandemie ein Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und der Absicht, den Beruf aufzugeben, festgestellt wurde [3]. Darüber hinaus zeigen internationale Studien einen Zusammenhang zwischen hoher Arbeitszufriedenheit und besserer Versorgungsqualität sowie höherer Patientenzufriedenheit [4]. Die Ergebnisse der Studie können im Kontext möglicher zukünftiger Krisensituationen, insbesondere für Pflegeheime, relevant werden.

Referenzen

[1] Diehl
E, Hiss D, Wege A, Hirschmüller A, Nienhaus A, Letzel S. Experiences of Nurses
in Nursing Homes during the COVID-19 Pandemic in Germany: A Qualitative Study.
Geriatrics (Basel) 2022. DOI: 10.3390/geriatrics7050094.
[2] Cohen
J. A power primer. Psychological Bulletin. 1992;112:155–9.
DOI: 10.1037/0033-2909.112.1.155.
[3] Lee J.
Nursing home nurses' turnover intention: A systematic review. Nurs Open.
2022;9:22–9. DOI: 10.1002/nop2.1051.
[4] Makowicz
D, Lisowicz K, Bryniarski K, Dziubaszewska R, Makowicz N, Dobrowolska B. The
impact of the COVID-19 pandemic on job satisfaction among professionally active
nurses in five European countries. Front Public Health 2022.
DOI: 10.3389/fpubh.2022.1006049.
Frau Dr. Elisabeth Diehl
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
Fr
15 Mär
08:30 - 09:45
Vorträge
Bildschirmarbeit
Raum: Hörsaal/Onlineraum 8 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Peter Kegel und Benjamin Steinhilber
Beiträge:
1

Einleitung

Das Institut für Lehrergesundheit (IfL) betreut die ca. 45.000 Bediensteten an staatlichen Schulen in Rheinland-Pfalz arbeitsmedizinisch und sicherheitstechnisch. Hierbei wird u.a. die arbeitsmedizinische Vorsorge bei Tätigkeit an Bildschirmgeräten seit 2021 in einem Pilotprojekt umgesetzt. In diesem Beitrag werden die verwendeten Arbeitsmittel sowie ergonomischen Auffälligkeiten und damit assoziierte Beschwerden dargestellt.

Methoden

Von November 2022 bis Ende 2023 wird die Online-Vorsorge bei Tätigkeiten an Bildschirmgeräten an 36 Pilotprojekt-Schulen angeboten. Zudem haben Bediensteten die Möglichkeit, über einen Antrag auf eine Bildschirmarbeitsplatzbrille bei ihrem Arbeitgeber an der Vorsorge teilzunehmen. Die Online-Vorsorge besteht aus einer standardisierten Anamnese, einem Erklärfilm zur Ergonomie am Bildschirmarbeitsplatz sowie einem Online-Sehscreening. Den Teilnehmenden der Pilotstudie wird außerdem ein Sehtest vor Ort in Anlehnung an die AMR 14.1 angeboten.

Ergebnisse

Bis zum 30.09.23 wurden 175 Vorsorgen in Form einer Online-Videosprechstunde durchgeführt (88 im Rahmen der Pilotstudie und 87 auf Antrag auf Bildschirmarbeitsplatzbrille). Den Großteil des Kollektivs bildeten zu 94% Lehrkräfte (n=164). Der Altersdurchschnitt des Kollektivs liegt bei 49,7 Jahren (27-65 Jahre) wobei 65% weiblich und 35% männlich sind. Durchschnittlich wurde eine tägliche Bildschirmarbeitszeit von 5,3 Stunden angegeben (3,2 Stunden in der Schule und 2,1 Stunden zu Hause). 60% der Beschäftigten (n=106) klagten u.a. über ein subjektiv unscharfes Sehen, 90% der Beschäftigten (n= 157) gaben körperliche Beschwerden im Zusammenhang mit der Bildschirmtätigkeit an. Hierzu zählten Schulter- und Nackenbeschwerden (65%), Rückenschmerzen (33%), Gelenkbeschwerden (13%), Beschwerden der Augen (52%) und andere Beschwerden wie u.a. Kopfschmerzen (30%). Die telemedizinische Vorsorge wurde im Rahmen der Evaluation (n=52) von 84% (n=44) positiv bewertet, nur 2% (n=1) waren mit der Vorsorge eher unzufrieden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die bisherigen Erfahrungen zeigen eine grundsätzliche Durchführbarkeit der arbeitsmedizinischen Vorsorge bei Tätigkeiten an Bildschirmgeräten via Online-Videosprechstunde. Als großer Vorteil zeigte sich der Einblick in die ergonomische Gestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes durch die Videosprechstunde und die Möglichkeit der direkten, arbeitsplatzbezogenen Beratung.
Herr Maximilian Letzel
Institut für Lehrergesundheit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
2
Einleitung
Nicht nur durch den Wandel in unserer Arbeitswelt, zugespitzt durch die SARS-CoV-2-Epidemie, werden zunehmend mehr Tätigkeiten an Bildschirmgeräten durchgeführt. In diesem Zusammenhang werden Beeinträchtigungen des Auges durch Tätigkeiten an Bildschirmgeräten diskutiert.

Methode
Entsprechend dem Studienprotokoll (PROSPERO [1]) wurde eine systematische Literaturrecherche 2010-2020 (Pubmed, Pilots, zusätzlich Handsuche, Science Citation Tracking in Google Scholar) mit Metaanalyse durchgeführt. Eingeschlossen waren Kohortenstudien, Querschnittsstudien und Fall-Kontrollstudien. Jeweils zwei Reviewer führten nach a priori festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien die Überprüfung der Titel, Kurzfassungen und Volltexte durch sowie die Datenextraktion. Als Outcome wurden verschiedene Augenerkrankungen sowie -beschwerden berücksichtigt. Die Risk of Bias-Bewertung (RoB) erfolgte entsprechend Romero Starke et al. 2020 [2]. Die Metaanalysen wurden nach dem Random-Effects-Modell durchgeführt. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz wurde mit dem GRADE-Verfahren [3] bewertet.

Ergebnisse
Mit der systematischen Suche wurden 7.532 Texte gefunden. Davon erfüllten 18 Querschnittsstudien die Einschlusskriterien; diese Studien wurden in die Metaanalyse aufgenommen, sieben davon wurden mit einem geringen RoB bewertet. Auf Ebene der Berufsuntergruppen konnten neun Analysen durchgeführt werden. Es zeigt sich mit zunehmender Bildschirmtätigkeit (h/d) ein zunehmendes Risiko für Computer Vision Syndrome: bei mittlerer Belastung zeigt sich ein um 29% erhöhtes Risiko, bei hoher Belastung ein um 39% statistisch signifikant erhöhtes Risiko. Dies Ergebnis ist auch differenziert nach Studien mit einem hohen oder niedrigen RoB darstellbar.

Fazit
Bildschirmtätigkeiten können das Risiko augenbezogener Beschwerden erhöhen. Auf Grund der geringen Anzahl qualitativ guter Studien ist weiterer Forschungsbedarf in Bezug auf Erkrankungen und Beschwerden am Auge sowie dringender Präventionsbedarf zu fordern.

Frau Dr. med. Gabriela Petereit-Haack MPH
Landesgewerbearzt Hessen, Wiesbaden
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Der Anteil der im Sitzen verbrachten Zeit nimmt bei vielen beruflichen Tätigkeiten stetig zu. Menschen verbringen bereits mehr als 50% der Wachzeit (>7Stunden), in Beruf, Freizeit oder beim Zurücklegen von Wegen, in sitzender Position. Diese als sedentär bezeichnete Verhaltensweise steht, speziell in ununterbrochenen Blöcken längerer Dauer, als eigenständiger Risikofaktor in Verbindung mit kardiometabolischen Erkrankungen, einem verminderten Wohlbefinden sowie der Gesamtsterblichkeit. Körperliche Aktivität und Fitness oder eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten könnten den nachteiligen Anpassungen bei längerem Sitzen entgegenwirken.

Diese Studie vergleicht die Effekte von körperlicher Aktivität, 1) vor Beginn einer vierstündigen sedentären Tätigkeit und 2) als aktive Unterbrechung der Sitzzeit, auf das subjektive Wohlbefinden (Aktiviertheit, Gehobene Stimmung, Besinnlichkeit, Ruhe, Ärger, Erregtheit, Deprimiertheit, Energielosigkeit), den Blutzucker und Insulinspiegel. Zusätzlich analysiert die Arbeit den Einfluss von Fitness und Kalorienzufuhr auf metabolische Veränderungen während vierstündiger sitzender Tätigkeiten.

Achtzehn Frauen unterzogen sich einem kardiopulmonalen Belastungstest (VO2max) und drei 4-stündigen Sitzphasen: zwei Interventionen (70% VO2max, 30 Minuten, Fahrradergometer: (1) Fahren vor dem Sitzen; (2) Sitzen unterbrochen durch 5 × 6 Minuten Radfahren) und eine Kontrollbedingung (Sitzen). Die Teilnehmer nahmen vor Beginn der Sitzphase eine Mahlzeit mit ad libitum Menge (Kalorienzufuhr, kcal) aber standardisierter Zusammenstellung und Makronährstoffanteil (Toastbrot, Käse, Marmelade; 51% Kohlehydrate, 35% Fett, 14% Proteine) zu sich.

Aktive Pausen (4057 ± 2079 μU/mL*min) reduzierten die Insulinwerte im Vergleich zu einer einzelnen Aktivitätseinheit mit gleicher Gesamtdauer (5346 ± 5000 μU/mL*min) und der Kontrollbedingung (6037 ± 3571 μU/mL*min) (p ≤ 0,05). Eine Kovarianzanalyse ergab moderierende Effekte der Kalorienzufuhr (519 ± 211 kcal) (p ≤ 0,01), aber nicht der VO2max (41,3 ± 4,2 ml/kg/min). Aktive Pausen führten zu einer geringeren Empfindung von Deprimiertheit bei gleichzeitig erhöhter Aktiviertheit während des Sitzens (p ≤ 0,05). Bewegung vor dem Sitzen erhöhte Empfindung von Ruhe (p ≤ 0,05).

Während nur die Bewegungspausen einen positiven Einfluss auf den Stoffwechsel zeigten, lösten beide Bewegungsarten unterschiedliche positive subjektive Effekte aus. Nachteilige Stoffwechselveränderungen während der sitzenden Tätigkeit könnten auch durch eine Anpassung des Essverhaltens minimiert werden.

Herr PD Dr. Dr. Tobias Engeroff
Goethe Universität Frankfurt am Main, Institut für Arbeitsmedizin-, Sozial- und Umweltmedizin, Arbeitsgruppe Gesundheit und Leistung, Frankfurt
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Einleitung: Etwa 50 % der Beschäftigten in Deutschland arbeiten überwiegend im Sitzen [1]. Langes ununterbrochenes Sitzen ist u. a. mit Diabetes mellitus Typ 2 und vorzeitiger Sterblichkeit assoziiert. Arbeiten im Homeoffice scheint die Sitzzeiten zusätzlich zu verlängern.

Methoden: In einer Querschnittstudie (Jul – Nov 2021) wurde das Sitz- und Bewegungsverhalten von Beschäftigten eines Standorts eines internationalen Unternehmens in Deutschland, die einer Schreibtischarbeit nachgehen objektiv gemessen. Innerhalb des Messzeitraums (fünf Werktage) arbeiteten sie sowohl am Standort in einem traditionellen Großraumbüro (TOP) oder in einem „activity-based flex office“ (FLO) als auch im Homeoffice (HO). Dabei protokollierten sie Arbeits- und Wachzeit. Soziodemographische Daten wurden durch einen online-Fragebogen erhoben. Für die statistische Analyse wurden gemischte lineare Regressionsmodelle mit Random Intercept verwendet und 95 % Konfidenzintervallen (95 % KI) berechnet.

Ergebnisse: Die Studienpopulation bestand aus 102 Personen (♀ n = 27, Ø Alter: 39 J. [95 % KI 37-41]). Bei der Arbeit am Standort saßen die Beschäftigten im FLO 340 min (95 % KI 355 – 391) bzw. 343 min (95 % KI 317 – 362) im TOP und machten 2917 (95 % KI 2662 – 3173; FLO) bzw. 2843 (95 % KI 2557 3129; TOP) Schritte. Bei der Arbeit im Homeoffice saßen die Beschäftigten 373 min (95 % KI 355 – 391) und machten 1319 Schritte (95 % KI 1117 – 1520). Die Anzahl der Sitzunterbrechungen während der Arbeit lag bei 18,4 (95 % KI 16,1 – 20,7; FLO) bzw. 17,3 (95 % KI 14,8 – 19,6; TOP) am Standort und bei 21,1 (95 % KI 19,3 – 23,0) im Homeoffice.
Nach Adjustierung für Alter, Geschlecht, berufliche Tätigkeit und Messphase zeigte sich, dass die Beschäftigten während der Arbeit im Homeoffice 41 min (95 % KI 25 – 57; FLO vs. HO) bzw. 49 min (95 % KI 35 – 63; TOP vs. HO) mehr saßen als während der Arbeit im Büro. Zusätzlich machten sie im Homeoffice weniger Schritte während der Arbeit als im Büro: -1462 Schritte (95 % KI -1724 bis -1201; FLO vs. HO) bzw. -1493 Schritte (95 % KI -1723 bis -1264; TOP vs. HO). Es zeigte sich eine Zunahme in der Anzahl der Sitzunterbrechungen im Homeoffice (4,2 [95 % KI 1,9 - 6,5] TOP vs. HO; 4,0 [KI % 2,0 - 6,0] FLO vs. HO).

Diskussion: Die Beschäftigten machen im Homeoffice deutlich weniger Schritte und Sitzen länger als im Büro während der Arbeit. Maßnahmen zur Unterstützung zu Sitzunterbrechungen und mehr Bewegung am Arbeitsplatz sind für alle Arbeitsumgebungen notwendig.

Referenzen

[1] Eurostat. Personen mit körperlicher Aktivität bei der Arbeit nach Art der Aktivität, häufigstem Erwerbsstatus, Einkommensgruppe und Verstädterungsgrad, 2021. https://data.europa.eu/euodp/de/data/dataset/rE6263Ct1IFXmwmOHizAA
Frau Martha Sauter
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Fachgruppe 3.1 Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen, Berlin
5

Einleitung

Eine sedentäre Lebensweise wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus. Vor allem Büroangestellte verbringen einen Großteil ihrer Arbeitszeit im Sitzen. Im Homeoffice sind die Wege oft kürzer als im Büro, es fehlen der Arbeitsweg und der Gang zu den Kolleginnen und Kollegen. Durchgeführt wurde daher ein systematischer Review, um die Zeiten im Sitzen und die körperliche Aktivität von Bürobeschäftigten an einem Arbeitstag im Homeoffice mit einem Arbeitstag im Büro zu vergleichen (PROSPERO 2022 CRD42022349442).

Methoden

Eine Suche in Pubmed, Embase und SPORTDiscus ergab bis April 2023 insgesamt 797 Treffer (inkl. 249 Duplikate). Titel/Abstracts (n=548) und Volltexte (n=99) wurden mit der Anwendung Rayyan von zwei bis drei Reviewern unabhängig gesichtet. Die Ergebnisse von 22 Studien (24 Publikationen) wurden extrahiert und das Risk of Bias (Verzerrungsrisiko) anhand von 8 Haupt- und 3 Nebenkriterien bewertet. Die Ergebnisse wurden qualitativ zusammengefasst.

Ergebnisse

Die Studien untersuchten häufig den Einfluss von Homeoffice im Verlauf der Pandemie. Nur drei der 22 Studien lieferten präpandemische Ergebnisse. 14 Studien untersuchten den Einfluss von Homeoffice auf die Sitzzeiten. Insgesamt 11 der 14 Studien (drei von vier Studien mit niedrigem Verzerrungsrisiko und acht von zehn Studien mit hohem Verzerrungsrisiko) beobachteten eine Zunahme der Sitzzeiten bei der Arbeit im Homeoffice. Der Einfluss von Homeoffice auf die körperliche Aktivität (Schrittzahl, aktive Zeit) wurde in 21 Studien (vier mit niedrigem und 17 mit hohem Verzerrungsrisiko) untersucht. Diese kamen jedoch zu divergierenden Ergebnissen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die qualitative Synthese ergibt, dass Homeoffice überwiegend mit einer Zunahme der Sitzzeit, aber nicht eindeutig mit einer Zu- oder Abnahme der körperlichen Aktivität assoziiert ist. Allerdings spiegeln die meisten Studien die Ausnahmesituation der Pandemie wider. Nur wenige Studien erhoben objektive Messdaten. Nur sehr wenige differenzierten zwischen Sitzzeiten während der Arbeits- bzw. in der Freizeit. Teilweise waren die Vergleichsgruppen ungeeignet (nicht nur Büroangestellte). Derzeit wird geprüft, ob die Ergebnisse in einer Metaanalyse zusammengefasst werden können. Maßnahmen zur Reduzierung der Sitzzeiten im Homeoffice scheinen erforderlich zu sein.
Frau Dr. Janice Hegewald
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
Fr
15 Mär
14:15 - 15:15
Vorträge
Mobile Arbeit
Raum: Hörsaal/Onlineraum 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Vorsitz: Martin Schütte und Andrea Kaifie-Pechmann
Beiträge:
1

Einleitung

Die moderne Arbeitswelt erfährt einen tiefgreifenden Wandel, der oft eine anpassungsfähige Arbeitsweise erfordert. In Kooperation mit einem Unternehmen in der Software-Entwicklung wurde eine Studie durchgeführt, mit dem Ziel, den gesundheitlichen Einfluss von New Work-Arbeitsstrukturen zu untersuchen sowie eine fundierte Datengrundlage für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen zu schaffen. Die vorliegenden Analysen liefern erste Erkenntnisse zum Einfluss zeitflexibler Arbeitsstrukturen auf das Burnout-Risiko und die Arbeitszufriedenheit von Beschäftigten in häuslicher mobiler Arbeit.

Methoden

Von April bis Mai 2023 wurde eine unternehmensweite Befragung durchgeführt, an der 1.406 regelmäßig von zu Hause Arbeitende teilnahmen. Die zeitliche Flexibilität wurde durch die Häufigkeit typischer und atypischer Arbeitszeiten sowie durch die Häufigkeit von Arbeitszeitänderungen aus betrieblichen und persönlichen Gründen erfasst. Das Burnout-Risiko und die Arbeitszufriedenheit wurden mittels validierter Instrumente (BMI [1], COPSOQ [2]) gemessen.

Ergebnisse

Zwei Gruppen von Beschäftigten wurden identifiziert: typisch arbeitende (TYP; Arbeitszeit vor allem zwischen 7 Uhr und 19 Uhr; n=821; 58,4 %) und flexibel arbeitende Personen (FLEX; zusätzlich häufige Arbeitszeit nach 19 Uhr; n=585, 41,6 %). Die FLEX-Gruppe wies im Durchschnitt ein signifikant höheres Burnout-Risiko (t(1329)=-9.48, p < .001, d=-.52) und signifikant geringere Arbeitszufriedenheit (t(1260)=-3,47, p < .001, d=.19) auf als die TYP-Gruppe. Regressionsanalysen, mit der Häufigkeit von Arbeitszeiten nach 19 Uhr als erklärende Variable, zeigen eine Varianzaufklärung von lediglich 5,5% für betriebliche Gründe und 1,2% für persönliche Gründe von Arbeitszeitänderungen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Flexibel arbeitende Beschäftigte zeigen im Vergleich zu zeitlich typisch Arbeitenden ein höheres Burnout-Risiko und eine geringere Arbeitszufriedenheit. Entgegen den Erwartungen konnten weder betriebliche noch persönliche Gründe als zentrale Faktoren für die Nutzung flexibler Arbeitszeiten identifiziert werden. Die vorliegenden Ergebnisse weisen auf weitere Einflussfaktoren (z.B. das Autonomieparadox) hin und unterstreichen die Wichtigkeit, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen eine differenzierte Erfassung von New Work-Arbeitsstrukturen zu ermitteln.

Referenzen

[1] Satow, L. (2013). BMI - Burnout-Mobbing-Inventar [Autorenbeschreibung, Fragebogen mit Beispielprofilen]. In Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) (Hrsg.), Elektronisches Testarchiv (PSYNDEX Tests-Nr. 9006565). Trier: ZPID. https://doi.org/10.23668/psycharchives.427
[2] Burr, H et al. (2019). The Third Version of the Copenhagen Psychosocial Questionnaire. Safety and Health at Work, 10(4), 482-503. https://doi.org/https://doi.org/10.1016/j.shaw.2019.10.002
Frau Zuzanna Kobialka
Institut für Arbeitsmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin
2

Einleitung

Eine wichtige Maßnahme zum Gesundheitsschutz während der COVID-19-Pandemie war die Verlagerung von Arbeit in den privaten, häuslichen Bereich, um die Zahl der physischen Kontakte zwischen Menschen zu verringern. Vor diesem Hintergrund konnten bei COPSOQ-Befragungen seit 2020 Zusatzfragen geschaltet werden [1], die mit der Arbeit zu Hause beschäftigten. Daraus hat sich wiederum ein eigenständiges Home-Office-Modul mit 10 Fragen entwickelt, das seit 2022 im Einsatz ist und anhand erster Ergebnisse reflektiert werden kann.

Methoden

Inzwischen liegen die Angaben von rd. 29000 Befragten vor, die sich in der Pandemie zum Home-Office geäußert haben, sowie die Angaben von rd. 5000 Befragten, die das daraus aufbauende Modul ausgefüllt haben. Neben einzelnen Items (alle auf 0-100 Punkte skaliert) werden die zugeordneten Skalen deskriptiv analysiert. Daran schließt die Betrachtung von Subgruppen-Unterschieden an. Außerdem wird die besondere Chance genutzt, Korrelationen mit den Standard-Skalen des COPSOQ zu untersuchen.

Ergebnisse

Beide Samples zeigen für die Ausstattung im Home-Office hohe Zustimmungswerte. Auch die Gesamtzufriedenheit ist hoch (> 70 Punkte). Dabei fallen die Bewertungen nach der Pandemie (noch) höher. Der Austausch mit Kolleg:innen und Führungskräften wird ebenfalls positiv bewertet. Die zugehörigen Skalen weisen gute Reliabilitäten auf (Cronbach’s Alpha: 0,74 - 0,83). Innerhalb des Berufsbereichs „Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht und Verwaltung“ (KldB 2010) können die psychischen Belastungen von Befragten im Home-Office anderen Befragten gegenübergestellt werden. Mit Home-Office werden einige Aspekte günstiger bewertet (Einfluss auf die Arbeit: + 8,0 Punkte), andere dagegen ungünstiger (Entgrenzung: + 12,7 Punkte). Im Vergleich von derzeitigem und gewünschtem Umfang ist eine klare Tendenz zugunsten einer Ausweitung erkennbar.

Schlussfolgerung / Diskussion

Neben der quantitativen Ausweitung der Arbeit zu Hause in der Pandemie scheint sich auch die Qualität der Ausstattung verbessert zu haben. Ob „das Home-Office“ als psychische Belastungssituation eher vorteilhaft oder nachteilig ist, ist nicht pauschal zu sagen. Es scheint auf die konkrete Ausgestaltung anzukommen: Mehr Spielräume auf der einen Seite können neue Balancen auf der anderen Seite erfordern. Das Home-Office-Modul des COPSOQ überzeugt insgesamt durch inhaltliche Plausibilität, die Ergebnisse der statistischen Prüfung und seine Akzeptanz in der Gefährdungsbeurteilung einer nicht mehr wegzudenkenden Form der Arbeit [2].

Referenzen

[1] Lindner, A., Lincke, H.-J., Vomstein, M., Nolle, I.,
Häberle, N., Haug, A., & Nübling, M. (2021). Gefährdungsbeurteilung
psychischer Belastungen in der Pandemie: Analysen mit dem Covid-19-Zusatzmodul
des COPSOQ. In U. Stößel, G. Reschauer, & M. Michaelis (Eds.), Arbeitsmedizin
im Gesundheitsdienst (Vol.
34, pp. 182–200). Freiburg:
Edition FFAS.
[2] Lucas Ancillo, A. de, Gavrila Gavrila, S.,
& del Val Núñez, M. T. (2023). Workplace change within the COVID-19
context: The new (next) normal. Technological Forecasting and Social
Change, 194(2), 122673.
https://doi.org/10.1016/j.techfore.2023.122673.
Herr Dr. Hans-Joachim Lincke
FFAW: Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH, Freiburg
3

Einleitung

Aufgrund der COVID-19-Pandemie arbeiten viele Beschäftigte unter zunehmend digitalen Bedingungen. Hinsichtlich der anhaltenden Pandemie wurde es für Unternehmen zur Pflicht Heimarbeit zu ermöglichen, wo immer dies möglich war. Zugleich wurde in Studien über digitalen Stress berichtet. In der aktuellen Literatur fehlt es an aussage-krätiger Forschung zum Einfluss von digitalem Stress auf psychosomatische Zusammenhänge. In dieser Arbeit wird untersucht, wie sich digitaler Stress während der Pandemie ent-wickelt hat und ob dieser Unterschiede in negativen Emotionen und körperlichen Be-schwerden während der Heimarbeit vorhersagt.

Methoden

Im Forschungsinteresse wurde eine Befragung unter 441 Beschäftigten im Jahr 2020 und 398 Beschäftigten im Jahr 2022 aus drei kommunalen Verwaltungen in Deutschland durchgeführt, die zumindest gelegentlich von zu Hause aus arbeiteten. Um digital gestresste Beschäftigte zu ermitteln, wurde eine Clusteranalyse durchgeführt. Außerdem fanden Regressionsanalysen zu digitalem Stress, negativen Emotio-nen und körperlichen Beschwerden Anwendung.

Ergebnisse

Die Analyse ergab einen Anstieg des digitalen Stresses von 9 auf 20 %, während ne-gative Emotionen und körperliche Beschwerden keine offensichtlichen Unterschiede aufwiesen. Im multivariaten Modell beobachten wir eine Veränderung des Anteils der digital gestressten Beschäftigten zwischen 4 und 17 %, während die Kontrollvariablen etwa 9 % erklären. Digitaler Stress hatte keinen signifikanten Einfluss auf negative Emotionen oder körperliche Beschwerden. Der digitale Stress scheint jedoch einen Einfluss auf die negativen Emotionen zu entwickeln.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Studie stellt einen deutlichen Anstieg von digitalem Stress heraus, was einer positiven Anpassung an die digitalen Arbeitsbedingungen innerhalb des beobachteten Zeitraums widerspricht. Die psychosomatischen Zusammenhänge sind gering oder verzögert. Weitere Forschungsarbeiten zu digitalem Stress sowie Gegenmaßnahmen sind erforderlich, um zu verstehen, wie schädliche Langzeiteffekte von Stress insbe-sondere aufgrund von Heimarbeit, verhindert werden können.

Referenzen

Sammy J. S. Wrede, Kevin Claassen, Dominique Rodil dos Anjos, Jan P. Kettschau & Horst C. Broding (2023) Impact of digital stress on negative emotions and physical complaints in the home office: a follow up study, Health Psychology and Behavioral Medicine, 11:1, 2263068, DOI: 10.1080/21642850.2023.2263068
Frau Sammy Wrede
Lehrstuhl Arbeitsmedizin und betriebliches Gesundheitsmanagement, Fakultät für Gesundheit – Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten
4
Hintergrund: Homeoffice, d. h. Arbeiten von zu Hause aus, ist in vielen Unternehmen zur gängigen Praxis geworden. Diese Arbeitsform bringt potenzielle Vorteile, wie die bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben, aber auch mögliche Gesundheitsrisiken, wie z. B. Bewegungsmangel oder Entgrenzungstendenzen mit sich. Um damit verbundene mögliche Bedarfe für Gesundheitsförderung im Homeoffice zu ermitteln, wurden in einer ersten Projektphase qualitative Fokusgruppen in verschiedenen Organisationen (mit Führungskräften und Beschäftigten) geführt. Die Ergebnisse dienten der Entwicklung bedarfsorientierter gesundheitsfördernder Maßnahmen. Ziel dieser Studie ist es, die Anwendbarkeit und die Wirkung dieser bedarfsorientierten gesundheitsfördernden Maßnahmen im Homeoffice zu bewerten.

Methode: Auf Grundlage empirisch ermittelter Bedarfe wurde eine bedarfsorientierte Intervention (zwei unterschiedliche Online-Workshops (WS), je 90 min, in Kombination mit einem Workbook mit weiterführenden Informationen, und zwei Refresher-WS, je 60 min) zu den Themen Bewegung, Ergonomie (WS 1), soziale Isolation und Kommunikation, Technostress und Selbstmanagement (WS 2) entwickelt. In einer randomisiert-kontrollierten Studie mit 131 Teilnehmenden (TN) – davon n=73 in der Interventionsgruppe (IG) – wurde die Intervention auf ihre Akzeptanz und Auswirkungen auf die Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und Produktivität über einen Zeitraum von 3 Monaten evaluiert. Die Interventionsphase wurde September 2023 abgeschlossen.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 4 WSs in der IG angeboten (2x WS 1 und 2x WS 2). Von den 73 TN besuchten 33 beide Workshops, 21 nur WS 1 und 19 nur WS 2. Beide Refresher wurden von drei TN und je einer der Refresher von 14 TN besucht. Von den Themen der WS wurden am häufigsten die Rücken- und Nackenübungen (45,2%) und das dynamische Sitzen (42,5%) in den Homeoffice-Alltag integriert. Über die Hälfte der TN (53,4%) bewertete das Workbook als unterstützend zur Optimierung des Homeoffice in Bezug auf die Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und Produktivität. Als Gesamtnote erhielt die kombinierte Intervention von den TN im Refresher ein ‚sehr gut‘ bis ‚gut‘. Die endgültigen Ergebnisse werden auf der Konferenz vorgestellt.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die vorläufigen Daten unterstützen die Annahme, dass eine bedarfsorientierte, niederschwellige, kombinierte Intervention praktikabel für den Homeoffice-Arbeitsalltag ist, insbesondere da Teilnehmende durch die freie Themenwahl die Möglichkeit haben, ihre Arbeit im Homeoffice individuell zu optimieren. Die Intervention könnte somit helfen, den gesundheitlichen Herausforderungen der Arbeit im Homeoffice auf individueller Verhaltensebene zu begegnen.

Frau Louisa Scheepers
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
Fr
15 Mär
10:15 - 11:30
Vorträge
Klima und Arbeit
Raum: Hörsaal/Onlineraum 4 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Stephan Böse-O´Reilly und Astrid Rita Regina Heutelbeck
Beiträge:
1
Einleitung: Die durch den Klimawandel zunehmenden Hitzeperioden stellen eine wachsende Herausforderung für die Gesundheit der Menschheit dar. Von den Auswirkungen sind insbesondere pflegebedürftige Personen aber auch Pflegende betroffen. In Deutschland wird etwa ein Viertel der Pflegebedürftigen zuhause von ambulanten Pflegediensten betreut. Wie die ambulanten Pflegedienste diesen Herausforderungen begegnen, ist bisher noch unzureichend erforscht. Daher beschäftigt sich diese Studie mit den Auswirkungen von Hitzewellen auf das Pflegepersonal von ambulanten Pflegediensten.
Methodik: Die Querschnittsstudie erfolgte in der Städteregion Aachen von März 2023 bis Juni 2023. Dabei wurden die Pflegedienstleitungen aller ambulanten Pflegedienste zur Studienteilnahme aufgefordert. Der Fragebogen enthielt 33 Fragen, unter anderem zur subjektiven Einstellung zum Klimawandel, zu den Auswirkungen auf die eigene, als auch auf die Gesundheit der Patient/innen und über künftige Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Ergebnisse: Von den 40 rekrutierten Pflegediensten gaben 90% an, noch an keiner Schulung zum Thema Klimaanpassung in der Pflege teilgenommen zu haben. Außerdem fühlen sich 38% der Befragten nicht ausreichend über Maßnahmen bei Hitze informiert. Zur Prävention der Mitarbeitenden wird in der Hälfte (50%) aller Pflegedienste mehr Zeit zur Pflege an besonders heißen Tagen zur Verfügung gestellt. Damit das Thema in Zukunft besser integriert werden kann, gaben 78% der Befragten an, dass eine Leit-oder Richtlinie helfen würde. Außerdem geben auch 75% der Befragten an, dass das Thema Hitzeschutz intensiver in der Ausbildung behandelt werden sollte.
Schlussfolgerung: Da das Thema Hitzeschutz in Zukunft immer relevanter wird, müssen auch die ambulanten Pflegedienste vermehrt in Hitzeschutzplänen berücksichtigt werden, um auch das Pflegepersonal besser schützen zu können.

Frau Chiara Frantzen
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen University, Aachen
2
Einleitung: Frühere Studien haben gezeigt, dass zunehmende Hitze aufgrund des Klimawandels ein Risikofaktor für die menschliche Gesundheit ist. Leider gibt es in Deutschland immer noch nur wenige wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie sich diese Situation auf das Wohlbefinden von Kindern auswirkt, insbesondere bei Aktivitäten im Freien wie Fußballspielen. Diese Studie soll untersuchen, welchen Einfluss hohe Temperaturen auf ausgewählte physiologische Parameter von Kindern während sportlicher Aktivitäten hat.

Methoden: Fünfzig männliche Kinder im Alter zwischen 8 und 12 Jahren wurden während ihres Fußballtrainings im Freien, entweder im Rahmen einer Vereinsmannschaft oder eines Fußballcamps, mit tragbaren Sensoren zur Erfassung der Innenohr - und Hauttemperatur sowie der Herzfrequenz ausgestattet. Teilnehmer von Fußballvereinen wurden an zwei Trainingstagen untersucht, während Teilnehmer von Fußballcamps an zwei Trainingseinheiten innerhalb eines Tages untersucht wurden. Jeweils eine Trainingseinheit fand dabei bei warmen ( > 25 °C) und die andere bei moderaten (< 20 °C). Außentemperaturen statt. Darüber hinaus wurde der Urindichte der Teilnehmer vor und nach jeder Trainingseinheit bzw. jedem Trainingstag gemessen.

Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der Einreichung wurde eine vorläufige Analyse mit 35 Teilnehmern durchgeführt, davon 15 Vereinsteilnehmern (VT) und 20 Campteilnehmern (CT). Bei beiden Gruppen war Medianwert der Innenohrtemperatur während der warmen Beobachtungsphase höher als bei moderaten Außentemperaturen (36,6 °C gegenüber 35,4 °C bei VT und 36,6 C° gegenüber 36,4 C° bei CT). Ebenso war die gemessene mittlere Hauttemperatur während der warmen Periode um 1,8 °C höher bei VT (33,4 °C gegenüber 31,6 °C) und um 1,0 °C bei CT (35,4 °C zu 34,4 °C) im Vergleich zu moderaten Außentemperaturen.

Diskussion: Kinder sind eine gefährdete Gruppe, die besonders von hohen Außentemperaturen bei körperlichen Aktivitäten betroffen ist. Unsere Studie hat gezeigt, dass das Fußballspielen an heißen Tagen zu einem Anstieg der Innenohr- und Hauttemperatur führt. Zudem wird die Erkenntnis gestützt, dass die Regulierung der Hauttemperatur als Hitzeadaptionsmechanismus einen hohen Stellenwert bei Kindern einnimmt. Die Auswirkungen auf die Gesundheit und die körperliche Leistungsfähigkeit der Kinder werden derzeit noch untersucht. Dennoch sollten Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um eine übermäßige Hitzeexposition bei körperlichen Aktivitäten zu vermeiden.
Herr Malte Satow
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, LMU München, München
3

Einleitung

Die Weltgesundheitsorganisation bezeichnet den Klimawandel als „die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit“ [1]. Der Klimawandel hat auf vielen Wegen Einfluss auf die menschliche Gesundheit, z.B. durch Extremwetterereignisse wie Dürren oder Hitzewellen, das erhöhte Risiko der Exposition mit bestimmten Pathogenen oder indirekt auf die psychische Gesundheit [2]. Die damit verbundenen Gefährdungen für die Gesundheit der Beschäftigten bedeuten für den Arbeitsschutz eine besondere Herausforderung [3].
Neben der Verhältnisprävention kann auch die Verhaltensprävention ein Baustein in der Bewältigung der Problematik sein. Dazu bietet der „Leitfaden Prävention“ des GKV-Spitzenverbandes [4] in der neuesten Fassung vom 27.03.2023 im Hinblick auf das Thema „Klimawandel und Gesundheit“ erstmals einen geeigneten Rahmen.

Methoden

Im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements wurden die Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung zu einem „Gesundheitskalender“ mit monatlichen Schwerpunkten zu Ernährung, Bewegung, Suchtprävention und Stressbewältigung/Ressourcenstärkung gebündelt. In diesem Gesundheitskalender wurde ein Monat unter das Motto „Klimawandel und Gesundheit“ gestellt. Dabei wurden Online-Vorträge zu den o.g. Schwerpunktthemen sowie weiterführende Informationen (u.a. wöchentliche Impulse) auf einer eigens dafür erstellen Seite im Intranet des Unternehmens angeboten.

Ergebnisse

Die drei Online-Vorträgen stießen auf ein insgesamt mittleres bis hohes Interesse (Planetary Health Diet: 120 Teilnehmende; Klimagefühle - wie wir an der Klimakrise wachsen statt zu verzweifeln: 77 Teilnehmende; Klimawandel und Sport - wie hängt das miteinander zusammen? – 84 Teilnehmende).
Die anschließende Evaluation ergab eine überwiegende positive Bewertung, wobei jeweils ca. 20-30% der Teilnehmenden an der Evaluation teilgenommen hatten.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das Thema „Klimawandel und Gesundheit“ wurde erstmals im Unternehmen im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung behandelt. Die Resonanz war überwiegend positiv, die Teilnahmezahlen bei den Online-Vorträgen hätten noch höher sein können, was möglicherweise mit dem noch neuen (und im Unternehmen noch nicht bekannten) Konzept des „Gesundheitskalenders“ zusammenhängt.
Herausfordernd war die Auswahl der Themen für die Vorträge im Hinblick auf den „Leitfaden Prävention“, der zwar „Klimawandel und Gesundheit“ als Thema benennt, allerdings an die bereits bestehenden Handlungsfelder (insbesondere Ernährung und Bewegung) koppelt.

Referenzen

[1] WHO: Climate Change and Health (2021). COP26 special report on climate change and health: the health argument for climate action. www.who.int. https://www.who.int/publications/i/item/9789240036727
[2] RKI  -  Klimawandel und Gesundheit - Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit (2023). https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/K/Klimawandel_Gesundheit/KlimGesundAkt.html
[3] Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Klimawandel und Arbeitsschutz (2022). https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/Gd108.html
[4] GKV-Spitzenverband: Leitfaden Prävention (2023). https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/praevention_selbsthilfe_beratung/praevention_und_bgf/leitfaden_praevention/leitfaden_praevention.jsp
Herr Dr. med. Matthias Finell
AUDI AG, Ingolstadt
Fr
15 Mär
14:15 - 15:30
Vorträge
(Ultra)Feinstaub und Masken
Raum: Hörsaal/Onlineraum 4 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Dirk Walter und Andreas Seidler
Beiträge:
1
Background and aim
Children are more susceptible to environmental pollution's adverse effects than adults. Also, there is a noticeable increase in childhood obesity rates in recent years. While air pollution and noise exposure have been linked to various health risks in children, their impact on body composition remains limited in evidence. This study aimed to investigate the associations between environmental exposures and body composition in children.
Method
We used repeated measures from the longitudinal LEAD (Lung, hEart, sociAl, boDy) cohort study in Vienna, Austria. Body mass index (BMI; kg/m2), fat mass index (FMI; z-score) and lean mass index (LMI; z-score) were measured using dual-energy x-ray absorptiometry (DXA) at the baseline (t0; 2011-ongoing) and follow-up (t1; 2017-ongoing) exams. The annual concentrations of particulate matter (PM10) and nitrogen dioxide (NO2) were estimated using the GRAMM/GRAL dispersion air pollution model (2015-2021). Transportation noise was modeled for 2017 for mean weighted 24-hour (LDEN) and night-time (LNIGHT) noise according to the European Union Directive 2002/49/EC. The participants' exposures were assigned based on their residential addresses. Linear mixed-effects models with random participant intercepts and linear regression models stratified by age were used for cross-sectional and longitudinal analyses, respectively. Models were adjusted for lifestyle, demographics, and co-exposure.
Results
A total of 3,320 observations (nt0=2,865, nt1=455) from participants aged 6-18 years (mean age at t0: 11.0 years; 55.7% female; mean PM10=21 µg/m3) were analyzed. Higher PM10 exposure was cross-sectionally associated with higher BMI (0.18 (95%CI: -0.04, 0.40)) and FMI z-score (0.09 (95% CI: 0.03, 0.16)) and lower LMI z-score (-0.05 (95% CI: -0.10, -0.002) per 1.8 µg/m3. No associations were observed for noise exposures. Estimates from longitudinal analyses, while mostly positive, were not conclusive.
Conclusion
Air pollution exposure was cross-sectionally associated with body composition in children. However, longitudinal analyses, investigating changes in body composition over time, did not reveal conclusive associations. This study contributes to the evidence on the detrimental effects of air pollution on obesity.
Frau Dr. Hicran Altug
Institute for Occupational, Social and Environmental Medicine, Centre for Health and Society, Medical Faculty and University Hospital Düsseldorf, Heinrich Heine University, Düsseldorf
2

Einleitung

Understanding the joint impact of environmental factors and neighborhood socioeconomic status (nSES) on health is crucial for identifying complex environmental risks. We aim to investigate the joint effect of air pollution, noise and nSES on cognitive functions in elderly.

Methoden

Participants in the German population-based Heinz Nixdorf Recall study carried out four neuropsychological tests at the first follow-up (2006–2008). Global cognitive score (GCS) was defined as the sum of four standardized scores of individual tests. Long-term exposures to particulate matter (PM2.5, PM10, PM2.5 absorbance), accumulation mode particle number, NO2 and NOx, and O3 were estimated by the land-use regression and chemistry transport models. Noise exposures were assessed as outdoor weighted 24h and nighttime road traffic noise means. The total traffic load at major roads was also considered. The nSES variables were retrieved from the municipal departments in charge of statistics. The individual linear regression models on GCS for each air pollutant, noise and nSES characteristic, adjusted for individual risk factors, were performed. Models with air pollution exposures were additionally adjusted for principal components (PC) of nSES and noise, and vice versa. To estimate the joint effect principal component analysis, quantile-based G-computation, and self-organizing maps (SOM) were used.

Ergebnisse

Overall, 3768 individuals were included (mean age 64.4 years; 49.4% men) living across different neighborhoods with relatively high air pollution exposure (mean PM10 = 27.7 μg/m3). We found individual negative associations between several nSES factors and air pollutants and GCS. The first PC of the total exposure mixture (positively correlated with social disadvantages and a higher environmental burden) was associated with a lower GCS. One quantile increase in all mixture components at the same time was associated with a non-significant decline in GCS. In SOM, the cluster with the highest pollutants concentrations and the cluster with the worst nSES were strongly associated with lower GCS, showing the highest effect size.​​​​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Observed associations between exposures and cognitive function yield evidence of the harmful joint effect of lower nSES and higher air pollution concentrations. Estimating synergetic effects of these risk factors can help to inform targeted interventions to mitigate environmental injustice.
Frau Dr Katherine Ogurtsova
Institut für Arbeits-, Sozial-, und Umweltmedizin, Center for Health and Society, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
3
Background: Short-term exposure particulate matter (PM10 and PM2.5) has been associated with heart rate variability (HRV), but exposure to ultrafine particles (UFP) has been less well examined. We investigated the associations between the HRV outcomes and short-term exposure to UFP, PM10 and PM2.5 among school-aged children and seniors.
Methods: CorPuScula (Coronary, Pulmonary and Sanguis) is a longitudinal, repeated-measure panel study conducted in 2000-2002 in Munich, Germany including 52 seniors (58 to 94 years old) with 899 observations and 50 children (6 to 10 years old) with 925 observations. A 10-minute resting electrocardiogram was performed to assess resting HRV outcomes (Standard Deviation of Normal to Normal (NN) Intervals (SDNN), Root Mean Square of Successive Differences between NN (RMSSD), Low Frequency (LF), High Frequency (HF), ratio between low and high frequency (LF/HF)). UFP and PM exposures were measured near the care home and school yard for seniors and children, respectively. Mean exposures during the day of examination (9-21h) as well as 3h, 12h, 24h, one-day and two-day lags were assessed. Linear mixed-effect models were used to investigate the associations between short-term air pollution and HRV outcomes separately in children and seniors. The models were adjusted for sex, age, weather conditions (temperature, precipitation, and water vapor pressure), BMI and medical information. Two and multipollutant models adjusted for NO2 and O3 were performed.
Results: Among seniors, we observed increases in SDNN, LF, HF and LF/HF ratio after short-term exposure to UFP (hourly and daily lags) in contrast to decreases in SDNN and RMSSD after exposure to PM10. Associations were generally robust to two- and multipollutant adjustment. Among children, we observed increases of the LF/HF ratio after short-term exposures to UFP at lags 12 and 24 hours. In contrast, we observed decreases of the ratio after exposure to PM2.5 and PM10. Results were largely unchanged for multipollutant modelling, however we found a more pronounced increase LF/HF (UFP 12h and 24h) after adjusting for NO2.
Conclusions: Overall, among seniors, we observed associations of UFP and PM10 exposure with sympathetic responses of the autonomic nervous system, which play an important role in sudden heart attacks or arrhythmia. Among children we found more inconsistent associations. Adjusting for co-pollutants including NO2 and O3 yielded robust results.

Referenzen

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Overview of Heart Rate Variability Metrics and Norms. Front Public Health 2017; 5: 258.
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[3] Kaufman JD, Elkind MSV, Bhatnagar A, et al. Guidance to Reduce the Cardiovascular Burden of
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[4] Newman JD, Bhatt DL, Rajagopalan S, et al. Cardiopulmonary
Impact of Particulate Air Pollution in High-Risk Populations: JACC
State-of-the-Art Review. J Am Coll Cardiol 2020; 76: 2878–2894.
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pollution and incidence of stroke and coronary heart disease: a pooled analysis
of six European cohorts within the ELAPSE project. The
Lancet Planetary Health 2021; 5: e620-e632.
[6] Breitner S, Peters A, Zareba W, et al. Ambient
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[7] Park SK, O’Neill MS, Vokonas
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[8] Zong Z, Zhang M, Xu K, et al. Association between Short-Term Exposure to Ozone
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Heart Rate Variability and Implication of Different Factors on Heart Rate
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ultrafine and fine particles in their associations with biomarkers reflecting
physiological pathways. Environ Sci Technol 2014; 48: 5264–5273
Frau Pascale Haddad
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, CHS, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
4

Einleitung

Eine Vielzahl von Untersuchungen zu Atemwegsbelastungen durch Schutzmasken gegen SARS-CoV-2 basierte auf Messmethoden, bei denen die zu testende Schutzmaske unter einer Silikon-Oro-Nasal-Maske (CPET-Maske) getragen wurde. Aktuelle Untersuchungen lassen jedoch einen methodenbedingten Einfluss aufgrund erhöhter Atemwiderstände durch die Silikonmaske vermuten. Lungenfunktionsrelevante Daten liegen bisher hierzu nicht vor, weshalb der Einfluss der Silikonmaske auf die Messergebnisse nun mit entsprechenden Methoden überprüft wurde.

Methoden

16 Teilnehmende (8 Frauen und 8 Männer, Alter: 37 (23-64) Jahre), wurden jeweils mit drei unterschiedlichen Maskentypen (Mund-Nasen-Schutz, Mund-Nasen-Bedeckung, FFP2-Maske) sowie ohne Maske bodyplethysmographisch untersucht. Hierzu wurden die drei Maskentypen unter einer Silikonmaske (CPET-Maske) getragen. Zum Vergleich wurden alle Personen mit einem alternativen Filteraufnahmesystem bestehend aus einem Viren- und Bakterienfilter (IPA-Adapter) getestet. Zusätzlich wurden Messungen mit der CPET-Maske, dem IPA-Adapter und die normale Maskentestung nach DIN EN 149:2009 an einem Sheffield-Kopf durchgeführt.

Ergebnisse

Die Untersuchungen am Sheffield-Kopf zeigten, dass sich mit zunehmender Flussgeschwindigkeit die Atemwiderstände in Abhängigkeit vom Maskentyp erhöhten (MNS

Schlussfolgerung / Diskussion

Die standardisierten Messungen am Sheffield-Kopf und die bodyplethysmographischen Untersuchungen an Probanden ergaben einen systematischen Einfluss der verwendeten Silikon-Maske (CPET-Maske) auf Lungenfunktionsparameter unter Ruhebedingungen. Rückschlüsse auf den Einfluss von Schutzmasken bei spiroergometrischen Untersuchungen, bei denen die Schutzmaske unter einer Silikonmaske getragen wurde, sollten daher weiter kritisch betrachtet werden bzw. stattdessen mit einem alternativen Filteraufnahmesystem durchgeführt werden.
Herr Eike Maximilian Marek
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gestzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
5
Partikelfiltrierende Halbmasken, besonders jene der Klasse P2, werden im Arbeitsschutz, in der Industrie, Feuerwehr oder im Gesundheitswesen eingesetzt. Auch im Privaten, bspw. während der COVID-19-Pandemie in Deutschland, werden diese getragen. Das Angebot umfasst insbesondere Masken mit Ohrschlaufen und solche mit einer Kopfspinne als Bänderung. Die Masken müssen der tragenden Person einen hohen Schutz bieten. Das ist nur möglich, wenn diese einen gewissen Dichtsitz im Gesicht erreichen. In dieser Studie wurde daher untersucht, ob die Kopfspinne, als Bänderung der partikelfiltrierenden Halbmaske, einen besseren Dichtsitz als jene mit Ohrschlaufen bietet.

Mittels quantitativem Fit-Test, einem Testverfahren, welches den Dichtsitz einer Maske quantitativ bestimmt, wurden Laborexperimente mit 32 Versuchspersonen im Alter von 20 bis 60 Jahren durchgeführt. Diese trugen nacheinander jeweils vier Masken, zwei mit Ohrschlaufen und zwei mit Kopfspinnen. Es handelte sich um Faltmasken von drei verschiedenen Herstellern (Dach Schutzbekleidung GmbH & Co. KG, Dräger Safety AG & Co. KGaA, IMSTec GmbH). Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mittels SPSS 29.

Insgesamt hat jede vierte Maske den Tests bestanden. Der Dichtsitz war also nur in diesen Fällen ausreichend. Bei den Kopfspinnenmasken zeigte sich in 46,9% und bei den Ohrschlaufenmasken in 3,1% der Testdurchläufe ein ausreichender Dichtsitz. Der erreichte durchschnittliche Fit-Faktor, das Maß des Dichtsitzes, war bei den Kopfspinnenmasken ca. 70,0% (Median 86,0%) höher als bei denen mit Ohrschlaufe.

Die Kopfspinne als Bänderung der partikelfiltrierenden Halbmaske bietet den Ergebnissen dieser Untersuchung nach einen besseren Dichtsitz als entsprechende mit Ohrschlaufen. Mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben und Sicherheit für die tragende Person, ist der Dichtsitz der untersuchten FFP2-Masken insgesamt allerdings als nicht befriedigend zu werten.

Herr Conner Petermann
Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal
Fr
15 Mär
14:15 - 15:45
Vorträge
Haut
Raum: Hörsaal/Onlineraum 5 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Anna Wolfschmidt-Fietkau und Wobbeke Weistenhöfer
Beiträge:
1

Einleitung

Das Basalzellkarzinom (BZK) der Haut ist der häufigste bösartige Tumor in weißen Populationen. Der Zusammenhang zwischen der kumulativen beruflichen Sonnenexposition und dem BZK-Risiko wird kontrovers diskutiert. Daher haben wir zu diesem Thema einen systematischen Review durchgeführt.

Methoden

In Medline und Embase wurde bis 12/2022 eine systematische Literatursuche nach epidemiologischen Studien, die den Zusammenhang zwischen berufsbedingter Sonnenexposition und BZK-Risiko untersuchten, durchgeführt. Ferner erfolgte eine Handsuche in den Literaturverzeichnissen sowie ein Citation Tracking eines früheren systematischen Reviews. Studien mit einer Teilnahmerate < 10 % oder ohne Angaben zur Teilnahmerate wurden ausgeschlossen. Das Verzerrungsrisiko wurde nach Romero Starke et al. 2020 (1) bewertet. Das Titel-Abstract- und Volltext-Screening sowie die Datenextraktion wurde von 2 Personen unabhängig voneinander durchgeführt und Abweichungen im Konsens erledigt. Das Studiendesign wurde vorab in PROSPERO (2) veröffentlicht.

Ergebnisse

Aus 17.246 in den Datenbanken identifizierten Einträgen sowie der Handsuche erfüllten 26 Studien, die in 32 Artikeln veröffentlicht wurden, die Einschlusskriterien. Das Verzerrungsrisiko war in allen Studien hoch, so dass keine Sensitivitätsanalysen in Abhängigkeit vom Verzerrungsrisiko durchgeführt werden konnten.
In der Metaanalyse von 6 Studien fand sich bei jemals Außenbeschäftigten im Vergleich zu Innenbeschäftigten ein um den Faktor 1,64 (95%-KI 1,13-2,38) statistisch signifikant erhöhtes BZK-Risiko. 15 Studien machten Angaben über die Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen Höhe und/oder Dauer der beruflichen Sonnenexposition und dem BZK-Risiko. Beim Vergleich zwischen der höchsten und niedrigsten Expositionskategorie sowie der zweithöchsten und niedrigsten Kategorie fand sich kein Anhalt für eine Dosis-Wirkungsbeziehung.

Schlussfolgerung / Diskussion

Zwischen der Höhe und/oder der Dauer der kumulativen beruflichen Sonnenexposition und dem BZK-Risiko war, auf der Basis der aktuellen Evidenz, keine Dosis-Wirkungsbeziehung und damit kein relevanter Einfluss auf das BZK-Risiko im Außenberuf nachweisbar.

Referenzen

[1] Romero Starke K, Kofahl M, Freiberg A, Schubert M,
Groß ML, Schmauder S, Hegewald J, Kämpf D, Stranzinger J, Nienhaus A, Seidler A
(2020) The risk of cytomegalovirus infection in daycare workers: a systematic
review and meta-analysis. Int Arch Occup Environ Med 93:11-28
[2] Rönsch H, Bolm-Audorff
U, Deckert S, Reißig D, Seidler S, Bauer A. Is occupational
solar ultraviolet irradiation a relevant risk factor for basal cell carcinoma?
Protocol for the update of a systematic review and meta-analysis of the
epidemiological literature. PROSPERO 2020 CRD42020210543 Available from: https://www.crd.york.ac.uk/prospero/display_record.php?ID=CRD42020210543
Herr Prof. Dr. Ulrich Bolm-Audorff
Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin (IPAS), Med. Fakultät der TU Dresden, Dresden
2
Einleitung: Nicht-melanozytärer Hautkrebs bei Beschäftigten mit beruflicher UV-Lichtexposition ist in der Schweiz als Berufskrankheit nach den Vorgaben des Unfallversicherungsgesetzes anerkennungsfähig. Es wird geschätzt, dass bis zu 400.000 Personen in typischen Outdoorberufen in der Schweiz tätig sind. Neben umfassenden Primärpräventionsmassnahmen entwickelt die Suva daher seit 2021 ein einzigartiges Vorsorgeprogramm zur Früherkennung von hellem Hautkrebs und rollt dies sukzessiv auf typische Outdoor-Branchen aus.

Methoden: Die Vorsorgeuntersuchung im Auftrag der Suva zielt auf eine einmalige dermatologische Untersuchung von 55jährigen Outdoorworkern ab, die eine langjährige berufliche UV-Exposition aufweisen. Im Sommer 2023 wurden mehr als 3500 Betriebe aus zwei Branchen dem Vorsorgeprogramm im Rahmen eines «Pilotprojekts 2» unterstellt: Nach Meldung aller 55jährigen durch die Betriebe an die Suva und Berechnung der beruflichen UV-Expositionen werden betroffene Beschäftigte an dermatologischen Zentren in allen Landesteilen untersucht und erhalten eine individuellen Sonnenschutzberatung.

Ergebnisse: Es wird über vorläufige Ergebnisse des Projekts berichtet. Erste Auswertungen bestätigen Ergebnisse einer vorherigen Pilotphase in 2022 mit auffälligen Hautbefunden inklusive Hauttumoren und Präkanzerosen bei einem beträchtlichen Anteil der untersuchten Personen. Auf besondere Herausforderungen bei der Erfassung der betroffenen Betriebe und der Abwicklung der Untersuchungen wird eingegangen.

Schlussfolgerung/Diskussion: Die vorläufigen Ergebnisse der neuen Vorsorgeuntersuchung weisen auf eine hochrelevante Anzahl beruflich bedingter Hautkrebse durch natürliches UV-Licht in der Schweiz und ein hohes Präventionspotential hin. Das gewählte Untersuchungs-Format hat sich bewährt. Weitere Schritte und Anpassungen sind notwendig, um mit diesem Vorsorgeprogramm künftig Outdoorworker in allen relevanten Branchen zu erreichen.
Hintergrund: Nicht-melanozytärer Hautkrebs bei Beschäftigten mit beruflicher UV-Lichtexposition ist in der Schweiz als Berufskrankheit nach den Vorgaben des Unfallversicherungsgesetzes anerkennungsfähig. Es wird geschätzt, dass bis zu 400.000 Personen in typischen Outdoorberufen in der Schweiz tätig sind. Neben umfassenden Primärpräventionsmassnahmen entwickelt die Suva daher seit 2021 ein einzigartiges Vorsorgeprogramm zur Früherkennung von hellem Hautkrebs und rollt dies sukzessiv auf typische Outdoor-Branchen aus.

Frau PD Dr. med. Sibylle Schliemann
Suva Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Abteilung Arbeitsmedizin, Luzern
3

Einleitung

Das DGUV-Projekt FB323 begann im Oktober 2020. Ziel ist der Aufbau einer berufsdermatologischen Kohorte von Patienten mit Dermatosen der Hände (N=287), in welcher die Einflüsse molekularer Diagnostik zur Unterscheidung zwischen Psoriasis und Ekzem auf Krankheitsverlauf, Krankheitsfehltag und den Erhalt der beruflichen Tätigkeit untersucht werden. Beide Erkrankungen spielen eine entscheidende Rolle in der Berufsdermatologie, sind allerdings klinisch und mit konventioneller Diagnostik schwer zu differenzieren.

Methoden

Die folgende Analyse fokussiert die Veränderungen klinischer und versicherungsrechtlicher Variablen im Zeitverlauf. Hierfür liegen für 177 Teilnehmer Verlaufsdaten nach 12 Monaten (T2) vor.

Ergebnisse

53.3% (n=154) der Teilnehmer sind männlich mit einem Altersdurchschnitt von 50.4±12.2 Jahren. 23% (n=58) sind im Metallgewerbe, 22% (n=55) in Gesundheitsberufen und 9% (n=22) im Baugewerbe tätig. Zum Studieneinschluss (T0) wurden 65% zu Lasten einer Berufsgenossenschaft (BG) behandelt (BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege: 24.7%, BG Holz und Metall: 20.9%, BG Rohstoffe und Chemische Industrie: 11.5%. Nach 12 Monaten sank die Zahl BGlich behandelter Patienten um 6.5%.
Eine anerkannte Berufskrankheit (BK) lag zu T0 bei 14.4% (13) der Probanden vor. Dieser Anteil stieg zu T2 auf 26.6% (24).
Die durchschnittliche Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage (AU) in den letzten 12 Monaten vor Studieneinschluss lag bei 26.2 Tage, weist jedoch eine hohe Streuung auf (0-250 Tage, SD: ±52.3). Zu T2 sank mittlere AU Zahl auf 13.9 Tage. Die ebenfalls hohe Streuung (0-300 Tage, SD: ±44) lies aber nur eine deskriptive Beschreibung der Veränderung zu.
Der Anteil an Personen, die zu T2 eine Berufsaufgabe berichten liegt bei 16.4% (25). 36% dieser Probanden sind berentet, 32% derzeit arbeitslos, 8% dauerhaft krankgeschrieben.
Nach 12 Monaten reduzierten sich kontinuierliche Krankheitsverläufe signifikant (p<.001) um 16.4% und es erfolgte eine Verschiebung hin zu chronisch bzw. gelegentlich rezidiven Verläufen. Der vom Dermatologen eingeschätzte Schweregrad zeigte zum gleichen Zeitpunkt einen Anstieg der leichten bzw. abgeheilten Hautveränderungen. 10% der Probanden berichteten, dass ihre Hautveränderungen, zumindest zeitweise im Jahresverlauf, abgeheilt waren.

Schlussfolgerung / Diskussion

Es zeigt sich, dass der Molekulare Klassifikator geeignet ist, die klinische und versicherungsrechtliche Einordnung zu optimieren und prognostisch eine Bereicherung für die berufsdermatologische Diagnostik darstellen kann.
Herr Dr. rer. cur. Philipp Bentz
Universitätsklinikum Heidelberg Hautklinik Sektion Berufsdermatologie, Heidelberg
4

Einleitung

Flusssäure (wässrige Lösung des Fluorwasserstoffs, HF) wird in vielen Industriezweigen eingesetzt (z.B. Halbleitertechnik, KfZ-Bau). Eine dermale Exposition im Rahmen von Unfallereignissen kann neben einer lokalen Verätzung auch zu vital bedrohlichen systemischen Reaktionen durch die Aufnahme von Fluorid in den Körper führen. Das Ziel von Erste-Hilfe-Maßnahmen muss daher sein, den HF-Übertritt durch die Haut zu minimieren.

Methoden

In einem Ex-vivo-Modell wurden Penetrationsexperimente an frisch exzidierter, lebensfähiger Humanhaut durchgeführt. Dazu wurden statische Diffusionszellen nach der von Franz 1975 [1] entwickelten Technik verwendet. Donorkammer und Akzeptorkammer der Diffusionszellen sind dabei durch die Humanhautpräparate (0,64 cm2, 0,9 mm Dicke) voneinander getrennt. In der Donorkammer wird Flusssäure auf die Haut (epidermale Seite) aufgetragen. Durch Probeentnahme aus der in der Akzeptorkammer befindlichen Rezeptorlösung zu definierten Zeitpunkten kann die penetrierte Fluoridmenge bestimmt werden. Es wurde der Effekt verschiedener Expositionsdauern und Dekontaminationsstrategien verglichen.

Ergebnisse

Für die HF-Absorption und somit die systemische Fluoridaufnahme erwiesen sich folgende Einflussfaktoren als relevant:
1) Zeitpunkt des Dekontaminationsbeginns. Ein frühestmöglicher Beginn der Hautreinigung war für die penetrierte Fluoridmenge entscheidender als die Wahl eines konkreten Dekontaminationsmittels.
2) Hauttemperatur. Ein Absenken der Hauttemperatur von 32°C auf 24°C reduzierte die penetrierte Fluoridmenge signifikant.
3) Wahl des Dekontaminationsmittels. Die Reinigung mit PEG 400 zeigte sich hinsichtlich der penetrierten Fluoridmenge als am wenigsten wirksam. Der Einsatz von Wasser vs. Calciumgluconat vs. Hexafluorine® als Dekontaminationsmittel führte zu keinem signifikanten Unterschied in der Fluoridaufnahme. Der Zusatz von säurepuffernden Substanzen zu Dekontaminationsmitteln verbesserte deren Wirksamkeit.

Schlussfolgerung / Diskussion

Bei Unfällen mit dermaler Flusssäurekontamination ist die entscheidende Erste-Hilfe-Maßnahme die möglichst rasche Reinigung des betroffenen Hautareals. Alle anderen Maßnahmen – auch die Wahl des Dekontaminationsmittels – sind von nachrangiger Bedeutung. Kühle und säurepuffernde Dekontaminationsmittel können die aufgenommene Fluoridmenge zusätzlich reduzieren.

Referenzen

[1] Franz TJ. Percutaneous absorption. On the relevance of in vitro data. J Invest Dermatol 64(3):190-5, 1975. DOI: 10.1111/1523-1747.ep12533356
Frau Dr. Anna Wolfschmidt-Fietkau
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
5
Einleitung
Feuerwehrleute sind bei der Brandbekämpfung einer Vielzahl von Gefahrstoffen ausgesetzt. Insbesondere Brandrauch enthält polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), von denen einige beim Menschen nachweislich Krebs verursachen. Um die dermale Exposition von Feuerwehrleuten während der Brandbekämpfung zu bewerten, wurde eine Ganzkörperdosimetriemethode (whole body dosimetry) angewendet. So wurden PAK bestimmt, die sich auf der Haut absetzen würden, auch wenn die Feuerwehrleute persönliche Schutzausrüstung (PSA) tragen.
Methoden
Insgesamt 17 Feuerwehrleute trugen während der Brandbekämpfung Unterwäsche, Handschuhe, Socken sowie Sturmhauben aus Baumwolle unter ihrer regulären PSA. Nach der Brandbekämpfung wurden an 21 vordefinierten Stellen sowie weiteren Stellen mit Rußablagerung Stoffteile mittels HPLC-FLD auf 16 US-EPA-PAK und Benzo[e]pyren untersucht, hierbei waren aufgrund des Studiendesigns nur die mittel- und schwerflüchtige PAK quantifizierbar. Detaillierte Informationen über die Feuerwehreinsätze wurden von den Feuerwehrleuten per Fragebogen erfasst.
Ergebnisse
Bei 70 % der Feuerwehrleute konnte PAK in den Stoffstücken der unter der PSA getragenen Unterwäsche nachgewiesen werden. In 9 % der 309 ausgestanzten Stoffstücke konnten PAK oberhalb der LOQ quantifiziert werden, in den restlichen Stoffstanzen (21/Proband) war die PAK-Konzentration für alle untersuchten PAK < LOQ, wobei die LOQ der einzelnen PAK bei <10 ng lag. Die Konzentrationen waren nach der Brandbekämpfung in Wohngebäuden höher als nach Fahrzeugbränden oder anderen Bränden im Freien. Phenanthren und Pyren waren die vorherrschenden PAK. Die höchste beobachtete Konzentration von 657 ng/g Phenanthren wurde in einer Hosentaschenöffnung gefunden. Ein Stoffstück enthielt Benzo[a]pyren (103 ng/g), die Konzentration lag nur knapp über der Bestimmungsgrenze.
Diskussion
PAK können sich bei der Brandbekämpfung auf der Haut der Feuerwehrleute ablagern und darüber in den Körper aufgenommen werden. Es hat sich durch die hier angewandte Ganzkörperdosimetrie gezeigt, dass die aktuelle PSA die Aufnahme in der Regel von PAK geringhält. Es sind jedoch weitere Anstrengungen erforderlich, um die Exposition der Haut zu verringern, da PAK bekanntermaßen krebserregend für den Menschen sein können.

Herr Stephan Koslitz
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
6
Einleitung
Die Aufnahme von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz über die Haut kann ein wesentlicher Expositionsweg sein und damit zum beruflichen Gesundheitsrisiko von Beschäftigten beitragen. Mehr als ein Drittel aller Gefahrstoffe mit einem Grenzwert in der Arbeitsplatzluft in Deutschland sind von der MAK-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit der „H“-Markierung versehen worden. Damit wird gekennzeichnet, dass die perkutane Resorption unter Arbeitsplatzbedingungen einen relevanten Beitrag zur systemischen Exposition eines Beschäftigten leisten kann. Die Empfehlungen der MAK-Kommission sind eine wesentliche Quelle für regulatorische Entscheidungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Ergebnisse
Dieser Beitrag fasst die generelle Vorgehensweise der Arbeitsgruppe „Hautresorption“ der MAK-Kommission, die Auswahl und Rangfolge der verfügbaren oder berechneten Daten (Arbeitsplatzstudien, Tierversuche, In-vitro-Studien, mathematische Modelle, Algorithmen) sowie die quantitativen Kriterien für eine „H“-Markierung zusammen [1]. Die abschließende Bewertung vergleicht die geschätzte Aufnahme eines Gefahrstoffes über die Haut mit der systemisch tolerablen Menge extrapoliert aus einem NOAEL (No Observed Adverse Effect Level). Die Markierung mit "H" erfolgt, wenn die perkutane Aufnahme etwa 25 % oder mehr der tolerierbaren Menge ausmacht. Lediglich bei genotoxischen Gefahrstoffen ohne Grenzwert ist bereits die Fähigkeit eines Stoffes, die Hautbarriere zu überwinden, ausreichend, um mit "H" zu markieren.

Schlussfolgerungen
Der Bewertungsprozess sowie seine Stärken und Schwächen werden anhand einiger Beispiele veranschaulicht.

Referenzen

[1] MAK-Kommission (2014) Kriterien für die Vergabe der “H”‐Markierung . https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/3527600418.mb0hmrkkrid0056
Herr Prof. Dr. Michael Bader
BASF SE, Corporate Health Management, Ludwigshafen
Fr
15 Mär
08:30 - 09:45
Vorträge
Allergie
Raum: Hörsaal/Onlineraum 7 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Alexandra Marita Preisser und Astrid Rita Regina Heutelbeck
Beiträge:
1
Einleitung
Friseurtypische Tätigkeiten zeichnen sich durch einen intensiven Umgang mit chemischen Produkten und durch Feuchtarbeit aus. Haare färben, blondieren, wellen, glätten, verlängern bringen daher für Friseurinnen und Friseure unterschiedliche Gefährdungen für Haut und Atemwege mit sich. Die Technische Regel für Gefahrstoffe 530 „Friseurhandwerk“ (TRGS 530) konkretisiert die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung für solche Tätigkeiten und beschreibt das notwendige Schutzniveau zur Minimierung von Expositionen. Im April 2023 ist eine Neufassung der TRGS 530 [1] im Gemeinsamen Ministerialblatt erschienen.

Methoden
Die Neufassung wurde von einem Expertenkreis erarbeitet dem Arbeitgeber- und Arbeitsnehmervertreter, Vertreter der Friseurbranche, des staatlichen Arbeitsschutzes und der Kosmetikindustrie angehörten. Die Leitung des Expertenkreises lag bei der BGW. Die gesamte Struktur der TRGS 530 wurde auf den Prüfstand gestellt, neue Anwendungen und Inhaltsstoffe von Friseurkosmetika wurden ermittelt, ihr Gefährdungspotenzial bewertet und Schutzmaßnahmen formuliert. Aktuelle Aspekte der arbeitsmedizinischen Vorsorge wurden vom Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) eingebracht.

Ergebnisse
Die TRGS 530 ist um mobile Friseurtätigkeiten erweitert worden. Auch Haarglättungen und Haarverlängerungen/-verdichtungen (inkl. Entfernung) müssen nun bei der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden. Aufgenommen wurde ein Hinweis, dass auch pflanzenbasierte Färbemittel sensibilisierend wirken können. Nicht dem EU-Recht entsprechende Friseurkosmetika müssen durch andere Produkte ersetzt werden. Die arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung ist nun Teil der Unterweisung. Die Anlässe zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge) wurden neu gefasst. So ist neben der Dauer des Hautkontaktes mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten, u.a. auch die Häufigkeit des Wechselns zwischen dem Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe und dem Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten sowie die Häufigkeit des tätigkeitsbedingten Händewaschens zu berücksichtigen; ebenso der Wechsel zwischen flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen und dem Waschen der Hände.

Schlussfolgerung
Bei Tätigkeiten mit den im Friseurhandwerk verwendeten Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen muss vom Arbeitgeber überprüft werden, ob diese Tätigkeiten noch den Vorgaben der neuen TRGS 530 entsprechen oder wie diese erreicht werden können. Die Gesundheit der Beschäftigten im Friseurhandwerk kann damit systematisch erhalten und verbessert werden.

Referenzen

[1]   Technische Regel
für Gefahrstoffe 530 „Friseurhandwerk“, Ausgabe: März 2023       GMBl 2023 S. 627-634 [Nr. 30]
(vom 20. April 2023)
Herr Dr. André Heinemann
BGW, Köln
2

Einleitung

Die Längsschnittstudie AllergoVet begleitet Studierende der Veterinärmedizin und untersucht den Einfluss des Tierkontakts auf die Entwicklung von Sensibilisierungen und allergischen Beschwerden. Der Kontakt zu Tieren bestand bei dieser Gruppe meistens schon lange vor dem Studienbeginn. Ziel dieser Analyse war daher die Untersuchung der lebenslangen tierartspezifischen Exposition und der Prävalenz von bereits vor dem Studienbeginn bestehenden Sensibilisierungen. Der Schwerpunkt lag dabei auf den am häufigsten vorkommenden Tierarten: Katze, Hund und Pferd.

Methoden

Zur Ermittlung der Dauer und Intensität des Tierkontakts vor Studienbeginn wurden Fragebogendaten zusammengefasst. Für jeden Studienteilnehmer wurden die Monate mit intensivem Kontakt zu Tieren addiert und auf die Lebenszeit in Prozent bezogen. Das Kollektiv wurde dann in Quartile für die Hunde- und Katzenexposition und in Terzile für die Pferdeexposition unterteilt. Serologisch wurde spezifisches IgE gegen ubiquitäre Inhalationsallergene (Atopie-Screen sx1) und gegen tierische Allergene bestimmt. Der Zusammenhang zwischen Tiersensibilisierung und Tierexposition wurde mit dem Cochran-Armitage-Trendtest analysiert.

Ergebnisse

Alle Studienteilnehmer (n=313) hatten zuvor Kontakt zu Tieren, wobei Hunde am häufigsten genannt wurden (91,1 %) gefolgt von Katzen (89,5%) und Pferden (72,2%). Atopie (positiver sx1-Wert) wurde bei 38,4% der Probanden festgestellt. Etwa jeder Zehnte (10,9%) war gegen Katzenallergene sensibilisiert. Sensibilisierungen gegen Hunde (7,0%) und Pferdeallergene (5,1%) wurden weniger häufig beobachtet. Während bei Katzen und Pferden kein Zusammenhang zwischen tierspezifischer Exposition und Sensibilisierung festgestellt wurde, zeigte sich bei Hunden ein klarer Trend. Mit zunehmender Exposition gegenüber Hunden nahm die Zahl der hundespezifischen Sensibilisierungen deutlich ab (p=0,0036). Zusätzlich wurde ein abnehmender Trend der sx1-Sensibilisierung mit zunehmender Katzen- (p=0,0288) und Hunde-Exposition (p=0,0107) festgestellt. Keiner der Probanden (n=40), die auf dem Bauernhof mit Tieren aufgewachsen waren, hatte eine Sensibilisierung gegen Tiere.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die ermittelte Sensibilisierungsprävalenz bei Studienanfängern der Veterinärmedizin entspricht in etwa der bei der Allgemeinbevölkerung. Bei diesem Kollektiv wurde ein schützender Effekt der zunehmenden Tierexposition in der Kindheit und Jugend auf die Sensibilisierung gefunden, der besonders bei Kontakt zu Hunden ausgeprägt war.
Frau Eva Zahradnik
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
3

Einleitung

Die häufigste Ursache von berufsbedingten allergischen Atemwegserkrankungen (Berufskrankheit 4301) sind die Stäube von Weizenmehl (WM) und Roggenmehl (RM). Getreide sind eigentlich als Nahrungsmittelallergene gelistet und gleichzeitig Grundnahrungsmittel. Für das Verständnis von Bäckerasthma und -schnupfen ist die Allgemeinbevölkerung eine wichtige Referenzgruppe.

Methoden

Die DEGS1-Daten von 7.024 Erwachsenen (18–79 Jahre) zur Sensibilisierung (spez. IgE) gegen 50 Allergene, insbesondere gegen WM und RM, wurden explorativ ausgewertet.

Ergebnisse

Die Prävalenz der Sensibilisierung gegen WM liegt bei 5,6%, gegen RM bei 6,0%, wobei Jüngere (< 29 Jahre) mit 8,6% häufiger betroffen sind als Ältere (> 50 Jahre) mit 2,8 bis 3,4%.
Die WM-Sensibilisierung korreliert stark mit dem Gesamt-IgE und ist meist in Polysensibilisierungen eingebunden: Bei 70,8% der WM-Positiven liegen mindestens 20 weitere Co-Sensibilisierungen vor (vs 1,8 % bei den WM-Negativen).
Bei WM-Positiven ist das adjustierte Odds Ratio für Asthma bronchiale um das 4-fache und für allergischen Schnupfen um das 6-fache erhöht, obwohl in der Allgemeinbevölkerung ein direkter Zusammenhang zu statistisch relevanten inhalativen Mehlstaubexpositionen ausgeschlossen werden kann.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Frage ist, ob bzw. wie häufig sich Bäckerasthma aus dem allgemeinen atopischen Sensibilisierungs- und Krankheitsgeschehen rekrutiert und inwieweit man von einer Art Fortsetzung des „atopischen Marsches“ im Berufsalter sprechen kann. Ansätze der Individualprävention und einer möglichen „Phänotypisierung des Bäckerasthmas“ werden zur Diskussion gestellt.

Autoren: Roger Kühn, Tatjana Steen, Frank Schneider, Ulrike Stark, Roma Thamm, Roman Pokora

Referenzen

[1] Sensibilisierung gegen Weizen- und Roggenmehl im Kontext der deutschen Allgemeinbevölkerung Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) aus arbeitsmedizinischer Sicht Roger Kühn, Tatjana Steen, Frank Schneider, Ulrike Stark, Roma Thamm & Roman Pokora Allergo Journal volume 32, pages 26–33 (2023)
Herr Dr. Roger Kühn
Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) Mannheim, Mannheim
4
Für die E-PHOCAS-Studiengruppe

Bereits seit längerem ist bekannt, dass Asthma eine heterogene Erkrankung ist und verschiedene Phänotypen existieren. Diese Erkenntnisse sind unter anderem auch für die Diagnose und Bewertung von Berufsasthma wichtig. Erste Ergebnisse der Europäischen Multicenterstudie E-PHOCAS zeigten Unterschiede von Berufsasthma durch hochmolekulare (HMW) verglichen mit dem durch niedermolekulare (LMW) Stoffe. Berufsasthma durch HMW-Allergene war signifikant mit arbeitsbedingter Rhinitis, Konjunktivitis, Atopie und einer asthmatischen Sofortreaktion im spezifischen Provokationstest assoziiert. Auch der Anstieg des fraktionierten exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO) nach der Provokation war mit HMW-Allergenen signifikant höher als mit LMW-Allergenen. Da die klinische Erfahrung zeigt, dass sich der Wirkmechanismus der niedermolekularen Platinsalze von dem anderer LMW-Stoffe unterscheidet, sollte der Phänotyp von Platinsalz-induziertem Asthma analysiert werden.

Die Charakteristika von 14 Personen mit positivem Provokationstest auf Platinsalz wurden mit denen von 216 Personen mit positivem Provokationstest auf andere LMW-Stoffe (aus der E-PHOCAS-Datenbank) verglichen. Die Vergleiche erfolgten mit dem exakten Fisher-Test für kategorische Variablen und dem Wilcoxon-Rangsummentest für numerische Variablen. Neben den Befunden des Provokationstests wurden weitere Basisdaten der Begutachtung erfasst (Personen- und Berufsdaten, Symptome, Medikation, Lungenfunktion, unspezifische bronchiale Überempfindlichkeit (Methacholintest), Sensibilisierung). Außerdem wurde die Höhe des FeNOs vor und 24 h nach dem Provokationstest der beiden Gruppen miteinander verglichen.

Die Auswertung zeigte, dass im untersuchten Kollektiv Platinsalz-induziertes Asthma im Vergleich zu Asthma gegen andere LMW-Stoffe häufiger mit Atopie (57% vs. 44%, p = 0,355) und einer isolierten Sofortreaktion im Provokationstest (57% vs. 33%, p = 0,412) einherging. Zudem litten Personen mit Asthma auf Platinsalze signifikant häufiger unter berufsbedingter Rhinitis (86% vs. 53%, p = 0,018) und zeigten einen signifikant höheren FeNO-Anstieg nach dem spezifischen Provokationstest als Personen mit Asthma durch andere LMW-Substanzen (34 ppb vs. 2 ppb, p < 0,001).

Das durch Platinsalze induzierte Berufsasthma unterscheidet sich vom Asthma gegen andere LMW-Substanzen und ähnelt phänotypisch eher dem IgE-vermittelten Asthma, das von HMW-Substanzen bekannt ist.
Frau Dr. Vera van Kampen
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
5

Einleitung

Die Gelbfieberimpfung ist bei Einreise in und aus vielen Ländern mit Endemiegebieten vorgeschrieben. Eine Dosis beträgt 0,5 ml, die subkutan appliziert wird. Bei bekannter Hühnereiweißallergie besteht eine Gegenanzeige bei produktionsbedingter Züchtung des Virus in Hühnerembryonen.

Fallbeschreibung


Ein 35-jähriger Patient stellte sich in der interdisziplinären Sprechstunde des Aachener Comprehensive Allergy Center (ACAC) mit dem Wunsch der Gelbfieberimpfung bei seit der Kindheit bekannter Hühnereiweißallergie vor. Er beschrieb eine Kontakturtikaria, Kribbelparästhesien im Rachenraum, Angioödeme der Lippen sowie starkes Erbrechen nach Verzehr von Hühnerei, zu Luftnot und Kreislaufbeschwerden sei es nicht gekommen. Weiterhin war ein allergisches Asthma bekannt. In der dermatologischen Klinik wurde ein Pricktest mit gekochtem und rohem Hühnereiweiß, ein Allergielabor mit IgE-Antikörpern und ein spezifischer Provokationstest (Verzehr) mit gekochtem Hühnereiweiß durchgeführt.

Verlauf


Im Allergielabor zeigte sich der Patient mäßig sensibilisiert auf Hühnereiweiß und -eigelb der CAP-Klasse 2, gering sensibilisiert auf Conalbumin der CAP-Klasse 1 und Ovalbumin CAP Klasse 0 (0,3 kUA/l), sowie mit einem Gesamt-IgE-Spiegel von 47,1 kU/l. Im Pricktest zeigte sich bei gekochtem Eiweiß eine Quaddel von 2 mm und bei rohem von 7 mm, bei einer Histamin-Positivkontrolle von 6 mm. Im oralen Provokationstest mit maximal einem halben gekochten Hühnereiweiß zeigten sich leichte Magenbeschwerden, sonst keine spezifische allergische Reaktion. Da ein dringender Wunsch des Patienten trotz Gegenanzeige bestand, er arbeitet als Krisenhelfer auf der ganzen Welt, erfolgte die Planung der Impfung. In einzelnen Studien wurde beschrieben, das eine Dosis von 0,1 ml zu einer erfolgreichen Serokonversion geführt habe. Daran angelehnt erfolgte die Impfung mit 0,1 ml Stamaril® subkutan unter Anaphylaxie-Bereitschaft. Nach 30 Minuten zeigte sich eine dermale Reaktion mit 30 mm Rötung und kleiner Quaddel ohne weitere Symptome. Nach 11 Wochen erfolgte der Antikörpernachweis im Neutralisationstest mit Titer von 105 bzw. 119, bei dem von einer Immunität auszugehen ist.

Schlussfolgerung


Eine Gelbfieberimpfung ist bei Hühnereiweißallergie nicht indiziert. Bei zwingenden Gründen für eine Immunität kann eine Impfung mit 1/5 der Dosis (0,1 ml) unter entsprechender Überwachung erwogen werden. Ein Nachweis der Immunität sollte anschließend per Neutralisationstest erfolgen.
Herr Amir Maleki
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
Fr
15 Mär
10:00 - 11:30
Vorträge
Psychische Belastung und Beanspruchung
Raum: Hörsaal/Onlineraum 7 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Steffi Kreuzfeld und Adrian Loerbroks
Beiträge:
1
Hintergrund: Technik und digitale Technologien wurden in ihren Konsequenzen für den menschlichen Schlaf bisher vor allem im Bereich der Freizeitnutzung untersucht. Weniger ist hingegen darüber bekannt, inwieweit auch die arbeitsbezogene Nutzung im Zusammenspiel zwischen individuellen, organisationalen und technischen Aspekten einen Einfluss auf den Schlaf von Beschäftigten haben kann. In der vorliegenden Studie wird untersucht, welchen Einfluss - über die Wirkung anderer Stressoren hinaus - diese Merkmale sowie sog. Technostress auf Schlafdauer, -qualität und -störungen haben.
Methoden: Beschäftigte aus 3 KMU wurden im Abstand von etwa 15 Monaten zweimal zu Arbeitsbedingungen, Technik und Beanspruchung mit etablierten Instrumenten befragt. Die Erfassung von Schlafdauer, -qualität, Ein- und Durchschlafstörungen erfolgte mit Items der DEGS Studie. Merkmale der Technik wurden auf den Ebenen Nutzung (Anzahl, Einsatz), Nutzbarkeit (Usability, Handhabbarkeit, Verstehbarkeit, Weiterbildung), Technostress (Overload, Uncertainty, Reliability) und individuell wahrgenommene Kompetenz erfasst. Multiple lineare Regressionen erfolgten im Quer- und Längsschnitt unter Kontrolle der Arbeitsintensität als Stressormaß.
Ergebnisse: 193 Beschäftigte (72 Frauen, 41.9±12.6 Jahre) nahmen im Querschnitt an t1 teil, 92 (50 Männer, 43.7±12.6 Jahre) aus t2 konnten für den Längsschnitt gematcht werden. Im Querschnitt zeigten sich protektive Effekte einer guten Usability (Einschlafstörung β=-.243**, Durchschlafstörung β=-.206**, Schlafqualität β=.275***) und einer hohen Technikkompetenz (Schlafdauer β=.158*, Durchschlafstörung β=-.192*, Schlafqualität β=.193*). Im Längsschnitt zeigte sich vor allem ein Einfluss der Anzahl der genutzten Technologien: Je höher diese war, desto höher war die Schlafdauer (β=.243**) und -qualität (β=.222*) und desto geringer die Einschlafstörungen (β=-.176*). Technostress war in keinem Modell ein bedeutsamer Prädiktor.
Diskussion: Trotz - in dem komplexen Geschehen Schlaf erwartbar - eher kleinen Varianzaufklärungen zeigt die Studie die positiven und unterstützenden Effekte gut gestalteter Technik und Technologien am Arbeitsplatz ebenso wie die Notwendigkeit, Beschäftigte durch Qualifikation für diese Hilfsmittel „mitzunehmen“. Es wird auch diskutiert, inwieweit die aktuell häufig eingesetzten Technostress-Skalen hilfreich sind oder ob nicht wieder stärker auf grundlegende Gestaltungskriterien, wie z.B. in der ISO 9241-110 niedergelegt, geachtet werden sollte.
Frau Prof. Dr. Britta Herbig
LMU Klinikum, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, München
2

Einleitung

Die Arbeitswelt erfährt eine umfassende Transformation hin zu neuen Arbeitsformen (New Work). Beschäftigte arbeiten zunehmend in New Work-Arbeitssettings, gekennzeichnet durch Flexibilität, Digitalisierung, Agilität und Demokratisierung. Einige Beschäftigte erleben dadurch Ressourcen, für andere stellen diese neuen Arbeitsformen dagegen eher eine Belastung dar. Woran könnte das liegen? Im Rahmen einer Promotion wird die Rolle von Arbeitsgestaltungskompetenzen (AGK) untersucht. Diese setzen sich zusammen aus Planungs- (PK), Selbstmotivierungs- (SMK), und Stressvermeidungskompetenz (SVK). Ziel ist es herauszufinden, wie kompetent Beschäftigte in Deutschland sind, ihre Arbeit selbst zu gestalten und Gestaltungsspielräume gesundheitsförderlich zu nutzen.

Methoden

Verwendet werden die Daten aus zwei Forschungsprojekten: 1) eJustice mit einer Stichprobe von N = 72 Verwaltungsangestellten in einem Berliner Senat mit Schwerpunkt auf das New Work-Arbeitssettings Digitalisierung sowie 2) BGM4NewWork mit einer deutschlandweiten Stichprobe von N = 528 Beschäftigten in unterschiedlichen New Work-Arbeitssettings. Mittels Strukturgleichungsmodellen (SEM) wurde der Zusammenhang von AGK und emotionaler Erschöpfung untersucht.

Ergebnisse

In beiden Stichproben zeigt sich die Relevanz von SMK und SVK hinsichtlich emotionaler Erschöpfung von Beschäftigten in New Work-Arbeitssettings. In Projekt 1) korrelieren alle drei AGK signifikant mit emotionaler Erschöpfung. Der Modellfit des SEM indiziert eine gute Passung des Modells zu den Daten. SMK und SVK sind signifikante Prädiktoren für emotionale Erschöpfung; χ2 (71, N = 67) = 85.200, p = .12; CFI = .972; RMSEA = .055; SRMR = .062. In Projekt 2) konnten diese Befunde repliziert werden. Alle AGK korrelieren signifikant negativ mit emotionaler Erschöpfung. Auch hier sind SMK und SVK signifikante Prädiktoren für emotionale Erschöpfung. PK hat in unseren Daten dagegen keinen signifikanten Einfluss. Kontrolliert wurde für Alter, Arbeitsfähigkeit und Tätigkeitsjahre.

Schlussfolgerung / Diskussion

Arbeiten in New Work-Arbeitssettings birgt gesundheitliche Potenziale und Risiken. Arbeitsgestaltungskompetenzen scheinen eine entscheidende individuelle Ressource für Beschäftigte darzustellen. Sie ermöglichen es, Gestaltungsspielräume zu nutzen und könnten emotionale Erschöpfung gesundheitsförderlich beeinflussen.
Frau M.Sc. (Psych) Fiona Niebuhr
Institut für Arbeitsmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin
3
Angesichts des Personalmangels bei steigendem Versorgungsbedarf steht das Gesundheitswesen vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Ziel dieser Studie war es, den Zusammenhang zwischen Arbeitszeitautonomie und Gesundheit (Fatigue, psychosomatische Beschwerden und Arbeitsfähigkeit) sowie beruflichen Ergebnissen (Arbeitszufriedenheit, Fluktuationsabsicht) bei Beschäftigten im Gesundheitswesen zu untersuchen.

Basierend auf Daten der BAuA-Arbeitszeitbefragung wurde eine Stichprobe von n = 1.093 Beschäftigten im Gesundheitswesen analysiert und eine Latent Profile Analysis (LPA) durchgeführt, um Cluster von Erwerbstätigen anhand der Arbeitszeitautonomie zu ermitteln. Anschließend wurde mittels Regressionsanalysen der Zusammenhang zwischen Autonomieclustern und Wohlbefinden sowie Fluktuationsabsicht untersucht, wobei soziodemografische Merkmale, als auch berufliche Faktoren berücksichtigt wurden.

Die LPA ergab ein Drei-Cluster-Modell: hohe (Cluster 1), mittlere bis hohe (Cluster 2) und geringe Arbeitszeitautonomie (Cluster 3). Die extrahierten Profile der Arbeitszeitautonomie unterschieden sich hinsichtlich bestimmter soziodemografischer und beruflicher Merkmale, nicht jedoch hinsichtlich der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit oder des monatlichen Haushaltseinkommens. Multivariate Regressionsanalysen ergaben u.a., dass die Zugehörigkeit zum Cluster mit geringer Autonomie mit mehr psychosomatischen Gesundheitsbeschwerden (IRR: 1,427, p=0,008), geringerer Arbeitsfähigkeit (OR 0,339, p<0,001) sowie geringerer Arbeitszufriedenheit verbunden war (OR 0,216, p<0,001).

Die Analysen zeigen deutlich, dass die Arbeitszeitautonomie als wichtiger Faktor für Zufriedenheit, Wohlbefinden und Fluktuationsabsicht bei Beschäftigten im Gesundheitswesen angesehen werden sollte.
Frau Dr. Franziska Jung
Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin & Public Health, Med. Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig
4
Zur Lehrergesundheit gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Studien. Für Ausbilder im Betrieb hingegen, die ebenfalls Jugendliche und junge Erwachsen unterrichten, allerdings unter anderen Rahmenbedingungen, liegen bislang keine Daten vor. Ziel ist es, erstmals Daten zur Ausbildergesundheit zu erheben und ein Gesundheits- und Belastungsprofil zu erstellen.

104 Ausbilder (46,4 Jahre, 71% Männer, 29% Frauen) wurden hinsichtlich ihrer Gesundheit, ihres Gesundheitsverhaltens und ihrer Belastungen untersucht. Die Datenerhebung erfolgte online mit Hilfe des Programms GrafStat. Dabei kamen folgende Fragebögen zum Einsatz: WHO 5 Well-Being Scale, Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM), Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) und Work Ability Index.

70% der Ausbilder schätzen ihren Gesundheitszustand als sehr gut bis gut ein und 9% als schlecht bis sehr schlecht.
Häufigste gesundheitliche Beschwerden in den letzten 12 Monaten waren Atemwegserkrankungen (77%), Rückenschmerzen (71%) und Schlafstörungen (68%).
Im Mittel waren die Ausbilder 5,5 Tage/Jahr arbeitsunfähig, 47% waren an keinen Tag arbeitsunfähig.
Laut Body-Mass-Index gelten 34% der Ausbilder als übergewichtig und 9% als adipös.
Nach dem WHO-5-Index ist bei 30% der Ausbilder das Wohlbefinden beeinträchtigt. Wichtigster Einflussfaktor auf das Wohlbefinden ist der Schlaf.
Bei 60% der Teilzeitausbilder kommt es gelegentlich zu Konflikten mit den anderen beruflichen Anforderungen.
Wichtigste Belastungsfaktoren sind: zu viele Auszubildende, unterschiedliche Lernvoraussetzungen, Ärger mit der Berufsschule und Verwaltungsarbeit.
Eine gewisse Unzufriedenheit erzeugen fehlende Wertschätzung der Arbeit, fehlende Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, kein angemessenes Einkommen und hoher Arbeitsdruck bzw. -belastung.
Ausbilder haben eine hohe Zufriedenheit mit ihrer Tätigkeit. Sie haben im Vergleich zu Lehrern weniger AU-Tage, bewegen sich mehr und haben eine bessere Work-Life-Balance.

Ausbilder scheinen trotz ungünstigerer Rahmenbedingungen zufriedener und gesünder zu sein als Lehrer. Wichtige Handlungsfelder für die Gesundheitsförderung sind: Rückengesundheit, Körpergewichtsmanagement, Schlafhygiene und Stressmanagement.
Herr Prof. Dr. Manfred Betz
Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen
5
Hintergrund
Stress ist ein verbreiteter Belastungsfaktor im Dienst- und Arbeitsleben. Gleichzeitig sind psychische Beschwerden einer der zentralen Gründe für krankheitsbedingte Arbeitsausfälle und lange Ausfallzeiten. Zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sowie für den Erhalt und die Steigerung der psychischen Fitness des Personalkörpers ist die Betrachtung dieser Faktoren relevant. Daher wurde die im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements der Bundeswehr durchgeführte Bedarfsanalyse AIGScreenBw hinsichtlich dieser Themen zentral ausgewertet.

Methode
Der zur Verfügung stehende Datensatz umfasst über 30.000 Fälle aus knapp 250 verschiedenen Dienststellen aller Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche des Geschäftsbereichs BMVg aus den Jahren 2017 bis 2021. Die Daten wurden im Auftrag der Bundeswehr durch den Forschungsnehmer Universitätsmedizin Mainz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erhoben.
Die Dienststellen wurden in tätigkeitsspezifische Cluster eingeteilt und bezüglich der Ausprägung von subjektivem arbeitsbezogenem Stress sowie der subjektiven psychischen Gesundheit verglichen. Anschließend wurden mittels Regressionsmodellen der Einfluss des subjektiven arbeitsbezogenen Stresses auf die psychische Gesundheit, das Engagement und die Bewertung der Arbeitssituation untersucht.

Ergebnisse
Die Cluster unterschieden sich signifikant hinsichtlich der Ausprägung des subjektiven arbeitsbezogenen Stresses sowie der Häufigkeit von psychischen Beschwerden. Es konnten ein signifikanter Einfluss des subjektiven arbeitsbezogenen Stresses sowohl auf die psychische Gesundheit als auch auf das Engagement und die Bewertung der Arbeitssituation identifiziert werden.

Diskussion
Die durchgeführten Untersuchungen zielten darauf ab, aus den identifizierten Zusammenhängen Bedarfe an Präventionsmaßnahmen abzuleiten und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren der Prävention in der Bundeswehr zu intensivieren. Weiterhin ergeben sich Implikationen für die Schwerpunkte der gesamte Ausrichtung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements als Beitrag zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr.
Herr Hauptmann Clemens Dickob
Zentraler Sanitätsdienst der Bundeswehr, Koblenz
6
In der Jugendhilfe werden zwei Bereiche unterschieden - die ambulante und die
(teil-)stationäre Jugendhilfe. Gemeinsam ist diesen beiden Bereichen, dass sich die Arbeit durch eine hohe emotionale Inanspruchnahme auszeichnet, da die Beschäftigten in der Jugendhilfe kontinuierlich mit dem psychischen und physischen Leid ihrer Klient:innen konfrontiert sind. Unklar ist jedoch, ob in der Arbeits- und Gesundheitssituation Spezifika bestehen, die es bei der Arbeitsgestaltung und Gesundheitsförderung zu berücksichtigen gilt.
Deshalb ist das Ziel dieser Studie erstmals die Stressoren und Ressourcen der ambulanten und stationären Jugendhilfe im Vergleich zu untersuchen, um Empfehlungen für berufsspezifische Präventionsmaßnahmen abzuleiten.

Die Teilnehmenden der Studie wurden über die Leitungen der bei der BGW versicherten Verbände, der BGW Internetseite sowie einem BGW Newsletter akquiriert. Für den Vergleich der Arbeitsbedingungen zwischen ambulanter und stationärer Jugendhilfe werden gruppenweise arithmetische Mittelwerte der jeweiligen Skalen und die zugehörigen Standardabweichungen berechnet. Die Mittelwerte der Skalen werden mittels t-Tests verglichen und die Effektstärken mithilfe von Cohens d quantifiziert.

Insgesamt haben an der Studie N=1044 Beschäftigte in der Jugendhilfe teilgenommen. Davon entstammen 671 Personen (64,3 %) dem Bereich der stationären Jugendhilfe. Insgesamt zeigt sich, dass die meisten Arbeitsmerkmale in der ambulanten und der stationären Jugendhilfe ähnliche Ausprägungen aufweisen. Es gibt jedoch auch einige Unterschiede. Im Bereich der Stressoren sind insbesondere die sozialen Anforderungen und Aggressionen ausgehend von den Klient:innen in der stationären Jugendhilfe höher ausgeprägt. Dahingegen ist die Ressource Handlungsspielraum in der stationären Jugendhilfe deutlich geringer ausgeprägt. Zudem zeigen die Beschäftigten in der stationären Jugendhilfe ein höheres Maß an selbstgefährdenden Stressbewältigungsstrategien. Die Gesundheitsindikatoren unterscheiden sich in ihrer Ausprägung nicht signifikant voneinander.

Im Bereich der stationären Jugendhilfe ist besonders auf die Gewaltprävention und die Stärkung des Entscheidungsspielraumes zu achten, da diese beiden Faktoren im Vergleich zur ambulanten Jugendhilfe auffällig waren.

Referenzen

[1] Baldschun A (2019) Arbeitszufriedenheit von Sozialarbeitern:
Konzepte, Strukturen und Faktoren des Wohlbefindens von Sozialarbeitern und
Sozialarbeiterinnen in sozialen Diensten. In: Borrmann S, Fedke C, Thiessen B.
(Hrsg.) Soziale Kohäsion und gesellschaftliche Wandlungsprozesse. Sozialer
Wandel und Kohäsionsforschung. Springer VS, Wiesbaden[2] Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) Kinder- und
Jugendhilfe (SGB VIII)[3] Vincent-Hoper S, Lengen JC, Kersten M et
al (2020) Analysis of job-related demands and resources in ambulatory youth welfare services: a
qualitative and quantitative approach. Int J Environ Res Public Health. https://doi.org/10.3390/ijerph17082941
Frau Dr. Maren Kersten
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), Hamburg
Fr
15 Mär
14:15 - 15:15
Vorträge
Lunge
Raum: Hörsaal/Onlineraum 7 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Nicola Kotschy-Lang
Beiträge:
1
Menschen, die regelmäßig Mehlstaub ausgesetzt sind, leiden häufiger unter allergischen Erkrankungen. Auch Bäcker sind berufsbedingt vermehrt von diesen Erkrankungen betroffen. Ziel der vorliegenden Studie ist es, Risikofaktoren zu identifizieren, die zur Entstehung von Bäckerasthma und berufsbedingter Rhinitis beitragen können, und diagnostische Parameter zu ihrer Früherkennung zu definieren.

Es wurden 127 Auszubildende für Bäckerei (n=50) und Konditorei (n=77) dreier Ausbildungsjahrgänge über das Schuljahr 2021/22 hinweg regelmäßig untersucht. Mittels Fragebögen wurden die medizinische Vorgeschichte sowie jeweils aktuelle Symptome und Arbeitsbedingungen erfasst. Zudem erfolgten bei jedem Termin Lungenfunktionsuntersuchungen mittels Spirometrie (SpiroScout, Ganshorn) und FeNO-Bestimmung (Vivatmo pro, Bosch). Zusammenhänge selbstberichteter Symptome mit Jahrgangsstufe, Ausbildungsrichtung sowie Arbeitsbedingungen wurden mittels Chi2-Test geprüft. In erster explorativer Analyse wurde zudem der Verlauf der Lungenfunktion in den Jahrgängen und Ausbildungsgruppen mittels gleitender Mittelwerte vergleichend gegenübergestellt.

Mit zunehmender Ausbildungsdauer zeigte sich über alle Teilnehmer hinweg ein Anstieg rhinitischer und dermaler Symptome. Als arbeitsplatzbezogene Risikofaktoren für vermehrte Symptomatik wurden fehlende Wrasenextraktionssysteme an Backöfen und eine hohe Staubentwicklung beim Umfüllen von Backmitteln identifiziert. Den wichtigsten endogenen Risikofaktor stellten allergische Erkrankungen (Asthma, Rhinitis, Dermatitis) in der eigenen Vorgeschichte dar. Raucher zeigten erwartungsgemäß niedrigere FeNO-Werte als Nicht-Raucher. Bei Bäcker-Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr wurden unadjustiert im Mittel ein leichter Anstieg von FeNO sowie eine geringfügige Abnahme von FEV1/FVC beobachtet.

Die ersten Ergebnisse der vorläufigen Analyse deuten darauf hin, dass spezifische Arbeitsplatzmerkmale, die mit erhöhter Staubexposition einhergehen, als prioritäre Faktoren für das Auftreten potentiell allergischer Symptomatik identifiziert werden können und dass mittels aufwandsarmer lungenfunktioneller Diagnostik bei den Bäcker-Auszubildenden bereits frühzeitig respiratorische Alterationen detektiert werden können. Diese Beobachtungen sollen im Folgenden mittels weitergehender statistischer Analyse unter Berücksichtigung von Allergie- und Raucherstatus näher charakterisiert und quantifiziert werden.

Unterstützt durch Bosch Healthcare Solutions GmbH (Leihgerät).

Frau Gina-Maria Klaut
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, LMU München, München
Studium der Humanmedizin an der LMU München seit 2017 Studium der Sport- und angewandten Trainingswissenschaften an der DHGS seit 2022
2

Einleitung

Molekulare Signalwege, die bei der Lungenfibrose eine Rolle spielen, sind auch bei der Entstehung von Lungenkrebs relevant. In dieser systematischen Übersichtsarbeit wurde untersucht, ob eine berufsbedingte Lungenfibrose einen Risikofaktor für Lungenkrebs bei Personen darstellt, die beruflich mit Asbest, Quarz- oder Kohle-/Mischstäuben exponiert sind.
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Methoden

Eine systematische Suche in den Datenbanken MEDLINE, Embase, CENTRAL und Web of Science wurde durchgeführt. Anschließend durchliefen die Studien ein zweistufiges Screening, Extraktion und eine strukturierte Bewertung der Studienqualität für jede Substanz separat. Die Kriterien für den Einschluss in die Meta-Analyse wurden beurteilt und die qualitative Auswertung erfolgte gemäß Office of Health Assessment and Translation (OHAT) des National Toxicology Program.

Ergebnisse

54 Studien wurden nach Screening einbezogen. In der Meta-Analyse zeigte sich in Subgruppen-Analysen Silikose als Risikofaktor für Lungenkrebs in Autopsiestudien (OR 1,47; 95%-CI 1,13-1,90) und für die Lungenkrebsmortalität bei Silikosepatienten (OR 3,21; 95%-CI 2,67-3,87). Studien mit Silikosepatient*innen, bei denen zumindest das Rauchen berücksichtigt wurde, ergaben einen signifikanten Anstieg des Lungenkrebsrisikos über alle Studienarten (OR 1,58; 95%-CI 1,34-1,87). In der qualitativen Analyse wurde Asbestose als Risikofaktor für Lungenkrebs identifiziert, der unabhängig vom Rauchen oder der kumulativen Exposition sein könnte. Für Mischstäube, Kohlenstäube und andere Expositionen konnte nur unzureichende oder keine Literatur einbezogen werden.
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Schlussfolgerung / Diskussion

Diese systematische Übersichtsarbeit bestätigt frühere Ergebnisse zu Asbestose und Silikose, die auf ein höheres Lungenkrebsrisiko bei exponierten Personen mit Fibrose im Vergleich zu exponierten Personen ohne Fibrose hinweisen. Bei Personen, die Asbest und/oder Quarzstäuben ausgesetzt waren, sollte das erhöhte Lungenkrebs bedacht werden, insbesondere wenn eine Asbestose oder Silikose vorliegt.
Frau Priv.-Doz. Dr. Julia Krabbe
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
3
Einleitung: Die pulmonale Alveolarproteinose (pAP) ist eine seltene Lungenerkrankung bei der sich Surfactant-Bestandteile wie Phospholipide und Lipoproteine in den Alveolen sammeln. Folgen sind eine Gasaustauschstörung und eine restriktive Lungenfunktion. Bei Fortschreiten der Erkrankung können sich eine Lungenfibrose und ein Cor pulmonale entwickeln. Es wird nach Ätiologie zwischen primären (autoimmun oder hereditär) und sekundären Formen unterschieden. Letztere entstehen auf dem Boden einer Grunderkrankung oder nach Inhalation bestimmter Noxen. Blanc et al., 2019, kamen in einer Metaanalyse zu dem Schluss, dass in etwa 30 % der Fälle einer pAP eine relevante berufliche Inhalation von Stäuben, Rauch, Gasen oder Dämpfen vorliegt [1]. Eine klare Unterscheidung zwischen primären und sekundären Formen der pAP auf der Grundlage der Exposition ist nicht möglich, da eine relevante inhalative Exposition auch bei etwa 50 % der autoimmunen Form beschrieben wurde.

Methoden: Es erfolgte eine qualitative Literaturrecherche mit dem Ziel, den aktuellen Wissensstand über mögliche berufliche Auslöser der pAP zusammenzufassen.

Ergebnisse: Bei den meisten Publikationen zu pAP und inhalativer Exposition handelt es sich um Einzelfallberichte oder kleine retrospektive Studien. Die Angabe zu der beruflichen Exposition ist unterschiedlich präzise. Unter den anorganischen Stäuben kann die Inhalation von Quarzstaub dazu führen, dass eine akute Silikoproteinose auftritt. Für die Inhalation von Metallstäuben und -rauchen wie Aluminium, Indium und Titan gibt es Assoziationen zum Auftreten einer pAP. Auch die organischen Stäube von Baumwolle, Holz und Mehl sowie verschiedene Chemikalien werden mit dem Auftreten von pAP in Zusammenhang gebracht.

Schlussfolgerung: Die Datenlage ist nicht ausreichend, um für alle genannten Expositionen eine Kausalität anzunehmen. Die Erfassung von inhalativen Expositionen ist für alle Patientinnen und Patienten mit pAP relevant. Es ist wichtig, dass inhalative Expositionen vermieden werden, indem Präventionsmaßnahmen am Arbeitsplatz etabliert werden. Es bedarf einer wissenschaftlichen Auswertung dieser Daten, um die Evidenzbasis für die ärztliche Beratung von Erkrankten, Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Unfallversicherungsträgern zu liefern.

Referenzen

[1] Blanc PD, Annesi-Maesano I, Balmes JR, Cummings KJ, Fishwick D, Miedinger D, et al. The Occupational Burden of Nonmalignant Respiratory Diseases. An Official American Thoracic Society and European Respiratory Society Statement. Am J Respir Crit Care Med. 2019; 199(11):1312-1334.
Frau Dr. med. Julia Pieter
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
4
Die Latenzzeit zwischen einer Asbestfaserexposition und einer asbestbedingten Krebserkrankung kann mehrere Jahrzehnte betragen. So ist die Inzidenz auch 30 Jahre nach dem Asbestverbot in Deutschland weiterhin hoch. Seit 2002 bietet das Asbestos Surveillance Program Aachen (ASPA) eine risikodifferenzierte Nachsorge für 8565 Personen mit beruflicher Asbestexposition an.

In dieser Analyse wurden die Daten eines Vitalstatus-Updates ausgewertet. Die standardisierte Mortalitätsraten (SMR) und das 95% Konfidenzintervall (KI) wurden für Lungenkarzinome und Mesotheliome berechnet. Die Latenzzeit wurde als Zeitraum zwischen der ersten Asbestfaserexposition und dem Tod durch Mesotheliom oder Lungenkarzinom definiert. Der Einfluss der kumulativen Asbestfaserexposition [Faserjahre] und der Expositionsdauer auf die Latenzzeit wurde mittels multipler linearer Regression untersucht.

Die Mesotheliomsterblichkeit (n = 105) stieg mit zunehmender kumulativer Asbestfaserexposition an, nicht jedoch mit der Expositionsdauer. Die höchste Mesotheliomsterblichkeit (SMR: 21,66; 95% KI: 13,58-34,84) wiesen unabhängig von der kumulativen Asbestfaserexposition Personen auf, die kurzzeitig Tätigkeiten mit extrem hoher Exposition ausübten (z.B. Turbinenrevisionen). Die Lungenkarzinomsterblichkeit (n = 216) war nicht erhöht (SMR: 0,98; 95% KI: 0,80-1,16). Die mediane Latenzzeit für Mesotheliome betrug 46 (15-63) Jahre und für Lungenkarzinome 44 (15-70) Jahre. Die Latenzzeit wurde weder durch die kumulative Asbestfaserexposition noch durch das Rauchverhalten signifikant beeinflusst. Das Alter bei Versterben wurde nicht durch das Alter bei Erstexposition beeinflusst.
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Die Berufsanamnese sollte Fragen zu Arbeiten mit massiv erhöhten Asbestfaserexpositionen beinhalten, auch wenn diese nur über einen kurzen Zeitraum durchgeführt wurden. Für die Abschätzung des Mesotheliomrisikos ist die kumulative Asbestexposition geeigneter als die Expositionsdauer. Das kritische Zeitfenster, in dem die Betroffenen an Mesotheliomen oder Lungenkarzinomen verstarben, lag zwischen dem sechsten und achten Lebensjahrzehnt.
Frau Nelly Otte
Universitätsklinikum Aachen, Aachen
Fr
15 Mär
08:30 - 09:30
Vorträge
Digitale Lehre und mehr
Raum: Hörsaal/Onlineraum 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Sibylle Hildenbrand und Monika A. Rieger
Beiträge:
1

Einleitung

Im Zuge der Pandemie wurde die Lehre flächendeckend auf Online-Formate umgestellt. Seit Präsenzvorlesungen wieder möglich sind, stellt sich die Frage, ob und inwieweit es sinnvoll ist, die Online-Lehre fortzusetzen.

Methoden

Im Rahmen des arbeitsmedizinischen Blockpraktikums wurden insgesamt 297 Studierende der Humanmedizin per Online-Fragebogen gebeten, verschiedene Aspekte rund um die Online-Lehre zu bewerten. Hierzu zählten die gesundheitsbezogenen Bereiche Erholung/Schlaf, Ernährung, Bewegung und körperliche Bedürfnisse sowie Leistungsfähigkeit und Studienorganisation, die auf einer fünfstufigen Likert-Skala zu bewerten waren. Weiterhin wurde der Anteil der Online-Lehre bewertet und weitere Anmerkungen über offene Fragen ermöglicht. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 26 Jahren, 67 % der Befragten waren weiblich. Die Daten wurden deskriptiv ausgewertet.​​​​​​

Ergebnisse

Die Studierenden gaben an, dass der derzeitige Anteil der Online-Lehre bei knapp 26 % liege, wobei der Anteil, den sie als sinnvoll erachten, bei 30 % liegt. Als positiver Aspekt der Online-Lehre wurde am häufigsten im Bereich der Studienorganisation die Möglichkeit genannt, Kurse bei Unwohlsein zu besuchen (M 4.1, StD 0.98), gefolgt von der regelmäßigen Getränkeaufnahme (M 3.6; StD 1.15) im Bereich Ernährung. Anschließend folgte der Bereich Erholung/Schlaf mit Schwerpunkt auf Powernaps (M 3.6; StD 1.28).

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse zeigen die positiven Seiten der Online-Lehre hinsichtlich sekundärer Aspekte. Eine Bewertung der Qualität der Lehre, Prüfungsergebnisse und langfristige Auswirkungen der Online-Lehre können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dennoch wird deutlich, dass die Online-Lehre bei überlegtem Einsatz auch in einem praxisorientierten Fach wie der Humanmedizin eine sinnvolle Ergänzung zur Präsenzlehre darstellen kann. Die flexible Vermittlung von Lehrinhalten kann für die genannten Aspekte Vorteile bringen. Durch die Einbindung der Zielgruppe können weiterhin wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die in die weitere Gestaltung des Unterrichts einfließen können.
Frau Amanda Voss
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
2

Einleitung

Seit Oktober 2020 können Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), sogenannte “Apps auf Rezept”, verordnen. Dabei bieten sich hier neue Chancen für z. B. die Nachsorge und das Krankheitsmanagement in der Arbeitsmedizin. Trotz nachgewiesener Wirksamkeit kommen DiGA jedoch bis heute selten zur Anwendung. Der Verbreitung scheint u. a. fehlende Vertrautheit auf Seiten der medizinischen Fachkräfte entgegenzustehen. Daher sollten Informationen zu DiGA entsprechend dem Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) bereits im Medizinstudium vermittelt und curricular verankert werden. Ziel dieser Studie war es, die Wünsche von Medizinstudierenden hinsichtlich der Lehre zu DiGA zu explorieren.​​​​​

Methoden

Im Rahmen eines Discrete-Choice-Experiments zu Informationspräferenzen in Bezug auf E-Mental-Health-Interventionen wurden N=334 Medizinstudierende (70% Frauen, Alter: M=24, SD=3.95) von Dezember 2022 bis Mai 2023 zusätzlich zu ihren Wünschen zur Gestaltung der Lehre zu DiGA befragt. Hierzu wurden per Online-Survey Erfahrungen im Rahmen des Studiums und Wünsche zu Lerninhalten (z. B. Datenschutz) und Lehrformaten (z. B. Blended Learning) ermittelt.​​​​​​

Ergebnisse

Der Großteil der Befragten (81.1%) gab an, im Rahmen des Studiums nicht über DiGA aufgeklärt worden zu sein. DiGA mit dem Fokus auf psychische Gesundheit wurden am häufigsten behandelt. Etwa 30% der Befragten wünschten sich im Lehrplan schwerpunktmäßig Informationen zur wissenschaftlichen Evidenzlage von DiGA. Jeweils 25% der Medizinstudierenden fanden es am wichtigsten, mehr über die Einsatzbereiche und Individualisierungsmöglichkeiten von DiGA zu erfahren. Seltener waren die Themenschwerpunkte Datenschutz (17.4%) und Entwicklerhintergrund (2.7%) nachgefragt. Als synchrone Veranstaltungen sollten die Lerninhalte über Seminare (Online: 53.9% oder Präsenz: 52.4%) behandelt werden. Vorlesungen (Online: 48.8% oder Präsenz: 32.9%) waren seltener gewünscht. Als asynchrone Veranstaltungen wurden Podcasts (59.0%) oder Webinare (54.5%) präferiert. Auch Blended-Learning-Veranstaltungen (52.4%) stellten eine Option dar.

Schlussfolgerung / Diskussion

DiGA sind aktuell nur selten Gegenstand des Medizinstudiums. Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, welche Lerninhalte und Lehrformate zur Vermittlung von Wissen rund um DiGA von Medizinstudierenden besonders gewünscht sind und wie diese im NKLM verankert sowie konkret in der Lehre umgesetzt werden könnten.
Frau Jessica Bau
Institut für Medizinische Soziologie, Sektion Public Health, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
3
Einleitung
Die digitale Transformation im Gesundheitswesen und der Erwerb entsprechender Kompetenzen sind im deutschen Medizinstudium bisher nicht fest verankert. Studierende verfügen oft nur über begrenztes Wissen zu digitalen Gesundheitsangeboten, insbesondere im Bereich E-Mental-Health. Das Ziel der vorliegenden Fallstudie war es, die Pilotierung eines innovativen digitalen Wahlpflichtfachs zu E-Health (insb. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) bzw. „Apps auf Rezept“) an der Medizinischen Fakultät in Düsseldorf zu beschreiben und den Studierenden entsprechende Kompetenzen zu vermitteln.

Methoden
Das Konzept basiert auf einem Vorgänger-Wahlfach und wurde mit dezentralen Mitteln zur Qualitätsverbesserung (QVM) umgesetzt. Der Fokus lag auf Wissensvermittlung zu Mental-Health, App-Entwicklung, kollaborativem Lernen nach dem Design-Thinking-Ansatz und der kritischen Reflexion der Digitalisierung in der medizinischen Praxis. Das Wahlfach wurde fünfmal innerhalb von 24 Monaten durchgeführt, wobei eine kontinuierliche Evaluation und Optimierung stattfanden.

Ergebnisse
Insgesamt schlossen 43 Studierende das Wahlfach erfolgreich ab und bearbeiteten u.a. Themen zu Prüfungsangst, Stressbewältigung, Resilienz, Brustkrebs und Diabetes. Die Evaluation ergab eine insgesamt hohe Zufriedenheit der Studierenden (SoSe 21: Gesamtbewertung M = 1.5, digitale Umsetzung = 1.7; WS 21/22: 1.7, 1.7; WS 21/22 (Blockkurs): 2.4, 1.8); SoSe 22: 1.3, 1.2; WS 22/23: 1.5, 1.4). Studierende bewerteten v.a. die Inhalte, Flexibilität, Unterstützung des Lehrpersonals und die Struktur des Wahlfachs als positiv. Verbesserungenpotential bestand z.B. bei Gruppenarbeitsprozessen, Abgaben und der Vermittlung von Informationen zur Umsetzung und Durchführung von App-Konzepten. In den letzten Semestern gab es eine höhere Gesamtbewertung und Bewertung der digitalen Umsetzung. Dies kann bedeuten, dass die kontinuierliche Verbesserung des Wahlfachs erfolgreich war.

Schlussfolgerung
Um DiGA als therapeutische Option kennenzulernen, die Funktionsweise zu verstehen und digitale Gesundheit im Alltag von Patienten und Ärzten zu etablieren, sollte E-Health in die medizinische Ausbildung integriert werden. Zukünftige Forschung sollte klare Lernziele für E-Health-Kompetenzen definieren und Empfehlungen für die Integration in medizinische Curricula erarbeiten. Die Teilnahme an E-Health-Kursen sollte durch erweiterte Wahlfachangebote und die Integration in den Stundenplan der Medizinstudierenden gefördert werden.
Frau Lisa Guthardt
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, CHS, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
Frau Fatma Sahan
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, CHS, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
4

Einleitung

Das Lehr- und Prüfungskonzept der „Klinischen Umweltmedizin“ an der Universität Witten/Herdecke mit der Auswahl eines umweltmedizinischen Themas aus einer Liste vorgegebener Themen durch die Studierenden ermöglicht es diesen, ihrer Haltung zum Thema Klimawandel und Gesundheit Ausdruck zu verleihen [1]. Zudem kann das Umweltwissen der Studierenden verbessert und ein Mehrwert für ihre künftige Arbeit als Ärzt:innen im Gesundheitswesen geschaffen werden [2, 3]. Zielsetzung der vorliegenden Studie ist es zu untersuchen, wie Studierende umweltmedizinische Exkursionen vor dem Hintergrund des Klimawandels beurteilen.

Methoden

Die umweltmedizinischen Exkursionen zu den Standorten Klärwerk Buchenhofen, Wasserwerk Herbringhausen und Müllheizkraftwerk Wuppertal wurden im Wintersemester 2022/23 mit 71 Studierenden und im Sommersemester 2023 mit 69 Studierenden der UW/H vorgenommen. Die anschließende Evaluation erfolgte mit einem eigens entwickelten Fragebogen, der insgesamt 10 Fragen beinhaltete, drei soziodemografische, vier kategoriale und drei offene Fragen. Die resultierende Stichprobe bestand aus 106 (75.7% Rücklaufquote) Studierenden (70 w., 36 m.) mit einem durchschnittlichen Alter von 24.8±2.3 Jahren. Die Mehrheit der Studierenden (N=85, 80.2%) hatte keine vorherigen Erfahrungen mit dem jeweiligen Exkursionsort.

Ergebnisse

Die Studierenden gaben an, dass ihre Erwartungen an die Exkursionen im Durchschnitt zu 71.8±27.5% (Min.=0, Max.=100) erfüllt wurden. Bei 52 Studierenden (49.1%) hatte sich ihre Sichtweise auf den Exkursionsort verändert, bei dem die „Komplexität jetzt eher nachvollziehbar“ und „Interesse und Umdenken im eigenen Handeln“ geweckt wurde. Am besten wurde das Müllheizkraftwerk (N=17) mit 8.3±1.4 auf einer Skala von 1-10 bewertet, gefolgt vom Wasserwerk (N=50) mit 7.6±1.8 und dem Klärwerk (N=34) mit 6.9±1.4. Dieser Unterschied zwischen den Exkursionsorten ist signifikant (Kruskal-Wallis-H=7.9, p=.020). Die Reflexion der umweltmedizinischen Exkursionen wurde in den von 79 Studierenden (74.5%) beantworteten offenen Fragen deutlich, wie „bewusster Umgang mit Wasser“, „sinnvoller Umgang mit Medikamenten“, „Nachhaltigkeit i. S. der maximalen Nutzung“. Insgesamt 81 Studierende (76.4%) würden ihre Exkursion weiterempfehlen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Umweltmedizinische Exkursionen können das Interesse für Klima- und Umweltthemen wecken und/oder verstärken, so dass Studierende ihr Umweltwissen steigern und neue relevante Erkenntnisse für den zukünftigen Beruf erlangen.

Referenzen

[1] Reißenweber J, Zupanic M, Buntrock-Schweer M, Hofmann M. Trends in der Themenauswahl umweltmedizinischer Referate von 2006 bis 2014 am Department für Humanmedizin der Universität Witten/Herdecke. Jahrestagung der DGAUM, 18.-20. März 2015 in München; Beitrag 317. [2] Müller L, Kühl M, Kühl SJ. Climate change and health: Changes in student environmental knowledge and awareness due to the implementation of a mandatory elective at the Medical Faculty of Ulm? GMS J Med Educ. 2023;40(3):Doc32. DOI: 10.3205/zma001614, URN: urn:nbn:de:0183-zma0016148.
[3] Straßer P, Kühl M, Kühl SJ. A hidden curriculum for environmental topics in medical education: Impact on environmental knowledge and awareness of the students. GMS J Med Educ. 2023;40(3):Doc27. DOI: 10.3205/zma001609, URN: urn:nbn:de:0183-zma0016093.
Herr Dr. med. Jörg Reißenweber
Studiendekanat Humanmedizin der Fakultät für Gesundheit, Private Universität Witten/Herdecke gGmbH, Witten
Von 1981 bis 1988 Humanmedizinstudium an der Universität Erlangen-Nürnberg - von 1988 bis 2005 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Normale und Pathologische Physiologie mit Zentrum für Elektropathologie der Universität Witten/Herdecke, Hauptforschungsgebiet: elektromagnetische Felder und ihre medizinisch-biologischen Wirkungen - In 2004 Erwerb des Facharztes für Physiologie und der Zusatzbezeichnung Umweltmedizin bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe - 2005 bis heute wissenschaftlicher Mitarbeiter im Studiendekanat Humanmedizin, dabei Organisation und Weiterentwicklung von Prüfungen sowie deren wissenschaftliche Begleitung;
Fr
15 Mär
10:00 - 11:30
Vorträge
COVID-Arbeitsschutz
Raum: Hörsaal/Onlineraum 8 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Thomas Behrens und Monika Raulf
Beiträge:
1
In die Studie eingeschlossen wurden bisher 9 Patientinnen (mittleres Alter 46 Jahre; Beschäftigung in Altenheim, Krankenhaus, Kindertagesstätte), die sich mit persistierenden Beschwerden nach Covid-19 Erkrankung zwischen März 2020 und Mai 2021 bei Verdacht auf eine Berufskrankheit BK 3101 und Einschränkungen der körperlichen und kognitiven Leistungsfähigkeit zwischen April und Juni 2022 in der arbeits- und umweltmedizinischen Ambulanz des UKJ vorgestellt hatten. 5 davon waren zum Zeitpunkt der Untersuchung noch bzw. wieder arbeitsunfähig, 3 hatten Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation absolviert, 2 des Weiteren eine stufenweise Wiedereingliederung, davon eine erfolgreich abgeschlossen. Keine der PostCovid-Patientinnen fühlte sich wieder leistungsfähig hinsichtlich der beruflichen Anforderungen. Des Weiteren wurden 10 weibliche Kontrollen untersucht (5 serologisch ohne Hinweis auf eine abgelaufene COVID-19 Infektion, 5 serologisch mit St.n. COVID-19 Infektion, anamnestisch folgenlos ausgeheilt). In der Lungenfunktionsdiagnostik fanden sich bei den Postcovid Patientinnen sowie bei den genesenen Kontrollpersonen mit St.n. COVID-19 Einschränkungen der DLCO - stärker ausgeprägt in der Gruppe der PostCovid-Patientinnen -, die an den nicht an COVID-19 erkrankten Kontrollen nicht nachweisbar waren, auch psychometrisch (alterskorreliert) häufiger als bei den Kontrollen erniedrigte Werte (Prozentrang <16).
Aus arbeitsmedizinischer und mikrobiologischer Sicht fanden sich in dieser Pilotuntersuchung im Fall-Kontroll-Ansatz bei serologisch gesicherten symptomatischen PostCovid-Patientinnen im Vergleich zu asymptomatischen Kontrollpersonen sowohl Funktionsstörungen in der Lungenfunktion als auch in der kognitiven Leistung, die die berufliche Teilhabe beeinträchtigen. Trotz der langen Arbeitsunfähigkeitszeiten wurden die Möglichkeiten der medizinischen und beruflichen Rehabilitation nur bedingt und bei einem Teil der Patientinnen genutzt und führten nicht unbedingt zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Es empfiehlt sich zu prüfen, die qualitativen und quantitativen Möglichkeiten der Wiedereingliederung effektiver zu nutzen. Die Studie im Fall-Kontroll-Ansatz soll erweitert werden, auch fehlen systematische Untersuchungen größerer Kohorten zu den Auswirkungen von PostCovid bei Beschäftigten in den unterschiedlichen Branchen.
Frau Prof. Dr. med. Astrid Rita Regina Heutelbeck
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena
2
Einleitung: Zur Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) wird der sogenannte Vollbeweis der relevanten Tatsachen, darunter Exposition und Krankheit, durch die Unfallversicherungsträger (UVT) grundsätzlich angefordert. Der Landesgewerbearzt (LGA) in Hessen beteiligte sich seit März 2020 am Feststellungsverfahren aller in diesem Bundesland als BK-Nr. 3101 angezeigten COVID-19-Fällen.
Die BK-Nr. 3101 umfasst klinisch manifeste Infektionen bei Personen, die im Gesundheitswesen, der Wohlfahrtpflege und in Laborberufen tätig sind. Hinsichtlich der COVID-19-Fälle gilt das u.a. für das Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
Kasuistik: Im Folgenden werden zwei als BK-Nr. 3101 angezeigte COVID-19-Fälle vorgestellt.
Der erste Fall betrifft eine im Krankenhaus tätige Ärztin. Im Dezember 2020 hatte sie im Bereich der Intensiv- und Notfallmedizin gearbeitet und milde grippeähnliche Symptome bemerkt. Aufgrund des fehlenden Fiebers sei ein Test auf SARS-CoV-2 nicht veranlasst worden. Im weiteren Verlauf entwickelte die Ärztin auf Long-/Post-COVID hinweisende Beschwerden. Aufgrund ihrer Tätigkeit und der epidemiologischen Lage zum Zeitpunkt der Erkrankung war aus gewerbeärztlicher Sicht die Anerkennung der Erkrankung als BK-Nr. 3101 zu empfehlen, trotz nicht vorliegendem PCR-Test. Dennoch wurde zuerst u.a. ein arbeitsmedizinisches BK-Zusammenhangsgutachen durch einen erfahrenen arbeitsmedizinischen Sachverständigen empfohlen. Der Gutachter stimmte der gewerbeärztlichen Empfehlung, eine BK-Nr. 3101 anzuerkennen, zu.
Der zweite Fall betrifft einen Beschäftigten im ambulanten Pflegebereich, der im November 2020 ausgeprägte „Erkältung“-Symptome mit daraus folgender Arbeitsunfähigkeit zeigte. Der positive SARS-CoV-2-PCR-Test erfolgte mit Verzögerung. Relevante Kontakte des Erkrankten mit der als in Frage kommenden (identischen) sog. Indexperson hatten vor der Diagnosefeststellung sowohl am Arbeitsplatz als auch im privaten Umfeld stattgefunden. Der LGA und der zuständige UVT vertraten gegensätzliche Auffassungen in der Entscheidung hinsichtlich des Vollbeweises der Exposition und der Anerkennung einer BK-Nr. 3101.
Schlussfolgerung: Eine umfängliche Betrachtung des Vollbeweises ist bei den als BK-Nr. 3101 angezeigten COVID-19-Fällen mit kontroversen Aspekten von größter Wichtigkeit, um im Feststellungsverfahren eine richtige Entscheidung zu ermöglichen.
Frau Dr. med. Luminița Cerviș
Landesgewerbearzt Hessen, Wiesbaden
3
Hintergrund
In Deutschland werden Infektionserkrankungen bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege sowie in Laboren als Berufskrankheit anerkannt (vgl. BK 3101). Zu Beginn der COVID-19-Pandemie stellte sich die Frage, bei welchen Berufen darüber hinaus Beschäftigte einem vergleichbaren Risiko ausgesetzt sind. Dies sollte mit einem systematischen Review und einer anschließenden Meta-Analyse geklärt werden.
Methode
Die Literaturdatenbanken EMBASE und Medline sowie der preprint-server medRxiv wurden durchsucht. Texte, die ausschließlich bereits anerkannte Berufe berichteten, wurden ausgeschlossen. Als Outcome wurden Infektion, Hospitalisierung oder Mortalität aufgrund des Virus berücksichtigt. Das Screening der Texte wurde im Vier-Augen-Prinzip durchgeführt. In absteigender Präferenz wurden administrative Berufe, nicht-systemrelevante Berufe sowie ‚other‘ und die Allgemeinbevölkerung als Vergleichsgruppen herangezogen. In die Analyse eingeschlossene Texte wurden hinsichtlich ihres ‚Risk of Bias‘ [1] bewertet. Berufsangaben der extrahierten Daten wurden auf die ‚Klassifikation der Berufe‘ vereinheitlicht. Meta-Analysen auf Basis des random-effects-Modells wurden bis auf Ebene der Berufsuntergruppen durchgeführt. Für die Aspekte ‚Risk of Bias‘, ‚outcome‘ und ‚Vergleichsgruppe‘ wurden Subgruppen analysiert. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz wurde nach GRADE bewertet. Vorab wurde das Vorhaben in einem PROSPERO-Protokoll dargestellt [2].
Ergebnisse
Die systematische Suche ergab 8.432 Treffer. Davon entsprachen 21 den Ein- und Ausschlusskriterien, sie wurden durch vier zusätzlich gefundene Texte ergänzt. Fünf der 25 Texte wurden mit einem geringen ‚Risk of Bias‘ bewertet. Über 600 Datensätze wurden aus den Texten extrahiert, von denen 345 in den Meta-Analysen Berücksichtigung fanden. Auf Ebene der Berufsuntergruppen konnten 18 Analysen durchgeführt werden.
Mehrere Berufe wurden identifiziert, in denen Beschäftigte ein vergleichbares oder höheres Risiko als in bereits anerkannten Berufen haben. Dazu zählen solche in der Fleischverarbeitung, Sport- und Fitnesskaufleute und Sportmanager/innen, in der Gebäudereinigung, im Güter- und Warenumschlag, in Objekt-, Personen-, Brandschutz und Arbeitssicherheit sowie im Polizeivollzugsdienst.
Fazit
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie kann aus der Literatur für über die in der BK 3101 bereits anerkannten Berufe hinaus ein vergleichbares oder höheres Infektionsrisiko identifiziert werden.

Referenzen

[1]   Romero-Starke K, Petereit-Haack G, Schubert M, Kämpf D, Schliebner A, Hegewald J et al. 2020. The Age-Related Risk of Severe Outcomes Due to COVID-19 Infection: A Rapid Review, Meta-Analysis, and Meta-Regression. International Journal of Environmental Research and Public Health, pp. 22.
[2]   Gabriel K, Kienast C, Möhner M, Schröder C, Petereit-Haack G, Bolm-Audorff U et al. 2021. Systematic review and meta-analysis of SARS-CoV-2 infection risk by occupation. PROSPERO, pp. 5.
Frau Dr. Katharina Gabriel
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
4
Einleitung: Für Lehrkräfte an deutschen Schulen verschärfte die SARS‑CoV‑2-Pandemie bestehende gesundheitliche Herausforderungen und schuf neue [1,2]. Unter pandemischen Bedingungen veränderten sich Gesundheitsrisiken und damit auch die Anforderungen an Maßnahmen des Arbeitsschutzes. Ziel dieser Studie war es, (a) den Status quo der Umsetzung relevanter Arbeitsschutzmaßnahmen (Gefährdungsbeurteilung, Infektionsschutzbelehrung und Sicherheitsunterweisung) an Schulen zu untersuchen, (b) zu analysieren, ob deren Umsetzung mit gesundheitsrelevanten Konstrukten assoziiert war und (c) Prädiktoren für die Umsetzung zu identifizieren.
Methoden: Im März 2021 wurde eine bundesweite Online-Querschnittbefragung unter Lehrkräften aller Schulformen durchgeführt. Daten zur Umsetzung konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen, damit assoziierte gesundheitsrelevante Konstrukte (z. B. somatische Symptome, PHQ-15) und Prädiktorvariablen (z. B. Alter oder Bundesländer) wurden mittels deskriptiver Statistik, Varianzanalyse und multipler linearer Regressionsanalyse analysiert.
Ergebnisse: Weniger als 10% der befragten Lehrkräfte (N = 31.089) gaben an, dass ihre Schulen die gesetzlichen Anforderungen an Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz erfüllten. Hinsichtlich der Umsetzung von Gefährdungsbeurteilungen gaben 76,2% der Befragten an, dass diese an ihrer Schule nicht durchgeführt wurden. Ein ähnliches Bild ergab sich hinsichtlich nicht durchgeführter Infektionsschutzbelehrungen (67,1%) oder Sicherheitsunterweisungen (55,8%).
Positive Assoziationen mit gesundheitsrelevanten Konstrukten zeigten sich; dort wo mehr Arbeitsschutzmaßnahmen umgesetzt wurden, ließ sich eine signifikant höhere somatische (PHQ-15) und psychische Gesundheit (PHQ-4) nachweisen, jeweils p < 0.05 [3,4]. Prädiktoren für die Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen wurden identifiziert. Diese lagen stärker auf systemischer (z. B. Bundesland oder Schulform) als auf individueller (z. B. Alter der Schulleitung) Ebene.
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse verdeutlichen enormen Handlungsbedarf bei der Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen an Schulen. Sie liefern zudem Argumente für eine stärkere Umsetzung, über gesetzliche Anforderungen hinaus. Weitere Studien zur Richtung der Kausalität (werden z. B. an Schulen mit besserer Lehrkräftegesundheit mehr Arbeitsschutzmaßnahmen durchgeführt?) sowie die Analyse weiterer Einflussvariablen (z. B. finanzielle Ausstattung der Schule) erscheinen sinnvoll.

Referenzen

[1] Kultusministerkonferenz (KMK). (2022). Schulstatistische Informationen zur Covid-19-Pandemie. Online verfügbar via: https://www.kmk.org/dokumentation-statistik/statistik/schulstatistik/schulstatistische-Informationen-zur-covid-19-pandemie.html. [2]. Koestner, C, Eggert, V, Dicks, T, Kalo, K, Zähme, C, Dietz, P, Letzel, S, & Beutel, T (2022). Psychological burdens among teachers in Germany during the SARS-CoV-2 pandemic—subgroup analysis from a nationwide cross-sectional online survey. International Journal of Environmental Research and Public Health, 19(15), 9773. https://doi.org/10.3390/ijerph19159773.
[3] Kroenke, K, Spitzer, RL, & Williams, JBW. (2002). The PHQ-15: Validity of a new measure for evaluating the severity of somatic symptoms. Psychosomatic Medicine, 64(2), 258–266. https://doi.org/10.1097/00006842-200203000-00008.
[4] Löwe, B, Wahl, I, Rose, M, Spitzer, C, Glaesmer, H, Wingenfeld, K, Schneider, A, & Brähler, E (2010). A 4-item measure of depression and anxiety: Validation and standardization of the Patient Health Questionnaire-4 (PHQ-4) in the general population. Journal of Affective Disorders, 122(1–2), 86–95. https://doi.org/10.1016/j.jad.2009.06.019.
Herr Clemens Köstner
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin Universitätsmedizin Mainz, Mainz
5
Einleitung
Insbesondere im Gesundheitswesen ist eine betriebsärztliche Betreuung und die Durchführung der Pflichtvorsorge bedeutsam. Während der Corona-Epidemie wurden in dieser Branche verstärkt Vorsorgen angeboten. Lücken in der Umsetzung sind deutschlandweit bekannt.

Methodik
2021-2023 hat der Landesgewerbearzt in Hessen 188 zufällig ausgewählte Einrichtungen des Gesundheitswesens bezüglich der Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz, der Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie der Umsetzung von ASIG und der berufsgenossenschaftlichen Vorschrift 2 Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit (BGVA 2/DGUV V2) begangen bzw. während der Corona-Epidemie mittels Telefon oder Videokonferenz befragt. Die Häufigkeit von Arbeitsschutzmängeln (fehlende Gefährdungsbeurteilung, fehlende arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge oder fehlendes schriftliches Angebot der arbeitsmedizinischen Angebotsvorsorge) wurde in 170 Betrieben mittels standardisierten Computer gestützten Fragebogen überprüft.

Ergebnisse
38 Betriebe wurden per Videokonferenz oder Telefonat untersucht, 132 begangen; 42 Einrichtungen waren Betriebe der Altenpflege, 128 verschieden ausgerichtete niedergelassene Praxen. Die Beschäftigtenanzahl (n=3167) lag zwischen 1-178 Personen. 10,7% hatten keine Betreuung nach DGUV V2, davon 55,6% Betriebe der ambulanten Altenpflege. 18,8% konnten keine Gefährdungsbeurteilung (GB) vorlegen, am häufigsten (34,4%) Allgemeinarztpraxen, gefolgt von der ambulanten Altenpflege (21,9%). In weiteren 47 Betrieben wurde in der GB die Covid-19-Exposition nicht erhoben. 38,8% aller Betriebe führten keine Pflichtvorsorge durch, insbesondere ambulante Pflegedienste (31,8%) sowie Internisten (33,3%). Keiner der Betriebe ohne betriebsärztliche Betreuung konnte eine Pflichtvorsorge vorlegen. 505 von 1923 Covid-19-exponierten Beschäftigten erhielten ein Vorsorge-Angebot. Kein Angebot zur Vorsorge wurden von Internisten (49%) und in der ambulanten Altenpflege (17%) unterbreitet.

Fazit
Die Kontrolle der Einhaltung des Arbeitssicherheitsgesetzes, des ASIG und der ArbmedVV ist auch in Epidemie-Zeiten nötig und möglich.

Frau Dr. med. Gabriela Petereit-Haack MPH
Landesgewerbearzt Hessen, Wiesbaden
6
Hintergrund
Während der COVID-19-Pandemie hat sich die Bedeutung arbeitsmedizinischer Kompetenz in der betriebsärztlichen Betreuung für Unternehmen und Beschäftigte besonders deutlich gezeigt [1]. Es gibt z.B. Beratungsangebote zur betrieblichen Pandemieplanung, zur Infektionsgefährdung bzw. zum Umgang mit Risikogruppen oder Krankheitsfällen am Arbeitsplatz, zu Impfungen, zum Wiedereingliederungsmanagement und zur optimalen Arbeitsgestaltung vor Ort oder bei mobiler Arbeit einschließlich der Berücksichtigung psychischer Belastungsfaktoren [2]. Allerdings gibt es bislang keine systematische Erfassung der spezifischen pandemiebezogenen Maßnahmen und Leistungen, die von arbeitsmedizinischen Hochschulinstituten in Deutschland erbracht werden.

Methode
Zwischen Mai und Oktober 2023 haben wir 13 Interviews mit 14 Expert*innen aus 12 Instituten zum Themenfeld „Pandemiebezogene Maßnahmen und Leistungen arbeitsmedizinischer Hochschulinstitute“ in Deutschland geführt (Ethikvotum: 833/2022BO2). Die Auswertung erfolgt mittels eines Rapid-Analysis-Verfahrens [3].

Ergebnisse
Die Bandbreite pandemiebezogener Maßnahmen und Leistungen arbeitsmedizinischer Hochschulinstitute ist vielseitig und hängt von den jeweiligen finanziellen, personellen, technologischen und organisatorischen Ressourcen der Institute ab. Beispielsweise haben die Expert*innen Nachfrage und Akzeptanz der spezifischen pandemiebezogenen Beratungsangebote sowie Aktivitäten in den Bereichen Forschung, Lehre, Berufsausbildung und Vernetzung angesprochen. Der enge Zugang der Hochschulinstitute zu anderen klinischen Disziplinen in Verbindung mit einer partizipativ ausgerichteten Forschung mit der Arbeitswelt ist ein besonderes, allerdings bislang noch unzureichend genutztes Potenzial für den Beitrag der Institute zu einer bestmöglichen pandemischen Resilienz. Dabei haben strukturelle, organisatorische und zwischenmenschliche Faktoren einen Einfluss auf die Einbindung arbeitsmedizinischer Kompetenz in ein transdisziplinäres Pandemiemanagement in Deutschland.

Diskussion
Unsere Bestandsaufnahme verfügbarer und aktivierbarer Strukturen zum langfristigen Schutz der Gesundheit, Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Erwerbstätigen ist ein Beitrag zu einer vertieften Analyse der aktuellen Ausgestaltung arbeitsmedizinischer Beratungs- und Versorgungsangebote arbeitsmedizinischer Hochschulinstitute in Deutschland [vgl. 4].

Finanzierung
BMBF (FKZ 01KX2121); institutionelle Eigenforschungsmittel; Südwestmetall

Referenzen

[1] Drexler H, Panter W, Kretzschmar S (2021): Corona-Pandemie. Betriebsärzte wichtiger denn je! Stellungnahme der arbeitsmedizinischen Verbände DGAUM, VDBW und BsAfB. ASU 56:91.
[2] Haufe Online Redaktion (2020): Welche Aufgaben hat der Betriebsarzt in der Pandemie? Abrufbar unter: https://www.haufe.de/arbeitsschutz/sicherheit/welche-aufgaben-hat-der-betriebsarzt-in-der-pamdemie_96_519052.html (zuletzt  abgerufen: 15.09.2023).
[3] Vindrola-Padros C (2021): Doing Rapid Qualitative Research. SAGE Publications LtD. London.
[4] Hasselhorn HM, Michaelis M, Kujath P (2020). Die betriebsärztliche Betreuung von Erwerbstätigen – Ergebnisse der repräsentativen lidA-Studie. ASU 55:186-191.
Frau Esther Rind
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen, Tübingen
Fr
15 Mär
14:15 - 15:45
Vorträge
Gesundheitliche Beanspruchung
Raum: Hörsaal/Onlineraum 8 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Caroline Quartucci und Matthias Nübling
Beiträge:
1

Einleitung

Ärzt*innen sind insgesamt häufiger von einer ungünstigen Work-Life Balance (WLB) und Burnout betroffen als die Gesamtbevölkerung [1], aber auch innerhalb der Ärzteschaft gibt es bedeutsame Unterschiede [2]. Während ein Teil der Ärzteschaft in Kliniken arbeitet, sind andere in Praxen tätig; Arbeitssituation, Umgebung und Belastungen unterscheiden sich dabei mitunter deutlich. Unsere Studie untersucht den Zusammenhang zwischen Arbeitsort – Klinik vs. Praxis – und Burnout bzw. WLB bei Internist*innen [3].

Methoden

Im September 2019 wurde eine umfangreiche Untersuchung der sächsischen Ärzteschaft zu den Themen Gesundheit sowie berufliche Belastung und Zufriedenheit in Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesärztekammer durchgeführt. Für unsere aktuelle Untersuchung wurde ein Subsample von 183 in Vollzeit tätigen Internist*innen untersucht, von denen 51,4% weiblich waren. 139 Befragte (76%) arbeiteten in einer Klinik, 44 (24%) in einer Praxis. Wir nutzten multivariate Regressionsanalysen (SPSS), um die Auswirkung des Arbeitsortes auf Burnout inklusive Subdimensionen [4] und WLB [5] zu analysieren.

Ergebnisse

Die Analysen zeigen, dass Internist*innen in der Klinik deutlich ungünstigere Werte sowohl bei der WLB als auch beim Burnout-Score insgesamt und in den Subdimensionen Erschöpfung und Zynismus aufweisen. Kein signifikanter Zusammenhang zeigt sich zwischen dem Arbeitsort und der Burnout-Subdimension Professionelle Effizienz.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die deutlich ungünstigeren Ergebnisse für Internist*innen in der Klinik könnten auf Risikofaktoren rückführbar sein, welche insbesondere im klinischen Alltag anzutreffen sind. Diese beziehen sich beispielsweise auf die hohe Arbeitsbelastung, eingeschränkte Autonomie, und ein Missverhältnis zwischen den eigene Werten und denen des Klinikmanagements [6–8]. Eine Adressierung dieser Risikofaktoren ist nicht nur für die Ärzteschaft, sondern auch für die langfristige Aufrechterhaltung und Verbesserung der medizinischen Versorgung essentiell.

Referenzen

[1]     Shanafelt TD, Hasan O, Dyrbye
LN, Sinsky C, Satele D, Sloan J, West CP. Changes in Burnout and Satisfaction
With Work-Life Balance in Physicians and the General US Working Population
Between 2011 and 2014. Mayo Clin Proc. 2015;90:1600–13. DOI: 10.1016/j.mayocp.2015.08.023.[2]     Hussenoeder FS, Bodendieck E,
Conrad I, Jung F, Riedel-Heller SG. Burnout and work-life balance among
physicians: the role of migration background. Journal of Occupational Medicine
and Toxicology. 2021;16:1–5.[3]     Hussenoeder FS, Bodendieck E,
Jung F, Conrad I, Riedel-Heller SG. Comparing burnout and work-life balance
among specialists in internal medicine: the role of inpatient vs. outpatient
workplace. Journal of Occupational Medicine and Toxicology. 2021;16:5.
DOI: 10.1186/s12995-021-00294-3.[4]     Schaufeli WB, Leiter MP,
Maslach C, Jackson SE. MBI-General Survey (MBI-GS). Palo Alto, CA: Mindgarden. 1996.[5]     Syrek C, Bauer-Emmel C, Antoni
C, Klusemann J. Entwicklung und Validierung der Trierer Kurzskala zur Messung
von Work-Life Balance (TKS-WLB). Diagnostica.
2011;57:134–45. DOI: 10.1026/0012-1924/a000044.[6]     Caruso A, Vigna C, Bigazzi V,
Sperduti I, Bongiorno L, Allocca A. Burnout among physicians and nurses
working in oncology. Med Lav. 2012;103:96–105.[7]     Kimo Takayesu J, Ramoska EA,
Clark TR, Hansoti B, Dougherty J, Freeman W, et al. Factors Associated With
Burnout During Emergency Medicine Residency. Acad Emerg Med. 2014;21:1031–5.
DOI: 10.1111/acem.12464.















[8]     Ogundipe OA, Olagunju AT,
Lasebikan VO, Coker AO. Burnout among doctors in residency training in a
tertiary hospital. Asian Journal of Psychiatry. 2014;10:27–32.
DOI: 10.1016/j.ajp.2014.02.010.
Frau Dr. Franziska Jung
Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin & Public Health, Med. Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig
2
Background
The health of military and civilian employees is important to guarantee the ability to defend state interests in case of military conflicts. In the German Federal Ministry of Defense (GFMD) workplace health promotion (WHP) measures are implemented since 2015. In the present study we aim to assess self-rated health factors and potential reasons for not participating in WHP measures.

Methods
In an interdisciplinary process, a semi-standardized questionnaire was developed and sent to all military and civil employees of the German Federal Military Service. The survey was conducted online and paper based in the period of June to September 2022. The study participants were asked on their health status, quality of life and sleep, diseases in the last 12 months and reasons for not participating in WHP measures.

Results
A total of 23.539 (11%) of all employees participated in the survey (military: 13.697 (9%), civilian: 9.781 (14%), mean age 42 ± 11.34 years and 29% female). Quality of life and general health status were rated as very good/good by 74,2% and 69% participants, respectively. Main diseases included musculoskeletal disorders (35,7% of females, 33,2% of males), mental health issues (23,3% of females, 16,2% of males) and high blood pressure (9,6% of females, 14,8% of males). Mental health issues were reported more frequently in civilian (20,5%) than military employees (16,8%). A proportion of 31,7% reported poor sleep quality. Main reasons for not participating in WHP measures were no adequate measures and time restrictions.

Conclusion
The self-rated quality of life and health status of the GFMD employees appears to reflect the general population. Main diseases reported were musculoskeletal disorders and mental health issues with somewhat more women than men and civilian than military employees affected. WHP measures to prevent health problems should be systematically included into occupational health management strategies of the GFMD.

Frau Prof. Dr. Sabine Ludwig
Institute of Social Medicine, Epidemiology and Health Economics, Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin and Humboldt-Universität zu Berlin,, Berlin
3
ZIELSETZUNG
Die COVID-19-Pandemie betraf die gesamte Erwerbsbevölkerung, jedoch variierte das Risiko einer SARS-CoV-2-Exposition am Arbeitsplatz je nach Beruf und Branche. Viele Infektionsschutzmaßnahmen wurden mit Isolation, Einsamkeit und psychischer Beanspruchung assoziiert [1]. Die dieser Studie zugrunde liegende Basiserhebung unter 1.545 Beschäftigten aus verschiedenen Berufen außerhalb des Gesundheitssektors in der 2. und 3. Corona-Welle (t2) mit retrospektiver Erhebung zur 1. Welle (t1) bestätigte eine Zunahme der psychischen Beanspruchung und zeigte einen Zusammenhang mit dem beruflichen SARS-CoV-2-Infektionsrisiko [2]. Diese Online-Folgebefragung (Follow-Up) untersucht die Entwicklung der Beanspruchung im weiteren Pandemieverlauf.

METHODEN
Im November 2022 (t4) wurden 563 Probanden zum Follow-Up per E-Mail eingeladen. Die psychische Beanspruchung wurde in Form von Angst- und Depressionssymptomen mit dem Patient Health Questionnaire-4 (PHQ-4) und berufliche Risikofaktoren mit validierten Instrumenten zu t4 und retrospektiv zur 5. Welle (t3) erfasst. Kategorisierte PHQ-4-Werte wurden mit gemischten ordinalen Regressionsmodellen modelliert und mit Odds Ratios (OR) und 95%-Konfidenzintervallen (95% KI) dargestellt.

ERGEBNISSE
Follow-Up-Daten von 260 Probanden, bei denen während der Pandemie keine Angststörung oder Depression (AD) diagnostiziert worden war, lagen vor. Insgesamt nahmen AD-Symptome im Pandemieverlauf ab. Zu t2 hatten 13% und zu t4 5% der Probanden schwere Symptome (PHQ-4≥9). Beschäftigte mit hohem beruflichen Infektionsrisiko (N=17) und Personen mit einer AD-Diagnose vor Pandemie-Beginn (N=42) wiesen stets höhere Symptombelastungen auf. Regressionsanalysen zeigten erhöhte Risiken für schwerere AD-Symptome für Personen mit AD-Diagnose (OR 3,49, 95% KI 1,71-7,11) und nicht statistisch signifikante ORs für hohe (1,83, 95% KI 0,59-5,63) oder potentiell erhöhte berufliche Infektionsrisiken (1,72, 95% KI 0,93-3,15). Weitere berufliche im Follow-Up fortbestehende Risikofaktoren waren reduzierte kollegiale Interaktionen, hohe Work-Privacy-Konflikte, ein als unzureichend wahrgenommener SARS-CoV-2-Schutz am Arbeitsplatz und Overcommitment.

SCHLUSSFOLGERUNGEN
Die Auswirkungen der Pandemie auf AD-Symptome der untersuchten Beschäftigten scheinen temporär gewesen zu sein. Die Unternehmen sollten sich jedoch weiterhin bemühen, die sozialen Interaktionen zwischen den Beschäftigten zu stärken und bei Work-Privacy-Konflikten zu unterstützen.

Referenzen

[1] Giorgi G, Lecca LI, Alessio F,
et al. COVID-19-Related Mental Health Effects in the Workplace: A Narrative
Review. Int J Environ Res Public Health. 2020;17:7857.
[2] Casjens S, Taeger D, Brüning T,
Behrens T. Altered Mental Distress Among Employees From Different Occupational
Groups and Industries During the COVID-19 Pandemic in Germany. J Occup
Environ Med. 2022;64:874–880.
Frau Dr. Swaantje Casjens
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
4
Erzieher*innen sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zahlreichen Belastungen ausgesetzt, die zu Gesundheitsbeeinträchtigung bis hin zum Burnout führen können. Ziel der Studie ist zu untersuchen, inwieweit das Burnout-Risiko bei Erzieherinnen von arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmustern (AVEM) abhängt und ob es Unterschiede in der Burnout-Prävalenz zwischen deutschen und ukrainischen Erzieherinnen gibt.

An der Studie nahmen 185 deutsche Erzieherinnen (DE) aus Magdeburg und Umgebung und 107 ukrainische Erzieherinnen (UE) aus Charkiv freiwillig teil. Das Burnout-Risiko wurde mit dem Maslach-Burnout-Inventar (Maslach et al. 1996) und die AVEM-Muster mit dem AVEM-Fragebogen nach Schaarschmidt & Fischer (2020) erfasst.

Hinsichtlich Alter und anderen soziodemografischen Faktoren unterschieden sich deutsche nicht von ukrainischen Erzieherinnen. Insgesamt konnten 175 Erzieherinnen in die 4 AVEM-Muster A = Anstrengung (17,5 % DE vs. 40 % UE), B = Burnout (25,8 DE; 25,5 % UE), G = Gesundheit (15,0 % DE; 25,5 UE) und S = Schonung (41,7 % DE; 9,1 UE; p < 0,001) eingeteilt werden. 59 % DE und 60 % UE hatten kein Burnout-Risiko. 35 bzw. 6 % DE wiesen einige Burnout-Symptome bzw. ein Burnout-Risiko auf, bei UE waren es 38 und 2 %. Erzieherinnen mit Mustern G und S hatten kein Burnout-Risiko im Gegensatz zu denen mit Zugehörigkeit zu Muster A oder B (p < 0,001). DE wiesen geringere Werte als UE in den Dimensionen Bedeutsamkeit der Arbeit, Ehrgeiz, Perfektionsstreben, Verausgabung und offensive Problembewältigung auf. DE distanzierten sich mehr von der Arbeit und waren lebenszufriedener. Die Landeszugehörigkeit hatte mit Ausnahme der Dimension Zynismus (partielles η2 = 0,034, p < 0,05) keinen Effekt auf das Burnout-Risiko. Die AVEM-Muster erklären 27,2 % des Burnout-Risikos (p < 0,001). Unter Kontrolle des Landes korreliert das Burnout-Risiko sehr gering bis gering mit allen AVEM-Dimensionen, insbesondere mit der Lebenszufriedenheit (r = -0,477, p < 0,001).

Das Burnout-Risiko von Erzieherinnen hing in unserer Studie mit AVEM-Mustern zusammen. Verhaltenspräventive Maßnahmen wie zum Beispiel die Durchführung von Stressbewältigungs- oder Kommunikationskursen sollten Erzieherinnen angeboten werden. Lebenszufriedenheit sollte gestärkt werden, um das Burnout-Risiko zu senken. Dabei sollte eine länderspezifische Umsetzung und Unterscheidung der Maßnahmen möglich sein.

Referenzen

[1] Maslach C, Jackson SE, Leiter MP, Hrsg. MBI Manual.
3. Aufl. Palo Alto: Consulting Psychologists Press; 1996
[2] Schaarschmidt U, Fischer A. Arbeitsbezogenes
Verhaltens- und Erlebensmuster. Handanweisung. 3. Aufl. Frankfurt/M: Dr.
G. Schuhfried GmbH; 2008
Frau Dr. med. Sabine Darius
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
5
Hintergrund
In der Schifffahrt kommt der Resilienz eine herausragende Bedeutung zu, da u.a. die unberechenbare Natur der maritimen Umgebung, besonders beanspruchende Arbeitsbedingungen und die Isolation auf hoher See über Monate individuelle Belastungen darstellen. Die vorliegende Arbeit fokussiert die Frage, inwiefern die Resilienz insbesondere von der Berufsgruppe (Offizier vs. Mannschaftsdienstgrad) abhängig ist.

Methoden
Unter Verwendung der standardisierten Fragebögen Brief Resilient Coping Scale (BRCS) und Patient Health Questionnaire (PHQ-9) wurden 929 Seeleute an Bord befragt.

Ergebnisse
Im Gesamtkollektiv betrug der durchschnittliche BRCS-Score unter Seeleuten 15,3 (SD 3,2) von möglichen 20 Punkten. Dabei wurden die 547 Mannschaftsdienstgrade signifikant häufiger als „niedrig-resilient“ klassifiziert als die 355 Offiziere (30,7% vs. 20,3%; χ2=0,002). Demzufolge wurde eine hohe Resilienz in der logistischen Regression unter Offizieren signifikant häufiger objektiviert (OR 1,74; 95%KI (1,27 - 2,39)). Besatzungsmitglieder mit Depressionsneigung (gemäß PHQ-9) waren signifikant häufiger als „niedrig-resilient“ klassifiziert (36,3% vs. 25,7%; χ2=0,006). Außerdem zeigten jüngere Seeleute häufiger eine hohe Resilienz (31,5% vs. 24,9%; χ2=0,058). Eine kurze Seefahrtzeit sowie eine kurze Aufenthaltsdauer an Bord zum Zeitpunkt der Untersuchung war öfter mit einer hohen Resilienz assoziiert (32,4% vs. 25,0%; χ2=0,038 bzw. 31,6% vs. 25,1%; χ2=0,053).
Besatzungsmitglieder, denen Musik via Internet (auch an Bord) einfach zugänglich war, hatten öfter eine hohe Resilienz (29,2% vs. 12,9%; χ2<0,001). Nach Adjustierung für die unabhängigen Parameter kurze Seefahrtzeit, kurze aktuelle Aufenthaltsdauer an Bord und einfache Zugänglichkeit für Musik per Internet blieb der Zusammenhang zwischen Berufsgruppe und Resilienz signifikant (aOR 1,57; 95%KI (1,07 - 2,30)).

Schlussfolgerung
Die Tatsache, dass Offiziere gemäß BRCS öfter eine höhere Resilienz als Mannschaftsdienstgrade aufwiesen, lässt sich nur zum Teil durch ihre kürzere kumulative Seefahrtzeit bzw. ihre kürzere Aufenthaltszeit an Bord erklären. Dennoch belegt der Zusammenhang zwischen Resilienz und Dauer des Bordaufenthaltes, dass der Seefahrtberuf unverändert psychophysisch belastend ist und die Ressourcen insbesondere bei älteren und zu Depression-neigenden Besatzungsmitgliedern schwächt. Das Potential von Musikzugänglichkeit via Internet an Bord sollte in künftigen maritimen Studien weiter erforscht werden.
Frau Wiebke Janssen
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
6
Hintergrund. Der Zusammenhang zwischen Mobbingerfahrungen bei der Arbeit und negativen Gesundheitsfolgen für Betroffene ist gut belegt (Verkuil et al. 2015). Obwohl querschnittliche Studien arbeitsbezogene Kognition als Bindeglied in diesem Zusammenhang nahelegen (Rosario-Hernández et al., 2018), ist wenig über die längsschnittlichen Mechanismen bekannt, die arbeitsbezogene Mobbingerfahrungen mit negativen Gesundheitsfolgen verknüpfen. Unter Berücksichtigung individueller Unterschiede zwischen Beschäftigten untersuchen wir in diesem Beitrag die Auswirkungen arbeitsbezogener Mobbingerfahrungen auf interpersonelle Veränderungsprozesse von arbeitsbezogener Kognition und Stimmung am nächsten Morgen.
Methoden. Nach Ausfüllen eines Eingangsfragebogens wurden n = 59 Studienteilnehmende über den Zeitraum einer Arbeitswoche täglich zu Mobbingerfahrungen bei der Arbeit, arbeitsbezogener Kognition nach der Arbeit sowie zur Stimmung am nächsten Morgen befragt. In einem moderierten Mediationsmodell untersuchten wir, inwiefern arbeitsbezogene Kognition nach der Arbeit als Bindeglied zwischen Mobbing-Erfahrungen am Arbeitsplatz und der Stimmung am nächsten Morgen fungiert.
Ergebnisse. In den querschnittlichen Daten des Eingangsfragebogens war der negative Zusammenhang zwischen arbeitsbezogener Mobbingerfahrung und Wohlbefinden vollständig durch arbeitsbezogene Kognition vermittelt (ACME = -5.39, p < .00). Über den Zeitraum einer Woche berichteten die Studienteilnehmenden mehr arbeitsbezogene Kognition an Tagen mit mehr Mobbingerfahrungen bei der Arbeit (b = 0.49, p < .001). Allerdings hing arbeitsbezogene Mobbingerfahrung weder direkt noch indirekt, d.h. vermittelt über arbeitsbezogene Kognition, mit der Stimmung am nächsten Morgen zusammen.
Diskussion. Obwohl tägliche Mobbingerfahrungen die Häufigkeit arbeitsbezogener Kognition am selben Tag beeinflussen, reichen ihre Auswirkungen nicht notwendigerweise bis in den nächsten Morgen. Damit unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung sowohl der Häufigkeit als auch der Intensität arbeitsbezogener Mobbingerfahrungen für die mentale Gesundheit der Beschäftigten. Der Zusammenhang zwischen täglichen Schwankungen der Stimmung und generellem Wohlbefinden wird ebenso diskutiert wie sich daraus ergebende Anforderungen an querschnittliche und längsschnittliche Studiendesigns.
Herr Roman Pauli
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Psychische Belastung und Beanspruchung im Gesundheitswesen
Beiträge:
1
Einleitung: Der tierärztliche Beruf umfasst hohe physische und psychische Belastungen, die je nach Haupttätigkeitsfeld verschieden ausgeprägt sein können und intrapersonell unterschiedlich wahrgenommen werden. Je nach Kompensation dieser Belastungssituationen ist die Entstehung von körperlichen, psychischen und/oder sozial-kommunikativen Symptomen möglich. Das Ziel der Studie war es, den Status Quo deutscher Tierärzte hinsichtlich individueller arbeitsbezogener Verhaltensmuster und gesundheitlichen Beschwerder deskriptiv darzustellen.
Methoden: Im Rahmen dieser Untersuchungen wurden 1.097 Tierärzt:innen (66,4 % weiblich) befragt. Das durchschnittliche Alter lag bei 41,9 ± 10,18 Jahren (23 – 79 Jahre). Angewandte Fragebogen waren Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM, n = 999) und Fragebogen für körperliche, psychische und soziale Symptome (KÖPS, n = 1.097).
Ergebnisse: Die Staninewerte von 10 der 11 AVEM-Dimensionen lagen im Referenzbereich. Nur bei der Dimension „Offensive Problembewältigung“ war der Wert unterhalb des Referenzbereiches (3,85 ± 1,87). 44 % der Tierärzt:innen boten den Stanine-Wert unter 4. Die Verausgabungsbereitschaft war bei 44,1 % der Tierärzt:innen oberhalb des Referenzbereiches ausgeprägt. Die Mehrheit der Tierärzt:innen verfügte über gesundheitsgefährdende AVEM-Muster: 184 (25,4 %) Muster A und 292 (40,3 %) Muster B. Die gesundheitsförderlichen AVEM-Muster waren mit 97 (13,4 %) Muster G und 151 (20,9 %) Muster S vertreten. Die Verteilung der Geschlechter in den AVEM Gruppen war vergleichbar (p = 0,136). Bei 42,2 % der Tierärzt:innen fand sich eine Ausprägung von körperlichen Beeinträchtigungen, bei 51,8 % von psychischen Beeinträchtigungen und bei 35,9 % von Beeinträchtigungen im sozial-kommunikativen Bereich über dem Stanine-Wert von 6. Alle Mittelwerte der KÖPS-Kategorien lagen am oberen Referenzbereich.

Schlussfolgerungen: Die detaillierte Erfassung körperlicher, psychischer und sozialer Symptome und arbeitsbezogener Verhaltens- und Erlebensmuster ergab einen hohen Anteil von gesundheitsgefährdenden AVEM-Mustern A und B sowie psychischen Beeinträchtigungen im KÖPS, gefolgt von körperlichen Beeinträchtigungen. Die AVEM-Risiko-Muster A und B stehen in Verbindung mit eingeschränkter Gesundheit. Es bedarf unterstützender betrieblicher präventiver und gesundheitsförderlicher Maßnahmen, um eine langfristige Gesunderhaltung der Tierärzt:innen zu ermöglichen.

*gefördert durch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (Förderung Nr. 1544)
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
2
Einleitung: Digitalisierungsprozesse in deutschen Kliniken schreiten kontinuierlich voran. Dies führt zur Einführung neuer digitaler Technologien, wie z.B. der elektronischen Patientenakte (EPA) oder anderer Technologien, die für die medizinische Dokumentation eingesetzt werden. Auch wenn die Ablösung der Papierdokumentation durch eine digitalisierte Dokumentation im Allgemeinen viele Vorteile verspricht, kann die tägliche Nutzung der Technologien auch zu einem negativen Beanspruchungserleben beim medizinischen Personal beitragen. Die Studie zielt daher darauf ab, bestehende digitalisierungsassoziierte Belastungsfaktoren und Ressourcen bei medizinischem Krankenhauspersonal zu identifizieren, digitales Stresserleben (Technostress) zu erfassen sowie Zusammenhänge zu verschiedenen arbeits- und gesundheitsbezogenen Outcomes zu untersuchen.

Methodik: Es wurde eine quantitative Pilotstudie in Form einer Online-Fragebogenerhebung unter deutschen Klinikärzt:innen der Neurochirurgie und der Gefäßchirurgie durchgeführt. Die Studie wurde zwischen Juni und Oktober 2022 umgesetzt. Der Fragebogen beinhaltete u.a. die deutsche Version der Technostress-Skala von Ragu-Nathan et al. (2008), Skalen des Technologieakzeptanzmodells (TAM) sowie des Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ). Es wurden deskriptive Auswertungen sowie lineare Regressions- und Moderationsanalysen durchgeführt.

Ergebnisse: Die Studie ergab eine mittlere Ausprägung von Technostresserleben (M = 2,85, SD = 0,65) bei den teilnehmenden Ärzt:innen (n = 114). Die Doppeldokumentation wurde am häufigsten als Belastungsfaktor identifiziert, gefolgt von technischen Systemfehlern. Technostress reduzierende Faktoren (z.B. Schulungsmaßnahmen) wurden mit M = 2,51 (SD = 0,85) bewertet. Es zeigten sich zudem signifikante Zusammenhänge zwischen subjektivem Technostresserleben und den einbezogenen arbeits- und gesundheitsbezogenen Outcomes.

Schlussfolgerung:
Trotz der Prävalenz von Technostress und der geringen Ressourcenausstattung der befragten Ärzt:innen ist das Problembewusstsein für digitales Stresserleben gering und Präventionsmaßnahmen sind in den Kliniken noch nicht flächendeckend umgesetzt. Dies weist auf eine Bedarfslücke und die Notwendigkeit der strategischen und qualitätsgeleiteten Umsetzung von Maßnahmen zur effektiven Prävention von digitalem Stress hin.
Frau Stefanie Mache
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE); Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Hamburg
3
Background
Working conditions in the age of digitalization bear risks for chronic stress experience and development of burnout. However, real-world investigations into biological effects of technostress, that is stress related to the use of information and communication technologies, are scarce. This study prospectively assessed associations between technostress, general work stress, burnout symptoms, hypothalamic-pituitary-adrenocortical (HPA) axis activity, and chronic low-grade inflammation.
​​​​Methods
Hospital employees (N=238, 182 females, Mage=28.5 years) participated in a prospective cohort study with two follow-ups six months apart (T2, T3). Participants answered standardized questionnaires on general work stress based on Karasek's job stress model (job demand-control ratio), technostressors (work interruptions, multitasking, information overload), burnout symptoms (exhaustion, mental distance), and relevant confounders (sociodemographic, health- and employment-related characteristics, and further). Moreover, they provided hair strands for analysis of hair cortisol concentration (HCC) and capillary blood samples for analysis of C-reactive protein (CRP). After imputation of missing data, confirmatory factor analysis and path analysis models were performed.
Results
Factorial structure of survey measures was confirmed. Burnout symptoms (MT2=2.17, MT3=2.33) and HCC (MT2=4.79, MT3=9.56; pg/mg) significantly increased over time, CRP did not (MT2=1.15, MT3=1.21; mg/L). Adjusted path models showed that technostress was negatively associated with HCC (β=-0.16, p=.003), but not with burnout or CRP. General work stress in contrast, was not significantly associated with burnout, HCC or CRP. Furthermore, there were reciprocal effects of CRP on HCC (β=0.28, p=.001) and of HCC on CRP (β=-0.10, p≤.001). Associations were robust in additional analyses including further confounders.
Conclusion
This is the first study on prospective effects of technostress on employees’ endocrine and inflammatory systems. Results suggest differential effects of technostress on the HPA axis activity. Given that chronic alterations of the HPA axis play a key role in a broad range of medical and psychiatric conditions, the findings have important implications for occupational health and safety in digitalized work environments.
Frau Helena Kaltenegger
Frau Helena Kaltenegger
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, LMU München, München
4
Einleitung: Der ärztliche Beruf ist besonders psychisch belastend. In der Onkologie stellen u. a. der häufigere Umgang mit todbringenden Erkrankungen, Entscheidungen einer Therapiebegrenzung und der Tod langjährig betreuter Patienten typische mental belastende Sitationen dar. Sowohl die stattgehabte SARS-CoV-2-Pandemie als auch die militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine weisen u. a. auf zusätzliche emotionale und moralische Konflikte hin. Das Ziel dieser Pilotstudie ist es, die psychische Gesundheit von Onkolog:innen in der Ukraine während zweier lebensbeeinflussender Krisen zu untersuchen.
Methoden: Im Rahmen dieser Pilotstudie wurden 24 Onkolog:innen (11 Männer (45,8 %) und 13 Frauen (54,2 %)) befragt. Das durchschnittliche Alter lag bei 41,4 ± 12,61 Jahren (36 – 72 Jahre). Im mittlere Beraufserfahrung lag bei 16,7 ± 12,02 Jahren. Um Beanspruchungsfolgen des Gesundheitszustandes zu ermitteln, wurde der General Health Questionnaire (GHQ 12) nach Goldberg 1978 eingesetzt und die Ergebnisse zwischen beiden Geschlechtern verglichen. Eine beeinträchtigte psychische Gesundheit wurde bei einem Summenscore von ≥ 5,0 Punkten definiert. Es erfolgte eine Korrelationsanalyse zwischen Alter und Berufsjahren gegenüber dem GHQ-Summenscore.
Ergebnisse: Der GHQ-12-Summenscore der Gesamtstichprobe lag im Referenzbereich (1,50 ± 1,87 Punkte, Spannweite 0-6 Punkte). Nur drei Onkologen (27,3 % der Männer) boten eine beeinträchtigte psychische Gesundheit. Insgesamt fanden sich nur tendenzielle Unterschiede in der Verteilung der GHQ-Gruppen (Summenscore < 5 und ≥ 5,0 Punkte) in beiden Geschlechtergruppen (pFisher = 0,082). Die Mittelwertunterschiede von Alter, Berufsjahren und GHQ-Summenscore waren in beiden Geschlechtergruppen vergleichbar (pMann-Whitney ≥ 0,05). Die soziodemografischen Größen korrelierten nicht mit dem GHQ-Summenscore.
Schlussfolgerung: Da nur 12,5 % der Gesamtstichprobe eine beeinträchtigte psychische Gesundheit aufwiesen, lässt sich vermuten, dass mit dem GHQ-12 die kurzfristige Änderungen der psychischen Gesundheit im Zusammenhang mit der momentanen Krisensituation (z. B. hohe Corona-Fallzahlen, starker militärischer Beschuss, bestehender Fachkräftemangel durch Flucht anderer) noch nicht erfasst werden konnten. Es ist eine weitere Befragung dieser Stichprobe geplant, um die psychische Gesundheit in zeitlicher Dynamik zu analysieren. Präventive gesundheitsfördernde Maßnahmen können u.a. hilfreich sein, um den aktuellen guten psychischen Gesundheitszustand bei weiter anhaltenden Krisensituationen aufrechtzuerhalten.
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
5

Einleitung

Rettungsdienstpersonal und Notärzt*innen arbeiten in einem anspruchsvollen Umfeld, das durch die Notwendigkeit schneller Entscheidungen, hoher Verantwortung und Krisenbewältigung hohen Stress verursachen kann. Die Unterstützung aller Komponenten der Gesundheit, persönliche Ressourcen und rechtzeitige Anpassungen des Arbeitsumfeldes können jedoch dazu beitragen, die negativen Auswirkungen von Stressoren zu reduzieren. Zu diesem Zweck wurde eine vergleichende Studie der Arbeitsbedingungen und der Beanspruchung von Rettungsdienstpersonal und Notärzt:innen in der Ukraine in den Jahren 2018, 2021 (SARS-CoV-2-Pandemie) und 2023 (Militärkrise) durchgeführt.

Methoden

Insgesamt nahmen 271 Mitarbeitende des ukrainischen Rettungsdienstes freiwillig an der anonymen Befragung teil (Durchschnittsalter von 35,6±0,81 Jahren). Das Ungleichgewicht zwischen Arbeitsaufwand und Belohnung wurde mithilfe des 17-Item Effort-Reward-Imbalance-Fragebogens (ERI) ermittelt (Siegrist 1996). Es wurden die Subskalen Anerkennung/Wertschätzung, Status und Arbeitsplatzsicherheit berücksichtigt. Eine ERI Ratio von > 1 weist auf ein Ungleichgewicht zugunsten des Aufwands hin.

Ergebnisse

Die Zahl der Mitarbeitenden mit hohem ERI Risiko > 1 reduzierte sich im Vergleich zu 2018 um 89,17 % im Pandemiezeitraum und um das 9,6-fache im Jahr 2023 (p < 0,05). Trotz eines leichten Rückgangs im Jahr 2021 stieg die Subskala Belohnung bis 2023 um 34,47 % (p < 0,05). Die Subskalen zeigen, dass der subjektiv bewertete Aufwand entsprechend gesunken ist, wobei die Notärzt*innen im Jahr 2021 27,92 % und im Jahr 2023 47,81% weniger Aufwand zeigten als im Basisjahr (p < 0,05). Die Subskala Arbeitsplatzsicherheit erhöhte sich in den Jahren 2021 und 2023 (um 38,8 % bzw. 43,82 %, p < 0,05). Die Subskala Wertschätzung/Anerkennung verringerte sich im Jahr 2021 um 30,15 %, aber nahm im Jahr 2023, im Vergleich zu 2018, wieder um 25,85 % zu (p < 0,05).

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse der Studie zeigten eine signifikante Verringerung der Zahl der Arbeitnehmer mit hohem ERI-Risiko. Dies wurde durch die Tatsache gestützt, dass die Gesundheitsfachkräfte eine positive Veränderung bei der Entlohnung für ihre Arbeit erlebten oder durch ein besseres Gefühl der Arbeitsplatzsicherheit beeinflusst wurden. Es ist erkennbar, dass sich, selbst in Extremsituationen, mit einer angemessenen sozialen und rechtzeitig durchgeführten Unterstützung, die subjektiv empfundene Beanspruchung reduzieren lässt

Referenzen

Siegrist J (1996) Adverse health effects of higheffort/low-reward conditions. J Occup Health Psychol 1(1):27–41. https://doi.org/10.1037// 1076-8998.1.1.27
Frau Elina Sushchenko
Lehrstuhl für Hygiene und Ökologie No. 2, Charkower Nationale Medizinische Universität, Charkiw
6
Einleitung: Die stattgehabte SARS-CoV-2-Pandemie verursachte enorme Herausforderungen für das Gesundheitspersonal, insbesondere für die Frontline Workers des Rettungsdienstes (RD) oder auch den Leitstellendisponenten (LS). Die Schaffung einer Balance zwischen allgemeinen und arbeitsbedingten Belastungsempfinden und der Erholung der Einsatzkräfte, sind ein wesentlicher Faktor für psychische und physische Gesundheit. Das Ziel dieser Arbeit war es, das Belastungsempfinden und den Erholungszustand von Rettungsdienstpersonal und Leitstellendisponenten zu erfassen.
Methoden: Die Gesamtstichprobe umfasste 1.245 Datensätze, davon 805 von RD und 440 von LS. Die Online-Befragung erfolgte zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie, während der ersten Welle 2020. Erhoben wurde die Kurzform EBF-24/A (Testform S2) des Erholungs-Belastungsfragebogen (EBF) nach Kallus. Es erfolgte eine professionsdifferente Betrachtung der EBF-Variablen und einen Test für Zwischensubjekte (Korrigiertes Modell) unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht.
Ergebnisse: Es fanden sich signifikante Unterschiede in der Besetzung der Geschlechtergruppen in beiden untersuchten Gruppen (p < 0,001) (RD 80,9 % Männer; LS 92.3 % Männer). Die Leitstellendisponenten (MW 42,43 ± 8,75 Jahre ) waren signifikant älter als die RD-Mitarbeiter (36,0 ± 10,48) (p < 0,001). Bei den Beanspruchungssubskalen fanden sich signifikante Unterschiede: „Allgemeine Belastung, Niedergeschlagenheit“ (p = 0,031), „Übermüdung/Zeitdruck“ (0,023) und „Energielosigkeit, Unkonzentriertheit“ (p = 0,003). Hierbei boten der RD die höheren Beanspruchungen als die LS. Für die Subskalen der Erholung lag ein signifikanter Unterschied nur für das EBF-Subskala „Erfolg, Leistungsfähigkeit“ (p < 0,001), wobei der RD hier die schlechteren MW aufzeigte. Für die Hauptskalen Beanspruchung und Erholung (p < 0,001), ergaben das Alter und Geschlecht nur geringere Effekte (η² = 0,014).
Schlussfolgerungen/Diskussion: Zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie waren die Frontline Worker des RD mehr beansprucht und weniger erholt als die Kolleg:innen in den Leitstellen. Vermutet wird hier die Belastungssituation während der ersten Welle beim möglichen direkten Kontakt mit einem unbekannten Virus, Ängste vor Ansteckung bei zeitgleichen Mangel an Schutzausrüstung, z. B. FFP2/FFP3-Masken, die Rechtfertigungen diese Schutzausrüstung bei bestimmten Symptomen getragen zu haben.
Frau Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Berufliche Belastung
Beiträge:
1
Mit dem neuen Trend zur veganen und glutenfreien Ernährung vermehren sich nach und nach auch die Berufskrankheiten in der betreffenden Lebensmittelindustrie, Bäckerhandwerk oder in Restaurantküchen.
Buchweizen (Fagopyrum esculentum) wird statt Weizen beim Backen allgemein und zur Herstellung von Blinis, Pasta, Noodles oder Müsli benutzt. Psyllium (Plantago ovata) wird als Hilfsmittel in glutenfreiem Backen zur Verbesserung der Teigviskosität benutzt. Lupine (Lupinus albus, Lupinus angustifolius) verbessert den Nährwert in Backwaren oder zum Beispiel in Speiseeis als pflanzliche Proteinquelle. Quinoa (Chenopodium quinoa) wird statt Getreide oder Reis beim Kochen genommen.
Es werden nach unserer Erfahrung vermehrt berufsbedingt Rhinitis, Asthma und Dermatitis, aber auch Anaphylaxie bei den exponierten Beschäftigen beobachtet. Bei entsprechenden Symptomen sollte gleich im Anfangsstadium richtige und ausreichende Diagnostik eingeleitet werden, und insbesondere nach einer Sensibilisierung gesucht werden. Nicht selten würde eine solche Erkrankung zu einem Arbeitsplatzwechsel führen.
Es ist wichtig daran zu denken, dass die Beschäftigten in einer modernen Bäckerei oder Lebensmittelwerk oder Küche auch „unübliche“ Zutaten wie Buchweizen, Lupine oder Psyllium verarbeiten können. So können richtige und effiziente arbeitshygienische Massnahmen am Arbeitsplatz durchgeführt werden, um Berufskrankheiten zu verhindern.
​​​​​​

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Frau Dr. Soile Jungewelter
Finnish Institute of Occupational Health, Helsinki
2
Einleitung: Berufliche Hauterkrankungen zählen zu den häufigsten Berufskrankheiten in Deutschland, in RLP sind dies etwa 1000 Fälle pro Jahr. Ein besonders kritischer Bereich ist der Spülbereich von Restaurants und Kantinen. Nach gewerbeärztlichen Erfahrungen werden hier kaum Hautschutzmaßnahmen angeboten. Ziel ist es, durch Überprüfung der Umsetzung der TRGS 401 die Zahl der beruflichen Hauterkrankungen zu senken.
Methode: Es wurden Betriebsinspektionen mit dem Schwerpunkt Feuchtarbeit und Hautschutz durch den staatlichen medizinischen Arbeitsschutz (Gewerbeärzte und Gewerbeärztin) in RLP durchgeführt. Die Restaurants und Kantinen wurden stichprobenartig nach Vorankündigung aufgesucht.
Ergebnisse: Vom 01.10.2021 bis zum 31.05.2022 wurden 29 Betriebe (17 Restaurants und 12 Kantinen) überprüft. Größe der aufgesuchten Restaurants: 7 unter 10 Beschäftigte, 7 mit 10-50 Beschäftigten, 2 mit 50-100 Beschäftigten, 1 Restaurant mit 130 Beschäftigten, Kantinen: mehr als 100 Beschäftigte, der größte Betrieb hatte 2960 Beschäftigte. Betriebsärztliche Betreuung, arbeitsmedizinische Vorsorge: Restaurants: in einem Betrieb vorhanden; Vorsorgekartei nach § 3 Abs. 4 ArbMedVV in keinem Restaurant. Kantinen: alle wurden betriebsärztlich betreut, in 2 Betrieben keine Vorsorgen Feuchtarbeit. Die Vorsorgekartei nach ArbMedVV war überall vorhanden. Gefährdungsbeurteilung nach ArbSchG: lag vor in zwei Restaurants und 11 Kantinen. Speziell zur Haut: (Umsetzung TRGS 401): in keinem Restaurant , in 9 Kantinen. Feuchtarbeit in der Regel über 4 Std./Schicht, meistens werden flüssigkeitsdichte Handschuhe getragen. Schutzmaßnahmen: In 11 Restaurants gab es keine Schutzmaßnahmen (Hautschutzcremes, Hautpflegecremes, Hautschutzpläne, regelmäßige Unterweisungen), in 6 Restaurants nur mangelhaft. In allen Kantinen waren gute Hautschutzmaßnahmen vorhanden.
Schlussfolgerungen: Der Arbeitsschutz, speziell auch der Hautschutz, ist in Restaurants sehr mangelhaft. Geeignete Gefährdungsbeurteilungen waren lediglich in zwei Restaurants vorhanden. Betriebsärztliche Betreuung gab es nur in wenigen Betrieben, Schutzmaßnahmen waren überwiegend nicht vorhanden. In Kantinen war die Situation deutlich besser, Gefährdungsbeurteilungen und Arbeitsmedizinische Vorsorgen wurden durchgeführt, Schutzmaßnahmen waren vorhanden. Die betriebsärztliche Betreuung und Beratung insbesondere von Arbeitgebenden und Beschäftigten in Restaurants im Hinblick auf Hauterkrankungen muss verbessert werden. Dadurch könnte die Anzahl von Hauterkrankungen reduziert werden.

Referenzen

DGUV Statistik Berufskrankheiten
Frau DR Ann-Kathrin Jakobs
Struktur und Genehmigungsdirektion Süd, Neustadt/W, Rheinland-Pfalz, Neustadt/W
3

Einleitung

Allein die hohe Prävalenz von Schmerzsyndromen bei Musiker*innen und die dadurch bedingte starke Beeinträchtigung in ihrem Beruf macht sie zu einer interessanten Gruppe um Einflussfaktoren von Schmerz zu untersuchen. Durch das langjährige intensive Training extremer räumlich-zeitlich hochpräziser Feinmotorik treten bei Musiker*innen physiologische adaptive funktionelle und strukturelle neuroplastische Veränderungen auf, die sie insbesondere zu einem relevanten Modell zur Untersuchung des Einflusses dieser Neuroplastizität auf die Schmerzwahrnehmung und -weiterleitung machen.

Methoden

In der vorliegenden Studie wurden 15 gesunde professionelle Musiker*innen und Musikstudierende, sowie 15 Kontrollpersonen untersucht. Den Proband*innen wurden jeweils 15 Kontakthitzestimuli an beiden Händen und beiden Füßen appliziert. Für jeden der 15 Stimuli wurden ein kontakthitzeevoziertes Potential (CHEP) mit einem EEG an der CZ-Position abgeleitet, sowie die subjektive Bewertung der Stimulusintensität aufgezeichnet. Die Habituation während des Versuchs wurde mithilfe von statistischen mixed-effect-Modellen untersucht.

Ergebnisse

Die Datenanalyse ergab, dass die Musiker*innen die Stimuli zwar als signifikant stärker schmerzhaft bewerten, diese Bewertung im Verlauf des Versuches jedoch auch signifikant schneller abnimmt als bei der Kontrollgruppe, was für eine schnellere Habituation spricht. In beiden Gruppen fand eine signifikante Abnahme der CHEPs-Amplitude statt, interessanterweise allerdings ohne signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen.
Die Unterschiede in der Schmerzwahrnehmung zwischen Musiker*innen und der Kontrollgruppe schlugen sich also lediglich in der subjektiven Bewertung der Stimuli und der subjektiven Habituation nieder.

Schlussfolgerung / Diskussion

Weitere Untersuchungen, insbesondere der objektiven EEG-Daten, sind notwendig um die Unterschiede der Nozizeption zwischen den Gruppen quantifizieren und den Einfluss von Neuroplastizität auf Schmerzweiterleitung untersuchen zu können.

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Herr Fabian Sternkopf
Institut für Musikphysiologie und Musikermedizin Hannover, Hannover
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Frau und Beruf
Beiträge:
1
Prävention von Herz-Kreislauf-Krankheit im Betrieb:
Falldarstellung Myocardinfarkt bei junger Frau mit erhöhtem Lp(a)

Heinemann, Franziska; Böckelmann, Irina

Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg, Deutschland

Einleitung: Die Grundlage zur Einschätzung des individualisierten kardiovaskulären Risikos stellt nach der aktuellen Leitlinie der ESC (European Society of Cardiology) das etablierte SCORE2 (Systematic Coronary Risk Evaluation)-System dar. Aktuell ist das Lipoprotein (a) (Lp(a)) nicht in dem Score enthalten. Es stellt einen unabhängigen, genetisch determinierten kardiovaskulären Risikofaktor dar. In der Leitlinie der ECS/EAS von 2019 wird empfohlen, Lp(a) bei jedem Menschen einmal im Leben zu bestimmen. Eine Nichtberücksichtigung der Lp(a) kann zu einer relevanten Fehleinschätzung des Risikos für ein kardiovaskuläres Ereignis einer Person führen.

Material und Methoden: Es soll hier exemplarisch ein Fall vorgestellt werden. Es handelte sich um eine 52-jährige Probandin mit STEMI der Hinterwand bei sitzender Tätigkeit. Es bestand kein erhöhter Blutdruck, kein Myokardinfarkt in der Familienanamnese, sie hatte einen BMI von 33, war ehemalige Gelegenheitsraucherin und hatte erhöhte Cholesterinwerte (LDL 5,5 mmol/L). Es wurde nach dem Infarkt ein erhöhtes Lp(a) (175 nmol/L) festgestellt.

Ergebnisse: Nach dem SCORE 2 hätte die Probandin ein 2,5 %iges Risiko (also ein geringes Risiko) für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung gehabt. Nach dem PROCAM Score (Assmann) lag ein 2,23% iges Risiko für einen Herzinfarkt vor. Nach der Risikoprognose nach Framingham errechnet sich ein 7,3%es Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses. Trotz geringeres Risiko kam es zu einem Herzinfarkt.

Schlussfolgerungen: In der arbeitsmedizinischen Sprechstunde trifft man auf viele Menschen, die scheinbar asymptomatisch sind. Einige nehmen keine Angebote der Früherkennung und Prävention beim Hausarzt in Anspruch. Bei der ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge müssen nach AMR 3.3 alle arbeitsbedingten Gefährdungen berücksichtigt werden, die Auswirkungen auf die Gesundheit haben können. In dem vorgestellten Fall kann die sitzende Tätigkeit als ein eigenständiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gesamtmortalität [BI1] angesehen werden. Im Rahmen der Präventionsangebote könnte eine Risikoanalyse mit SCORE2 mit Bestimmung der Blutfettwerte (u.a. auch Lp(a)) ein wirkungsvolles Instrument sein, um die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten im Betrieb zu erhalten.

Frau Dr. med. Franziska Heinemann
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
2

Einleitung

Für Schwangere und ihre ungeborenen Kinder stellen bestimmte Infektionskrankheiten eine Gesundheitsgefährdung dar [1]. Sie stehen am Arbeitsplatz unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Die vorliegende Auswertung soll Aufschluss über beruflich bedingte Infektionskrankheiten mit schwangerschaftsrelevanten Erregern geben.

Methoden

Die Auswertung erfolgte auf Basis der Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Eingeschlossen wurden Fälle von Infektionskrankheiten mit schwangerschaftsrelevanten Biostoffen mit den BK-Nummern 3101, 3102 und 3104, die im Zeitraum 2016 bis 2020 anerkannt wurden. Die Fälle, in denen sich die Erkrankung auf das ungeborene Kind bezog, wurden über das Merkmal Versicherungsverhältnis „Fall nach § 12 SGB VII (Schädigung der Leibesfrucht)“ identifiziert. Fälle mit einem Versicherungsverhältnis „Fall nach § 12 SGB VII“, die aus Mitgliedsbetrieben der BGW stammten, wurden einem Aktenstudium unterzogen.

Ergebnisse

Die DGUV erfasste im Zeitraum 2016 bis 2020 insgesamt 224 als BK anerkannte Fälle von Infektionserkrankungen mit einem schwangerschaftsrelevanten Erreger. Darunter waren zwei Fälle nach § 12 SGB VII (Schädigung der Leibesfrucht). Bei beiden Fällen handelte es sich um Infektionen mit Parvovirus B19 (Ringelröteln, Erythema infectiosum). Ein Fall stammte aus einem Mitgliedsbetrieb der BGW; nach Aktenlage wurde bei Geburt keine rentenrelevante, chronische Schädigung fest- gestellt. Es wurden insgesamt sieben Zyotmegalieinfektionen als Berufskrankheit bei Erwachsenen anerkannt, aber keine Schädigung der Leibesfrucht bei Ungeborenen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Anerkennungen von beruflich bedingten Infektionskrankheiten in der Schwangerschaft mit Schädigungen der Leibesfrucht nach §12 SGB VII sind äußerst selten. Die Annahme eines erhöhten Risikos für Zytomegalieinfektionen bei Schwangeren in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche ließ sich durch die DGUV-Daten nicht zeigen. Die wenigen dokumentierten Fälle gehen auf akute Infektionen der Schwangeren mit Parvovirus B19 zurück. Seit dem Berichtsjahr 2020 müssen bei der DGUV zu bestimmten Infektionserregern angegeben werden. Durch die veränderte Berufskrankheiten-Dokumentation mit Angabe der Primärdiagnosen nach ICD 10 hat sich die Qualität der statistischen Datenlage verbessert: Infektion mit Parvovirus B19 (Ringelröteln) werden als Erythema infectiosum dokumentiert und können nicht mehr mit einer Rötelninfektion verwechselt werden.

Referenzen

[1] Modrow S et al.: AWMF-Leitlinie 093-001 Labordiagnostik
schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen, 2021. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/093-001.html
Frau Dr. Johanna Stranzinger
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg
3

Einleitung

Der Zuwachs der weiblichen Humanmedizin-Studierenden und somit klinisch tätigen Ärztinnen macht eine Auseinandersetzung mit dem 2018 novellierten Mutterschutzgesetz (MuSchG) unerlässlich. Der gesondert eingerichtete Ausschuss für Mutterschutz (AfMu) gibt Orientierungshilfen zur praxisnahen Umsetzung des Gesetzestextes. Bei Bekanntgabe einer Schwangerschaft einer beschäftigten Ärztin soll eine individuelle Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber erstellt werden. In einigen chirurgischen Fachbereichen liegen Empfehlungen zur Arbeitsplatzgestaltung während Schwangerschaft und Stillzeit vor. Bisher fehlen Positionierungen von internistischen Fachgremien zu diesem Thema. Diese Übersicht soll orientierend die publizierten Informationen zusammenfassen, um schwangere Ärztinnen in der pneumologischen Klinik weiterbeschäftigen zu können.

Methoden

Auf Basis des Mutterschutzgesetzes wurde durch Vertreterinnen der Pneumologie und Arbeitsmedizin eine Analyse der vorhandenen Evidenz für schwangere Pneumolginnen erarbeitet. Eine Datenbankrecherche in Pubmed, Medline und Scopus im Zeitraum 2018- 2023 zu u.g. Schlüsselwörtern ergänzt die Rechtsvorschrift durch Abgleich mit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand.

Ergebnisse

Anhand einer risikostratifizierten Positivauflistung für pneumologisch klinische Tätigkeiten lässt sich ein kalkulierbares Risiko für die Weiterbeschäftigung schwangerer Ärztinnen darstellen. Die überwiegende Anzahl an interventionellen Eingriffen (Pleurapunktion, transthorakale Punktion, intrapleurale Drainage und permanente -katheteranlage, internistische Thorakoskopie, flexible und starre Bronchoskopie, endobronchialer Ultraschall) kann durch Schwangere durchgeführt werden. Einschränkungen bestehen bei Tätigkeiten mit Notfallcharakter, erhöhter Infektionsgefährdung, elektrothermischen Interventionsverfahren und bei Strahlenexposition.

Schlussfolgerung / Diskussion

Grundsätzlich spricht rechtlich sowie medizinisch nichts gegen den Einsatz einer schwangeren Pneumologin in der Endoskopie. Für die Schwangere ist es von großer Bedeutung, dass Klarheit im beruflichen Aufgabenspektrum für den Zeitraum der Schwangerschaft besteht. Darüber hinaus sollten dem Arbeitgeber (sowie in Vertretung dessen Betriebsarzt) detaillierte Empfehlungen für die Erstellung einer anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung an die Hand gegeben werden. Diese detaillierte Aufgabenbeschreibung kann dazu beitragen.
Frau Dr. med. Christine Ganzert
Universität Magdeburg, Magdeburg
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Gefahrstoffe/Biomonitoring
Beiträge:
1

Einleitung

Lungenkrebs ist die häufigste Krebstodesursache in Deutschland. Zwischen 2005 und 2021 wurden insgesamt 3901 Berufskrankheiten mit Lungenkrebs (BK-Nr. 4104, 4109, 4110, 4112, 4113, 4114) anerkannt. Im gleichen Zeitraum sind 3751 Versicherte infolge dieser Berufskrankheiten verstorben. Im Gewebe von Lungenkrebserkrankten ist die Vermehrung der Onkogene TERT (telomerase reverse transcriptase) und MYC (v-myc avian myelocytomatosis viral oncogene homolog) häufig nachweisbar und können daher als Biomarker dienen. Die Performance kann durch die Kombination mehrerer Biomarker in einem Markerpanel verbessert werden. Das Ziel dieser Studie war die Bestimmung von TERT als zusätzlichem Biomarker für Lungenkrebs und die Analyse, ob eine Kombination mit dem bereits etablierten Biomarker MYC zu einer Verbesserung der Perfomance führt.

Methoden

Die Kopienzahl der Gene TERT und MYC wurde in der genomischen DNA von Tumor- und angrenzenden Nicht-Tumorgewebeproben von 114 Lungenkrebspatienten mittels digitaler PCR bestimmt.

Ergebnisse

In den Tumorproben betrug die durchschnittliche Kopienzahl von TERT im Median 2,12 (interquartile range (IQR) 1,96 – 2,56) und in den Nicht-Tumorproben 1,96 (IQR 1,88 – 2,04). Die durchschnittliche Kopienzahl von MYC betrug 2,10 (IQR 1,94 – 2,38) im Tumorgewebe und 1,96 (IQR 1,89 – 2,03) im Nicht-Tumorgewebe. Der Unterschiede waren statistisch signifikant (p<0,0001). Bei einer festgesetzten Spezifität von 99% konnte für TERT eine Sensitivität von 41% und für MYC eine Sensitivität von 51% gezeigt werden. Durch die Kombination von TERT und MYC wurde die Sensitivität auf 60% erhöht.​​​​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass eine Kombination von Biomarkern die Performance im Vergleich zu den jeweiligen einzelnen Biomarkern erhöht. Die Bestimmung der Kopienzahl von MYC und TERT mittels digitaler PCR könnte in Zukunft als eine verlässliche Methode in der personalisierten Medizin eingesetzt werden.
Herr Alexander Brik
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
2
Expositionen gegenüber aromatischen Aminen können beim Menschen zu erhöhten Harnblasenkrebs-Risiken führen. So kann Harnblasenkrebs im Falle der Verbindungen 2-Naphthylamin, 4-Aminobiphenyl und o-Toluidin in Deutschland als Berufskrankheit anerkannt werden.

Als indirekte Kanzerogene wirken aromatische Amine erst nach metabolischer Aktivierung genotoxisch und in der Folge krebserzeugend. Die Leber wird dabei als Hauptorgan für die Bioaktivierung angesehen. Das Urothel verfügt jedoch selbst über eine Ausstattung an relevanten fremdstoffmetabolisierenden Enzymen.

In der aktuellen Studie wurden unterschiedliche lokale genotoxische Effekte von 2-Naphthlyamin (2-NA), 4-Aminobiphenyl (4-ABP) und o-Toluidin (OT) in einer humanen Harnblasenzelllinie (RT4) untersucht. DNA-Strangbrüche wurden mit dem Comet-Assay, Chromosomenbrüche und -fehlverteilungen im Mikronukleus-Test untersucht.

2-Naphthylamin und 4-Aminobiphenyl führten weder im Comet-Assay noch im Mikrokern-Test zu positiven Ergebnissen. Im Gegensatz dazu konnten nach Exposition der Zellen gegenüber o-Toluidin schwach positive Ergebnisse im Comet-Assay und signifikant erhöhte Mikrokernraten nachgewiesen werden.

Unter den Versuchsbedingungen konnte auf lokaler urothelialer Ebene Genotoxizität lediglich für o-Toluidin beobachtet werden. Durch die schwach positiven Befunde im Comet-Assay scheinen klastogene Effekte in jedem Fall eine Rolle zu spielen. Ob die signifikant erhöhten Mikrokern-Raten auch auf aneugene Effekte, d. h. Chromosomenfehlverteilungen, beruhen, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen.
Frau Dr. rer. nat. Sabine Plöttner
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
3
Einleitung: Zu ihrem Schutz und Erhalt wurden organische Objekte in musealen Sammlungen oder auch ganze Denkmäler und historische Häuser mit gesundheitsschädlichen Bioziden behandelt. So sind die Mehrzahl der organischen Objekte musealer Institutionen, aber auch viele historische Gebäude nachweislich mit Gefahrstoffen wie DDT, Lindan, PCP, Arsen, Quecksilber und ggf. noch andere belastet. Sie stellen somit ein Gesundheitsrisiko für Beschäftigte dar, die mit diesen Objekten umgehen bzw. sich in Räumen mit belasteten Objekten aufhalten. Um die Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten, ist eine Überwachung der Gefahrstoffe am Arbeitsplatz erforderlich. Die herkömmlichen Analysemethoden, die zurzeit für systematische Untersuchungen bzw. größere Studien eingesetzt werden, sind jedoch in der Regel sehr teuer. Ziel des MUSA-Projekts ist daher die Entwicklung eines benutzerfreundlichen und kostengünstigen Testkits für das Biozid-Monitoring.
Methoden: Als Probenahmematerial wurden elektrostatische Tücher für 1) Wischproben von Oberflächen und 2) Staubfallen für die Analyse von Staub in der Luft verwendet. Zu den Zielsubstanzen gehörten Organochlorbiozide (u.a. PCP und Lindan) und toxische Metalle (u.a. Quecksilber und Arsen). Die Proben wurden extrahiert und mittels GC-MS/MS bzw. ICP-MS/MS analysiert. Parallel dazu wurden eine aktive Probenahme durchgeführt. Die Pilotstudie fand in einer Sammlung mit bekannter Biozidkontamination statt.
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Wischproben als auch Staubfallen geeignet waren, Biozide nachzuweisen. Außerdem waren beide Methoden auch von Personal ohne größere analytische Erfahrung leicht anwendbar. In dieser Pilotstudie konnten wir auch Räume und Arbeitsplätze mit einem erhöhten Expositionsrisiko für die Mitarbeiter identifizieren. Die Ergebnisse der Staubfallen und der aktiven Probenahme waren relativ gut vergleichbar. Das bedeutet, dass in Räumen mit höherer Belastung in der Luft auch höhere Konzentrationen der gleichen Biozide in den Staubfallen nachgewiesen werden konnten.
Diskussion: Wischproben und Staubfallen können eine geeignete Ergänzung zum herkömmlichen Umgebungsmonitoring sein. Die Einfachheit des Testkits reduziert die Kosten der Analyse und macht sie daher für die betroffenen Einrichtungen leichter zugänglich. Eine auf den Ergebnissen aufbauende Evaluation der vorgestellten Methoden in weiteren Museen ist notwendig, um risikobasierte Beurteilungswerte abzuleiten und angemessene Maßnahmen zur Vermeidung der Exposition gegenüber Bioziden zu ermöglichen.

Herr Dr. Stefan Rakete
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität, LMU München, München
4

Einleitung

Deoxynivalenol (DON) ist ein Schimmelpilzgift (Mykotoxin), das aufgrund seiner toxischen und immunsuppressiven Eigenschaften ein hohes gesundheitsgefährdendes Potential für den Menschen aufweist. DON ist als Verunreinigung in Lebensmitteln, insbesondere Getreide und Getreideprodukten zu finden. Als deutscher Beitrag zum European Joint Programme HBM4EU sollte die ernährungsbedingte DON-Hintergrundbelastung untersucht werden [1].

Methoden

In insgesamt 360 24-h-Sammelurinproben aus der Umweltprobenbank des Bundes wurde der Gehalt an Gesamt-DON (tDON, Summe aus freiem DON und DON-Glucoronid-Metaboliten) ermittelt und daraus die tägliche tDON-Ausscheidungsmenge errechnet. Die Proben wurden in den Jahren 1996, 2001, 2006, 2011, 2016, und 2021 von je zur Hälfte weiblichen und männlichen Studierenden in Münster gesammelt. Die Bestimmung im Urin erfolgte nach enzymatischer Hydrolyse der Glucoronid-Metaboliten und Immunoaffinitätsaufreinigung mittels Flüssigkeitschromatographie-Tandemmassenspektrometrie (HPLC-MS/MS). Ausgehend von der täglichen tDON-Ausscheidungsmenge wurde die tägliche DON-Aufnahmemenge abgeschätzt.

Ergebnisse

In 99 % der Proben lagen tDON-Konzentrationen oberhalb der Bestimmungsgrenze von 0,3 µg/L vor. Die Median-Werte der ermittelten Konzentrationen und täglichen Ausscheidungsmenge waren 4,3 μg/L bzw. 7,9 μg/24 h. Die Urinproben männlicher Studienteilnehmer wiesen signifikant höhere tDON-Konzentrationen auf. Unter Berücksichtigung des Körpergewichts werden für die tägliche Ausscheidungsmenge keine signifikanten Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Studienteilnehmenden beobachtet. Mit Ausnahme der Proben aus dem Jahr 2001 bleibt die tägliche Ausscheidungsmenge über die Jahre unverändert. Bei drei der Teilnehmenden überschritt die abgeschätzte tägliche DON-Aufnahmemenge die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von 1 μg/kg Körpergewicht.

Schlussfolgerung / Diskussion

DON-Expositionen treten ubiquitär auf und bereits durch die Ernährung können gesundheitsgefährdende systemische Belastungen auftreten.

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5

Einleitung

Das volatile Anästhetikum Sevofluran ist aufgrund seiner pharmakologischen Eigenschaften eines der weltweit am häufigsten eingesetzten Narkosemittel. Bei der Verwendung volatiler Anästhetika besteht jedoch Anlass zur Sorge, dass das Personal im Operationssaal einer chronischen Belastung ausgesetzt ist, die sich möglicherweise negativ auf die Gesundheit auswirkt. Aufgrund der aktuellen Studienlage kann somit auch nicht ausgeschlossen werden, dass es durch eine chronische Sevofluran-Exposition während der Schwangerschaft zu Schädigungen des Fötus kommen kann. In dieser Studie wurde eine Methode zur gleichzeitigen Bestimmung von Sevofluran und dessen Metaboliten Hexafluoroisopropanol (HFIP) in Urin entwickelt, welche die Bestimmung der individuellen internen Exposition des im Operationsbereich arbeitenden Personals ermöglichen soll.

Methoden

Für die Analyse wurden Headspace-Vials mit Isofluran (ISTD), Ammoniumacetatpuffer und β-Glucuronidase HP-2 (helix pomatia) versetzt und verschlossen. Frischer Urin wurde in kontaminationsfreier Umgebung durch ein Septum in die Vials gegeben und die Proben anschließend für 3 h bei 37 °C inkubiert. Die hydrolysierten Proben wurden bis zur Analyse bei -18 °C eingefroren. Die instrumentelle Bestimmung erfolgte mittels statischer HS-GC-MS auf einer DB-1-Säule. Im Rahmen einer deutschen Pilotstudie wurden vor und am Ende von drei Schichttagen Urinproben von im Operationsbereich tätigem Personal (n = 24) gesammelt.

Ergebnisse

​​​Die Methode ist von 1-1000 µg/L (r2 > 0,999) linear und zeigt eine hohe Präzision (< 5,5 % RSD). Die Bestimmungsgrenzen (LOQ) liegen bei 0,6 µg/L für Sevofluran und 3 µg/L für HFIP. In den untersuchten Urinproben nach der Schicht lag die Konzentration von HFIP zwischen < LOQ und 145 µg/L, während Sevofluran bei allen Probanden unter der Nachweisgrenze lag. Alle vor der Schicht entnommenen Proben wiesen für beide Analyten Konzentrationen < LOQ auf.

Schlussfolgerung / Diskussion

Im Vergleich zu bisherigen Methoden zeichnet sich das Verfahren durch eine vereinfachte und schnelle Aufarbeitung aus, da beide Analyten gleichzeitig quantifiziert werden sowie durch eine hohe Empfindlichkeit, v. a. für HFIP, ohne die Notwendigkeit einer Analytanreicherung. Die in dieser Pilotstudie gemessenen Urinkonzentrationen von Sevofluran und HFIP sind niedriger als bisher berichtete Ergebnisse früherer Studien, wahrscheinlich aufgrund besserer baulicher und technischer Maßnahmen im Arbeitsschutz heutzutage.

Referenzen

[1]          J.M. Molina Aragones, A. Ayora Ayora, A. Barbara Ribalta, A. Gasco parici, J.A. Medina Lavela, J. Sol Vidiella, M.H. Sol Lopez, Occupational exposure to volatile anaesthetics: a systematic review, Occup Med (Lond), 66 (2016) 202-207.
[2]          A. Accorsi, B. Morrone, I. Domenichini, S. Valenti, G.B. Raffi, F.S. Violante, Urinary sevoflurane and hexafluoro-isopropanol as biomarkers of low-level occupational exposure to sevoflurane, Int Arch Occup Environ Health, 78 (2005) 369-378.
[3]          A. Accorsi, B. Morrone, M. Benzo, C. Gandini, G.B. Raffi, F.S. Violante, Simultaneous determination of unmodified sevoflurane and of its metabolite hexafluoroisopropanol in urine by headspace sorptive extraction-thermal desorption-capillary gas chromatography-mass spectrometry, J Chromatogr A, 1071 (2005) 131-134.
[4]          M.L. Scapellato, M. Carrieri, I. Macca, F. Salamon, A. Trevisan, M. Manno, G.B. Bartolucci, Biomonitoring occupational sevoflurane exposure at low levels by urinary sevoflurane and hexafluoroisopropanol, Toxicol Lett, 231 (2014) 154-160.
Frau Dr. Stephanie Selke
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
6
Einführung
In der Umwelt- und Arbeitsmedizin kann durch Human-Biomonitoring die individuelle Exposition gegenüber Metallen und Halbmetallen ermittelt werden. Die Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS) ermöglicht die simultane Quantifizierung mehrerer Elemente in kürzester Zeit und ist somit eine vielversprechende Analysentechnik für Biomonitoringstudien. Eine von Winter et al. speziell für die Hg-Bestimmung in Urinproben entwickelte Methode sollte daher auf die Analyse weiterer Elemente ausgeweitet und validiert werden.

Methoden
Für die Bestimmung von Ag, As, Ba, Be, Cd, Co, Cu, Hg, Mo, Pb, Sb, Sn, Tl, V und Zn mittels ICP-MS wurden die Urinproben mit einem spezifischen Diluenten (5 % HNO3; 0,625 % HCl; 2,5 % Thioharnstoff) 1:5 verdünnt und anschließend bei Raumtemperatur inkubiert. Spektrale Interferenzen wurden sowohl durch die Analyse geeigneter Isotope als auch der Verwendung einer Kollisionszelle mit Helium als Kollisionsgas beseitigt. Nicht-spektrale Interferenzen der Urinmatrix wurden durch den Einsatz interner Standards kompensiert. Die Validierung der Methode erfolgte hinsichtlich der Präzision, Richtigkeit sowie Nachweis- und Bestimmungsgrenze. Zusätzlich wurde der Einfluss verschiedener interner Standards in Abhängigkeit des Kreatiningehalts auf die Wiederfindungsrate untersucht.

Ergebnisse
Die entwickelte Methode ermöglicht die simultane Bestimmung von 15 Elementen. Die Variationskoeffizienten für die Präzision in Serie waren ≤ 5,5 % und für die Präzision von Tag zu Tag ≤ 7,6 % (außer Be mit ≤ 8,5 % bzw. ≤ 11,6 %). Die ermittelten Nachweis- und Bestimmungsgrenzen lagen für alle Analyten unterhalb aktueller Referenzwerte bzw. der niedrigsten gemessenen Konzentration im deutschen Ringversuch (G-EQUAS). Die Wiederfindungsraten dotierter gepoolter Urinproben lagen im Bereich von 93 -107 %. Es wurden 6 interne Standards identifiziert, die eine Bestimmung der Elemente im Urin unabhängig von der Konzentration und dem Kreatiningehalt ermöglichen.

Schlussfolgerung
Das entwickelte Analyseverfahren ermöglicht das Biomonitoring von Metallen und Halbmetallen in arbeits- und umweltmedizinischen Konzentrationsbereichen. Die Ausweitung der Hg-Methode auf die Quantifizierung 14 weiterer Elemente sowie die einfache Probenvorbereitung erhöht den Probendurchsatz und minimiert zugleich Kosten. Die Methode hat daher großes Anwendungspotential in zukünftigen Biomonitoringstudien.

Referenzen

[1] M. Winter, F. Lessmann, V. Harth, A method for reliable quantification of mercury in occupational and environmental medical urine samples by inductively coupled plasma mass spectrometry, Anal Methods, 15 (2023) 2030-2038.
Herr Dr. Martin Winter
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
7

Einleitung

Am Airbus Standort Hamburg arbeiten etwa 500 Maler und Lackierer im Oberflächenschutz. Sie haben seit Jahren die Pflichtvorsorge Chrom. Weitere etwa 3000 Personen verrichten mechanische Arbeiten an chromatierten Oberflächen [1]. Seit Januar 2022 wird auch diesen Beschäftigten die Überwachung angeboten, um die individuelle Beratung zu fördern und Verunsicherung im transnationalen Austausch der Beschäftigten des Großkonzerns entgegen zu wirken. Nachfolgend wird die Übersicht der Ergebnisse des Biologischen Monitorings auf Chrom im Urin im Zeitraum 01/2022 bis 08/2023 gezeigt

Methoden

Die Urinabgabe erfolgte nach Schichtende, die Bestimmung von Chrom und Kreatinin im Urin durch ein externes Routinelabor. Zur Beurteilung diente der Biologische Arbeitsstoffreferenzwert (BAR) für Chrom von 0,6µg/L Urin. 3 Gruppen wurden gebildet: unauffällig (das Ergebnis < 0,6 µg/L Urin), unspezifische Erhöhung (Ergebnis zwischen 0,6-2µg/L Urin) und auffällig (Ergebnis > 2µg/L Urin). Nur die Mitarbeiter selbst wurden über ihr Ergebnis benachrichtigt. War das Ergebnis unspezifisch erhöht, wurde eine Wiederholung angeboten, war es auffällig wurde eine Kontrolle durch Blutentnahmeangeboten.​​​​

Ergebnisse

In den 20 Monaten zwischen 1/2022 bis 8/2023 wurde insgesamt 1617 Urinproben auf Chrom untersucht. 981 davon waren von Strukturmechanikern (60,7%), 346 von Malern und Lackierern (21,4%), 23 aus dem Bereich Instandhaltung (1,4%), und 267 sonstige (16,5%). 97 Proben zeigten unspezifische Erhöhung (6%), 18 Proben auffällige Werte (1%).
Lediglich 3 Werte lagen im niedrig zweistelligen Bereich und stammen von Beschäftigten mit Nierenfunktionsstörung. Mittelwert und Median lagen bei Malern und Lackieren und Strukturmechanikern gleichermaßen unterhalb des BAR.
​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Die vorliegenden Ergebnisse korrelieren gut mit den Ergebnissen aus Vorsorge und Sonderaktionen bei Malern und Lackierern (2008 bis 2016) und den Messungen im Rahmen des REACH-IT Projektes zur Erlangung der befristeten Ausnahmegenehmigung (2017-2022) [1,2]. Durch die Ausweitung des Biomonitorings sind Akzeptanz und Bereitschaft zur Teilnahme gestiegen. Es hat sich als gutes Mittel zur individuellen Beratung bewährt. Biomonitoring hilft den Einzelnen angemessen zu sensibilisieren und unterstützt einen sachdienlichen Dialog. Die Ersatzstoffsuche läuft auf Hochtouren, bis die Flugzeugindustrie aber vollständig auf Chromat verzichten kann, wird es noch etwas dauern.

Referenzen

-      [1] VERORDNUNG (EC) No 1907/2006 DES EUROPAPARLAMENTS UND DES RATES vom 18 Dezember2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)
-       [2] Herausforderungen für den europäischen Flugzeugbau durch die europäische REACH Verordnung. Olma et al.  Posterbeitrag DGAUM Jahrestagung JENA 2023
Frau Dr. Karin Olma
Airbus Operations GmbH, Hamburg
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Hintergrund
Bei Mangan handelt es sich um ein lebensnotwendiges Spurenelement, welches bei erhöhter Aufnahme das Nervensystem schädigen kann. Beim Schweißen wird Mn als Bestandteil des Schweißrauchs emittiert und kann inhalativ in den Körper gelangen. Als Biomonitoring wird in der Regel der Gesamtgehalt von Mangan im Blut bestimmt. 2011 wurde der Arbeitsplatzgrenzwert auf 0,02 mg/m3 (A) abgesenkt. Aus dieser Luftkonzentration resultiert eine mittlere Mangankonzentration im Blut, die im Bereich der Hintergrundbelastung liegt. [1,2,3] Demnach fehlt für eine gesundheitsbasierte Beurteilung der inneren Belastung derzeit ein geeigneter Biomarker. In anderem Kontext konnte gezeigt werden, dass Mangan in Abhängigkeit von der Aufnahmemenge mit verschiedenen Serumbestandteilen Verbindungen eingeht.[4] Ziel der laufenden Studie ist es, zu ermitteln, ob die Untersuchung dieser Verbindungen für das Biomonitoring bei beruflicher Mn-Exposition geeignet ist.

Methode
Untersucht werden Beschäftigte, die schweißtechnischen Arbeiten ausführen. In mehreren Betrieben werden im Verlauf von acht Tagen an fünf definierten Zeitpunkten Blutproben genommen. Mittels Tandem-Massenspektrometrie mit induktiv gekoppelter Plasmaanregung (ICP-MS/MS) wird die Mn-Konzentration im Blut bestimmt. Außerdem werden die einzelnen Mn-Verbindungen im Serum mittels 2-dimensionaler online-heartcut-Größenausschlusschromatographie mit ICP-MS/MS-Detektion analysiert.

Ergebnisse
Bei den bislang untersuchten Probanden liegt die Mn-Konzentration im Blut unterhalb des Biologischen Arbeitsstoff-Referenzwerts von 15 µg/L. Im Verlauf der Arbeitswoche sind keine signifikanten Unterschiede festzustellen. Beim Vergleich von Vor- und Nachschichtproben eines Tages zeigen sich keine wesentlichen Veränderungen der Konzentrationen über die Schicht (geom. Mittel: 9,69 µg/L vs. 9,65 µg/L; 90. Perzentil: 14,1 µg/L vs. 14,2 µg/L).

Schlussfolgerung
Aktuelle Expositionen an typischen Schweißarbeitsplätzen werden in den Gesamtmangankonzentration im Blut nicht sichtbar. Für eine gesundheitsbasierte Beurteilung ist die Erforschung eines alternativen Biomarkers notwendig. In der aktuell laufenden Untersuchung der Mn-Verbindungen (z.B. Mn gebunden an a2-Makroglobulin, Transferrin und Citrat) soll ein entsprechender Marker gefunden werden.

Referenzen

[1] Bailey LA, Kerper LE, Goodman JE. (2018): Derivation of an occupational exposure level for manganese in welding fumes. In: Neurotoxicology 64, S. 166–176. DOI: 10.1016/j.neuro.2017.06.009 .
[2] Baker MG, Simpson CD, Stover B, Sheppard L, Checkoway H, Racette BA, et al. (2014): Blood Manganese as an Exposure Biomarker: State of the Evidence. In: Journal of Occupational and Environmental Hygiene 11 (4), S. 210–217. DOI: 10.1080/15459624.2013.852280 .
[3] BAT-Begründung “Mangan und seine anorganischen Verbindungen“, 11. Lieferung 2004 und 18. Lieferung 2011
[4] Michalke B, Aslanoglou L, Ochsenkühn-Petropoulou M, Bergström B, Berthele A, Vinceti M, et al. (2015): An approach for manganese biomonitoring using a manganese carrier switch in serum from transferrin to citrate at slightly elevated manganese concentration. In: Journal of Trace Elements in Medicine and Biology 32, S. 145–154. DOI: 10.1016/j.jtemb.2015.07.006 .
Herr Johannes Fischer
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
9
Einleitung: Beim Kalken von Ställen sind die Beschäftigten inhalativ sowie dermal gegen die ausgebrachte Kalkmilch exponiert. Da für die Expositionsbewertung bislang Messdaten zur aktuellen dermalen Exposition fehlen, sollen diese sowohl für die Sprüh- als auch für die Streichanwendung erhoben werden. Ziel der Arbeit waren die Entwicklung eines validen Messverfahrens für ein dermales Expositionsmonitoring unter Verwendung von Calcium als Messparameter und erste Messungen im Feld.
Methode: Polyester/Zellulose-Material (Sontara®MicroPure 100-Wischtücher) wurde zur repräsentativen Erfassung der dermalen Belastung genutzt. Zum einen wurde das Material als Patches (10 × 10 cm) unter der Arbeitskleidung auf der Haut fixiert (n = 12), zum anderen als Wischtücher zum Abwischen der Haut (Hände, Stirn) verwendet. Nach Extraktion des Probensammlermaterials mit 1%-iger Salpetersäure wurde der Calciumgehalt in den Extrakten mittels ICP-MS unter Verwendung von Rhodium als internem Standard quantifiziert. In einer ersten Feldstudie wurden zwei Beschäftigte beprobt und die beruflich bedingte dermale Calciumbelastung erfasst.
Ergebnisse: Das Probensammlermaterial wies einen relativ konstanten Calciumgehalt von 1,43 ± 0,02 µg/cm² auf, der von den Messwerten abgezogen wurde. Eine Kontamination der Patches durch transdermale Calciumausscheidung mit dem Schweiß wurde durch Alukaschierung unterbunden. Dotiertes Calcium ließ sich vollständig und reproduzierbar von dem Probensammlermaterial extrahieren: bei Dotierung mit 5 µg bzw. 10 µg Ca/cm² lag die Wiederfindung nahe 100 %, bei 0,5 µg Ca/cm² ergab sich ein leichter Überbefund (118 %). Die Bestimmungsgrenze wurde nach DIN 32645 zu 1 mg/l bestimmt (n = 3). Der Arbeitsbereich war bis 200 mg/l linear. Präzisionsdaten wurden unter Verwendung unterschiedlicher Analytkonzentrationen (15 mg/l, 75 mg/l sowie 150 mg/l) erhoben. Die Präzision in Serie lag bei allen Konzentrationen unter 2 %, die Präzision von Tag zu Tag unter 3 %.
Die in einer ersten Feldstudie bestimmte Calciumbelastung der Beschäftigten lag sowohl für das Sprühen als auch für das Streichen der Kalkmilch deutlich unter dem für die dermale Exposition theoretisch erlaubten Upper Intake-Level.
Schlussfolgerungen: Das entwickelte Probenahme- und Analyseverfahren erlaubt die zuverlässige und reproduzierbare Bestimmung der aktuellen dermale Calciumbelastung von Beschäftigten bei beruflichem Umgang mit Kalkprodukten. Erste Messungen an Beschäftigten unter Verwendung des validierten Verfahrens sind erfolgreich durchgeführt worden.

Frau Dr. Anja Schäferhenrich
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
10

Einleitung

Zur Früherkennung von Lungenkrebs bietet die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung ihren ehemals asbeststaubexponierten Versicherten im Rahmen der nachgehenden Vorsorge unter bestimmten Voraussetzungen ein erweitertes Vorsorgeangebot mittels Low-dose-high-resolution computertomography (LD-HRCT bzw. Niedrigdosis-CT) an. Die Teilnahme ist freiwillig, jedoch an eine vorhergehende ärztliche Beratung gebunden. Eine evidenzbasierte Entscheidungshilfe (EH) kann über die bereits vorhandenen Informationsmaterialien hinaus dazu beitragen, Teilnehmende im Vorfeld der ärztlichen Beratung über alle relevanten Aspekte des Angebots zu informieren und somit das ärztliche Beratungsgespräch zu unterstützen.

Methoden

Auf Basis von Literatur- und Methodenrecherchen wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens EVALUNG eine evidenzbasierte EH als Informationsgrundlage für das erweiterte Vorsorgeangebot entwickelt. Die Darstellung von Nutzen und Risken des Niedrigdosis-CT standen dabei im Vordergrund. Die Grundlage der Evidenz bildet der Cochrane Review von Bonney et al. [1]. Anschließend wurden qualitative Interviews zur Bewertung von Verständlichkeit und Informationsgehalt der EH mit Teilnehmenden des Angebots durchgeführt.

Ergebnisse

13 Männer zwischen 55 und 78 Jahren haben an den Interviews teilgenommen. Die EH wurde überwiegend gut verstanden und der Umfang von den meisten Befragten als angemessen bewertet. Den Informationsmehrwert schätzten die Befragten für Erstteilnehmende des Angebots höher ein als für wiederholt Teilnehmende. Insbesondere die Darstellung von Statistiken wurde von einigen Personen als hilfreich hervorgehoben, da diese Informationen zuvor nicht vorlagen. Auf der anderen Seite bereitete einigen Befragten die Grafik zum möglichen Nutzen Probleme. Gleichzeitig zeichnete sich eine Missdeutung der „Niedrigdosis“ ab: mehrere Befragte beschrieben die Strahlung des Niedrigdosis-CT als geringer als die einer Röntgen-Thoraxaufnahme. Insgesamt ist das Vertrauen in die ärztliche Empfehlung unter den Teilnehmenden groß, die schriftliche Entscheidungshilfe wird jedoch als eine sinnvolle Ergänzung gesehen, um sich mit der Thematik im Vorfeld auseinanderzusetzen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die evidenzbasierte Entscheidungshilfe kann als Unterstützung für das ärztliche Beratungsgespräch im Sinne eines Shared-Decision-Making Prozesses dienen, da Teilnehmende mit mehr Informationen oder konkreten Fragen zum LD-HRCT in die Beratung gehen können. Basierend auf den Interviews sind aber Anpassungen in der EH vorzunehmen.

Referenzen

[1] Bonney A, Malouf R, Marchal C, Manners D, Fong KM, Marshall HM, Irving LB, & Manser R. (2022). Impact of low-dose computed tomography (LDCT) screening on lung cancer-related mortality. The Cochrane database of systematic reviews, 8(8), CD013829. https://doi.org/10.1002/14651858.CD013829.pub2
Frau Helena Keller
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
11
Beim Humanbiomonitoring gesundheitsschädlicher Substanzen wird eine quantitative Bestimmung der Arbeitsstoffe selbst, ihrer Stoffwechselprodukte oder von Beanspruchungsparametern in biologischem Material durchgeführt.
Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe legte nach Prüfung und unter Einbeziehung anderer Guidelines für Biomonitoring im Expert Judgement Anforderungen an geeignete Humanbiomonitoringparameter u. a. hinsichtlich der Merkmale Spezifität, Sensitivität, intraindividueller Variabilität, Kinetik, Probenahmezeit, präanalytischer Kriterien und zuverlässiger analytischer Bestimmung fest.
Anhand von Humanbiomonitoringparametern, die diesen Anforderungen genügen, werden Beurteilungswerte in biologischem Material abgeleitet, mit denen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beurteilung der beruflichen Exposition gegenüber Gefahrstoffen beurteilt werden kann. Insbesondere bei hautresorbierbaren Arbeitsstoffen ermöglicht nur das Biomonitoring eine Erfassung der individuellen inneren Exposition.
Mit dem hier vorgestellten Kriterienkatalog liegt nunmehr erstmals ein Praxis-orientierter Leitfaden für die Beurteilung und Auswahl von Biomonitoringparametern zur Verfügung, die im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge eingesetzt werden sollten.

Frau PD Dr. med. Wobbeke Weistenhöfer
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
12
Einleitung: Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) entstehen bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material und kommen als Gemische von bis zu 100 Einzelkomponenten vor. Von den 17 von der Ständigen Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) als kanzerogen (Kategorie 2) und zum Teil als keimzellmutagen (Kategorie 2, 3A bzw. 3B) eingestuften PAH dient Benzo[a]pyren (B[a]P) als Leitsubstanz bei einer Exposition gegen kanzerogene PAH-Gemische. Für ein risikobezogenes Biomonitoring nach pulmonaler, transdermaler oder gastrointestinaler Resorption bietet sich die Bestimmung des B[a]P-Metaboliten 3‑Hydroxybenzo[a]pyren (3‑OH‑B[a]P) an.
Methoden: Zur Aufstellung von Expositionsäquivalenten für krebserzeugende Arbeitsstoffe (EKA) durch die Arbeitsgruppe „Beurteilungswerte in biologischem Material“ (AG BAT-Werte) der MAK-Kommission wurden wissenschaftliche Studien zur Ausscheidung von 3-OH-B[a]P im Urin nach beruflicher B[a]P-Exposition ausgewertet. Eine Analysenmethode zur Bestimmung von 3-OH-B[a]P im Urin mittels LC-MS/MS wurde in der Arbeitsgruppe „Analysen in biologischem Material“ (AG Biomonitoring) der MAK-Kommission geprüft, verifiziert und publiziert.
Ergebnisse: Die AG BAT-Werte leitete EKA für Konzentrationen von 0,07–1,5 µg B[a]P/m3 in der Luft und 0,7–7 ng 3-OH‑B[a]P (nach Hydrolyse)/g Kreatinin in Urin ab. Diese EKA stellen anhand von 3‑OH‑B[a]P in Urin dar, welche innere Exposition bei ausschließlich inhalativer Stoffaufnahme zu erwarten ist. Die von der AG Biomonitoring validierte Analysenmethode zeichnet sich durch eine hohe Spezifität und Sensitivität aus. Mit einer Bestimmungsgrenze von 50 pg/l ist auch die Bestimmung von 3‑OH‑B[a]P in 50–60 % der Urinproben der beruflich nicht-belasteten Allgemeinbevölkerung möglich. Wichtige Charakteristika der Methode sind die Verwendung glucuronidierter Standards, der Zusatz von Ascorbinsäure als Antioxidans sowie die Überführung des Analyten in ein sensitiv detektierbares Derivat.
Schlussfolgerungen: Die kohärente Arbeitsweise der Arbeitsgruppen der MAK-Kommission hat sowohl eine Bewertungsgrundlage für B[a]P‑bezogene Biomonitoring-Ergebnisse als auch eine dafür benötigte sensitive Analysenmethode geschaffen. Auf dieser Grundlage wäre ein risikobezogenes Biomonitoring gemäß TRGS 910 zum Schutz PAH-exponierter Beschäftigter möglich.
Frau Dr. Anja Schäferhenrich
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
13
Einleitung: Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (MAK-Kommission) bewertet Gefahrstoffe und leitet Grenzwerte in der Luft und in biologischem Material zum Schutz exponierter Beschäftigter am Arbeitsplatz ab. Für die Lösungsmittelzusätze 2-Methoxyethanol, 2‑Methoxyethylacetat, Methoxyessigsäure, Diethylenglykoldimethylether und Diethylenglykolmonomethylether gilt ein Biologischer Arbeitsstoff‐Toleranz‐Wert (BAT-Wert) von 15 mg Methoxyessigsäure/g Kreatinin. Jedoch ist eine fruchtschädigende Wirkung bei Exposition in Höhe des BAT‐Wertes nicht auszuschließen (Schwangerschaftsgruppe B). Daher stellt sich die Frage, bei welcher inneren Belastung eine fruchtschädigende Wirkung nicht zu erwarten ist; dies entspricht einem Hinweis in der MAK- und BAT‐Werte‐Liste mit der Fußnote „Hinweis auf Voraussetzung für Gruppe C siehe Begründung“.
Methoden: Es wurden zahlreiche Entwicklungstoxizitätsstudien nach Exposition gegen 2-Methoxyethanol, Diethylenglykoldimethylether und Diethylenglykolmonomethylether an verschiedenen Tierspezies sowie Daten zur Toxikokinetik bei Mensch und Tier ausgewertet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Wirkung aller oben genannten Stoffe wird über den Metaboliten Methoxyessigsäure vermittelt. Die kritischen entwicklungstoxischen Effekte sind teratogene Effekte, die Skelett sowie innere Organe betreffen, wobei Fehlbildungen von Rippen und Wirbelkörpern sowie kardiovaskuläre Fehlbildungen im Vordergrund stehen. Bei höheren Dosierungen kommt es zum intrauterinen Tod der Embryos/Feten.
Für die Situation am Arbeitsplatz sind die Inhalationsstudien am relevantesten. Daher werden die NOAEC für Entwicklungstoxizität bei der Ratte von 10 ml 2-Methoxyethanol/m3 und beim Kaninchen von 3 ml 2-Methoxyethanol/m3 als Ausgangspunkt für die Ableitung einer Konzentration ohne entwicklungstoxische Effekte verwendet. Auf der Basis dieser tierexperimentellen Daten lässt sich mittels toxikokinetischer Überlegungen und Berechnungen aus einer Probandenstudie ableiten, dass für den Menschen bis zu einer Urinkonzentration von 2,5 mg Methoxyessigsäure/g Kreatinin eine fruchtschädigende Wirkung nicht anzunehmen ist. In der MAK- und BAT‐Werte‐Liste wird auf diesen Wert mit der Fußnote „Hinweis auf Voraussetzung für Gruppe C siehe Begründung“ hingewiesen.
Frau Dr. rer. nat. Sandra Michaelsen
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)Abteilung Lebensmittelchemie und ToxikologieInstitut für Angewandte BiowissenschaftenKaiserstr. 1276131 Karlsruhe, Karlsruhe
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Körperliche Belastung
Beiträge:
1

Einleitung

Ziel der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) [1] ist es, arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten durch Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge frühzeitig zu erkennen und zu verhüten. Arbeitsmedizinische Regeln (AMR) konkretisierten die Anforderungen der ArbMedVV. Die AMR Nr. 13.2 konkretisiert die Anforderungen für „Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System“ und wurde im Februar 2022 aktualisiert. Die Aktualisierung erfolgte, weil die ursprüngliche Fassung nicht mehr den Stand der arbeitswissenschaftlichen und arbeitsmedizinischen Forschung berücksichtigte, da zwischenzeitlich das Konzept der Belastungsarten und der mehrstufigen Gefährdungsanalyse physischer Belastungen am Arbeitsplatz (MEGAPHYS) seitens der BAuA und DGUV veröffentlicht worden ist [2]. In diesem Beitrag wird analysiert, inwiefern auf die in der AMR 13.2 verwiesenen Methoden, Verfahren oder Bewertungsansätze geeignet sind, die Notwendigkeit der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu ermitteln.

Methoden

Alle 47 Beurteilungsverfahren, auf die in der AMR 13.2 indirekt verwiesen wird und im direkten oder weiteren Zusammenhang von MEGAPHYS stehen, wurden insbesondere auf Basis der MEGAPHYS-Forschungsberichte [3, 4] und / oder weiterer Begleitdokumente dieser Beurteilungsverfahren systematisch analysiert. Betrachtet wurde hierbei
a) die Zuordnung zu den in MEGAPHYS gemeinsam definierten Belastungsarten,
b) die Zuordnung zu dem in MEGAPHYS gemeinsam definierten Risikokonzept und
c) die Prüfung auf die wesentlichen, wissenschaftlichen Gütekriterien für Beurteilungsverfahren.

Ergebnisse

Eine eineindeutige Zuordnung der Beurteilungsverfahren zu den sechs Belastungsarten kann in 12 von 47 Beurteilungsverfahren nachvollzogen werden. Das gemeinsame Risikokonzept ist in 6 der 47 Beurteilungsverfahren eingesetzt worden. Die Prüfung der Konvergenzvalidität liegt für 8 von 47 Beurteilungsverfahren vor. Die Prüfung auf Kriteriumsvalidität, Inter- und Intra-Rater Reliabilität sowie Objektivität wurde in 6 von 47 Beurteilungsverfahren durchgeführt.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Feststellung der Erforderlichkeit von arbeitsmedizinischer Vorsorge ist eine herausfordernde Aufgabe. Die Auswahl der dazu verwendeten Beurteilungsverfahren sollte sorgfältig erfolgen. Die hier betrachteten Aspekte und dessen Ergebnisse können eine Hilfestellung für diese Auswahl leisten.

Referenzen

[1]
Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) vom 18. Dezember 2008
(BGBl. I S. 2768), zuletzt geändert am 12. Juli 2019 (BGBl. I S. 1082)
[2] AMR 13.2:
Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen mit Gesundheitsgefährdungen
für das Muskel-Skelett-System. Arbeitsmedizinische Regel. GMBl Nr. 7 vom 25.
Februar 2022, S. 154-160
[3] MEGAPHYS – Mehrstufige
Gefährdungsanalyse physischer Belastungen am Arbeitsplatz. Band 1. F 2333.
Hrsg.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund 2019
[4] MEGAPHYS:  Mehrstufige Gefährdungsanalyse physischer Belastungen am Arbeitsplatz (DGUV
Report 3/2020). Abschlussbericht zum Kooperationsprojekt von BAuA und DGUV –
Band 2. Hrsg.: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V., Berlin 2020
Herr Prof. Dr.-Ing. André Klußmann
Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) HamburgFakultät Life Sciences / Department Gesundheitswissenschaften / Professur Arbeitswissenschaft, Hamburg
2


Einleitung: Ziel des Beitrags ist es, die Assoziation zwischen dem Tätigkeitsbereich und chronischen Rücken- und Gelenkschmerzen bei Mitarbeitenden eines Großunternehmens der chemischen Industrie zu untersuchen.
​​​​​Methoden: Es werden Querschnittsdaten verwendet, die im Zeitraum von 2019 bis 2022 bei einem freiwilligen Gesundheits-Check-Up für Mitarbeitende am Hauptstandort des Unternehmens in Ludwigshafen erhoben wurden. Der Check-Up beinhaltet u.a. die Beantwortung eines schriftlichen Fragebogens zum Bewegungsapparat, wobei länger als drei Monate anhaltende Rücken- oder Gelenkschmerzen innerhalb der letzten 12 Monate vor Teilnahme als chronisch definiert werden. Als Tätigkeitsbereiche wurden „Büro“, „Forschung/Labor“, „Produktion/Handwerk“ und „Sonstige“ erfragt. Die Assoziation zwischen Tätigkeitsbereich und chronischen Schmerzen wurde mittels modifizierter Poisson Regression analysiert, mit dem Prevalence Ratio als Effektmaß.
Ergebnisse: Die finale Stichprobe umfasst 12.503 Mitarbeitende, welche durchschnittlich 42 Jahre alt und überwiegend männlich (81%) waren. Die 12-Monatsprävalenz chronischer Schmerzen lag insgesamt bei 13%, wobei sich zunächst geringe Unterschiede zwischen den Tätigkeitsbereichen Büro (15%), Forschung/Labor (14%) und Produktion/Handwerk (11%) zeigten. Bei Mitarbeitenden mit chronischen Schmerzen (n=1.614) waren die Schultern am häufigsten (40%) und der Rücken am seltensten (2%) von Schmerzen betroffen. Insgesamt lag die durchschnittliche Schmerzstärke (0-10) bei 5 Punkten. Als Ursache für chronische Schmerzen nannten die betroffenen Mitarbeitenden u.a. körperliche (36%) und seelische (13%) Belastung bei der Arbeit. Die Ergebnisse der Poisson Regression zeigten, dass, adjustiert für u.a. Alter und Geschlecht, Mitarbeitende aus dem Bereich Forschung/Labor und Produktion/Handwerk eine signifikant niedrigere Prävalenz für chronische Rücken- und Gelenkschmerzen aufweisen als Mitarbeitende im Büro.
Diskussion: Mehr als jeder achte Teilnehmende ist von chronischen Rücken- oder Gelenkschmerzen betroffen, wobei Büromitarbeitende etwas häufiger betroffen zu sein scheinen. Da Erwerbstätige einen Großteil ihres Tages bei der Arbeit verbringen, ist es sinnvoll, das arbeitsplatzbezogene Präventionspotential zu erkennen, um berufsbedingte chronische Schmerzen zu reduzieren. Zielgerichtete, bedarfsorientierte ergonomische Angebote im Anschluss an den Gesundheits-Check-Up können dabei unterstützen.

Frau Bärbel Holzwarth
Corporate Health Management, BASF SE, Ludwigshafen am Rhein
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Hintergrund und Zielsetzungen: Gegenwärtig prüft der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten die Empfehlung für eine mögliche neue Berufskrankheit (Vorprüfung) „Arthrose (Hand- u. Fingergelenke) durch Kraftaufwendung, repetitive Tätigkeiten und Stoßbelastungen“ [1]. Im Gegensatz zu Hüft- und Kniegelenksarthrosen sind Arthrosen der Hand- und Fingergelenke und speziell des Daumensattelgelenks bislang erst selten in einem Zusammenhang mit einer langjährigen beruflich bedingten Überlastung gesehen worden. Wir berichten über einen 70-jährigen Patienten mit einer Daumensattelgelenksarthrose, verbunden mit arthrotischen Veränderungen im Bereich des Os naviculare sowie des Os multangulum majus.
Der Betroffene verwendete im Rahmen seiner ärztlichen, insbesondere gutachterlichen Tätigkeit, im Zeitraum 1986-2021 ein Diktiergerät mit Schiebeschalter eines bekannten Herstellers, bei welchem er den Schiebeschalter täglich hunderte Mal positionieren musste. Hieraus resultierte eine täglich jeweils ca. 6-stündige repetitive Belastung des rechten Daumensattelgelenks. Der Betroffene ist Rechtshänder. Eine besondere berufliche Belastung der linken Hand lag nicht vor. Erste Beschwerden im Bereich der rechten Hand traten im Alter von 59 Jahren mit belastungsabhängiger Intensität auf. Die linke Hand ist völlig beschwerdefrei.
Diagnostik, Therapie und Verlauf: Zunächst ergab sich der klinische Verdacht einer Daumensattelgelenksarthrose. Bei zunehmenden Beschwerden im Verlauf der Folgejahre wurde im Alter von 68 Jahren eine Röntgendiagnostik des rechten Daumens mit Handwurzel durchgeführt, die signifikante Zeichen einer Daumensattelgelenksarthrose im Zusammenhang mit einer distalen Interkarpalarthrose zwischen dem Os naviculare sowie dem Os multangulum majus ergab. Die Therapie erfolgt seit vielen Jahren mit topischen Antiphlogistika, bei Bedarf der Einnahme von Ibuprofen, Kühlung und Schonung. Eine Operationsindikation ergibt sich noch nicht.
Seit dem 68. Lebensjahr hat der Betroffene seine Diktiertätigkeit nicht zuletzt wegen zunehmender Schmerzen auf ein Spracherkennungssystem umgestellt. Eine BK Anzeige wurde bislang nicht erstattet.
Schlussfolgerung: Infolge der langjährigen Verwendung eines Diktiergerätes mit der Notwendigkeit, täglich hunderte von Schiebebewegungen durchzuführen, kam es zu einer dauerhaften und repetitiven Belastung des Daumensattelgelenks mit der Folge, dass zwischenzeitlich eine Daumensattelgelenksarthrose eingetreten ist.

Referenzen

[1] BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Ärztlicher
Sachverständigenbeirat (2023) https://www.bmas.de/DE/Soziales/Gesetzliche-Unfallversicherung/Aerztlicher-Sachverstaendigenbeirat/aerztliche-sachverstaendigenbeirat.html
Herr Dipl.-Chem. Dr. med. Hans-Martin Prager
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Einleitung: Die Berufsausbildung im professionellen Bühnentanz und der Artistik sind mit einem langjährigen intensiven spezifischen Training verbunden. Belastungen der Wirbelsäule werden dabei mit muskuloskelettalen Verletzungen in Verbindung gebracht. Diese Studie untersucht die dorsale Oberkörperstatik in verschiedenen Körperpositionen, um haltungsspezifische Merkmale zu identifizieren, die zur Entwicklung präventiver Maßnahmen beitragen können.
Methoden: In einer Querschnittstudie nahmen n=48 Studierende aus dem Bühnentanz (m=7; w=19) und der Artistik (m=5; w=17) im Alter zwischen 13 und 19 Jahren teil. Mit einer Videorasterstereographie (ABW-Rückenscanner) wurden 17 Analyseparameter für den Schuler-, Wirbelsäulen -und Beckenbereich in der Neutralposition sowie 5 tanz- bzw. sportartspezifischen Körperhaltungen vermessen. Ein Fragebogen wurde verwendet, um den Zusammenhang zwischen der dorsalen Oberkörperstatik und Lendenwirbelsäulenbeschwerden zu ermitteln. Die inferenzstatistische Analyse umfasste nur weibliche Studierende (n= 36) und beinhaltete t-Tests, ANOVA, eine binäre logistische Regression und eine Korrelationsanalyse.

Ergebnisse: In der Neutralposition zeigten Bühnentänzerinnen einen geringeren lumbalen Biegungswinkel (10.33° ± 4.46) als Artistinnen (14.48° ± 3.56) (p= .05). Die Einnahmen bühnentanzspezifischer Haltungen führten zu einer reduzierten thorakalen Biegung um circa 4° (p=0.001 - 0.004). Bei den Artistinnen konnte ebenfalls ein um 2° reduzierter Winkel zwischen der Neutralhaltung und der Elevation der Arme festgestellt werden (p= 0.003). Keiner der Analyseparameter korrelierte mit dem Auftreten von Beschwerden in der Lendenwirbelsäule.

Schlussfolgerung/Diskussion: Die Ergebnisse in der Neutralposition deuten auf mögliche morphologische Unterschiede hin. Es kann dabei von einer Aufrichtung des Oberkörpers hinsichtlich einer flacheren Wirbelsäule in der lumbalen Biegung bei den Bühnentänzerinnen ausgegangen werden. Interessanterweise ist bei Ballettstudierenden auch eine verstärkte Lordosierung mit Hyperextension anzutreffen. Dies spiegelt sich jedoch nicht in den tanz bzw. sportartspezifischen Körperhaltungen wider. Dort findet weiterhin eine Aufrichtung im thorakalen Bereich statt. Ein Vergleich mit Normwerten von Ohlendorf et al. (2023) zeigte keine starken Abweichungen zeigen. Weitere Untersuchungen sollten folgen.
Frau Sabrina Liedtke
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Goethe-Universität Frankfurt, Frankfurt/M
5
Einleitung:
Staubsaugen ist nicht nur bei professionellen Reinigungskräften, sondern auch in privaten Haushalten eine häufig durchgeführte Tätigkeit. Dabei wird Staubsaugen mit vermehrten Muskel-Skelett-Beschwerden assoziiert. Ziel dieser Studie war es, die Bewegungen der oberen Extremität und des Rumpfs beim gewohnheitsmäßigen Staubsaugen zu quantifizieren.

Methoden:
Für diese Untersuchung wurden 31 (21w/10m) subjektiv gesunde Erwachsene mit einem durchschnittlichen Alter von 33,4 ± 10,7 Jahren, einer Größe von 172,8 ± 9,4 cm und einem Gewicht von 66,9 ± 13,9 kg eingeschlossen, die nicht hauptberuflich als Reinigungskraft tätig waren. Ihre Körperhaltung wurde mittels eines inertial motion capture Messsystems (Xsens) beim habituellen Staubsaugen auf PVC-Boden aufgezeichnet. Es wurde eine kinematische Analyse der relevanten Gelenke für jeweils vier Hand- und vier Standstaubsauger für einarmiges Saugen durchgeführt. Dabei wurden die kinematischen Daten über die acht Staubsaugermodelle gemittelt. Insgesamt wurden 12 Saugzyklen ohne Distanzvorgaben aufgezeichnet und auf 100 Schritte Zeitnormalisiert.

Ergebnisse
Insgesamt zeigte das Bewegungsprofil starke Rotationsbewegungen in Hals, Rumpf und Hüften mit vergleichsweise geringen Bewegungen in der Sagittalebene. Dagegen waren in der oberen rechten Extremität starke Veränderungen in der Sagittalebene in Schulter, Ellenbogen und Handgelenk erkennbar. Die Kopfgelenke, Halswirbelsäule und die rechte Hüfte rotierten zeitlich, während der Rumpf und die linke Hüfte entgegen rotierten. Die Streuung der Gelenkwinkel war in der oberen Extremität deutlich höher als in Rumpf und Hüfte.

Diskussion
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Generalisierung eines Bewegungsprofils für den Rumpf aufgrund der relativen Homogenität möglich ist. Im Gegensatz dazu ist die Variabilität in der oberen Extremität für eine Generalisierung zu hoch. Das dargestellte Bewegungsprofil stellt eher ein Komfortbereich des Staubsaugens dar, der als Referenz für die Ergonomie beim Staubsaugen dienen kann. In zukünftigen Untersuchung sollen mittels ergonomischer Gefährdungsbeurteilung Bewegungen, Positionen oder Gelenke der oberen Extremität identifiziert werden, die Muskel-Skelett-Erkrankungen begünstigen oder davon betroffen sind.

Herr Fabian Holzgreve
Goethe Universität Frankfurt, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Frankfurt/M
6
Für eine effektive und effiziente Gesundheitsförderung ist es notwendig, die Gesundheit und die berufsspezifischen Belastungen von Auszubildenden zu erfassen, um daraus zielgruppenspezifische Handlungsfelder abzuleiten.

Im Rahmen einer Studie zum Gesundheitszustand, zum Gesundheitsverhalten und den Belastungen von Auszubildenden der grünen Berufe wurden auch 1316 angehende Landwirte (19,1 Jahre, 82% Männer, 18% Frauen) befragt. Folgende standardisierte Befragungsinstrumente wurden eingesetzt: Azubi-Gesundheitsfragebogen, WHO-5 Wellbeing Scale (WHO 5), Pittsburgh Sleep Qualitity Index (PSQI).

Mehr als 3/4 der Auszubildenden bewerten ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut (81 %). Häufigste gesundheitliche Beschwerden in den letzten 12 Monaten waren Atemwegserkrankungen (57%), Rückenschmerzen (39%) und Kopfschmerzen (34%).
Laut Body-Mass-Index gelten 12% der Auszubildenden als adipös und 3% als untergewichtig.
Nach dem WHO-5-Index ist bei 20% der Auszubildenden das Wohlbefinden beeinträchtigt. Wichtigster Einflussfaktor auf das Wohlbefinden ist dabei der Schlaf: Nur 35% fühlten sich am Morgen frisch und ausgeruht. Laut dem PSQI ist die Schlafqualität bei jedem Vierten beeinträchtigt (schlechte Schlafqualität: 25%, gestörter Schlaf: 2%).
90% benötigen morgens einen Wecker zum Aufwachen. Die unterbrochene Erholung führt zu einer erhöhten Tagesmüdigkeit, was die Wahrscheinlichkeit von Unfällen steigert. 36% berichten von Sekundenschlafepisoden beim Autofahren.
Jeder fünfte Landwirt raucht (21%). Allerdings sind mehr als 2/3 der Rauchenden bereit ihr Rauchverhalten (67%) zu ändern. 44% trinken dreimal oder häufiger pro Woche Alkohol. 64% haben Erfahrungen mit Cannabis.
68% müssen bei der Arbeit häufig schwer Heben und Tragen, 30% fühlen sich dadurch sehr belastet. Häufig vorkommendes, als belastend empfundenes, Heben und Tragen schwerer Lasten, gilt als Risikofaktor für die Entstehung von Rückenschmerzen.
Hohe Zufriedenheitswerte mit der Arbeit, den Ausbildern, den Kollegen und dem Betriebsklima sind allgemein als gesundheitsfördernd zu bewerten.

Bei angehenden Landwirten finden sich bereits verschiedene gesundheitliche Defizite und Probleme. Wichtige Handlungsfelder zur Gesundheitsförderung sind: Rückengesundheit, Suchtprävention und Schlafhygiene.
Herr Prof. Dr. Manfred Betz
Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen
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Erzieher*innen sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zahlreichen Belastungen ausgesetzt. Ständiges Sprechen in lauter Umgebung kann die Stimme der Erzieherinnen beanspruchen und sog. ponogene Dysphonien (Syn.: Stimmstörungen) hervorrufen. Ziel der Studie ist es zu untersuchen, inwieweit bei Erzieherinnen ein auffälliger Dysphonie-Schweregrad-Index (DSI < 4,2) vorliegt. Im Weiteren wurden Faktoren detektiert, die als mögliche Ursache für die Entstehung von Dysphonien bei Erzieherinnen diskutiert werden können.
An der Studie nahmen 80 gesunde Erzieherinnen (Alter: 43,4 ± 12,1 Jahre) aus Kindertagesstätten Magdeburgs und Umgebung freiwillig teil. Zur Feststellung einer Stimmstörung wurde der Dysphonie-Schweregrad-Index (DSI) nach Wuyts et al. berechnet. Die Stimmanalyse erfolgte mit der Software DiVAS V2.8 Modul Basis (XION GmbH, Berlin). Zusätzlich füllten die Erzieherinnen Fragebögen zu berufs- und personenbezogenen Daten aus. Die Irritationsskala nach Mohr et al. (2005) diente der Erfassung psychischer Beanspruchung.
Bei 33 (41,2 %) Erzieherinnen zeigte sich kein auffälliger DSI (5,5 ± 0,9). Bei 47 (58,8 %) Erzieherinnen wurde ein auffälliger DSI (2,98 ± 0,9) festgestellt. Hinsichtlich Alter, Dauer der Berufstätigkeit und anderen Lebensstilfaktoren, wie z. B. Rauchen, Trinkmenge pro Tag sowie Sprechdauer am Tag unterschieden sich die Gruppen nicht. Erzieherinnen mit auffälligem DSI betreuten jedoch häufiger große Gruppen mit mehr als 20 Kindern und arbeiteten häufiger in Vollzeit (p < 0,05) als Erzieherinnen mit unauffälligem DSI.
Die psychische Beanspruchung war in beiden Gruppen gleich ausgeprägt. Erzieherinnen mit unauffälligem DSI (> 4,2) wiesen 21 % unterdurchschnittliche und 64 % durchschnittliche Stanine-Werte auf gegenüber 20 % unterdurchschnittliche und 54 % durchschnittliche Stanine-Werte bei Erzieherinnen mit einem DSI < 4,2. Lediglich 15 % der Erzieherinnen mit DSI > 4,2 bzw. 26 % Erzieherinnen mit DSI < 4,2 lagen im überdurchschnittlichen Bereich der psychischen Beanspruchung (p = 0,502).
Bei mehr als der Hälfte der eigentlich gesunden Erzieherinnen lag bereits ein auffälliger DSI vor. Bei Erzieherinnen sollte deshalb bereits in der Ausbildung das Thema Stimmhygiene und Stimmbildung eine wesentliche Rolle für die stimmliche Gesunderhaltung in diesem sprechintensiven Beruf spielen. Denn Erzieherinnen müssen auf ihre Stimme sensibilisiert und stimmlich vorbreitet sein, damit sie möglichst lange gesund im Beruf arbeiten können.
Frau Katarina Berkhauer
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
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Erzieher*innen sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zahlreichen Belastungen ausgesetzt. Ein möglicher Belastungsfaktor, der im Arbeitsalltag eine maßgebliche Rolle spielt, ist berufsbedingter Umgebungslärm, der sich u.a. negativ auf die Stimme der Beschäftigten auswirken kann. Eine kranke Stimme kann durch eine eingeschränkte stimmliche Belastbarkeit gekennzeichnet sein. Sie schränkt die wiederum die Berufsausübung stark ein. Ziel der Studie ist es zu untersuchen, inwieweit sich die stimmliche Belastbarkeit bei Erzieherinnen mit auffälligem Dysphonie-Schweregrad-Index (< 4,2) von Erzieherinnen mit normalem DSI unterscheidet.

An der Studie nahmen 80 Erzieherinnen (Alter: 43,4 ± 12,1 Jahre) aus Kindertagesstätten Magdeburgs und Umgebung freiwillig teil, die sich selbst als stimmgesund einschätzten. Zur Feststellung einer unerkannten Stimmstörung wurde der DSI nach Wuyts et al. berechnet und nach Nawka et al. (2006) klassifiziert. Für die Erfassung der Belastbarkeit der Stimme wurde ein 10-minütiger Stimmbelastungstest (Wechseltest in Anlehnung an Seidner) durchgeführt. Die Stimmanalyse erfolgte mit der Software DiVAS V2.8 Modul Basis (XION GmbH, Berlin). Auf einer Skala von 0 (keine Anstrengung) bis 10 (maximale Anstrengung) wurde im Anschluss an den Belastungstest das subjektive Anstrengungsempfinden erhoben.
​​​​
Bei 33 (41,2 %) Erzieherinnen lag ein normaler DSI (5,5 ± 0,9) vor. Bei 47 (58,8 %) Erzieherinnen wurde ein auffälliger DSI (2,98 ± 0,9) festgestellt. Hinsichtlich Alter, Dauer der Berufstätigkeit und anderen Faktoren, wie z. B. Rauchen, unterschieden sich die Gruppen nicht. Im Stimmbelastungstest wiesen Erzieherinnen mit unauffälligem DSI bessere Leistungen auf. Sie erzielten einen mittleren Schalldruckpegel von 79,7 ± 1,02 dB(A), wogegen Erzieherinnen mit auffälligem DSI nur einen Pegel von 79,1 ± 1,1 dB(A) (p < 0,05). Erzieherinnen mit unauffälligem DSI unterschritten den geforderten Schalldruckpegel während des Stimmbelastungstest zu 2,5 ± 4,7 %, Erzieherinnen mit auffälligem DSI dagegen zu 5,6 ± 7,9 % (p < 0,05). Die Belastung empfanden beide Gruppen gleich anstrengend.

Bei mehr als der Hälfte der eigentlich gesunden Erzieherinnen wurde ein auffälliger DSI festgestellt. Deshalb müssen Erzieherinnen frühzeitig für ihre Stimme und die Bedeutung von Stimmhygiene sensibilisiert werden, insbesondere für die Auswirkungen des Sprechens in lauter Umgebung. Bereits in der Ausbildung zur Erzieherin sollte Sprecherziehung integriert werden.

Referenzen

[1] Wuyts, F. L.; Bodt, M. S. de; Molenberghs, G.; et al. (2000) The dysphonia severity index: an objective measure of vocal quality based on a multiparameter approach. Journal of speech, language, and hearing research, 43, 796-809
[2] Nawka, T.; Wirth, G. (2008) Stimmstörungen. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 5. Auflage
Frau Dr. med. Sabine Darius
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Digitale Medizin
Beiträge:
1
Hintergrund
An Bord ist der Zugang zu medizinischen Angeboten beschränkt. Seeleute erfüllen bezüglich ihrer IT-Kompetenz die Grundvoraussetzung für ein App-basiertes Gesundheits- oder Krankheitsmanagement. Ziel dieser Studie war es herauszufinden, ob Seeleute mit einem eingeschränkten Wohlbefinden eine App-basierte Gesundheitsunterstützung nutzen.

Methodik
976 Seeleute einer Hamburger Reederei wurden gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, der u.a. den WHO-5-Wohlbefindens-Index (WHO-5) und Fragen zu der Nutzung von Gesundheits-Apps enthielt. Ein eingeschränktes Wohlbefinden wurde bei einem WHO-5 ≤ 13 angenommen.

Ergebnisse
Insgesamt füllten 731 Seeleute den Fragebogen aus (Teilnahmequote 74,9%). Gemäß WHO-5 hatten 72 Seeleute (9,8%) ein eingeschränktes Wohlbefinden. Hiervon waren mehr europäische als nicht-europäische Besatzungsmitglieder betroffen (17,5% vs. 6,9%; p< 0,001). Letztere waren zum Zeitpunkt der Befragung signifikant länger an Bord eingesetzt (6,3 vs. 2,9 Monate; p< 0,001). 53,2% der befragten Seeleute hatten jemals eine Gesundheits-App heruntergeladen, wobei Besatzungsmitglieder mit eingeschränktem Wohlbefinden deutlich häufiger überdurchschnittlich viele Gesundheits-Apps heruntergeladen hatten (9,8% vs. 4,5%).
Ein eingeschränktes Wohlbefinden war signifikant mit einem Download von Gesundheits-Apps assoziiert (OR 1,78; 95% KI (1,14- 2,77)). Eine Adjustierung für die Gesamtdauer der Seefahrtjahre (=Berufserfahrung) und für die aktuell zur Befragung bestehende Aufenthaltsdauer an Bord hatte keinen Einfluss diese Assoziation (OR 1,62; 95% KI (1,03-2,57)). Bei zusätzlicher Adjustierung mit der ethnischen Zugehörigkeit konnte kein signifikanter Zusammenhang mehr festgestellt werden.

Schlussfolgerung
Health-Apps werden offensichtlich insbesondere von Besatzungsmitgliedern mit eingeschränktem Wohlbefinden unabhängig von ihrer kumulativen Seefahrtzeit und ihrer aktuellen Einsatzzeit an Bord heruntergeladen. Somit scheint diese Form eines elektronischen Gesundheitsmanagements in der Schifffahrt ein erfolgsversprechender Interventionsansatz zu sein. Die Tatsache, dass die Antworten nicht-europäischer Besatzungsmitglieder trotz ihrer üblicherweise längeren Einsatzzeiten an Bord seltener eine Einschränkung des Wohlbefindens im WHO-5 ergaben, könnte Ausdruck einer sozialen Erwünschtheit in dieser Kulturgruppe sein. Zukünftige Studien sollten den Bedarf an Gesundheits-Apps von Seeleuten erheben und deren Effekte in einem prospektiven Ansatz abschätzen.
Herr PD Dr. Marcus Oldenburg
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
2

Einleitung

Im Messystem Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (MGU) wurden im Jahr 2022 20.964 Gefahr- bzw. Biostoffproben genommen. Aus diesen wurden 92.859 Analysen generiert. Alleine 26.423 Analysen entfallen im Jahr 2022 auf Projekte im Rahmen des MGU.

Methoden

Um die Expositionen von Beschäftigten zu Dokumentieren und Berichte für die bemessenen Betriebe zu erstellen, werden vor Ort durch autorisierte Mitarbeitende bis zu 200 Einzelinformationen zu jeder Probe dokumentiert. Dazu wird die OMEGA Software Gefahrstoffe eingesetzt. Diese wird aktuell neu entwickelt. Die Neuentwicklung läuft unter dem Namen OMEGAone. OMEGAone ist eine Webanwendung, um Betriebs- und Expositionsdaten strukturiert zu erheben und diese mit den ermittelten Messwerten zusammenzuführen. Die Berichte können unter anderem zur Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen herangezogen werden. Alle erhobenen Daten werden in der Expositionsdatenbank MEGA gespeichert (Stand 2022: 3,76 Mio. Datensätze).

Ergebnisse

Mit der Neuentwicklung von OMEGAone wird eine endgerätunabhängige, webbassierte Anwedung zur Verfügung gestellt. Die Anwendung ist skalierbar, um im Rahmen von Projekten über die Daten von Gefahrstoff- bzw. Biostoffmessungen hinaus auch Daten zum Biomonitoring zu dokumentieren. Ein erweiterter Datensatz soll die gemeinsame Auswertung mit der neuen Auswertesoftware MEGAinnovativ ermöglichen. Im Bestandsystem wurden diverse Projekte abgewickelt, die dem Poster zu entnehmen sind. Die Erfahrungen aus diesen Projekten fließen in die Neuentwicklung von OMEGAone mit ein.

Schlussfolgerung / Diskussion

Eine Software zur Dokumentation von diversen Einflussfaktoren auf Beschäftigte kann in Zukunft die Betrachtung von multiplen Belastungen derer ermöglichen. Dabei sind im MGU die Bereiche Gefahrstoffe, Biostoffe, Lärm, Raumklima sowie explosionsfähige Stäube fest verankert. Die Anpassungfähigkeit von OMEGAone ermöglicht die Erweiterung um andere Bereiche wie beispielsweise das Biomonitoring. Gepaart mit den Auswertungsmöglichkeiten von MEGAinnovativ können sowohl der Arbeitsschutz als auch die Arbeitsmedizin durch diese Anwendung profitieren.
Herr Manuel Kühn
Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), Sankt Augustin
Frau Chantal Wagner
Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), Sankt Augustin
3
Einleitung. Die betriebsärztliche Betreuung und arbeitsmedizinische Vorsorge sind wichtige Bestandteile, um die Gesundheit von Beschäftigten durch Maßnahmen der Unfallverhütung und des Arbeitsschutzes zu erhalten und zu schützen. Jedoch können vor allem Klein- und Kleinstbetriebe (KKU) im ländlichen Raum Deutschlands aktuell nicht ausreichend betriebsärztlich versorgt werden [2,3]. Die Prävalenz bestimmter Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle ist dabei in KKU besonders hoch. [1] Die Integration telemedizinischer Anwendungen (TMA) kann hier eine Perspektive sein, um die unzureichende Versorgungsituation der KKU im ländlichen Raum zu verbessern [3,4,5,6].
Im Rahmen einer Masterthesis zum Thema wurde untersucht, inwieweit die Integration von TMA im genannten Bereich bisher umgesetzt wird und welche möglichen Einsatzbereiche sich dabei ergeben. Hierbei wurden Chancen und Herausforderungen bei der Integration von TMA in die betriebsärztliche Betreuung und arbeitsmedizinische Vorsorge von KKU im ländlichen Raum Deutschlands identifiziert.

Methode. Auf Grundlage einer systematischen Literaturrecherche, wurden vier leitfadengestützte Interviews mit Expert*innen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Deutschland im Zeitraum vom 10. November - 21. Dezember 2022 geführt. Die Expert*inneninterviews wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring unter Hinzuziehen der Software MAXQDA 2022 ausgewertet.

Ergebnisse. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Integration von TMA in die betriebsärztliche Betreuung und arbeitsmedizinische Vorsorge von KKU im ländlichen Raum Deutschlands nur sehr punktuell und nicht in der Breite erfolgt. Gleichzeitig bilden sich zahlreiche Einsatzmöglichkeiten ab, die über die Beratung von Beschäftigten innerhalb der ArbMedV oder die Mitwirkung von Betriebsärzt*innen durch Video-Zuschaltung im Rahmen sonstiger Leistungen, hinausgehen. Neben offensichtlichen Chancen, wie der Einsparung von Zeit- und Personalressourcen, werden primär Herausforderungen bei der Integration von TMA identifiziert, von welchen sich viele auf KKU und die Beschäftigten selbst beziehen.

Schlussfolgerung. Der geringe Umsetzungsstand und die Menge an ermittelten Herausforderungen bei der Integration von TMA, aus welchen sich notwendige Maßnahmen, wie bspw. die Akzeptanzförderung ableiten lassen, geben wichtige Hinweise, die bei der weiteren Integration von TMA in die betriebsärztliche Betreuung und arbeitsmedizinische Vorsorge von KKU im ländlichen Raum Deutschlands zukunftsweisend sind.

Referenzen

[1] DGUV (2022). DGUV-Statistiken für die Praxis 2021. Berlin: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V.. Online verfügbar unter: https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4588 (abgerufen am: 09.10.2023).
[2] DGUV (2021). Arbeitswelten. Menschenwelten. Prioritäten für den Arbeitsschutz von morgen. Berlin: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V.. Online verfügbar unter: https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4355 (abgerufen am 09.10.2023).
[3] Drexler H, Letzel S, Nessler T, Amler N, Fischmann W, Lange S(2022). Gesund Arbeiten in Thüringen. Verbesserung der Qualität und der Leistungen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement durch Entwicklung von zielgruppenspezifischen Präventionspfaden. München: DGAUM.
[4] BÄK (2021). Evaluation und Monitoring der arbeitsmedizinischen Versorgung. Berlin: Bundesärztekammer. Online verfügbar unter: https://www.bundesaerztekam- mer.de/fileadmin/user_upload/_old-files/downloads/pdf-Ordner/Arbeitsmedizin/Konzept_fuer_eine_Evaluation_sowie_ein_kontinuierliches_Monitoring_der_arbeitsmedizinischen_Versorgung.pdf (abgerufen am 09.10.2023).
[5] DGAUM (2017). Der demographische Wandel in unserer Gesellschaft und die zukünftige arbeitsmedizinische Versorgung. Stellungnahme der DGAUM zur Sicherung der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland. München: Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.. Online verfügbar unter: https://www.dgaum.de/fileadmin/pdf/Stellungnahmen_und_Positionspapiere/2017/DGAUM_Stellungnahme_BAE-Mangel_5_.pdf (abgerufen am: 09.10.2023).
[6] VBG (2020). Telemedizin in der betriebsärztlichen Betreuung – eine sinnvolle Ergänzung. Hamburg: Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Online verfügbar unter: https://www.vbg.de/SharedDocs/Medien-Center/DE/Broschuere/Themen/Arbeitsschutz_organisieren/Telearbeitsmedizin_FactSheet.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (abgerufen am: 09.10.2023).
Frau Mareike Brietzke M. Sc.
Hochschule Fulda, Fulda
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Einleitung: Die betriebsärztliche Betreuung in Deutschland steht vor vielfältigen Herausforderungen. Diese umfassen eine steigende Nachfrage sowie einen Mangel an spezialisierten Arbeitsmediziner*innen [1]. Insbesondere in den landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen und grünen Sektoren ist die regelmäßige Betreuung kleinerer Betrieben erschwert [3]. Ein vielversprechender Ansatz zur Bewältigung dieser Problematik ist die Nutzung von Telemedizin, die international für ihre sektorübergreifende Erreichbarkeit, Prävention und Betreuung anerkannt ist [4]. Daher sollte untersucht werden, inwieweit die Tele-Arbeitsmedizin (T-AM) als unterstützendes Mittel im Rahmen der betriebsärztlichen Betreuung sowie der arbeitsmedizinischen Vorsorge aus Sicht der Arbeitgeber*innen von KMU-Betrieben in der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und des Gartenbaus geeignet ist. Hierbei sollten neben den Rahmenbedingungen die Bedarfe, hemmende und fördernden Faktoren sowie die Chancen der T-AM ermittelt werden.

Methoden: Es wurden acht leitfadengestützte Interviews mit Arbeitgeber*innen im Zeitraum Juli-August 2023 durchgeführt und anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring kategorienbasiert ausgewertet [2].

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass eine Auseinandersetzung seitens der Arbeitgeber*innen mit dem Thema der T-AM bisher in nur geringem Maß erfolgt ist und es vor einer zukünftigen Einführung und Integration der T-AM in den Betrieben Informationsbedarf, insbesondere zu Möglichkeiten und rechtlichen Rahmenbedingungen, technischer Unterstützungsbedarf für die Mitarbeitenden und Anpassungsbedarf der Räumlichkeiten zur Wahrung des Datenschutzes besteht. Chancen werden insbesondere in Tele-Konsultationen bei allgemeinen Fragen zum betrieblichen Gesundheitsschutz, aber auch bei Teilen der Vorsorge und speziellen Fragestellungen, wie chronischen Erkrankungen und insbesondere mit Blick auf die Einsparung von Zeit- und Personalressourcen gesehen.

Schlussfolgerung/Diskussion: Aus den ermittelten Herausforderungen sowie der geringen Auseinandersetzung und geringen Kenntnis zu Einsatzmöglichkeiten der T-AM, lassen sich Maßnahmen, wie die Information zu praxisbezogenen Umsetzungs- und Unterstützungsmöglichkeiten ableiten, um eine Grundlage für die Akzeptanz und Integration der T-AM in den Betrieben der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und des Gartenbaus zu schaffen.
Frau Prof. Dr. Gamze Güzel-Freudenstein
Hochschule für angewandte wissenschaften Fulda, Fulda
5
Einleitung: Im Rahmen von Digitalisierungsprozessen werden digitale Technologien in Organisationen eingeführt und analoge Daten und Arbeitsweisen in eine digitale Form gebracht [1]. Diese Prozesse können weitreichende arbeitsorganisatorische Veränderungen mit sich bringen und Einfluss auf die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten nehmen [2]. Als Teil des Projekts „DigitalGesund“ ist das Ziel dieses Reviews, eine empirische Übersicht der Anforderungen und Unterstützungsfaktoren von Beschäftigten im Zuge von Digitalisierungsprozessen zu geben sowie gesundheitsförderliche Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Methoden: Dazu wurde eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed und Web of Science vorgenommen. Es wurden deutsch- und englischsprachige Studien ab dem Jahr 2013 eingeschlossen, die konkrete Digitalisierungsmaßnahmen/-projekte in Unternehmen oder staatlichen Einrichtungen untersuchten. Erforderliche Zielgrößen umfassten Anforderungen, unterstützenden Faktoren, gesundheits- oder arbeitsbezogene Auswirkungen für Beschäftigte im Zuge dieser Maßnahmen/Projekte oder Empfehlungen zur Prozessgestaltung. Die Ergebnisse wurden qualitativ zusammengefasst.

Ergebnisse: Insgesamt wurden neun Studien eingeschlossen. Davon kamen vier Studien aus Deutschland. Als Anforderungen für Beschäftigte zeigten sich fehlende Ziele, Strategien und Verantwortlichkeiten für die Implementierung der Digitalisierungsmaßnahme, Intransparenz, eine erhöhte Arbeitsbelastung sowie unzureichende Unterstützung und zeitliche Ressourcen im Rahmen des Digitalisierungsprozesses. Umfangreiche Information, aktive Einbindung, Bereitstellung von Schulungsmaßnahmen und Unterstützung auf technischer Ebene und durch die Führung stellten dagegen Unterstützungsfaktoren im Prozess dar und gingen mit einer höheren Zufriedenheit gegenüber der Maßnahme einher. Entsprechend wurden gesundheitsförderliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Digitalisierungsvorhaben hinsichtlich der Vorbereitung und Ausgestaltung des Prozesses, personellen Ressourcen, Unterstützungsmaßnahmen, Partizipation und Kommunikation identifiziert.

Schlussfolgerung/Diskussion: Organisationen sollten mögliche Auswirkungen von Digitalisierungsprozessen für ihre Beschäftigten bereits zu Beginn der Maßnahme berücksichtigen und mitgestalten. Das kann gelingen, indem die Implementierung von Digitalisierungsmaßnahmen als ganzheitlicher Prozess im Rahmen eines Change-Managements verstanden wird.

Referenzen

[1]    Demary V, Engels B, Röhl K, Rusche C. Digitalisierung und Mittelstand – Eine Metastudie, IW-Analysen Nr. 109. Köln: Institut
der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH, 2016.
[2]    Arnold D, Butschek S, Steffes S, Müller D. Monitor - Digitalisierung am Arbeitsplatz: Aktuelle Ergebnisse einer Betriebs-
und Beschäftigtenbefragung, ZEW-Gutachten und Forschungsberichte. Berlin:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2016.
Frau Dr. Tanja Wirth
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
6

Einleitung

Die digitale Transformation von Arbeitswelt und Gesundheitsversorgung ist ein in der Praxis und in der Forschungslandschaft viel diskutiertes Thema. In einem Forschungsprojekt des IASV wird der digitale Transformationsprozess in einem Institut für Pathologie erforscht. Mittels eines ethnografischen Zugangs, in dem mehrere qualitative Methoden der empirischen Sozialforschung miteinander verzahnt werden, kann ein Beitrag geleistet werden, den Transformationsprozess als solchen ganzheitlich zu verstehen, genauso wie die damit einhergehenden Herausforderungen, Bedürfnisse und Wünsche der Beteiligten sowie die Auswirkungen der Digitalisierung auf die arbeitsbedingten psychischen Belastungen und Ressourcen. Mein Promotionsprojekt, welches in dieses Forschungsprojekt eingebettet ist, fokussiert die Perspektiven der Entscheidungsträger*innen im Digitalisierungsprozess. Ziel ist es, ein Verständnis für die Erfahrungen und Erwartungen dieser Entscheidungsträger*innen zu gewinnen.

Methoden

Im März 2023 wurden zwei Fokusgruppendiskussionen (n=6 & n=3 Teilnehmende) sowie ein Einzelinterview durchgeführt. Einschlusskriterium war deren Funktion als Entscheidungsträger*in im Digitalisierungsprozess. Es wurden verschiedene Hierarchiestufen und Arbeitsbereiche abgebildet. Die Leitfragen fokussierten die Anforderungen an die Führungskräfte und deren Erleben der bisherigen Digitalisierungsprozesse sowie ihre Einschätzungen hinsichtlich einer gelingenden Vernetzung der Entscheidungsträger*innen im Digitalisierungsprozess. Die transkribierten Daten werden mithilfe der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse

Erste Analysen weisen auf die besonderen Herausforderungen hin, dass der Normalbetrieb parallel zur Digitalisierung aufrechterhalten und bereits stark getaktete Abläufe weiter verdichtet werden müssen. Als bedeutsam werden darüber hinaus die Altersstruktur der Mitarbeitenden und deren Offenheit für den digitalen Transformationsprozess erachtet. Als förderliche Faktoren werden die Rekrutierung der Entscheidungsträger*innen aus dem von digitalen Change-Prozessen betroffenen Team und die somit mögliche unmittelbare Kommunikation benannt sowie die Integration des IT-Projektleiters ins Team. Dies sei insbesondere bei Veränderungen von Zuständigkeiten und Neudefinition von Schnittstellen hilfreich.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die digitale Transformation findet zusätzlich zum arbeitsintensiven Tagesgeschehen statt und stellt sich als nur begrenzt planbarer Prozess heraus. Auch sind die Perspektiven auf und die Erwartungen an einen digitalen Transformationsprozess heterogen und mitunter schwer vereinbar. Dies erfordert eine bedachte Kommunikation der Entscheidungsträger*innen und eine Resilienz der Mitarbeitenden.
Frau Sina Pauly
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen (IASV), Tübingen
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) / Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
Beiträge:
1

Einleitung

Sedentäres Verhalten (SB), insbesondere im Arbeitssetting, ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus arbeitsmedizinischer Untersuchungen gerückt. Während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) regelmäßig Empfehlungen zu moderater und anstrengender körperlicher Aktivität herausgibt, findet leichte körperliche Aktivität (LPA) in diesen Empfehlungen bisher wenig Beachtung.
Dieser Beitrag zielt darauf ab, die wissenschaftliche Evidenz und die praktischen Implikationen von leichter körperlicher Aktivität im Kontext von sedentärem Verhalten und geeignete Interventionsstrategien zu synthetisieren und zu beleuchten.

Methoden

Eine narrative Literaturrecherche wurde durchgeführt, um Meta-Analysen und Systematische Reviews zu identifizieren, die sich mit den Auswirkungen von SB und LPA auf Gesundheitsparameter und -indikatoren beschäftigen, sowie solche zu geeigneten Interventionsstrategien zur Sitzunterbrechung im Arbeitssetting.​​​

Ergebnisse

SB ist ein klinisch relevanter Risikofaktor mit starkem Einfluss auf die Gesamtmortalität. Ein Schwellenwert von 8 Stunden pro Tag scheint kritisch zu sein, insofern, dass die negativen Effekte nur noch mit sehr hohen Umfängen (60-75 min pro Tag) an moderater körperlicher Aktivität ausgeglichen werden können [1][2]. Allerdings werden verschiedene weitere Schwellenwerte diskutiert.
Die Empirie zeigt weiterhin, dass LPA (z.B. regelmäßiges Aufstehen, kurze Spaziergänge oder Dehnübungen) die Gesamtmortalität in einer nicht-linearen [3] bzw. logarithmisch-kubischen Dosis-Wirkungs-Beziehung verringert [4]. Schon das Ersetzen von insgesamt 30 Minuten SB pro Tag (akkumuliert) mit LPA kann das Risiko kardiovaskulärer Mortalität um 16% [5] und der Mortalität durch Krebs um 9% [6] senken. Häufig verwendete Interventionsmethoden sind Schulung, Umstrukturierung der Umgebung, Bildung und Enablement [7]. Besonders Multikomponenten-Interventionen, die Sitz-Steh-Tische inkludieren, zeigen positive Effekte auf die Sitzzeitreduktion (MD=-71,95 min / 8-Stunden-Arbeitstag) [8].

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Integration von LPA in den Arbeitsalltag kann als präventive Maßnahme gegen die negativen Auswirkungen von SB betrachtet werden. Es wird empfohlen, Richtlinien und Empfehlungen zu überdenken und LPA stärker zu berücksichtigen, um die Gesundheit von Arbeitnehmern zu fördern.

Referenzen

[1] Patterson R, McNamara E, Tainio M, Sá TH, Smith AD, Edwards P et al. Sedentary behaviour and risk of all-cause, cardiovascular and cancer mortality, and incident type 2 diabetes: a systematic review and dose response meta-analysis. Eur J Epidemiol 2018; 33: 811–829.
[2] Ekelund U, Steene-Johannessen J, Brown WJ, Fagerland MW, Owen N, Powell KE et al. Does physical activity attenuate, or even eliminate, the detrimental association of sitting time with mortality? A harmonised meta-analysis of data from more than 1 million men and women. Lancet 2016; 388: 1302–1310.
[3] Ekelund U, Tarp J, Steene-Johannessen J, Hansen BH, Jefferis B, Fagerland MW et al. Dose-response associations between accelerometry measured physical activity and sedentary time and all cause mortality: systematic review and harmonised meta-analysis. BMJ 2019; 366: l4570.
[4] Ku P-W, Hamer M, Liao Y, Hsueh M-C, Chen L-J. Device-measured light-intensity physical activity and mortality: A meta-analysis. Scand J Med Sci Sports 2020; 30: 13–24.
[5] Qiu S, Cai X, Jia L, Sun Z, Wu T, Wendt J et al. Does objectively measured light-intensity physical activity reduce the risk of cardiovascular mortality? A meta-analysis. Eur Heart J Qual Care Clin Outcomes 2021; 7: 496–504.
[6] Qiu S, Cai X, Wu T, Sun Z, Guo H, Kirsten J et al. Objectively-Measured Light-Intensity Physical Activity and Risk of Cancer Mortality: A Meta-analysis of Prospective Cohort Studies. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2020; 29: 1067–1073.
[7] Morton S, Fitzsimons C, Jepson R, Saunders DH, Sivaramakrishnan D, Niven A. What works to reduce sedentary behavior in the office, and could these intervention components transfer to the home working environment?: A rapid review and transferability appraisal. Front Sports Act Living 2022; 4: 954639.
[8] Zhou L, Deng X, Guo K, Hou L, Hui X, Wu Y et al. Effectiveness of Multicomponent Interventions in Office-Based Workers to Mitigate Occupational Sedentary Behavior: Systematic Review and Meta-Analysis. JMIR Public Health Surveill 2023; 9: e44745.
Herr Sebastian Heller
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
2
Einleitung: Physiotherapeut:innen sind im Rahmen ihrer Tätigkeit verschiedenen Gefährdungen und Belastungsfaktoren ausgesetzt, die sich negativ auf die Gesundheit und Beschäftigungsfähigkeit auswirken können [1], [2], ​[​​3]. Gerade in Anbetracht des demografischen Wandels und der allgemeinen Fachkräfteknappheit kommt deshalb der Förderung, Aufrechterhaltung und ggf. Wiederherstellung der Gesundheit eine wichtige Bedeutung zu. Um potenziellen Gesundheitsgefahren im Praxisbetrieb möglichst vorausschauend entgegenzuwirken, sind Praxisinhaber:innen zur Schaffung und Aufrechterhaltung sicherheits- und gesundheitsgerechter Arbeitsbedingungen gesetzlich verpflichtet.

Methode: Im Rahmen einer deutschlandweit durchgeführten Online-Querschnittserhebung wurden zwischen 08–09/2022 164 Praxisinhaber:innen sowie angestellte Physiotherapeut:innen zum Umsetzungstand arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben in ihrer Praxis befragt. Der Fragebogen wurde unter Einbezug von Praxis-Expert:innen selbst entwickelt. Fragen zur bisherigen arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuungssituation und zur Bedeutung zentraler Arbeits- und Gesundheitsschutzthemen für die eigene Tätigkeit in der Praxis standen hierbei im Mittelpunkt. Die Befragungsergebnisse wurden deskriptiv ausgewertet.​​​​​

Ergebnisse: Der Arbeitssicherheit und dem betrieblichen Gesundheitsschutz wurden sowohl von Praxisinhaber:innen als auch von angestellten Physiotherapeut:innen prinzipiell eine hohe Bedeutung beigemessen. Dass die eigene Praxis derzeit (rechtskonform gem. ASiG, DGUV Vorschrift 2) arbeitsmedizinisch und sicherheitstechnisch betreut wird, bestätigten 51,9% der Praxisinhaber:innen. Eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung lag ebenfalls bei etwa der Hälfte der Praxen vor.

Diskussion: Die Befragungsergebnisse können als Anhaltspunkt für einen Optimierungsbedarf des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in physiotherapeutischen Praxen gesehen werden. Die Relevanz und der Nutzen einer qualitativ hochwertigen Betreuung sollten sichtbarerer gemacht und entsprechende Betreuung-/Beratungsangebote (z.B. unterstützende Online-Angebote) weiter ausgebaut werden. Für kleine und mittelgroße Praxen wäre die alternative bedarfsorientierte Betreuung ein guter und zielführender Lösungsansatz, die laut DGUV Vorschrift 2 bei Praxen mit < 50 Beschäftigten möglich ist. Derzeit wird ein mehrstufiger, hybrider und settingspezifischer Schulungs-/Beratungsansatz erprobt und evaluiert, der für diese Praxen gewinnbringend sein könnte.

Referenzen

[1] Stoll, S. (2019). Arbeitsbedingte Beschwerden und
Erkrankungen in der Physiotherapie. manuelletherapie, 23(05),
238-245. https://doi.org/10.1055/a-1033-5613.
[2] Girbig, M., Freiberg, A., Deckert, S., Druschke, D., Kopkow,
C., Nienhaus, A., & Seidler, A. (2017). Work-related exposures and disorders
among physical therapists: experiences and beliefs of professional
representatives assessed using a qualitative approach. Journal of
Occupational Medicine and Toxicology, 12, 1-9. https://doi.org/10.1186/s12995-016-0147-0.
[3] Vieira, E. R., Schneider,
P., Guidera, C., Gadotti, I. C., & Brunt, D. (2016). Work-related musculoskeletal disorders among
physical therapists: a systematic review. Journal of back and
musculoskeletal rehabilitation, 29(3), 417-428.
https://doi.org/10.3233/BMR-150649.
Frau Anna Hirschmüller
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin Universitätsmedizin Mainz, Mainz
3

Einleitung

Während der COVID-19 Pandemie hat sich der Anteil der Erwerbstätigen im Homeoffice in Deutschland von 13% im Jahr 2019 zu 25% im Jahr 2021 fast verdoppelt [1]. Studien haben gezeigt, dass fehlende Regelungen und Ausstattungen des Arbeitsplatzes zu physischen und psycho-sozialen Beanspruchungen führten [2], [3]. Muskel- und Skeletterkrankungen (21,5%) sowie psychische Erkrankungen (12%) waren im Jahre 2021 führende Ursache für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland [4]. Ziel der Studie war es, den Einfluss einer Bewegungsroutine im Homeoffice auf muskuloskelettale und psychische Beschwerden zu untersuchen.

Methoden

Im Rahmen der „ArCo-Studie“ (Arbeiten unter Corona) wurde im Sommer 2021 eine videobasierte Arbeitsplatzanalyse des Homeoffice-Arbeitsplatzes bei Mitarbeitenden öffentlicher Institutionen durchgeführt. Im Anschluss wurden interessierte Mitarbeitende bezüglich einer Bewegungsroutine, bestehend aus acht Übungen, unterwiesen und empfohlen, diese täglich durchzuführen. Anhand eines Online-Fragebogens via RedCap wurden Prävalenz und Ausprägung muskuloskelettaler und psychischer Beschwerden zum Zeitpunkt der Befragung in Relation zu der Zeit vor der Pandemie erhoben. Vier Wochen nach Einführung der Bewegungsroutine wurden die Beschwerden reevaluiert.

Ergebnisse

Insgesamt nahmen 101 Mitarbeitende an der Bewegungsroutine teil, von 85 Personen (n=85; w=46, m=39) liegen auswertbare Reevaluationsbögen vor. Vier Wochen nach Einführung der Bewegungsroutine gaben 56 Mitarbeitende (65,9%) an, eine Bewegungspause in ihren Arbeitsalltag integrieren zu können. Eine signifikante Abnahme der muskuloskelettalen Beschwerden ließ sich zweiseitig betrachtet in der Schulter- und Nackenregion (p<0,05) und im Rückenbereich (p<0,01) feststellen. Einseitig zeigte sich zusätzlich eine signifikante Reduktion des allgemeinen Erschöpfungsgefühls (p<0,05). Zudem konnte die Häufigkeit der Beschwerden signifikant (p<0,05), die Medikamenteneinnahme und teilweise die Intensität der Beschwerden reduziert werden.

Schlussfolgerung / Diskussion

In Zusammenschau weisen die Ergebnisse auf einen positiven Einfluss der Bewegungsroutine sowohl auf die physische als auch die psychische Gesundheit im Homeoffice hin. Weiterführende Studien sind notwendig, um diesen Effekt zu bestätigen und eine Empfehlung bezüglich der Frequenz und Art der Übungen auszusprechen.

Referenzen

[1]    „Ein Viertel aller Erwerbstätigen arbeitete
2021 im Homeoffice“, Statistisches Bundesamt. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2022/PD22_24_p002.html
(zugegriffen 30. Januar 2023).
[2]     S. Ludwig, H. Zieschang,
C. Heitmann, und E. Taşkan-Karamürsel, „Corona made my home my office – Arbeit
im Homeoffice sicher und gesund gestalten“, in Fehlzeiten-Report 2021:
Betriebliche Prävention stärken – Lehren aus der Pandemie, B. Badura, A.
Ducki, H. Schröder, und M. Meyer, Hrsg., in Fehlzeiten-Report. Berlin, Heidelberg: Springer, 2021, S. 349–362. doi:
10.1007/978-3-662-63722-7_21.
[3]     P. Wilms, J. Schröder, R. Reer, und L.
Scheit, „The Impact of ‚Home Office‘ Work on Physical Activity and Sedentary
Behavior during the COVID-19 Pandemic: A Systematic Review“, Int J Environ
Res Public Health, Bd. 19, Nr. 19, S. 12344, Sep. 2022, DOI: 10.3390/ijerph191912344.
[4]     M. Meyer, L. Wing, und A.
Schenkel, „Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr
2021“, in Fehlzeiten-Report 2022: Verantwortung und Gesundheit, B.
Badura, A. Ducki, M. Meyer, und H. Schröder, Hrsg., in Fehlzeiten-Report.
Berlin, Heidelberg: Springer, 2022, S. 287–368. doi:
10.1007/978-3-662-65598-6_19. @font-face
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Frau Leonie Wolf
Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin, Freiburg
Frau Leonie Julia Wolf
Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin, Freiburg
4
Seafarers' diets are often high in fat, sugar and calories, contributing to an increased risk of obesity, metabolic syndrome and cardiovascular disease [1,2]. The multitude of barriers to healthy eating in the on-board environment on merchant ships makes it essential to find new approaches for health promotion [3]. This study explored seafarers' attitudes, status quo of support measures and possibilities to improve nutrition on merchant ships from the perspective of crews and ship cooks.

In the course of the EU-funded project “e-healthy ship”, European and South-East Asian seafarers (N=810) and ship cooks (N=62) were examined by using two questionnaires on 68 ships of two German shipping companies.

Almost all seafarers (98.8%) considered a healthy diet important for their well-being and the majority of seafarers reported to be open-minded to change their eating habits (88.4%). However, European seafarers were less likely to respond that they are willing to eat less meat [OR 0.11; 95%CI (0.07-0.17); p <0.001; R2 =0.29], more vegetables [OR 0.10; 95%CI (0.02-0.49); p =0.005; R2 =0.19] and more fruits [OR 0.11; 95%CI (0.02-0.61); p =0.011; R2 =0.20] than their Southeast Asian colleagues. On the one hand, 82.3% of the ship cooks reported having taken part in at least one cooking course organized by their employer (1: 33.9%, 2: 25.8%, 3: 14.5%, 4 or more: 8.1%), on the other hand, slightly above half stated that the last of these courses had taken place more than 2 years ago. Furthermore, the ship cooks showed a positive attitude towards the use of a tablet-based digital platform that supports the ship cooks in daily and complex tasks (>85% agreement).

In order to improve nutrition on board merchant ships, various parameters need to be adjusted, such as ensuring a demand-oriented food supply on board or supporting seafarers' healthy food choices through target group-specific nutrition education. Ship cooks would be able play a decisive role if they receive support. The development of a tablet-based digital platform that supports the ship cooks in their daily tasks, offers training and empowers them to implement health-promoting measures themselves seems to be an accepted and promising approach.

Referenzen

[1] Zyriax BC, von
Katzler R, Jagemann B, Westenhoefer J, Jensen HJ, Harth V, Oldenburg M (2018):
Food offerings on board and dietary intake of European and Kiribati seafarers -
cross-sectional data from the seafarer nutrition study. In: Journal of
occupational medicine and toxicology (London England) 13 S. 9. DOI:
10.1186/s12995-018-0190-0.
[2] Roberts SE.,
Jaremin B (2010): Cardiovascular disease mortality in British merchant shipping
and among British seafarers ashore in Britain. In: International Maritime
Health 62 (3) S. 107–116.
[3] Hjarnoe L, Leppin
A (2014): A risky occupation? (Un)healthy lifestyle behaviors among Danish
seafarers. In: Health promotion international 29 (4) S.
720–729. DOI: 10.1093/heapro/dat024.
Herr Felix Alexander Neumann
Hebammenwissenschaft - Versorgungsforschung und Prävention, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
5

Einleitung

Beschäftigte im Rettungsdienst sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, psychische Beeinträchtigungen zu entwickeln, da sie in ihrem Berufsalltag hohen körperlichen und emotionalen Stressoren ausgesetzt sind. Der Umgang mit diesen Stressoren stellt eine wichtige Ressource dar, um im Sinne der Salutogenese eine Bewältigung vorzunehmen. Maßnahmen zur Stärkung von Stress- und Emotionsregulation können in diesem Berufsfeld auch die psychische Gesundheit fördern. Damit diese Förderung nicht nur auf einer Verhaltensebene wirksam wird, bieten sich Multiplikatorenkonzepte mit einer verhältnisbezogenen Verzahnung in die Arbeitssysteme an.

Methoden

Die Überprüfung der verfügbaren Evidenz von Multiplikatorenkonzepten zur Stress- und Emotionsregulation im Rettungsdienst ist das Hauptziel der Arbeit. Die Übersicht orientiert sich inhaltlich an dem Modell der Salutogenese und methodisch am Konzept des Joanna Briggs Institutes (JBI) zur Durchführung von Scoping Reviews. Die Recherche basiert auf den Suchoberflächen PubMed und PubPsych. Es erfolgt keine Einschränkung der Evidenzquellen. Die Suche erstreckt sich auf deutsch- und englischsprachige Literatur im Zeitraum von 1997 bis 2023. Alle Schritte der Datensichtung und -extraktion wurden unabhängig von zwei gutachtenden Personen durchgeführt.

Ergebnisse

Für die Recherche werden insgesamt 22.345 Datensätze identifiziert. Abschließend können vier Volltexte eingeschlossen werden. Die Studienorte umfassen Kanada, England und die USA. Die Interventionen richten sich neben Mitarbeitenden des Rettungsdienstes an Angehörige von Polizei, Feuerwehr und andere Berufsgruppen. Alle Trainings sind modular aufgebaut, erstrecken sich über eine Dauer von einem Tag bis hin zu acht Terminen verteilt über ein Jahr. Eine Studie wird webbasiert implementiert. Die psychosozialen Widerstandsressourcen sind vielfältig und umfassen bspw. soziale Unterstützung, Wohlbefinden oder Resilienz. Daneben werden weitere Outcomes wie Alkoholkonsum erhoben. In drei von vier Studien können schwache bis keine signifikanten Ergebnisse belegt werden; eine Intervention erhöht die Selbstwirksamkeit.

Schlussfolgerung / Diskussion

Es gibt weltweit keine spezifischen Multiplikatoren- oder Peer-Involvement-Ansätze zu Stress- und Emotionsregulation, die sich explizit an Mitarbeitende des Rettungsdienstes richten und organisational verankert sind. Gezielte Interventionen sind aufgrund der hohen Belastungen innerhalb der Berufsgruppe zwingend erforderlich.

Referenzen

[1]    Antonovsky
A (1979) Health, stress, and coping. The Jossey-Bass social and behavioral
science series. Jossey-Bass Publishers, San Francisco, Washington, London
[2]    Elm
E von, Schreiber G, Haupt CC (2019) Methodische Anleitung für Scoping Reviews
(JBI-Methodologie) (Not Available). Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und
Qualität im Gesundheitswesen 143: 1–7. DOI: 10.1016/j.zefq.2019.05.004
[3]    Peters
MDJ, Godfrey C., McInerney P et al. Chapter 11: Scoping Reviews (2020 version).
In: Aromataris E, Munn Z. (Editors) (eds) JBI Manual for Evidence Synthesis,
JBI, 2020
Herr Michel Hummel
Westsächsische Hochschule Zwickau, Zwickau
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Freie Themen
Beiträge:
1
In Österreich gibt es gegenwärtig an insgesamt sieben Medizin-Universitäten nur ein universitäreres Forschungsinstitut im Bereich der Arbeitsmedizin. Zur Unterstützung der arbeitsmedizinischen Wissenschaft in Österreich hat es sich die Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention (AAMP), gemeinsam mit dem Open Innovation in Science Center (OIS) daher zur Aufgabe gemacht, mit dem Prä-Forschungsprojekt „Ungeklärte Fragen in der Arbeitsmedizin. Reden Sie mit!“ zu eruieren, welche gesellschaftlich relevanten Fragen mit den limitierten Forschungsressourcen in Österreich priorisiert beantwortet werden sollen.

Traditionell entscheiden Forscher:innen oder Förderorganisationen über jene Fragen, die die Forschung beantworten soll. Mit diesem Projekt möchte die AAMP gemeinsam mit dem OIS jedoch erstmalig die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen als Endnutzer:innen sowie der Stakeholder an die Forschung identifizieren, indem sie aktiv und in einer frühen Phase des Forschungsprozesses eingebunden werden.

Der methodische Zugang beinhaltet „Crowdsourcing“ und „Priority Setting“ und wurde in Anlehnung an die Delphi Methode entwickelt, die in der arbeitsmedizinischen Literatur bereits in mehreren Arbeiten zur Priorisierung von Forschungsagenden herangezogen worden ist [1,2,3,4,5]. Zunächst wurden all jene, die ein Interesse an der arbeitsmedizinischen Forschung haben (= Crowd), eingeladen, mit Hilfe eines Online-Fragebogens ihrer Meinung nach unbeantwortete Forschungsfragen, kaum beforschte Themen oder Ideen für die Forschung einzureichen (= sourcing). Das Ziel dieses Crowdsourcing war ein erstes, offenes Einsammeln von Fragen, Themen oder Ideen, ohne einen Anspruch auf Repräsentativität erlangen zu müssen.

Aus den 165 ausgefüllten Fragebögen konnten 67 für die Arbeitsmedizin potenziell relevante Fragestellungen identifiziert werden. Im Rahmen eines Priorisierungs-Workshops mit Stakeholder:innen aus Politik, arbeitsmedizinischer Praxis und Wissenschaft wurden aus diesen gesammelten Forschungsfragen acht priorisiert und in eine Rangreihung gebracht (Priority Setting). Diese Fragen umfassen Themen wie beispielsweise Co-Expositionen von gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen, digitale Methoden der arbeitsmedizinischen Versorgung, Flexibilisierung des Arbeitsortes und der Arbeitszeit sowie erwartbare altersbedingte Einschränkungen und ihre Relevanz für unterschiedliche berufliche Belastungen. Die Beantwortung einer der acht am höchsten priorisierten Forschungsfragen soll in einem Follow-Up Projekt durch die AAMP erfolgen.

Referenzen

[1] Harrington JM.
Research priorities in occupational medicine: A survey of United Kingdom
medical opinion by the Delphi technique. Occupational and Environmental
Medicine. 1994;51(5):289–294. https://doi.org/10.1136/oem.51.5.289
[2] Iavicoli S. Research
priorities in occupational health in Italy. Occupational and Environmental
Medicine. 2001;58(5):325–329. https://doi.org/10.1136/oem.58.5.325
[3] Lalloo D, Demou E,
Smedley J, Madan I, Asanati K, Macdonald EB. Current
research priorities for UK occupational physicians and occupational health
researchers: A modified Delphi study. Occupational and Environmental
Medicine. 2018;75(11):830–836. https://doi.org/10.1136/oemed-2018-105114
[4] Sadhra, S.
Occupational health research priorities in Malaysia: A Delphi study. Occupational
and Environmental Medicine. 2001;58(7):426–431.
https://doi.org/10.1136/oem.58.7.426
[5] Van Der Beek AJ,
Frings-Dresen MH, Van Dijk FJ, Houtman, IL. Priorities
in occupational health research: A Delphi study in The Netherlands. Occupational
and Environmental Medicine. 1997;54(7):504–510.
https://doi.org/10.1136/oem.54.7.504
Frau Dr. Sally Bitterl
Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention, Wien
2
Einleitung: In einem beruflichen Umfeld mit zahlreichen Belastungsfaktoren erleiden Beschäftigte in Einrichtungen der Kinderbetreuung COVID-19-Erkrankungen. Die Häufigkeit von Long-Covid- oder Post-Covid-Beschwerden dieser Kohorte ist unklar.

Methoden: In einer Studie zu Beschwerden und Wohlbefinden nach Covid-19-Infektion in der Kinderbetreuung wurden Fragebögen aus drei arbeitsmedizinischen B·A·D-Gesundheitszentren in Mittelfranken ausgewertet. Beschäftigte, die zu einer Vorsorge im Bereich Kinderbetreuung vorstellig wurden, bekamen einen standardisierten zweiseitigen Fragebogen ausgehändigt. U.a. wurden Alter, Anzahl der Impfungen, Abstand zur positiven PCR und aktuelles Wohlbefinden im Vergleich zum Zustand vor der COVID-19-Erkrankung erfragt.

Ergebnisse: Von Mitte Juli bis Ende Dezember 2022 wurden 184 Fragebögen erfasst. In die aktuelle Analyse wurden 81 Fragebögen ausgeschlossen, da Angaben zum Wohlbefinden nach COVID-19-Infektion, zur COVID-19-Infektion, zum Datum der PCR-Bestätigung erfolgt und da die Infektion weniger als 4 Wochen zurücklag. Somit konnten 103 Fragebögen ausgewertet werden (Durchschnittsalter 33 Jahre, min.-max. 15-63 Jahre, Befragung 31 Wochen nach PCR-Test, min.-max. 5-161 Wochen). Die Beschäftigten dieser 103 Fragebögen gaben 1-3 Covid-19-Erkrankungen (Durchschnitt 1,2) an.
74% (76/103) gaben an, wenigstens einmal eine Impfung gegen Corona erhalten zu haben. 48% hatten 3 bzw. 4 Impfungen erhalten.
Von den 103 Beschäftigen mit Covid-19-Infektion ging es 71 (69%) gleich gut, 17 (17%) besser und 15 (15%) schlechter (=Long-Covid-Syndrom). Von letzteren waren 87% mind. 2x geimpft. Bei 11/15 (73%) lag die Infektion bereits über 14 Wochen zurück (=Post-Covid-Syndrom). Bezogen auf alle Beschäftigte ≥12 Wochen nach Infektion (n=88) ergab sich damit ein Post-Covid-Syndrom von 13%.

Diskussion:
In unserer Studie mittels Fragebögen lagen fortwährende Symptome bei 15 % (Long-Covid-Syndrom) bei Beschäftigten in der Kinderbetreuung vor. In einer Subanalyse lag das Post-Covid-Syndrom bei 13%.
Herr PD Dr. Rüdiger Stephan Görtz
BAD Gesundheitszentrum Erlangen, Erlangen
3
Hintergrund
Für den Antrag eines Befähigungsscheins für Begasungen gemäß GefStoffV [1] ist vom Antragsteller ein ärztliches Zeugnis vorzulegen. Der Umfang der ärztlichen Untersuchung ist im Technischen Regelwerk (TRGS 512, 513, 522, 523) festgelegt und in der Empfehlung des BMA von 1995 zur Durchführung der Eignungsuntersuchung näher beschrieben [2]. In der Praxis kommt es zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Empfehlungen zur Prüfung der Geruchswahrnehmung. Für ihre Überarbeitung bedarf es wissenschaftlicher Aufbereitung und überbrückend pragmatischer Empfehlungen.
Methode
Eine Abfrage bei den Bundesländern wie häufig Befähigungsscheine beantragt werden, wurde Ende 2021 beim LASI angestoßen. Anfragen an die BAuA zum Thema Befähigungsschein wurden gesammelt und analysiert. Es erfolgte eine orientierende Literaturrecherche zu den Hintergründen der Entstehung der Riechstoffreihe [2] und zu aktuellen Untersuchungsverfahren der Riechfunktion.
Ergebnis
Jährlich werden etwa 150 Befähigungsscheine von den Arbeitsschutzbehörden ausgestellt. Laut Anfragen an die BAuA gibt es Schwierigkeiten bei der Zubereitung der vorgeschlagenen Prüfstoffreihe, da Substanzen zur Herstellung des Sets nicht beschafft werden können. Dieses besteht aus sechs Prüfstoffen, die Rezeptoren der Hirnnerven I, V, VII, IX ansprechen und als „Geruchsäquivalente“ zu den 1995 gängigen Begasungsmitteln dienen. Hintergründe zur Entwicklung der Prüfstoffreihe konnten nicht ermittelt werden. In Deutschland haben sich validierte psychophysische Screeningtests für eine Einschätzung der Riechfunktion durchgesetzt, ergänzt durch Verfahren zur Differenzierung von Einschränkungen [3, 4].
Schlussfolgerung
Die Geruchssinnprüfung soll sicherstellen, dass ein für die Tätigkeit ausreichendes Riechvermögen besteht und zielt auf die Warnwirkung von Gerüchen. Als überbrückende Lösung der genannten Schwierigkeiten wird die Verwendung von psychophysischen Screeningtests [3] vorgeschlagen. Die Übergangsphase bis zur Anpassung des Regelwerkes sollte genutzt werden, zu überprüfen, ob für die Tätigkeit „Begasungen“ ein wirkstoffspezifisches Riechvermögen erforderlich ist. Für eine entsprechende Diagnostik müsste dann ein praktikables Testverfahren entwickelt werden.

Referenzen

[1] Gefahrstoffverordnung, Stand 21.07.2021: § 15d Abs. 4 i.V. m. Anhang I Ziffer 4.5 Nr. 4 [2] Neufassung der Empfehlung des BMA zur Durchführung der Eignungsuntersuchung von Befähigungsscheinbewerbern für Begasungen, BArbBl. Heft 12/1995 S. 41-44 [3] AWMF-Register Nr. 017/050 Klasse: S2k, Riech- und Schmeckstörungen, Oktober 2016
[4] Hummel T, Lui DT, Müller CA, Stuck BA, Welge-Lüssen A, Hähne A: Olfactory dysfunction: etiology, diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 146-54
Frau Dr. med. Anne Nagel
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Betriebsmedizin, Berlin
4
Einleitung
Clowndoktoren [CD] sind seit 30 Jahren in deutschen pädiatrischen Einrichtungen aktiv. Dabei handelt es sich um freiberuflich tätige Künstler:innen, die eine Ausbildung als CD haben, um als solche insbesondere die Kliniksituation für Kinder und Jugendliche zu erleichtern. Sie unterstützen die medizinische Therapie durch die gezielte Aktivierung der Selbstheilungskräfte mittels Humor [1]. Die gesundheitsförderliche Wirkung von CD auf somatische und psychische Gesundheit wurde bereits mehrfach belegt [1-6]. Studien deuteten darüber hinaus auf eine Verbesserung der subjektiven Arbeitssituation von Klinikmitarbeitenden durch CD hin; 90% der Mitarbeitenden bewerteten CD als hilfreich in Bezug auf ihr Arbeitsumfeld, die Kolleg:innen und die Patient:innen [7]. Allerdings besteht noch eine Forschungslücke in Bezug auf die Wirkung von CD auf Klinikmitarbeitende. Daher ist es das Ziel der vorliegenden Studie, diese zu adressieren.

Methoden
Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden im Jahr 2023 in fünf pädiatrischen Einrichtungen in Hessen und Rheinland-Pfalz, in welchen CD tätig sind, 10 semistrukturierte Leitfadeninterviews mit Mitarbeitenden geführt. Diese Interviews fanden telefonisch oder online statt, wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung des Textmaterials erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring und im Sechs-Augen-Prinzip.

Ergebnisse
Das finale Kategoriensystem setzt sich aus 12 Oberkategorien zusammen, welche die Themen Clowndoktoren, Clownvisite, Wirkung, Mehrwert, Wünsche und Entwicklung abbilden. Die befragten Mitarbeitenden beschreiben sowohl eine direkte (auf sich selbst) als auch eine indirekte (auf Patent:innen, Angehörige, Kolleg:innen und Arbeitsklima) Wirkung durch CD, welche durchweg als positiv empfunden wird. Die indirekte Wirkung für Mitarbeitende ergibt sich aus den emotionalen und motivatorischen Effekten auf den/die Patient:innen, was wiederum zur Verbesserung der eigenen Arbeitssituation beiträgt.

Diskussion
Die Studie verweist auf einen positiven Zusammenhang zwischen der Anwesenheit von CD und einer empfundenen Verbesserung der Arbeitssituation von Klinikmitarbeitenden. Diese Ergebnisse stützen die Befunde des aktuellen Forschungsstandes, welcher sowohl für die Patient:innen als auch für die Mitarbeitenden einen Mehrwert zeigt. Aufgrund dessen ist eine Institutionalisierung von CD in pädiatrischen Einrichtungen empfehlenswert. Zur Erreichung dieses Ziels sind Folgestudien -auch unter Berücksichtigung quantitativer Methoden- sinnvoll.

Referenzen

[1] Clown Doktoren e.V. Über uns. Clown-doktoren.de. Retrieved September 27, 2023. https://www.clown-doktoren.de/ueber+uns/.
[2] Scheel T, Hoeppner D, Grotevendt A, Barthlen W. Clowns in paediatric surgery: Less anxiety and more oxytocin? A pilot study. Klinische Padiatrie, 229(05), 274–280 (2017). https://doi.org/10.1055/s-0043-106854.
[3] Pinquart M, Skolaude D, Zaplinski K, Maier RF. Do clown visits improve psychological and sense of physical well-being of hospitalized pediatric patients? A randomized-controlled trial. Klinische Padiatrie, 223(02), 74–78 (2011). https://doi.org/10.1055/s-0030-1267932.
[4] Brys T, Symons D, Dean J, Smith JAS. Clown doctors and forensic paediatricians enhance the patient experience at the Royal Children’s Hospital in Melbourne. Child Abuse Review (Chichester, England: 1992), 31(5) (2022). https://doi.org/10.1002/car.2764.
[5] Anes L, Obi M. Hospital clowning as play stimulus in healthcare. Children (Basel, Switzerland), 1(3), 374–389 (2014). https://doi.org/10.3390/children1030374.
[6] Saliba FG, Adiwardana NS, Uehara EU, Silvestre RN, Leite VV, Faleiros FT et al. Salivary cortisol levels: The importance of clown doctors to reduce stress. Pediatric Reports, 8(1), 6188 (2016). https://doi.org/10.4081/pr.2016.6188.
[7] Ramos BS, Dantas AMO, Zago LBS, de Melo Costa ACS, Sousa DS. Professional satisfaction in the hospital context and the humanized performance of clown doctors. Research, Society and Development, 11(17) (2022). e48111733389. https://doi.org/10.33448/rsd-v11i17.33389.
Frau Naby May
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Psychische Belastung und Beanspruchung
Beiträge:
1

Einleitung

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) verfolgt das Ziel, gesundheitsschützende und -förderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen und damit die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten und zu stärken. Wochenendpendelnde sind durch lange Fahrtzeiten und die räumliche Trennung von Wohn- und Arbeitsort erhöhten Belastungen ausgesetzt, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen können [1]. Daher soll untersucht werden, ob sich Unterschiede in der Gesundheit und der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zwischen Wochenendpendelnden und Nichtpendelnden zeigen.

Methoden

Für die Analyse liegen die Daten von 596 Beschäftigten vor, die an sieben Dienststellen im Geschäftsbereich des BMVg in den Jahren 2022 bis 2023 befragt wurden. Wochenendpendelnde haben eine zweite Unterkunft an ihrem Arbeitsort und pendeln von diesem einmal pro Woche zu ihrer Hauptwohnung. Es werden verschiedene Gesundheitsindikatoren, Work-Privacy-Konflikte sowie Entgrenzung von Arbeit und Privatleben (u. a. COPSOQ-Skalen, PHQ-4) betrachtet. Die Überprüfung der Unterschiede wird mittels Mann-Whitney-U-Test durchgeführt.

Ergebnisse

Von den befragten Beschäftigten sind 15,6 % Wochenendpendelnde. Fast 80 % der Wochenendpendelnden geben an, dass ihr Gesundheitszustand im Allgemeinen zufriedenstellend, gut oder sehr gut ist. Die meisten Wochenendpendelnden erleben Work-Privacy-Konflikte sowie die Entgrenzung von Arbeit und Privatleben teilweise, in geringem oder sehr geringem Maß. Im Vergleich zu den Nichtpendelnden berichten Wochenendpendelnde einen etwas schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand (p = 0,026) und erleben in höherem Maß Work-Privacy-Konflikte (p = 0,000) sowie Entgrenzung von Arbeit und Privatleben (p = 0,001). Bei psychischen und körperlichen Beschwerden lassen sich keine Unterschiede zwischen Wochenendpendelnden und Nichtpendelnden feststellen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Wochenendpendelnde stellen eine Zielgruppe im BGM dar, die verstärkt in den Blick genommen werden sollte. Maßnahmen sollten vor allem darauf ausgerichtet sein, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu verbessern. Das orts- und zeitflexible Arbeiten bietet vielfältige Möglichkeiten, die Arbeitsgestaltung an die Bedürfnisse der Wochenendpendelnden anzupassen.

Referenzen

[1] Ducki A, Nguyen HT. 2016. Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Mobilität. Forschung Projekt F 2353. baua: Bericht. Dortmund/Berlin/Dresden.
Frau Mareike Schlote
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
2

Einleitung

Das Zentrum für Arbeit und Gesundheit Sachsen koordiniert im Auftrag des Landesamtes für Schule und Bildung die arbeitsmedizinische Betreuung der öffentlichen Schulen in Sachsen. Dazu gehört auch die Gefährdungsbeurteilung (GB) im Bereich psychische Belastung. Um die Betreuungsquote weiterhin auf einem hohen Niveau zu halten, wird in einer Machbarkeitsstudie die Durchführung der GB im Online-Format geprüft. Im Fokus stehen die Bereitschaft und Akzeptanz durch die Schulleitungen, einschränkende und begünstigende Faktoren im Vergleich zur Präsenzvariante an den Schulen, schulartspezifische Besonderheiten sowie zeitliche Aspekte und eine Differenzierung zwischen städtischem und ländlichem Raum.

Methoden

Für die GB an Schulen in Sachsen wird eine Checkliste genutzt, die auf der GUV-I 8760 (2001) [1] beruht und bereits im Projekt „Lange Lehren“ erprobt wurde [2]. Die Checkliste umfasst 43 Items, ist den orientierenden Verfahren gemäß DIN ISO 10075 [3] zuzuordnen und wurde in Kooperation mit der Unfallkasse Sachsen evaluiert [4]. Die Stichprobe umfasst 50 Schulen aller Schularten (Grund-, Ober-, Förder-, Berufsschulen, Gymnasien). Die Evaluationsfragen (u.a. Akzeptanz, Verständlichkeit) wurden als Likert-Skalen und tlw. offen formuliert und betreffen Bewertungen der Schulleitung sowie der Durchführenden.

Ergebnisse

Die technische Ausstattung an den für die Studie zufällig ausgewählten Schulen erlaubte die problemlose Durchführung der GB im Online-Format. Es zeigten sich nur selten und nur geringfügige technische Störungen sowie eine hohe Akzeptanz durch die Schulleitungen. Hervorgehoben wurde der positive zeitökonomische Aspekt sowohl für die Durchführung als auch für die Erreichbarkeit von Schulen im weniger günstig angebundenen ländlichen Raum. Wichtig ist, dass die Schulen bereits Erfahrungen mit der GB in Präsenz hatten und im zeitlichen Turnus liegen (in Sachsen jährlich bzw. für Grundschulen 2jährlich), um an bereits vorliegende Protokolle anknüpfen zu können.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das beschriebene Vorgehen wird insgesamt als sehr positiv bewertet und steht zur Diskussion in die Regelbetreuung der Schulen in Sachsen überführt zu werden. Wichtig ist auch, dass die GB weiterhin im Wechsel zum Begehungsinterview vor Ort stattfindet, um die Wahrnehmung des arbeitsmedizinischen bzw. arbeitspsychologischen Personals mit einfließen lassen und unmittelbar darauf Bezug nehmen zu können. Eine Verbesserung der Wirksamkeitskontrolle von abgeleiteten Maßnahmen bedarf noch weiterer Vorgehensoptimierung und konnte mit dieser Pilotstudie nicht abschließend geklärt werden. Ansätze aus der Lehrkräftebetreuung anderer Bundesländer werden weiterhin in Bezug gesetzt [5].

Referenzen

[1]
GUV-I 8760, Beurteilung von Gefährdungen und Belastungen an
Lehrerarbeitsplätzen. GUV-Informationen. München: Bundesverband der
Unfallkassen; 2001.
[2] Seibt R, Scheuch K. Handlungsanleitungen zur Durchführung einer individuellen
Vorsorgediagnostik für Lehrkräfte. Das Dresdner Modell. Dresden: Selbstverlag
der Technischen Universität Dresden; 2007.
[3]
DIN EN ISO 10075-1, Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer
Arbeitsbelastung - Teil 1: Allgemeine Aspekte und Konzepte und Begriffe. Genf:
International Organization for Standardization; 2017.
[4]
Mühlpfordt S, Scheuch K. Evaluation eines Konzepts zur Gefährdungsbeurteilung
psychischer Belastung in Schulen. Projektbericht. Dresden: Technische
Universität Dresden; 2016.
[5]
Becker J, Dassow J, Gössler F, Digitale Gefährdungsbeurteilungen an Schulen. In
Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung im Lehrberuf – multiprofessionelle
Perspektiven, Mühlpfordt S, Prodehl G: 146-154; 2022.
Frau Susann Mühlpfordt
ZAGS-Zentrum für Arbeit und Gesundheit Sachsen GmbH, Dresden
3

Einleitung

Internationale Meta-Analysen zeigen, dass Lehrkräfte häufig Gewalt im Schulalltag erleben. Die Prävalenzen schwanken zwischen den einzelnen Studien stark und liegen im Mittel bei 44% (Reddy et al., 2023). Studien zur Prävalenz in Deutschland liegen schon einige Jahre zurück und kommen zu sehr unterschiedlichen Befunden. Bauer et al. (2007) berichten von einer Prävalenz von 43% bezüglicher verbaler Beleidigungen durch Schüler:innen. Nach Greszik et al. (1995) berichten 10% von Beleidigungen. Ziel dieses Beitrags ist es, aktuelle Prävalenzen zu berichten sowie Zusammenhänge mit Beanspruchungsfolgen zu untersuchen.

Methoden

An der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nahmen 1667 Lehrkräfte an 73 Schulen teil (02/2022 – 08/2023). Gewalterfahrungen wurden dichotom (ja/nein) erfragt. Neben einer übergeordneten Frage („Erfahren Sie bei Ihrer Arbeit eine Form von Gewalt?“) wurden vier Formen von Gewalt (psychische, körperliche, sexualisierte Gewalt und Gewalt über das Internet) sowie die verursachende(n) Person(en) erfragt (Mehrfachantwort möglich; Vorgesetzte, Kolleg:innen, Schüler:innen, Erziehungsberechtigte, Andere). Als Beanspruchungsfolgen wurden Wohlbefinden (WB; WHO-5), Kognitive Irritation (KI; Irritationsskala) und Emotionale Erschöpfung (EE; Kurzform MBI-D) erfasst.

Ergebnisse

Von 1646 Lehrkräften bejahten 260 (15,8%) bei Ihrer Arbeit von Gewalt betroffen gewesen zu sein. Am häufigsten gaben Lehrkräfte an psychische Gewalt erlebt zu haben (14,6%). Gewalt über das Internet (2,3%), körperliche (1,8%) und sexualisierte Gewalt (1,6%) gaben vereinzelte Lehrkräfte an. Die erlebte psychische Gewalt geht allen voran von Schüler:innen (11,3%) und Erziehungsberechtigen (9,4%) aus. Hinsichtlich der Beanspruchungsfolgen unterscheiden sich Lehrkräfte mit und ohne Gewalterfahrung signifikant voneinander: EE: t(1605)=10,48; p<.001, d=0,72. KI: t(384)=7,59; p<.001, d=0,52. WB: t(1578)=6,88; p<.001, d=0,48. Lehrkräfte mit Gewalterfahrung weisen jeweils ungünstigere Beanspruchungsfolgen auf.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Analysen in dieser Untersuchung zeigen, dass die Prävalenz von Gewalterfahrungen im Vergleich zu den meisten nationalen und internationalen Studien geringer ausfällt. Gleichwohl erlebt ein relevanter Teil der Lehrkräfte vor allem psychische Gewalt in der Schule und diese Lehrkräfte weisen signifikant höhere Beanspruchungsfolgen auf. Unterstützungsangebote sollten sowohl präventive Ansätze beinhalten, als auch konkrete Hilfestellungen liefern für Lehrkräfte, die von Gewalt betroffen sind.

Referenzen

[1] Reddy LA, Martinez A, Perry AH, McMahon SD, Espelage DL, Anderman EM et al. Violence directed against teachers during the COVID-19 pandemic: A social-ecological analysis of safety and well-being. 2003. School Psychology (Washington, D.C.).
[2] Bauer J, Unterbrink T, Hack A, Pfeifer R, Buhl-Griesshaber V, Müller U et al. Working conditions, adverse events and mental health problems in a sample of 949 German teachers. 2007. International Archives of Occupational and Environmental Health, 80(5), 442–449.
[3] Greszik B, Hering F, Euler HA. Gewalt in den Schulen. Ergebnisse einer Befragung in Kassel. 1995. Zeitschrift Für Pädagogik, 41(2), 265–284.
Herr Dr. Jan Becker
Institut für Lehrergesundheit, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
4
Beschäftigte in Gesundheits- und Sozialberufen sind häufig von Gewalt am Arbeitsplatz betroffen. Kehren Betroffene nach einem Gewalterlebnis an ihren Arbeitsplatz zurück, sollte die Rückkehr professionell begleitet werden. Erkenntnisse darüber, wie der Wiedereinstieg professionell vom Betrieb begleitet werden kann, fehlen jedoch. Zum einen sollen förderliche und hinderliche Faktoren für die Rückkehr an den Arbeitsplatz identifiziert werden, zum anderen sollen betriebliche Unterstützungsangebote und Maßnahmen im Rückkehrprozess für gewaltbetroffene Beschäftigte in Gesundheits- und Sozialberufen ermittelt werden.

Die Suchstrategie umfasste eine systematische Recherche in vier elektronischen Datenbanken (MEDLINE, PsycINFO, PSYNDEX, CINAHL), Google Scholar sowie in Referenzlisten für den Zeitraum von Januar 2000 bis August 2022. Von 115 identifizierten Volltexten wurden acht Studien in die thematische Analyse eingeschlossen, sechs mit einem qualitativen Design und zwei mit einem Mixed-Methods-Design. Es wurden keine Studien zu strukturellen betrieblichen Unterstützungsangeboten oder Rückkehrprogramme für Betroffene von Gewalt im Gesundheits- und Sozialwesen gefunden.

Förderliche Faktoren sind soziale Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte oder Familienangehörige, Veränderungen der Arbeitsumgebung und -organisation zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit sowie individuelle Bewältigungsstrategien zur Wiedererlangung des Sicherheitsgefühls und der Kontrolle über die Situation. Zu den hinderlichen Faktoren zählen destruktive soziale Beziehungen im Team wie mangelndes Vertrauen, Verständnis oder Stigmatisierung. Darüber hinaus erschweren ein als unsicher empfundenes Arbeitsumfeld (z.B. fehlende Sicherheitsvorkehrungen, Personalmangel), Defizite im Unterstützungsangebot, Desorganisation der Pflege durch veränderte Arbeitsbedingungen (z.B. neuer Einsatzort oder Tätigkeiten) den Wiedereinstieg. Hinzu kommen individuelle Faktoren wie Zweifel an der eigenen Professionalität sowie konkurrierende Faktoren wie Care-Arbeit.

Diese Ergebnisse unterstreichen, dass die Rückkehr an den Arbeitsplatz von Beschäftigten nach Gewalterlebnissen weitgehend unerforscht ist. Angesichts der hohen Prävalenz in diesen Branchen, des hohen Leidensdrucks und der vergleichsweise langen Arbeitsunfähigkeitszeiten besteht dringender Handlungsbedarf, die Rückkehr von Betroffenen an den Arbeitsplatz nach erlebten Gewaltereignissen bei der Arbeit intensiver zu erforschen und an den Bedürfnissen der Betroffenen und der Organisation auszurichten.
Frau Agnessa Kozak PhD
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg
5
Einleitung: Die Beschäftigung in der Theaterbranche ist mit einer Vielzahl spezifischer und charakteristischer Belastungen verbunden [1][2][3]. Bisher fehlen Analysen ganzer Institutionen, die Aussagen zur gesundheitlichen Situation in verschiedenen Tätigkeitsbereichen [4]. Diese sind für die Entwicklung von Mitarbeiter*innen-zentrierten Präventionskonzepte wichtig. Ziel dieser Studie war daher die Analyse und Evaluation arbeitsbezogener psychischer und physischer Belastungen am Beispiel eines ganzen 3-Spartentheaters in Mitteldeutschland.
Methoden: Quantitative Querschnittsstudie mit qualitativen Inhalten. Die Daten wurden mittels eines Online-Fragebogens über SoSci Survey erhoben. Der Fragebogen enthielt Items aus dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) [5], dem Short Form 36 (SF-36) [6] und dem Nordic Questionnaire [7]. Die Einbeziehung dieser Items ermöglichte eine umfassende Analyse der psychophysischen Belastungen, resultierender Muskel-Skelett-Probleme und der allgemeinen Lebensqualität von Theatermitarbeitenden (TM). Es wurde in die drei Tätigkeitsbereiche „Administration“ (A), „künstlerisch Beschäftigte“ (KB) und „Bühnendienste“ (BD, unterschieden. Die Auswertung erfolgt mit SPSS, Version 29.0.0.0 (241). Das Signifikanzniveau wurde auf 5% festgelegt.
Ergebnisse: Die Rücklaufquote betrug 57% (n= 219) . Die Gesamtzufriedenheit mit dem Arbeitsplatz wurde von 50,7% der TM mit „gut“ (zufrieden) und 34,2% mit „durchschnittlich“ (teils-teils) beurteilt. Die Bindung an den Arbeitsplatz war bei 45,8% der TM „stark“ und das Gemeinschaftsgefühl bei dem überwiegenden Anteil der TM (76,8 %) „hoch“. Weiterhin wurden die Möglichkeiten zur persönlichen Weiterbildung bei 69,7% der TM als „hoch“ eingestuft und bei 50,4% von einem hohen Maß an Rollenklarheit berichtet. Unterschiede zwischen den einzelnen Tätigkeitsbereichen fanden sich insbesondere in Bezug auf den Aspekt „Rollenklarheit“ (A: „hoch“: 34,7%; KB „hoch“: 54,4%; BD: „hoch“: 51,6%) (p=0,045). Überwiegend negativ wurden die Aspekte „Burn-Out-Symptome“, von 46,8% der TM als „hoch“ eingeschätzt, „Präsentismus“, von 25,8% der TM als „hoch“ angegeben, und „Ungerechte Behandlung“, 54,8% der TM als „hoch“, bewertet. Ebenso stuften 36,8% der TM die „Unsicherheit am Arbeitsplatz“ als „hoch“ ein. Dabei waren diese Unterschiede zw. A und KB (p= 0,005) sowie zw. BD und KB (p=0,017) signifikant.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit maßgeschneiderter Interventionen und Unterstützungssysteme für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche.

Referenzen

[1]: Ostwald PF, Baron BC, Byl NM, Wilson FR.
Performing arts medicine. West J Med. 1994 Jan;160(1):48-52. PMID: 8128702;
PMCID: PMC1022254. [2]: Rietveld AB. Dancers' and musicians' injuries.
Clin Rheumatol. 2013 Apr;32(4):425-34. DOI: 10.1007/s10067-013-2184-8. Epub
2013 Apr 10. PMID: 23572035. [3]: Evans RW, Evans RI, Carvajal S. Survey of
injuries among West End performers. Occup Environ Med. 1998 Sep;55(9):585-93.
DOI: 10.1136/oem.55.9.585.PMID: 9861179; PMCID: PMC1757638. [4]: Kapsetaki ME, Easmon C. Eating Disorders in Non-Dance
Performing Artists: A Systematic Literature Review. Med Probl Perform Art. 2017
Dec;32(4):227-234. DOI: 10.21091/mppa.2017.4039.PMID: 29231957. [5]:
Nübling, M et al. Methoden zur Erfassung psychischer Belastungen- Erprobung
eines Messinstrumentes (COPSOQ). Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin (2005) [6]: Bullinger, M. Erfassung der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität mit dem SF-36-Health Survey. Bundesgesundheitsblatt-
Gesundheitsforschung- Gesundheitsschutz 43, 190-197 (2000) [7]: Kreis, L et al. Verwendung des Nordischen Fragebogens zu
Muskel-Skelett-Beschwerden. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,
Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (2021)
Frau Prof. Dr. Dr. med. Eileen M. Wanke
Goethe Universität, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Frankfurt am Main., Frankfurt/M
Frau Johanna Künhaupt
Goethe Universität Frankfurt, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Frankfurt/M
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Psychische Belastung und Beanspruchung
Beiträge:
1

Einleitung

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) verfolgt das Ziel, gesundheitsschützende und -förderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen und damit die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten und zu stärken. Wochenendpendelnde sind durch lange Fahrtzeiten und die räumliche Trennung von Wohn- und Arbeitsort erhöhten Belastungen ausgesetzt, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen können [1]. Daher soll untersucht werden, ob sich Unterschiede in der Gesundheit und der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zwischen Wochenendpendelnden und Nichtpendelnden zeigen.

Methoden

Für die Analyse liegen die Daten von 596 Beschäftigten vor, die an sieben Dienststellen im Geschäftsbereich des BMVg in den Jahren 2022 bis 2023 befragt wurden. Wochenendpendelnde haben eine zweite Unterkunft an ihrem Arbeitsort und pendeln von diesem einmal pro Woche zu ihrer Hauptwohnung. Es werden verschiedene Gesundheitsindikatoren, Work-Privacy-Konflikte sowie Entgrenzung von Arbeit und Privatleben (u. a. COPSOQ-Skalen, PHQ-4) betrachtet. Die Überprüfung der Unterschiede wird mittels Mann-Whitney-U-Test durchgeführt.

Ergebnisse

Von den befragten Beschäftigten sind 15,6 % Wochenendpendelnde. Fast 80 % der Wochenendpendelnden geben an, dass ihr Gesundheitszustand im Allgemeinen zufriedenstellend, gut oder sehr gut ist. Die meisten Wochenendpendelnden erleben Work-Privacy-Konflikte sowie die Entgrenzung von Arbeit und Privatleben teilweise, in geringem oder sehr geringem Maß. Im Vergleich zu den Nichtpendelnden berichten Wochenendpendelnde einen etwas schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand (p = 0,026) und erleben in höherem Maß Work-Privacy-Konflikte (p = 0,000) sowie Entgrenzung von Arbeit und Privatleben (p = 0,001). Bei psychischen und körperlichen Beschwerden lassen sich keine Unterschiede zwischen Wochenendpendelnden und Nichtpendelnden feststellen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Wochenendpendelnde stellen eine Zielgruppe im BGM dar, die verstärkt in den Blick genommen werden sollte. Maßnahmen sollten vor allem darauf ausgerichtet sein, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu verbessern. Das orts- und zeitflexible Arbeiten bietet vielfältige Möglichkeiten, die Arbeitsgestaltung an die Bedürfnisse der Wochenendpendelnden anzupassen.

Referenzen

[1] Ducki A, Nguyen HT. 2016. Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Mobilität. Forschung Projekt F 2353. baua: Bericht. Dortmund/Berlin/Dresden.
Frau Mareike Schlote
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
2

Einleitung

Das Zentrum für Arbeit und Gesundheit Sachsen koordiniert im Auftrag des Landesamtes für Schule und Bildung die arbeitsmedizinische Betreuung der öffentlichen Schulen in Sachsen. Dazu gehört auch die Gefährdungsbeurteilung (GB) im Bereich psychische Belastung. Um die Betreuungsquote weiterhin auf einem hohen Niveau zu halten, wird in einer Machbarkeitsstudie die Durchführung der GB im Online-Format geprüft. Im Fokus stehen die Bereitschaft und Akzeptanz durch die Schulleitungen, einschränkende und begünstigende Faktoren im Vergleich zur Präsenzvariante an den Schulen, schulartspezifische Besonderheiten sowie zeitliche Aspekte und eine Differenzierung zwischen städtischem und ländlichem Raum.

Methoden

Für die GB an Schulen in Sachsen wird eine Checkliste genutzt, die auf der GUV-I 8760 (2001) [1] beruht und bereits im Projekt „Lange Lehren“ erprobt wurde [2]. Die Checkliste umfasst 43 Items, ist den orientierenden Verfahren gemäß DIN ISO 10075 [3] zuzuordnen und wurde in Kooperation mit der Unfallkasse Sachsen evaluiert [4]. Die Stichprobe umfasst 50 Schulen aller Schularten (Grund-, Ober-, Förder-, Berufsschulen, Gymnasien). Die Evaluationsfragen (u.a. Akzeptanz, Verständlichkeit) wurden als Likert-Skalen und tlw. offen formuliert und betreffen Bewertungen der Schulleitung sowie der Durchführenden.

Ergebnisse

Die technische Ausstattung an den für die Studie zufällig ausgewählten Schulen erlaubte die problemlose Durchführung der GB im Online-Format. Es zeigten sich nur selten und nur geringfügige technische Störungen sowie eine hohe Akzeptanz durch die Schulleitungen. Hervorgehoben wurde der positive zeitökonomische Aspekt sowohl für die Durchführung als auch für die Erreichbarkeit von Schulen im weniger günstig angebundenen ländlichen Raum. Wichtig ist, dass die Schulen bereits Erfahrungen mit der GB in Präsenz hatten und im zeitlichen Turnus liegen (in Sachsen jährlich bzw. für Grundschulen 2jährlich), um an bereits vorliegende Protokolle anknüpfen zu können.

Schlussfolgerung / Diskussion

Das beschriebene Vorgehen wird insgesamt als sehr positiv bewertet und steht zur Diskussion in die Regelbetreuung der Schulen in Sachsen überführt zu werden. Wichtig ist auch, dass die GB weiterhin im Wechsel zum Begehungsinterview vor Ort stattfindet, um die Wahrnehmung des arbeitsmedizinischen bzw. arbeitspsychologischen Personals mit einfließen lassen und unmittelbar darauf Bezug nehmen zu können. Eine Verbesserung der Wirksamkeitskontrolle von abgeleiteten Maßnahmen bedarf noch weiterer Vorgehensoptimierung und konnte mit dieser Pilotstudie nicht abschließend geklärt werden. Ansätze aus der Lehrkräftebetreuung anderer Bundesländer werden weiterhin in Bezug gesetzt [5].

Referenzen

[1]
GUV-I 8760, Beurteilung von Gefährdungen und Belastungen an
Lehrerarbeitsplätzen. GUV-Informationen. München: Bundesverband der
Unfallkassen; 2001.
[2] Seibt R, Scheuch K. Handlungsanleitungen zur Durchführung einer individuellen
Vorsorgediagnostik für Lehrkräfte. Das Dresdner Modell. Dresden: Selbstverlag
der Technischen Universität Dresden; 2007.
[3]
DIN EN ISO 10075-1, Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer
Arbeitsbelastung - Teil 1: Allgemeine Aspekte und Konzepte und Begriffe. Genf:
International Organization for Standardization; 2017.
[4]
Mühlpfordt S, Scheuch K. Evaluation eines Konzepts zur Gefährdungsbeurteilung
psychischer Belastung in Schulen. Projektbericht. Dresden: Technische
Universität Dresden; 2016.
[5]
Becker J, Dassow J, Gössler F, Digitale Gefährdungsbeurteilungen an Schulen. In
Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung im Lehrberuf – multiprofessionelle
Perspektiven, Mühlpfordt S, Prodehl G: 146-154; 2022.
Frau Susann Mühlpfordt
ZAGS-Zentrum für Arbeit und Gesundheit Sachsen GmbH, Dresden
3

Einleitung

Internationale Meta-Analysen zeigen, dass Lehrkräfte häufig Gewalt im Schulalltag erleben. Die Prävalenzen schwanken zwischen den einzelnen Studien stark und liegen im Mittel bei 44% (Reddy et al., 2023). Studien zur Prävalenz in Deutschland liegen schon einige Jahre zurück und kommen zu sehr unterschiedlichen Befunden. Bauer et al. (2007) berichten von einer Prävalenz von 43% bezüglicher verbaler Beleidigungen durch Schüler:innen. Nach Greszik et al. (1995) berichten 10% von Beleidigungen. Ziel dieses Beitrags ist es, aktuelle Prävalenzen zu berichten sowie Zusammenhänge mit Beanspruchungsfolgen zu untersuchen.

Methoden

An der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nahmen 1667 Lehrkräfte an 73 Schulen teil (02/2022 – 08/2023). Gewalterfahrungen wurden dichotom (ja/nein) erfragt. Neben einer übergeordneten Frage („Erfahren Sie bei Ihrer Arbeit eine Form von Gewalt?“) wurden vier Formen von Gewalt (psychische, körperliche, sexualisierte Gewalt und Gewalt über das Internet) sowie die verursachende(n) Person(en) erfragt (Mehrfachantwort möglich; Vorgesetzte, Kolleg:innen, Schüler:innen, Erziehungsberechtigte, Andere). Als Beanspruchungsfolgen wurden Wohlbefinden (WB; WHO-5), Kognitive Irritation (KI; Irritationsskala) und Emotionale Erschöpfung (EE; Kurzform MBI-D) erfasst.

Ergebnisse

Von 1646 Lehrkräften bejahten 260 (15,8%) bei Ihrer Arbeit von Gewalt betroffen gewesen zu sein. Am häufigsten gaben Lehrkräfte an psychische Gewalt erlebt zu haben (14,6%). Gewalt über das Internet (2,3%), körperliche (1,8%) und sexualisierte Gewalt (1,6%) gaben vereinzelte Lehrkräfte an. Die erlebte psychische Gewalt geht allen voran von Schüler:innen (11,3%) und Erziehungsberechtigen (9,4%) aus. Hinsichtlich der Beanspruchungsfolgen unterscheiden sich Lehrkräfte mit und ohne Gewalterfahrung signifikant voneinander: EE: t(1605)=10,48; p<.001, d=0,72. KI: t(384)=7,59; p<.001, d=0,52. WB: t(1578)=6,88; p<.001, d=0,48. Lehrkräfte mit Gewalterfahrung weisen jeweils ungünstigere Beanspruchungsfolgen auf.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Analysen in dieser Untersuchung zeigen, dass die Prävalenz von Gewalterfahrungen im Vergleich zu den meisten nationalen und internationalen Studien geringer ausfällt. Gleichwohl erlebt ein relevanter Teil der Lehrkräfte vor allem psychische Gewalt in der Schule und diese Lehrkräfte weisen signifikant höhere Beanspruchungsfolgen auf. Unterstützungsangebote sollten sowohl präventive Ansätze beinhalten, als auch konkrete Hilfestellungen liefern für Lehrkräfte, die von Gewalt betroffen sind.

Referenzen

[1] Reddy LA, Martinez A, Perry AH, McMahon SD, Espelage DL, Anderman EM et al. Violence directed against teachers during the COVID-19 pandemic: A social-ecological analysis of safety and well-being. 2003. School Psychology (Washington, D.C.).
[2] Bauer J, Unterbrink T, Hack A, Pfeifer R, Buhl-Griesshaber V, Müller U et al. Working conditions, adverse events and mental health problems in a sample of 949 German teachers. 2007. International Archives of Occupational and Environmental Health, 80(5), 442–449.
[3] Greszik B, Hering F, Euler HA. Gewalt in den Schulen. Ergebnisse einer Befragung in Kassel. 1995. Zeitschrift Für Pädagogik, 41(2), 265–284.
Herr Dr. Jan Becker
Institut für Lehrergesundheit, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
4
Beschäftigte in Gesundheits- und Sozialberufen sind häufig von Gewalt am Arbeitsplatz betroffen. Kehren Betroffene nach einem Gewalterlebnis an ihren Arbeitsplatz zurück, sollte die Rückkehr professionell begleitet werden. Erkenntnisse darüber, wie der Wiedereinstieg professionell vom Betrieb begleitet werden kann, fehlen jedoch. Zum einen sollen förderliche und hinderliche Faktoren für die Rückkehr an den Arbeitsplatz identifiziert werden, zum anderen sollen betriebliche Unterstützungsangebote und Maßnahmen im Rückkehrprozess für gewaltbetroffene Beschäftigte in Gesundheits- und Sozialberufen ermittelt werden.

Die Suchstrategie umfasste eine systematische Recherche in vier elektronischen Datenbanken (MEDLINE, PsycINFO, PSYNDEX, CINAHL), Google Scholar sowie in Referenzlisten für den Zeitraum von Januar 2000 bis August 2022. Von 115 identifizierten Volltexten wurden acht Studien in die thematische Analyse eingeschlossen, sechs mit einem qualitativen Design und zwei mit einem Mixed-Methods-Design. Es wurden keine Studien zu strukturellen betrieblichen Unterstützungsangeboten oder Rückkehrprogramme für Betroffene von Gewalt im Gesundheits- und Sozialwesen gefunden.

Förderliche Faktoren sind soziale Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte oder Familienangehörige, Veränderungen der Arbeitsumgebung und -organisation zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit sowie individuelle Bewältigungsstrategien zur Wiedererlangung des Sicherheitsgefühls und der Kontrolle über die Situation. Zu den hinderlichen Faktoren zählen destruktive soziale Beziehungen im Team wie mangelndes Vertrauen, Verständnis oder Stigmatisierung. Darüber hinaus erschweren ein als unsicher empfundenes Arbeitsumfeld (z.B. fehlende Sicherheitsvorkehrungen, Personalmangel), Defizite im Unterstützungsangebot, Desorganisation der Pflege durch veränderte Arbeitsbedingungen (z.B. neuer Einsatzort oder Tätigkeiten) den Wiedereinstieg. Hinzu kommen individuelle Faktoren wie Zweifel an der eigenen Professionalität sowie konkurrierende Faktoren wie Care-Arbeit.

Diese Ergebnisse unterstreichen, dass die Rückkehr an den Arbeitsplatz von Beschäftigten nach Gewalterlebnissen weitgehend unerforscht ist. Angesichts der hohen Prävalenz in diesen Branchen, des hohen Leidensdrucks und der vergleichsweise langen Arbeitsunfähigkeitszeiten besteht dringender Handlungsbedarf, die Rückkehr von Betroffenen an den Arbeitsplatz nach erlebten Gewaltereignissen bei der Arbeit intensiver zu erforschen und an den Bedürfnissen der Betroffenen und der Organisation auszurichten.
Frau Agnessa Kozak PhD
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg
5
Einleitung: Die Beschäftigung in der Theaterbranche ist mit einer Vielzahl spezifischer und charakteristischer Belastungen verbunden [1][2][3]. Bisher fehlen Analysen ganzer Institutionen, die Aussagen zur gesundheitlichen Situation in verschiedenen Tätigkeitsbereichen [4]. Diese sind für die Entwicklung von Mitarbeiter*innen-zentrierten Präventionskonzepte wichtig. Ziel dieser Studie war daher die Analyse und Evaluation arbeitsbezogener psychischer und physischer Belastungen am Beispiel eines ganzen 3-Spartentheaters in Mitteldeutschland.
Methoden: Quantitative Querschnittsstudie mit qualitativen Inhalten. Die Daten wurden mittels eines Online-Fragebogens über SoSci Survey erhoben. Der Fragebogen enthielt Items aus dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) [5], dem Short Form 36 (SF-36) [6] und dem Nordic Questionnaire [7]. Die Einbeziehung dieser Items ermöglichte eine umfassende Analyse der psychophysischen Belastungen, resultierender Muskel-Skelett-Probleme und der allgemeinen Lebensqualität von Theatermitarbeitenden (TM). Es wurde in die drei Tätigkeitsbereiche „Administration“ (A), „künstlerisch Beschäftigte“ (KB) und „Bühnendienste“ (BD, unterschieden. Die Auswertung erfolgt mit SPSS, Version 29.0.0.0 (241). Das Signifikanzniveau wurde auf 5% festgelegt.
Ergebnisse: Die Rücklaufquote betrug 57% (n= 219) . Die Gesamtzufriedenheit mit dem Arbeitsplatz wurde von 50,7% der TM mit „gut“ (zufrieden) und 34,2% mit „durchschnittlich“ (teils-teils) beurteilt. Die Bindung an den Arbeitsplatz war bei 45,8% der TM „stark“ und das Gemeinschaftsgefühl bei dem überwiegenden Anteil der TM (76,8 %) „hoch“. Weiterhin wurden die Möglichkeiten zur persönlichen Weiterbildung bei 69,7% der TM als „hoch“ eingestuft und bei 50,4% von einem hohen Maß an Rollenklarheit berichtet. Unterschiede zwischen den einzelnen Tätigkeitsbereichen fanden sich insbesondere in Bezug auf den Aspekt „Rollenklarheit“ (A: „hoch“: 34,7%; KB „hoch“: 54,4%; BD: „hoch“: 51,6%) (p=0,045). Überwiegend negativ wurden die Aspekte „Burn-Out-Symptome“, von 46,8% der TM als „hoch“ eingeschätzt, „Präsentismus“, von 25,8% der TM als „hoch“ angegeben, und „Ungerechte Behandlung“, 54,8% der TM als „hoch“, bewertet. Ebenso stuften 36,8% der TM die „Unsicherheit am Arbeitsplatz“ als „hoch“ ein. Dabei waren diese Unterschiede zw. A und KB (p= 0,005) sowie zw. BD und KB (p=0,017) signifikant.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit maßgeschneiderter Interventionen und Unterstützungssysteme für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche.

Referenzen

[1]: Ostwald PF, Baron BC, Byl NM, Wilson FR.
Performing arts medicine. West J Med. 1994 Jan;160(1):48-52. PMID: 8128702;
PMCID: PMC1022254. [2]: Rietveld AB. Dancers' and musicians' injuries.
Clin Rheumatol. 2013 Apr;32(4):425-34. DOI: 10.1007/s10067-013-2184-8. Epub
2013 Apr 10. PMID: 23572035. [3]: Evans RW, Evans RI, Carvajal S. Survey of
injuries among West End performers. Occup Environ Med. 1998 Sep;55(9):585-93.
DOI: 10.1136/oem.55.9.585.PMID: 9861179; PMCID: PMC1757638. [4]: Kapsetaki ME, Easmon C. Eating Disorders in Non-Dance
Performing Artists: A Systematic Literature Review. Med Probl Perform Art. 2017
Dec;32(4):227-234. DOI: 10.21091/mppa.2017.4039.PMID: 29231957. [5]:
Nübling, M et al. Methoden zur Erfassung psychischer Belastungen- Erprobung
eines Messinstrumentes (COPSOQ). Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin (2005) [6]: Bullinger, M. Erfassung der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität mit dem SF-36-Health Survey. Bundesgesundheitsblatt-
Gesundheitsforschung- Gesundheitsschutz 43, 190-197 (2000) [7]: Kreis, L et al. Verwendung des Nordischen Fragebogens zu
Muskel-Skelett-Beschwerden. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,
Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (2021)
Frau Prof. Dr. Dr. med. Eileen M. Wanke
Goethe Universität, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Frankfurt am Main., Frankfurt/M
Frau Johanna Künhaupt
Goethe Universität Frankfurt, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Frankfurt/M
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Stressoren und Ressourcen
Beiträge:
1
Einleitung: Das psychosoziale Sicherheitsklima (PSC) erfasst die Wahrnehmung der Beschäftigten hinsichtlich des betrieblichen Umgangs mit ihrem psychischen Wohlbefinden. Daraus können Stressoren und Ressourcen am Arbeitsplatz abgeleitet werden. Diese Studie untersucht den Einfluss von Befragungsreihenfolge (Halo Effekt) und Führungspositionen auf die PSC-Angaben zur Testung der Robustheit des Verfahrens.
Methoden: Wir befragten Führungskräfte in einer deutschen Kommunalverwaltung mithilfe eines Online-Fragebogens (PSC-12). Die Teilnehmenden wurden nach ihrem Wissen und der Bedeutung verschiedener organisatorischer Maßnahmen zur psychosozialen Gesundheitsprävention befragt. Mittels Randomisierung beantwortete eine Hälfte der Teilnehmenden den PSC-Fragebogen vor der Abfrage der organisatorischen Maßnahmen, die andere Hälfte im Anschluss.
Ergebnisse: Etwa ein Viertel der Führungskräfte nahm an der Studie teil, und 186 der 209 Teilnehmenden stellten vollständige Daten für die Analyse zur Verfügung. Die Reihenfolge der Befragung und die Führungshierarchie hatten keinen signifikanten Einfluss auf die PSC-Bewertungen. Es gab keine signifikanten Unterschiede in den PSC-Bewertungen vor (Mittelwert = 35,6, SD = 6,89) und nach (Mittelwert = 33,5, SD = 7,95) der Maßnahmenabfrage. Die PSC-Bewertung der unteren Führungsebene (Mittelwert = 34,6, SD = 7,48) und oberen Führungsebene (Mittelwert = 34,0, SD = 7,78) waren vergleichbar. Die vier PSC-Subskalen wiesen ebenfalls keine signifikanten Unterschiede auf. Der Gesamtsummenwert des PSCs betrug 34,5.
Diskussion/Schlussfolgerung: Die PSC-12-Messung scheint robust gegenüber Reihenfolgeeffekten und Befragten zu sein. Wie bei früheren Untersuchungen hat die Führungsebene keinen signifikanten Einfluss auf die PSC-Werte. Verglichen mit australischen Richtwerten könnte der untersuchte Arbeitsplatz ein hohes Risiko für die psychische Gesundheit der Beschäftigten darstellen. Zukünftige Forschung sollte die Übertragbarkeit dieses Maßstabs auf andere Kulturen und Länder überprüfen.
Frau Lisa Auweiler
Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
2
Hintergrund
Die Schifffahrt gilt als psychomental anspruchsvolles Arbeitsfeld, das sich erheblich auf das Wohlbefinden und die Gesundheit von Seeleuten auswirken kann. In der Fachliteratur wurden bis dato viele positive Aspekte einer verbesserten Resilienz von Mitarbeitern beschrieben. Die vorliegende systematische Übersichtsarbeit soll die bestehende Literatur zur Resilienz von Seeleuten analysieren, wobei der Fokus auf den angewendeten Messmethoden liegt. Darüber hinaus werden die Unterschiede der Definition von Resilienz in verschiedenen Studien und Kontexten untersucht.

Methoden
Unter Verwendung eines Resilienz-spezifischen Suchstrings wurden 99 Studien identifiziert, die zwischen 2003 und 2023 veröffentlicht wurden. Zehn dieser Studien gingen in die abschließende Analyse ein.

Ergebnisse
Die identifizierten Messmethoden umfassten fünf verschiedene Fragebögen, wobei der Dispositional Resilience Scale-15 (DRS-15) am häufigsten zur Anwendung kam. Von den ausgewählten Studien hatten zwei eine längsschnittliche Nachverfolgung, während acht querschnittliche Studien waren. Vier Studien bezogen sich auf Tanker, vier auf Kriegsschiffe, und in zwei Studien wurde der Schiffstyp nicht spezifiziert. Die Anzahl der Veröffentlichungen nahm im Untersuchungszeitraum deutlich zu: 2003 bis 2013 (zwei Arbeiten) und 2013 bis 2023 (acht Arbeiten).
Die identifizierten Themen umfassten Stressoren an Bord, Schlafprobleme, Berufsgruppen, Kriegserfahrungen und Interventionen; dies verdeutlicht die multidimensionale Natur der Resilienz im maritimen Bereich.
Neun Studien lieferten Definitionen von Resilienz, die in drei unterschiedliche Gruppen kategorisiert wurden: 1. Resilienz als psychologische Fähigkeit/Merkmal/Anpassungsfähigkeit; 2. Widerstandsfähigkeit als Aspekt der Resilienz; 3. Resilienz und verwandte Konzepte.

Schlussfolgerungen
Die vorliegende systematische Übersichtsarbeit zeigt, dass das Thema Resilienz bei Seeleuten bisher nur unzureichend erforscht wurde. Trotz eines gestiegenen Interesses in den letzten Jahren hatten sich nur wenige maritime Studien dieser Fragestellung gewidmet. Es wird die Notwendigkeit eines einheitlichen Verständnisses und einer klaren Definition von Resilienz deutlich, um vergleichbare und konsistente Forschungsergebnisse zu ermöglichen. In zukünftigen maritimen Forschungsansätzen sollte untersucht werden, inwiefern Resilienz durch gezielte Interventionen und Unterstützungssysteme an Bord gefördert werden kann.

Frau Wiebke Janssen
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
3
Der Klimawandel löst bei vielen Menschen unterschiedliche Emotionen und Haltungen wie Hilflosigkeit, Trauer, Wut, Schuldgefühle, Aggressionen, Frustration und Angst aus. "Eco-Anxiety" (Klima-Angst) ist ein neues psychisches Phänomen, resultierend aus der aktuellen Bedrohung durch den Klimawandel und seinen Folgen und steht im Zusammenhang mit solchen Emotionen. Das gesteigerte Bewusstsein und die vermehrte Berichterstattung über den Klimawandel setzen insbesondere jungen Menschen zu.

189 Studierende (56% Frauen, 44% Männer) wurden zum Klimawandel und daraus resultierenden Ängsten befragt. Die Datenerhebung erfolgte über die Plattform SoSci Survey mithilfe des Fragebogens 'Eco Anxiety – die Angst vor dem Klimawandel'.

71% der Studierenden gaben an, 'besorgt aufgrund des Klimawandels' zu sein.
  • Als häufigsten Auslöser nannten 57% der Befragten 'Zukunftsängste'.

63% gaben 'Ängste vor langfristigen Folgen' an.
  • 47% fühlen sich durch diese Ängste mittelmäßig belastet, 18% stark belastet und 3,4 % sehr stark belastet.
  • Als häufigste Auslöser wurden 'sichtbare Auswirkungen der Natur' (26%), 'vermehrtes Recherchieren' (26%) und 'Klimawandel als Thema im Schulunterricht' (20 %) genannt.
68% gaben 'Ängste vor Naturkatastrophen' an.
  • 45% fühlen sich durch diese Ängste mittelmäßig belastet, 12% stark belastet und 3% sehr stark belastet.
  • Als Auslöser wurden Schlagworte wie 'Waldsterben', 'Medien', 'Dürre', 'Flutkatastrophe im Ahrtal', 'Geburt des Kindes', 'Extremwetterereignisse', 'Waldbrand' und 'Leidende Lebewesen' genannt.
Frauen und Männer sind gleichermaßen von klimawandelbezogenen Ängsten betroffen.
78% geben an, 'wütend aufgrund des Klimawandels' zu sein, hauptsächlich weil zu wenig getan wird.
Mit zunehmendem Konsum sozialer Medien, steigt die Belastung durch klimawandelbezogene Ängste.

Klimawandelbezogene Ängste sind unter Studierenden weit verbreitet und stellen einen bedeutsamen Stressor dar, der zu hohen psychischen Belastung führen kann. Das Ausmaß der Beschäftigung mit dem Thema Klimawandel korreliert mit dem Ausmaß der Ängste.
Frau Katharina Schöbel
Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen
4

Einleitung


Kinder brauchen aufgrund ihrer Vulnerabilität besonderen Schutz vor den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels, die bereits heute spürbar sind und zukünftig weiter zunehmen. Da ein großer Teil der Kinder in Deutschland tagsüber in nicht-elterlicher Betreuung ist, kommt dem pädagogischen Personal in Kindertagesstätten eine entscheidende Rolle beim Schutz der Kindergesundheit zu. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit ist das pädagogische Personal den gleichen Umweltbedingungen wie die Kinder ausgesetzt, weshalb der Gesundheitsschutz des Personals am Arbeitsplatz ebenso wichtig ist.

Methoden

Aus diesem Grund wurde eine quantitative Online-Befragung des pädagogischen Personals (n = 181) in Kindertagesstätten eines Trägers in München durchgeführt, in denen Kinder im Alter von neun Wochen bis zehn Jahren betreut werden. Es wurde untersucht, wie das pädagogische Personal das Risiko klimawandelbedingter Gesundheitsgefahren für die Gesundheit der Kinder und für die eigene Gesundheit am Arbeitsplatz heute und in den nächsten zehn Jahren wahrnimmt. Darüber hinaus wurde ermittelt, ob bzw. welche Maßnahmen zur (gesundheitlichen) Anpassung an den Klimawandel und zum langfristigen Klimaschutz in Form von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in den Kindertagesstätten umgesetzt werden. Die Ergebnisse wurden sowohl deskriptiv als mithilfe von multiplen linearen Regressionsanalysen statistisch ausgewertet.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass trotz der starken Wahrnehmung von klimawandelbedingten Gesundheitsrisiken für die Kinder und das pädagogische Personal die Umsetzung in entsprechende Schutz- und Anpassungsmaßnahmen in den meisten der befragten Kindertageseinrichtungen bislang unzureichend ist. Als entscheidender Faktor sowohl bei der Risikowahrnehmung als auch bei der Umsetzung von Adaptions- und Mitigationsmaßnahmen erwies sich der Informiertheit des pädagogischen Personals. Die wesentlichen Ergebnisse der Studie sollen in einem Poster dargestellt werden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Neben der verstärkten Umsetzung von strukturellen Anpassungsmaßnahmen in den Kindertageseinrichtungen sollten daher auch verstärkt zielgruppenspezifisches Wissen und konkrete Handlungsanweisungen in den Aus- und Weiterbildungscurricula des pädagogischen Personals vermittelt werden.
Frau Hannah Lehmann
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, LMU München, München
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), München
5

Einleitung

Soziale Kontakte am Arbeitsplatz stellen eine wichtige Ressource für das Wohlbefinden von Beschäftigten dar. Allerdings sind diese Kontakte zu einem gewissen Grad an die Arbeitsstelle gebunden. Wenn die Arbeitstätigkeit sich ändert oder endet, kann es zu Vereinsamung kommen, welche die psychische Gesundheit beeinträchtigen kann. Ein Lösungsansatz kann darin bestehen, sich der Funktion sozialer Kontakte am Arbeitsplatz bewusst zu sein, um sich beispielsweise auf den Übergang in den Ruhestand entsprechend vorzubereiten. ​​​

Methoden

Die Pandemie hat beispielhaft gezeigt, wie sich plötzliche Wegfall sozialer Kontakte im Privaten und am Arbeitsplatz auf Menschen auswirkt. In einer Vorstudie während der Pandemie wurden 203 Arbeitnehmende per Online-Erhebung befragt, inwieweit ihnen soziale Kontakte am Arbeitsplatz fehlen. Die Fragen bezogen sich auf berufliche und private Inhalte und bereiteten ein Projekt vor, bei dem soziale Kontakte aufgrund der Pensionierung wegfallen. Die Daten wurden deskriptiv ausgewertet.​​​​​

Ergebnisse

28,1 % der Befragten gaben an, dass ihnen die private, direkte Kommunikation mit Kolleg*innen und Vorgesetzten sehr fehlt. 20,1 % vermissten es, mit Kolleg*innen über Dinge zu sprechen, die sie glücklich machen, und 12,2 % vermissten es, mit Kolleg*innen über Dinge zu sprechen, die sie stressen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse der Vorstudie zeigen, dass unter den Bedingungen der Pandemie für private Interaktionen ein erheblicher Verlust an sozialen Kontakten am Arbeitsplatz zu spüren war, obwohl grundsätzlich weiterhin Kontakt zwischen Kolleg*innen bestand. Der Übergang in den Ruhestand ist vorhersehbarer als die Pandemie, bedeutet jedoch in manchen Fällen den dauerhaften Verlust bestimmter sozialer Kontakte. Um ein Bewusstsein für die Rolle sozialer Kontakte am Arbeitsplatz zu schaffen und Beschäftigte auf den Verlust dieser Ressource vorzubereiten, werden im Projekt KOMPASS Verfahren zur Sensibilisierung und Vorbeugung drohender Einsamkeit entwickelt. Mithilfe eines Befragungstools erfahren Beschäftigte, welche Funktionen die Arbeit für sie erfüllt und wie sie ihren Verlust im Ruhestand ausgleichen können.
Frau Amanda Voss
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Stressoren und Ressourcen
Beiträge:
1
Einleitung: Das psychosoziale Sicherheitsklima (PSC) erfasst die Wahrnehmung der Beschäftigten hinsichtlich des betrieblichen Umgangs mit ihrem psychischen Wohlbefinden. Daraus können Stressoren und Ressourcen am Arbeitsplatz abgeleitet werden. Diese Studie untersucht den Einfluss von Befragungsreihenfolge (Halo Effekt) und Führungspositionen auf die PSC-Angaben zur Testung der Robustheit des Verfahrens.
Methoden: Wir befragten Führungskräfte in einer deutschen Kommunalverwaltung mithilfe eines Online-Fragebogens (PSC-12). Die Teilnehmenden wurden nach ihrem Wissen und der Bedeutung verschiedener organisatorischer Maßnahmen zur psychosozialen Gesundheitsprävention befragt. Mittels Randomisierung beantwortete eine Hälfte der Teilnehmenden den PSC-Fragebogen vor der Abfrage der organisatorischen Maßnahmen, die andere Hälfte im Anschluss.
Ergebnisse: Etwa ein Viertel der Führungskräfte nahm an der Studie teil, und 186 der 209 Teilnehmenden stellten vollständige Daten für die Analyse zur Verfügung. Die Reihenfolge der Befragung und die Führungshierarchie hatten keinen signifikanten Einfluss auf die PSC-Bewertungen. Es gab keine signifikanten Unterschiede in den PSC-Bewertungen vor (Mittelwert = 35,6, SD = 6,89) und nach (Mittelwert = 33,5, SD = 7,95) der Maßnahmenabfrage. Die PSC-Bewertung der unteren Führungsebene (Mittelwert = 34,6, SD = 7,48) und oberen Führungsebene (Mittelwert = 34,0, SD = 7,78) waren vergleichbar. Die vier PSC-Subskalen wiesen ebenfalls keine signifikanten Unterschiede auf. Der Gesamtsummenwert des PSCs betrug 34,5.
Diskussion/Schlussfolgerung: Die PSC-12-Messung scheint robust gegenüber Reihenfolgeeffekten und Befragten zu sein. Wie bei früheren Untersuchungen hat die Führungsebene keinen signifikanten Einfluss auf die PSC-Werte. Verglichen mit australischen Richtwerten könnte der untersuchte Arbeitsplatz ein hohes Risiko für die psychische Gesundheit der Beschäftigten darstellen. Zukünftige Forschung sollte die Übertragbarkeit dieses Maßstabs auf andere Kulturen und Länder überprüfen.
Frau Lisa Auweiler
Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
2
Hintergrund
Die Schifffahrt gilt als psychomental anspruchsvolles Arbeitsfeld, das sich erheblich auf das Wohlbefinden und die Gesundheit von Seeleuten auswirken kann. In der Fachliteratur wurden bis dato viele positive Aspekte einer verbesserten Resilienz von Mitarbeitern beschrieben. Die vorliegende systematische Übersichtsarbeit soll die bestehende Literatur zur Resilienz von Seeleuten analysieren, wobei der Fokus auf den angewendeten Messmethoden liegt. Darüber hinaus werden die Unterschiede der Definition von Resilienz in verschiedenen Studien und Kontexten untersucht.

Methoden
Unter Verwendung eines Resilienz-spezifischen Suchstrings wurden 99 Studien identifiziert, die zwischen 2003 und 2023 veröffentlicht wurden. Zehn dieser Studien gingen in die abschließende Analyse ein.

Ergebnisse
Die identifizierten Messmethoden umfassten fünf verschiedene Fragebögen, wobei der Dispositional Resilience Scale-15 (DRS-15) am häufigsten zur Anwendung kam. Von den ausgewählten Studien hatten zwei eine längsschnittliche Nachverfolgung, während acht querschnittliche Studien waren. Vier Studien bezogen sich auf Tanker, vier auf Kriegsschiffe, und in zwei Studien wurde der Schiffstyp nicht spezifiziert. Die Anzahl der Veröffentlichungen nahm im Untersuchungszeitraum deutlich zu: 2003 bis 2013 (zwei Arbeiten) und 2013 bis 2023 (acht Arbeiten).
Die identifizierten Themen umfassten Stressoren an Bord, Schlafprobleme, Berufsgruppen, Kriegserfahrungen und Interventionen; dies verdeutlicht die multidimensionale Natur der Resilienz im maritimen Bereich.
Neun Studien lieferten Definitionen von Resilienz, die in drei unterschiedliche Gruppen kategorisiert wurden: 1. Resilienz als psychologische Fähigkeit/Merkmal/Anpassungsfähigkeit; 2. Widerstandsfähigkeit als Aspekt der Resilienz; 3. Resilienz und verwandte Konzepte.

Schlussfolgerungen
Die vorliegende systematische Übersichtsarbeit zeigt, dass das Thema Resilienz bei Seeleuten bisher nur unzureichend erforscht wurde. Trotz eines gestiegenen Interesses in den letzten Jahren hatten sich nur wenige maritime Studien dieser Fragestellung gewidmet. Es wird die Notwendigkeit eines einheitlichen Verständnisses und einer klaren Definition von Resilienz deutlich, um vergleichbare und konsistente Forschungsergebnisse zu ermöglichen. In zukünftigen maritimen Forschungsansätzen sollte untersucht werden, inwiefern Resilienz durch gezielte Interventionen und Unterstützungssysteme an Bord gefördert werden kann.

Frau Wiebke Janssen
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
3
Der Klimawandel löst bei vielen Menschen unterschiedliche Emotionen und Haltungen wie Hilflosigkeit, Trauer, Wut, Schuldgefühle, Aggressionen, Frustration und Angst aus. "Eco-Anxiety" (Klima-Angst) ist ein neues psychisches Phänomen, resultierend aus der aktuellen Bedrohung durch den Klimawandel und seinen Folgen und steht im Zusammenhang mit solchen Emotionen. Das gesteigerte Bewusstsein und die vermehrte Berichterstattung über den Klimawandel setzen insbesondere jungen Menschen zu.

189 Studierende (56% Frauen, 44% Männer) wurden zum Klimawandel und daraus resultierenden Ängsten befragt. Die Datenerhebung erfolgte über die Plattform SoSci Survey mithilfe des Fragebogens 'Eco Anxiety – die Angst vor dem Klimawandel'.

71% der Studierenden gaben an, 'besorgt aufgrund des Klimawandels' zu sein.
  • Als häufigsten Auslöser nannten 57% der Befragten 'Zukunftsängste'.

63% gaben 'Ängste vor langfristigen Folgen' an.
  • 47% fühlen sich durch diese Ängste mittelmäßig belastet, 18% stark belastet und 3,4 % sehr stark belastet.
  • Als häufigste Auslöser wurden 'sichtbare Auswirkungen der Natur' (26%), 'vermehrtes Recherchieren' (26%) und 'Klimawandel als Thema im Schulunterricht' (20 %) genannt.
68% gaben 'Ängste vor Naturkatastrophen' an.
  • 45% fühlen sich durch diese Ängste mittelmäßig belastet, 12% stark belastet und 3% sehr stark belastet.
  • Als Auslöser wurden Schlagworte wie 'Waldsterben', 'Medien', 'Dürre', 'Flutkatastrophe im Ahrtal', 'Geburt des Kindes', 'Extremwetterereignisse', 'Waldbrand' und 'Leidende Lebewesen' genannt.
Frauen und Männer sind gleichermaßen von klimawandelbezogenen Ängsten betroffen.
78% geben an, 'wütend aufgrund des Klimawandels' zu sein, hauptsächlich weil zu wenig getan wird.
Mit zunehmendem Konsum sozialer Medien, steigt die Belastung durch klimawandelbezogene Ängste.

Klimawandelbezogene Ängste sind unter Studierenden weit verbreitet und stellen einen bedeutsamen Stressor dar, der zu hohen psychischen Belastung führen kann. Das Ausmaß der Beschäftigung mit dem Thema Klimawandel korreliert mit dem Ausmaß der Ängste.
Frau Katharina Schöbel
Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen
4

Einleitung


Kinder brauchen aufgrund ihrer Vulnerabilität besonderen Schutz vor den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels, die bereits heute spürbar sind und zukünftig weiter zunehmen. Da ein großer Teil der Kinder in Deutschland tagsüber in nicht-elterlicher Betreuung ist, kommt dem pädagogischen Personal in Kindertagesstätten eine entscheidende Rolle beim Schutz der Kindergesundheit zu. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit ist das pädagogische Personal den gleichen Umweltbedingungen wie die Kinder ausgesetzt, weshalb der Gesundheitsschutz des Personals am Arbeitsplatz ebenso wichtig ist.

Methoden

Aus diesem Grund wurde eine quantitative Online-Befragung des pädagogischen Personals (n = 181) in Kindertagesstätten eines Trägers in München durchgeführt, in denen Kinder im Alter von neun Wochen bis zehn Jahren betreut werden. Es wurde untersucht, wie das pädagogische Personal das Risiko klimawandelbedingter Gesundheitsgefahren für die Gesundheit der Kinder und für die eigene Gesundheit am Arbeitsplatz heute und in den nächsten zehn Jahren wahrnimmt. Darüber hinaus wurde ermittelt, ob bzw. welche Maßnahmen zur (gesundheitlichen) Anpassung an den Klimawandel und zum langfristigen Klimaschutz in Form von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in den Kindertagesstätten umgesetzt werden. Die Ergebnisse wurden sowohl deskriptiv als mithilfe von multiplen linearen Regressionsanalysen statistisch ausgewertet.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass trotz der starken Wahrnehmung von klimawandelbedingten Gesundheitsrisiken für die Kinder und das pädagogische Personal die Umsetzung in entsprechende Schutz- und Anpassungsmaßnahmen in den meisten der befragten Kindertageseinrichtungen bislang unzureichend ist. Als entscheidender Faktor sowohl bei der Risikowahrnehmung als auch bei der Umsetzung von Adaptions- und Mitigationsmaßnahmen erwies sich der Informiertheit des pädagogischen Personals. Die wesentlichen Ergebnisse der Studie sollen in einem Poster dargestellt werden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Neben der verstärkten Umsetzung von strukturellen Anpassungsmaßnahmen in den Kindertageseinrichtungen sollten daher auch verstärkt zielgruppenspezifisches Wissen und konkrete Handlungsanweisungen in den Aus- und Weiterbildungscurricula des pädagogischen Personals vermittelt werden.
Frau Hannah Lehmann
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, LMU München, München
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), München
5

Einleitung

Soziale Kontakte am Arbeitsplatz stellen eine wichtige Ressource für das Wohlbefinden von Beschäftigten dar. Allerdings sind diese Kontakte zu einem gewissen Grad an die Arbeitsstelle gebunden. Wenn die Arbeitstätigkeit sich ändert oder endet, kann es zu Vereinsamung kommen, welche die psychische Gesundheit beeinträchtigen kann. Ein Lösungsansatz kann darin bestehen, sich der Funktion sozialer Kontakte am Arbeitsplatz bewusst zu sein, um sich beispielsweise auf den Übergang in den Ruhestand entsprechend vorzubereiten. ​​​

Methoden

Die Pandemie hat beispielhaft gezeigt, wie sich plötzliche Wegfall sozialer Kontakte im Privaten und am Arbeitsplatz auf Menschen auswirkt. In einer Vorstudie während der Pandemie wurden 203 Arbeitnehmende per Online-Erhebung befragt, inwieweit ihnen soziale Kontakte am Arbeitsplatz fehlen. Die Fragen bezogen sich auf berufliche und private Inhalte und bereiteten ein Projekt vor, bei dem soziale Kontakte aufgrund der Pensionierung wegfallen. Die Daten wurden deskriptiv ausgewertet.​​​​​

Ergebnisse

28,1 % der Befragten gaben an, dass ihnen die private, direkte Kommunikation mit Kolleg*innen und Vorgesetzten sehr fehlt. 20,1 % vermissten es, mit Kolleg*innen über Dinge zu sprechen, die sie glücklich machen, und 12,2 % vermissten es, mit Kolleg*innen über Dinge zu sprechen, die sie stressen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse der Vorstudie zeigen, dass unter den Bedingungen der Pandemie für private Interaktionen ein erheblicher Verlust an sozialen Kontakten am Arbeitsplatz zu spüren war, obwohl grundsätzlich weiterhin Kontakt zwischen Kolleg*innen bestand. Der Übergang in den Ruhestand ist vorhersehbarer als die Pandemie, bedeutet jedoch in manchen Fällen den dauerhaften Verlust bestimmter sozialer Kontakte. Um ein Bewusstsein für die Rolle sozialer Kontakte am Arbeitsplatz zu schaffen und Beschäftigte auf den Verlust dieser Ressource vorzubereiten, werden im Projekt KOMPASS Verfahren zur Sensibilisierung und Vorbeugung drohender Einsamkeit entwickelt. Mithilfe eines Befragungstools erfahren Beschäftigte, welche Funktionen die Arbeit für sie erfüllt und wie sie ihren Verlust im Ruhestand ausgleichen können.
Frau Amanda Voss
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
Fr
15 Mär
08:15 - 11:45
Betriebsbegehung
Betriebsbegehung bei der Berufsfeuerwehr München
Anmelde- und kostenpflichtige Betriebsbegehung (inkl. Shuttleservice)
Ort: Feuerwache 2, Aidenbachstraße 7, 81379 München
Bei dieser Betriebsbegehung erhalten Sie eine Einführung in den Arbeits- und Gesundheitsschutz bei der Berufsfeuerwehr München. Auf dem Programm stehen unter anderem die psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte, die zentrale Expositionsdatenbank (ZED) sowie die Einstellungsuntersuchungen und arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bei der Feuerwehr in München. Anschließend findet eine Gefährdungsbeurteilung am Beispiel einer persönlichen Schutzausrüstung statt. Zum Abschluss der Betriebsbegehung führt Sie der Sicherheitsbeauftragte durch die Feuerwache.
Fr
15 Mär
12:30 - 13:30
Industrie
Lunchsymposium der Industrie: Impfungen in der arbeitsmedizinischen Praxis
Lunchsymposium der Firmen Bavarian Nordics GmbH und Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG
Leitung: Dr. Markus Frühwein und Prof. Dr. med. Gerhard Dobler
12:30 - 12:40 Uhr: Update zu den wichtigsten Impfungen (Markus Frühwein)
12:40 - 13:00 Uhr: Spotlight: FSME (Gerhard Dobler)
13:00 - 13:20 Uhr: Spotlight: Dengue-Fieber (Markus Frühwein)
13:20 - 13:30 Uhr: Q&A (Moderation: Gerhard Dobler)
Raum: Hörsaal/Onlineraum 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Mi
13 Mär
14:00 - 18:00
Betriebsbegehung
Betriebsbegehung bei MTU Aero Engines AG
Anmelde- und kostenpflichtige Betriebsbegehung (inkl. Shuttleservice)
Ort: Dachauer Str. 665, 80995 Muenchen
Die Unternehmenszentrale der MTU Aero Engines in München erfolgen die Produktion von militärischen und zivilen Triebwerksteilen sowie die Modul- und Triebwerksmontagen. Neben der Produktion und Wartung von Flugzeugtriebwerken, erhalten Sie Einblicke in die Metallverarbeitung, den Umgang mit CMR-Gefahrstoffen und die luftfahrtrechtliche Zertifizierung von Prüfenden und Produktionsmitarbeitenden.

Do
14 Mär
08:30 - 12:00
Betriebsbegehung
Betriebsbegehung beim Taucherausbildungszentrum der Bundeswehr
Anmelde- und kostenpflichtige Betriebsbegehung (inkl. Shuttleservice)
Ort: Schiffbauerweg 12, 82319 Starnberg
Nach der Begrüßung werden Sie zunächst in die Pioniertaucherei eingewiesen und erfahren in einem Vortrag Interessantes über das Ausbildungszentrum. Der Fokus der Begehung liegt danach auf der Vorstellung der Technik (Taucherlager, Tauchgeräte) und der Tauchmedizin (Taucherdruckkammer). Anschließend haben Sie die spannende Gelegenheit, einen Tauchereinsatz auf der Taucherfähre zu besichtigen.

Do
14 Mär
13:00 - 17:00
Betriebsbegehung
Betriebsbegehung bei den Werkstätten der Bayerischen Staatsoper
Anmelde- und kostenpflichtige Betriebsbegehung (inkl. Shuttleservice)
Ort: Gruber Str. 76, 85586 Poing
Die Bühnenbilder für die Inszenierungen der Bayerischen Staatsoper werden in den Werkstätten in Poing bei München gefertigt. Von der konstruktiven Planung bis zum letzten Pinselstrich wird alles, was möglich ist, von Meisterhand vor Ort ausgeführt. Die Abteilungen der Theatermaler und Bühnenplastiker, der Raumausstatter, der Schlosser und der Schreiner arbeiten mit jahrelanger hervorragender Expertise auf Weltklasseniveau und tragen so zum unvergesslichen Erlebnis einer Inszenierung der Bayerischen Staatsoper bei.
Mi
13 Mär
09:00 - 11:00
DGAUM Forum
Forum der AG Gefahrstoffe
Raum: Hörsaal/Onlineraum 5 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Bernd Roßbach und Elisabeth Eckert
Beiträge:
1
Neben der inhalativen und Hautgefährdung können Stäube und Fasern an Arbeitsplätzen auch sogenannte mechanisch-irritative Effekte auslösen. Dabei handelt es sich nicht um eine Dermatitis oder Allergie. Teilweise wird für die in der Regel reversiblen Effekte auf die Haut und die Schleimhäute auch der Begriff der „Glasfaser-Dermatitis“ verwendet, wenn bestimmte Fasern als Ursache der Effekte ausgemacht werden. Mechanisch-irritative Effekte können jedoch durch eine ganze Reihe unterschiedlicher Arten von Stäuben verursacht werden. Sie äußern sich vor allem durch Juckreiz, Husten- und Niesreiz, Hautrötungen und Schleimhautreizungen, als auch Reizungen der Augen. Ob und in welcher Intensität die Effekte auftreten, ist individuell sehr verschieden, sie werden von den Betroffenen aber häufig als sehr belastend beschrieben. Somit stellen die Effekte ein relevantes arbeitshygienische Problem dar, dass bei Gefährdungsbeurteilungen berücksichtigt werden muss. In aller Regel klingen die Effekte wieder vollständig ab, wenn die Exposition nicht mehr besteht. Im Institut für Arbeitsschutz (IFA) der DGUV werden seit vielen Jahren abgelagerte Stäube aus Arbeitsbereichen, in denen Mitarbeitende über die beschriebenen Effekte klagen, phasenkontrastmikroskopisch analysiert. Es werden die Probenahme und Analyse der Stäube, sowie mehrere Fallbeispiele aus der Praxis anhand mikroskopischer Aufnahmen typischer Stäube, die offenkundig solche Effekte auslösen, vorgestellt.
Herr Markus Mattenklott
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Sankt Augustin
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Sankt Augustin
2
Als wichtiger und oftmals schwer zu erfassender Expositionspfad für Gefahrstoffe am Arbeitsplatz ist die dermale Resorption zahlreichen Einflüssen unterworfen. Hierzu zählen neben physikalisch-chemischen Eigenschaften des betreffenden Moleküls auch Randbedingungen wie die Dauer und Fläche des Hautkontaktes, die Lokalisation und der Zustand der Haut sowie äußere Einflüsse wie z.B. die Temperatur. Darüber hinaus kann eine Koexposition gegenüber weiteren Stoffen die dermale Aufnahme einer Substanz beeinflussen. Wird Aufnahme über die Haut durch die Anwesenheit weiterer Stoffe begünstigt, so wird dieses auch als chemische Penetrationsförderung bezeichnet. Während dieser Effekt bereits seit langem genutzt wird, um die Resorption von dermal applizierten Arzneimitteln zu verbessern, ist über entsprechende Einflüsse am Arbeitsplatz bisher wenig bekannt. Ziel des Beitrages ist es daher, eine Übersicht über die vorhandenen Erkenntnisse zur chemischen Penetrationsförderung zu geben und diese hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz beim Umgang mit Gefahrstoffen einzuordnen. Grundlage hierfür ist eine umfangreiche Literaturrecherche, in der u.a. Informationen zu Mechanismen der Penetrationsförderung, Erkenntnisse aus der Entwicklung transdermaler therapeutischer Systeme sowie Daten zur Penetrationsförderung im Zusammenhang mit Arbeitsstoffen zusammengetragen wurden.
Herr Dr. rer. nat. Bernd Roßbach
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
Mi
13 Mär
09:00 - 11:00
DGAUM Forum
Forum der AG Arbeitsphysiologie
Raum: Hörsaal/Onlineraum 7 (Standort: 2. OG, Anzahl der Sitzplätze: 180)
Vorsitz: Julia Krabbe, Tessy Luger und Benjamin Steinhilber
Beiträge:
1

Einleitung

Lange Arbeitszeiten und Schichtarbeit sind in einigen Industriezweigen unvermeidbar. Beides ist mit einer erhöhten Müdigkeit, welches mit einer Zunahme der Gefahr von Arbeitsunfällen einhergeht, verbunden. So verringert eine längere Arbeitsdauer von mehr als 8 h die Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden. Dies trifft auch auf den Lufttransportsektor zu. Durch technologische Entwicklungen sind im Bereich des (Personen-)Lufttransports deutlich längere Flugzeiten möglich. Dies hat Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Flugzeugbesatzungen neben den sonstigen arbeitsplatzbezogenen externen Einflussfaktoren an Bord eines Flugzeuges in Reiseflughöhe wie hypobare Hypoxie, erniedrigte Luftfeuchtigkeit, Lärm, Vibration und Strahlung.

Methoden

Basierend auf der international verfügbaren wissenschaftlichen Literatur wird der aktuelle Stand der Forschung zu den Belastungen und Beanspruchungen von Flugzeugbesatzungsangehörigen mit Schwerpunkt auf den Passagierluftverkehr auf Lang- und Ultralangstreckenflügen präsentiert.

Ergebnisse

Bisherige wissenschaftliche Analysen zu Belastungen und Beanspruchungen untersuchten im Wesentlichen die Cockpitbesatzungen und beschäftigen sich mit den Schlafverhalten vor bzw. nach den Flügen. So zeigen Studien, dass eine Abflugzeit zwischen 14 und 18 Uhr mit der geringsten Müdigkeit vor Abflug einhergeht und dass der Schlaf sich um 12,3 min in der ersten Nacht nach Landung für jede zusätzliche Flugstunde verlängert. Der Schlaf der Flugzeugbesatzungen ist jedoch während des Layovers reduziert. Kabinenbesatzungsangehörige berichten von genereller Müdigkeit und führen einen ungesünderen Lebensstil. Erstaunlicherweise zeigt sich trotz längerer Flugzeiten keine wesentliche Erhöhung der Unfallgefahr auf der Langstrecke.

Schlussfolgerung / Diskussion

Insgesamt zeigt die wissenschaftliche Literatur, gerade vor dem Hintergrund der neuen technologischen Entwicklungen mit Flugzeugen mit noch größerer Reichweite und damit einhergehend längeren Flugzeiten, das noch erheblicher Forschungsbedarf für die Gruppe der Flugzeugbesatzungsangehörigen besteht.
Herr Priv.-Doz. Dr. med. habil. Stefan Sammito
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Köln
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg
2

Einleitung

Dank der technischen Entwicklung sind moderne Passagierflugzeuge in der Lage, nahezu jeden Flughafen auf der Erde in einem Non-Stop-Flug zu erreichen. Wissenschaftliche Studien, die sich mit der Belastung des Flugpersonals auf (Ultra-)Langstreckenflügen ([U]LRF) befassen, sind jedoch selten. Im Rahmen eines Forschungsvorhaben untersucht die Luftwaffe die Müdigkeit und Konzentrationsfähigkeit der Flugzeugbesatzung auf [U]LRF in kommerziellen Flächenflugzeugen.

Methoden

Subjektive Müdigkeit, Konzentration und Reaktionsfähigkeit von elf männlichen Piloten (P) und 46 Kabinenbesatzungsangehörigen (KBA) (24 ♀) wurden bei Start und Landung anhand visueller Analogskalen erfasst und anschließend ausgewertet. Zusätzlich erfolgte bei zwei Flügen eine objektive Konzentrationsmessung mittels FAIR-2 bzw. Psychometer Vigilance Test (PVT). Das Durchschnittsalter betrug 35,3 ± 8,7 Jahre. Eingeschlossen waren vier Hin- und Rückflüge zu unterschiedlichen Fernzielen in Amerika, Asien und Ozeanien (Flugdauer: 9:50 - 19:43 h). Bei drei Flügen wurde ein Anschlussflug zwischen dem ersten Ziel- und dem zweiten Abflughafen durchgeführt, der jedoch in dieser Analyse nicht berücksichtigt wurde.

Ergebnisse

Insgesamt wurde eine hochsignifikante Zunahme der subjektiven Müdigkeit und eine Abnahme der Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit beobachtet (p < 0,001). Bei den Hinflügen meldeten die KBA eine stärkere Abnahme der Konzentrations- und der Reaktionsfähigkeit als die P, wobei dieser Effekt nicht signifikant war; die Veränderung der Müdigkeit war nicht unterschiedlich. Bei den Rückflügen berichtet die KBA über eine größere Erschöpfung in allen drei Dimensionen, die Ergebnisse waren jedoch nicht signifikant (p > 0,05). Weitere Analysen ergaben eine schlechtere Erholung von Müdigkeit (p = 0,392) und Konzentration (p = 0,126) nach einem Flug in Richtung Osten im Vergleich zu einem Flug in Richtung Westen. Für die Reaktionsfähigkeit wurde kein Effekt nachgewiesen (p = 0,609).

Schlussfolgerung / Diskussion

(U)LRF führen zu einer zunehmenden Ermüdung der Flugzeugbesatzungsmitglieder, wobei KBA überraschenderweise ein höheres Maß an Erschöpfung angaben als P. Obwohl die Unterschiede gering waren, könnten diese Ergebnisse darauf hindeuten, dass die Arbeitsbelastung der KBA unterschätzt wird. Die Ergebnisse des Vergleichs von Zwischenlandungen in Ost und West scheinen die einschlägige Literatur zu bestätigen, doch sind weitere Studien erforderlich, um die statistische Aussagekraft zu verbessern.
Herr Raphael Kneffel
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Köln
3

Einleitung

Lange Flugzeiten von 16 Stunden und mehr im Rahmen von (Ultra-)Langstreckenflügen ([U]LRF) führen zwangsläufig zu einer Unterbrechung des Tag-Nacht-Rhythmus der Flugzeugbesatzungsangehörigen mit Dienstzeiten in der eigentlichen Nacht. Zusätzlich ist durch die Zeitverschiebung am Zielflughafen der natürliche Schlafrhythmus gestört.

Methoden

Das Schlafverhalten vor, während und nach entsprechenden Einsätzen der Flugzeugbesatzungen von (U)LRF während eines Fluges nach Nordamerika und zurück (mit Zwischenflügen auf dem amerikanischen Kontingent, Zeitverschiebung -9 h) sowie nach Japan/Korea (Zeitverschiebung +7 h) wurden ausgewertet. Neben einem individuellen Schlafprotokoll wurde das Schlafverhalten mittels einer Garmin Forerunner 245 Music über die gesamte Zeitdauer aufgezeichnet.

Ergebnisse

Während der Dienstzeiten kommt es, insbesondere bei Nachtflügen bezogen auf die Zeit am Heimatflughafen, zu einer deutlichen Reduktion der individuellen Schlafdauer, welche nur teilweise am Folgetag durch längeres Schlafverhalten ausgeglichen werden. Die Anpassung an die örtlichen Zeiten gelingt den Flugzeugbesatzungen recht schnell, es werden zumeist Ein- und Aufstehzeiten entsprechend der lokalen Zeiten verzeichnet.

Schlussfolgerung / Diskussion

Gerade die recht schnelle Anpassung an die lokalen Ein- und Aufstehzeiten spricht für eine hohe Adaption der Flugzeugbesatzungsangehörigen an die Besonderheiten ihres Berufes. Im Vergleich zu der circadianen inneren Uhr führt dies möglicherweise zu einer Stressreaktion, welche langfristig gesundheitliche Auswirkungen haben wird. Dies gilt es in zukünftigen Studien zu untersuchen.
Frau Janina Post
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Köln
Do
14 Mär
08:30 - 10:00
DGAUM Forum
Forum der AG Epidemiologie
Forschung in Krisenzeiten - Herausforderungen und Lösungsansätze
Unabhängig vom Studiendesign erleben wir in der Arbeitsweltforschung einen Einfluss von Krisensituationen (Pandemie, Klimawandel, Krieg) auf die Art und Weise, wie wir forschen und Daten erheben. Krisensituationen beeinflussen auch die Art und Weise, wie wir die gewonnenen Daten auswerten und interpretieren. In diesem Forum wollen wir uns über Probleme und Lösungsansätze für die Forschung in Krisenzeiten austauschen und diskutieren.
Raum: Hörsaal/Onlineraum 4 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Jean-Baptist du Prel und Janice Hegewald
Beiträge:
1
Einleitung: Während der COVID-19-Pandemie wurden laufende Studien eingestellt oder konnten nur unter strengen Hygienemaßnahmen fortgeführt werden. Dies gefährdete sowohl die Qualität der Forschungsergebnisse als auch die Durchführung angeschlossener akademische Qualifikationsarbeiten. Um in etwaigen zukünftigen Pandemie- oder Grippewellen schnell geeignete Maßnahmen ergreifen zu können, so dass es nicht zum Erliegen oder Qualitätseinbußen der Forschungsaktivitäten kommt, wird im vorliegenden Beitrag eine Checkliste präsentiert, mit der Wissenschaftler*innen beim Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung für die Durchführung arbeitsphysiologischer Labor- und Feldforschung unter spezieller Hygieneanfroderungen unterstützt werden. Basis dieser Checkliste sind die Erfahrungen von Wissenschaftler*innen aus vier Forschungseinrichtungen, die arbeitsphysiologische Forschung und Lehre bereits während einer frühen Pandemiephase umgesetzt haben.

Methode: Die eingesetzten Schutzmaßnahmen von Forschungseinrichtungen aus Tübingen, Magdeburg, Hamburg und Berlin wurden zunächst aufgelistet und dem T-O-P Prinzip entsprechend gegliedert. Auf Basis dieser Übersicht und den Erfahrungen mit den verwendeten Schutzmaßnahmen wurde eine Checkliste erarbeitet, in der die Maßnahmen möglichen Gefährdungspotentialen zugeordnet werden.

Ergebnisse und Diskussion:
Es wurden fünf übergeordnete Gefährdungen aufgestellt und in mehreren Situationen, wie sie während arbeitsphysiologischer Forschung auftreten können, konkretisiert. Allen Gefährdungen bzw. Situationen wurden dann passende Schutzmaßnahmen zugeordnet, die geeignet sind das Gefährdungspotential zu reduzieren. Eine übergordnete Gefährdung ist beispielsweise "Einhalten eines Mindestabstandes ist nicht möglich", eine zugeordnete konkrete Situation ist "Untersucher*innen unterschreiten die gültigen Mindestabstände zu den Studienteilnehmenden im Rahmen der Messvorbereitung (Anlegen der Messtechnik an die Studienteilnehmenden wie z. B. Elektrokardiographie-Elektroden)" und eine passende Schutzmaßnahme ist schließlich das "Tragen von Schutzmasken (FFP2)".
Die Auswahl der Maßnahmen steht dabei immer im Kontext der aktuellen Vorgaben der Politik und den Regelungen der ggf. übergeordneten Einrichtung (z. B. Universität) bzw. branchenspezifische Empfehlungen der DGUV und sollte schnell an Veränderungen adaptiert werden können. Natürlich bedingen auch infrastrukturelle Rahmenbedingungen, wie etwa ob ein Labor über eine Lüftung mit ausreichend hoher Luftwechselrate hat, welche Schutzmaßnahmen zum Einsatz kommen.
Herr Dr. Benjamin Steinhilber
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
2

Einleitung

Die Durchführung epidemiologischer Feldstudien wurde durch die SARS-CoV-2-Pandemie erschwert. Neben den Aspekten der gesundheitsgerechten Durchführung der Feldstudien und der Einhaltung von Hygienemaßnahmen, mussten kurzfristige Lösungen zur Ermittlung der Belastung aufgrund von SARS-CoV-2 als Einflussfaktor für die Endpunkte in Studien bedacht und umgesetzt werden. Die im Rahmen der Interventionsstudie „Licht und Schicht“ umgesetzten Lösungsansätze sollen mit diesem Beitrag vorgestellt und diskutiert werden.

Methoden

Im Rahmen der Interventionsstudie „Licht und Schicht“, die insgesamt vier Feldphasen im Zeitraum von 15 Monaten umfasste, wurden kurzfristig (i) vor der ersten Feldphase ein Fragebogen zu SARS-CoV-2 und (ii) vor der vierten Feldphase weitere Fragen zu Belastungen aufgrund von anderen Krisen (politische, wirtschaftliche oder weitere Belastungen) eingeführt. Diese wurden im Rahmen der Interviews bei insgesamt n = 89 Studienteilnehmenden eingesetzt. Die Belastungsangaben wurden mittels deskriptiver Analysen ausgewertet. Verschiedene Ansätze für die Einbeziehung der externen Belastung wurden miteinander sowie mit validierten Studieninstrumenten, wie z.B. dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ), verglichen.

Ergebnisse

Erste deskriptive Analysen zeigten, dass pandemiebedingte Sorgen und subjektive Belastungen zur Baseline und im ersten Follow-up vorlagen und in den letzten beiden Feldphasen zurückgingen. Die in der letzten Feldphase ergänzten Fragen zeigten Belastungen, die mit der SARS-CoV-2-Belastung vergleichbar waren. Der Vergleich eines abgeleiteten COVID-Stress-Indexes zu T1 mit den Angaben hinsichtlich anderer externer Stressoren zu T3 zeigte Korrelationen mit politischen und wirtschaftlichen Sorgen.​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, flexibel auf die Einwirkung äußerer Einflüsse, wie z.B. einer Störung der Intervention, zu reagieren und geeignete Studieninstrumente in Feldstudien einzubringen. In dem Beitrag sollen mögliche Ansätze zur Einbindung von internen und externen Daten von Vergleichspopulationen zu äußeren Störfaktoren vorgestellt und diskutiert werden.
Herr Dr. Robert Herold
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
3

Einleitung

Die Coronapandemie erwies sich für die Forschung, wie in anderen Bereichen, als ein einschneidendes Ereignis und stellt Studien auch im Nachgang vor methodische Herausforderungen. Änderungen im Verlauf einer solchen Pandemie können Auswirkungen auf den Studienverlauf wie auch auf die erhobenen Merkmale haben. Dies wiederum kann Auswirkungen auf die im Rahmen von Studien erhobene Datenbasis haben. Ziel dieses Beitrages ist es, anhand der lidA(leben in der Arbeit)-Studie, einer prospektiven Kohortenstudie zu Arbeit, Alter, Gesundheit und Erwerbsverbleib, einige solcher Auswirkungen aufzuzeigen.

Methoden

In den ersten drei Studienerhebungswellen der lidA-Studie 2011 (N = 6.585), 2014 (N = 4.255) und 2018 (N = 3.586) wurden die älteren Beschäftigten der Jahrgänge 1959 und 1965 jeweils im Frühjahr/Sommer mittels CAPI befragt. In der vierten Studienwelle 2022/2023 erfolgt eine Auffrischung der bereits existierenden Alterskohorten auf rund 6000 Probanden und es werden zusätzlich rund 3000 Probanden des Jahrganges 1971 eingeschlossen (gesamt N = 8.884).

Ergebnisse

Im Unterschied zu den ersten drei Erhebungen hat sich der Erhebungszeitraum in der vierten Welle mehr als verdoppelt und erstreckte sich über 11 Monate. Die Verlängerung des Erhebungszeitraumes kann sich bei bestimmten Merkmalen, welche saisonale Schwankungen aufweisen (z.B. Depressivität), auf die Vergleichbarkeit zu vorangegangenen Studienwellen, die in den Sommermonaten durchgeführt wurden, auswirken. Aufgrund des Infektionsrisikos war zudem ein partieller Wechsel im Erhebungsmodus von CAPI auf ‚CAPI-by-Phone‘ erforderlich, um genügend Probanden rekrutieren zu können. Schließlich stellt sich die Frage, wie mit Periodeneffekten, welche sich im Zusammenhang mit der SARS-CoV2-Pandemie ergeben können, umzugehen ist.

Schlussfolgerung / Diskussion

Diese pandemiebedingten Veränderungen können sich auf die Daten und Ergebnisse der vierten Studienwelle auswirken. Es gilt sie bei der Datenanalyse zu berücksichtigen. Dieser Beitrag will auf methodische Herausforderungen im Rahmen der Coronapandemie hinweisen, Lösungswege aufzeigen und diese im Forum diskutieren.
Herr Jean-Baptist du Prel
Bergische Universität Wuppertal, Fachgebiet Arbeitswissenschaft, Wuppertal
Do
14 Mär
14:15 - 16:15
DGAUM Forum
Forum der AG Umweltmedizin
Themenblock 1: Veränderungen in der Umwelt und Auswirkungen auf die Gesundheit
Vorsitz: Prof. Dr. Caroline Herr, Prof. Dr. Dennis Nowak
  • Eröffnungsvertrag: Immer neue Klimaextreme und Klimaresilienz – geht das zusammen? (Prof. Dr. Ralf Ludwig)
  • Klimawandel und Allergien: Fokus auf Umwelt/Allgemeinbevölkerung: Was gibt es Neues? (Prof. Dr. Monika Raulf)
  • Klimawandel und Vektor-übertragende Krankheiten (Jessica Neusser)
Themenblock 2: Hitzebelastung und Prävention
Vorsitz: Prof. Dr. Stefanie Heinze, Prof. Dr. Gerd Wiesmüller
  • Schutzmaßnahmen bei Hitzebelastungen in Innenräumen (Dr. Simone Peters)
  • Ergebnisse aus der Klimakammer (Dr. Stefan Rakete)
  • Epidemiologie der hitzebezogenen Morbidität und Mortalität (Prof. Dr. Edda Weimann)
  • Heat Literacy (Dr. Veronika Weilnhammer)
  • Diskussion
Raum: Hörsaal/Onlineraum 4 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Caroline Herr, Dennis Nowak, Stefanie Heinze und Gerd Wiesmüller
Beiträge:
1

Einleitung

Hitzemorbidität und -mortalität beziehen sich auf Erkrankungen und Todesfälle aufgrund extremer Hitze. Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass Hitzeereignisse auf der ganzen Welt erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Zu den hitzebedingten Erkrankungen gehören Hitzekrämpfe, Hitzeerschöpfung und Hitzschlag, der ohne sofortige Behandlung tödlich verlaufen kann. [1]

Methoden

Mehrere Studien zeigen, dass hohe Temperaturen und Hitzewellen mit einem Anstieg der Mortalität und Morbidität verbunden sein können, insbesondere bei älteren Menschen, Kindern und Menschen mit Vorerkrankungen, den sogenannten vulnerablen Gruppen. Die Klimakrise und die Urbanisierung erhöhen das Risiko hitzebedingter Erkrankungen. Häufigkeit, Dauer und Intensität von Hitzewellen nehmen zu, und die Belastung durch städtische Hitzeinseln steigt.

Ergebnisse

Die Prävalenz dieser Krankheiten ist regional unterschiedlich, mit höheren Raten in wärmeren Regionen. Beispielsweise weisen Länder mit heißem Klima wie Teile Südostasiens, des Nahen Ostens und Afrikas eine höhere Inzidenz hitzebedingter Morbidität und Mortalität auf. Extreme Hitzewellen betreffen aber zunehmend auch gemäßigte Regionen wie Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Präventive Maßnahmen wie eine angepasste Stadt- und Raumplanung, Frühwarnsysteme und die Aufklärung der Bevölkerung über die Risiken extremer Hitze sind entscheidend, um hitzebedingte Morbidität und Mortalität zu reduzieren. Wissenschaftler betonen die Bedeutung interdisziplinärer Ansätze, die klimatologische, medizinische, sozioökonomische und demographische Daten integrieren, um Vulnerabilitäten und Risiken besser zu verstehen und effektive Anpassungs- und Minderungsstrategien zu entwickeln [2].
Ebenso wichtig ist die genaue Vorhersage und Überwachung hitzebedingter Gesundheitsrisiken. Die Entwicklung hitzeadaptiver Technologien und Gesundheitssysteme, die auf den Klimawandel reagieren können, ist ebenfalls entscheidend, um die Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen extremer Hitzeereignisse zu schützen. Notwendig ist die konsequente Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens durch politische Entscheidungsträger [3].
​​​​

Schlussfolgerung / Diskussion

Insgesamt zeigt die epidemiologische Forschung zu hitzebedingter Morbidität und Mortalität die dringende Notwendigkeit, auf die mit steigenden Temperaturen verbundenen Gesundheitsrisiken zu reagieren, insbesondere in Zeiten der Klimakrise und zunehmender Urbanisierung.

Referenzen

[1] Romanello M, et al. . The 2022 report of the Lancet Countdown on health and climate change: health at the mercy of fossil fuels. Lancet. 2022 Nov 5;400(10363):1619-1654. DOI: 10.1016/S0140-6736(22)01540-9. Epub 2022 Oct 25.
[2] Weimann E, Klauser M. Die Auswirkungen der Hitzeentwicklung auf die Kindergesundheit. Kinderärztliche Praxis 94: 25-30, 2023.
[3]  Lob-Corzilius T, Weimann E. Neonatologie und Pädiatrie in Planetary Health, MVV Verlag Berlin, 23. September 2021.
Frau Prof Dr Edda Weimann
Universität Kapstadt und TU München, München
2
Der Klimawandel und die damit einhergehenden Veränderungen von Wetter und Witterung haben vielfältige direkte und indirekte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, wie der aktuelle Sachstandsbericht des RKI eindrücklich zeigt. Die Zunahme an Hitzetagen (Tage mit ≥ 30°C) und Hitzewellen (mehrere aufeinander folgende Hitzetage) ist auch in Deutschland mess- und spürbar. Damit einhergehend, ist mit einer Zunahme an hitzebedingten Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung zu rechnen.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Gesundheitskompetenz (health literacy) der Bürger*innen zu stärken. Damit diese vor und während Hitzewellen geeignete Maßnahmen ergreifen können, um die eigene und die Gesundheit von Menschen in ihrem Umfeld schützen zu können, ist es wichtig eine hitzebezogene Gesundheitskompetenz („heat literacy“) aufzubauen. In Deutschland werden laut Statistischem Bundesamt etwa 63 % der pflegebedürftigen Personen von Angehörigen zu Hause versorgt. Die pflegenden Angehörigen haben in der Regel keine medizinische Ausbildung, weshalb es umso wichtiger ist, die Pflegenden auf die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze aufmerksam zu machen und ihnen eine Bandbreite an möglichen Maßnahmen an die Hand zu geben.
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit leistet in diesem Kontext einen wichtigen Beitrag mit dem dort angesiedelten, neu gegründeten Kompetenzzentrum für Gesundheitsschutz im Klimawandel. Durch zielgruppengerechte Angebote sollen Risikogruppen bzw. Personen, die sich um Risikogruppen kümmern, erreicht werden. Somit soll eine hitzebezogene Gesundheitskompetenz der Bürger*innen vermittelt und gestärkt werden. Neben Maßnahmen auf politischer Ebene (bspw. Hitzeaktionspläne in Kommunen), sind individuell ergriffene Maßnahmen wichtig zur Anpassung an Hitze.
Im Rahmen des Vortrages wird von den bisherigen Erfahrungen des Kompetenzzentrums berichtet, die Angebote sowie künftige Aufgabenfelder dargestellt.
Frau Dr. Veronika Weilnhammer
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), München
3
Der Klimawandel ist komplex und eng mit anderen globalen Herausforderungen wie Gesundheit, Ernährungssicherheit, Wasserknappheit, Rückgang der biologischen Vielfalt und Umweltzerstörung verbunden. Von besonderer Relevanz ist eine bereits jetzt vielerorts spürbare Verschärfung von klimabedingten Extremereignissen, die in zunehmender Frequenz und Intensität hohe sozioökonomische und ökologische Schäden verursachen und auch die planetare Gesundheit vor stets größer werdende Herausforderungen stellt.

Es reicht nicht aus, traditionelle Innovationsansätze zu verwenden, die sich auf einen Aspekt des Problems konzentrieren. Vielmehr werden neue, integrierte Ansätze benötigt, die der Komplexität, den Interdependenzen und der Vernetzung heutiger Mensch-Umweltbeziehungen gerecht werden können und die Steigerung einer sektorübergreifenden Klimaresilienz zum Ziel haben. Entsprechende Zusammenhänge sollen an ausgewählten Fallbeispielen in Bayern, stellvertretend für komplexe Landschaftssysteme (Mittel-)Europas aufgezeigt werden.

Bayern unterliegt auf seiner dicht besiedelten und intensiv genutzten Fläche bereits heute erheblichen Herausforderungen und Konkurrenzen für seine Wasser-, Land- und Energieressourcen. Die Auswirkungen des Klimawandels lassen im 21. Jhd. durch erheblich höhere Temperaturen und eine starke Abnahme der Sommerniederschläge eine starke Häufung von sommerlicher Trockenheit und Hitze erwarten; gleichzeitig nimmt das Risiko winterlicher Hochwasserereignisse durch stärkere Niederschläge in dieser Jahreszeit deutlich zu. Die erheblichen Konsequenzen sind für nahezu alle Akteure in der Land-, Wald-, Wasser- und Energiewirtschaft sowie im Gesundheitswesen mit den derzeit verfügbaren Anpassungsmaßnahmen nicht hinreichend abgesichert; diese bedürfen einer vorausschauenden Überarbeitung um eine klimawandel-resiliente Entwicklung der Region zu gewährleisten.

Der Beitrag soll Handlungswege aufzeigen, wie auf der Grundlage einer hervorragender Datenbasis von Behörden und Unternehmen sowie bereits bestehender eigener Simulationen mit prozess-basierten, flächendifferenzierten Modellen ein angepasstes Ressourcenmanagement zur Gewährleistung von planetarer Gesundheit, Energie- und Wassersicherheit, bei gleichzeitiger Sicherung der Ökosystemfunktionen und -leistungen ermöglicht werden könnte. Ziel ist die Schaffung eines sektorenübergreifenden Verständnisses für die vielfältigen Konsequenzen der dynamischen Klimaentwicklung und die Bereitstellung neuer Services und anwenderorientierter Werkzeuge der Datenanalyse und Modellierung.
Herr Prof. Dr. Ralf Ludwig
Ludwig-Maximilians-Universität München, Department für Geographie, München
4
Allergische Erkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten nicht übertragbaren Erkrankungen und nehmen nach wie vor zu. Sie werden durch Umweltfaktoren verursacht und getriggert, so dass auch Veränderungen des Klimas u.a. die Prävalenz, die Ausprägung und den Schweregrad der allergischen Erkrankung beeinflussen.
Es wird immer deutlicher, dass der Klimawandel erhebliche Auswirkungen auf die Ökosysteme und die in ihnen lebenden Organismen hat. Damit besteht ein direkter und indirekter Einfluss auf die menschliche Gesundheit. Steigende Temperaturen zum Beispiel begünstigen verlängerte Vegetationsperioden, so dass es zu einem verstärkten und frühzeitig einsetzenden Pollenflug kommen kann. U.a. wird auch der Ferntransport der Pollen dadurch beeinflusst, das bedeutet Pollen überwinden größere Strecken und auch bislang „allergenarme“ Bergregionen können betroffen sein. All diese Faktoren und Bedingungen wiederum begünstigen das Auftreten, erhöhen die Häufigkeit sowie auch die Schwere von allergischen Beschwerden. Die klimawandelbedingte Veränderung von Vegetationszonen führt außerdem zur Ansiedelung von neuen, ehemals bei uns nicht-heimischen Pflanzen. Darüber hinaus scheint auch die Luftverschmutzung auf die Pollenkörner einzuwirken, u.a. die biologischen und reproduktiven Funktionen sowie das allergene Potenzial können verändert werden, was wiederum zur Erhöhung des potenziellen Sensibilisierungs- bzw. Gesundheitsrisiko beitragen kann. Verschiedene Profiteure des Klimawandels (wie z.B. Zecken oder Eichenprozessionsspinner) stellen ebenfalls gesundheitliche Gefährdungen dar und können allergische Reaktionen hervorrufen bzw. beeinflussen. Als indirekte Auswirkungen des Klimawandels ändern sich auch Lebensstil und Ernährungsgewohnheiten, was wiederum zu neuen Sensibilisierungen führen kann. Insgesamt müssen Allergien vor dem Hintergrund der anderen durch den Klimawandel ausgelösten Belastungen wie Hitze und zunehmende UV-Strahlung gesehen und beurteilt werden. Die Forschung ist gefordert, Wissen hinsichtlich Art und Verbreitung der Allergene zu generieren, das als Grundlage für präventive Maßnahmen dienen kann.

Frau Prof. Dr. Monika Raulf
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
5

Einleitung

Viele Auswirkungen des globalen Klimawandels sind schon heute messbar. Aufgrund des Temperaturanstiegs muss mit einem größerem Verbreitungspotential neuer Vektoren, Krankheitserreger übertragende Tiere, auch in Deutschland gerechnet werden. Dies geht auch mit einem höheren Risiko für vektorübertragene Krankheiten einher. Exemplarisch soll die Entwicklung eines Ausbreitungsszenarios, aber auch mögliche prophylaktische Maßnahmen, an Stechmücken als Vektoren, speziell der Asiatischen Tigermücke (AT), erläutert werden.
Durch Handels- und Reiseverkehr werden gebietsfremde Stechmücken wie die AT nach Europa und auch Bayern eingetragen, wo sich diese aufgrund klimatischer Veränderungen und ihrer Anpassungsfähigkeit zunehmend ausbreitet. Die AT fällt durch eine hohe Stechaktivität am Tag auf und ist ein potentieller Vektor für derzeit primär reiseassoziierte Krankheitserreger, wie das Chikungunya-, Dengue- oder Zika-Virus. Am LGL gibt es derzeit zwei Projekte, die sich mit der Überwachung des Eintrags von gebietsfremden Stechmücken an Points of Entry bzw. mit der Verbreitung dieser Stechmückenarten in Bayern befassen. Die Mitteilung über den Fund einer AT bedeutet für lokale Behörden bislang meist eine neue Herausforderung, sodass Expertise noch fehlt und Zuständigkeiten zunächst oft unklar sind. In Bayern startete 2022 eine Machbarkeitsstudie, die fehlende Strukturen aufzeigen soll, die für ein abgestimmtes Vorgehen im Falle der Eintragung und Verbreitung gebietsfremder Stechmücken, v.a. der AT, notwendig sind.

Methoden

Für ein Stechmücken-Monitoring stellte das LGL Stechmücken-Fallen an verschiedenen Standorten in Bayern auf. Die adulten Stechmücken wurden nach dem Fang zunächst morphologisch bestimmt. Im Falle von Eiablagen oder bei nicht morphologisch zu bestimmenden adulten Exemplaren wurde eine molekulare Speziesbestimmung (DNA-Barcoding) durchgeführt.

Ergebnisse

Neben Einzelfunden wurden in Bayern bislang in mehreren Kreisen Populationen der AT im Jahr 2023 bekannt. Am Flughafen München werden regelmäßig einzelne Eintragungen der AT registriert.

Schlussfolgerung / Diskussion

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass auch künftig vermehrt mit Eintragungen der AT nach Deutschland gerechnet werden muss. Frühzeitiges Erkennen und Handeln bei noch geringer Verbreitung einer Population führte in der Vergangenheit zur erfolgreichen Eindämmung. Durch die Machbarkeitsstudie gewonnene Erkenntnisse fließen in die Entwicklung von Aufklärungsmaterialien und einer Handlungsempfehlung als systematische Hilfestellung für lokale Behörden ein. Der Aufbau und die Verstetigung von Expertise sowie ein einheitliches, abgestimmtes Vorgehen sind notwendig, um diesen Herausforderungen zukünftig begegnen zu können.
Frau Jessica Neusser
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Task Force Infektiologie (TFI), München
6
Infolge des Klimawandels kann es insbesondere im Sommer zu länger andauernden Hitzeperioden kommen, was es zu einer Überwärmung von Innenräumen in z. B. Bürogebäuden, Schulen und Produktionshallen führen kann. Damit kann es auch zu einer zunehmenden Wärme- und Hitzebelastung von Beschäftigten an Innenraumarbeitsplätzen, aber auch z. B. Kindern und Jugendlichen in Kita- oder Schulräumen kommen.
Die für den Menschen notwendige ausgeglichene Wärmebilanz des Körpers kann durch Arbeiten unter Hitzebelastung gefährdet werden, wodurch ein gesundheitliches Risiko entstehen kann. Bereits bei gemäßigten Umgebungstemperaturen kann z. B. durch schwere körperliche Arbeit oder durch besonders isolierende Kleidung (z. B. Schutzbekleidung) die Wärmebilanz des Körpers nicht mehr ausgeglichen werden und es kann zu einer Überwärmung des Körpers kommen.

Um die Belastung von Beschäftigten, aber auch z. B. von Kindern und Jugendlichen, bei sommerlich hohen Temperaturen in Innenräumen zu verringern, müssen wirksame Maßnahmen getroffen werden. Dabei gilt auch hier das bekannte TOP-Prinzip (technische vor organisatorischen vor persönlichen Schutzmaßnahmen).

Viele solcher Maßnahmen sind auch heute schon in verschiedenen rechtlichen Regelungen wie der Arbeitsstättenverordnung mit z. B der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.5 „Raumtemperatur“, in Schriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und in Normen verankert.

In Zukunft werden die bisherigen Regelungen und Maßnahmen für Innenräume evtl. um weitere Schutzmaßnahmen ergänzt werden müssen, die man bisher nur aus dem Bereich der Warm- und Hitzearbeit, z. B. in Stahlwerken, kennt.
Frau Dr. Simone Peters
Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), St. Augustin
7
Einleitung: Durch den Klimawandel kommt es in den kommenden Jahren zu einer Zunahme der Anzahl heißer Tage im Jahr.1 Dadurch können auch die Temperaturen in Innenräumen steigen. Eine Umfrage zeigte, dass dies insbesondere für Pflegekräfte eine Belastung darstellt.2 Im Rahmen der hier vorgestellten Studie wurde der Einfluss verschiedener Faktoren (Temperatur, persönliche Schutzausrüstung (PSA)) auf die thermische Beanspruchung von Pflegekräften unter kontrollierten Bedingungen untersucht.

Methoden: Für die Studie wurden 18 Proband*innen standardisierten Versuchsbedingungen in einer Klimakammer ausgesetzt: 1) 22 °C in normaler Arbeitskleidung, 2) 27 °C in normaler Arbeitskleidung, 3) 22 °C mit PSA sowie 4) 27 °C mit PSA. Über verschiedene Sensoren wurden die Umgebungsbedingungen sowie die Innenohr- und Hauttemperatur der Proband*innen aufgezeichnet. Die Erfassung des subjektiven Befindens erfolgte durch einen Fragebogen.

Ergebnisse: Sowohl Wärme als auch PSA zeigten signifikante Effekte auf physiologische Parameter und das subjektive Wohlbefinden der Proband*innen. Die Kombinationen aus Wärme und PSA zeigte die stärksten Effekte. Während PSA keinen Einfluss auf die im Innenohr gemessene Temperatur hatte, wurde die Hauttemperatur durch das Tragen von PSA um 0,4 °C erhöht. Wärmere Temperaturen führten zu einem Anstieg der Innenohr- und Hauttemperatur um 0,5 °C bzw. 1,0 °C. Die subjektiv empfundene körperliche Belastung nahm durch Wärme und PSA zu, ebenso die Anstrengung und der Wasserbedarf. Zudem konnte eine leichte Zunahme der psychischen Belastung durch Wärme beobachtet werden. Die Probanden gaben an, dass sie sich bei erhöhten Temperaturen und mit PSA erschöpfter fühlten und deutlich stärker schwitzten.

Diskussion: Obwohl die Studie auf keine akute gesundheitliche Gefährdung hindeutet, zeigte sich ein negativer Einfluss von Wärme und PSA auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Pflegekräften. Anhand der Ergebnisse sollen Empfehlungen und Schutzmaßnahmen für Pflegekräfte abgeleitet werden.

Referenzen

[1] Helmholtz Klima Initiative. Verursacht der Klimawandel mehr Hitzewellen und heiße Tage in Deutschland? https://www.helmholtz-klima.de/faq/verursacht-der-klimawandel-mehr-hitzewellen-und-heisse-tage-deutschland
[2] Hot days and Covid-19: Online survey of nurses and nursing assistants to assess occupational heat stress in Germany during summer 2020. Jegodka Y, Lagally L, Mertes  H, Deering K, Schoierer J, Buchberger B, Bose-O'Reilly S. J Clim Chang Health 2021.
Herr Dr. Stefan Rakete
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität, LMU München, München
Do
14 Mär
14:15 - 16:00
DGAUM Forum
Forum der AG Psychische Gesundheit
Raum: Hörsaal/Onlineraum 5 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Kristin Hupfer und Jessica Lang
Beiträge:
1

Einleitung

Psychische Erkrankungen sind in den AU-Statistiken bereits der zweithäufigste Grund. Die primärpräventive Begegnung erhält daher zunehmend an Bedeutung. Ein wichtiges Instrument dabei ist die GB Psych. Diese ist im Rahmen des Arbeitsschutzgesetztes vorgeschrieben. Insbesondere Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen ((K)KMU) stehen bei der Umsetzung vor großen Herausforderungen. Ziel der Studie ist es, Wege zu identifizieren, (K)KMU zu unterstützen, die Analyse als auch Maßnahmendurchführung zielführend und ressourcenschonend durchzuführen.

Methoden

Es wurden 5 Unternehmensnetzwerke mit insgesamt 44 Unternehmen gebildet, um diese u.a. bei der GB Psych sowie der Maßnahmenumsetzung zu unterstützen: Die (K)KMU erhielten über einen individuellen Link Zugang zu einem Online-Fragebogen (Mitarbeitendenbefragung). Die Auswertung erfolgte anonym, deskriptiv/qualitativ und wurde den (K)KMU zurückgespiegelt. Die Ableitung und Durchführung von Maßnahmen wurden ihnen im Rahmen der Netzwerke ermöglicht. Vergleichend zur Unterstützung via Netzwerke erhielten 25 weitere Unternehmen über ihren Betriebsarzt Zugänge und dieselben Auswertungsleistungen. Die Maßnahmenumsetzung führten diese mit ihrem Betriebsarzt durch.

Ergebnisse

71% der Netzwerkunternehmen nahmen das Angebot wahr. 65% davon wiederholten die Durchführung. Die Durchführungsform wurde als niederschwellig und attraktiv bewertet. Die Ergebnisauswertung verhalf zur Ableitung von Maßnahmen. Je nach Netzwerk wurde eine Wiederholung der GB Psych mit bis zu 69% positiv bewertet. Die Maßnahmenableitung wurde in 3 Netzwerken von 75 % als sehr/eher ausreichend bewertet, von 50% als sehr/eher passend zum Bedarf. Die Weiterführung der aufgebauten Strukturen wurde mit bis zu 75% bejaht. In 2 Netzwerken gaben die Mitarbeitenden mit 72% eine Verbesserung der Gesundheitskultur an. Die Unternehmen mit der betriebsärztlichen Betreuung machten zu 77% die GB Psych aufgrund der Initiative des BA, 50% benötigten Unterstützung bei der Ableitung von Maßnahmen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Netzwerke sind geeignet, um (K)KMU zu unterstützen und Themen wie psychische Belastungen zu „erinnern“. Bzgl. der GB Psych stellen sie eine effiziente und initial attraktive Durchführungs- und Verbreitungsform dar. Die Durchführung via Betriebsarzt zeigt die positive Auswirkung der individuelleren Betreuung. Vor dem Hintergrund verfügbarer Ressourcen ist daher ein geeigneter Mittelweg zu konzipieren. Die Bereitstellung von Analyseinstrumenten und Auswertungen ist dabei stets vorausgesetzt.
Herr Wolfgang Fischmann
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
2

Einleitung


In den letzten Jahrzehnten steigen die Krankheitstage infolge psychischer Erkrankungen stetig an und nahezu die Hälfte aller vorzeitigen Berentungen gehen inzwischen auf das Konto psychiatrischer Diagnosen. Owohl auch die Anzahl niedergelassener Psychotherapeut/innen kontinuierlich wächst auf inzwischen über 31 000 (dazu knapp 3500 niedergelassenen Psychiater/innen), sind längere Wartezeiten bei beiden Professionen die Regel. Um verlängerte Krankheitszeiten durch einen verzögerten Behandlungsbeginn zu vermeiden, sollten Möglichkeiten ausgelotet werden, den Mitarbeitenden eine schnelle Beratung anbieten zu können.
Methoden u Schlussfolgerung
Weil das Wissen in der Allgemeinbevölkerung, welche Therapeuten aufgrund welcher Profession welche Unterstützung über welchen Kostenträger anbieten können, muss es in jedem Betrieb zumindest eine Fachstelle geben, die gezielt informieren bzw beraten und idealerweise auch b.B. vermitteln kann. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass nicht jeder Schicksalsschlag und nicht jede Traurigkeit , die Menschen trifft, umgehender Psychotherapie bedarf. Es gibt auch andere Unterstützungsmöglichkeiten, die bekannt sein müssen. In größeren Betrieben können diesbezüglich betriebl. Sozialarbeiter und Ärzte beraten und navigieren, wobei dann miteinander abgestimmt sein muss, welche Profession welches Thema bearbeitet. Die Anbieter müssen gut vernetzt sein und alle internen und externen Unterstützungsangebote kennen. Alternativ bietet sich insb. in kleineren Betrieben auch ein Employee Assistance Program an, welches vom Arbeitgeber finanziert wird. In der BASF SE haben die psychiatrisch/psychotherap. tätigen Ärzt/innen mit der Sozialberatung ein Kompetenzzentrum gegründet, das Hilfe aus einer Hand anbietet, auch dieses Konzept soll hier kurz vorgestellt werden

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Frau Dr. Kristin Hupfer
BASF SE, ESG/BN - Z130, Ludwigshafen
Studium Universität Erlangen -Nürnberg Facharztausbildung >Psychiatrie und Psychotherapie in Nürnberg und Engelthal seit 1999 Weksärztin in der BASF SE Ludwigshafen
3
Hintergrund: Anhand von nichtklinischen Beanspruchungsfolgen kann im Betrieb frühzeitig ein Bedarf an primärpräventiven Maßnahmen erkannt werden. Für diese Parameter liegen oft keine einfach zu handhabenden Schwellenwerte vor. In der Studie werden die Zusammenhänge verschiedener, oft genutzter Beanspruchungsmaße untersucht und in diesem Rahmen eine erste Annäherung an einen Trennwert für die gut validierte Irritationsskala ermittelt.
Methoden: Gepoolte Daten aus Belastungs- und Beanspruchungsanalysen der letzten zwölf Jahre: Alle Studien mussten die Irritationsskala von Mohr et al. (2007) enthalten sowie den WHO5-Fragenbogen, der - positiv formuliert - die Hauptdiagnosekriterien für Depressionen erfasst und für den validierte Trennwerte für einen Depressionsverdacht vorliegen. Substichproben enthielten Mehrfachmessungen, die zur Untersuchung von Zusammenhängen in Followup-Abständen von unter 6 Monaten, 6 bis 12 Monaten und mehr als einem Jahr genutzt wurden.
Ergebnisse: 2007 Beschäftigte (49,0% Männer, 43,2% Frauen; 40.23±11.88 Jahre) aus verschiedenen beruflichen Kontexten wurden analysiert (Querschnitt N=1967, Längsschnitt < 6 Monaten N= 312, 6 bis 12 Monate N=383, > 1 Jahr N=195). Basierend auf neu publizierten Normwerten findet sich eine hohe Irritation (Median Prozentränge: kognitive Irritation (KI) 80.6; emotionale Irritation (EI) 75.5; Irritation gesamt (GI) 77.1) und bei 31,3% der Beschäftigten ein Depressionsverdacht. ROC-Kurven für Irritation in Bezug auf Depressionsverdacht zeigen vor allem für EI und GI stabile gute Werte (AUC zwischen .68 (EI, Längsschnitt > 1 Jahr) und .76 (EI, Querschnitt)). Ein erster, auf dieser Basis tentativ gewählter Cutoff-Wert für GI von 23 zeigt befriedigende Sensitivität (Querschnitt .72, < 6 Monaten .63, 6 bis 12 Monate .64, > 1 Jahr .63) und Spezifität (Querschnitt .66, < 6 Monaten .74, 6 bis 12 Monate .73, > 1 Jahr .71). Gruppenvergleiche für weitere Beanspruchungsparameter (u.a. Arbeitsfähigkeit, Burnout) zeigen durchgängig signifikante Unterschiede zwischen Personen mit unauffälligen Irritationswerten und solchen mit problematischen, die sich über die Zeit nur geringfügig abschwächen.
Diskussion: Kritische Werte der Beanspruchungsfolge Irritation können depressive Verstimmungen „vorhersagen“ und hängen mit weiteren längerfristigen Parametern zusammen. Inwieweit dies aufgrund eines Common Methods Bias der Fall ist, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Die Anwendungsmöglichkeiten des Befundes insbesondere im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung werden diskutiert.
Frau Prof. Dr. Britta Herbig
LMU Klinikum, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, München
Do
14 Mär
18:30 - 23:55
DGAUM Kongressparty
Kongressparty der DGAUM
Anmelde- und kostenpflichtige Präsenz-Veranstaltung
Ort: Waldheim Eventlocation, Waldheim 1, 81377 München-Großhadern, www.waldheim.de
Unsere Kongressparty am Donnerstag lädt zu einem entspannten Ausklang des zweiten Kongresstages ein. DJ Marc Tasören führt Sie musikalisch durch den Abend und die Küche der Eventlocation Waldheim sorgt mit einem internationalen Buffet für das leibliche Wohl. Egal ob Sie das Tanzbein schwingen oder inspirierende Gespräche führen möchten - es ist garantiert für jeden was dabei!
18:30 Uhr  -  Einlass mit Sektempfang
19:30 Uhr  -  Buffet-Eröffnung
Do
14 Mär
08:30 - 10:00
Symposium BAuA
Pflege(n) in Krisenzeiten: Lessons learned aus der Covid-19-Pandemie
Symposium der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
  • 08:30 Uhr  Begrüßung / Kurze inhaltliche Einführung und Vorstellung der Beiträge (Martin Schütte und Marlen Melzer, BAuA)
  • 08:35 Uhr  Herausforderungen für (akut-)stationäre Pflegeeinrichtungen im Kontext der Covid-19-Pandemie: Erkenntnisse aus der Fachliteratur (Maria Zink, BAuA)
  • 08:50 Uhr  Stigmatisierungserfahrungen beruflich Pflegender im Kontext der Covid-19-Pandemie (Laura Geiger und Noemi Skarabis, Hochschule für Gesundheit, Bochum)
  • 09:05 Uhr  (Kurze) Diskussion zu „Herausforderungen für die Arbeit beruflich Pflegender während der Covid-19-Pandemie“ (Martin Schütte und Maren Melzer)
  • 09:15 Uhr  Umgang mit pandemiebezogenen Stressoren in der stationären Pflege während der Covid-19-Pandemie: Ergebnisse einer systematischen Überblicksarbeit zu organisationalen Interventionen (Johannes Wendsche, BAuA)
  • 09:30 Uhr  Evidenzbasierte Empfehlungen zur Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit von Beschäftigten im Gesundheitswesen während anhaltender Krisen und Katastrophen: Empfehlungen der S3-Leitlinie aus dem Projekt ´PREPARED` (Hauke Felix Wiegand, Universitätsklinik Mainz)
  • 09:50 Uhr  (Zusammenfassende) Diskussion zu „Lessons learned“ und Desiderata mit Blick auf künftige Pandemiesituationen und Verabschiedung (Martin Schütte und Maren Melzer)

Raum: Hörsaal/Onlineraum 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Vorsitz: Martin Schütte und Marlen Melzer
Beitrag:
1
Die Covid-19-Pandemie hat u. a. Kliniken, Einrichtungen der stationären Langzeitpflege sowie ambulante Pflegedienste vor neue Herausforderungen gestellt und die Arbeit der hier Beschäftigten verändert. Hierzu gehörten z. B. das erhöhte Risiko für eine Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus, der damit verbundene zusätzlich Personalausfall – mit der Konsequenz weiter steigender Arbeitsintensität und reduzierter Erholungsmöglichkeiten - die Notwendigkeit zur Durchführung zusätzlicher Hygienemaßnahmen oder Veränderungen arbeitsbezogener Interaktionen.

Mit Blick auf die Fürsorgepflicht von Arbeitgebenden stellt sich für betriebliche Arbeitsschutz-Akteur:innen angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit künftiger Pandemiesituationen die Frage, mit welchen Maßnahmen bzw. Strategien negativen Konsequenzen dieser Belastungssituation für die Beschäftigten entgegengewirkt werden kann.

Ziel des Symposiums ist es, Ansatzpunkte für gesundheitsförderliche Gestaltung pflegerischer Arbeit in Einrichtungen des Gesundheitswesen herauszuarbeiten. Zunächst werden dabei zentrale pandemiebezogene Herausforderungen für pflegerisches Arbeiten in Einrichtungen des Gesundheitswesens in den Fokus gerückt, die auf Grundlage eines Literaturüberblicks, einer Interview-Studie sowie auf Basis schriftlich gewonnener Befragungsdaten zusammengestellt wurden. In einem weiteren Beitrag wird anschließend auf empirisch ermittelte pandemieassoziierte Stigmatisierungserfahrungen pflegerischen und ärztlichen Personals – als spezifischen Belastungsaspekt – eingegangen.

Der zweite Teil des Symposiums ist Maßnahmen bzw. Strategien zum Umgang mit pandemie-typischen Herausforderungen gewidmet. Zunächst werden dabei Ergebnisse einer systematischen Überblicksarbeit (Systematic Rapid Review) zu Interventionsstudien vorgestellt, in denen betriebliche arbeitsorganisatorische Maßnahmen für den Umgang mit pandemieassoziierten Belastungsaspekten untersucht wurden. Diese werden durch Ergebnisse einer Interviewstudie sowie einer schriftlichen Befragung von Pflegepersonal aus Kliniken und Einrichtungen der stationären Langzeitpflege ergänzt.
Herr Prof. Dr. Martin Schütte
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin
Fr
15 Mär
08:30 - 10:00
DGAUM Forum
Forum der AG Next Generation
Ideenworkshop: Digitale Lösungen für arbeitsmedizinische Fragestellungen
Raum: Hörsaal/Onlineraum 4 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Anna Wolfschmidt-Fietkau und Rüdiger Stephan Görtz
Fr
15 Mär
10:00 - 11:30
DGAUM Forum
Forum der AG Lehre
Raum: Hörsaal/Onlineraum 5 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Sibylle Hildenbrand, Thomas Muth und Sabine Darius
Beiträge:
1
Medizinstudierende zeigen eine schlechtere psychische Gesundheit als andere Menschen in der gleichen Altersgruppe. In vielen internationalen Studien gibt es Hinweise auf eher ungewöhnlich hohe Prävalenzen von Depressionen, Angststörungen u.ä.. Dabei schneiden auch neue Studienkonzepte wie z.B. Modellstudiengänge nicht besser ab als die Regelstudiengänge.

Verschiedene quantitative und qualitative Erhebungen zu Belastungen und Beanspruchungen Medizinstudierender an der HHU Düsseldorf haben die Zusammenhänge zwischen Belastungen wie Zeitdruck, Prüfungsstress, Überforderung, mangelnden bzw. widersprüchlichen Informationen, schlechter Organisation und Aspekten der psychischen Gesundheit der Studierenden beschrieben. Nach Beginn des Studiums steigen die Prävalenzen von Angst- und affektiven Störungen in den Screenings stark an und variieren im Verlauf des Studiums auf hohem Niveau. Hieraus leitet sich der Bedarf an verhältnis- wie verhaltenspräventiven Konzepten ab.

Ergebnisse:
In der Folge dieser Erhebungen haben sich mehrere (studentische) Initiativen gebildet:
Wachstumsschmerz: Regelmäßige, bei Bedarf komplett anonyme, Gesprächsrunden, Instagrammauftritt zu Themen rund um die psychische Gesundheit Medizinstudierender.
MediPeer: Beratung von Studierenden für Studierende, regelmäßige Sprechstunden und individuelle Gespächstermine, Instagrammauftritt.
Bildung eines Lenkungskreises zur Studierendengesundheit mit Beteiligung von Studierenden, Studiendekanat und Arbeitsmedizin.
Prüfungsvorbereitung für Alle: Vorbereitung auf die M1 - Prüfungen mit studentischen Tutoren nach ausführlicher Schulung durch Medizindidaktik/Arbeitsmedizin/Psychosomatik.
Ressourcenkarte: Instrument (ursprünglich in Lübeck entwickelt) mit kompakten Informationen zu Ansprechpartner/innen rund um das Medizinstudium, die eigene Gesundheit und die soziale Situation von Studierenden aufgearbeitet und angepasst für den lokalen Bedarf und insbesondere für Studienbeginner/innen hilfreich.

Schlussfolgerung:
Es gibt eine (weitgehend) einheitliche Datenlage zur eingeschränkten psychischen Gesundheit unter Medizinstudierenden. Aufgabe der Arbeitsmedizin ist es hier, die fachspezifischen Kenntnisse mit der gestalterischen und präventiven Kompetenz einzubringen, um die Studien- und Arbeitsbedingungen der Studierenden zu verbessern. Die Einbindung der Betroffenen ist hierbei Voraussetzung für das Gelingen. Erst durch die aktive Unterstützung der Studierenden kann es gelingen, nachhaltige Veränderungen anzustoßen und passende Unterstützungsangebote zu etablieren.
Herr Dr. Thomas Muth
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
2

Einleitung

Die Ärztliche Approbationsordnung (ÄApprO) legt die Regelungen zur Ausbildung, zu Prüfungsabläufen und die Voraussetzungen für die Erteilung und den Widerruf der Approbation fest. Das Bundesministerium für Gesundheit hat sich entschlossen, die ärztliche Ausbildung zu reformieren. Am 17.11.2020 wurde der erste Referentenentwurf vorgestellt [1], am 15.06.2023 der überarbeitete Referentenentwurf [2]. Es ist geplant, dass die neue ÄApprO 2027 in Kraft treten soll.

Methoden

Als Reaktionen auf die Referentenentwürfe wurden von medizinischen Fakultäten, Fachgesellschaften, der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., Studierendenvereinigungen und v.a.m. Stellungnahmen zu Inhalten, Umfang, Zeitpunkte, Umsetzbarkeit, Finanzierbarkeit etc. abgegeben. Die Bundesländer sind im Prozess beteiligt, insbesondere wegen der Finanzierung der Reformen.

Ergebnisse

Der überarbeitete Referentenentwurf [2] stellt auf über 200 Seiten das Humanmedizinstudium dar. Hier kann nur auf Teile eingegangen werden. Das Fach Arbeitsmedizin wird unter den „Klinischen Fächer der Module im Kern- und Vertiefungsbereich vor dem Ersten und dem Zweiten Abschnitt der ärztlichen Prüfung“ aufgeführt. Auch sollen Famulaturen in arbeitsmedizinischen Praxen möglich sein. Als „Klinischer Prüfungsstoff für den Ersten, den Zweiten und den Dritten Abschnitt der ärztlichen Prüfung“ soll auch der Aspekt „Arbeitsmedizinische Untersuchungen. Analyse von arbeitsplatzbedingten Belastungen. Berufskrankheiten“ berücksichtig werden. Der NKLM wird verbindlich in der ÄApprO verankert. Klinische und theoretische Inhalte werden im gesamten Studium verknüpft, dieses soll praxisnäher werden und kompetenzorientiert. Das erste Examen soll nach sechs Semestern Studium mit deutlich mehr Lerninhalten stattfinden. Die Wissenschaftlichkeit im Studium soll durch drei vierwöchige Blöcke, die im Studium verteilt sind, erhöht werden. Eine Modularisierung des Studiums wird angestrebt. Der Umfang der Vorlesungen soll reduziert werden, die Lehre durch blended-learning Formate ergänzt werden.

Schlussfolgerung / Diskussion

Der überarbeitete Referentenentwurf und seine weitere Entwicklung sollten weiter kritisch begleitet werden. Einzelne Reformmaßnahmen sind von manchen Fakultäten bereits implementiert. Dies bietet die Chance zum Lernen aus diesen Erfahrungen. Die Implikationen auf den Lehrumfang und die Kosten müssen bedacht werden, auch im Hinblick auf die Diskussion um Ärztemangel und Erhöhung der Anzahl der Studienplätze.

Referenzen

[1] Referentenentwurf des Bundesministeriums
für Gesundheit, Verordnung zur Neuregelung der ärztlichen Ausbildung,
17.11.2020, Available from: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/A/Referentenentwurf_AEApprO.pdf
[2] Referentenentwurf des Bundesministeriums für
Gesundheit, Verordnung zur Neuregelung der ärztlichen Ausbildung, 15.06.2023,
Available from: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/A/AEApprO_RefE_ueberarbeitet.pdf
Frau Dr. Sibylle Hildenbrand
Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
3
Einleitung: Medizinische Fakultäten bundesweit haben mit steigenden Studierendenzahlen und einer Abnahme der zur Verfügung stehenden Lehrenden zu kämpfen. Der Einsatz von hybriden Lernformate wie online-Vorlesung oder -Seminar sowie virtuelle Fallstudien finden daher Eingang in die aktuelle arbeitsmedizinische Lehre. Der Motivation der Studierenden, sich Wissen selbst anzueignen, trägt dabei als entscheidender Impuls zum Lernerfolg bei.
Methoden: An der JLU in Gießen wurde das Präsens-Seminar einer inhaltlichen Korrektur unterzogen, zeitlich gekürzt, um Lehrende-Ressourcen zu sparen und Hausaufgaben in Form von digitalen Lehrfällen inklusive Korrektur und Feedback wurden als neues Gerüst einer online basierten Lehre in der Arbeits- und Sozialmedizin implementiert. Spezifische angebotene fallbasierte Lektüre eignet sich dabei gut, um Grundlagenwissen aufzubauen.
Ergebnisse: Nach Einführung der digitalen Lehre ist der Anteil der Studierenden, die die schriftliche Prüfung (Klausur) wiederholen mussten, gegenüber der Vor-Corona Zeit, signifikant gesunken und die schriftlichen Ergebnisse verbesserten sich ebenso signifikant. Die Ergebnisse im M2-Staatsexamen in der Arbeits- und Sozialmedizin zeigten eine tendenzielle Verbesserung. Die Evaluation des Seminars konnte sowohl eine Verbesserung der Lernzuwachses als auch des grundlegenden Verständnisses für arbeitsmedizinische Themenfelder induzieren.
Schlussfolgerung: Das Fach Arbeitsmedizin hat in den meisten medizinischen Curricula einen sehr geringen Stellenwert. Unterschiedliche Lehrformate Online, Präsens und bewertete digitale Hausaufgaben können die Motivation der Medizinstudierenden für die Fächer Arbeits- und Sozialmedizin erhöhen und führen zu einem besseren Einsatz der wenigen verfügbaren Lehrenden.
Frau Dr.med. Ulrike Brückner
Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen, Aulweg 129, 35392 Gießen, Gießen
4

Einleitung

Die Phase des Studiums ist geprägt von Persönlichkeitsentfaltung und Wissenserwerb in der Beziehung zwischen Studierenden und Dozierenden. Diskriminierungserfahrungen belasten diese Lebensphase und führen zu psychischer Belastung und Beanspruchung. Das Projekt Studimeter dient dazu, die psychische Belastung und Beanspruchung Studierender in unterschiedlichen Regionen und unterschiedlichen Studiengangsstrukturen abzubilden und zu vergleichen. Hierfür wurden Medizinstudierende der Universitäten Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Charité Universitätsmedizin (Charité) befragt, die sich im Regelstudiengang (FAU) resp. dem Modellstudiengang der Humanmedizin (Charité) befinden.

Methoden

Per Online-Fragebogen wurden zum Ende des Wintersemesters 2022/23 an der FAU (n=160) und der Charité (n=273) die Studierenden der Humanmedizin befragt. Die Befragung beinhaltete u.a. die Diskriminierungserfahrungen, die (wahrgenommenen) Merkmale, aufgrund derer diskriminiert wurde, sowie das Setting und die institutionellen Maßnahmen zum Schutz vor Diskriminierung. Die Ergebnisse wurden zunächst deskriptiv ausgewertet.

Ergebnisse

Etwa 30% der befragten Medizinstudierenden berichteten, Diskriminierungserfahrungen innerhalb der letzten 12 Monate selbst gemacht oder beobachtet zu haben. Die Häufigkeit dieser Erfahrungen wurde mit Median = 3 gemachten und Median = 4 beobachteten Situationen angegeben. Dozierende, ärztliches Personal und Patient:innen wurden als häufigste Quellen der Diskriminierung genannt. Der institutionelle Schutz vor Diskriminierung wurde mit M=5,86 (SD=2,63; Skala 1-10) im Mittel angegeben mit Unterschieden je nach Erfahrungsgrad der Diskriminierung. Das Geschlecht und Migrationsgeschichte als Sozialkategorie wurde dabei häufig im Zuge abfälliger Bemerkungen erwähnt.

Schlussfolgerung / Diskussion

Ein wesentlicher Teil der Studierendenschaft an zwei deutschen medizinischen Fakultäten berichtet über Diskriminierungserfahrungen. Dozierende und ärztliches Personal sind hierbei die häufigsten Quellen der Diskriminierung, die zumeist auf das Geschlecht oder die (vermeintliche) Migrationsgeschichte abzielt. Den Schutz vor Diskriminierung durch institutionelle Maßnahmen zu gewährleisten, ist eine wichtige Aufgabe der medizinischen Fakultäten. Wir diskutieren konkrete Maßnahmen, um Diskriminierungserfahrungen zu mindern.

Frau Amanda Voss
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
Herr Jan Zöllick
Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin
Fr
15 Mär
08:30 - 10:00
Satellitensymposium
50 Jahre Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) – Was war und wo wollen wir hin?
Symposium der DGAUM mit bsafb, VDBW, VDSI, DGUV
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich.
► Hier klicken um kostenlos online teilzunehmen
 
     08:30Uhr Begrüßung und Einführung: „50 Jahre ASiG – Was war und wo wollen wir hin?“
DGAUM: Dr. phil. Thomas Nesseler, Hauptgeschäftsführer (Vor-Ort-Moderation)
bsafb: Dipl.-Min. Silvester Siegmann, M.Sc. (Chat-Moderation)
08:40 Uhr Statement DGAUM, Prof. Dr. med. Thomas Kraus, Präsident
08:45 Uhr Statement BMAS, Hella von Oppen, Leiterin Referat IIIb1, Arbeitsschutzrecht, Arbeitsmedizin, Prävention nach dem SGB VII
08:50 Uhr Statement bsafb, Silke Kretzschmar, Vorstand
08:55 Uhr Statement VDBW, Susanne H. Liebe, Präsidentin
09:00 Uhr Statement VDSI, Prof. Dr. Arno Weber, Vorstandsvorsitzender
09:05 Uhr Statement DGUV, Dr. Stefan Hussy, Hauptgeschäftsführer
09:05 Uhr Diskussion in Plenum:
- Zukunftsperspektiven des ASiG
- Umsetzung der DGUV-Vorschrift 2
- Mechanismen der Qualitätssicherung
10:00 Uhr Ende
Raum: Hörsaal/Onlineraum 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Vorsitz: Thomas Nesseler und Silke Kretzschmar
Fr
15 Mär
08:30 - 10:00
Akademien
Sitzung der Akademieleitungen
Geschlossene Veranstaltung
Raum: Hörsaal 5 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Gerd Enderle
Do
14 Mär
12:15 - 13:30
Industrie
Industriesymposium: Update Impfen mit Fokus auf weiterentwickelte Grippeimpfstoffe in der betrieblichen Praxis
Symposium der Firma CSL Seqirus
  • Zeit für Fortschritt beim Grippeschutz – Deutschland hol(t) auf!? Impfmanagement und Einsatz weiterentwickelter Grippeimpfstoffe in der Arbeitsmedizin (Dr. med. Mehtap Krahe)
  • Nicht alle Grippeimpfstoffe sind gleich! Einfluss der Herstellungsprozesse auf die Impfeffektivität (Prof. Dr. med. Tino Schwarz)
Raum: Hörsaal 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Fr
15 Mär
16:00 - 16:30
DGAUM
Abschlussveranstaltung der DGAUM
  • Prämierung der besten Poster
  • Prämierung der besten Vorträge
  • Prämierung der besten Beiträge des Nachwuchssymposiums
  • Kongressverabschiedung
Raum: Hörsaal/Onlineraum 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Vorsitz: Jessica Lang
Fr
15 Mär
10:00 - 11:30
Symposium BfS
Phänomen Elektrohypersensibilität (EHS) – wissenschaftliche Evidenz und Implikationen für die umweltmedizinische Praxis
Symposium des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS)
In diesem Symposium werden die wesentlichen Ergebnisse aus den aktuellen systematischen Reviews der WHO vorgestellt. Zudem wird der wissenschaftliche Kenntnisstand zum Zusammenhang von elektromagnetischen Feldern (EMF) und den vielfältigen Symptomen beim Menschen dargestellt, wie sie Elektrohypersensible berichten. Außerdem werden Behandlungsansätze und Bedarfe der Betroffenen diskutiert.
  1. Zusammenfassung des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes zur Elektrohypersensibilität (Dr. Stefan Dongus, Basel)
  2. Die Schweizer Beratungsstelle MedNIS für elektrohypersensible Betroffene – ein Praxisbericht (Dr. Diana Walther, Freiburg)
  3. Forschungsvorhaben „Wahrnehmungsschwellen elektrohypersensibler Personen im elektrischen Feld“ und die Rolle der Umweltmedizin (Dr. rer nat. Alexander Leymann, Cottbus)  
Raum: Hörsaal/Onlineraum 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Dennis Nowak und Willi Max
Fr
15 Mär
14:15 - 17:15
DGAUM/BARMER
Mitarbeiterbindung durch gesunde Arbeit – Ansätze und Ideen für KMU
Eine Veranstaltung des Projekts "Gesund arbeiten in Thüringen (GAIT)" von DGAUM und BARMER
Die Veranstaltung wird live aus Erfurt übertragen. Die Teilnahme ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich. ► Hier klicken um online teilzunehmen

Mitarbeiterbindung durch Gesunde Arbeit – Ansätze & Ideen für KMU
Wie betriebliche Gesundheitsangebote & Arbeitsschutz zum Erfolgsfaktor werden
14:15 Uhr Eröffnung inkl. Einstieg ins Thema
14:25 Uhr Impuls zum Leitthema (Dirk Hübel, Vorstand Bundesverband BGM e.V.):
„Butter bei die Fische – wie hält gesunde Arbeit Ihre Fachkräfte im Unternehmen?“
14:50 Uhr Praxisworkshops & Erfahrungsaustausch: „Mit- und voneinander lernen“
15:30Uhr   Kaffeepause & Netzwerken
16:00 Uhr Auswertung & Nachbesprechung der Gruppenarbeit-Ergebnisse
16:15 Uhr Interaktiver Digitalimpuls – Video-Sprechstunde für Beschäftigte & virtuelle Begehung (Prof. Letzel, Dr. Kegel, Prof. Kaifie-Pechmann): „So einfach geht’s – Telemedizin am konkreten Beispiel“
16:45 Uhr GAIT-Netzwerkbeitrag & Danksagung (Birte Schwarz und Birgit Dziuk, BARMER):
„Im Netzwerk geht es leichter – Arbeitsschutz und BGF für kleine und mittlere Unternehmen“
17:00 Uhr Fragerunde
17:15 Uhr Verabschiedung & offenes Netzwerken
Raum: Hörsaal/Onlineraum 2 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Fr
15 Mär
08:30 - 11:00
Aktionsbündnis ArbM
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Nachbesprechung
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Studentinnen und Studenten
08:30 - 10:00 Uhr  Nachbesprechung
10:00 - 11:00 Uhr  Austausch zwischen Studierenden und Bündnismitgliedern
Raum: Seminarraum 17 (Standort: ZeUS, Anzahl der Sitzplätze: 20)
Vorsitz: Andrea Kaifie-Pechmann
Do
14 Mär
15:00 - 17:00
DGAUM Symposium
Arbeitsmedizin im Wandel: Welche Chancen bieten digitale arbeitsmedizinische Präventions- und Versorgungsangebote?
Symposium der DGAUM-Projektgruppe „Arbeitsmedizin digital“
  • 15:00 Uhr: Begrüßung und Einführung: DGAUM-Projektgruppe „Arbeitsmedizin digital“ (Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel, Mainz; Dr. phil. Thomas Nesseler, München)
  • 15:10 Uhr: Erwartungen des BMAS an eine „Arbeitsmedizin digital“ (Dr. med. Brigitte Hoffmann, Berlin, BMAS)
  • 15:20 Uhr: Bedeutung digitaler arbeitsmedizinischer Versorgungsangebote für Arbeitgebende und Arbeitnehmende (Prof. Dr. med. Hans Drexler, Erlangen)
  • 15:40 Uhr: Projektbericht: Ergebnisse aus den Befragungen von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden sowie Ärztinnen und Ärzte (Prof. Dr. med. Andrea Kaifie-Pechmann, Erlangen; Dr. med. Peter Kegel, Mainz)
  • 15:50 Uhr: Chancen und Möglichkeiten von “Arbeitsmedizin digital“ aus Sicht der BAuA (Dr. Uta Wegewitz, MPH und Dipl.-Ing. Sabine Sommer, Berlin, BAuA)
  • 16:00 Uhr: Forschung zur Gesundheit in der Arbeitswelt (FOGA): „Arbeitsmedizin digital – ein Informations- und Evidenzplattform für die betriebsärztliche Praxis“ (Prof. Dr. med. Andrea Kaifie-Pechmann, Erlangen)
  • 16:10 Uhr: Leitlinienvorhaben der DGAUM: Digitale Anwendungen in der Arbeitsmedizin – Arbeitsmedizin digital (Prof. Dr. med. Thomas Kraus, Aachen)
  • 16:20 Uhr: Fortbildung muss sein! Vorstellung des neuen CME-Moduls „Arbeitsmedizin digital“ (Prof. Dr. med. Dipl.-Ing Stephan Letzel und Dr. med. Peter Kegel, Mainz)
  • 16:30 Uhr: Diskussion
  • 17:00 Uhr: Ende
Raum: Hörsaal/Onlineraum 3 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 384)
Vorsitz: Thomas Nesseler und Stephan Letzel
Do
14 Mär
16:15 - 17:15
DGAUM Forum
Mitgliederversammlung der AG Umweltmedizin
Geschlossene Veranstaltung
Raum: Hörsaal/Onlineraum 4 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Do
14 Mär
14:30 - 18:00
Betriebsbegehung
Aktionsbündnis Arbeitsmedizin: Betriebsbegehung beim Taucherausbildungszentrum der Bundeswehr
Geschlossene Veranstaltung für eingeladene Studentinnen und Studenten
Ort: Schiffbauerweg 12, 82319 Starnberg
Mi
13 Mär
13:00 - 14:00
DGAUM
Workshop "Vision Arbeitsmedizin 2030" AG 1 "Identität der Arbeitsmedizin/Markenbildung"
Geschlossene Veranstaltung für Mitglieder der Arbeitsgruppe "Identität der Arbeitsmedizin/Markenbildung"
DGAUM-Projekt "Vision Arbeitsmedizin 2030"
Raum: Seminarraum 17 (Standort: ZeUS, Anzahl der Sitzplätze: 20)
Mi
13 Mär
15:00 - 16:30
Industrie
Industriesymposium: Interstitielle Lungenerkrankungen als Berufskrankheit – neue Therapien
Symposium der Firma Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG
 
15:00 Uhr Begrüßung Prof. Dennis Nowak, München
15:05 Uhr Pneumokoniosen & progrediente Fibrose – Die Sicht eines pneumologischen ILD-Zentrums Prof. Dirk Koschel, Coswig/Dresde
15:25 Uhr Radiologische Diagnostik bei Pneumokoniosen & ILD – Die Sicht einer thoraxradiologischen Schwerpunktpraxis Dr. Beate Rehbock, Berlin
15:45 Uhr Pneumokoniosen & ILD – Arbeitsmedizinische Aspekte und Implikationen für den klinischen Alltag Prof. Dennis Nowak, München
16:05 Uhr Podiumsdiskussion Prof. Dirk Koschel, Prof. Dennis Nowak, Dr. Beate Rehbock
16:30Uhr          Ende
Raum: Hörsaal/Onlineraum 4 (Standort: 1. OG, Anzahl der Sitzplätze: 162)
Vorsitz: Dennis Nowak
Do
14 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Forum Arbeitsphysiologie
Beiträge:
1

Einleitung

Musikpädagogen sind an ihrem Arbeitsplatz erhöhten Schallexpositionen ausgesetzt. Musikalische Klänge werden bewusst erzeugt, weshalb sie nur in den geringsten Situationen als störend oder schädigend empfunden werden. Objektiv betrachtet können hohe Schallbelastungen auftreten, welche kurz- oder langfristige gesundheitliche Schäden in Form von Beanspruchungsfolgen verursachen können.

Methoden

Es wurde eine objektive Datenerhebung anhand von Schallpegelmessungen repräsentativer Praxisunterrichtsstunden in der Musikpädagogik durchgeführt. Diese Messungen wurden mithilfe einer subjektiven Erfassung des Gehörschutzverhaltens von Musikpädagogen vervollständigt.

Ergebnisse

Die durchgeführten Schallpegelmessungen verweisen im Praxisunterricht der Musikpädagogen bei einer von sieben Personen auf einen A-bewerteten äquivalenten Dauerschalldruckpegel von über 80 dB(A). Die anderen Messwerte erreichen den unteren Auslösewert nach der LärmVibrationsArbSchV nicht, sind aber nicht weit von der Grenze entfernt. Die nach diesen Schalldruckpegeln am stärksten gefährdete Person praktiziert am Klavier im Popularmusikbereich. In Betrachtung der subjektiven Erfassung anhand der Befragung wird ersichtlich, dass die Mehrzahl der Musikpädagogen keinen Gehörschutz tragen. Ein Gehörverlust ist insbesondere bei Personen im Alter von 50 bis 59 Jahren zu verzeichnen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Anhand der objektiven Messdaten der Schallpegelmessungen kann von Gefährdungen im Praxisunterricht ausgegangen werden. Diese fallen unterschiedlich stark aus und sind von vielen Faktoren wie bspw. Musikinstrumente, Tätigkeitskonstellationen oder Belastungszeiten abhängig. Die entstehenden Lärmwirkungen können sich sehr unterschiedlich äußern. Für objektive, reliable und valide Erkenntnisse bedarf es umfangreiche Analysen mit großen Datenerhebungen. Die Feldstudie betont, dass es in diesem Gebiet einen begründeten Forschungsbedarf gibt.
Frau Clara Galle
Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, Cottbus
2
Die Latenzzeit zwischen einer Asbestfaserexposition und einer asbestbedingten Krebserkrankung kann mehrere Jahrzehnte betragen. So ist die Inzidenz auch 30 Jahre nach dem Asbestverbot in Deutschland weiterhin hoch. Seit 2002 bietet das Asbestos Surveillance Program Aachen (ASPA) eine risikodifferenzierte Nachsorge für 8565 Personen mit beruflicher Asbestexposition an.

In dieser Analyse wurden die Daten eines Vitalstatus-Updates ausgewertet. Die standardisierte Mortalitätsraten (SMR) und das 95% Konfidenzintervall (KI) wurden für Lungenkarzinome und Mesotheliome berechnet. Die Latenzzeit wurde als Zeitraum zwischen der ersten Asbestfaserexposition und dem Tod durch Mesotheliom oder Lungenkarzinom definiert. Der Einfluss der kumulativen Asbestfaserexposition [Faserjahre] und der Expositionsdauer auf die Latenzzeit wurde mittels multipler linearer Regression untersucht.

Die Mesotheliomsterblichkeit (n = 105) stieg mit zunehmender kumulativer Asbestfaserexposition an, nicht jedoch mit der Expositionsdauer. Die höchste Mesotheliomsterblichkeit (SMR: 21,66; 95% KI: 13,58-34,84) wiesen unabhängig von der kumulativen Asbestfaserexposition Personen auf, die kurzzeitig Tätigkeiten mit extrem hoher Exposition ausübten (z.B. Turbinenrevisionen). Die Lungenkarzinomsterblichkeit (n = 216) war nicht erhöht (SMR: 0,98; 95% KI: 0,80-1,16). Die mediane Latenzzeit für Mesotheliome betrug 46 (15-63) Jahre und für Lungenkarzinome 44 (15-70) Jahre. Die Latenzzeit wurde weder durch die kumulative Asbestfaserexposition noch durch das Rauchverhalten signifikant beeinflusst. Das Alter bei Versterben wurde nicht durch das Alter bei Erstexposition beeinflusst.
​​​​​​
Die Berufsanamnese sollte Fragen zu Arbeiten mit massiv erhöhten Asbestfaserexpositionen beinhalten, auch wenn diese nur über einen kurzen Zeitraum durchgeführt wurden. Für die Abschätzung des Mesotheliomrisikos ist die kumulative Asbestexposition geeigneter als die Expositionsdauer. Das kritische Zeitfenster, in dem die Betroffenen an Mesotheliomen oder Lungenkarzinomen verstarben, lag zwischen dem sechsten und achten Lebensjahrzehnt.
Frau Nelly Otte
Universitätsklinikum Aachen, Aachen
3
Kapselgehörschützer gehören zu den häufig zum Einsatz kommenden persönlichen Hilfsmitteln zum Schutz gegen Lärm. Sie sind schnell auf- und absetzbar und behindern in der Regel nicht die Arbeitsausführung. Qualitativ gute Kapselgehörschützer erreichen eine gute Schutzwirkung, die jedoch in Frage gestellt wird, wenn dieses Hilfsmittel in Kombination mit einer Schutz- oder Korrekturbrille verwendet wird. Die Brillenbügel können zu Öffnungen zwischen Dichtkissen des Gehörschützers und des Kopfes führen, die zu einer deutlichen Minderung der Schalldämmwirkung führen.
Die Ergebnisse der Laborversuche in einem Semifreifeldraum bestätigten den Hinweis der Norm DIN EN 458. Zwischen 2,1 dB und 16,7 dB wurde die Schalldämmung des Gehörschutzes durch den Einsatz einer Schutz- oder Korrekturbrille gemindert. Dabei resultierten aus der Kombination von einer Brille mit zwei unterschiedlichen Gehörschützern jeweils auch deutlich andere gemessene Schallpegel im Gehörgang. Das heißt, nicht nur die Größe der Brillenbügel, sondern auch die Eigenschaften der Polster (Dicke, Material, Elastizität) hatten einen Einfluss auf die Minderung der Dämmwirkung. Außerdem wurde festgestellt, dass ein Teil der Brillenbügel auf der Rückseite der Kapsel wieder aus dem Gehörschutz heraustritt und oder genau unterhalb des Polsters endet. In beiden Fällen entstand eine doppelte Öffnung, welche wiederum negative Auswirkungen auf die schalldämmende Wirkung des Kapselgehörschützers hatte.
Frau Anna Sophie Schäfer
Universität Siegen, Siegen
Fr
15 Mär
11:30 - 12:30
Posteraustellung
Forum Arbeitsphysiologie
Beiträge:
1

Einleitung

Musikpädagogen sind an ihrem Arbeitsplatz erhöhten Schallexpositionen ausgesetzt. Musikalische Klänge werden bewusst erzeugt, weshalb sie nur in den geringsten Situationen als störend oder schädigend empfunden werden. Objektiv betrachtet können hohe Schallbelastungen auftreten, welche kurz- oder langfristige gesundheitliche Schäden in Form von Beanspruchungsfolgen verursachen können.

Methoden

Es wurde eine objektive Datenerhebung anhand von Schallpegelmessungen repräsentativer Praxisunterrichtsstunden in der Musikpädagogik durchgeführt. Diese Messungen wurden mithilfe einer subjektiven Erfassung des Gehörschutzverhaltens von Musikpädagogen vervollständigt.

Ergebnisse

Die durchgeführten Schallpegelmessungen verweisen im Praxisunterricht der Musikpädagogen bei einer von sieben Personen auf einen A-bewerteten äquivalenten Dauerschalldruckpegel von über 80 dB(A). Die anderen Messwerte erreichen den unteren Auslösewert nach der LärmVibrationsArbSchV nicht, sind aber nicht weit von der Grenze entfernt. Die nach diesen Schalldruckpegeln am stärksten gefährdete Person praktiziert am Klavier im Popularmusikbereich. In Betrachtung der subjektiven Erfassung anhand der Befragung wird ersichtlich, dass die Mehrzahl der Musikpädagogen keinen Gehörschutz tragen. Ein Gehörverlust ist insbesondere bei Personen im Alter von 50 bis 59 Jahren zu verzeichnen.

Schlussfolgerung / Diskussion

Anhand der objektiven Messdaten der Schallpegelmessungen kann von Gefährdungen im Praxisunterricht ausgegangen werden. Diese fallen unterschiedlich stark aus und sind von vielen Faktoren wie bspw. Musikinstrumente, Tätigkeitskonstellationen oder Belastungszeiten abhängig. Die entstehenden Lärmwirkungen können sich sehr unterschiedlich äußern. Für objektive, reliable und valide Erkenntnisse bedarf es umfangreiche Analysen mit großen Datenerhebungen. Die Feldstudie betont, dass es in diesem Gebiet einen begründeten Forschungsbedarf gibt.
Frau Clara Galle
Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, Cottbus
2
Die Latenzzeit zwischen einer Asbestfaserexposition und einer asbestbedingten Krebserkrankung kann mehrere Jahrzehnte betragen. So ist die Inzidenz auch 30 Jahre nach dem Asbestverbot in Deutschland weiterhin hoch. Seit 2002 bietet das Asbestos Surveillance Program Aachen (ASPA) eine risikodifferenzierte Nachsorge für 8565 Personen mit beruflicher Asbestexposition an.

In dieser Analyse wurden die Daten eines Vitalstatus-Updates ausgewertet. Die standardisierte Mortalitätsraten (SMR) und das 95% Konfidenzintervall (KI) wurden für Lungenkarzinome und Mesotheliome berechnet. Die Latenzzeit wurde als Zeitraum zwischen der ersten Asbestfaserexposition und dem Tod durch Mesotheliom oder Lungenkarzinom definiert. Der Einfluss der kumulativen Asbestfaserexposition [Faserjahre] und der Expositionsdauer auf die Latenzzeit wurde mittels multipler linearer Regression untersucht.

Die Mesotheliomsterblichkeit (n = 105) stieg mit zunehmender kumulativer Asbestfaserexposition an, nicht jedoch mit der Expositionsdauer. Die höchste Mesotheliomsterblichkeit (SMR: 21,66; 95% KI: 13,58-34,84) wiesen unabhängig von der kumulativen Asbestfaserexposition Personen auf, die kurzzeitig Tätigkeiten mit extrem hoher Exposition ausübten (z.B. Turbinenrevisionen). Die Lungenkarzinomsterblichkeit (n = 216) war nicht erhöht (SMR: 0,98; 95% KI: 0,80-1,16). Die mediane Latenzzeit für Mesotheliome betrug 46 (15-63) Jahre und für Lungenkarzinome 44 (15-70) Jahre. Die Latenzzeit wurde weder durch die kumulative Asbestfaserexposition noch durch das Rauchverhalten signifikant beeinflusst. Das Alter bei Versterben wurde nicht durch das Alter bei Erstexposition beeinflusst.
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Die Berufsanamnese sollte Fragen zu Arbeiten mit massiv erhöhten Asbestfaserexpositionen beinhalten, auch wenn diese nur über einen kurzen Zeitraum durchgeführt wurden. Für die Abschätzung des Mesotheliomrisikos ist die kumulative Asbestexposition geeigneter als die Expositionsdauer. Das kritische Zeitfenster, in dem die Betroffenen an Mesotheliomen oder Lungenkarzinomen verstarben, lag zwischen dem sechsten und achten Lebensjahrzehnt.
Frau Nelly Otte
Universitätsklinikum Aachen, Aachen
3
Kapselgehörschützer gehören zu den häufig zum Einsatz kommenden persönlichen Hilfsmitteln zum Schutz gegen Lärm. Sie sind schnell auf- und absetzbar und behindern in der Regel nicht die Arbeitsausführung. Qualitativ gute Kapselgehörschützer erreichen eine gute Schutzwirkung, die jedoch in Frage gestellt wird, wenn dieses Hilfsmittel in Kombination mit einer Schutz- oder Korrekturbrille verwendet wird. Die Brillenbügel können zu Öffnungen zwischen Dichtkissen des Gehörschützers und des Kopfes führen, die zu einer deutlichen Minderung der Schalldämmwirkung führen.
Die Ergebnisse der Laborversuche in einem Semifreifeldraum bestätigten den Hinweis der Norm DIN EN 458. Zwischen 2,1 dB und 16,7 dB wurde die Schalldämmung des Gehörschutzes durch den Einsatz einer Schutz- oder Korrekturbrille gemindert. Dabei resultierten aus der Kombination von einer Brille mit zwei unterschiedlichen Gehörschützern jeweils auch deutlich andere gemessene Schallpegel im Gehörgang. Das heißt, nicht nur die Größe der Brillenbügel, sondern auch die Eigenschaften der Polster (Dicke, Material, Elastizität) hatten einen Einfluss auf die Minderung der Dämmwirkung. Außerdem wurde festgestellt, dass ein Teil der Brillenbügel auf der Rückseite der Kapsel wieder aus dem Gehörschutz heraustritt und oder genau unterhalb des Polsters endet. In beiden Fällen entstand eine doppelte Öffnung, welche wiederum negative Auswirkungen auf die schalldämmende Wirkung des Kapselgehörschützers hatte.
Frau Anna Sophie Schäfer
Universität Siegen, Siegen
Programmänderungen vorbehalten.